KOMOREN KOMOREN Christen (0,5 %) -Katholiken (0,3 %) -Protestanten (0,2 %) Muslime (98,3 %) Einwohner: Fläche: Flüchtlinge (int.)*: 2 717.500 1.860 km – * Ausländische Flüchtlinge in diesem Land Traditionelle Religionen (1,0 %) Religionslose (0,1 %) Flüchtlinge (ext.)**: Binnenflüchtlinge: 473 – ** Ins Ausland geflohene Bürger dieses Landes Die Union der Komoren erklärt in der Präambel ihrer Verfassung1 von 2001 entsprechend den Änderungen der Verfassungsnovelle von 2009 den Islam zur Staatsreligion. Wie ebenfalls in der Präambel festgelegt, soll die permanente Inspiration „der Prinzipien und Regeln, welche die Union lenken“, aus dem Islam geschöpft werden. Die Bürger der Komoren werden als gleich „an Rechten und Pflichten, ohne Unterschied nach Geschlecht, Herkunft, Rasse, Religion oder Glaube“ beschrieben. Dennoch schränkt ein Präsidentenerlass vom Januar 2013 die öffentliche Religionsausübung ein und ermächtigt dazu nur diejenigen, die muslimische Sunniten sind.2 Artikel 41 der Verfassung3 handelt von den „beratenden Organen“ (wozu insbesondere der Council of Ulema (Rat der Ulema) gehört), welche die Regierung der Union und die Führungspersönlichkeiten der Inseln „bei der Ausarbeitung von Entscheidungen, die das religiöse, wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben im Land betreffen, unterstützen“. Ein künftiges Gesetz der Union wird sich darauf beziehen, wie diese Beratung sich gestaltet und wie diese Einrichtungen agieren. Im Besonderen können die Ulema ihre Ansicht zu den vorgeschlagenen Gesetzen und Verordnungen kundtun, während die verschiedenen Amtsträger (Staatspräsident, Minister, Parlamentspräsident, Ratspräsidenten und Gouverneure der einzelnen Inseln) die Möglichkeit haben, sie bei jeder Frage, die mit Religion in Zusammenhang steht, zu konsultieren. Die Ulema können ihrerseits Empfehlungen für die Regierung, das Parlament und die Gouverneure der Inseln aussprechen, wann immer sie der Meinung sind, dass die Gesetzgebung im Konflikt mit den Prinzipien des Islam steht.4 http://mjp.univ-perp.fr/constit/km2009.htm http://www.alwatwan.net/index.php?home=actu.php&actu_id=4894 3 https://www.constituteproject.org/constitution/Comoros_2009 4 Cf. Comoros Constitution and Citizenship Laws Handbook – Strategic Information and Basic Laws, IBP USA, 2013. 1 2 © KIRCHE IN NOT – Religionsfreiheit weltweit – Bericht 2014 Das Rechtssystem basiert sowohl auf dem islamischen Gesetz (Scharia) als auch auf dem Zivilgesetz, das von der französischen Kolonialmacht übernommen wurde. Theoretisch sehen die Gesetze der Komoren, wie die Verfassung, zwar Religionsfreiheit vor, gleichzeitig verbieten sie jedoch missionarische Aktivitäten bzw. Bekehrungen durch jede andere Religion als den Islam. Zuwiderhandlung wird mit Ausweisung bestraft. Die Strafen für diejenigen, die vom Islam zu einer anderen Religion übertreten wollen, sind nicht klar definiert, obwohl auch das laut Gesetz ausdrücklich verboten ist. Seit 2012 gibt es jedoch keinerlei Berichte, dass jemand aufgrund derartiger Verstöße verurteilt worden wäre. Religionsgruppen brauchen sich weder zu registrieren noch wird ihnen irgendeine offizielle Anerkennung gewährt. Der Großmufti (ein sunnitischer Muslim) wird vom Präsidenten ernannt und in die Regierung aufgenommen (ins Ministerium für Justiz, öffentliche Verwaltung, Menschenrechte und islamische Angelegenheiten), wo er sich mit religiösen Fragen und ihren administrativen Aspekten befasst. Er fungiert außerdem als Regierungsberater für Angelegenheiten, die mit dem Islam und der Scharia zu tun haben. Turnusmäßig berät er sich mit einem Rat von Islamgelehrten (Ulema), um dafür zu sorgen, dass islamische Vorschriften eingehalten werden. Er schaltet sich zudem regelmäßig bei gesellschaftlichen Themen ein und wendet sich dazu im Radio an die Nation. Islamkunde ist in den Schulen kein Pflichtfach, obwohl einige Elemente dieses Fachs an manchen öffentlichen Schulen im arabischen Sprachunterricht gelehrt werden. Zusätzlich zum staatlichen Schulsystem haben sich auch mehrere private Bildungseinrichtungen entwickelt, darunter einige französischsprachige Schulen und außerdem zahlreiche Madrasas (islamische höhere Schulen). Solche Privatschulen, die das Rezitieren und Lesen des Korans lehren, werden von fast allen Schülern im Alter von vier bis sieben Jahren besucht, wenngleich nicht immer in Vollzeit. Es besteht ein gewisser gesellschaftlicher Druck, diese Schulen zu besuchen, aber es ist nicht gesetzlich vorgeschrieben und es gibt auch keine offiziellen Sanktionen, um diejenigen zu bestrafen, die das nicht tun. Ausländer können beantragen, dass ihre Kinder nicht am Islam- und Arabischunterricht teilnehmen müssen; allerdings sieht der Lehrplan keinen alternativen Religionsunterricht vor. Auf der akademischen Ebene wird die einzige öffentliche Universität der Inseln mit staatlichen Mitteln gefördert. Nach dem internationalen Bericht des US-Außenministerium zur Religionsfreiheit 2012 ist dies zum Teil in der Besorgnis begründet, dass junge Leute andernfalls im Ausland studieren und nach ihrer Rückkehr – entweder aus einem Land mit einer anderen islamischen oder einer nichtislamischen Kultur – den traditionellen „gemäßigten sunnitischen“ Islam auf den Komoren beeinflussen würden.5 5 http://www.state.gov/j/drl/rls/irf/2012/af/208134.htm © KIRCHE IN NOT – Religionsfreiheit weltweit – Bericht 2014 Einige Schüler, die zu einer anderen Religion als dem Islam übergetreten sind, zogen es vor, die Schule zu verlassen, da sie diskriminiert wurden. Insbesondere auf Christen, die nicht der katholischen Gemeinde oder der protestantischen Missionsgruppe angehören, wurde Druck ausgeübt, ihren Glauben nicht zu praktizieren. Und obwohl die Regierung nichtmuslimischen Religionsgruppen erlaubt, Gebetsstätten zu errichten und friedlichen religiösen Aktivitäten nachzugehen, haben gesellschaftliche Zwänge und Einschüchterung viele komorische Christen dazu gebracht, den Hauptkirchen fernzubleiben. Letztere werden hauptsächlich von Ausländern genutzt (die im Allgemeinen wenig oder überhaupt keiner Diskriminierung oder Druck ausgesetzt sind). Es gibt eine katholische Kathedrale in der Hauptstadt Moroni und zwei weitere christliche Kirchen auf den anderen beiden Inseln. Des Weiteren gibt es zwei schiitische Moscheen und einen Hindutempel. Der neueste Bericht von Freedom House erwähnt, dass Nichtmuslime „Restriktionen, Festnahmen und Schikanen“ ausgesetzt sind.6 Die schiitische Muslimgemeinschaft ist ebenfalls mit gesellschaftlichem Druck und Diskriminierung konfrontiert, vor allem in den Dörfern. Das Ausmaß solcher Feindseligkeiten hängt hauptsächlich von der Einstellung und dem Einfluss der örtlichen Imame und religiösen Führer ab. Relativ detaillierte Informationen gibt es über einen Vorfall, der die Verhaftung von 19 schiitischen Muslimen Anfang Februar 2013 in Mutsamudu, der Hauptstadt der Insel Anjouan, betrifft. Diese Anhänger des Religionsführers Mahamoud Abdallah Ibrahim wurden beschuldigt, „den sozialen Zusammenhalt zu untergraben“.7 Sie alle wurden für schuldig befunden und zu einer Haft von fünf Monaten (auf Bewährung) bis zu zehn Monaten mit entsprechenden Strafzahlungen verurteilt.8 Die Voreingenommenheit gegen schiitische Muslime ist teilweise auch politisch motiviert, da die Mitglieder dieser islamischen Strömung als nicht in Übereinstimmung mit der dominierenden Glaubensrichtung der Inseln wahrgenommen werden. Nach allgemeiner Auffassung stehen sie zudem in Verbindung mit Kreisen, die gegen die Regierung opponieren. Es kam auch zu einigen gewaltsamen Vorfällen bei Auseinandersetzungen zwischen den schiitischen und sunnitischen Gemeinschaften. Ganz allgemein sind alle Komorer gesellschaftlichem Druck ausgesetzt, bestimmte äußere Vorschriften des Islam zu beachten, insbesondere das Fasten im Monat Ramadan. http://www.freedomhouse.org/report/freedom-world/2013/comoros http://en.indian-ocean-times.com/Comoros-Arrest-of-19-Shiite-whose-doctrine-is-prohibited-byPresidential-Decree_a837.html 8 http://watwan.over-blog.com/article-la-sentence-est-tombee-hier-pour-les-19-prevenuschiites-121455173.html 6 7 © KIRCHE IN NOT – Religionsfreiheit weltweit – Bericht 2014 Abschließend lässt sich feststellen, dass der rechtliche Rahmen und die Probleme im Zusammenhang mit der Religionsfreiheit während des Beobachtungszeitraums im Wesentlichen gleich geblieben sind. Es gibt keine Berichte über systematische Verfolgungen im engeren Sinne. Dennoch haben fast alle Teile der Bevölkerung, die nicht dem sunnitischen Islam angehören, in irgendeiner Form einmal die Erfahrung gemacht, aufgrund ihrer religiösen Überzeugungen unter Druck gesetzt worden zu sein. Im Fall der Schiiten nahm dies die Form gewaltsamer Ausbrüche und von Verhaftungen an. Religionsfreiheit, wie sie in der Verfassung festgelegt ist, ist zwar nicht mit einem Zwang zur staatlichen Registrierung verbunden, doch in der Praxis läuft sie lediglich auf eine Freiheit zur Religionsausübung hinaus, denn diejenigen, deren religiöse Regeln vom offiziellen sunnitischen Islam abweichen, sind starkem gesellschaftlichem Druck ausgesetzt. © KIRCHE IN NOT – Religionsfreiheit weltweit – Bericht 2014