Futterselektion in Milchviehherden bei Einsatz eines Futtermischwagens - Ergebnisse einer Diplomarbeit Prof. Dr. Leonhard Durst, FH Weihenstephan- Triesdor, Stefan Pickel, Dipl. Ing. agr (FH), Anna Maria Miller, Dipl. Ing. agr. (FH) VFR GmbH Neustadt/Aisch Bis vor zehn Jahren arbeiteten die Futtermischwagen häufig recht aggressiv. Es fand eine starke Nachzerkleinerung der Grundfuttermittel statt, und die ganze Futtermischung sah oft aus wie „Brei“. Deshalb wurde in den letzten Jahren verstärkt auf eine ausreichende Futterstruktur geachtet. Die Mischsysteme wurden den geänderten Anforderungen angepasst. Jetzt können Mischungen meistens strukturschonender erstellt werden. Jedoch konnte in den letzten Jahren immer häufiger beobachtet werden, dass die Tiere die Mischung im Trog ausselektieren. Für eine Bestandsaufnahme über das Problem „Futterselektion“, wurde das Selektionsverhalten von Milchkühen auf 15 nordbayerische Milchviehbetriebe ermittelt. Wissen Sie, was ihre Kühe fressen? Stellt man diese Frage einem Milchviehhalter, bekommt man die Komponenten und die Mengen der einzelnen Futtermittel genannt, die in den Futtermischwagen geladen werden. Was davon von den Kühen gefressen wird, unterscheidet sich in der Praxis häufig sehr stark von den berechneten Vorgaben. Die teilweise sehr unterschiedlichen Trockenmassegehalte der verfütterten Silagen werden bei der Einwage meist nicht berücksichtigt und auch verbleibenden Futterreste werden oft nicht berücksichtigt. Mit Futtermischwagen soll eine homogene Mischung entstehen, bei der Tiere mit jedem Bissen die gleiche Ration aufnehmen. Foto: Pickel Was davon von den Kühen gefressen wird, unterscheidet sich in der Praxis häufig sehr stark von den berechneten Vorgaben. Foto: Pickel 1 Durch den Einsatz eines Futtermischwagens soll es möglich sein, aus den einzelnen Futterkomponenten eine homogene Mischung zu erstellen, bei der die Tiere mit jedem Bissen die gleiche Ration aufnehmen. Durch die damit mögliche zeitgleiche Aufnahme von Grund- und Kraftfutter sollen eine gleichmäßige Nährstoff- versorgung im Pansen erreicht und damit Stoffwechselprobleme vermieden werden. Auf einigen Betrieben treten jedoch immer wieder gehäuft Probleme auf, wie sie normalerweise bei der Verfütterung einer unausgeglichenen Ration oder bei zu hohen Kraftfuttermenge vorkommen. Oft sind die Gründe für diese Erkrankungen nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Eine mögliche Ursache kann eine Selektion der Mischration sein. Die Kühe haben den ganzen Tag Zeit, sich die „guten Bissen“ – vor allem die Kraftfuttermittel aus der Mischung zu suchen. Die einzelnen Futterkomponenten werden nicht mehr im richtigen Verhältnis zueinander als Mischung gefressen. Es kommt dadurch zu einer zeitweiligen überhöhten Kraftfutteraufnahme und dadurch ausgelöst zu starken Schwankungen des Pansen-pH-Wertes. Treten in einer Herde gehäuft stark schwankende Milchfett-, Milcheiweiß- und Milchharnstoffgehalte auf, kann dies ein Anzeichen für eine „unausgeglichene“ Ration in Folge selektiver Futteraufnahme einzelner Tiere oder auch der gesamten Herde sein. Versuchsanstellung In der Erhebung wurde die Veränderung der Zusammensetzung von Partikel Längen einzelner Rationen von 15 verschiedenen Betrieben erfasst. Die gefütterten Rationen bestanden aus unterschiedlichen Anteilen Gras- und Maissilagen, Abbildung 1: Partikellängenverteilung der Grassilagen 2 Stroh, teilweise Biertreber und Melasse und wurden je nach Inhaltsstoffen der Silagen mit Soja und Rapsextraktionsschrot, Getreide und Mineralfuttermittel aufgewertet. Der Kraftfutteranteil lag zwischen 3,1 kg und 8 kg je Kuh und Tag. Die Mischungen wurden sowohl mit Horizontal- als auch Vertikalmischern erstellt. Die im Trog befindliche Ration wurde 3- bzw. 4mal täglich mit der Schüttelbox in drei Längenfraktionen (größer 19 mm, 8 bis 19 mm und kleiner 8 mm) ausgesiebt. Die Schüttelbox besteht aus drei Kästen. Die beiden oberen Kästen haben jeweils einen gelochten Boden (19 mm und 8 mm) durch den die Partikel beim Schütteln fallen. Dadurch teilt sich die Probe in drei Längenfraktionen auf. Im oberen Kasten findet man Partikel die größer als 19 mm sind, in der Mitte die Partikel zwischen 8 und 19 mm und im unteren Kasten alles was kleiner als 8 mm ist. Zusätzlich wurde die Trockensubstanz der vorgelegten Rationen ermittelt. Durch die Zu- bzw. Abnahme des Anteils der einzelnen Fraktionen konnte aufgezeigt werden, ob bestimmte Futtermittel bevorzugt gefressen werden und ob der TS-Gehalt der Mischung einen Einfluss darauf hat. Auch die Partikellängen der Grundfuttermittel wurden in die Betrachtung mit einbezogen. Die verfütterten Mais- und Grassilage wurden ebenfalls mit der Schüttelbox untersucht. Bei Heu und Stroh wurde die Schnittlänge der Presse ermittelt. Die Partikel-Längen der Grassilagen sind in Abbildung 1 dargestellt. Es ist zu erkennen, dass die Grassilagen häufig einen sehr hohen Anteil an langen Partikeln aufweisen. Dies ist wegen der besseren Strukturwirkung von den Betrieben oft erwünscht. Bei den weiteren Auswertungen stellte sich heraus, dass gerade Rationen mit sehr langen und trockenen Grassilagen stärker selektiert werden können. Die eingemischten Feinpartikel werden zuerst gefressen. Insofern ist der Vorteil der „besseren“ Struktur durch lange Partikel nicht mehr gegeben. In der Praxis sollte besonderes Augenmerk auf die mittellangen Partikel gelegt werden. Sie können gut eingemischt werden und haben trotzdem Strukturwirksamkeit im Pansen. Tabelle 1: Verteilung der Siebfraktionen in den Ausgangsmischungen Betrieb 1 2 3 4 5 6 7 >19mm 48% 48% 46% 34% 64% 53% 43% 11% 28% 54% 46% 37% 45% 26% 45% 8-19mm 14% 22% 26% 39% 15% 20% 25% 38% 36% 12% 26% 25% 26% 44% 26% <8mm 51% 36% 34% 27% 37% 28% 29% 30% 38% 30% 28% 27% 21% 27% 32% 8 In einer TMR werden im lufttrockenen Material Anteile >19 mm von 5-10 %, im Bereich 8-19 mm von 35-45 % und unter 8 mm von 45-55 % als optimal angesehen (LKV Sachsen, 2008). In Tabelle 1 ist zu erkennen, dass die meisten Betriebe zu viel im Obersieb und zu wenig im Mittelsieb hatten. Allerdings ist zu beachten, dass diese Vorgabe für eine Voll-TMR gilt. Eine VollTMR wurde jedoch nur von den Betrieben 8, 10 und 15 gefüttert. Die übrigen Betriebe fütterten bei Leistungen über dem Milcherzeugungswert der aufgewerteten Teil-TMR zusätzlich Kraftfutter entsprechend der Leistung der Kuh über eine Transponderstation. Diese zusätzlichen Kraftfuttermengen müssten für eine exakte Betrachtung dem Untersieb zugerechnet werden. 9 10 11 12 13 14 Dadurch würden sich die Anteile in der größeren Siebfraktionen vermindern. Die Veränderung der Zusammensetzung der 15 untersuchten Mischungen im Tagesverlauf ist in Tabelle 2 dargestellt. Dabei wird jeweils die prozentuale Veränderung zwischen der vorgelegten Mischung und des Futterrestes angegeben. Dabei ist deutlich zu erkennen, dass der Anteil an feinen Futterpartikeln (< 8 mm) bei allen untersuchten Mischungen mehr oder weniger stark abnimmt. Die Veränderung des Feinanteils liegt dabei zwischen – 5 und – 29 Prozent. Erwartungsgemäß nahm der Anteil an langen Futterpartikeln zu. Lediglich im Betrieb 8 ist nur eine geringe Abnahme von – 1% zu beobachten. Tabelle 2: Veränderung der Siebfraktionen der Mischung im Tagesverlauf auf den einzelnen Betrieben 3 Betrieb 1 2 3 4 5 6 7 8 >19 +33 +14 +17 +14 +5 +18 +25 -1 8 - 19 -4 -5 -12 -3 0 -6 -11 <8 -29 -9 -6 -12 -6 -12 -15 15 9 10 11 12 13 14 15 +12 +15 +24 +37 +32 +16 +5 +18 +6 -2 -11 -14 -14 -8 +1 -17 -13 -13 -22 -18 -8 -5 -18 sich schließen, dass die Kühe den Feinanteil der Mischung bevorzugt fressen. Beim Ausselektieren bleiben vor allem die langen Partikel zurück, während die mittellangen Futterbestandteile mitgefressen werden. Schüttelboxfraktionen auf Betrieb acht (von links nach rechts: Obersieb 11%, Mittelsieb 38%, Untersieb 51%). Foto: Pickel Veränderungen in den Grundfuttermittel mit einem hohen Anteil an mittellangen und langen Partikeln (Grassilage, Heu und Stroh) werden von den Tieren nur dann in der gewünschten Menge aufgenommen, wenn sie geschmacklich attraktiv sind. Ist die Grassilage schlecht vergoren oder sind Heu und Stroh mit Schimmelpilzen belastet, meiden die Kühe diese Futtermittel und sie verbleiben als Futterreste im Trog. Die kleinen Futterpartikel im Untersieb haben einen besonderen Einfluss auf die Stoffwechselvorgänge im Pansen von Wiederkäuern. Vor allem Kraftfutter und feine Teile der Maissilage sind in dieser Fraktion zu finden. Diese Futtermittel sind hochverdaulich, strukturarm und haben keine anregende Wirkung auf das Wiederkauverhalten der Kühe. Da diese feinen Partikel für die Tiere in der Regel sehr schmackhaft sind, werden sie, wenn möglich, bevorzugt gefressen. Den feinen Futterpartikeln ist jedoch bei der Problematik der Futterselektion besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Werden diese Partikel verstärkt gefressen, kann es zu Verdauungsund Stoffwechselstörungen kommen. In der Erhebung ist zu erkennen, dass sich der Anteil an mittellangen Futterpartikeln in den Rationen nur geringfügig verändert. Daraus lässt 4 Die Mischungen wurden sowohl mit Horizontal- als auch Vertikalmischern erstellt. Foto: Pickel Schaut man jedoch nur auf die absolute Veränderung der Partikel im Untersieb kann dies dazu führen, dass der Zeitraum zwischen den Proben falsch interpretiert wird, denn die Veränderung der Mischung ist nicht linear. Auch konnte es vorkommen, dass z. B. der Feinanteil einer Mischung zuerst abnahm, dann aber verstärkt längere Partikel gefressen wurden, so dass er dann im weiteren Tagesverlauf wieder zunahm. Dieses Phänomen ist in Abbildung 3 gut zu erkennen. Deshalb ist es nötig, die Zusammensetzung der Mischung mehrmals im Tagesverlauf zu kontrollieren. Abbildung 3: Verlauf der Partikellängenverteilung auf Betrieb 15 Betrieb 15 Anteil in der Mischung Siebfraktionen im Tagesverlauf 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Einfüttern Untersieb <8mm Mittelsieb 8-18mm Obersieb >18mm 2.Probe Probenahmezeit Futterest Diese Problematik ist für den Betrieb 15 dargestellt (Abbildung 3). Es ist zu erkennen, dass der Feinanteil vom Einfüttern bis zur zweiten Probe um 11,3 % abnimmt. Im Anschluss daran steigt der Anteil jedoch wieder um 5,9 %. Betrachtet man jetzt nur die absolute Veränderung ergibt sich für diese Mischung eine Abnahme von 5,4%. Eine Veränderung von 5% legt die Vermutung nahe, dass die Tiere nur in einem sehr geringen Umfang selektieren. Die Betrachtung des Zeitraumes zwischen der ersten und der letzten Probe zeigt jedoch das Gegenteil. Die Tiere selektieren direkt nach dem Füttern den feinen Anteil aus. Erst nach ein paar Stunden Verzögerung werden die längeren Futterpartikel gefressen. Schnecken bearbeitet und dadurch stark nachzerkleinert wird. Dieser technisch bedingte Strukturmangel kann ebenfalls zu Störungen der Pansenverdauung und des Stoffwechsels führen, obwohl die Futterberechnung und die Beschaffenheit der einzelnen Futtermittel in Ordnung sind. Fütterungstechnik Der Ergebnisse zeigen auch, dass die Futterselektion von der verwendeten Mischtechnik beeinflusst werden kann. Die Unterschiede sind vor allem auf die Intensität des Mischsystems zurück zu führen. Rationen, die mit intensiven Mischsystemen (Horizontalmischwagen) gemischt wurden, zeigten weniger Selektion als Mischungen aus Futtermischwagen mit passiven Mischsystemen (Haspelmischer). Die Ergebnisse der Vertikalmischwagen erstreckten sich über alle Bereiche von wenig bis viel Futterselektion. Die Freifallmischer haben vor allem dann ein Problem, wenn sehr unterschiedliche Komponenten vermischt werden sollen. So ist es praktisch nicht möglich, aus einer langen Grassilage und Kraftfutter eine homogene Ration zu erstellen. Die Haspelmischer sind zwar in der Lage sehr futterschonend zu mischen und sehr locker vorzulegen; jedoch ist in dieser lockeren Ablage das Hauptproblem zu sehen. Den Tieren fällt es leicht, in der luftigen Mischung die feinen Futterpartikel auszuselektieren. Bei sehr intensiven Mischsystemen (Horizontalmischwagen) zeigt sich ein gegenteiliger Effekt. Das Futter wird im Mischwagen intensiv durchmischt und nachzerkleinert. Die Mischung wird kompakt im Trog abgelegt. Dadurch wird es für die Tiere schwerer, die Mischung zu selektieren. Bei intensiven Mischsystemen kann es jedoch passieren, dass die Ration übermischt wird, wenn das Futter im Mischwagen zu lange von den 5 Der Ergebnisse zeigen auch, dass die Futterselektion von der verwendeten Mischtechnik beeinflusst werden kann. Foto: Pickel Trockensubstanz der Mischung Als optimaler TS-Gehalt in der Gesamtmischung sind 40 bis 50% TS anzustreben. Dabei steigt vor allem bei trockenen Mischungen die Gefahr der Futterselektion. (Spiekers und Potthast, 2004). Bei der Auswertung des Versuches konnte jedoch kein signifikanter Zusammenhang zwischen der Futterselektion und dem Trockensubstanzgehalt der Mischung festgestellt werden. Es scheint so, dass bei den ausgewerteten 15 Betrieben andere Faktoren den Einfluss der Trockensubstanz überlagern. Es zeigte sich jedoch, dass Trockensubstanz nicht gleich Trockensubstanz ist. So kann z.B. eine Grassilage mit niedrigerem Trockensubstanzgehalt wesentlich mehr feine Futterbestandteile an ihrer Oberfläche binden als eine Maissilage mit dem gleichen TS-Gehalt. Wird der Feuchtigkeitsgehalt einer Mischung erst durch die Zugabe von Biertreber in den Optimalbereich gebracht, verringert das die Selektion nicht. An der Oberfläche der größeren Treberteilchen haften bereits die Feinteile des Trebers. Es können keine weiteren Kraftfutterpartikel mehr angebunden werden. Grundfutter Die Bedeutung der Qualität der Grundfuttermittel ist nicht zu unterschätzen. In Rationen mit hohen Anteilen an Kraftfutter und Maissilage ist es für die Grassilage eine wichtige Aufgabe, eine ausreichende Versorgung mit strukturierter Rohfaser sicher zu stellen. Heu und Stroh sind meist nur in geringen Mengen in den Rationen enthalten. Es sind jedoch wertvolle Futtermittel, wenn es darum geht, zusätzliche strukturwirksame Rohfaser in die Ration zu bringen. Um die Wirkung der Raufuttermittel optimal ausnutzen zu können, ist besonders auf die Schnittlänge und die Qualität zu achten. Raufuttermittel werden nur dann gerne gefressen, wenn sie schmackhaft und frei von Schimmel sind. Besonders bei Stroh ist auf eine kurze Schnittlänge von 2 bis 4 cm zu achten, damit es gut eingemischt werden kann. Langes Stroh wird von den Kühen ausselektiert, bleibt im Trog liegen und wird auf dem Misthaufen oder bei den Kalbinnen entsorgt. Die erhoffte positive Wirkung des Strohs auf die Verdauungsvorgänge im Pansen wird somit erreicht. Auch eine separate Fütterung von Heu kann Probleme bereiten. Ist die Qualität gut, fressen die Tiere große Mengen davon, dies geht dann zu Lasten der Futteraufnahme bei der Mischration. Bei schlechterer Qualität wird zu wenig aufgenommen. Verhältnisse der Futtermittel in der Mischung Den deutlichsten Einfluss auf die Futterselektion hatte die Zusammensetzung der Ration. Für die Auswertung wurde das Verhältnis von kurzen Futtermitteln (Maissilage, Saftfutter und Kraft- 6 futter) zu langen Futtermitteln (Grassilage, Heu und Stroh) ermittelt. Es zeigte sich bei allen Rationen, dass bei einem steigenden Anteil von kurzen Futtermitteln die Futterselektion anstieg. Dieser Effekt war umso deutlicher, je stärker sich die Schnittlängen der Futtermittel unterschieden. Dieses Ergebnis lässt sich relativ einfach erklären. Die Tiere suchen und fressen bevorzugt die feinen, schmackhaften Futterpartikel. Ist der Anteil der kurzen Futterpartikel nun relativ hoch, müssen sich die Tiere nicht anstrengen, um an die feinen Partikel zu gelangen. Besteht die Ration dagegen überwiegend aus Grassilage und enthält wenig Maissilage und Kraftfutter, dann müssen sich die Kühe viel stärker bemühen, den feinen Anteil unabhängig von den langen Partikeln zu fressen und selektieren insgesamt weniger. Den deutlichsten Einfluss auf die Futterselektion hatte die Zusammensetzung der Ration. Foto: Pickel Jedoch kann die Ursache für dieses Selektionsverhalten nicht nur in der Zusammensetzung der Ration gesucht werden. Sieht man sich z. B. die Schnittlängen der Grassilagen in den untersuchten Rationen an, stellt man fest, dass die Silagen insgesamt einen hohen Anteil an langen Futterpartikeln aufweisen. Grassilage muss für eine optimale Wirkung im Pansen nicht ausschließlich aus Partikeln über 18 mm bestehen. Ein zu hoher Anteil dieser langen Partikel hat mehrere Nachteile, z. B. die Futterselektion steigt, ebenso die Gefahr von Fehlgärungen durch mangelnde Verdichtung. Die Auswertung zeigt, dass bei den Schnittlängen der Grassilage Reserven vorhanden sind. Die Futterselektion könnte verringert werden und die Verdaulichkeit der kurzen Partikel ist besser als die der längeren Partikel. Ähnlich sah es bei den Raufuttermitteln aus. Nur auf zwei Betrieben war das Stroh „gemulcht“ bzw. es wurde eine sogenannte „Fein-Cut-Presse“ verwendet. daher individuell und betrachtet werden. Kraftfutteranteil und Art der TMR Die größten Unterschiede findet man vor allem zwischen der vorgelegten und der gefressenen Ration. Es ist immer wieder zu beobachten, dass Kühe die Mischung gezielt durchsuchen und bestimmte Futterkomponenten bevorzugt fressen. Verändert sich der Anteil einer Partikellängenfraktion um mehr als 5%, sollte der Ursache auf den Grund gegangen und nach Lösungen gesucht werden, sonst kann es schnell zu einer Fehlversorgung und gesundheitlichen Problemen der Tiere kommen. Anders als zu erwarten, zeigte der Kraftfutteranteil hier keinen Zusammenhang zur Futterselektion auf. Den Tieren fällt es bei höheren Kraftfutteranteilen anscheinend nicht einfacher, dieses aus der Ration zu selektieren. Nicht auszuschließen ist, dass dominante Tiere das Kraftfutter und die guten, nährstoffreichen Partikel der Grundfuttermittel ausselektieren und fressen. Rangniedere Tiere müssen den Rest des Futters fressen. Für sie bleiben meist nur die weniger schmackhaften und nährstoffärmeren Teile des Grundfutters. Zusätzlich nehmen diese Tiere weniger Kraftfutter auf. Somit ergeben sich auch durch die Selektion bedingte Über- und Unterversorgungen der Tiere innerhalb einer Herde. sehr genau vor Ort, Schlussfolgerungen Die Leistungen der Milchkühe steigen stetig an. Die Zusammensetzungen der Futterrationen werden immer ausgefeilter und vielseitiger. Doch viel zu oft wird auf den Betrieben von vier Rationen gesprochen: die berechnete Ration, die gemischte Ration, die gefressene Ration und die im Verdauungstrakt umgesetzte Ration. Für eine optimale Versorgung der Tiere sollte jedoch alles versucht werden, aus diesen vier Rationen eine Ration zu machen. Aussagekraft der Ergebnisse Die Ergebnisse dieser Erhebung stellen eine Momentaufnahme der 15 untersuchten Betriebe dar. Eine Verallgemeinerung der gewonnenen Ergebnisse ist nicht ohne weiteres möglich und sinnvoll. Jedoch können Tendenzen für andere Situationen abgeleitet werden. Die Zusammenhänge der Futteraufnahme am Trog sind sehr komplex. Die Erfahrung des Betriebsleiters, die Beobachtungen des Fressverhaltens einzelner Tiere, die tägliche Kontrolle des Futterrestes, sowie des Gesundheitszustandes der Tiere können wertvolle Aussagen liefern, um die tatsächliche Futteraufnahme beurteilen zu können. Jeder Betrieb und jede Ration muss 7 Gut vermischte Rationen lassen sich vor allem mit passiven Mischsystemen, nur schwer erstellen. Foto: Pickel In der vorliegenden Auswertung zeigte sich, dass vor allem die Zusammensetzung der Ration und die Beschaffenheit (hier besonders auch die Schnittlänge der Grassilage) einen starken Einfluss auf das Selektionsverhalten haben. Weitere Einflüsse wie die Mischtechnik oder gezielte Veränderungen einzelner Parameter in den Rationen konnten mit diesem Versuch nicht ausreichend geklärt werden. Vor allem lang geschnittene und trockene Grassilagen stellen ein Problem dar. Gut vermischte Rationen lassen sich unter solchen Bedingungen, vor allem mit passiven Mischsystemen, nur schwer erstellen. Besonders wenn in diese Grassilage hohe Anteile an kurzen Futtermitteln (Maissilage, Treber) eingemischt wurden, ist die Futterselektion vorprogrammiert. Das Problem der Futterselektion muss jedoch für jede Ration individuell betrachtet werden. Jeder Betrieb und jede Ration hat andere Ausgangsbedingungen und andere Komponenten. Was in einem Betrieb nicht funktioniert, kann beim anderen problemlos klappen. Vor allem die Vielfalt der Einflussfaktoren muss beachtet werden. Verschiedene Faktoren beeinflussen sich gegenseitig, verstärken ihre Wirkungen oder kompensieren sie. Die Futterselektion wird im Wesentlichen durch die Zusammensetzung der Ration beeinflusst. Vor allem in Rationen mit einem verhältnismäßig hohen Anteil an kurzen Futtermitteln (Maissilage, Saftfutter und Kraftfutter) war es die Kühe ein Leichtes, das feine Futter aus der langen Grassilage zu selektieren. Der Einsatz von Biertreber wirkte sich in den untersuchten 8 Rationen eher fördernd Selektionsverhalten der Kühe aus. auf das Abhilfe könnte geschaffen werden, indem die Grassilage kürzer gehäckselt wird. Die kürzere Grassilage könnte besser eingemischt werden. Auch werden etwas feuchtere Mischungen von den Tieren nicht so einfach selektiert wie vergleichbare, jedoch trocknere Rationen. Eine Verallgemeinerung der Ergebnisse ist aber nicht sinnvoll. Beim Verdacht auf Futterselektion durch die Tiere muss jedoch die Situation auf dem betreffenden Betrieb individuell untersucht und nach Lösungswegen gesucht werden. Literaturverzeichnis kann bei den Verfassern angefordert werden. Prof. Leonhard Durst, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf Telefon: 09826 / 654-221 Email: [email protected]