der körperliche trainingszustand depressiver patienten im vergleich

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Aus der Abteilung
für Psychiatrie und Psychotherapie
der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychosomatik
der Albert-Ludwigs-Universität
Freiburg im Breisgau
DER KÖRPERLICHE TRAININGSZUSTAND DEPRESSIVER
PATIENTEN IM VERGLEICH MIT EINER GESUNDEN
KONTROLLGRUPPE
INAUGURAL–DISSERTATION
zur
Erlangung des Medizinischen Doktorgrades
der Medizinischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität
Freiburg im Breisgau
Vorgelegt 2008
von Anina Herter
geboren in
Emmendingen
Dekan
Prof. Dr. med. Christoph Peters
1. Gutachter
Prof. Dr. med. Ulrich Voderholzer
2. Gutachter
Prof. Dr. med. Hans-Hermann Dickhuth
Jahr der Promotion
2009
Inhaltsverzeichnis
1 EINLEITUNG _____________________________________________________ 5
1.1 Die Depression __________________________________________________________ 5
1.2 Der Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und psychiatrischen
Erkrankungen __________________________________________________________ 7
1.3 Die Auswirkung körperlichen Trainings auf Depressionen _____________________ 8
1.4 Die Auswirkung unterschiedlicher Sportarten auf Depressionen _______________ 11
1.5 Körperliche Aktivität als Prävention psychiatrischer Erkrankungen ____________ 12
1.6 Der Zusammenhang von körperlicher Aktivität und Stärke der Symptomreduktion
_________________________________________________________________________ 13
1.7 Der körperliche Trainingszustand depressiver Patienten ______________________ 13
1.8 Biologische Effekte körperlicher Aktivität __________________________________ 15
2 FRAGESTELLUNG _______________________________________________ 19
3 PATIENTEN UND METHODEN _____________________________________ 21
3.1 Probanden ____________________________________________________________ 21
3.1.1 Patienten __________________________________________________________ 21
3.1.2 Die gesunde Vergleichsgruppe ________________________________________ 23
3.2 Psychometrische Diagnostik ______________________________________________ 26
3.3 Laktatdiagnostik _______________________________________________________ 26
3.4 Allgemeine Methodik ___________________________________________________ 28
3.4.1 Fahrradergometrie __________________________________________________
3.4.2 Laktatbestimmung __________________________________________________
3.4.3 Herzfrequenzregistrierung ____________________________________________
3.4.4 Ermittlung der individuellen anaeroben Schwelle _________________________
3.4.5 Ermittlung weiterer leistungsdiagnostischer Parameter ____________________
28
28
29
29
29
3.5 Statistische Auswertung _________________________________________________ 30
3.6 Die Subgruppen innerhalb der Patientengruppe _____________________________ 31
3.6.1 Die Dauer der aktuellen depressiven Episode ___________________________
3.6.2 Die Gesamtdauer der Erkrankung ______________________________________
3.6.3 Die Anzahl der erlebten depressiven Episoden ___________________________
3.6.4 Dauer der arbeitsunfähigen Zeit _______________________________________
3.6.5 Raucher und Nichtraucher ____________________________________________
3.6.6 Bipolarität und Unipolarität ___________________________________________
3.6.7 Therapie-Responder und Non-Responder _______________________________
3.6.8 Dauer des stationären Aufenthaltes ____________________________________
3.6.9 Der Body-Mass-Index ________________________________________________
31
32
33
33
34
34
35
35
36
Inhaltsverzeichnis
3.6.10 Das Alter der Patienten ______________________________________________ 36
3.6.11 Der BDI-Score _____________________________________________________ 36
4 ERGEBNISSE ___________________________________________________ 37
4.1 Vergleich der Patientengruppe mit der gesunden Kontrollgruppe ______________ 37
4.2 Vergleiche innerhalb der Patientengruppe __________________________________ 51
4.2.1 Vergleich nach Dauer der aktuellen depressiven Episode __________________
4.2.2 Vergleich nach Gesamtdauer der Erkrankung ____________________________
4.2.3 Vergleich nach Anzahl der bisher erlebten depressiven Episoden ___________
4.2.4 Vergleich nach Dauer der arbeitsunfähigen Zeit __________________________
4.2.5 Vergleich von Rauchern mit Nichtrauchern ______________________________
4.2.6 Vergleich von Patienten mit unipolarer Erkrankung mit Patienten mit bipolarer
Erkrankung ________________________________________________________
4.2.7 Vergleich von Therapie-Respondern mit Therapie-Non-Respondern _________
4.2.8 Korrelation von stationärer Aufenthaltsdauer und Leistungsparametern _____
4.2.9 Korrelation von Bodymassindex und absoluten Leistungsparametern _______
4.2.10 Korrelation von Alter und Leistungsparametern _________________________
4.2.11 Korrelation von BDI-Score und Leistungsparametern ____________________
51
52
53
54
57
60
61
61
62
62
68
5 DISKUSSION ___________________________________________________ 69
6 ZUSAMMENFASSUNG ___________________________________________ 87
7 LITERATUR ____________________________________________________ 88
8 ANHANG _______________________________________________________ 96
8.1 Datentabelle der leistungsdiagnostischen Parameter _________________________ 96
9 VERZEICHNIS __________________________________________________ 98
9.1 Tabellenverzeichnis _____________________________________________________ 98
9.2 Abbildungsverzeichnis __________________________________________________ 98
9.3 Abkürzungsverzeichnis _________________________________________________ 100
10 DANKSAGUNG _______________________________________________ 101
11 LEBENSLAUF ________________________________________________ 102
1 Einleitung
5
1 Einleitung
In diesem einleitenden Abschnitt soll der Hintergrund der vorliegenden Arbeit
vermittelt werden. Der Anstoß zur Durchführung dieser Studie entwickelte sich aus
der Beobachtung des Verhaltens depressiver Patienten während ihres stationären
Aufenthaltes. Deshalb sollen zunächst die Grundzüge der Depression erläutert
werden. Daran wird sich eine Zusammenfassung der Literatur, die sich mit dem
Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und psychiatrischen Erkrankungen
beschäftigt, anschließen. Abschließend sollen vor dem Hintergrund der Literatur Idee
und Zielsetzung der Arbeit verdeutlicht werden.
1.1 Die Depression
„Die
Depression
ist
eine
ernste
und
wegen
der
hohen
Suizidalität
oft
lebensgefährliche Erkrankung“ (Ahrens 1997, Berger 1999, Kasper et al. 1996,
Reimers, Broocks 2003). Bei der Depression handelt es sich neben der Angststörung
um die häufigste psychiatrische Erkrankung. Angaben über die Häufigkeit ihres
Auftretens variieren in der Literatur stark (Berger 2003). Das Risiko, dass ein Mensch
einmal in seinem Leben an einer behandlungsbedürftigen depressiven Episode
erkrankt, wird auf 10 bis 20% geschätzt (Reimers, Broocks 2003), wobei Frauen
doppelt so häufig betroffen sind wie Männer. Der Häufigkeitsgipfel für die
Erstmanifestation befindet sich in der Mitte des dritten Lebensjahrzehnts, 50% der
Betroffenen erkranken erstmalig vor Erreichen des 40. Lebensjahres (Berger 2003).
Nach ICD-10 (International Classification of Diseases) und DSM-IV (Diagnostic and
Statistical Manual of Mental Disorders) werden mehrere Formen der Depression
unterschieden. Die sogenannte Major Depression entspricht im deutschen
Sprachgebrauch der depressiven Episode. Um die Diagnose einer Major Depression
stellen zu können, müssen für eine schwere depressive Episode drei, für eine leichte
depressive Episode zwei der Hauptsymptome vorliegen. Diese sind depressive
Stimmung, Verlust von Interesse oder Freude und erhöhte Ermüdbarkeit. Neben
diesen Hauptsymptomen gibt es weitere verschiedene Nebenkriterien, wie
Schlafstörungen,
häufig
mit
frühem
Erwachen,
Konzentrationsschwäche und viele weitere (Berger 2003).
Grübelneigung,
1 Einleitung
6
Auch körperliche Symptome, wie zum Beispiel Kopf- oder Rückenschmerzen,
werden beobachtet. Auffallend ist, dass bereits das Verrichten alltäglicher Arbeiten
eine immense Anstrengung für die Patienten bedeutet und eine anhaltende
Erschöpfung nach sich zieht (Reimers, Broocks 2003).
Eine weitere Form der Depression ist die Dysthymie, welche mit einer schwächeren
Ausprägung der typischen Symptomatologie einhergeht, jedoch einen eher
chronifizierten Lauf nimmt, mit einer nach DSM-IV Dauer von mindestens 2 Jahren
(Berger 2003). Bei der sogenannten Minor Depression handelt es sich um die leichte
Form einer depressiven Episode. Auch im Rahmen bipolarer affektiver Störungen,
Anpassungsstörungen oder schizoaffektiver Störungen werden depressive Episoden
beobachtet.
Depressionen treten oft episodisch auf, unterbrochen von Phasen kompletter oder
partieller Remission. Die Dauer einer Episode kann mehrere Monate umfassen und
ist somit von besonderem Krankheitswert. Depressive Erkrankungen werden deshalb
nicht nur nach Symptomen und Schweregrad, sondern auch hinsichtlich ihres
Episodenverlaufs in rezidivierende, anhaltende oder einmalig auftretende depressive
Störungen unterteilt. Mit einem Rezidivrisiko von 55 – 56% sind wiederkehrende
Episoden keine Seltenheit. Das Risiko eines chronifizierenden Verlaufs liegt bei 10%.
Ein besonderes Problem depressiver Erkrankungen ist das häufige Auftreten
psychiatrischer Komorbiditäten, wie zum Beispiel Angst- und Panikerkrankungen,
Abhängigkeitserkrankungen
Vergesellschaftung
mit
oder
Persönlichkeitsstörungen.
somatischen
Erkrankungen
wie
Aber
zum
auch
die
Beispiel
mit
kardiovaskulären Erkrankungen ist beschrieben worden (Galper et al. 2006), was ein
weiteres beträchtliches Gesundheitsrisiko darstellt.
Das größte Risiko in Verbindung mit Depressionen ist jedoch die hohe Suizidgefahr.
40 –70% aller Suizide werden im Rahmen einer Depression begangen. 20 – 60% der
Erkrankten unternehmen mindestens einen Suizidversuch.
Die Depression ist multifaktorieller Genese. Genetische Disposition, psychosoziale
Faktoren und neurobiologische Mechanismen, vor allem auf Transmitterebene,
tragen zu ihrer Entstehung bei.
Den größten Beitrag zur Behandlung der Depression leistet nach wie vor die
medikamentöse Therapie. Auch Formen der Psychotherapie werden eingesetzt,
1 Einleitung
7
wobei hier die Verhaltenstherapie gegenüber der Tiefenpsychologie eine deutlich
breitere Anwendung findet.
Der Nachteil der bisherigen Therapieformen besteht hinsichtlich der Psychotherapie
in der begrenzten Wirksamkeit. Vor allem bei Suizidalität sind Antidepressiva nach
wie vor Mittel der Wahl. Die medikamentöse Therapie hingegen ist leider häufig von
nicht außer acht zu lassenden Nebenwirkungen begleitet, welche sich negativ auf
Compliance und Wohlbefinden der Patienten auswirken (Berger 2003).
1.2 Der Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und psychiatrischen
Erkrankungen
Während der letzten Jahre besteht ein ständig wachsendes Interesse am
Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und psychiatrischen Erkrankungen.
Dieses Interesse kommt in verschiedenen Veröffentlichungen, welche sich mit
diesem Themengebiet befassen, zum Ausdruck.
Meyer et al. (1998) untersuchten in ihrer Studie den Einfluss von Ausdauertraining
auf Panikstörungen. 38 Patienten mit Panikstörungen wurden in drei Gruppen
eingeteilt. Eine Gruppe erhielt ein zehn Wochen dauerndes Lauftraining, die
Patienten der zweiten Gruppe wurden mit Clomipramin behandelt und die der dritten
erhielten ein Placebo. Außerdem wurde die Gruppe, die das Lauftraining absolvierte
mit einer Gruppe von elf altersgematchten Gesunden verglichen, die das gleiche
Programm durchliefen. Nach zehn Wochen zeigte sich, dass sowohl die Probanden
der Trainingsgruppe als auch die der mit Clomipramin behandelten Gruppe eine
Reduktion der Paniksymptome erfahren hatten, die der Placebogruppe hingegen
nicht. Allerdings trat die Symptomreduktion bei einer Behandlung mit Clomipramin
früher ein als bei der Behandlung mit dem Lauftraining.
Darüber hinaus wurde erkannt, dass die Patientengruppe gleich stark vom
Lauftraining
profitierte
wie
die
gesunde
Kontrollgruppe,
obwohl
bei
der
Patientengruppe zu Anfang ein reduzierter körperlicher Trainingszustand festgestellt
worden war.
1 Einleitung
8
1.3 Die Auswirkung körperlichen Trainings auf Depressionen
Ein bedeutendes Interesse besteht aber an dem Zusammenhang zwischen
körperlicher Aktivität und Depressionen, vor allem deshalb, weil man bei
körperlichem Training einen antidepressiven Effekt beobachtet hat.
Die verschiedenen Veröffentlichungen beschäftigen sich zwar mit dem gleichen
Themengebiet, dem Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und depressiven
Erkrankungen, sie unterscheiden sich jedoch oft in ihrer zentralen Fragestellung.
Das zentrale Thema vieler veröffentlichter Arbeiten ist der Vergleich von sportlicher
Aktivität
als
Behandlungsmethode
von
Depressionen
mit
anderen
Behandlungsmethoden, beispielsweise Entspannungstechniken, Psychotherapie,
medikamentöser Therapie und anderen.
Die frühen Studien beschäftigten sich noch hauptsächlich mit der Frage, ob aerobes
Training generell einen therapeutischen Effekt bei der Behandlung von Depressionen
aufweist.
Doyne et al. beobachteten 1983 bei einer Gruppe von vier Patientinnen mit
Depression während eines sechswöchigen Lauftrainings eine Verbesserung der
Symptomatik im Vergleich zu der Zeit vor dem Training, als die Patientinnen nicht
sportlich aktiv waren (Doyne et al. 1983, Martinsen 1994).
Ein ähnliches Studiendesign verwendeten Sime et al. in ihrer Arbeit von 1987, in der
sie beobachteten, wie während eines zehnwöchigen Lauftrainings die depressiven
Symptome der 15 an der Studie teilnehmenden Patienten, im Gegensatz zu einer
Beobachtungszeit vor Beginn des Trainings, deutlich zurückgingen (Sime 1987,
Martinsen 1994).
Diese beiden Studien verglichen ihre Ergebnisse lediglich mit den Ergebnissen,
welche die gleichen Patienten vor der Durchführung des körperlichen Trainings
erzielt hatten. Eine eigene Kontrollgruppe war nicht vorhanden.
In ihrer Arbeit von 1979 untersuchten Brown et al. 101 Patienten, welche frei wählen
durften, ob sie fünfmal pro Woche (26 Patienten), dreimal pro Woche (65 Patienten)
oder gar nicht joggen wollten (10 Patienten). Es zeigte sich, dass die Patienten, die
an
einem
Joggingprogramm
teilnahmen,
einen
stärkeren
Rückgang
ihrer
Symptomatik erfuhren als diejenigen, die nicht joggten. Ein großer Schwachpunkt
1 Einleitung
9
dieser Studie war allerdings, dass die Patienten nicht randomisiert den Gruppen
zugeteilt wurden sondern selbst entscheiden durften, an welchem Training sie
teilnahmen (Brown et al. 1978, McCann, Holmes 1984).
Die erste experimentelle Studie wurde 1979 von Greist et al. durchgeführt. 28
Patienten wurden randomisiert drei verschiedenen Gruppen zugeteilt, entweder einer
Gruppe, die ein Lauftraining absolvierte oder einer von zwei Psychotherapiegruppen
(zeitlich limitiert oder zeitlich unlimitiert). In allen drei Gruppen wurde eine
Symptomreduktion erzielt, es fanden sich keine Unterschiede zwischen den
einzelnen Gruppen. Alle Methoden erwiesen sich als wirksam in der Behandlung von
Depressionen (Greist et al. 1979, Martinsen 1990).
Rueter et al. untersuchten, ob ein Lauftraining die Wirkung einer Beratungstherapie
verstärken konnte und beobachteten bei 18 Patienten, dass jene, die zusätzlich zur
Beratung ein Lauftraining durchführten, eine stärkere Symptomreduktion aufweisen
konnten als diejenigen, die als alleinige Therapie eine Beratung erhielten (Rueter et
al. 1982, Martinsen 1994).
Die Studiendesigns haben sich im Laufe der Zeit geändert. So war die Studie von
McCann et al. von 1984 eine der ersten, in der eine Kontrollgruppe vorhanden war,
die keine Art von Behandlung erhielt, sondern auf eine Warteliste gesetzt wurde.
Neben der Kontrollgruppe existierten zwei Gruppen, die eine Behandlung über zehn
Wochen
erhielten:
entweder
aerobes
Training
in
der
ersten
oder
Entspannungsübungen (Muskelrelaxation nach Jacobson) in der zweiten Gruppe.
Sowohl in der kardiopulmonalen Fitness als auch in der Symptomreduktion,
gemessen mittels der BDI-Skala (Beck Depression Inventory), zeigten sich bei der
Trainingsgruppe deutliche Verbesserungen, während es in der Kontrollgruppe und in
der
Gruppe,
welche
die
Entspannungsübungen
durchführte,
zu
keinen
Veränderungen kam. Das aerobe Training zeigte sich also als deutlich wirksamer in
der Behandlung der Depression als die Entspannungsübungen oder gegenüber dem
Fall, dass gar keine Behandlung stattfand (McCann, Holmes 1984).
Ob ein Unterschied zwischen dem therapeutischen Effekt von verschiedenen
Behandlungsmöglichkeiten
von
Depressionen
(hier
aerobes
Training,
Entspannungsmeditation oder Gruppentherapie) besteht, untersuchten Klein et al. in
ihrer Studie von 1985. 74 Patienten wurden randomisiert drei Gruppen zugeteilt,
welchen je eine der genannten Behandlungsmöglichkeiten zukam. Nach zwölf
Wochen ließ sich in jeder der drei Gruppen eine signifikante Verbesserung der
1 Einleitung
10
Depression erkennen, wobei jedoch keine der Methoden einer anderen überlegen
war. Bei einer Folgeuntersuchung nach neun Monaten zeigte sich für das aerobe
Training
und
die
Meditationsgruppe
ein
besseres
Ergebnis
als
für
die
Gruppentherapie (Klein et al. 1985, Martinsen 1990).
Ebenfalls im Jahre 1985 verglichen Martinsen et al. den therapeutischen Effekt von
aerobem Training und Ergotherapie. 49 Patienten wurden untersucht. In der
Trainingsgruppe war der zu beobachtende antidepressive Effekt deutlich größer als
in
der
Ergotherapiegruppe.
Allerdings
erhielten
alle
Patienten
eine
psychotherapeutische Behandlung und die Hälfte der Patienten wurde zusätzlich mit
Antidepressiva behandelt, so dass zum antidepressiven Effekt des Sports alleine nur
schlecht eine Aussage zu machen war (Martinsen et al. 1985, Martinsen 1994,
Reimers, Broocks 2003).
Den Effekt von aerobem Training mit dem der kognitiven Verhaltenstherapie
verglichen 1987 Freemont und Craighead und untersuchten zusätzlich, ob eine
Kombination dieser beiden Behandlungsformen einen stärkeren Effekt erzielen
konnte als jede für sich allein. 49 Patienten wurden hierfür herangezogen. Gemessen
mit Hilfe der BDI-Skala zeigten alle drei Gruppen einen Rückgang der Symptome
und keine der Methoden schien sich von den anderen in der Stärke der
Symptomreduktion zu unterscheiden (Freemont, Craighead 1987, Martinsen 1990).
In einer jüngeren Studie untersuchten Blumenthal et al. an 156 älteren Patienten
(>50 Jahre) die Unterschiede des therapeutischen Effekts von Ausdauertraining und
Antidepressiva (Sertralin). Außerdem untersuchten sie, ob die Kombination dieser
beiden Verfahren einen stärkeren Effekt aufweisen konnte als eines der beiden
allein.
Die
Patienten
(Ausdauertraining,
wurden
randomisiert
Sertralintherapie,
den
Kombination
drei
von
Gruppen
zugeteilt
Ausdauertraining
und
Sertralintherapie). Die Behandlungsphase dauerte 16 Wochen. Nach deren
Abschluss fanden sich in allen drei Behandlungsgruppen deutliche Verbesserungen
der depressiven Symptomatik. Die Gruppen unterschieden sich jedoch nicht
untereinander. Allerdings war beobachtet worden, dass der antidepressive Effekt in
der
mit
Sertralin
behandelten
Gruppe
früher
auftrat
als
in
der
Ausdauertrainingsgruppe, ähnlich wie in der Studie von Meyer et al., die Behandlung
von Panikstörungen betreffend (siehe oben) (Blumenthal et al. 1999, Reimers,
Broocks 2003, Meyer et al. 1998). Nach der 16 Wochen dauernden Behandlung war
der therapeutische Effekt des Ausdauertrainings dem der Medikation ebenbürtig.
1 Einleitung
11
1.4 Die Auswirkung unterschiedlicher Sportarten auf Depressionen
Einige Arbeiten hatten die Frage, ob es einen signifikanten Unterschied zwischen
Behandlungen mit verschiedenen Sportarten gibt, als zentrales Thema. Oft wurde
hierbei ein Vergleich von aeroben mit nicht-aeroben Trainingsformen angestellt.
Aerobe Trainingsformen, wie zum Beispiel Joggen, haben vor allem die
Aufrechterhaltung und Steigerung der Ausdauerleistungsfähigkeit zum Ziel. Bei
aeroben Trainingsformen ist eine direkte Deckung des Sauerstoffbedarfs in der
Skelettmuskulatur
durch
das
Sauerstoffangebot
möglich,
das
heißt,
das
Sauerstoffangebot über die Atmung ist größer als der Sauerstoffbedarf so dass ein
aerober Stoffwechsel stattfindet. Übersteigt der Sauerstoffbedarf hingegen die
Sauerstoffzufuhr, findet ein anaerober Stoffwechsel statt. Da der Sauerstoffbedarf
nicht akut komplett gedeckt werden kann, wird kompensatorisch zur Deckung des
Energiebedarfs Laktat gebildet (Pschyrembel-Klinisches Wörterbuch 2007, Reimers,
Broocks 2003).
Doyne et al. verglichen in ihrer Studie im Jahre 1987 den Effekt von Lauftraining mit
dem von Gewichtheben bei der Behandlung von Depressionen. 40 Frauen wurden
randomisiert drei verschiedenen Gruppen zugeordnet: eine Gruppe erhielt ein
achtwöchiges Lauftraining, die zweite Gruppe ein Krafttraining und die dritte Gruppe
wurde als Kontrollgruppe auf eine Warteliste gesetzt. In beiden Trainingsgruppen
wurde im Gegensatz zu der Kontrollgruppe ein deutlicher Rückgang der
psychiatrischen Symptome beobachtet. Zwischen den beiden Trainingsarten ließ
sich jedoch kein Unterschied feststellen. Beide Sportarten führten also zur Reduktion
der Symptome (Doyne et al. 1987).
Bereits 1986 hatten Williams et al. den Effekt von aerobem Training (dreimal pro
Woche) mit dem von Training geringerer Intensität (zweimal pro Woche) über einen
Zeitraum von zehn Wochen verglichen. In ihrem Einfluss auf die depressive
Symptomatik unterschieden sich die beiden Sportarten nicht voneinander. Bei einer
gesunden Kontrollgruppe zeigte sich ebenfalls eine Verbesserung der Depressivität
und Angespanntheit (Williams, Getty 1986, Reimers, Broocks 2006).
Sexton et al. verglichen 1989 in ihrer Studie die Auswirkungen von Laufen und
Gehen auf die Symptome depressiver Patienten. Die Stärke der
depressiven
Symptomatik nahm in beiden Gruppen gleichermaßen ab (Sexton et al. 1989,
Martinsen 1994).
1 Einleitung
12
Einen Vergleich zwischen aerobem Training und Training geringerer Intensität
stellten Martinsen et al. in ihrer Arbeit von 1989 an, bei welcher 99 Patienten auf zwei
Gruppen verteilt wurden, die jeweils für eine Stunde an drei Tagen der Woche über
acht Wochen lang trainierten. Eine Gruppe absolvierte ein aerobes Lauftraining, die
andere Gruppe ein Krafttraining. Am Ende der Untersuchung konnte in beiden
Gruppen ein vergleichbarer Rückgang der depressiven Symptomatik beobachtet
werden,
während
nur
die
Absolventen
des
Lauftrainings
ihre
maximale
Sauerstoffaufnahme steigern konnten, woraus die Autoren schlossen, dass die
Verbesserung der depressiven Symptome nicht auf ein aerobes Training beschränkt
ist (Martinsen et al. 1989b).
Pappas et al. verglichen 1990 die Wirkung von aerobem Tanzen mit der von
Raquetball (eine dem Squash vergleichbare Sportart (Reimers, Broocks 2006)) auf
die depressive Symptomatik von je 16 Patientinnen in jeder Gruppe. Die Tänzerinnen
schienen von ihrem Training besser zu profitieren als die Raquetballspielerinnen,
was die erreichte Punktzahl im BDI vor und nach dem Training zeigte. Allerdings
wurde der körperliche Trainingszustand der Patientinnen nicht direkt gemessen und
somit die Trainingseffekte der beiden Sportarten nicht miteinander verglichen
(Pappas et al. 1990).
1.5 Körperliche Aktivität als Prävention psychiatrischer Erkrankungen
Eher wenige Arbeiten haben sich bisher mit dem Thema befasst, ob körperliche
Aktivität zur Primär- oder auch Sekundärprävention von Depressionen beitragen
kann. Der positive Effekt regelmäßiger körperlicher Aktivität in der Prävention
verschiedener chronischer, vor allem internistischer Krankheiten ist lange bekannt.
Hierzu zählen unter anderem die koronare Herzerkrankung, zerebrovaskuläre
Erkrankungen, die arterielle Hypertonie, nicht-insulinabhängiger Diabetes mellitus,
Osteoporose und das Kolonkarzinom (Åstrand 1988, Blair et al. 1992, Lee et al.
1997, Pate et al. 1995). Jeder Erwachsene sollte hierfür täglich mindestens 30
Minuten körperlich mäßig aktiv sein, wobei diese Aktivität nicht zwingend in der Form
von Sport zu leisten ist. Viele alltägliche Aktivitäten wie Treppensteigen,
Fahrradfahren und Gartenarbeit können zur Prävention beitragen (Reimers, Broocks
2003). Die erbrachte Aktivität muss nicht kontinuierlich erbracht werden (Pate et al.
1 Einleitung
13
1995). Es konnte auch keine enge Dosisabhängigkeit zwischen körperlicher Aktivität
und den günstigen gesundheitlichen Effekten gesehen werden (Oja 2001).
Gotestam und Stiles beobachteten 1990 an norwegischen Soldaten, dass bei den
Personen, die sich zuvor sportlich betätigt hatten, nach Durchleben einer
belastenden Situation seltener Depressionen auftraten (Gotestam, Stiles 1990,
Martinsen 1994).
1989 beobachteten Martinsen et al., dass durch sportliche Übungen die Rückfallrate
von Patienten, die schon einmal eine depressive Episode erlebt hatten, gesenkt
werden konnte (Martinsen et al. 1989a, Martinsen 1994).
1.6
Der
Zusammenhang
von
körperlicher
Aktivität
und
Stärke
der
Symptomreduktion
Eine weitere wichtige Frage, die in einigen Arbeiten auftaucht, ist die nach dem
Zusammenhang zwischen dem Grad des Anstiegs von körperlicher Fitness und der
Stärke der Symptomreduktion auf Seiten der Patienten.
Doyne et al. beobachteten zum Beispiel, dass die Symptomreduktion nicht
zwangsläufig an die Verbesserung der körperlichen Fitness gekoppelt ist (Doyne et
al. 1987).
Auch sahen Martinsen et al. in ihrer Arbeit 1989 schließlich einen nur sehr geringen
Zusammenhang
zwischen
dem
Grad
Trainingszustands und der Stärke des
der
Verbesserung
des
körperlichen
Rückgangs der depressiven Symptome,
nachdem sie in ihrer Studie von 1985 noch eine deutlichere Korrelation zwischen der
Verbesserung
des
körperlichen
Trainingszustandes
und
der
Stärke
der
Symptomreduktion festgestellt hatten (Martinsen et al. 1989b, Martinsen et al. 1985).
1.7 Der körperliche Trainingszustand depressiver Patienten
Viele der Arbeiten richten ihr Augenmerk hauptsächlich auf den therapeutischen
Effekt von sportlicher Aktivität. Der körperliche Trainingszustand der depressiven
Patienten wurde zwar zu Anfang der Experimente erhoben, fungierte jedoch in der
Auswertung der Ergebnisse meist nur als Vergleichswert für die nach dem
Trainingsprogramm erhobenen Daten. Selten wurde in einer Veröffentlichung der
körperliche Trainingszustand der depressiven Patienten vor dem Trainingsprogramm
1 Einleitung
14
genauer beleuchtet um der Frage nachzugehen, ob depressive Patienten generell
eine schlechtere körperliche Leistungsfähigkeit aufweisen.
1985 berichtete Eisemann, dass depressive Patienten im Vergleich zu einer
Kontrollgruppe weniger an Freizeitaktivitäten teilnehmen (Eisemann 1985, Martinsen
1994).
Morgan et al. beschrieben 1969 eine schlechtere körperliche Belastbarkeit bei
depressiven Patienten, die sie an einer niedrigen PWC (physical work capacity)
festmachten (Morgan et al. 1969, Martinsen 1990).
Das gleiche Phänomen beschrieben Martinsen et al. in einer Arbeit aus dem Jahre
1989. Die Lungenfunktion der depressiven Patienten scheint jedoch gegenüber dem
Durchschnitt der Bevölkerung nicht herabgesetzt zu sein (Martinsen et al. 1989c,
Martinsen 1994, Martinsen 1990).
Allerdings bleibt bisher die sehr interessante Frage der Ursächlichkeit ungeklärt: Ist
die herabgesetzte Belastbarkeit depressiver Patienten Ursache oder Folge
geringerer sportlicher Aktivität?
Die Ergebnisse der verschiedenen Studien haben eine einheitliche Tendenz:
aerobes Training hat ein besseres Ergebnis gegenüber dem Fall, dass gar keine
Behandlung stattfindet. Von anderen Behandlungsmöglichkeiten, zum Beispiel
verschiedenen
Formen
der
Psychotherapie,
scheint
es
sich
in
seinem
therapeutischen Effekt nicht signifikant zu unterscheiden.
Wie mehrere Studien zeigen konnten, ist die Symptomreduktion nicht von der
Verbesserung der kardiopulmonalen Fitness abhängig. Obwohl in den meisten
Studien aerobe Trainingsformen, meistens Laufen, zum Einsatz kamen, hat sich
auch gezeigt, dass der antidepressive Effekt von Sport nicht nur den aeroben
Trainingsarten vorbehalten ist. Auch Sportarten wie zum Beispiel Gewichtheben
haben einen Rückgang der depressiven Symptomatik bewirkt.
Die Patienten bewerten diese Art der Behandlung äußerst positiv. In einer Studie von
Martinsen et al. berichteten die Befragten, das Training habe ihnen mehr geholfen
als die Psychotherapie und in einer Studie von Sexton et al. stuften die Befragten
das Training sogar höher als Psychotherapie und Pharmakotherapie ein. Dies kann
damit zusammenhängen, dass sportliche Aktivität mit deutlich weniger negativen
Nebenwirkungen verbunden ist als vor allem die Pharmakotherapie (zum Beispiel
1 Einleitung
15
Mundtrockenheit, Schwindel) (Martinsen, Medhus 1989d, Martinsen 1994, Sexton et
al. 1989).
Allerdings scheinen die positiven Auswirkungen auf die Behandlung von milden oder
mittelgradig schweren Formen der Depression begrenzt zu sein (Martinsen 1994).
1.8 Biologische Effekte körperlicher Aktivität
Die Mechanismen, die für den positiven therapeutischen Effekt des Sports
verantwortlich sind, liegen noch weit im Dunkeln.
Morgan stellte 1984 die so genannte „Pyrogene Hypothese“ auf, nach welcher der
psychologische Effekt mit der vorübergehenden Erhöhung der Körpertemperatur
während des Trainings zu erklären sei (Morgan 1984).
Außerdem wurden nach aerobem Training eine erhöhte Konzentration von
Monoaminen im Gehirn und eine erhöhte Aktivität des lymphozytären β-Rezeptors
festgestellt (Ransford 1982, Gordon et al. 1983).
Allerdings müssen diese Erklärungsansätze als Hypothesen betrachtet werden, da
sie aufgrund verschiedener Schwachstellen in den entsprechenden Experimenten
noch nicht hinreichend belegt wurden (Martinsen 1990).
Körperliche Aktivität ist mit vielen neuroendokrinen Veränderungen verbunden. So
wurde im Rahmen motorischer Belastung eine vermehrte Ausschüttung von
Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin beobachtet (Kraemer et al. 1999). Neben der
vermehrten Ausschüttung dieser Transmitter kam es auch zu einem Anstieg der
Plasmakonzentration von Testosteron, insulin-like growth factor (IGF-I), Renin,
Angiotensin II und Prolaktin (Kraemer et al. 1999, Fischer et al. 1991, de Meirleir et
al. 1985).
Post et al. stellten in ihrer Studie von 1973 im Liquor depressiver Patienten nach
motorischer Aktivität einen Anstieg der Konzentration des Serotoninmetaboliten 5HIAA und des Noradrenalinmetaboliten Vanillin-Mandelsäure fest (Post et al. 1973).
In einer anderen Studie konnte bei depressiven Patienten im Urin und im Liquor eine
erhöhte Konzentration des Noradrenalinmetaboliten MHPG nachgewiesen werden,
nachdem die Patienten vermehrt motorisch aktiv gewesen waren (Beckmann et al.
1979).
In mehreren Studien konnte ein Zusammenhang zwischen der sportlichen Aktivität
und der Empfindlichkeit eines Serotoninrezeptorsubtyps, des 5-HT2C–Rezeptors
1 Einleitung
16
gezeigt werden. So wiesen untrainierte Kontrollpersonen im Gegensatz zu
Ausdauersportlern eine erhöhte Empfindlichkeit dieses Rezeptors auf (Broocks et al.
1999). Untrainierte Probanden zeigten eine verminderte Reaktionsantwort auf einen
5-HT2C–Rezeptoragonisten,
nachdem
sie
an
einem
dreimonatigen
Ausdauertrainingsprogramm teilgenommen hatten (Broocks et al. 2001). Patienten
mit Panikstörung hingegen scheinen eine pathologisch erhöhte Empfindlichkeit
dieses Rezeptorsubtypes aufzuweisen (Broocks et al. 2000, Kahn et al. 1988).
Intensive motorische Aktivität führt akut zu einem erhöhten Umsatz von Serotonin. In
Tierexperimenten konnte nach Laufradaktivität eine erhöhte hypothalamische
Serotonin-Reserve nachgewiesen werden (Broocks et al. 1991, Broocks et al. 1997).
Häufig wurde vermutet, dass der positive Effekt körperlichen Trainings im
Zusammenhang
mit
einer
verstärkten
Sekretion
von
β-Endorphinen
steht.
Tatsächlich wurde nach einem zehnwöchigen Sprint-Intervall-Training (Kraemer et al.
1989) und in einer anderen Studie (Carr et al. 1981, Wildmann et al. 1986, Krüger,
Wildmann 1986, Goldfarb, Jamurtas 1997) nach intensivem, wiederholtem
Ausdauertraining eine vermehrte Ausschüttung von β-Endorphinen beobachtet. Es
zeigte sich jedoch, dass die nach dem Training vorhandenen psychischen Effekte im
Gegensatz zu der trainingsinduzierten verminderten Schmerzempfindlichkeit nicht
durch Naloxon antagonisierbar waren (Markoff et al. 1982, Janal et al. 1984) und
somit die psychischen Auswirkungen des Trainings nicht alleine auf eine vermehrte
Sekretion von β-Endorphinen zurückzuführen sind, zumal die Bluthirnschranke für
das Protein β-Endorphin nicht permeabel ist (Reimers, Broocks 2006).
1 Einleitung
17
Neuroendokrine Effekte körperlicher Aktivität
Parameter
Effekt durch körperliche Aktivität
Körpertemperatur
Erhöhung
Monoamine im Gehirn
Konzentrationserhöhung
Lymphozytärer β-Rezeptor
Erhöhte Aktivität
Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin
vermehrte Ausschüttung
Testosteron, IGF-I, Renin, Angiotensin II, Konzentrationserhöhung
Prolaktin
Serotoninmetabolit im Liquor depressiver Konzentrationserhöhung
Patienten
Noradrenalinmetaboliten in Liquor und Konzentrationserhöhung
Urin depressiver Patienten
Serotonin
erhöhter
Umsatz
nach
intensiver
motorischer Aktivität
Hypothalamische Serotonin-Reserve
im Tierexperiment nach Laufradaktivität
erhöht
Empfindlichkeit des 5-HT2C-Rezeptors
vermindert bei Ausdauersportlern, erhöht
bei Untrainierten und bei Panikstörung
β-Endorphine
vermehrte Ausschüttung
Schmerzempfindlichkeit
vermindert
Tabelle 1
Oft werden psychologische Mechanismen zur Erklärung des positiven Effekts von
sportlicher Aktivität herangezogen. Schon bei Gesunden scheint das Joggen eine
positive Auswirkung auf die Stimmung zu haben, was 1968 von Cooper als das
sogenannte „feeling good“-Phänomen beschrieben wurde (Cooper 1986, McCann,
Holmes 1984).
Viele der Patienten, die an einem Trainingsprogramm teilnahmen, machten die
Erfahrung, eine an sie gestellte Aufgabe bewältigen zu können, woraus sie neues
Selbstvertrauen schöpften. Sie erlangten ein gewisses Maß an Selbstdisziplin und
Selbstbeherrschung. Außerdem wurde ihnen bewusst, dass sie selbst aktiv zur
Verbesserung ihrer Symptome beitragen konnten. Des Weiteren bedeutete das
sportliche Programm für viele Patienten eine gewisse Abwechslung (Martinsen
1994).
1 Einleitung
18
Letztendlich sind die Mechanismen, die für den psychologischen Effekt des
körperlichen Trainings verantwortlich sind, jedoch noch weitgehend unbekannt.
Die Ergebnisse vieler Studien sprechen für klinisch relevante antidepressive
Wirkungen von sportlicher Aktivität. Die meisten Arbeiten thematisierten aber den
therapeutischen Effekt des körperlichen Trainings, das den Patienten in Form von
Sportprogrammen zukam, und verglichen ihn mit dem anderer therapeutischer
Maßnahmen, wie zum Beispiel Psychotherapie, Entspannungsübungen und
medikamentöser Therapie oder gar keiner Maßnahme.
Jedoch gingen wenige Arbeiten explizit auf die Frage ein, ob depressive Patienten
einen
schlechteren
körperlichen
Trainingszustand
aufweisen
als
Gesunde
entsprechenden Alters. Diese Frage wird in meiner Arbeit ein zentrales Thema
darstellen.
Erhöhte Ermüdbarkeit zählt nach ICD-10 zu den drei Hauptsymptomen der
depressiven Episode. An depressiv erkrankten Patienten fiel dies während ihres
stationären Aufenthaltes bereits bei leichten Belastungen in alltäglichen Situationen
auf, wie zum Beispiel beim Treppensteigen, was einer Arbeitsleistung von 75 bis 100
Watt entspricht. Daraus entwickelte sich die Idee zur Durchführung dieser Studie, die
den körperlichen Trainingszustand depressiver Patienten mit dem einer Gruppe
gesunder Probanden vergleichen soll.
2 Fragestellung
19
2 Fragestellung
Nachdem
im
vorangegangenen
Abschnitt
die
Idee
zur
Durchführung
der
vorliegenden Arbeit erläutert und ein Literaturüberblick gegeben wurde, sollen im
Folgenden Fragestellungen und Zielsetzungen der Arbeit genauer formuliert werden.
Wie in früheren Studien gezeigt werden konnte, ist der Zusammenhang von
körperlicher Aktivität und Stimmung schon lange bekannt. Bereits 1968 beschrieb
Cooper das sogenannte „feeling good“-Phänomen, welches sich bei Gesunden
während eines Lauftrainings einstellte (Cooper 1968).
Auch konnte in zahlreichen Therapiestudien gezeigt werden, dass körperliches
Training, sowohl Ausdauer- als auch Krafttraining, einen therapeutischen Effekt bei
depressiv erkrankten Patienten zeigte (vergleiche z.B. Martinsen 1994).
Trotz positiver Ergebnisse bei der Durchführung zahlreicher Therapiestudien und
auch bereits gesammelter Erfahrung bei der Integration von körperlichem Training in
die Behandlung von Depressionen wurde das Leistungsdefizit depressiver Patienten
bisher nicht systematisch untersucht. Deshalb soll die Untersuchung des
körperlichen Trainingszustandes depressiver Patienten und der Vergleich mit dem
einer gesunden Kontrollgruppe der Hauptinhalt meiner Arbeit sein. Die Fragestellung
soll hierbei sein, ob ein Unterschied zwischen den beiden Gruppen hinsichtlich ihrer
Ausdauerleistungsfähigkeit besteht und ob dieser Unterschied, soweit vorhanden,
signifikant ist.
Eine weitere Frage die in meiner Arbeit beantwortet werden soll ist, ob es hinsichtlich
der körperlichen Leistungsfähigkeit Unterschiede innerhalb der Patientengruppe gibt,
die sich eventuell auf krankheitsrelevante Faktoren zurückführen lassen.
Hierbei soll untersucht werden, ob sich krankheitsbedingte Faktoren, welche eine
längere
körperliche
Inaktivität
mit
sich
bringen,
auf
die
Ergebnisse
der
leistungsdiagnostischen Untersuchung der depressiven Patienten auswirken. Zu
diesen Faktoren zählen unter anderem die zum Untersuchungszeitpunkt bestehende
Dauer des stationären Aufenthaltes, die Dauer der aktuellen Arbeitsunfähigkeit und
die Gesamtdauer der Erkrankung.
Neben diesen sollen auch einige andere Faktoren auf einen eventuellen Einfluss auf
das Abschneiden bei der leistungsdiagnostischen Untersuchung untersucht werden.
Diese sind das Vorliegen einer bipolaren affektiven Störung, Nikotinkonsum, der
2 Fragestellung
20
Schweregrad der Depression, die Anzahl der bisher erlebten depressiven Episoden,
die Dauer der aktuell bestehenden depressiven Episode, Alter und Body-Mass-Index.
Eine wichtige Frage, die bei der zukünftigen Integration von sportlichem Training in
die Behandlung von Depressionen berücksichtigt werden sollte, ist die nach der
Intensität, die für das individuelle Training gewählt werden sollte.
3 Patienten und Methoden
21
3 Patienten und Methoden
In diesem Abschnitt wird die für die Durchführung dieser Arbeit verwendete Methodik
beschrieben. Zunächst werden die Probanden, zuerst die Gruppe der depressiven
Patienten, dann die gesunde Kontrollgruppe, vorgestellt. Danach werden die
Methoden der psychometrischen Diagnostik, welche während der Durchführung der
Studie zum Einsatz kamen, beschrieben. Anschließend wird die Methodik der
sportmedizinischen Untersuchungen, einschließlich der Laktatdiagnostik genauer
erklärt werden, bevor die Details der statistischen Auswertung erläutert werden. Den
Abschluss des Abschnittes bildet die Zuordnung der Patienten zu verschiedenen
Subgruppen hinsichtlich weiterer krankheitsrelevanter Faktoren.
3.1 Probanden
3.1.1 Patienten
Im Zeitraum von 2002 bis 2006 wurden insgesamt 66 Patienten, die sich zu dieser
Zeit in der psychiatrischen Klinik des Universitätsklinikums in Freiburg in stationärer
Behandlung befanden, in der Medizinischen Universitätsklinik, Abteilung für
rehabilitative und präventive Sportmedizin in Freiburg einer fahrradergometrischen
Leistungsdiagnostik unterzogen. Von diesen 66 Patienten konnten letztlich 51
Patienten in unsere Fall-Kontroll-Studie aufgenommen werden, da sie die nötigen
Kriterien erfüllten. Das wichtigste Kriterium hierbei war die psychiatrische
Hauptdiagnose. Die Patienten mussten die Kriterien einer Diagnose nach ICD-10
(International Classification of Diseases) erfüllen, die zum depressiven Formenkreis
gerechnet werden kann, um in unsere Studie aufgenommen zu werden. Patienten
mit einer Angst- oder Panikstörungen als Hauptdiagnose konnten nicht in die Studie
aufgenommen werden, ebenso Patienten, welche die Kriterien einer Diagnose aus
dem schizophrenen Formenkreis erfüllten. Patienten mit einer bipolaren affektiven
Störung, die sich zur Zeit ihres stationären Aufenthaltes in einer manischen Phase
befanden, mussten ebenfalls ausgeschlossen werden. Die depressive Symptomatik
musste eindeutig im Vordergrund stehen.
Ingesamt wurden 15 Patienten aufgrund ihrer Diagnose ausgeschlossen, davon
wurde bei fünf der Patienten eine Schizophrenie diagnostiziert (F20), bei zwei eine
3 Patienten und Methoden
22
Angst- oder Panikstörung (F40, F41), bei einem Patienten eine gegenwärtig
manische schizoaffektive Störung (F25.0), bei drei Patienten eine Schlafstörung
(F51), bei einem Patienten ein chronisches Fatigue-Syndrom (G93.3), bei zwei
Patienten eine Alkoholabhängigkeit (F10) und bei einem Patienten eine Demenz
(F03).
Den Hauptanteil der Diagnosen der 51 Patienten, die in unsere Studie aufgenommen
wurden, stellten die affektiven Störungen (F30-39). Bei 26 Patienten wurde eine
rezidivierende depressive Episode (F33) diagnostiziert, bei neun Patienten eine
bipolare affektive Störung mit momentan bestehender depressiver Symptomatik
(F31), bei acht Patienten mittelgradige bis schwere depressive Episoden (F32.1,
F32.2) und bei einem Patienten eine Dysthymie (F34.1).
Fünf der 51 Patienten erhielten die Diagnose einer Anpassungsstörung mit
depressiver Reaktion (F43.2) und zwei Patienten die einer gegenwärtig depressiven
schizoaffektiven Störung (F25.1).
Bei den 51 Patienten handelte es sich um 23 Frauen und 28 Männer, die sich zum
Zeitpunkt ihrer sportmedizinischen Untersuchung alle in stationärer Behandlung der
psychiatrischen Klinik des Universitätsklinikums in Freiburg befanden.
Die Patienten waren zum Zeitpunkt der Untersuchung zwischen 22,5 und 67,9 Jahre
alt, mit einem Durchschnittsalter von 49 Jahren (Standardabweichung 11,4 Jahre).
Ein weiteres Instrument, welches herangezogen wurde um die Depressivität der
Patienten zu beurteilen, war die von ihnen erreichte Punktzahl durch den BDI (Beck
Depression Inventory). Um die Diagnose einer milden Depression stellen zu können,
ist eine Mindestpunktzahl von elf Punkten zu erreichen. Zum Zeitpunkt der
Auswertung lag uns von 41 Patienten der erreichte BDI-Score vor. Von den anderen
zehn Patienten war der BDI nicht erhoben worden. Alle 41 Patienten erfüllten das
Kriterium für die Diagnose einer Depression, indem sie mindestens elf Punkte erzielt
hatten. Die Bandbreite der erreichten Punkte durch den BDI reichte von elf bis 47
Punkten mit einem durchschnittlich erreichten Wert von 27,9 Punkten.
Neben dem BDI-Score wurden von jedem Patienten weitere Daten anamnestisch
erhoben. Dazu gehörten die Dauer der momentanen Erkrankungsphase, die aktuelle
3 Patienten und Methoden
23
Medikation, die Dauer der arbeitsunfähigen Zeit, die Anzahl der bisher erlebten
Krankheitsphasen, die Dauer des stationären Aufenhaltes und somatische und
psychiatrische Begleiterkrankungen. Des Weiteren wurden die Patienten nach ihrem
Nikotinkonsum befragt und aus Körpergröße und Körpergewicht ihr Bodymassindex
(BMI) nach der Formel BMI = Körpergewicht in kg / (Körpergröße in m)² berechnet.
3.1.2 Die gesunde Vergleichsgruppe
Bei dem gesundem Vergleichskollektiv handelte es sich um eine Gruppe von 51
Personen, 23 Frauen und 28 Männer.
Die gesunden Vergleichspersonen waren zum Zeitpunkt der Untersuchung zwischen
19,31 und 68,1 Jahren alt (Mittelwert: 48 Jahre, Standardabweichung 12,01 Jahre).
Die Gruppe der gesunden Vergleichsgruppe unterschied sich in ihrem Alter nicht
signifikant von der Gruppe der depressiven Patienten, was durch den T-Test für
unabhängige Stichproben gezeigt werden konnte (T-Wert: 0,127; p =0,980).
Alter
MW und SD
MW und SD
Patienten
Gesunde
49,0  11,4
48,0  12,1
MW = Mittelwert
SD = Standarddeviation
Tabelle 2
T-Wert
Signifikanz
0,127
0,980
3 Patienten und Methoden
24
70
60
Alter in Jahren
50
40
30
20
10
Depressive N = 51
Gesunde N = 51
Gruppe
Abbildung 1
Hinsichtlich des BMI, der auch für die Probanden der gesunden Vergleichsgruppe
berechnet wurde, konnte ebenfalls kein signifikanter Unterschied zwischen den
beiden Gruppen festgestellt werden, was durch den Test nach Mann-Whitney-U (der
zuvor durchgeführte Test nach Kolmogorov-Smirnov hatte für diesen Wert keine
Normalverteilung ergeben) gezeigt wurde (Z-Wert: -0,622; p: 0,534).
Wie der Test nach Mann-Whitney-U (der zuvor durchgeführte Test nach KolmogorovSmirnov
hatte
für
diese
Werte
keine
Normalverteilung
ergeben)
zeigte,
unterschieden sich die beiden Gruppen auch hinsichtlich Größe und Gewicht nicht
signifikant voneinander.
3 Patienten und Methoden
25
MW und SD
MW und SD
Z-Wert
Signifikanz
Patienten
Gesunde
Größe in cm
170,9  13,2
171,5  9,5
-0,074
0,941
Gewicht in kg
77,3  19,1
74,4  16,2
-0,495
0,620
BMI in kg/m²
26,5  5,0
25,1  4,1
-0,622
0,534
Tabelle 3
45
25
40
5
43 1
6
59
58
BMI in kg/m²
35
30
25
20
15
Depressive N = 51
Gesunde N = 51
Gruppe
Abbildung 2
Die
gesunden
Vergleichspersonen
wurden
ebenfalls
in
der
Medizinischen
Universitätsklinik, Abteilung für rehabilitative und präventive Sportmedizin in Freiburg
untersucht. Dabei handelte es sich nicht um Leistungssportler sondern um Personen,
deren Leistungsniveau den aus der Literatur bekannten durchschnittlichen
Normwerten entsprach. Anhand eines durch die Probanden selbst auszufüllenden
Fragebogens, wurde vor der Untersuchung eine Depression ausgeschlossen.
Außerdem wurden die Probanden zu ihrer sportlichen Aktivität befragt, so dass
3 Patienten und Methoden
26
Leistungssportler identifiziert werden konnten und nicht in die Vergleichsgruppe
aufgenommen wurden.
3.2 Psychometrische Diagnostik
BDI: Der Schweregrad der Depression wurde bei den Patienten sowohl bei
Aufnahme zur stationären Behandlung als auch bei Entlassung mit Hilfe des BDI
(Beck-Depression-Inventar) ermittelt. Bei dem BDI handelt es sich um ein
Selbstbeurteilungsinstrument zur Erfassung des Schweregrades einer depressiven
Symptomatik. Der vom Patienten selbst auszufüllende Fragebogen umfasst
insgesamt 21 Items. Pro Item können null bis drei Punkte gegeben werden. Je höher
die erreichte Punktzahl ist, desto schwerer ist die Ausprägung der depressiven
Symptomatik.
BDI-Scores der Patienten bei Aufnahme und bei Entlassung:
N
BDI
bei 41
Minimum
Maximum
Mittelwert
Standardabweichung
11
47
27,9
9,8
0
43
11,3
9,5
Aufnahme
BDI
bei 39
Entlassung
Tabelle 4
Bei zehn Patienten wurde der BDI-Score bei Aufnahme nicht erhoben. Der BDIScore bei Entlassung fehlte bei zwölf der 51 Patienten, weil ein Patient sich weigerte,
den Bogen auszufüllen, drei Patienten dies vergaßen und er bei acht Patienten nicht
erhoben wurde.
3.3 Laktatdiagnostik
In der Leistungsdiagnostik hat die Bestimmung des Laktats im Serum eine
besondere Bedeutung gewonnen. Laktat fällt als Abbauprodukt bei der anaeroben
Energiegewinnung an. Die Gewinnung von ATP, dem wichtigsten Energielieferanten,
wird unter sehr niedrigen Belastungsintensitäten hauptsächlich durch die oxidative
Fettverbrennung oder durch die aerobe Oxidation von Kohlenhydraten bewerkstelligt.
3 Patienten und Methoden
27
Bei anhaltender Belastung nimmt jedoch der Anteil der anaeroben Glykolyse an der
Energiegewinnung zu, woraus eine höhere Laktatproduktion resultiert. Wird die
Belastung weiterhin gesteigert, überwiegt die anaerobe Glykolyse, es kommt zur
Laktatakkumulation im Muskel und somit zu einer Laktatazidose. Bei weiterer
Intensitätssteigerung muss die Belastung wegen der Azidose abgebrochen werden.
Während bei Abwesenheit von Belastung eine Basislaktatkonzentration von etwa 1
mmol/l gemessen werden kann, steigt diese unter zunehmender Belastung an. Beim
Übergang von der überwiegend aeroben Energiegewinnung zur anaeroben steigt die
Laktatkonzentration zunächst im Muskel und aufgrund der Diffusion dann auch im
Blut an. Diese kann relativ einfach im kapillär-arteriellen Blut bestimmt werden,
welches am Ohrläppchen oder an der Fingerbeere entnommen wird.
Der erste signifikante Anstieg der Basalkonzentration wird als lactate threshold, LT,
bezeichnet. Die anaerobe Energiegewinnung nimmt ab dieser Belastungsintensität
zu. Unter weiter ansteigender Belastung kann das vermehrt anfallende Laktat noch
durch verschiedene Regulationsmechanismen kompensiert werden bis das so
genannte maximale Lactate-steady state erreicht wird, welches der maximalen
kompensierbaren Belastungsintensität entspricht. In diesem Stadium halten sich
Elimination und Produktion von Laktat die Waage. Bei weiterer Steigerung der
Belastungsintensität sind die Kompensationsmechanismen jedoch erschöpft, dieser
Bereich wird als individuelle anaerobe Schwelle, IAS, bezeichnet. Ursprünglich
wurde angenommen, die anaerobe Schwelle befände sich bei einem fixen Laktatwert
von etwa 4 mmol/l, tatsächlich ist sie jedoch individuell unterschiedlich und von
diversen Faktoren abhängig.
Je früher die individuell-anaerobe Schwelle erreicht wird, desto früher muss die
Belastung aufgrund der Laktatazidose abgebrochen werden. Erreicht also eine
Person schon bei sehr niedrigen Belastungsintensitäten ihre IAS, muss die
Belastung schon sehr früh abgebrochen werden. Die IAS gibt somit Aufschluss über
die individuelle Ausdauerleistungfähigkeit der untersuchten Person (Dickhuth 2000).
3 Patienten und Methoden
28
3.4 Allgemeine Methodik
3.4.1 Fahrradergometrie
Die Untersuchungen aller Probanden, sowohl die der Patienten als auch die der
gesunden Vergleichsgruppe, fanden auf einem Fahrradergometer, Modell Excalibur,
der Firma Lode statt. Die Probanden wurden angehalten, während der gesamten
Untersuchung eine regelmäßige Umdrehungszahl beizubehalten. Diese sollte
zwischen 60 bis 80 Umdrehungen pro Minute liegen. Bei der absolvierten
Ergometrieuntersuchung handelte es sich um einen Stufentest mit steigender
Wattbelastung. Ausgehend von einer niedrigen ersten Belastungsstufe wurde die
Belastungsintensität in der Regel alle drei Minuten erhöht, bei einigen wenigen
Probanden
betrug
die
Stufendauer
eine
oder
zwei
Minuten.
Die
erste
Belastungsstufe wurde dem jeweiligen Trainingszustand des Probanden angepasst
und lag zwischen 25 und 120 Watt. Die Steigerungsschritte betrugen je nach
Proband 10, 20, 25 oder 50 Watt. Die Pausen, die zwischen den einzelnen
Belastungsstufen aufgrund der Blutdruck- und Herzfrequenzmessung und der
Blutabnahme zur Laktatbestimmung entstanden, betrugen höchstens 30 Sekunden.
Die Probanden wurden angehalten, den Stufentest bis zur subjektiven Erschöpfung
durchzuführen. Die dabei maximal erreichte Wattzahl wurde als p(max) registriert.
Wurde unter der höchsten Belastungsstufe nicht die gesamte zeitliche Stufendauer
(in der Regel drei Minuten) durchgehalten, errechnete sich die maximal erreichte
Wattzahl prozentual aus der tatsächlich getretenen Zeit unter der höchsten
Belastungsstufe.
3.4.2 Laktatbestimmung
Zwischen den einzelnen Belastungsstufen wurde kapillär-arterielles Blut aus dem
hyperämissierten Ohrläppchen entnommen. Dies geschah mit Hilfe einer 50 μl-GlasKapillare. Jede entnommene Blutprobe wurde mit 500 μl 3%iger Perchloressigsäure
in einem Eppendorfhütchen enteiweißt. Die Bestimmung der Laktatkonzentration
wurde mit Hilfe eines Eppendorf-Fotometers durchgeführt.
3 Patienten und Methoden
29
3.4.3 Herzfrequenzregistrierung
Die Messung der Herzfrequenz erfolgte mit dem Polarsporttester der Firma Unilife
und Co. Die Herzfrequenz wurde kontinuierlich aufgezeichnet und der Durchschnitt
der letzten fünf Sekunden in Ruhe und auf jeder Stufe des Stufentests errechnet.
3.4.4 Ermittlung der individuellen anaeroben Schwelle
Die Kalkulation der individuellen anaeroben Schwelle wurde nach der Methode von
Dickhuth et al. (1991) durchgeführt. Hierbei wird die IAS bei der Laktatkonzentration
ermittelt, die um 1 mmol/l (für Fahrradergometrie, für Laufbandergometrie um 1,5
mmol/l) höher liegt als die Laktatkonzentration, die beim ersten signifikanten Anstieg
des Laktats, dem lactate threshold, gemessen wurde.
3.4.5 Ermittlung weiterer leistungsdiagnostischer Parameter
Aus den bei der Untersuchung gewonnenen Daten konnten die erbrachten
Wattzahlen beim ersten Laktatanstieg, p(LT) und beim Erreichen der individuellen
anaeroben
Schwelle,
p(IAS),
errechnet
werden.
Außerdem
wurden
die
unterschiedlichen erreichten Wattzahlen in Relation zum Körpergewicht berechnet.
Bei zwei der 51 Patienten konnte die Leistung an der individuellen anaeroben
Schwelle (IAS) nicht ermittelt werden, da diese Patienten die Belastung bereits vor
Erreichen ihrer IAS abgebrochen hatten.
Für
die
Probanden
der
gesunden
Vergleichsgruppe
wurden
dieselben
leistungsdiagnostischen Parameter während der Fahrradergometrie erhoben wie bei
der Patientengruppe.
Neben den oben genannten leistungsdiagnostischen Parametern sollten die beiden
Gruppen
auch
hinsichtlich
des
Laktatverhaltens
und
Herzfrequenz unter steigender Belastung verglichen werden.
des
Verhaltens
der
3 Patienten und Methoden
30
Einzelne Probanden brachen die Belastung bereits frühzeitig ab. Bestimmte
Leistungsstufen wurden von einigen Probanden gar nicht durchlaufen, da sie
verschiedene Steigerungsstufen gewählt hatten. Dies führte zu sich ändernden
Probandenzahlen auf den verschiedenen Belastungsstufen. Ein Vergleich der
Patienten mit der gesunden Kontrollgruppe hinsichtlich der Herzfrequenz und
Laktatkonzentration auf den verschiedenen Belastungsstufen war deswegen nicht
möglich.
3.5 Statistische Auswertung
Alle statistischen Berechnungen wurden mit dem Statistikprogramm SPSS 13.0
durchgeführt.
Da
mit
Hilfe
des
Tests
Signifikanzkorrektur nach Lilliefors) gezeigt
von
Kolmogorov-Smirnov
(mit
werden konnte, dass bei den
leistungsdiagnostischen Parametern p(max), p(max)/kg, p(LT), p(LT)/kg, p(IAS),
p(IAS)/kg keine Normalverteilung vorlag, wurden bei den weiteren Berechnungen
nicht-parametrische Testverfahren angewendet.
Um zu überprüfen, ob sich die Gruppe der depressiven Patienten hinsichtlich ihrer
leistungsdiagnostischen
Parameter
von
der
Gruppe
der
gesunden
Vergleichspersonen unterscheidet, verwendeten wir den Rangsummentest nach
Mann-Whitney-U.
Der Test von Kolmogorov-Smirnov (mit Signifikanzkorrektur nach Lilliefors) für die
Herzfrequenz in Ruhe, die maximale Herzfrequenz, die Laktatkonzentration in Ruhe,
die maximale Laktatkonzentration und für die maximale Sollleistung (in %) ergab eine
Normalverteilung der maximalen Laktatkonzentration. Bei folgenden Werten liegt
keine Normalverteilung vor: maximale Sollleistung in %, Herzfrequenz in Ruhe,
maximale Herzfrequenz, Laktatkonzentration in Ruhe. Für die nicht-normalverteilten
Werte wurde im Folgenden für den Vergleich der Mittelwerte der Test nach MannWhitney-U verwendet, für die normalverteilten Daten der T-Test für unabhängige
Stichproben.
3 Patienten und Methoden
31
Die Signifikanzniveaus wurden wie folgt festgelegt:
p-Wert
Signifikanz
p > 0,05
nicht signifikant
p < 0,05
schwach signifikant
p < 0,01
signifikant
p < 0,001
hoch signifikant
Tabelle 5
Um die praktische Bedeutsamkeit der Ergebnisse zu beurteilen, wurden die
Effektstärken nach Cohen berechnet. Dabei wurden für die Effektstärke folgende
Niveaus festgelegt:
d-Wert
Effekt
0,20
schwach
0,50
bedeutend
0,80
sehr bedeutend
Tabelle 6
3.6 Die Subgruppen innerhalb der Patientengruppe
Des Weiteren sollte die Gruppe der depressiven Patienten nicht nur mit der
gesunden Kontrollgruppe verglichen werden, es sollte auch untersucht werden, ob es
innerhalb
der
Fahrradergometrie
Patientengruppe
erreichten
Unterschiede
Ergebnisse
gab,
hinsichtlich
die
auf
der
weitere
bei
der
Faktoren
zurückzuführen seien.
3.6.1 Die Dauer der aktuellen depressiven Episode
Um zu untersuchen, ob die Dauer der zum Untersuchungszeitpunkt bestehenden
depressiven Episode einen Einfluss auf die Ergebnisse der Fahrradergometrie
gehabt haben könnte, wurden die Patienten nach der Dauer der aktuellen Episode
drei unterschiedlichen Gruppen zugeteilt. Diese Einteilung wurde aufgrund klinischer
Erfahrung durchgeführt. Der ersten Gruppe wurden die Patienten zugeteilt, deren
depressive Episode zum Zeitpunkt der sportmedizinischen Untersuchung seit drei
3 Patienten und Methoden
32
Monaten oder kürzer bestand, dies war bei 14 Patienten der Fall. Die zweite Gruppe
umfasste die Patienten, bei welchen die aktuelle Episode seit mehr als drei Monaten
bestand. Dieser Gruppe wurden 17 Patienten zugeordnet. Ebenfalls 17 Patienten
wurden der dritten und letzten Gruppe zugeordnet, welche die Patienten mit einer
chronifizierten depressiven Episode beinhalten sollte. Die drei restlichen der
insgesamt 51 Patienten konnten keiner der drei Gruppen zugeordnet werden, da ihre
Angaben zur Episodendauer zu ungenau waren.
Bei einem Patienten der Gruppe 1 und einem der Gruppe 2 konnte die Leistung an
der individuellen anaeroben Schwelle, p(IAS), nicht ermittelt werden, da die
Patienten die Belastung bereits vor Erreichen der IAS abgebrochen hatten.
Um zu überprüfen, ob sich diese drei Gruppen, gebildet nach Dauer der aktuellen
depressiven Episode, in ihren ergometrischen Daten unterschieden, wurde der
Kruskal-Wallis-Test verwendet.
3.6.2 Die Gesamtdauer der Erkrankung
Es sollte jedoch nicht nur die Dauer der aktuellen depressiven Episode als
Unterscheidungskriterium herangezogen werden, auch die Gesamtdauer der
Erkrankung, festgemacht am Datum der Erstdiagnose, wurde näher betrachtet.
Hierzu wurden die Patienten vier verschiedenen Gruppen zugeordnet. Der ersten
Gruppe wurden die 13 Patienten zugeordnet, deren Erstdiagnose nicht länger als
zehn Jahre zurücklag, bei den 16 Patienten der zweiten Gruppe lag die Erstdiagnose
der depressiven Erkrankung zwischen zehn und 20 Jahren zurück, bei den 13
Patienten der dritten Gruppe zwischen 20 und 30 Jahren, bei den sechs Patienten
der vierten Gruppe mehr als 30 Jahre. Drei Patienten konnten aufgrund ungenauer
Angaben keiner der vier Gruppen zugeordnet werden.
Bei einem Patienten der Gruppe 1 und einem der Gruppe 3 konnte die Leistung an
der individuellen anaeroben Schwelle, p(IAS), nicht ermittelt werden, da die
Patienten die Belastung bereits vor Erreichen der IAS abgebrochen hatten.
Um zu überprüfen, ob sich diese vier Gruppen, gebildet nach dem Zeitpunkt der
Erstdiagnose, in ihren ergometrischen Daten unterschieden, wurde der KruskalWallis-Test verwendet.
3 Patienten und Methoden
33
3.6.3 Die Anzahl der erlebten depressiven Episoden
Um zu untersuchen, ob die Anzahl der bisher erlebten depressiven Episoden einen
Einfluss auf die leistungsdiagnostischen Parameter hatte, wurden die depressiven
Patienten vier verschiedenen Gruppen zugeordnet. Die Einteilung wurde wie folgt
durchgeführt:
Die
Gruppe
1
umfasste
sechs
Patienten,
die
sich
zum
Untersuchungszeitpunkt in ihrer ersten depressiven Phase befanden. Der Gruppe 2
wurden 17 Patienten zugeordnet, die zum Untersuchungszeitpunkt insgesamt vier
oder weniger depressive Phasen erlebt hatten. Neun Patienten, die fünf oder mehr
depressive Episoden erlebt hatten, wurden der Gruppe 3 zugeteilt. Die Gruppe 4
umfasste die 17 Patienten, bei denen sich ein chronischer Verlauf der Depression
zeigte. Zwei der 51 Patienten konnten aufgrund ungenauer Angaben keiner der vier
Gruppen zugeordnet werden.
Bei einem Patienten der Gruppe 2 konnte die Leistung an der individuellen
anaeroben Schwelle, p(IAS), nicht ermittelt werden, da der Patient die Belastung
bereits vor Erreichen der IAS abgebrochen hatte.
Um zu überprüfen, ob sich diese vier Gruppen, gebildet nach der Anzahl der bisher
erlebten depressiven Episoden, in ihren ergometrischen Daten unterschieden, wurde
der Kruskal-Wallis-Test verwendet.
3.6.4 Dauer der arbeitsunfähigen Zeit
Neben der Dauer der aktuellen depressiven Phase und der Anzahl der bisher
erlebten depressiven Episoden sollte die Dauer der arbeitsunfähigen Zeit und ihr
möglicher Einfluss auf die Ergebnisse der fahrradergometrischen Untersuchung
beleuchtet werden. Abhängig davon, wie lange der einzelne Patient zum
Untersuchungszeitpunkt bereits arbeitsunfähig war, wurden die Patienten drei
verschiedenen Gruppen zugeordnet. 16 Patienten wurden Gruppe 1 zugeordnet; die
Dauer ihrer arbeitsunfähigen Zeit betrug einen Monat oder weniger. Gruppe 2
umfasste die Patienten, deren Arbeitsunfähigkeit länger als ein Monat, aber kürzer
als ein Jahr lang bestand. 13 Patienten fielen in diese Gruppe. 16 Patienten, die seit
über einem Jahr arbeitsunfähig waren, bildeten Gruppe 3. Sechs der 51 Patienten
konnten aufgrund ungenauer Angaben keiner der drei Gruppen zugeordnet werden.
3 Patienten und Methoden
34
Bei einem Patienten der Gruppe 1 und einem der Gruppe 2 konnte die Leistung an
der individuellen anaeroben Schwelle, p(IAS), nicht ermittelt werden, da die
Patienten die Belastung bereits vor Erreichen der IAS abgebrochen hatten.
Die drei Gruppen wurden hinsichtlich ihrer fahrradergometrischen Daten mit Hilfe des
Kruskal-Wallis-Teste verglichen.
Da sich bei diesem Test zeigte, dass es zwischen den Gruppen signifikante
Unterschiede gab, wurden die einzelnen Gruppen paarweise mit Hilfe des MannWhitney-U-Tests (mit anschließender Korrektur nach Bonferroni) verglichen, um zu
zeigen, zwischen welchen der Gruppen ein Unterschied bestand.
3.6.5 Raucher und Nichtraucher
Es sollte ebenfalls untersucht werden, ob sich Rauchen auf die Ergebnisse der
Fahrradergometrie ausgewirkt hatte. Unter den Patienten befanden sich 21 Raucher
und 19 Nichtraucher. Bei elf Patienten wurden keine genauen Angaben gemacht.
Bei zwei der 21 rauchenden Patienten konnte die Leistung an der individuellen
anaeroben Schwelle, p(IAS), nicht ermittelt werden, da die Patienten die Belastung
bereits vor Erreichen der IAS abgebrochen hatten.
Die beiden Gruppen wurden mit Hilfe des Mann-Whitney-U-Tests auf einen
Unterschied untersucht.
3.6.6 Bipolarität und Unipolarität
Eine weitere Gruppeneinteilung zur Charakterisierung der Patientengruppe wurde
aufgrund des Vorhandenseins oder des Fehlens von Bipolarität durchgeführt. 42 der
Patienten wiesen eine unipolare, 9 Patienten eine bipolare Erkrankung auf.
Bei einem Patienten mit unipolarer Erkrankung und bei einem mit bipolarer
Erkrankung konnte die Leistung an der individuellen anaeroben Schwelle, p(IAS),
nicht ermittelt werden, da die Patienten die Belastung bereits vor Erreichen der IAS
abgebrochen hatten.
Mit dem Test nach Mann-Whintney-U wurden diese beiden Gruppen auf einen
Unterschied in den fahrradgergometrisch ermittelten Daten untersucht.
3 Patienten und Methoden
35
3.6.7 Therapie-Responder und Non-Responder
Die Patienten sollten bei Aufnahme in die stationäre Behandlung und bei Entlassung
aus dieser einen BDI-Fragebogen ausfüllen. Anhand der Punktzahl, welche die
Patienten dabei erreichten, sollten diejenigen Patienten erkannt werden, die ein
deutliches Therapieansprechen in Form einer fünfzigprozentigen Reduktion ihres
BDI-Scores vorweisen konnten. 21 Patienten konnten der Gruppe der sogenannten
Therapie-Responder zugeteilt werden, da sich ihr BDI-Score im Laufe des
stationären Aufenthaltes um mindestens 50 Prozent reduziert hatte. In dieser Gruppe
lag der höchste BDI-Score bei Aufnahme bei 44 Punkten, der niedrigste bei 13
Punkten (Mittelwert: 27,9, Standardabweichung: 8,1). Bei Entlassung betrug der
höchste
BDI-Score
16,
der
niedrigste
null
Punkte
(Mittelwert:
6,7,
Standardabweichung: 4,6). Zwölf Patienten wurden der Gruppe der Therapie-NonResponder zugeordnet, ihre BDI-Scores hatten sich um weniger als 50 Prozent
reduziert. In dieser Gruppe lag der höchste Aufnahme-BDI-Score bei 45, der
niedrigste bei 16 Punkten (Mittelwert: 28,4, Standardabweichung 8,1), die höchste
erreichte Punktzahl bei Entlassung lag bei 43, die niedrigste bei elf Punkten
(Mittelwert: 21,5, Standardabweichung: 9,9). 18 Patienten konnten nicht zugeordnet
werden, da bei vier Patienten sowohl bei Aufnahme als auch bei Entlassung kein
BDI-Score erhoben wurde, bei sechs Patienten war kein BDI-Score bei Aufnahme
und bei acht Patienten kein BDI-Score bei Entlassung erhoben worden.
Bei zwei Patienten mit einer Reduktion des BDI-Scores um mindestens 50 Prozent
konnte die Leistung an der individuellen anaeroben Schwelle, p(IAS), nicht ermittelt
werden, da die Patienten die Belastung bereits vor Erreichen der IAS abgebrochen
hatten.
Mit Hilfe des Tests nach Mann-Whitney-U wurden diese beiden Gruppen auf einen
Unterschied in den leistungsdiagnostischen Daten untersucht.
3.6.8 Dauer des stationären Aufenthaltes
Ob die Dauer des stationären Aufenthaltes zum Zeitpunkt der sportmedizinischen
Untersuchung einen Einfluss auf deren Ergebnisse hatte, sollte ebenfalls untersucht
3 Patienten und Methoden
werden.
Die
minimale
36
Aufenthaltsdauer
betrug
fünf
Tage,
die
maximale
Aufenthaltsdauer 309 Tage (Mittelwert 49,9, Standardabweichung 60,6). Um einen
eventuell bestehenden Zusammenhang sichtbar zu machen, wurde eine nichtparametisiche Korrelationsanalyse mit Korrelationskoeffizient nach Spearman
durchgeführt.
3.6.9 Der Body-Mass-Index
Es sollte ebenfalls festgestellt werden, ob zwischen dem Bodymassindex (BMI) der
Patienten und ihren Ergebnissen der sportmedizinischen Untersuchung ein
Zusammenhang bestand. Dazu wurden die absoluten Daten der Leistungsdiagnostik,
p(max),
p(LT)
und
p(IAS),
mit
dem
BMI
der
Patienten
korreliert
(mit
Korrelationskoeffizient nach Spearman). Der höchste BMI in der Patientengruppe
betrug
41,3
kg/m²,
der
niedrigste
19,1
kg/m²
(Mittelwert
26,5
kg/m²,
Standardabweichung 5,6).
3.6.10 Das Alter der Patienten
Eine weitere Korrelationsanalyse mit Korrelationskoeffizient nach Spearman wurde
durchgeführt, um einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Alter der
Patienten und deren Ergebnisse bei der Fahrradergometrie festzustellen.
3.6.11 Der BDI-Score
Um eine Aussage darüber machen zu können, ob ein signifikanter Zusammenhang
zwischen dem Schweregrad der Depression, zum Ausdruck gebracht im jeweiligen
BDI-Score, und dem Abschneiden bei der Leistungsdiagnostik bestand, wurde auch
für diese Daten eine Korrelationsanalyse mit Korrelationskoeffizient nach Spearman
durchgeführt.
4 Ergebnisse
37
4 Ergebnisse
In diesem Abschnitt werden zunächst die Ergebnisse der Leistungsdiagnostik der
Patientengruppe mit denen der gesunden Kontrollgruppe verglichen. Daran wird sich
die genauere Betrachtung der Patientengruppe anschließen. Dazu werden die
leistungsdiagnostischen Ergebnisse der verschiedenen Patientengruppen, die
anhand anderer krankheitsrelevanter Faktoren gebildet wurden, miteinander
verglichen.
4.1 Vergleich der Patientengruppe mit der gesunden Kontrollgruppe
Der hierzu durchgeführte Test von Mann-Whitney-U ergab, dass sich die Gruppe der
depressiven Patienten in allen der sechs betrachteten leistungsdiagnostischen
Parametern signifikant von der gesunden Kontrollgruppe unterschied, in vier der
sechs Parametern sogar hoch signifikant, was in den unten stehenden Abbildungen
deutlich zum Ausdruck kommt.
Die im Mittel maximal erreichte Wattzahl der depressiven Patienten lag mit 137,4
Watt um 65,9 Watt niedriger als die der gesunden Vergleichsgruppe, die im Mittel
eine maximale Wattzahl von 203,3 Watt erreichte. Der Unterschied in der relativen
maximal erreichten Wattzahl in Bezug auf das Körpergewicht zeigte einen
Unterschied von 1,0 Watt/kg zwischen den beiden Gruppen. Der Unterschied in der
absoluten Leistung beim ersten Laktatanstieg zwischen den beiden Gruppen betrug
31,5 Watt, der in der relativen 0,4 Watt/kg. In der an der individuellen anaeroben
Schwelle erreichten absoluten Wattzahl unterschieden sich die Gruppen um 26,1
Watt, in der relativen um 0,4 Watt/kg.
Die Berechnung der Effektstärken nach Cohen ergab einen bedeutenden Effekt für
alle sechs der oben genannten leistungsdiagnostischen Parameter, für vier der sechs
Parameter sogar einen sehr bedeutenden Effekt.
4 Ergebnisse
38
MW und SD
MW und SD
Patienten
Gesunde
Z-Wert
Signifikanz
Effektstärke
nach
Cohen
p(max) in
137,4  44,4
203,3  74,0
-4,613
0,000
-1,078
1,8  0,6
2,8  0,9
-4,856
0,000
-1,165
104,1  41,0
-4,297
0,000
0,951
1,0  0,3
1,4  0,6
-4,427
0,000
0,856
102,3  30,2
128,4  50,3
-2,837
0,005
-0,629
1,4  0,4
1,8  0,7
-3,092
0,002
-0,749
Watt
p(max)/kg in
Watt/kg
p(LT) in Watt 72,6  23,2
p(LT)/kg in
Watt/kg
p(IAS) in
Watt
p(IAS)/kg in
Watt/kg
Tabelle 7
4 Ergebnisse
39
Abbildung 3
350
300
p(max) in Watt
250
200
150
100
50
Depressive N = 51
Gesunde N = 51
Gruppe
Abbildung 4
4 Ergebnisse
40
5
p(max)/kg in Watt/kg
4
3
2
1
0
Depressive N = 51
Gesunde N = 51
Gruppe
Abbildung 5
4 Ergebnisse
41
200
150
p(LT) in Watt
1
20
100
50
0
Depressive N = 51
Gesunde N = 51
Gruppe
Abbildung 6
4 Ergebnisse
42
3
p(LT)/kg in Watt/kg
2,5
2
1,5
1
0,5
0
Depressive N = 51
Gesunde N = 51
Gruppe
Abbildung 7
4 Ergebnisse
43
250
p(IAS) in Watt
200
150
100
50
0
Depressive N = 51
Gesunde N = 51
Gruppe
Abbildung 8
4 Ergebnisse
44
4
p(IAS)/kg in Watt/kg
3
2
1
0
Depressive N = 51
Gesunde N = 51
Gruppe
Abbildung 9
Neben
den
Unterschieden
in
der maximal
erreichten Wattzahl
und
den
Laktatkonzentrationen an der Laktatschwelle und an der individuellen anaeroben
Schwelle, zeigte die Gruppe der depressiven Patienten auch ein zu der gesunden
Kontrollgruppe unterschiedliches Verhalten der Laktatkonzentration unter Belastung.
Während in Ruhe kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den beiden
Gruppen hinsichtlich der Laktatkonzentration bestand (depressive Patienten: 1,4
mmol/l, gesunde Kontrollgruppe: 1,5 mmol/l), zeigte sich bei der Laktatkonzentration
zum Zeitpunkt des Abbruchs der Belastung ein statistisch hoch signifikanter
Unterschied, die depressiven Patienten erreichten im Mittel eine maximale
Laktatkonzentration von 6,0 mmol/l, bei den gesunden Kontrollprobanden lag die
maximale Laktatkonzentartion mit 8,2 mmol/l um 1,2 mmol/l höher als bei den
depressiven Patienten.
4 Ergebnisse
45
N
MW und
N
MW und
Z-Wert
Patienten
SD
Gesunde
SD
bzw.
Gesunde
T-Wert
Patienten
Laktat in
Signifikanz
51
1,4 ± 0,4
51
1,5 ± 1,0
-0,991
0,332
51
6,0 ± 2,5
51
8,2 ± 2,6
-4,457
0,000
Ruhe
Max.
Laktatkonz.
Tabelle 8
Laktatkonzentration in Ruhe in mmol/l
8
97
6
4
63
15
9
6
2
0
Depressive N = 51
Gesunde N = 51
Gruppe
Abbildung 10
maximale Laktatkonzentration in mmol/l
4 Ergebnisse
46
12,5
10
7,5
5
2,5
Depressive N = 51
Gesunde N = 51
Gruppe
Abbildung 11
Einzelne Probanden brachen die Belastung bereits frühzeitig ab. Bestimmte
Leistungsstufen wurden von einigen Probanden gar nicht durchlaufen, da sie
verschiedene Steigerungsstufen gewählt hatten. Dies führte zu sich ändernden
Probandenzahlen auf den verschiedenen Belastungsstufen. Ein Vergleich der
Patienten mit der gesunden Kontrollgruppe hinsichtlich der Herzfrequenz und
Laktatkonzentration auf den verschiedenen Belastungsstufen war deswegen nicht
möglich.
Der Vergleich des Verhaltens der Herzfrequenz ergab, dass bereits bei der
Herzfrequenz in Ruhe ein hoch signifikanter Unterschied zwischen den beiden
Gruppen festgestellt werden konnte mit höheren Werten in der Patientengruppe.
Ein statistisch hoch signifikanter Unterschied zeigte sich ebenfalls bei der maximal
erreichten Herzfrequenz, die bei der gesunden Vergleichsgruppe deutlich höher lag.
4 Ergebnisse
47
N
MW und
N
MW und
Patienten
SD
Gesunde
SD
Patienten
Herzfrequenz 51
87,6±16,6
Z-Wert Signifikanz
Gesunde
51
66,8±12,0
7,266
0,000
in Ruhe
Max. Herzfrq
51
151,6±25,2 51
169,7±22,2 -3,632
Tabelle 9
140
Herzfrequenz in Ruhe
120
63
100
80
60
40
Depressive N = 51
Gesunde N = 51
Gruppe
Abbildung 12
0,000
4 Ergebnisse
48
maximale Herzfrequenz
210
180
150
120
90
Depressive N = 51
Gesunde N = 51
Gruppe
Abbildung 13
Lediglich 28 der 51 depressiv Erkrankten genügten den Anforderungen eines
Maximaltests gemessen an der Herzfrequenz (Herzfrequenz 200 – Lebensalter)
(Hollmann, Hettinger 1980, Rost et al. 1977), 23 Patienten belasteten sich nur gering
bis submaximal.
In der gesunden Vergleichsgruppe hingegen waren es lediglich 9 Probanden, die den
Anforderungen eines Maximaltests nicht genügten, die anderen 42 Probanden hatten
sich bei der Leistungsergometrie ausbelastet.
Die Gruppe der Depressiven fiel somit gegenüber der gesunden Kontrollgruppe
durch einen früheren Abbruch der ergometrischen Belastung auf.
4 Ergebnisse
49
Anzahl der Abbrecher auf den verschiedenen Leistungsstufen
14
12
Anzahl der Abbrecher
10
8
Patienten
Gesunde
6
4
2
0
50
75
80
90 100 125 140 150 175 180 200 220 225 250 260 280 300 320 350
Leistungsstufe in Watt
Abbildung 14
Der Vergleich der individuellen Soll-Leistung in Watt ( = 100%) für Untrainierte unter
Berücksichtigung von Alter und Geschlecht (Löllgen, Erdmann 2001) ergab, dass
auch hier ein hoch signifikanter Unterschied zwischen beiden Gruppen bestand, wie
durch den Test nach Mann-Whitney-U gezeigt werden konnte. Mit einem Mittelwert
von 131% lag die Gruppe der gesunden Vergleichspersonen um 41,6% höher als die
depressiv Erkrankten, die im Mittel 89,4% ihrer Soll-Leistung erreichten.
In der Gruppe der depressiv Erkrankten erreichten lediglich 14 der 51 Probanden
100%
ihrer
maximalen
Soll-Leistung,
während
dies
in
der
gesunden
Vergleichsgruppe bei 40 von 51 Probanden der Fall war, meistens wurden die 100%
überschritten, 65% der gesunden Probanden erreichten mehr als 120% ihrer
maximalen Soll-Leistung.
MW
% von max.
Soll-Leistung
Tabelle 10
und
SD MW
und
Patienten
Gesunde
89,4  29,3
131,0  37,2
SD Z-Wert
-5,445
Signifikanz
0,000
4 Ergebnisse
50
250
p(max) in % vom Sollwert
200
31
35
150
20
100
50
0
Depressive N = 51
Gesunde N = 51
Gruppe
Abbildung 15
4 Ergebnisse
51
4.2 Vergleiche innerhalb der Patientengruppe
4.2.1 Vergleich nach Dauer der aktuellen depressiven Episode
Die Patienten waren abhängig von der Dauer der aktuellen depressiven Episode drei
verschiedenen Gruppen zugeordnet worden. Wie der Kruskal-Wallis-Test zeigte,
unterschieden
sich
die
leistungsdiagnostischen
drei
Gruppen
Parameter.
Die
nicht
voneinander
Episodendauer
hinsichtlich
wirkte
sich
der
nicht
beeinflussend auf die Ergebnisse der sportmedizinischen Untersuchung aus.
< 3 Monate
> 3 Monate
Chronifizierter ChiVerlauf
p(max)
Freiheits- Signifikanz
Quadrat grade
N= 14
N= 17
N=17
146,5  31,9
134,1  47,2
132,3  43,6
1,382
2
0,501
1,8  0,6
1,9  0,7
0,432
2
0,806
p(max)/kg 1,9  0,5
p(LT)
76,1  25,3
70,0  19,8
71,6  21,9
0,127
2
0,938
p(LT)/kg
1,0  0,3
0,9  0,3
1,0  0,3
0,296
2
0,863
p(IAS)
104,8  33,8
102,2  26,6
99,9  27,5
0,008
2
0,996
1,4  0,3
1,4  0,4
0,260
2
0,878
p(IAS)/kg 1.3  0,4
Tabelle 11
4 Ergebnisse
52
4.2.2 Vergleich nach Gesamtdauer der Erkrankung
Die Patienten waren abhängig von der Gesamtdauer der Erkrankung vier
verschiedenen Gruppen zugeordnet worden. Wie der Kruskal-Wallis-Test zeigte,
unterschieden
sich
die
vier
Gruppen
nicht
voneinander
hinsichtlich
der
leistungsdiagnostischen Parameter. Die Gesamtdauer der Erkrankung wirkte sich
nicht beeinflussend auf die Ergebnisse der sportmedizinischen Untersuchung aus.
p(max)
ED vor
ED vor
<10 J.
>10, <20 J. >20, <30 J. >30 J.
N=13
N=16
157  47,5
120,530,5 135,542,9 119,438,2 5,63
3
0,13
1,7  0,6
3,48
3
0,32
p(max)/kg 2,0  0,6
ED vor
N=13
1,7  0,5
ED vor
Chi-
p
Quadrat heits-
N=6
1,7  0,8
Frei-
grade
p(LT)
83,6  24,9 62,9  20,3 72,3  16
65,7  25,9 5,54
3
0,14
p(LT)/kg
1,1  0,3
0,9  0,3
4,46
3
0,22
p(IAS)
115,536,6 90,4  25,6 102,221,3 93,9  26,3 4,00
3
0,26
3
0,39
p(IAS)/kg 1,5  0,4
J. = Jahre
ED = Erstdiagnose
p = Signifikanz
Tabelle 12
0,9  0,3
1,3  0,4
0,9  0,2
1,3  0,3
1,3  0,4
3,01
4 Ergebnisse
53
4.2.3 Vergleich nach Anzahl der bisher erlebten depressiven Episoden
Der Anzahl der bisher erlebten depressiven Episoden zufolge, waren die Patienten
vier verschiedenen Gruppen zugeordnet worden. Auch hier ließ sich mit dem
Kruskal-Wallis-Test kein Unterschied zwischen den einzelnen Gruppen feststellen.
p(max)
Erste
≤4
≥5
Chron.
Chi-
Episode
Episoden
Episoden
Verlauf
Quadrat heits-
N=6
N=17
N=9
N=17
Frei-
p
grade
137,522,8 145,855,4 140,132,9 132,343,6 0,651
3
0,885
0,136
3
0,987
p(LT)
65,9 15,6 78,1  28,9 74,1  18,1 71,6  21,9 1,150
3
0,765
p(LT)/kg
0,8  0,3
1,985
3
0,576
p(IAS)
94,1  21,7 109,238,4 102,825,6 99,9  27,5 0,719
3
0,869
3
0,624
p(max)/kg 1,8  0,5
p(IAS)/kg 1,2  0,4
p = Signifikanz
Tabelle 13
2,0  0,8
1,0  0,4
1,4  0,5
1,8  0,4
0,9  0,2
1,3  0,3
1,9  0,7
1,0  0,3
1,4  0,4
1,759
4 Ergebnisse
54
4.2.4 Vergleich nach Dauer der arbeitsunfähigen Zeit
Je nach dem, wie lange vor dem Zeitpunkt der Untersuchung eine Arbeitsunfähigkeit
eingetreten war, wurden die Patienten drei Gruppen zugeteilt. Der Kruskal-WallisTest ergab, dass sich die Gruppen in drei ihrer leistungsdiagnostischen Parametern
unterschieden. Schwach signifikante Unterschiede zeigten sich in p(max) und
p(IAS)/kg, ein signifikanter Unterschied in p(max)/kg. Die Dauer der arbeitsunfähigen
Zeit schien die Ergebnisse beeinflusst zu haben.
≤ 1 Monat
>1 Monat,
> 1 Jahr
< 1 Jahr
p(max)
Chi-
Frei-
p
Quadrat heits-
N=16
N=13
N=16
156,7  42,7
130,3  51,0
117,7  30,7
6,307
2
0,043
1,7  0,6
1,5  0,5
12,420
2
0,002
p(max)/kg 2,2  0,6
grade
p(LT)
77,2  23,0
72,4  24,9
66,8  21,0
0,955
2
0,620
p(LT)/kg
1,1  0,3
1,0  0,3
0,8  0,3
5,621
2
0,060
p(IAS)
107,4  29,7
101,6  34,6
95,4  22,9
0,991
2
0,609
1,3 0,4
1,2  0,3
6,169
2
0,046
p(IAS)/kg 1,5  0,4
p = Signifikanz
Tabelle 14
Um zu untersuchen, zwischen welchen der Gruppen ein Unterschied bestand,
wurden die einzelnen Gruppen paarweise mit Hilfe des Tests nach Mann-Whitney-U
(mit anschließender Korrektur nach Bonferroni) miteinander verglichen. Dabei zeigt
sich, dass ein statistisch hoch signifikanter Unterschied in p(max) von 39 Watt
(Signifikanz von 0,000), in p(max)/kg ein statistisch schwach signifikanter
Unterschied von 0,7 Watt/kg (Signifikanz von 0.021) und in p(IAS)/kg ein ebenfalls
statistisch schwach signifikanter Unterschied von 0,3 Watt/kg (Signifikanz von 0,03)
zwischen Gruppe 1 und Gruppe 3 bestand. Zwischen Gruppe 1 und Gruppe 2
zeigten sich keine signifikanten Unterschiede, ebenso nicht zwischen Gruppe 2 und
Gruppe 3. Eine sehr lang bestehende arbeitsunfähige Zeit schien gegenüber einer
eher kurzen arbeitsfähigen Zeit einen deutlichen Einfluss auf einen Teil der
leistungsdiagnostischen Parameter gehabt zu haben.
4 Ergebnisse
55
Gr. 1&3
Gr. 1&3
Gr. 1&2
Gr. 1&2
Gr. 2&3
Z-Wert
Signifikanz Z-Wert
Signifikanz Z-Wert
Signifikanz
p(max)
-3,506
0,000
-2,019
0,132
-1,207
0,684
p(max)/kg
-2,705
0,021
-1,275
0,606
-0,485
1,884
p(LT)
-0,924
1,068
-0,614
1,779
-0,395
2,079
p(LT)/kg
-2,394
0,051
-1,140
0,762
-1,009
0,939
p(IAS)
-1,087
0,831
-0,439
1,983
-0,232
2,448
p(IAS)/kg
-2,570
0,03
-1,244
0,639
-0,789
1,29
Tabelle 15
20
250
21
18
p(max) in Watt
200
150
100
51
50
Gruppe 1
Gruppe 2
Gruppe 3
Dauer der Arbeitsunfähigkeit zum Aufnahmezeitpunkt
Abbildung 16
Gr. 2&3
4 Ergebnisse
56
3,5
p(max)/kg in Watt/kg
3
2,5
2
1,5
1
0,5
Gruppe 1
Gruppe 2
Gruppe 3
Dauer der Arbeitsunfähigkeit zum Aufnahmezeitpunkt
Abbildung 17
4 Ergebnisse
57
2,5
p(IAS)/kg in Watt/kg
2
49
1,5
1
0,5
Gruppe 1
Gruppe 2
Gruppe 3
Dauer der Arbeitsunfähigkeit zum Aufnahmezeitpunkt
Abbildung 18
4.2.5 Vergleich von Rauchern mit Nichtrauchern
Soweit bekannt, wurden die Patienten in eine Raucher- und eine Nichtrauchergruppe
unterteilt und diese beiden Gruppen mit dem Mann-Whitney-U-Test verglichen.
Dabei zeigten sich in p(max)/kg und in p(IAS) statistisch schwach signifikante
Unterschiede mit Signifikanzen von 0,012 und 0,01.
4 Ergebnisse
58
Raucher
Nichtraucher
Z-Wert
Signifikanz
N=21
N=19
p(max)
155,9  44,7
122,2  32,2
-0,813
0,416
p(max)/kg
1,9  0,6
1,8  0,5
-2,501
0,012
p(LT)
80,6  23,3
65,1  18,2
-1,910
0,056
p(LT)/kg
1,0  0,3
0,9  0,3
-0,461
0,645
p(IAS)
115,9  29,5
92,4  21,1
-2,584
0,010
p(IAS)/kg
1,4  0,4
1,32  0,38
-0,701
0,483
Tabelle 16
3,5
p(max)/kg in Watt/kg
3
2,5
2
1,5
1
0,5
Raucher
Nichtraucher
Nikotin
Abbildung 19
4 Ergebnisse
59
200
180
p(IAS) in Watt
160
140
120
100
80
60
Raucher
Nichtraucher
Nikotin
Abbildung 20
4 Ergebnisse
60
4.2.6 Vergleich von Patienten mit unipolarer Erkrankung mit Patienten mit bipolarer
Erkrankung
Patienten, welche bereits eine manische Episode erlebt hatten, wurde mit den
Patienten verglichen, bei deren Erkrankung es sich um eine rein unipolare handelte.
Der Mann-Whitney-U-Test zeigte, dass es zwischen diesen beiden Patientengruppen
keine Unterschiede hinsichtlich den leistungsdiagnostischen Daten gab.
Unipolar N=42
Bipolar N=9
Z-Wert
Signifikanz
p(max)
139,5  43,8
127,6  48,8
-1,223
0,221
p(max)/kg
1,9  0,6
1,6  0,7
-0,657
0,511
p(LT)
73,5  23,0
68,4  25,1
-0,445
0,656
p(LT)/kg
1,0  0,3
0,9  0,3
-1,236
0,217
p(IAS)
102,5  31,4
100,8  25,1
-0,108
0,914
p(IAS)/kg
1,4  0,4
1,2  0,4
-1,096
0,273
Tabelle 17
4 Ergebnisse
61
4.2.7 Vergleich von Therapie-Respondern mit Therapie-Non-Respondern
Anhand der Reduktion ihres BDI-Scores, den die Patienten während ihres
stationären Aufenthaltes erfahren hatten, wurden die Patienten zwei Gruppen
zugeteilt. Wie der Mann-Whitney-U-Test zeigte, war zwischen diesen beiden
Gruppen
kein
Unterschied
in
den
Ergebnissen
ihrer
Leistungsdiagnostik
festzustellen.
Responder
Non-Responder Z-Wert
Signifikanz
N=21
N=12
p(max)
124,0  35,8
133,1  60,8
-0,037
0,970
p(max)/kg
1,7  0,5
1,8  0,8
-0,188
0,851
p(LT)
69,5  19,0
71,6  32,4
-0,037
0,970
p(LT)/kg
1,0  0,2
1,0  0,5
0,000
1,000
p(IAS)
96,4  27,2
102,9  38,2
-0,243
0,808
p(IAS)/kg
1,3  0,3
1,4  0,6
-0,081
0,935
Tabelle 18
4.2.8 Korrelation von stationärer Aufenthaltsdauer und Leistungsparametern
Bei der hier durchgeführten Korrelationsanalyse war zwar keine signifikante
Korrelation, aber dennoch ein tendenzieller schwach signifikanter Zusammenhang im
Sinne einer negativen Korrelation zwischen der Aufenthaltsdauer in Tagen und der
maximal erreichten Wattzahl zu erkennen. Dabei war die maximal erreichte Wattzahl
bei der Fahrradergometrie, p(max), tendenziell umso niedriger, je länger der
stationäre Aufenthalt bereits andauerte. Bei den weiteren Leistungsparametern war
keine Korrelation zu erkennen.
4 Ergebnisse
62
MW und SD
Korrelationskoeffizient Signifikanz
Aufenthaltsdauer
49,9  60,6
p(max)
137,4  44,4
-0,282
0,045
p(max)/kg
1,8  0,6
-0,387
0,005
p(LT)
72,6  23,2
-0,28
0,844
p(LT)/kg
1,0  0,3
-0,168
0,238
p(IAS)
102,3  30,2
-0,087
0,553
p(IAS)/kg
1,4  0,4
-0,237
0,100
Tabelle 19
4.2.9 Korrelation von Bodymassindex und absoluten Leistungsparametern
Die
Korrelationsanalyse
für
den
Bodymassindex
und
die
absoluten
Leistungsparameter ließ keinen Zusammenhang zwischen diesen Parametern
erkennen.
MW und SD
Korrelationskoeffizient Signifikanz
BMI
26,5  5,6
p(max)
137,4  44,4
-0,122
0,392
p(LT)
72,6  23,2
0,023
0,875
p(IAS)
102,3  30,2
-0,034
0,818
Tabelle 20
4.2.10 Korrelation von Alter und Leistungsparametern
Bei der Korrelationsanalyse des Alters der Patienten und den Leistungsparametern
war hingegen ein Zusammenhang zu erkennen. So wiesen die jeweils errechneten
Korrelationskoeffinzienten
für p(max), p(max)/kg, p(LT)/kg, P(IAS), P(IAS)/kg auf
eine negative Korrelation hin. Die Korrelation des Absolutwertes der Leistung an der
Laktatschwelle, p(LT), ergab jedoch keinen solchen Zusammenhang.
4 Ergebnisse
63
MW und SD
Korrelationskoeffizient Signifikanz
Alter
49,0  11,4
p(max)
137,4  44,4
-0,535
0,000
p(max)/kg
1,8  0,6
-0,493
0,000
p(LT)
72,6  23,2
-0,275
0,051
p(LT)/kg
1,0  0,3
-0,339
0,015
p(IAS)
102,3  30,2
-0,406
0,004
p(IAS)/kg
1,4  0,4
-0,415
0,003
Tabelle 21
250
p(max) in Watt
200
150
100
R-Quadrat linear = 0,224
50
20
30
40
50
Alter in Jahren
Abbildung 21
60
70
4 Ergebnisse
64
3,5
p(max)/kg in Watt/kg
3
2,5
2
1,5
1
R-Quadrat linear = 0,202
0,5
20
30
40
50
Alter in Jahren
Abbildung 22
60
70
4 Ergebnisse
65
125
p(LT) in Watt
100
75
50
R-Quadrat linear = 0,102
25
20
30
40
50
Alter in Jahren
Abbildung 23
60
70
4 Ergebnisse
66
2
p(LT)/kg in Watt/kg
1,5
1
0,5
R-Quadrat linear = 0,105
0
20
30
40
50
Alter in Jahren
Abbildung 24
60
70
4 Ergebnisse
67
200
p(IAS) in Watt
150
100
50
R-Quadrat linear = 0,146
0
20
30
40
50
Alter in Jahren
Abbildung 25
60
70
4 Ergebnisse
68
2,5
p(IAS)/kg in Watt/kg
2
1,5
1
R-Quadrat linear = 0,157
0,5
20
30
40
50
60
70
Alter in Jahren
Abbildung 26
4.2.11 Korrelation von BDI-Score und Leistungsparametern
Die durchgeführte Korrelationsanalyse zeigte keinen Zusammenhang zwischen der
von den Patienten mit Hilfe des BDI-Fragebogens erreichten Punktezahlen und
deren fahrradergometrischen Daten.
MW und SD
Korrelationskoeffizient Signifikanz
BDI
27,9  9,8
p(max)
137,4  44,4
-0,003
0,983
p(max)/kg
1,8  0,6
0,072
0,656
p(LT)
72,6  23,2
-0,004
0,982
p(LT)/kg
01,0  0,3
0,120
0,457
p(IAS)
102,3  30,2
0,021
0,899
p(IAS)/kg
1,4  0,4
0,117
0,477
Tabelle 22
5 Diskussion
69
5 Diskussion
Ziel der Arbeit war es, einen Unterschied des körperlichen Trainingszustandes
depressiver Patienten gegenüber einem gesunden Kontrollkollektiv zu zeigen.
Außerdem sollte geprüft werden, ob andere krankheitsrelevante Faktoren einen
Einfluss auf die Ergebnisse der sportmedizinischen Untersuchung innerhalb der
Patientengruppe hatten. Dazu wurden 51 depressive Patienten und 51 gesunde
Probanden untersucht. Im Folgenden sollen die erhobenen Ergebnisse kritisch
diskutiert werden.
In der vorliegenden Studie verglichen wir die körperliche Leistungsfähigkeit von 51
depressiven Patienten und 51 alters-, geschlechts- und gewichtsgematchten
gesunden
Probanden.
Als
Hauptergebnis
fanden
wir
ein
ausgeprägtes
Leistungsdefizit der depressiven Patienten für verschiedene Parameter während der
stufenweisen Belastungsergometrie.
Die Gruppen unterschieden sich deutlich in der maximalen Leistungsfähigkeit: Im
Mittel erreichten die Kontrollprobanden eine maximale Wattzahl von 203,3 Watt,
während die Patienten durchschnittlich 137,4 Watt Maximalleistung erbrachten.
Auch die Ergebnisse der Laktatdiagnostik bestätigen die geringere körperliche
Leistungsfähigkeit der depressiven Patienten gegenüber den gesunden Probanden.
Die
individuelle
anaerobe
Schwelle
(IAS),
die
als
ein
Maß
der
Ausdauerleistungsfähigkeit (Dickhuth 2000) angesehen werden kann, lag bei der
gesunden Vergleichsgruppe um 26,1 Watt höher als die der Patientengruppe.
Weiterhin konnten wir in der stufenweisen Belastungszunahme bei den Patienten
einen erheblich früheren Laktatanstieg im peripheren Blut feststellen. Im Mittel kam
es bei den Patienten bei einer Belastung von 72,6 Watt zum ersten messbaren
Laktatanstieg (LT), bei den Gesunden jedoch erst unter einer Belastung von 104,1
Watt. Normales Gehen entspricht einer Arbeitsleistung von 25 bis 50 Watt,
Treppensteigen entspricht 75 bis 100 Watt. Bei der Patientengruppe kam es also
bereits unter Belastungsintensitäten, die alltäglichen Situationen entsprechen, zu
einem Laktatanstieg.
Die signifikant erniedrigte Ausdauerleistungsfähigkeit der Patienten, charakterisiert
durch einen rascheren Laktatanstieg bereits in unteren Intensitätsbereichen und eine
erniedrigte IAS, führte zu einem früheren Belastungsabbruch in der Patientengruppe.
5 Diskussion
Dies
70
spiegelt
sich
in
der
maximal
erreichten
Laktatkonzentration
wieder
(Kontrollprobanden 8,2 mmol/l, depressive Patienten 6,0 mmol/l).
Die erhobenen Parameter aus Belastungsergometrie und Laktatdiagnostik belegen
also deutlich die geringere Ausdauerleistungsfähigkeit der Patienten im Vergleich zu
den gesunden Probanden. Da bei Einschluss der Kontrollprobanden das Ausüben
einer Leistungssportart ausgeschlossen wurde, kann die Leistungsdifferenz nicht auf
einen spezifischen Trainingseffekt zurückgeführt werden.
Antriebsstörungen und amotivationale Zustandsbilder stellen Kernsymptome der
depressiven Episode nach ICD-10 dar. Allein diese Symptome könnten die
Gruppendifferenzen zumindest einiger Leistungsparameter erklären, z.B. im Sinne
eines frühzeitigen Belastungsabbruches und der dadurch resultierenden erniedrigten
maximalen Wattleistung.
Da jedoch die Modulation der Laktatkonzentration motivationsunabhängig ist und
sich diese ebenfalls signifikant von denen der gesunden Vergleichsgruppe
unterschied, kann die geringere Ausdauerleistungsfähigkeit der depressiven
Patienten nicht ausschließlich auf mangelnden Antrieb in der Untersuchungssituation
zurückzuführen sein. Tatsächlich kam es nur bei zwei der 51 Patienten vor, dass die
Untersuchung noch vor Erreichen der IAS abgebrochen wurde. Alle anderen
Patienten
hielten
die
Belastung
über
die
IAS
hinaus
aufrecht.
Die
Herzfrequenzanalyse hingegen deutet auf eine insgesamt geringere Ausbelastung
der depressiven Patienten hin. Lediglich 28 der 51 Erkrankten genügten den
Anforderungen eines Maximaltests (Herzfrequenz 200 – Lebensalter), während sich
in der gesunden Vergleichsgruppe 42 Probanden bei der Leistungsergometrie
ausbelastet hatten. Es bleibt unklar, ob die Patienten aufgrund mangelnder
Motivation
die
Belastung
vor
dem
Erreichen
der
alterangepassten
Maximalherzfrequenz abbrachen, oder ob sie aufgrund einer Laktatazidose, die aus
einer frühen Erschöpfung der Laktateliminationsmechanismen resultierte, dazu
gezwungen waren. Für letzteren Grund sprechen die im Mittel sehr niedrig liegenden
LT und IAS der depressiven Patienten.
Um festzustellen, ob es innerhalb der Patientengruppe Unterschiede in den
Leistungsparametern gab, die auf andere Faktoren zurückzuführen sind, wurde die
Patientengruppe bezüglich verschiedener Fragestellungen analysiert. Dabei zeigte
sich, dass sich die Dauer der aktuellen depressiven Episode auf die bei der
5 Diskussion
71
Leistungsdiagnostik ermittelten Werte nicht beeinflussend auswirkte. Ebenfalls
keinen Einfluss hatte die Gesamtdauer der Erkrankung, festgemacht am Zeitpunkt
der
Erstdiagnose.
leistungsdiagnostischen
Auch
fanden
Parametern
sich
aufgrund
keine
Unterschiede
unterschiedlicher
in
Anzahl
den
der
vorangegangenen Episoden.
Bei dem Vergleich hinsichtlich der Dauer der zum Untersuchungszeitpunkt
bestehenden arbeitsunfähigen Zeit zeigten sich hingegen Unterschiede. Die
Patienten, bei welchen die Arbeitsunfähigkeit seit längstens einem Monat bestand,
erreichten deutlich höhere maximale Wattzahlen während der Fahrradergometrie als
die Patienten, bei welchen die Arbeitsunfähigkeit länger als ein Jahr bestand. Leichte
Unterschiede zeigten sich in der maximal erreichten Wattzahl bezogen auf das
Körpergewicht (p(max)/kg) und in der erreichten Wattzahl beim Erreichen der
individuellen anaeroben Schwelle bezogen auf das Körpergewicht (p(IAS)/kg). Da
eine sehr lang bestehende Arbeitsunfähigkeit gegenüber einer erst seit kurzem
bestehenden Arbeitsunfähigkeit einen deutlichen Einfluss auf die maximal erreichte
Wattzahl gehabt zu haben schien, wirft dies die Frage auf, ob das schlechtere
Abschneiden bei der Leistungsdiagnostik auf die Depression an sich oder eher auf
die aus der Arbeitsunfähigkeit resultierende verminderte körperliche Aktivität
zurückzuführen war.
Der Vergleich von Nichtrauchern und Rauchern zeigte Unterschiede in der auf das
Körpergewicht bezogenen maximal erreichten Wattzahl und in der erbrachten
Leistung beim Erreichen der individuellen anaeroben Schwelle. Allerdings erreichten
dabei die Raucher unter den Patienten entgegen der Erwartung eine im Schnitt um
33,7 Watt höhere maximale Wattzahl als die Nichtraucher. Auch die Leistung beim
Erreichen der individuellen anaeroben Schwelle lag bei den Rauchern um 23,5 Watt
höher als bei den Nichtrauchern. Allerdings war der Nikotinkonsum nicht bei allen
Patienten bekannt. Bei der gesunden Kontrollgruppe war nicht erhoben worden, ob
die einzelnen Personen Raucher oder Nichtraucher waren und es konnte somit nicht
untersucht werden, ob es sich bei den gesunden Probanden ähnlich verhielt.
Die bei der Ergometrie von den Patienten mit einer unipolaren Erkrankung
erbrachten Leistungen unterschieden sich nicht von denen der Patienten mit einer
bipolaren Erkrankung. Auch zwischen Therapie-Respondern (Patienten, deren BDI-
5 Diskussion
72
Score sich während des stationären Aufenthaltes um mindestens 50% reduziert
hatte) und Therapie-Non-Respondern war kein Unterschied zu beobachten.
Bei
der
Korrelationsanalyse
von
stationärer
Aufenthaltsdauer
und
Leistungsparametern zeigte sich nur eine Tendenz im Sinne einer negativen
Korrelation zwischen Aufenthaltsdauer und maximal erreichter Wattzahl, das heißt je
länger der Aufenthalt, desto niedriger die erreichte Wattzahl. Diese Korrelation war
jedoch nicht eindeutig.
Ein Zusammenhang zwischen dem Bodymassindex und den Absolutwerten der
Leistungsparameter war nicht vorhanden. Ebenso verhielt es sich bei der
Korrelationsanalyse von BDI-Scores und Leistungsparametern.
Die Korrelationsanalyse von Alter und Leistungsparametern ergab für fast alle der
erhobenen Werte, außer für den Absolutwert der Leistung an der Laktatschwelle,
eine negative Korrelation, die Leistung schien also mit steigendem Alter
abzunehmen. Dabei stellt sich die Frage, ob die Leistungsabnahme mit steigendem
Alter der Norm entspricht, also ob die von den einzelnen Patienten erbrachte
Leistung der Norm ihrer Altersklasse entspricht oder ihre Werte unter den
Normwerten der jeweiligen Altersklasse lagen. Die nähere Betrachtung dieses
Aspektes hatte gezeigt, dass lediglich 14 der 51 Probanden aus der Patientengruppe
100% ihrer maximalen Soll-Leistung unter Berücksichtigung von Alter und
Geschlecht erreichten, während in der gesunden Kontrollgruppe 40 der 51
Probanden 100% erreichten. Es bestand hier ebenfalls ein deutlicher Unterschied
zwischen
den
beiden
Gruppen.
Die
negative
Korrelation
von
Alter
und
Leistungsparametern in der Patientengruppe entsprach also nicht der normalen
altersbedingten Leistungsminderung, da 37 der 51 depressiven Patienten ihre
maximale Soll-Leistung auch unter Berücksichtigung von Alter und Geschlecht nicht
erreichten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass zwischen der Gruppe der depressiv
erkrankten Patienten und der gesunden Kontrollgruppe sehr deutliche Unterschiede
in allen vor allem durch die Laktatdiagnostik erhobenen Leistungsparametern
bestehen, was für eine deutliche Minderung der Ausdauerleistungsfähigkeit auf
Seiten der depressiven Patienten spricht.
5 Diskussion
73
Innerhalb der Patientengruppe gab es jedoch kaum Faktoren, die sich beeinflussend
auf die Ergebnisse der Leistungsergometrie ausgewirkt hatten. Die Frage war hierbei
gewesen, ob sich die verminderte Leistungsfähigkeit alleine durch die vorliegende
Depression erklären ließ oder ob andere konfundierende Variablen vorlagen, die eine
allein durch Depression verursachte verminderte Leistungsfähigkeit vortäuschten.
Tatsächlich hatte aber lediglich die Dauer der arbeitsunfähigen Zeit einen deutlichen
Einfluss auf das Abschneiden bei der Fahrradergometrie.
Ebenfalls schien das Alter der Patienten einen Einfluss auf die Ergometrie gehabt zu
haben, diese Leistungsminderung war jedoch nicht auf das Alter alleine
zurückzuführen, da die Patienten auch gegenüber der auf Alter und Geschlecht
bezogenen Norm Leistungsdefizite aufwiesen.
Eine wichtige Frage, die bei meiner Arbeit berücksichtigt werden sollte, war die nach
einem eventuell bestehenden Zusammenhang zwischen dem Maß an körperlicher
Inaktivität und dem schlechteren Abschneiden bei der Leistungsergometrie, um
ausschließen zu können, dass die Leistungsminderung lediglich eine Folge der
verminderten körperlichen Aktivität war. Es wurden mehrere Faktoren betrachtet, die
in der Regel eine Reduktion der körperlichen Aktivität mit sich bringen. Wie eine
genauere Betrachtung ergab, ließ sich lediglich ein Einfluss der Dauer der
Arbeitsunfähigkeit auf die verminderte Leistungsfähigkeit der depressiven Patienten
erkennen, so dass diese nicht oder zumindest nicht vollständig auf die verminderte
körperliche Aktivität zurückzuführen ist.
Neben dieser Frage sollte auch beleuchtet werden, ob sich eine Aussage über den
Zusammenhang von Schweregrad der Depression und Grad der Verminderung der
körperlichen Leistungsfähigkeit machen lässt. Mehrere der näher untersuchten
Faktoren geben Aufschluss auf den Schweregrad der vorliegenden depressiven
Erkrankrankung. Sehr wichtig ist hierbei der BDI-Score, der beim Ausfüllen eines
Selbstbeurteilungsbogen von den Patienten zur Erfassung des Schweregrades der
depressiven Symptomatik erreicht worden war. Zwischen der Höhe der erreichten
Punktzahl mit Hilfe des BDI-Fragebogens und den bei der Ergometrie erzielten
Ergebnissen
bestand
allerdings
kein
Zusammenhang.
Auch
schnitten
die
sogenannten Therapie-Non-Responder gegenüber den Therapie-Respondern nicht
schlechter ab. Auch andere Faktoren, die Hinweis auf den Schweregrad der
5 Diskussion
74
Erkrankung geben können, hatten keinen Einfluss auf die Ergebnisse der
Leistungsergometrie. Lediglich die Dauer der arbeitsunfähigen Zeit, die aber
höchstens als indirektes Maß des Schweregrades der Depression angesehen
werden kann, hatte, wie bereits erwähnt, einen Einfluss. Eine schwerere depressive
Erkrankung im Sinne einer stärkeren Ausprägung der depressiven Symptomatik oder
einer
längeren
Krankheitsdauer
ging
also
nicht
mit
einer
stärkeren
Leistungsminderung einher.
In der Literatur sind zahlreiche Studien zu finden, die sich mit dem Zusammenhang
zwischen Sport und Depressionen befassen. Bei den meisten Studien jedoch handelt
es sich um therapiebegleitende Studien, welche Sport als Bestandteil der
Behandlung von Depressionen untersuchten. Im Gegensatz hierzu war es Inhalt
unserer Studie, die körperliche Leistungsfähigkeit von depressiven Patienten an sich,
verglichen mit einer gesunden Kontrollgruppe genauer zu beleuchten. Die
Ergebnisse der verschiedenen Studien, die sich mit Sport als eine Therapieoption
beschäftigen, weisen in eine ziemlich einheitliche Richtung: Sport hat bei der
Behandlung von Depressionen einen deutlicheren Einfluss auf die depressive
Symptomatik gegenüber dem Fall, dass gar keine Behandlung stattfindet, der
antidepressive Effekt scheint nicht nur den aeroben Trainingsformen vorbehalten zu
sein. Von anderen Behandlungsformen, wie zum Beispiel Psychotherapie,
unterscheidet sich die Behandlung durch Sport in ihrer Wirksamkeit nicht signifikant.
Außerdem scheint der antidepressive Effekt von Training nicht an eine Verbesserung
der körperlichen Fitness gekoppelt zu sein (Martinsen 1994).
Die genauere Untersuchung der körperlichen Leistungsfähigkeit von depressiven
Patienten, die der Hauptinhalt unserer Studie darstellt, fand bisher eher selten statt.
Morgan et al. (1969) hatten eine verminderte PWC (Physical work capacity) bei
depressiven Patienten festgestellt. Als Vergleichsgruppe dienten bei dieser Studie
jedoch nicht wie bei unserer Studie gesunde Probanden sondern andere nicht
depressiv erkrankte Patienten einer psychiatrischen Klinik (Morgan et al. 1969).
Martinsen, Strand, Paulsson und Kaggestad untersuchten in ihrer Studie im Jahr
1989 die körperliche Leistungsfähigkeit von depressiven Patienten. Im Gegensatz zu
unserer Studie untersuchten sie jedoch auch Patienten mit Angststörungen. Die
Patienten absolvierten nicht nur einen Belastungstest, wie es in unserer Studie der
5 Diskussion
75
Fall war. Zunächst wurde ein Belastungstest im submaximalen Bereich über sechs
Minuten durchgeführt, danach ein Test im maximalen Bereich. Außerdem waren die
Patienten
in
einem
Vorabtest
im
submaximalen
Bereich
an
die
Untersuchungssituation gewöhnt worden. Im Gegensatz zu unserer Studie wurden in
dieser als leistungsdiagnostische Parameter die maximale Sauerstoffaufnahme, VO2
max, und die sogenannte physical work capacity, PWC, herangezogen. Ein weiterer
methodischer Unterschied bestand darin, dass die Werte der Patienten nicht mit
einer parallelisierten gesunden Kontrollgruppe verglichen wurden, sondern mit denen
aus
der
Literatur
bekannten
Normwerten.
Außerdem
wurde
eine
Lungenfunktionsdiagnostik durchgeführt, um sicherzustellen, dass die verminderte
Leistungsfähigkeit tatsächlich auf körperliche Inaktivität zurück zu führen und nicht
krankheitsbedingt war (Martinsen et al. 1989c).
Trotz dieser methodischen Unterschiede wurden die Ergebnisse dieser Studie durch
die unserer bestätigt: gegenüber der Norm wiesen die psychiatrischen Patienten, und
zwar alle diagnostischen Subgruppen gleichermaßen, eine verminderte körperliche
Leistungsfähigkeit auf. Obwohl die Patienten durch einen Vorabtest an die
Untersuchungssituation gewöhnt worden waren, zeigten sie im Vergleich zu den
erwarteten Normwerten signifikant niedrigere Werte. Es scheint also eher
unwahrscheinlich, dass das schlechtere Abschneiden der Patienten in unserer Studie
auf Ängstlichkeit in der Untersuchungssituation zurück zu führen ist, obwohl unsere
Patienten nicht im Vorfeld daran gewöhnt worden waren.
Eine weitere unserer Studie zumindest in Anteilen vergleichbare Studie wurde von
Martinsen, Hoffart und Solberg durchgeführt. Hauptinhalt dieser Studie war allerdings
der Vergleich von aerobem mit nicht-aerobem Training bei der Behandlung von
Depressionen gewesen, wobei sich zeigte, dass beide Trainingsformen einen
antidepressiven Effekt aufweisen konnten. Eingangs wurden jedoch die Patienten auf
ihre körperliche Leistungsfähigkeit hin eingehender untersucht und ihre Daten mit
den erwarteten Normwerten verglichen, auch hier existierte keine parallelisierte
gesunde Kontrollgruppe. Die Methodik unterschied sich wie die oben beschriebene
Studie in den sportmedizinischen Parametern (auch hier wurde VO 2 max ermittelt)
und der Durchführung zweier verschiedener Tests, einer im submaximalen, einer im
maximalen Bereich. Doch der Vergleich mit den zu erwartenden Normdaten ergab
ebenfalls eine deutliche Leistungsminderung seitens der Patienten, so dass auch die
5 Diskussion
76
Ergebnisse dieser Studie mit denen unserer übereinstimmen (Martinsen et al.
1989b).
Hollenberg, Haight und Tager untersuchten in ihrer Studie aus dem Jahr 2003 den
Einfluss von Depressionen auf die kardiopulmonale Fitness von 663 Frauen. Die
Probandinnen absolvierten einen Laufbandtest bis zur subjektiven Erschöpfung.
Erfasst wurden die maximale Sauerstoffaufnahme, die Dauer der Belastung bis zum
Abbruch und der sogenannte Oxygen uptake efficency slope (OUES), welcher wie
die in unserer Studie erfasste IAS nicht subjektiv beeinflussbar und somit
motivationsunabhängig ist. Die Probandinnen wurden vier verschiedenen Gruppen
zugeordnet.
Frauen,
die
von
depressiven
Symptomen
berichteten
und
Antidepressiva einnahmen, wurden Gruppe 1 zugeordnet, Gruppe 2 bestand aus
Probandinnen,
die
eine
Symptomatik
aufwiesen
aber
keine
Medikamente
einnahmen, Gruppe 3 fasste die Frauen zusammen, die, obwohl sie frei von
depressiven Symptomen waren, antidepressive Medikamente einnahmen. Die
Frauen, die weder Symptome aufweisen konnten noch Antidepressiva einnahmen,
wurden Gruppe 4 zugeordnet und stellten somit das gesunde Vergleichskollektiv dar.
Ergebnis der Studie war, dass alle Leistungsparameter die von den Probandinnen in
Gruppe 1 erreicht wurden, signifikant schlechter gegenüber Gruppe 4 waren. Die
Ergebnisse, die von Gruppe 2 und 3 erreicht wurden, lagen zwischen denen von
Gruppe 1 und 4. Die depressiv Erkrankten zeigten also gegenüber der gesunden
Vergleichsgruppe eine deutliche Leistungsminderung, was mit den Ergebnissen
unserer Studie bestätigt werden konnte. Die Autoren sahen eine Korrelation
zwischen Schweregrad der depressiven Symptomatik und Verminderung der
kardiopulmonalen Fitness, was wir in unserer Studie nicht gesehen haben. Allerdings
galt das nur für einen der drei erfassten Parameter, den OUES. Für die Dauer bis
zum Abbruch der Belastung und für VO2 max war keine solche Korrelation
festgestellt worden. Außerdem war dieser Zusammenhang auch nur innerhalb einer
der Gruppen, und zwar in Gruppe 1 festgestellt worden. Der Schweregrad der
Depression wurde nicht wie in unserer Studie über eine erreichte Punktezahl in
einem Fragebogen definiert (bei uns BDI), sondern darüber, in wie vielen Interviews
die Patientinnen von derzeitig bestehenden depressiven Symptomen berichteten. Es
wurden insgesamt drei Interviews im jeweiligen Abstand von zwei Jahren
durchgeführt. Eine Leistungsminderung war außerdem auch innerhalb der Gruppe, in
welcher die Patientinnen zu keinem Zeitpunkt Symptome aufwiesen (Gruppe 3),
5 Diskussion
77
vorhanden. Da eine Korrelation nur bezüglich eines Parameters und auch nur
innerhalb einer Subgruppe vorhanden war, lässt sich meiner Meinung nach daraus
keine generelle Korrelation von Schweregrad der Depression und Maß der
Leistungsminderung ableiten (Hollenberg et al. 2003).
Galper, Trivedi, Barlow et al. untersuchten in ihrer Studie von 2006 den
Zusammenhang von körperlicher Inaktivität und psychischer Verfassung. 5451
Männer und 1277 Frauen absolvierten einen Belastungstest bis zur subjektiven
Erschöpfung auf dem Laufband und gaben mit Hilfe von Selbstbeurteilungsbögen
Auskunft über ihre gewohnte körperliche Aktivität, depressive Symptome (Center for
Epidemiological
Studies
Scale
for
Depression;
CES-D)
und
emotionales
Wohlbefinden (General Well-Being Schedule; GWB). Die Hauptergebnisse dieser
Studie waren, dass zwischen kardiorespiratorischer Fitness und depressiven
Symptomen ein gegensinniger Zusammenhang besteht. Ebenso verhielt es sich mit
körperlicher Aktivität und depressiven Symptomen. Probanden mit herabgesetzter
kardiorespiratorischer Fitness und verminderter körperlicher Aktivität berichteten
häufiger von depressiven Symptomen und vermindertem emotionalen Wohlbefinden.
Die Autoren dieser Studie sahen im Gegensatz zu unseren Ergebnissen eine
Korrelation zwischen Ausprägung der depressiven Symptome und Maß der
verminderten Fitness und körperlichen Inaktivität. Allerdings hatten wir in unserer
statistischen Auswertung für jeden einzelnen Patienten Korrelationsanalysen für alle
sportmedizinischen Parameter und den erreichten BDI-Score durchgeführt. Galper et
al. haben ihre Probanden lediglich drei verschiedenen Gruppen hinsichtlich der
kardiorespiratorischen Fitness (low, moderate, high cardiorespiratory fitness) und vier
verschiedenen Gruppen hinsichtlich der körperlichen Aktivität (inactive, insufficiently,
sufficiently, highly active) zugeteilt. Anschließend wurden die Gruppen hinsichtlich
ihrer CES-D- und GWB-Scores verglichen. Durch die Einteilung in Kategorien kann
ein gewisser Gruppeneffekt und eine damit vorgetäuschte Korrelation nicht
ausgeschlossen werden.
Im Gegensatz zu unserer fand in dieser Studie kein direkter Vergleich zwischen
manifest an einer Depression erkrankten Patienten und gesunden Probanden statt.
Ein deutlicher Vorteil dieser Studie war das erheblich größere Probandenkollektiv.
Außerdem war hier bei den Probanden der Umfang ihrer gewohnten körperlichen
Aktivität genauer erhoben worden (Galper et al. 2006).
5 Diskussion
78
Die Ergebnisse früherer durchgeführter Studien konnten größtenteils durch die
unserer Studie bestätigt werden.
Eine weitere interessante Überlegung ist, ob eine verminderte Leistungsfähigkeit
auch bei anderen psychiatrischen Krankheitsbildern zu finden ist, oder ob sie ein für
die Depression spezifisches Symptom darstellt. Dies scheint nicht der Fall zu sein,
wie mehrere Studien in der Vergangenheit gezeigt haben.
So verglichen Meyer, Broocks, Bandelow et al. im Jahre 1998 die maximale
Sauerstoffaufnahme und die auf dem Fahrradergometer geleistete Arbeit bei einer
Laktatkonzentration von 4 mmol/l von Patienten mit einer Panikstörung mit denen
einer gesunden Kontrollgruppe, bevor beide Gruppen ein 10-wöchiges Lauftraining
absolvierten. Die Patientengruppe zeigte deutlich verminderte Werte gegenüber der
gesunden Vergleichsgruppe (Meyer et al.1998).
Wie bereits erwähnt, untersuchten Martinsen et al. in ihrer Studie von 1989 nicht nur
die körperliche Leistungsfähigkeit von depressiven Patienten sondern auch die von
Patienten mit einer Angststörung und konnten dabei wie bei den depressiven
Patienten auch bei den Angstpatienten eine deutlich Leistungsminderung feststellen
(Martinsen et al. 1989b).
Deimel und Lohmann untersuchten in ihrer Studie von 1983 die körperliche
Leistungsfähigkeit von schizophrenen Patienten. Im Bezug auf die Leistung an der
aerob-anaeroben Schwelle (hier plac4 = Leistung bei einer Laktatkonzentration von 4
mmol/l) und die maximal erreichte Belastungsstufe erzielten die Patienten deutlich
niedrigere Werte als eine parallelisierte, untrainierte gesunde Vergleichsgruppe. Die
Patienten fielen außerdem durch einen frühen Abbruch schon im submaximalen
Bereich auf und die Soll-Leistungswerte unter Berücksichtigung von Alter und
Gewicht lagen deutlich unter der Norm für Nichttrainierte (Deimel, Lohmann 1983).
Eine Verminderung der körperlichen Leistungsfähigkeit ist somit ein Phänomen,
welches nicht nur bei Depressionen sondern auch bei anderen psychiatrischen
Krankheitsbildern anzutreffen ist.
In unserer Studie konnte eine deutliche Minderung der Ausdauerleistungsfähigkeit
depressiver Patienten im Bereich der individuellen anaeroben Schwelle (IAS) gezeigt
werden. Jedoch bleibt die Frage der Kausalität weiterhin ungeklärt: sind depressive
5 Diskussion
79
Patienten weniger leistungsfähig weil sie depressiv sind oder sind sie depressiv, weil
sie körperlich weniger aktiv sind?
Wie unsere Studie gezeigt hat, liegt die IAS der depressiven Patienten gegenüber
der gesunden Kontrollgruppe in einem deutlich niedrigeren Bereich. Unklar ist
jedoch, ob die niedrige IAS aus dem Vermeidungsverhalten und der damit
verbundenen körperlichen Inaktivität resultiert, was ein häufiges Symptom der
Depression darstellt, oder ob eine niedrige IAS zuerst bestand und ein
Vermeidungsverhalten bedingte und damit eine Depression mit verursachte.
Am
ehesten ist anzunehmen, dass die depressiven Patienten durch krankheitsbedingtes
Vermeidungsverhalten gegenüber Gesunden körperlich inaktiver sind und daraus
eine verminderte Leistungsfähigkeit resultiert.
In einigen Studien wurde bereits untersucht, wie sich ein Sportentzug auf Trainierte
auswirkt. Berlin, Kop und Deuster untersuchten in ihrer Studie 40 Probanden, die an
ein regelmäßiges Training (mindestens drei mal pro Woche für 30 Minuten oder
länger) gewohnt waren. Die Probanden wurden zwei Gruppen zugeteilt. Eine musste
eine zweiwöchige Sportabstinenz einhalten, die andere Gruppe trainierte wie
gewohnt regelmäßig weiter. Die ersten Anzeichen von Müdigkeit, negativer
Gestimmtheit und depressiven Symptomen traten nach der ersten Woche des
Sportentzuges auf und verstärkten sich in der zweiten Woche. Negative
Gestimmtheit und Müdigkeit standen in engem Zusammenhang mit herabgesetzter
Fitness. Negative Gestimmtheit wurde mit dem Profile of Mood States (POMS)
gemessen, depressive Symptomatik mit dem Beck Depression Inventory II (BDI-II)
und Müdigkeit mit dem Multidimensional Fatigue Inventory (MFI). Die körperliche
Fitness wurde mit einem Fahrradergometer ermittelt (Berlin et al. 2006).
Mondin, Morgan, Piering et al. untersuchten in ihrer Studie zehn freiwillige
Probanden, vier Frauen und sechs Männer, die gewohnt waren an sechs oder sieben
Tagen pro Woche für mindestens 45 Minuten zu trainieren. Die Beobachtung dauerte
fünf Tage: am ersten Tag setzten die Probanden ihr gewohntes Training fort, um an
den folgenden drei Tagen das Training auszusetzen, mit welchem sie am fünften Tag
fortfuhren. Ergebnis der Studie waren Stimmungsschwankungen, gemessen
während des Sportentzuges, mit einer leichten Besserung am dritten Tag des
Entzuges. Als Psychometrische Messinstrumente wurden POMS, Depression
Adjective Checklist (DACL) und Stat-Trait Anxiety Inventory (STAI) herangezogen
(Mondin et al. 1996).
5 Diskussion
80
Bei trainierten Personen scheint ein Entzug von körperlicher Aktivität das Auftreten
depressiver Symptome und Stimmungsschwankungen zu fördern. Ob aber eine
sportliche Inaktivität bei Nicht-Trainierten ursächlich am Entstehen einer Depression
beteiligt ist, wurde bisher unzureichend untersucht. In der NHANES-I-Studie, einer
prospektiven Studie, wurden 1497 Probanden im Alter zwischen 25 und 72 Jahren
über einen Zeitraum von 8 Jahren in regelmäßigen Abständen untersucht. Im Laufe
dieser Zeit wurde bei Personen mit geringerer körperlicher Aktivität eine doppelt so
hohe Depressivitätsrate beobachtet (Farmer et al. 1988, Broocks et al. 1997).
Längere
Beobachtungszeiträume
könnten
gewichtigere
Aussagen
über
den
Zusammenhang von körperlicher Inaktivität und dem Entstehen depressiver
Erkrankungen erlauben.
Körperliche Inaktivität ist vermutlich sowohl eine Ursache als auch eine Konsequenz
von depressiven Symptomen, aber vielleicht werden zukünftige Studien die Frage
der Kausalität näher beantworten können.
Ein leistungsmindernder Effekt ausgelöst durch die Einnahme verschiedener
Medikamente kann in unserer Studie nicht vollständig ausgeschlossen werden, da
die Großzahl der Patienten, die an unserer Studie teilnahmen, unter Medikation
stand. Aufgrund der großen Anzahl und Vielfältigkeit von Medikamenten, die sich bei
den von uns untersuchten Patienten fanden, waren eine systematische Einteilung in
verschiedene Subgruppen hinsichtlich der Medikamente und ein genauer Vergleich
nicht möglich. Hollenberg et al. hatten jedoch in ihrer Studie im Jahr 2003
festgestellt, dass sich die Unterschiede in den sportlichen Parametern zwischen der
Gruppe der depressiven Patienten und der Gruppe der nicht-depressiven nach
Ausschluss der Patienten, die blutdrucksenkende Medikamente einnahmen nicht
signifikant geändert hatten (Hollenberg et al. 2003).
Eine weitere methodische Ungenauigkeit kann in der Einteilung der Patienten in die
unterschiedlichen
Subgruppen
nach
weiteren
krankheitsrelevanten
Faktoren
gesehen werden. Diese Einteilung fand eher willkürlich nach selbstgesetzten
Kriterien statt. So kam es auch zu unterschiedlichen Gruppengrößen.
Die Patientengruppe war hinsichtlich ihrer sportlichen Aktivität während oder vor
Eintreten der depressiven Episode nicht hinreichend befragt worden. Eventuelle
Unterschiede der sportlichen Leistungsfähigkeit in der Patientengruppe, bedingt
durch einen unterschiedlichen Trainingszustand, konnten somit nicht identifiziert
5 Diskussion
81
werden. Auch die körperliche Aktivität während des stationären Aufenthaltes in Form
von Teilnahme an verschiedenen sportlichen Therapieformen war unzulänglich
dokumentiert worden. Somit kann keine Aussage über einen eventuell daraus
resultierenden Effekt auf das Abschneiden in der sportmedizinischen Untersuchung
gemacht werden.
Bei der gesunden Kontrollgruppe war im Gegensatz zu der Patientengruppe zu
Anfang der Raucherstatus nicht erhoben worden. In zukünftigen Studien sollten
anamnestischen Mängel dieser Art vermieden werden.
Deutliche Stärke unserer Studie war der direkte Vergleich einer Gruppe depressiv
Erkrankter mit einer gesunden Kontrollgruppe. Um zu repräsentativen Ergebnissen
zu kommen, ermittelten wir den Schweregrad der depressiven Symptomatik mit Hilfe
eines standardisierten, etablierten Fragebogens, dem BDI (Beck Depression
Inventory).
Viele der methodischen Ungenauigkeiten könnten in zukünftigen Studien durch die
Wahl eines prospektiven Studiendesigns vermieden werden. Durch eine genaue
Medikamentenanamnese
zu
Beginn
der
Untersuchung
könnte
der
Effekt
verschiedener Medikamente auf die Leistungsfähigkeit besser untersucht werden.
Auch die sportliche Aktivität der Patienten vor Teilnahme an der Studie sollte zu
Beginn genauer dokumentiert werden.
Unsere
und
viele
andere
Studien
haben
gezeigt,
dass ein
bedeutender
Zusammenhang zwischen depressiven Erkrankungen und körperlicher Aktivität zu
bestehen scheint. Die Tatsache, dass eine vermehrte sportliche Betätigung in vielen
Fällen zu einer deutlichen Symptomreduktion bei depressiven Patienten führte, hat
bereits zum vermehrten Einsatz von sportlichen Übungen in Therapieplänen geführt.
Ein großer Vorteil hierbei ist, dass diese Form der Behandlung von den Patienten als
sehr positiv bewertet wird, da sie eine gewisse Selbstwirksamkeit erfahren und diese
Art der Therapie frei von den medikamententypischen Nebenwirkungen ist. Eine
verstärkte Integration von Sport in die Behandlungspläne sollte auch in Zukunft
praktiziert werden. Ein allerdings hierbei zu beachtender wichtiger Aspekt ist die
richtige
Wahl
der
Trainingsintensität.
Bei
Patienten
mit
verminderter
Leistungsfähigkeit und einer IAS in deutlich niedrigen Bereichen sollte mit
Trainingseinheiten in Bereichen niedrigerer Intensität begonnen werden. Eine
körperliche Belastung unter zu hoher Intensität und die damit verbundene
Überforderung und Enttäuschung würden sich auf eine Depression eher nachteilig
5 Diskussion
82
auswirken. Eine sportmedizinische Untersuchung zur Einstufung der individuellen
körperlichen Leistungsfähigkeit sollte vor Trainingsbeginn durchgeführt werden.
Dabei sollte auch eine genaue internistische Abklärung erfolgen, da Depressionen oft
mit kardiovaskulären Erkrankungen vergesellschaftet sind, was bei der Wahl der
Trainingsintensität ebenfalls von großer Bedeutung ist (Galper et al. 2006, Broocks et
al. 1997).
Ein weiterer Einsatz von körperlichem Training im Bezug auf psychiatrische
Erkrankungen im Allgemeinen und Depressionen im Speziellen kann in der
Prophylaxe gesehen werden. Ließe sich zeigen, dass aus einer niedrigen IAS ein
Vermeidungsverhalten resultiert welches zu einer Depression führen kann, eine
verminderte körperliche Aktivität also ursächlich am Entstehen einer Depression
beteiligt ist, könnte körperliche Aktivität durchaus als Primärprophylaxe gegen
Depression eingesetzt werden. Denkbar wäre auch ein körperliches Training zur
Rezidivprophylaxe bei Patienten, die bereits an Depressionen erkrankt waren und die
vielleicht auch schon in der akuten Phase der Krankheit positive Erfahrungen mit
Sport im Sinne einer Symptomreduktion erfahren haben.
Ein weiterer präventiver Ansatz kann hinsichtlich kardiovaskulärer Erkrankungen
gesehen werden. In vielen epidemiologischen Studien wurde angedeutet, dass
Depressionen ein Risikofaktor für die Morbidität und Mortaliät kardiovaskulärer
Erkrankungen sind, auch nachdem andere wichtige Kovariaten wie Alter, Body Mass
Index, sozioökonomischer Status und andere medizinische Leiden ausgeschlossen
worden waren (Galper et al. 2006, Pennix et al. 2001, Pennix et al. 1999). Da
körperliche
Inaktivität
ohnehin
einer
der
wichtigsten
verhaltensabhängigen
Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen darstellt, birgt der Einsatz von Sport
in der Behandlung von Depressionen hinsichtlich der Prävention kardiovaskulärer
Erkrankungen einen doppelten Benefit.
5 Diskussion
83
Körperlicher Trainingszustand von Patienten mit Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen
Autoren,
Jahr
Unsere
Studie
Probanden
Vergleichsgruppe
Parameter
Ergebnis
51 depressive Patienten,
Durchschnittsalter
49 Jahre
51 alters-, geschlechts-,
gewichtsgematchte
gesunde Probanden,
Durchschnittsalter
48 Jahre
Signifikante Leistungsminderung
der Patienten
Morgan et
al.
1969
Deimel,
Lohmann
1983
17 depressive Patienten
maximale Leistung,
Leistung beim ersten
Laktatanstieg,
Leistung an der
individuellen anaeroben
Schwelle
physical work capacity
physical work capacity
signifikant vermindert
keine gesunde
Kontrollgruppe
maximale Leistung,
Leistung bei einer
Laktatkonzentration von
4 mmol/l, maximale
Sollleistung (%)
Patienten mit
Schizophrenie
Martinsen
et al.
1989
38 depressive Patienten,
Literaturwerte
16 Patienten mit
Angststörung, 36 Patienten
mit Depression und
Angststörung,
Durchschnittsalter 39,3
Jahre
Signifikanter Unterschied in der
Leistung bei einer
Laktatkonzentration von 4
mmol/l, hoch signifikante
Unterschiede in der maximalen
Leistung und maximalen
Sollleistung
physical work capacity hoch
signifikant erniedrigt
Martinsen
et al.
1989
Literaturwerte
maximale
Sauerstoffaufnahme
maximale Sauerstoffaufnahme
signifikant erniedrigt
keine gesunde
Kontrollgruppe, Tests
im maximalen und
submaximalen Bereich
11 gesunde Probanden,
Durchschnittsalter 33,4
Jahre
Leistung bei einer
Laktatkonzentration von
4 mmol/l,
maximale O2-Aufnahme
maximale Sauerstoffaufnahme
und Leistung bei einer
Laktatkonzentration von 4
mmol/l signifikant erniedrigt
Patienten mit
Panikstörung
Psychiatrische Patienten
mit nicht depressiver
Erkrankung
18 Patienten mit
14 parallelisierte,
schizophrener Erkrankung, untrainierte gesunde
Durchschnittsalter 31,8
Probanden,
Jahre
Durchschnittsalter 36,7
Jahre
41 depressive Patienten,
58 Patienten mit
Depression und
Angststörung,
Durchschnittsalter 40,6
Jahre
Meyer et al. 38 Patienten mit
1998
Panikstörung,
Durchschnittsalter 32,3
Jahre
physical work capacity
Methodische
Unterschiede
auch Patienten mit
Angststörung
untersucht, keine
gesunde
Kontrollgruppe, Tests
im maximalen und
submaximalen Bereich
5 Diskussion
84
Hollenberg
et al.
2003
114 depressive
366 Probandinnen frei von maximale
Patientinnen,
depressiven Symptomen,
Sauerstoffaufnahme,
Durchschnittsalter 65 Jahre Durchschnittsalter 67 Jahre Belastungsdauer, oxygen
uptake efficency slope
Galper et
al.
2006
6728 Probanden,
Durchschnittsalter 49,2
Jahre
keine Gruppenbildung
hinsichtlich depressiver
Symptome, nur hinsichtlich
cardiorespiratory fitness
und körperlicher Aktivität
cardiorespiratory fitness
cardiorespiratory fitness: defined as the time to volitional exhaustion on a treadmill test
Tabelle 23
Leistungsminderung der
Patienten, Korrelation von
Schweregrad der depressiven
Symptomen und
Leistungsminderung
Signifikante Leistungsminderung
der Probanden mit depressiven
Symptomen, Korrelation
zwischen Ausprägung der
depressiven Symptome und
Maß der verminderten Fitness
keine 1 zu 1 Matchung
kein direkter Vergleich
manifest an Depression
Erkrankter mit
Gesunden
5 Diskussion
85
Sport und Depressionen
Autoren,
Jahr
Greist et al.
1979
Brown et al.
1979
Rueter et al.
1982
Probanden
Design
Ergebnisse
28 Patienten mit leichter bis
mittelschwerer Depression
101 Patienten mit Depression
Doyne et al.
1983
McCann et al.
1984
4 Patientinnen mit Depression
10 Wochen 3 mal pro Woche aerobes Training oder
zeitlich limitierte oder unlimitierte Psychotherapie
5 mal oder 3 mal pro Wochen joggen oder gar nicht
joggen
Beratungstherapie (1 Sitzung pro Woche) oder
Kombination aus Beratungstherapie und Lauftraining (20
Minuten, 3 mal pro Woche)
6 Wochen Lauftraining, 4 mal pro Woche
Keine Unterschiede der drei
Therapieformen
Rückgang der Symptome bei den Patienten
die an Laufprogramm teilnahmen
Stärkere Symptomreduktion bei den
Patienten, die Kombinationstherapie
erhielten
Verbesserung der Symptomatik
Klein et al.
1985
74 Patienten mit Minor oder Major
Depression
Martinsen et al.
1985
Williams et al.
1986
49 Patienten mit Minor oder Major
Depression
41 Studenten mit mit hohen Scores
in der Zung-Skala oder im POMS,
gesunde Kontrollgruppe
Sime et al.
1987
Freemont et al.
1987
15 Patienten mit Depression
Doyne et al.
1987
Farmer et al.
1988
40 Patientinnen mit Depressionen
18 depressive Patienten
49 depressive Patientinnen
49 Patienten mit Depression
1497 Probanden zwischen 25 und
72 Jahren
10 Wochen aerobes Training, Entspannungsübungen
oder Warteliste
Verbesserung der kardiopulmonalen
Fitness und der Depressivität in der
Trainingsgruppe, nicht jedoch in den beiden
anderen Gruppen
12 Wochen aerobes Training (2 mal pro Woche 1 Stunde Keine Unterschiede der drei
Laufen), Entspannungsmeditation (1 mal 2 Stunden pro
Therapieformen nach 12 Wochen, nach 9
Woche) oder Gruppentherapie (2 Stunden pro Woche)
Monate follow-up jedoch besseres Ergebnis
für Trainings- und Meditationsgruppe
9 Wochen aerobes Training (3 mal pro Woche) oder
Deutlichere Verbesserung der depressiven
Ergotherapie
Symptome in der Trainingsgruppe
10 Wochen aerobes Training drei mal pro Woche oder
Kaum Unterschiede der beiden Sportarten,
Training geringerer Intensität zwei mal pro Woche
in beiden Sportgruppen und in
Kontrollgruppe Verbesserung der
Depressivität
10 Wochen Lauftraining, 4 mal pro Woche
Rückgang der depressiven Symptome
Aerobes Training (3 mal 20 Minuten pro Woche),
kognitive Verhaltenstherapie (1 Sitzung pro Woche) oder
Kombination aus beidem
8 Wochen Lauftraining, Krafttraining (je vier mal pro
Woche) oder Warteliste
Über 8 Jahre Untersuchungen in regelmäßigen
Abständen körperlich Aktivität und depressive Symptome
betreffend
Keine Unterschiede der drei
Therapieformen
Beide Sportarten führten gleichermaßen
zur Symptomreduktion
Doppelt so hohe Depressivitätsrate bei den
Personen mit geringerer körperlicher
Aktivität
5 Diskussion
86
Sexton et al.
1989
25 Patienten mit Depression
Lauftraining oder Gehen
Martinsen et al.
1989
99 Patienten mit Depression
8 Wochen 3 mal pro Woche aerobes Training oder
Krafttraining
Pappas et al.
32 Frauen mit erhöhten BDI-Scores
1990
Blumenthal et al. 156 ältere Patienten (> 50 Jahre) mit
1999
Depression
BDI: Beck Depression Inventoty
POMS: Profile of Mood States
Tabelle 24
10 Wochen für je 2 Stunden aerobes Tanzen oder
Raquetball
16 Wochen Ausdauertraining, Sertralintherapie oder
Kombination aus beidem
Statistisch nicht unterschiedliche
Verbesserung der depressiven
Symptomatik in beiden Gruppen
Rückgang depressiver Symptome in beiden
Gruppen, Verbesserung der maximalen
Sauerstoffaufnahme nur in der aeroben
Trainingsgruppe
Größere Reduktion der BDI-Scores in der
Tanzgruppe
Keine Unterschiede der drei
Therapieformen, Wirkeintritt bei
Sertralinbehandlung
6 Zusammenfassung
87
6 Zusammenfassung
Verschiedene Studien belegen das wachsende Interesse am Zusammenhang
zwischen körperlicher Fitness und Depressionen. Bei den meisten Studien handelt
es sich um therapiebegleitende Interventionsstudien, deren Ergebnisse in die selbe
Richtung weisen: Sport ist als therapeutisches Mittel in der Behandlung von
Depressionen sehr wirksam und wird von den betroffenen Patienten auch sehr
positiv bewertet.
Wenig Beachtung fand bisher jedoch die körperliche Leistungsfähigkeit depressiver
Patienten an sich. Inhalt unserer Studie war deswegen der Vergleich der
körperlichen Leistungsfähigkeit depressiver Patienten mit der einer gesunden
Kontrollgruppe und die Untersuchung eventuell beeinflussender krankheitsrelevanter
Faktoren.
51
psychiatrische
Patienten
und
ein
gesundes
alters-,
geschlechts-
und
gewichtsgematchtes Vergleichskollektiv absolvierten im Zeitraum von 2002 – 2006
eine
fahrradergometrische
Untersuchung.
Dabei
wurden
verschiedene
leistungsdiagnostische Parameter ermittelt. Des Weiteren wurden verschiedene
krankheitsrelevante Daten erhoben, deren Einfluss auf die sportmedizinische
Untersuchung betrachtet werden sollte.
Die Ergebnisse unserer Studie zeigen eine signifikant verminderte körperliche
Leistungsfähigkeit
der
depressiven
Patienten.
Von
den
untersuchten
krankheitsrelevanten Daten zeigte einzig die Dauer der aktuellen Arbeitsunfähigkeit
einen signifikanten Einfluss auf die Untersuchungsergebnisse.
Die Patienten in unserer Studie fielen jedoch nicht nur durch eine erniedrigte
maximale Belastungsintensität, sondern auch durch einen früheren Anstieg der
Laktatkonzentration auf, was sie zu einem frühzeitigen Belastungsabbruch zwang.
Sport hat sich in zahlreichen Studien als Therapie von Depressionen als sehr effektiv
erwiesen. Die Belastungsintensität sollte jedoch sorgfältig gewählt werden, um einer
Überforderung und damit verbundenen Misserfolgen entgegen zu wirken.
Obwohl anzunehmen ist, dass die verminderte Leistungsfähigkeit aus einem
Vermeidungsverhalten resultiert, bleibt die definitive Klärung der Frage nach der
Kausalität weiterhin offen. Ob es möglich ist, dass eine depressive Symptomatik
durch
körperliches
Vermeidungsverhalten
zukünftiger Studien sein.
hervorgerufen
wird,
sollte
Inhalt
7 Literatur
88
7 Literatur
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8 Anhang
96
8 Anhang
8.1 Datentabelle der leistungsdiagnostischen Parameter
MW und SD
MW und SD
Z-Wert
Patienten
Gesunde
bzw.
Signifikanz
T-Wert
Größe in cm
170,9  13,2 171,5  9,5
-0,074
0,941
Gewicht in kg
77,3  19,1
74,4  16,2
-0,495
0,620
BMI in kg/m²
26,5  5,0
25,1  4,1
-0,622
0,534
p(max) in Watt
137,4  44,4 203,3  74,0 -4,613
0,000
p(max)/kg in Watt/kg
1,8  0,6
2,8  0,9
-4,856
0,000
p(LT) in Watt
72,6  23,2
104,1  41,0 -4,297
0,000
p(LT)/kg in Watt/kg
1,0  0,3
1,4  0,6
-4,427
0,000
p(IAS) in Watt
102,3  30,2 128,4  50,3 -2,837
0,005
p(IAS)/kg in (Watt/kg)
1,4  0,4
1,8  0,7
-3,092
0,002
Herzfrequenz in Ruhe
87,6  16,6
66,8  12,0
7,266
0,000
Herzfrequenz 50 Watt
113,3  17,7 105,6  16,5
Herzfrequenz bei 75 Watt
124,2  19,1 126,6  19,5
Herzfrequenz bei 100 Watt
134,0  20,7 126,0  21,4
Herzfrequenz bei 125 Watt
146,7  22,1 153,2  24,7
Herzfrequenz bei 150 Watt
154,0  20,3 143,5  23,9
Herzfrequenz bei 175 Watt
160,3  15,0 161,8  27,2
Herzfrequenz bei 200 Watt
161,1  20,9 158,8  23,1
Maximale Herzfrequenz
151,6  25,2 169,7  22,2 -3,632
0,000
Laktatkonzentration in Ruhe
1,4  0,4
1,5  1,0
0,332
Laktatkonzentration bei 50 Watt
1,5  0,5
1,8  0,7
Laktatkonzentration bei 75 Watt
2,2  0,9
2,9  1,4
Laktatkonzentration bei 100 Watt
3,0  1,3
2,6  1,6
Laktatkonzentration bei 125 Watt
4,1  2,0
5,1  2,6
Laktatkonzentration bei 150 Watt
4,8  2,3
3,8  2,1
-0,991
8 Anhang
97
Laktatkonzentration bei 175 Watt
5,5  2,7
6,3  1,7
Laktatkonzentration bei 200 Watt
7,3  3,1
5,1  2,5
Maximale Laktatkonzentration
6,0  2,5
8,2  2,6
-4,457
0,000
% der maximalen Soll-Leistung
89,4  29,3
131,0  37,2 -5,445
0,000
MW = Mittelwert
SD = Standard Deviation
9 Verzeichnis
98
9 Verzeichnis
9.1 Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Neuroendokrine Effekte körperlicher Aktivität .......................................... 17
Tabelle 2: Alter der Probanden ................................................................................. 23
Tabelle 3: Größe, Gewicht, BMI der Probanden ....................................................... 25
Tabelle 4: BDI-Scores der Probanden ...................................................................... 26
Tabelle 5: Signifikanzniveaus ................................................................................... 31
Tabelle 6: Niveaus der Effektstärken ........................................................................ 31
Tabelle 7: Vergleich der Patientengruppe mit der gesunden Kontrolgruppe ............ 38
Tabelle 8: Vergleich des Laktatverhaltens ................................................................ 45
Tabelle 9: Vergleich des Verhaltens der Herzfrequenz ............................................ 47
Tabelle 10: Vergleich der individuellen Soll-Leistung ............................................... 49
Tabelle 11: Vergleich nach Dauer der aktuellen Episode ......................................... 51
Tabelle 12: Vergleich nach Gesamtdauer der Erkrankung ....................................... 52
Tabelle 13: Vergleich nach Anzahl der bisher erlebten depressiven Phasen ........... 53
Tabelle 14: Vergleich nach dauer der arbeitsunfähigen Zeit .................................... 54
Tabelle 15: Vergleich nach dauer der arbeitsunfähigen Zeit – paarweiser Vergleich 55
Tabelle 16: Vergleich von Rauchern und Nichtrauchern .......................................... 58
Tabelle 17: Vergleich von Patienten mit unipoarer Erkrankung mit Patienten mit
bipolarer Erkrankung ............................................................................. 60
Tabelle 18: Vergleich von Therapie-Respondern mit Therapie-Non-Respondern .... 61
Tabelle 19: Korrelation von stationärer Aufenthaltsdauer und Leistungsparametern 62
Tabelle 20: Korrelation von BMI und absoluten Leistungsparametern ..................... 62
Tabelle 21: Korrelation von Alter und Leistungsparametern ..................................... 63
Tabelle 22: Korrelation von BDI und Leistungsparametern ...................................... 68
Tabelle 23: Literturvergleich: Körperlicher Trainingszustand von Patienten mit
Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen ....................83/84
Tabelle 24: Literaturvergleich: Sport und Depressionen .......................................85/86
9 Verzeichnis
99
9.2 Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Vergleich des Alters der Probanden .................................................... 24
Abbildung 2: Vergleich des BMI der Probanden ....................................................... 25
Abbildung 3: Vergleich von p(max) ........................................................................... 39
Abbildung 4: Vergleich von p(max) ........................................................................... 39
Abbildung 5: Vergleich von p(max)/kg ...................................................................... 40
Abbildung 6: Vergleich von p(LT) ............................................................................. 41
Abbildung 7: Vergleich von p(LT)/kg ......................................................................... 42
Abbildung 8: Vergleich von p(IAS) ............................................................................ 43
Abbildung 9: Vergleich von p(IAS)/kg ....................................................................... 44
Abbildung 10: Vergleich der Laktatkonzentration in Ruhe ........................................ 45
Abbildung 11: Vergleich der maximalen Laktatkonzentration ................................... 46
Abbildung 12: Vergleich der Herzfrequenz in Ruhe .................................................. 47
Abbildung 13: Vergleich der maximalen Herzfrequenz ............................................. 48
Abbildung 14: Anzahl der Abbrecher auf den verschiedenen Leistungsstufen ......... 49
Abbildung 15: Vergleich von p(max) in % vom Soll .................................................. 50
Abbildung 16: Vergleich von p(max) nach Dauer der arbeitsunfähigen Zeit ............. 55
Abbildung 17: Vergleich von p(max)/kg nach Dauer der arbeitsunfähigen Zeit ........ 56
Abbildung 18: Vergleich von p(IAS)/kg nach Dauer der arbeitsunfähigen Zeit ......... 57
Abbildung 19: Vergleich von p(max)/kg bei Rauchern und Nichtrauchern ................ 58
Abbildung 20: Vergleich von p(IAS) bei Rauchern und Nichtrauchern ..................... 59
Abbildung 21: Korrelation von p(max) und Alter ....................................................... 63
Abbildung 22: Korrelation von p(max)/kg und Alter .................................................. 64
Abbildung 23: Korrelation von p(LT) und Alter .......................................................... 65
Abbildung 24: Korrelation von p(LT)/kg und Alter ..................................................... 66
Abbildung 25: Korrelation von p(IAS) und Alter ........................................................ 67
Abbildung 26: Korrelation von p(IAS)/kg und Alter ................................................... 68
9 Verzeichnis
100
9.3 Abkürzungsverzeichnis
ATP:
Adenosin-Triphosphat
BDI:
Beck Depression Inventory
BMI:
Body Mass Index
CES-D:
Center for Epidemiological Studies Scale for Depression
CR:
cardiorespiratory fitness (defined as the time to volitional exhaustion on
a treadmill test)
cm:
Zentimeter
DACL:
Depression Adjective Checklist
DSM:
Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders
ED:
Erstdiagnose
GWB:
General Well-Being Schedule
IAS:
Individuelle anaerobe Schwelle
IGF:
Insuline-like growth factor
ICD:
International Classification of Diseases
kg:
Kilogramm
LT:
Lactate Threshold = erster Laktatanstieg
MFI:
Multidimensional Fatigue Inventory
MW:
Mittelwert
N:
Number = Anzahl
O2:
Sauerstoff
OUES:
oxygen uptake efficency slope
p(IAS):
erreichte Wattzahl beim Erreichen der individuellen anaeroben
Schwelle
plac4:
Leistung bei einer Laktatkonzentration von 4 mmol/l
p(LT):
erreichte Wattzahl beim ersten Laktatanstieg
p(max):
maximal erreichte Wattzahl
POMS:
Profile of Mood States
PWC:
physical work capacity
SD:
Standard Deviation = Standardabweichung
STAI:
Stat-Trait Anxiety Inventory
VO2 max:
maximale Sauerstoffaufnahme
10 Danksagung
101
10 Danksagung
An erster Stelle möchte ich mich bei meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Ulrich
Voderholzer für die Überlassung des Themas und die nette Betreuung während der
ganzen Zeit bedanken.
Vielen herzlichen Dank an Herrn Prof. Dr. Hans-Hermann Dickhuth, der sich bereit
erklärt hat, das Zweigutachten zu erstellen.
Mein besonderer Dank gilt meinem Betreuer Herrn Dr. Tobias Freyer, der mir stets
mit Rat und Tat zur Seite stand und mir bei der Ausarbeitung dieser Arbeit sehr
geholfen hat.
Herzlichen Dank auch an Frau Marta Kopazs, die mich in das Statistikprogramm
SPSS geduldig eingeführt hat, mir beim Erstellen der Abbildungen Hilfestellung gab
und mir somit die statistische Auswertung sehr erleichterte.
Vielen Dank auch an Herrn Rick Dersch für die Hilfe beim Erstellen der Abbildungen.
Des weiteren möchte ich den Mitarbeitern der Abteilung für rehabilitative und
präventive Sportmedizin der Medizinischen Universitätsklinik danken, die mir bei der
Erhebung, Auswertung und Interpretation der sportmedizinischen Daten sehr halfen.
Schließlich möchte ich mich von ganzem Herzen bei meiner Familie und bei meinem
Freund bedanken, die mit viel Geduld und Verständnis die Entstehung dieser Arbeit
maßgeblich unterstützt haben.
11 Lebenslauf
102
11 Lebenslauf
Persönliche Daten
geboren am
31.01.1983
in
Emmendingen/Deutschland
Staatsangehörigkeit
deutsch
Familienstand
ledig
Schulische Ausbildung
1989-1993
Adolf-Gänshirt-Grundschule Eichstetten
1993-2002
Goethe-Gymnasium Freiburg
Juni 2002
Abitur
Medizinische Ausbildung
2002-2004
Studium der Medizin (vorklinischer Abschnitt) an der
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
August/September 2004
Ärztliche Vorprüfung
Seit Oktober 2004
Klinischer Abschnitt des Studiums der Medizin an der
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
August 2007 - Juli 2008
Praktisches Jahr, Universitätsklinik Freiburg und
Mayo General Hospital, Castlebar, National University of
Ireland
April/Mai 2009
Zweiter Abschnitt der ärztlichen Prüfung
Wissenschaftliche Tätigkeit
2006-2008
Doktorarbeit in der Abteilung für Psychiatrie und
Psychotherapie der Universitätsklinik für Psychiatrie und
Psychosomatik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
11 Lebenslauf
103
Praktika und Famulaturen
März/April 2003
Krankenpflegepraktikum, Helios-Rosmann-Klinik
Breisach, Abteilung für Orthopädie
Juli/August 2003
Krankenpflegepraktikum, Helios-Rosmann-Klinik
Breisach, Abteilung für Orthopädie
Februar/März 2004
Krankenpflegepraktikum, Elisabeth-Krankenhaus Berlin,
Abteilung für Chirurgie
August-Oktober 2005
Famulatur, St. Joseph-Krankenhaus Berlin, Abteilung für
Gynäkologie und Geburtshilfe
Februar/März 2006
Famulatur, Vivantes-Auguste-Viktoria-Klinikum Berlin,
Abteilung für Neurologie
September 2006
Famulatur, Medizinische Universitätsklinik Freiburg,
Abteilung für Rehabilitative Medizin und Sportmedizin,
Ambulanz
März 2007
Famulatur, Universitätsfrauenklinik Freiburg
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