Aus der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychosomatik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau DER KÖRPERLICHE TRAININGSZUSTAND DEPRESSIVER PATIENTEN IM VERGLEICH MIT EINER GESUNDEN KONTROLLGRUPPE INAUGURAL–DISSERTATION zur Erlangung des Medizinischen Doktorgrades der Medizinischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau Vorgelegt 2008 von Anina Herter geboren in Emmendingen Dekan Prof. Dr. med. Christoph Peters 1. Gutachter Prof. Dr. med. Ulrich Voderholzer 2. Gutachter Prof. Dr. med. Hans-Hermann Dickhuth Jahr der Promotion 2009 Inhaltsverzeichnis 1 EINLEITUNG _____________________________________________________ 5 1.1 Die Depression __________________________________________________________ 5 1.2 Der Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und psychiatrischen Erkrankungen __________________________________________________________ 7 1.3 Die Auswirkung körperlichen Trainings auf Depressionen _____________________ 8 1.4 Die Auswirkung unterschiedlicher Sportarten auf Depressionen _______________ 11 1.5 Körperliche Aktivität als Prävention psychiatrischer Erkrankungen ____________ 12 1.6 Der Zusammenhang von körperlicher Aktivität und Stärke der Symptomreduktion _________________________________________________________________________ 13 1.7 Der körperliche Trainingszustand depressiver Patienten ______________________ 13 1.8 Biologische Effekte körperlicher Aktivität __________________________________ 15 2 FRAGESTELLUNG _______________________________________________ 19 3 PATIENTEN UND METHODEN _____________________________________ 21 3.1 Probanden ____________________________________________________________ 21 3.1.1 Patienten __________________________________________________________ 21 3.1.2 Die gesunde Vergleichsgruppe ________________________________________ 23 3.2 Psychometrische Diagnostik ______________________________________________ 26 3.3 Laktatdiagnostik _______________________________________________________ 26 3.4 Allgemeine Methodik ___________________________________________________ 28 3.4.1 Fahrradergometrie __________________________________________________ 3.4.2 Laktatbestimmung __________________________________________________ 3.4.3 Herzfrequenzregistrierung ____________________________________________ 3.4.4 Ermittlung der individuellen anaeroben Schwelle _________________________ 3.4.5 Ermittlung weiterer leistungsdiagnostischer Parameter ____________________ 28 28 29 29 29 3.5 Statistische Auswertung _________________________________________________ 30 3.6 Die Subgruppen innerhalb der Patientengruppe _____________________________ 31 3.6.1 Die Dauer der aktuellen depressiven Episode ___________________________ 3.6.2 Die Gesamtdauer der Erkrankung ______________________________________ 3.6.3 Die Anzahl der erlebten depressiven Episoden ___________________________ 3.6.4 Dauer der arbeitsunfähigen Zeit _______________________________________ 3.6.5 Raucher und Nichtraucher ____________________________________________ 3.6.6 Bipolarität und Unipolarität ___________________________________________ 3.6.7 Therapie-Responder und Non-Responder _______________________________ 3.6.8 Dauer des stationären Aufenthaltes ____________________________________ 3.6.9 Der Body-Mass-Index ________________________________________________ 31 32 33 33 34 34 35 35 36 Inhaltsverzeichnis 3.6.10 Das Alter der Patienten ______________________________________________ 36 3.6.11 Der BDI-Score _____________________________________________________ 36 4 ERGEBNISSE ___________________________________________________ 37 4.1 Vergleich der Patientengruppe mit der gesunden Kontrollgruppe ______________ 37 4.2 Vergleiche innerhalb der Patientengruppe __________________________________ 51 4.2.1 Vergleich nach Dauer der aktuellen depressiven Episode __________________ 4.2.2 Vergleich nach Gesamtdauer der Erkrankung ____________________________ 4.2.3 Vergleich nach Anzahl der bisher erlebten depressiven Episoden ___________ 4.2.4 Vergleich nach Dauer der arbeitsunfähigen Zeit __________________________ 4.2.5 Vergleich von Rauchern mit Nichtrauchern ______________________________ 4.2.6 Vergleich von Patienten mit unipolarer Erkrankung mit Patienten mit bipolarer Erkrankung ________________________________________________________ 4.2.7 Vergleich von Therapie-Respondern mit Therapie-Non-Respondern _________ 4.2.8 Korrelation von stationärer Aufenthaltsdauer und Leistungsparametern _____ 4.2.9 Korrelation von Bodymassindex und absoluten Leistungsparametern _______ 4.2.10 Korrelation von Alter und Leistungsparametern _________________________ 4.2.11 Korrelation von BDI-Score und Leistungsparametern ____________________ 51 52 53 54 57 60 61 61 62 62 68 5 DISKUSSION ___________________________________________________ 69 6 ZUSAMMENFASSUNG ___________________________________________ 87 7 LITERATUR ____________________________________________________ 88 8 ANHANG _______________________________________________________ 96 8.1 Datentabelle der leistungsdiagnostischen Parameter _________________________ 96 9 VERZEICHNIS __________________________________________________ 98 9.1 Tabellenverzeichnis _____________________________________________________ 98 9.2 Abbildungsverzeichnis __________________________________________________ 98 9.3 Abkürzungsverzeichnis _________________________________________________ 100 10 DANKSAGUNG _______________________________________________ 101 11 LEBENSLAUF ________________________________________________ 102 1 Einleitung 5 1 Einleitung In diesem einleitenden Abschnitt soll der Hintergrund der vorliegenden Arbeit vermittelt werden. Der Anstoß zur Durchführung dieser Studie entwickelte sich aus der Beobachtung des Verhaltens depressiver Patienten während ihres stationären Aufenthaltes. Deshalb sollen zunächst die Grundzüge der Depression erläutert werden. Daran wird sich eine Zusammenfassung der Literatur, die sich mit dem Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und psychiatrischen Erkrankungen beschäftigt, anschließen. Abschließend sollen vor dem Hintergrund der Literatur Idee und Zielsetzung der Arbeit verdeutlicht werden. 1.1 Die Depression „Die Depression ist eine ernste und wegen der hohen Suizidalität oft lebensgefährliche Erkrankung“ (Ahrens 1997, Berger 1999, Kasper et al. 1996, Reimers, Broocks 2003). Bei der Depression handelt es sich neben der Angststörung um die häufigste psychiatrische Erkrankung. Angaben über die Häufigkeit ihres Auftretens variieren in der Literatur stark (Berger 2003). Das Risiko, dass ein Mensch einmal in seinem Leben an einer behandlungsbedürftigen depressiven Episode erkrankt, wird auf 10 bis 20% geschätzt (Reimers, Broocks 2003), wobei Frauen doppelt so häufig betroffen sind wie Männer. Der Häufigkeitsgipfel für die Erstmanifestation befindet sich in der Mitte des dritten Lebensjahrzehnts, 50% der Betroffenen erkranken erstmalig vor Erreichen des 40. Lebensjahres (Berger 2003). Nach ICD-10 (International Classification of Diseases) und DSM-IV (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) werden mehrere Formen der Depression unterschieden. Die sogenannte Major Depression entspricht im deutschen Sprachgebrauch der depressiven Episode. Um die Diagnose einer Major Depression stellen zu können, müssen für eine schwere depressive Episode drei, für eine leichte depressive Episode zwei der Hauptsymptome vorliegen. Diese sind depressive Stimmung, Verlust von Interesse oder Freude und erhöhte Ermüdbarkeit. Neben diesen Hauptsymptomen gibt es weitere verschiedene Nebenkriterien, wie Schlafstörungen, häufig mit frühem Erwachen, Konzentrationsschwäche und viele weitere (Berger 2003). Grübelneigung, 1 Einleitung 6 Auch körperliche Symptome, wie zum Beispiel Kopf- oder Rückenschmerzen, werden beobachtet. Auffallend ist, dass bereits das Verrichten alltäglicher Arbeiten eine immense Anstrengung für die Patienten bedeutet und eine anhaltende Erschöpfung nach sich zieht (Reimers, Broocks 2003). Eine weitere Form der Depression ist die Dysthymie, welche mit einer schwächeren Ausprägung der typischen Symptomatologie einhergeht, jedoch einen eher chronifizierten Lauf nimmt, mit einer nach DSM-IV Dauer von mindestens 2 Jahren (Berger 2003). Bei der sogenannten Minor Depression handelt es sich um die leichte Form einer depressiven Episode. Auch im Rahmen bipolarer affektiver Störungen, Anpassungsstörungen oder schizoaffektiver Störungen werden depressive Episoden beobachtet. Depressionen treten oft episodisch auf, unterbrochen von Phasen kompletter oder partieller Remission. Die Dauer einer Episode kann mehrere Monate umfassen und ist somit von besonderem Krankheitswert. Depressive Erkrankungen werden deshalb nicht nur nach Symptomen und Schweregrad, sondern auch hinsichtlich ihres Episodenverlaufs in rezidivierende, anhaltende oder einmalig auftretende depressive Störungen unterteilt. Mit einem Rezidivrisiko von 55 – 56% sind wiederkehrende Episoden keine Seltenheit. Das Risiko eines chronifizierenden Verlaufs liegt bei 10%. Ein besonderes Problem depressiver Erkrankungen ist das häufige Auftreten psychiatrischer Komorbiditäten, wie zum Beispiel Angst- und Panikerkrankungen, Abhängigkeitserkrankungen Vergesellschaftung mit oder Persönlichkeitsstörungen. somatischen Erkrankungen wie Aber zum auch die Beispiel mit kardiovaskulären Erkrankungen ist beschrieben worden (Galper et al. 2006), was ein weiteres beträchtliches Gesundheitsrisiko darstellt. Das größte Risiko in Verbindung mit Depressionen ist jedoch die hohe Suizidgefahr. 40 –70% aller Suizide werden im Rahmen einer Depression begangen. 20 – 60% der Erkrankten unternehmen mindestens einen Suizidversuch. Die Depression ist multifaktorieller Genese. Genetische Disposition, psychosoziale Faktoren und neurobiologische Mechanismen, vor allem auf Transmitterebene, tragen zu ihrer Entstehung bei. Den größten Beitrag zur Behandlung der Depression leistet nach wie vor die medikamentöse Therapie. Auch Formen der Psychotherapie werden eingesetzt, 1 Einleitung 7 wobei hier die Verhaltenstherapie gegenüber der Tiefenpsychologie eine deutlich breitere Anwendung findet. Der Nachteil der bisherigen Therapieformen besteht hinsichtlich der Psychotherapie in der begrenzten Wirksamkeit. Vor allem bei Suizidalität sind Antidepressiva nach wie vor Mittel der Wahl. Die medikamentöse Therapie hingegen ist leider häufig von nicht außer acht zu lassenden Nebenwirkungen begleitet, welche sich negativ auf Compliance und Wohlbefinden der Patienten auswirken (Berger 2003). 1.2 Der Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und psychiatrischen Erkrankungen Während der letzten Jahre besteht ein ständig wachsendes Interesse am Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und psychiatrischen Erkrankungen. Dieses Interesse kommt in verschiedenen Veröffentlichungen, welche sich mit diesem Themengebiet befassen, zum Ausdruck. Meyer et al. (1998) untersuchten in ihrer Studie den Einfluss von Ausdauertraining auf Panikstörungen. 38 Patienten mit Panikstörungen wurden in drei Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe erhielt ein zehn Wochen dauerndes Lauftraining, die Patienten der zweiten Gruppe wurden mit Clomipramin behandelt und die der dritten erhielten ein Placebo. Außerdem wurde die Gruppe, die das Lauftraining absolvierte mit einer Gruppe von elf altersgematchten Gesunden verglichen, die das gleiche Programm durchliefen. Nach zehn Wochen zeigte sich, dass sowohl die Probanden der Trainingsgruppe als auch die der mit Clomipramin behandelten Gruppe eine Reduktion der Paniksymptome erfahren hatten, die der Placebogruppe hingegen nicht. Allerdings trat die Symptomreduktion bei einer Behandlung mit Clomipramin früher ein als bei der Behandlung mit dem Lauftraining. Darüber hinaus wurde erkannt, dass die Patientengruppe gleich stark vom Lauftraining profitierte wie die gesunde Kontrollgruppe, obwohl bei der Patientengruppe zu Anfang ein reduzierter körperlicher Trainingszustand festgestellt worden war. 1 Einleitung 8 1.3 Die Auswirkung körperlichen Trainings auf Depressionen Ein bedeutendes Interesse besteht aber an dem Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und Depressionen, vor allem deshalb, weil man bei körperlichem Training einen antidepressiven Effekt beobachtet hat. Die verschiedenen Veröffentlichungen beschäftigen sich zwar mit dem gleichen Themengebiet, dem Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und depressiven Erkrankungen, sie unterscheiden sich jedoch oft in ihrer zentralen Fragestellung. Das zentrale Thema vieler veröffentlichter Arbeiten ist der Vergleich von sportlicher Aktivität als Behandlungsmethode von Depressionen mit anderen Behandlungsmethoden, beispielsweise Entspannungstechniken, Psychotherapie, medikamentöser Therapie und anderen. Die frühen Studien beschäftigten sich noch hauptsächlich mit der Frage, ob aerobes Training generell einen therapeutischen Effekt bei der Behandlung von Depressionen aufweist. Doyne et al. beobachteten 1983 bei einer Gruppe von vier Patientinnen mit Depression während eines sechswöchigen Lauftrainings eine Verbesserung der Symptomatik im Vergleich zu der Zeit vor dem Training, als die Patientinnen nicht sportlich aktiv waren (Doyne et al. 1983, Martinsen 1994). Ein ähnliches Studiendesign verwendeten Sime et al. in ihrer Arbeit von 1987, in der sie beobachteten, wie während eines zehnwöchigen Lauftrainings die depressiven Symptome der 15 an der Studie teilnehmenden Patienten, im Gegensatz zu einer Beobachtungszeit vor Beginn des Trainings, deutlich zurückgingen (Sime 1987, Martinsen 1994). Diese beiden Studien verglichen ihre Ergebnisse lediglich mit den Ergebnissen, welche die gleichen Patienten vor der Durchführung des körperlichen Trainings erzielt hatten. Eine eigene Kontrollgruppe war nicht vorhanden. In ihrer Arbeit von 1979 untersuchten Brown et al. 101 Patienten, welche frei wählen durften, ob sie fünfmal pro Woche (26 Patienten), dreimal pro Woche (65 Patienten) oder gar nicht joggen wollten (10 Patienten). Es zeigte sich, dass die Patienten, die an einem Joggingprogramm teilnahmen, einen stärkeren Rückgang ihrer Symptomatik erfuhren als diejenigen, die nicht joggten. Ein großer Schwachpunkt 1 Einleitung 9 dieser Studie war allerdings, dass die Patienten nicht randomisiert den Gruppen zugeteilt wurden sondern selbst entscheiden durften, an welchem Training sie teilnahmen (Brown et al. 1978, McCann, Holmes 1984). Die erste experimentelle Studie wurde 1979 von Greist et al. durchgeführt. 28 Patienten wurden randomisiert drei verschiedenen Gruppen zugeteilt, entweder einer Gruppe, die ein Lauftraining absolvierte oder einer von zwei Psychotherapiegruppen (zeitlich limitiert oder zeitlich unlimitiert). In allen drei Gruppen wurde eine Symptomreduktion erzielt, es fanden sich keine Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen. Alle Methoden erwiesen sich als wirksam in der Behandlung von Depressionen (Greist et al. 1979, Martinsen 1990). Rueter et al. untersuchten, ob ein Lauftraining die Wirkung einer Beratungstherapie verstärken konnte und beobachteten bei 18 Patienten, dass jene, die zusätzlich zur Beratung ein Lauftraining durchführten, eine stärkere Symptomreduktion aufweisen konnten als diejenigen, die als alleinige Therapie eine Beratung erhielten (Rueter et al. 1982, Martinsen 1994). Die Studiendesigns haben sich im Laufe der Zeit geändert. So war die Studie von McCann et al. von 1984 eine der ersten, in der eine Kontrollgruppe vorhanden war, die keine Art von Behandlung erhielt, sondern auf eine Warteliste gesetzt wurde. Neben der Kontrollgruppe existierten zwei Gruppen, die eine Behandlung über zehn Wochen erhielten: entweder aerobes Training in der ersten oder Entspannungsübungen (Muskelrelaxation nach Jacobson) in der zweiten Gruppe. Sowohl in der kardiopulmonalen Fitness als auch in der Symptomreduktion, gemessen mittels der BDI-Skala (Beck Depression Inventory), zeigten sich bei der Trainingsgruppe deutliche Verbesserungen, während es in der Kontrollgruppe und in der Gruppe, welche die Entspannungsübungen durchführte, zu keinen Veränderungen kam. Das aerobe Training zeigte sich also als deutlich wirksamer in der Behandlung der Depression als die Entspannungsübungen oder gegenüber dem Fall, dass gar keine Behandlung stattfand (McCann, Holmes 1984). Ob ein Unterschied zwischen dem therapeutischen Effekt von verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten von Depressionen (hier aerobes Training, Entspannungsmeditation oder Gruppentherapie) besteht, untersuchten Klein et al. in ihrer Studie von 1985. 74 Patienten wurden randomisiert drei Gruppen zugeteilt, welchen je eine der genannten Behandlungsmöglichkeiten zukam. Nach zwölf Wochen ließ sich in jeder der drei Gruppen eine signifikante Verbesserung der 1 Einleitung 10 Depression erkennen, wobei jedoch keine der Methoden einer anderen überlegen war. Bei einer Folgeuntersuchung nach neun Monaten zeigte sich für das aerobe Training und die Meditationsgruppe ein besseres Ergebnis als für die Gruppentherapie (Klein et al. 1985, Martinsen 1990). Ebenfalls im Jahre 1985 verglichen Martinsen et al. den therapeutischen Effekt von aerobem Training und Ergotherapie. 49 Patienten wurden untersucht. In der Trainingsgruppe war der zu beobachtende antidepressive Effekt deutlich größer als in der Ergotherapiegruppe. Allerdings erhielten alle Patienten eine psychotherapeutische Behandlung und die Hälfte der Patienten wurde zusätzlich mit Antidepressiva behandelt, so dass zum antidepressiven Effekt des Sports alleine nur schlecht eine Aussage zu machen war (Martinsen et al. 1985, Martinsen 1994, Reimers, Broocks 2003). Den Effekt von aerobem Training mit dem der kognitiven Verhaltenstherapie verglichen 1987 Freemont und Craighead und untersuchten zusätzlich, ob eine Kombination dieser beiden Behandlungsformen einen stärkeren Effekt erzielen konnte als jede für sich allein. 49 Patienten wurden hierfür herangezogen. Gemessen mit Hilfe der BDI-Skala zeigten alle drei Gruppen einen Rückgang der Symptome und keine der Methoden schien sich von den anderen in der Stärke der Symptomreduktion zu unterscheiden (Freemont, Craighead 1987, Martinsen 1990). In einer jüngeren Studie untersuchten Blumenthal et al. an 156 älteren Patienten (>50 Jahre) die Unterschiede des therapeutischen Effekts von Ausdauertraining und Antidepressiva (Sertralin). Außerdem untersuchten sie, ob die Kombination dieser beiden Verfahren einen stärkeren Effekt aufweisen konnte als eines der beiden allein. Die Patienten (Ausdauertraining, wurden randomisiert Sertralintherapie, den Kombination drei von Gruppen zugeteilt Ausdauertraining und Sertralintherapie). Die Behandlungsphase dauerte 16 Wochen. Nach deren Abschluss fanden sich in allen drei Behandlungsgruppen deutliche Verbesserungen der depressiven Symptomatik. Die Gruppen unterschieden sich jedoch nicht untereinander. Allerdings war beobachtet worden, dass der antidepressive Effekt in der mit Sertralin behandelten Gruppe früher auftrat als in der Ausdauertrainingsgruppe, ähnlich wie in der Studie von Meyer et al., die Behandlung von Panikstörungen betreffend (siehe oben) (Blumenthal et al. 1999, Reimers, Broocks 2003, Meyer et al. 1998). Nach der 16 Wochen dauernden Behandlung war der therapeutische Effekt des Ausdauertrainings dem der Medikation ebenbürtig. 1 Einleitung 11 1.4 Die Auswirkung unterschiedlicher Sportarten auf Depressionen Einige Arbeiten hatten die Frage, ob es einen signifikanten Unterschied zwischen Behandlungen mit verschiedenen Sportarten gibt, als zentrales Thema. Oft wurde hierbei ein Vergleich von aeroben mit nicht-aeroben Trainingsformen angestellt. Aerobe Trainingsformen, wie zum Beispiel Joggen, haben vor allem die Aufrechterhaltung und Steigerung der Ausdauerleistungsfähigkeit zum Ziel. Bei aeroben Trainingsformen ist eine direkte Deckung des Sauerstoffbedarfs in der Skelettmuskulatur durch das Sauerstoffangebot möglich, das heißt, das Sauerstoffangebot über die Atmung ist größer als der Sauerstoffbedarf so dass ein aerober Stoffwechsel stattfindet. Übersteigt der Sauerstoffbedarf hingegen die Sauerstoffzufuhr, findet ein anaerober Stoffwechsel statt. Da der Sauerstoffbedarf nicht akut komplett gedeckt werden kann, wird kompensatorisch zur Deckung des Energiebedarfs Laktat gebildet (Pschyrembel-Klinisches Wörterbuch 2007, Reimers, Broocks 2003). Doyne et al. verglichen in ihrer Studie im Jahre 1987 den Effekt von Lauftraining mit dem von Gewichtheben bei der Behandlung von Depressionen. 40 Frauen wurden randomisiert drei verschiedenen Gruppen zugeordnet: eine Gruppe erhielt ein achtwöchiges Lauftraining, die zweite Gruppe ein Krafttraining und die dritte Gruppe wurde als Kontrollgruppe auf eine Warteliste gesetzt. In beiden Trainingsgruppen wurde im Gegensatz zu der Kontrollgruppe ein deutlicher Rückgang der psychiatrischen Symptome beobachtet. Zwischen den beiden Trainingsarten ließ sich jedoch kein Unterschied feststellen. Beide Sportarten führten also zur Reduktion der Symptome (Doyne et al. 1987). Bereits 1986 hatten Williams et al. den Effekt von aerobem Training (dreimal pro Woche) mit dem von Training geringerer Intensität (zweimal pro Woche) über einen Zeitraum von zehn Wochen verglichen. In ihrem Einfluss auf die depressive Symptomatik unterschieden sich die beiden Sportarten nicht voneinander. Bei einer gesunden Kontrollgruppe zeigte sich ebenfalls eine Verbesserung der Depressivität und Angespanntheit (Williams, Getty 1986, Reimers, Broocks 2006). Sexton et al. verglichen 1989 in ihrer Studie die Auswirkungen von Laufen und Gehen auf die Symptome depressiver Patienten. Die Stärke der depressiven Symptomatik nahm in beiden Gruppen gleichermaßen ab (Sexton et al. 1989, Martinsen 1994). 1 Einleitung 12 Einen Vergleich zwischen aerobem Training und Training geringerer Intensität stellten Martinsen et al. in ihrer Arbeit von 1989 an, bei welcher 99 Patienten auf zwei Gruppen verteilt wurden, die jeweils für eine Stunde an drei Tagen der Woche über acht Wochen lang trainierten. Eine Gruppe absolvierte ein aerobes Lauftraining, die andere Gruppe ein Krafttraining. Am Ende der Untersuchung konnte in beiden Gruppen ein vergleichbarer Rückgang der depressiven Symptomatik beobachtet werden, während nur die Absolventen des Lauftrainings ihre maximale Sauerstoffaufnahme steigern konnten, woraus die Autoren schlossen, dass die Verbesserung der depressiven Symptome nicht auf ein aerobes Training beschränkt ist (Martinsen et al. 1989b). Pappas et al. verglichen 1990 die Wirkung von aerobem Tanzen mit der von Raquetball (eine dem Squash vergleichbare Sportart (Reimers, Broocks 2006)) auf die depressive Symptomatik von je 16 Patientinnen in jeder Gruppe. Die Tänzerinnen schienen von ihrem Training besser zu profitieren als die Raquetballspielerinnen, was die erreichte Punktzahl im BDI vor und nach dem Training zeigte. Allerdings wurde der körperliche Trainingszustand der Patientinnen nicht direkt gemessen und somit die Trainingseffekte der beiden Sportarten nicht miteinander verglichen (Pappas et al. 1990). 1.5 Körperliche Aktivität als Prävention psychiatrischer Erkrankungen Eher wenige Arbeiten haben sich bisher mit dem Thema befasst, ob körperliche Aktivität zur Primär- oder auch Sekundärprävention von Depressionen beitragen kann. Der positive Effekt regelmäßiger körperlicher Aktivität in der Prävention verschiedener chronischer, vor allem internistischer Krankheiten ist lange bekannt. Hierzu zählen unter anderem die koronare Herzerkrankung, zerebrovaskuläre Erkrankungen, die arterielle Hypertonie, nicht-insulinabhängiger Diabetes mellitus, Osteoporose und das Kolonkarzinom (Åstrand 1988, Blair et al. 1992, Lee et al. 1997, Pate et al. 1995). Jeder Erwachsene sollte hierfür täglich mindestens 30 Minuten körperlich mäßig aktiv sein, wobei diese Aktivität nicht zwingend in der Form von Sport zu leisten ist. Viele alltägliche Aktivitäten wie Treppensteigen, Fahrradfahren und Gartenarbeit können zur Prävention beitragen (Reimers, Broocks 2003). Die erbrachte Aktivität muss nicht kontinuierlich erbracht werden (Pate et al. 1 Einleitung 13 1995). Es konnte auch keine enge Dosisabhängigkeit zwischen körperlicher Aktivität und den günstigen gesundheitlichen Effekten gesehen werden (Oja 2001). Gotestam und Stiles beobachteten 1990 an norwegischen Soldaten, dass bei den Personen, die sich zuvor sportlich betätigt hatten, nach Durchleben einer belastenden Situation seltener Depressionen auftraten (Gotestam, Stiles 1990, Martinsen 1994). 1989 beobachteten Martinsen et al., dass durch sportliche Übungen die Rückfallrate von Patienten, die schon einmal eine depressive Episode erlebt hatten, gesenkt werden konnte (Martinsen et al. 1989a, Martinsen 1994). 1.6 Der Zusammenhang von körperlicher Aktivität und Stärke der Symptomreduktion Eine weitere wichtige Frage, die in einigen Arbeiten auftaucht, ist die nach dem Zusammenhang zwischen dem Grad des Anstiegs von körperlicher Fitness und der Stärke der Symptomreduktion auf Seiten der Patienten. Doyne et al. beobachteten zum Beispiel, dass die Symptomreduktion nicht zwangsläufig an die Verbesserung der körperlichen Fitness gekoppelt ist (Doyne et al. 1987). Auch sahen Martinsen et al. in ihrer Arbeit 1989 schließlich einen nur sehr geringen Zusammenhang zwischen dem Grad Trainingszustands und der Stärke des der Verbesserung des körperlichen Rückgangs der depressiven Symptome, nachdem sie in ihrer Studie von 1985 noch eine deutlichere Korrelation zwischen der Verbesserung des körperlichen Trainingszustandes und der Stärke der Symptomreduktion festgestellt hatten (Martinsen et al. 1989b, Martinsen et al. 1985). 1.7 Der körperliche Trainingszustand depressiver Patienten Viele der Arbeiten richten ihr Augenmerk hauptsächlich auf den therapeutischen Effekt von sportlicher Aktivität. Der körperliche Trainingszustand der depressiven Patienten wurde zwar zu Anfang der Experimente erhoben, fungierte jedoch in der Auswertung der Ergebnisse meist nur als Vergleichswert für die nach dem Trainingsprogramm erhobenen Daten. Selten wurde in einer Veröffentlichung der körperliche Trainingszustand der depressiven Patienten vor dem Trainingsprogramm 1 Einleitung 14 genauer beleuchtet um der Frage nachzugehen, ob depressive Patienten generell eine schlechtere körperliche Leistungsfähigkeit aufweisen. 1985 berichtete Eisemann, dass depressive Patienten im Vergleich zu einer Kontrollgruppe weniger an Freizeitaktivitäten teilnehmen (Eisemann 1985, Martinsen 1994). Morgan et al. beschrieben 1969 eine schlechtere körperliche Belastbarkeit bei depressiven Patienten, die sie an einer niedrigen PWC (physical work capacity) festmachten (Morgan et al. 1969, Martinsen 1990). Das gleiche Phänomen beschrieben Martinsen et al. in einer Arbeit aus dem Jahre 1989. Die Lungenfunktion der depressiven Patienten scheint jedoch gegenüber dem Durchschnitt der Bevölkerung nicht herabgesetzt zu sein (Martinsen et al. 1989c, Martinsen 1994, Martinsen 1990). Allerdings bleibt bisher die sehr interessante Frage der Ursächlichkeit ungeklärt: Ist die herabgesetzte Belastbarkeit depressiver Patienten Ursache oder Folge geringerer sportlicher Aktivität? Die Ergebnisse der verschiedenen Studien haben eine einheitliche Tendenz: aerobes Training hat ein besseres Ergebnis gegenüber dem Fall, dass gar keine Behandlung stattfindet. Von anderen Behandlungsmöglichkeiten, zum Beispiel verschiedenen Formen der Psychotherapie, scheint es sich in seinem therapeutischen Effekt nicht signifikant zu unterscheiden. Wie mehrere Studien zeigen konnten, ist die Symptomreduktion nicht von der Verbesserung der kardiopulmonalen Fitness abhängig. Obwohl in den meisten Studien aerobe Trainingsformen, meistens Laufen, zum Einsatz kamen, hat sich auch gezeigt, dass der antidepressive Effekt von Sport nicht nur den aeroben Trainingsarten vorbehalten ist. Auch Sportarten wie zum Beispiel Gewichtheben haben einen Rückgang der depressiven Symptomatik bewirkt. Die Patienten bewerten diese Art der Behandlung äußerst positiv. In einer Studie von Martinsen et al. berichteten die Befragten, das Training habe ihnen mehr geholfen als die Psychotherapie und in einer Studie von Sexton et al. stuften die Befragten das Training sogar höher als Psychotherapie und Pharmakotherapie ein. Dies kann damit zusammenhängen, dass sportliche Aktivität mit deutlich weniger negativen Nebenwirkungen verbunden ist als vor allem die Pharmakotherapie (zum Beispiel 1 Einleitung 15 Mundtrockenheit, Schwindel) (Martinsen, Medhus 1989d, Martinsen 1994, Sexton et al. 1989). Allerdings scheinen die positiven Auswirkungen auf die Behandlung von milden oder mittelgradig schweren Formen der Depression begrenzt zu sein (Martinsen 1994). 1.8 Biologische Effekte körperlicher Aktivität Die Mechanismen, die für den positiven therapeutischen Effekt des Sports verantwortlich sind, liegen noch weit im Dunkeln. Morgan stellte 1984 die so genannte „Pyrogene Hypothese“ auf, nach welcher der psychologische Effekt mit der vorübergehenden Erhöhung der Körpertemperatur während des Trainings zu erklären sei (Morgan 1984). Außerdem wurden nach aerobem Training eine erhöhte Konzentration von Monoaminen im Gehirn und eine erhöhte Aktivität des lymphozytären β-Rezeptors festgestellt (Ransford 1982, Gordon et al. 1983). Allerdings müssen diese Erklärungsansätze als Hypothesen betrachtet werden, da sie aufgrund verschiedener Schwachstellen in den entsprechenden Experimenten noch nicht hinreichend belegt wurden (Martinsen 1990). Körperliche Aktivität ist mit vielen neuroendokrinen Veränderungen verbunden. So wurde im Rahmen motorischer Belastung eine vermehrte Ausschüttung von Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin beobachtet (Kraemer et al. 1999). Neben der vermehrten Ausschüttung dieser Transmitter kam es auch zu einem Anstieg der Plasmakonzentration von Testosteron, insulin-like growth factor (IGF-I), Renin, Angiotensin II und Prolaktin (Kraemer et al. 1999, Fischer et al. 1991, de Meirleir et al. 1985). Post et al. stellten in ihrer Studie von 1973 im Liquor depressiver Patienten nach motorischer Aktivität einen Anstieg der Konzentration des Serotoninmetaboliten 5HIAA und des Noradrenalinmetaboliten Vanillin-Mandelsäure fest (Post et al. 1973). In einer anderen Studie konnte bei depressiven Patienten im Urin und im Liquor eine erhöhte Konzentration des Noradrenalinmetaboliten MHPG nachgewiesen werden, nachdem die Patienten vermehrt motorisch aktiv gewesen waren (Beckmann et al. 1979). In mehreren Studien konnte ein Zusammenhang zwischen der sportlichen Aktivität und der Empfindlichkeit eines Serotoninrezeptorsubtyps, des 5-HT2C–Rezeptors 1 Einleitung 16 gezeigt werden. So wiesen untrainierte Kontrollpersonen im Gegensatz zu Ausdauersportlern eine erhöhte Empfindlichkeit dieses Rezeptors auf (Broocks et al. 1999). Untrainierte Probanden zeigten eine verminderte Reaktionsantwort auf einen 5-HT2C–Rezeptoragonisten, nachdem sie an einem dreimonatigen Ausdauertrainingsprogramm teilgenommen hatten (Broocks et al. 2001). Patienten mit Panikstörung hingegen scheinen eine pathologisch erhöhte Empfindlichkeit dieses Rezeptorsubtypes aufzuweisen (Broocks et al. 2000, Kahn et al. 1988). Intensive motorische Aktivität führt akut zu einem erhöhten Umsatz von Serotonin. In Tierexperimenten konnte nach Laufradaktivität eine erhöhte hypothalamische Serotonin-Reserve nachgewiesen werden (Broocks et al. 1991, Broocks et al. 1997). Häufig wurde vermutet, dass der positive Effekt körperlichen Trainings im Zusammenhang mit einer verstärkten Sekretion von β-Endorphinen steht. Tatsächlich wurde nach einem zehnwöchigen Sprint-Intervall-Training (Kraemer et al. 1989) und in einer anderen Studie (Carr et al. 1981, Wildmann et al. 1986, Krüger, Wildmann 1986, Goldfarb, Jamurtas 1997) nach intensivem, wiederholtem Ausdauertraining eine vermehrte Ausschüttung von β-Endorphinen beobachtet. Es zeigte sich jedoch, dass die nach dem Training vorhandenen psychischen Effekte im Gegensatz zu der trainingsinduzierten verminderten Schmerzempfindlichkeit nicht durch Naloxon antagonisierbar waren (Markoff et al. 1982, Janal et al. 1984) und somit die psychischen Auswirkungen des Trainings nicht alleine auf eine vermehrte Sekretion von β-Endorphinen zurückzuführen sind, zumal die Bluthirnschranke für das Protein β-Endorphin nicht permeabel ist (Reimers, Broocks 2006). 1 Einleitung 17 Neuroendokrine Effekte körperlicher Aktivität Parameter Effekt durch körperliche Aktivität Körpertemperatur Erhöhung Monoamine im Gehirn Konzentrationserhöhung Lymphozytärer β-Rezeptor Erhöhte Aktivität Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin vermehrte Ausschüttung Testosteron, IGF-I, Renin, Angiotensin II, Konzentrationserhöhung Prolaktin Serotoninmetabolit im Liquor depressiver Konzentrationserhöhung Patienten Noradrenalinmetaboliten in Liquor und Konzentrationserhöhung Urin depressiver Patienten Serotonin erhöhter Umsatz nach intensiver motorischer Aktivität Hypothalamische Serotonin-Reserve im Tierexperiment nach Laufradaktivität erhöht Empfindlichkeit des 5-HT2C-Rezeptors vermindert bei Ausdauersportlern, erhöht bei Untrainierten und bei Panikstörung β-Endorphine vermehrte Ausschüttung Schmerzempfindlichkeit vermindert Tabelle 1 Oft werden psychologische Mechanismen zur Erklärung des positiven Effekts von sportlicher Aktivität herangezogen. Schon bei Gesunden scheint das Joggen eine positive Auswirkung auf die Stimmung zu haben, was 1968 von Cooper als das sogenannte „feeling good“-Phänomen beschrieben wurde (Cooper 1986, McCann, Holmes 1984). Viele der Patienten, die an einem Trainingsprogramm teilnahmen, machten die Erfahrung, eine an sie gestellte Aufgabe bewältigen zu können, woraus sie neues Selbstvertrauen schöpften. Sie erlangten ein gewisses Maß an Selbstdisziplin und Selbstbeherrschung. Außerdem wurde ihnen bewusst, dass sie selbst aktiv zur Verbesserung ihrer Symptome beitragen konnten. Des Weiteren bedeutete das sportliche Programm für viele Patienten eine gewisse Abwechslung (Martinsen 1994). 1 Einleitung 18 Letztendlich sind die Mechanismen, die für den psychologischen Effekt des körperlichen Trainings verantwortlich sind, jedoch noch weitgehend unbekannt. Die Ergebnisse vieler Studien sprechen für klinisch relevante antidepressive Wirkungen von sportlicher Aktivität. Die meisten Arbeiten thematisierten aber den therapeutischen Effekt des körperlichen Trainings, das den Patienten in Form von Sportprogrammen zukam, und verglichen ihn mit dem anderer therapeutischer Maßnahmen, wie zum Beispiel Psychotherapie, Entspannungsübungen und medikamentöser Therapie oder gar keiner Maßnahme. Jedoch gingen wenige Arbeiten explizit auf die Frage ein, ob depressive Patienten einen schlechteren körperlichen Trainingszustand aufweisen als Gesunde entsprechenden Alters. Diese Frage wird in meiner Arbeit ein zentrales Thema darstellen. Erhöhte Ermüdbarkeit zählt nach ICD-10 zu den drei Hauptsymptomen der depressiven Episode. An depressiv erkrankten Patienten fiel dies während ihres stationären Aufenthaltes bereits bei leichten Belastungen in alltäglichen Situationen auf, wie zum Beispiel beim Treppensteigen, was einer Arbeitsleistung von 75 bis 100 Watt entspricht. Daraus entwickelte sich die Idee zur Durchführung dieser Studie, die den körperlichen Trainingszustand depressiver Patienten mit dem einer Gruppe gesunder Probanden vergleichen soll. 2 Fragestellung 19 2 Fragestellung Nachdem im vorangegangenen Abschnitt die Idee zur Durchführung der vorliegenden Arbeit erläutert und ein Literaturüberblick gegeben wurde, sollen im Folgenden Fragestellungen und Zielsetzungen der Arbeit genauer formuliert werden. Wie in früheren Studien gezeigt werden konnte, ist der Zusammenhang von körperlicher Aktivität und Stimmung schon lange bekannt. Bereits 1968 beschrieb Cooper das sogenannte „feeling good“-Phänomen, welches sich bei Gesunden während eines Lauftrainings einstellte (Cooper 1968). Auch konnte in zahlreichen Therapiestudien gezeigt werden, dass körperliches Training, sowohl Ausdauer- als auch Krafttraining, einen therapeutischen Effekt bei depressiv erkrankten Patienten zeigte (vergleiche z.B. Martinsen 1994). Trotz positiver Ergebnisse bei der Durchführung zahlreicher Therapiestudien und auch bereits gesammelter Erfahrung bei der Integration von körperlichem Training in die Behandlung von Depressionen wurde das Leistungsdefizit depressiver Patienten bisher nicht systematisch untersucht. Deshalb soll die Untersuchung des körperlichen Trainingszustandes depressiver Patienten und der Vergleich mit dem einer gesunden Kontrollgruppe der Hauptinhalt meiner Arbeit sein. Die Fragestellung soll hierbei sein, ob ein Unterschied zwischen den beiden Gruppen hinsichtlich ihrer Ausdauerleistungsfähigkeit besteht und ob dieser Unterschied, soweit vorhanden, signifikant ist. Eine weitere Frage die in meiner Arbeit beantwortet werden soll ist, ob es hinsichtlich der körperlichen Leistungsfähigkeit Unterschiede innerhalb der Patientengruppe gibt, die sich eventuell auf krankheitsrelevante Faktoren zurückführen lassen. Hierbei soll untersucht werden, ob sich krankheitsbedingte Faktoren, welche eine längere körperliche Inaktivität mit sich bringen, auf die Ergebnisse der leistungsdiagnostischen Untersuchung der depressiven Patienten auswirken. Zu diesen Faktoren zählen unter anderem die zum Untersuchungszeitpunkt bestehende Dauer des stationären Aufenthaltes, die Dauer der aktuellen Arbeitsunfähigkeit und die Gesamtdauer der Erkrankung. Neben diesen sollen auch einige andere Faktoren auf einen eventuellen Einfluss auf das Abschneiden bei der leistungsdiagnostischen Untersuchung untersucht werden. Diese sind das Vorliegen einer bipolaren affektiven Störung, Nikotinkonsum, der 2 Fragestellung 20 Schweregrad der Depression, die Anzahl der bisher erlebten depressiven Episoden, die Dauer der aktuell bestehenden depressiven Episode, Alter und Body-Mass-Index. Eine wichtige Frage, die bei der zukünftigen Integration von sportlichem Training in die Behandlung von Depressionen berücksichtigt werden sollte, ist die nach der Intensität, die für das individuelle Training gewählt werden sollte. 3 Patienten und Methoden 21 3 Patienten und Methoden In diesem Abschnitt wird die für die Durchführung dieser Arbeit verwendete Methodik beschrieben. Zunächst werden die Probanden, zuerst die Gruppe der depressiven Patienten, dann die gesunde Kontrollgruppe, vorgestellt. Danach werden die Methoden der psychometrischen Diagnostik, welche während der Durchführung der Studie zum Einsatz kamen, beschrieben. Anschließend wird die Methodik der sportmedizinischen Untersuchungen, einschließlich der Laktatdiagnostik genauer erklärt werden, bevor die Details der statistischen Auswertung erläutert werden. Den Abschluss des Abschnittes bildet die Zuordnung der Patienten zu verschiedenen Subgruppen hinsichtlich weiterer krankheitsrelevanter Faktoren. 3.1 Probanden 3.1.1 Patienten Im Zeitraum von 2002 bis 2006 wurden insgesamt 66 Patienten, die sich zu dieser Zeit in der psychiatrischen Klinik des Universitätsklinikums in Freiburg in stationärer Behandlung befanden, in der Medizinischen Universitätsklinik, Abteilung für rehabilitative und präventive Sportmedizin in Freiburg einer fahrradergometrischen Leistungsdiagnostik unterzogen. Von diesen 66 Patienten konnten letztlich 51 Patienten in unsere Fall-Kontroll-Studie aufgenommen werden, da sie die nötigen Kriterien erfüllten. Das wichtigste Kriterium hierbei war die psychiatrische Hauptdiagnose. Die Patienten mussten die Kriterien einer Diagnose nach ICD-10 (International Classification of Diseases) erfüllen, die zum depressiven Formenkreis gerechnet werden kann, um in unsere Studie aufgenommen zu werden. Patienten mit einer Angst- oder Panikstörungen als Hauptdiagnose konnten nicht in die Studie aufgenommen werden, ebenso Patienten, welche die Kriterien einer Diagnose aus dem schizophrenen Formenkreis erfüllten. Patienten mit einer bipolaren affektiven Störung, die sich zur Zeit ihres stationären Aufenthaltes in einer manischen Phase befanden, mussten ebenfalls ausgeschlossen werden. Die depressive Symptomatik musste eindeutig im Vordergrund stehen. Ingesamt wurden 15 Patienten aufgrund ihrer Diagnose ausgeschlossen, davon wurde bei fünf der Patienten eine Schizophrenie diagnostiziert (F20), bei zwei eine 3 Patienten und Methoden 22 Angst- oder Panikstörung (F40, F41), bei einem Patienten eine gegenwärtig manische schizoaffektive Störung (F25.0), bei drei Patienten eine Schlafstörung (F51), bei einem Patienten ein chronisches Fatigue-Syndrom (G93.3), bei zwei Patienten eine Alkoholabhängigkeit (F10) und bei einem Patienten eine Demenz (F03). Den Hauptanteil der Diagnosen der 51 Patienten, die in unsere Studie aufgenommen wurden, stellten die affektiven Störungen (F30-39). Bei 26 Patienten wurde eine rezidivierende depressive Episode (F33) diagnostiziert, bei neun Patienten eine bipolare affektive Störung mit momentan bestehender depressiver Symptomatik (F31), bei acht Patienten mittelgradige bis schwere depressive Episoden (F32.1, F32.2) und bei einem Patienten eine Dysthymie (F34.1). Fünf der 51 Patienten erhielten die Diagnose einer Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion (F43.2) und zwei Patienten die einer gegenwärtig depressiven schizoaffektiven Störung (F25.1). Bei den 51 Patienten handelte es sich um 23 Frauen und 28 Männer, die sich zum Zeitpunkt ihrer sportmedizinischen Untersuchung alle in stationärer Behandlung der psychiatrischen Klinik des Universitätsklinikums in Freiburg befanden. Die Patienten waren zum Zeitpunkt der Untersuchung zwischen 22,5 und 67,9 Jahre alt, mit einem Durchschnittsalter von 49 Jahren (Standardabweichung 11,4 Jahre). Ein weiteres Instrument, welches herangezogen wurde um die Depressivität der Patienten zu beurteilen, war die von ihnen erreichte Punktzahl durch den BDI (Beck Depression Inventory). Um die Diagnose einer milden Depression stellen zu können, ist eine Mindestpunktzahl von elf Punkten zu erreichen. Zum Zeitpunkt der Auswertung lag uns von 41 Patienten der erreichte BDI-Score vor. Von den anderen zehn Patienten war der BDI nicht erhoben worden. Alle 41 Patienten erfüllten das Kriterium für die Diagnose einer Depression, indem sie mindestens elf Punkte erzielt hatten. Die Bandbreite der erreichten Punkte durch den BDI reichte von elf bis 47 Punkten mit einem durchschnittlich erreichten Wert von 27,9 Punkten. Neben dem BDI-Score wurden von jedem Patienten weitere Daten anamnestisch erhoben. Dazu gehörten die Dauer der momentanen Erkrankungsphase, die aktuelle 3 Patienten und Methoden 23 Medikation, die Dauer der arbeitsunfähigen Zeit, die Anzahl der bisher erlebten Krankheitsphasen, die Dauer des stationären Aufenhaltes und somatische und psychiatrische Begleiterkrankungen. Des Weiteren wurden die Patienten nach ihrem Nikotinkonsum befragt und aus Körpergröße und Körpergewicht ihr Bodymassindex (BMI) nach der Formel BMI = Körpergewicht in kg / (Körpergröße in m)² berechnet. 3.1.2 Die gesunde Vergleichsgruppe Bei dem gesundem Vergleichskollektiv handelte es sich um eine Gruppe von 51 Personen, 23 Frauen und 28 Männer. Die gesunden Vergleichspersonen waren zum Zeitpunkt der Untersuchung zwischen 19,31 und 68,1 Jahren alt (Mittelwert: 48 Jahre, Standardabweichung 12,01 Jahre). Die Gruppe der gesunden Vergleichsgruppe unterschied sich in ihrem Alter nicht signifikant von der Gruppe der depressiven Patienten, was durch den T-Test für unabhängige Stichproben gezeigt werden konnte (T-Wert: 0,127; p =0,980). Alter MW und SD MW und SD Patienten Gesunde 49,0 11,4 48,0 12,1 MW = Mittelwert SD = Standarddeviation Tabelle 2 T-Wert Signifikanz 0,127 0,980 3 Patienten und Methoden 24 70 60 Alter in Jahren 50 40 30 20 10 Depressive N = 51 Gesunde N = 51 Gruppe Abbildung 1 Hinsichtlich des BMI, der auch für die Probanden der gesunden Vergleichsgruppe berechnet wurde, konnte ebenfalls kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen festgestellt werden, was durch den Test nach Mann-Whitney-U (der zuvor durchgeführte Test nach Kolmogorov-Smirnov hatte für diesen Wert keine Normalverteilung ergeben) gezeigt wurde (Z-Wert: -0,622; p: 0,534). Wie der Test nach Mann-Whitney-U (der zuvor durchgeführte Test nach KolmogorovSmirnov hatte für diese Werte keine Normalverteilung ergeben) zeigte, unterschieden sich die beiden Gruppen auch hinsichtlich Größe und Gewicht nicht signifikant voneinander. 3 Patienten und Methoden 25 MW und SD MW und SD Z-Wert Signifikanz Patienten Gesunde Größe in cm 170,9 13,2 171,5 9,5 -0,074 0,941 Gewicht in kg 77,3 19,1 74,4 16,2 -0,495 0,620 BMI in kg/m² 26,5 5,0 25,1 4,1 -0,622 0,534 Tabelle 3 45 25 40 5 43 1 6 59 58 BMI in kg/m² 35 30 25 20 15 Depressive N = 51 Gesunde N = 51 Gruppe Abbildung 2 Die gesunden Vergleichspersonen wurden ebenfalls in der Medizinischen Universitätsklinik, Abteilung für rehabilitative und präventive Sportmedizin in Freiburg untersucht. Dabei handelte es sich nicht um Leistungssportler sondern um Personen, deren Leistungsniveau den aus der Literatur bekannten durchschnittlichen Normwerten entsprach. Anhand eines durch die Probanden selbst auszufüllenden Fragebogens, wurde vor der Untersuchung eine Depression ausgeschlossen. Außerdem wurden die Probanden zu ihrer sportlichen Aktivität befragt, so dass 3 Patienten und Methoden 26 Leistungssportler identifiziert werden konnten und nicht in die Vergleichsgruppe aufgenommen wurden. 3.2 Psychometrische Diagnostik BDI: Der Schweregrad der Depression wurde bei den Patienten sowohl bei Aufnahme zur stationären Behandlung als auch bei Entlassung mit Hilfe des BDI (Beck-Depression-Inventar) ermittelt. Bei dem BDI handelt es sich um ein Selbstbeurteilungsinstrument zur Erfassung des Schweregrades einer depressiven Symptomatik. Der vom Patienten selbst auszufüllende Fragebogen umfasst insgesamt 21 Items. Pro Item können null bis drei Punkte gegeben werden. Je höher die erreichte Punktzahl ist, desto schwerer ist die Ausprägung der depressiven Symptomatik. BDI-Scores der Patienten bei Aufnahme und bei Entlassung: N BDI bei 41 Minimum Maximum Mittelwert Standardabweichung 11 47 27,9 9,8 0 43 11,3 9,5 Aufnahme BDI bei 39 Entlassung Tabelle 4 Bei zehn Patienten wurde der BDI-Score bei Aufnahme nicht erhoben. Der BDIScore bei Entlassung fehlte bei zwölf der 51 Patienten, weil ein Patient sich weigerte, den Bogen auszufüllen, drei Patienten dies vergaßen und er bei acht Patienten nicht erhoben wurde. 3.3 Laktatdiagnostik In der Leistungsdiagnostik hat die Bestimmung des Laktats im Serum eine besondere Bedeutung gewonnen. Laktat fällt als Abbauprodukt bei der anaeroben Energiegewinnung an. Die Gewinnung von ATP, dem wichtigsten Energielieferanten, wird unter sehr niedrigen Belastungsintensitäten hauptsächlich durch die oxidative Fettverbrennung oder durch die aerobe Oxidation von Kohlenhydraten bewerkstelligt. 3 Patienten und Methoden 27 Bei anhaltender Belastung nimmt jedoch der Anteil der anaeroben Glykolyse an der Energiegewinnung zu, woraus eine höhere Laktatproduktion resultiert. Wird die Belastung weiterhin gesteigert, überwiegt die anaerobe Glykolyse, es kommt zur Laktatakkumulation im Muskel und somit zu einer Laktatazidose. Bei weiterer Intensitätssteigerung muss die Belastung wegen der Azidose abgebrochen werden. Während bei Abwesenheit von Belastung eine Basislaktatkonzentration von etwa 1 mmol/l gemessen werden kann, steigt diese unter zunehmender Belastung an. Beim Übergang von der überwiegend aeroben Energiegewinnung zur anaeroben steigt die Laktatkonzentration zunächst im Muskel und aufgrund der Diffusion dann auch im Blut an. Diese kann relativ einfach im kapillär-arteriellen Blut bestimmt werden, welches am Ohrläppchen oder an der Fingerbeere entnommen wird. Der erste signifikante Anstieg der Basalkonzentration wird als lactate threshold, LT, bezeichnet. Die anaerobe Energiegewinnung nimmt ab dieser Belastungsintensität zu. Unter weiter ansteigender Belastung kann das vermehrt anfallende Laktat noch durch verschiedene Regulationsmechanismen kompensiert werden bis das so genannte maximale Lactate-steady state erreicht wird, welches der maximalen kompensierbaren Belastungsintensität entspricht. In diesem Stadium halten sich Elimination und Produktion von Laktat die Waage. Bei weiterer Steigerung der Belastungsintensität sind die Kompensationsmechanismen jedoch erschöpft, dieser Bereich wird als individuelle anaerobe Schwelle, IAS, bezeichnet. Ursprünglich wurde angenommen, die anaerobe Schwelle befände sich bei einem fixen Laktatwert von etwa 4 mmol/l, tatsächlich ist sie jedoch individuell unterschiedlich und von diversen Faktoren abhängig. Je früher die individuell-anaerobe Schwelle erreicht wird, desto früher muss die Belastung aufgrund der Laktatazidose abgebrochen werden. Erreicht also eine Person schon bei sehr niedrigen Belastungsintensitäten ihre IAS, muss die Belastung schon sehr früh abgebrochen werden. Die IAS gibt somit Aufschluss über die individuelle Ausdauerleistungfähigkeit der untersuchten Person (Dickhuth 2000). 3 Patienten und Methoden 28 3.4 Allgemeine Methodik 3.4.1 Fahrradergometrie Die Untersuchungen aller Probanden, sowohl die der Patienten als auch die der gesunden Vergleichsgruppe, fanden auf einem Fahrradergometer, Modell Excalibur, der Firma Lode statt. Die Probanden wurden angehalten, während der gesamten Untersuchung eine regelmäßige Umdrehungszahl beizubehalten. Diese sollte zwischen 60 bis 80 Umdrehungen pro Minute liegen. Bei der absolvierten Ergometrieuntersuchung handelte es sich um einen Stufentest mit steigender Wattbelastung. Ausgehend von einer niedrigen ersten Belastungsstufe wurde die Belastungsintensität in der Regel alle drei Minuten erhöht, bei einigen wenigen Probanden betrug die Stufendauer eine oder zwei Minuten. Die erste Belastungsstufe wurde dem jeweiligen Trainingszustand des Probanden angepasst und lag zwischen 25 und 120 Watt. Die Steigerungsschritte betrugen je nach Proband 10, 20, 25 oder 50 Watt. Die Pausen, die zwischen den einzelnen Belastungsstufen aufgrund der Blutdruck- und Herzfrequenzmessung und der Blutabnahme zur Laktatbestimmung entstanden, betrugen höchstens 30 Sekunden. Die Probanden wurden angehalten, den Stufentest bis zur subjektiven Erschöpfung durchzuführen. Die dabei maximal erreichte Wattzahl wurde als p(max) registriert. Wurde unter der höchsten Belastungsstufe nicht die gesamte zeitliche Stufendauer (in der Regel drei Minuten) durchgehalten, errechnete sich die maximal erreichte Wattzahl prozentual aus der tatsächlich getretenen Zeit unter der höchsten Belastungsstufe. 3.4.2 Laktatbestimmung Zwischen den einzelnen Belastungsstufen wurde kapillär-arterielles Blut aus dem hyperämissierten Ohrläppchen entnommen. Dies geschah mit Hilfe einer 50 μl-GlasKapillare. Jede entnommene Blutprobe wurde mit 500 μl 3%iger Perchloressigsäure in einem Eppendorfhütchen enteiweißt. Die Bestimmung der Laktatkonzentration wurde mit Hilfe eines Eppendorf-Fotometers durchgeführt. 3 Patienten und Methoden 29 3.4.3 Herzfrequenzregistrierung Die Messung der Herzfrequenz erfolgte mit dem Polarsporttester der Firma Unilife und Co. Die Herzfrequenz wurde kontinuierlich aufgezeichnet und der Durchschnitt der letzten fünf Sekunden in Ruhe und auf jeder Stufe des Stufentests errechnet. 3.4.4 Ermittlung der individuellen anaeroben Schwelle Die Kalkulation der individuellen anaeroben Schwelle wurde nach der Methode von Dickhuth et al. (1991) durchgeführt. Hierbei wird die IAS bei der Laktatkonzentration ermittelt, die um 1 mmol/l (für Fahrradergometrie, für Laufbandergometrie um 1,5 mmol/l) höher liegt als die Laktatkonzentration, die beim ersten signifikanten Anstieg des Laktats, dem lactate threshold, gemessen wurde. 3.4.5 Ermittlung weiterer leistungsdiagnostischer Parameter Aus den bei der Untersuchung gewonnenen Daten konnten die erbrachten Wattzahlen beim ersten Laktatanstieg, p(LT) und beim Erreichen der individuellen anaeroben Schwelle, p(IAS), errechnet werden. Außerdem wurden die unterschiedlichen erreichten Wattzahlen in Relation zum Körpergewicht berechnet. Bei zwei der 51 Patienten konnte die Leistung an der individuellen anaeroben Schwelle (IAS) nicht ermittelt werden, da diese Patienten die Belastung bereits vor Erreichen ihrer IAS abgebrochen hatten. Für die Probanden der gesunden Vergleichsgruppe wurden dieselben leistungsdiagnostischen Parameter während der Fahrradergometrie erhoben wie bei der Patientengruppe. Neben den oben genannten leistungsdiagnostischen Parametern sollten die beiden Gruppen auch hinsichtlich des Laktatverhaltens und Herzfrequenz unter steigender Belastung verglichen werden. des Verhaltens der 3 Patienten und Methoden 30 Einzelne Probanden brachen die Belastung bereits frühzeitig ab. Bestimmte Leistungsstufen wurden von einigen Probanden gar nicht durchlaufen, da sie verschiedene Steigerungsstufen gewählt hatten. Dies führte zu sich ändernden Probandenzahlen auf den verschiedenen Belastungsstufen. Ein Vergleich der Patienten mit der gesunden Kontrollgruppe hinsichtlich der Herzfrequenz und Laktatkonzentration auf den verschiedenen Belastungsstufen war deswegen nicht möglich. 3.5 Statistische Auswertung Alle statistischen Berechnungen wurden mit dem Statistikprogramm SPSS 13.0 durchgeführt. Da mit Hilfe des Tests Signifikanzkorrektur nach Lilliefors) gezeigt von Kolmogorov-Smirnov (mit werden konnte, dass bei den leistungsdiagnostischen Parametern p(max), p(max)/kg, p(LT), p(LT)/kg, p(IAS), p(IAS)/kg keine Normalverteilung vorlag, wurden bei den weiteren Berechnungen nicht-parametrische Testverfahren angewendet. Um zu überprüfen, ob sich die Gruppe der depressiven Patienten hinsichtlich ihrer leistungsdiagnostischen Parameter von der Gruppe der gesunden Vergleichspersonen unterscheidet, verwendeten wir den Rangsummentest nach Mann-Whitney-U. Der Test von Kolmogorov-Smirnov (mit Signifikanzkorrektur nach Lilliefors) für die Herzfrequenz in Ruhe, die maximale Herzfrequenz, die Laktatkonzentration in Ruhe, die maximale Laktatkonzentration und für die maximale Sollleistung (in %) ergab eine Normalverteilung der maximalen Laktatkonzentration. Bei folgenden Werten liegt keine Normalverteilung vor: maximale Sollleistung in %, Herzfrequenz in Ruhe, maximale Herzfrequenz, Laktatkonzentration in Ruhe. Für die nicht-normalverteilten Werte wurde im Folgenden für den Vergleich der Mittelwerte der Test nach MannWhitney-U verwendet, für die normalverteilten Daten der T-Test für unabhängige Stichproben. 3 Patienten und Methoden 31 Die Signifikanzniveaus wurden wie folgt festgelegt: p-Wert Signifikanz p > 0,05 nicht signifikant p < 0,05 schwach signifikant p < 0,01 signifikant p < 0,001 hoch signifikant Tabelle 5 Um die praktische Bedeutsamkeit der Ergebnisse zu beurteilen, wurden die Effektstärken nach Cohen berechnet. Dabei wurden für die Effektstärke folgende Niveaus festgelegt: d-Wert Effekt 0,20 schwach 0,50 bedeutend 0,80 sehr bedeutend Tabelle 6 3.6 Die Subgruppen innerhalb der Patientengruppe Des Weiteren sollte die Gruppe der depressiven Patienten nicht nur mit der gesunden Kontrollgruppe verglichen werden, es sollte auch untersucht werden, ob es innerhalb der Fahrradergometrie Patientengruppe erreichten Unterschiede Ergebnisse gab, hinsichtlich die auf der weitere bei der Faktoren zurückzuführen seien. 3.6.1 Die Dauer der aktuellen depressiven Episode Um zu untersuchen, ob die Dauer der zum Untersuchungszeitpunkt bestehenden depressiven Episode einen Einfluss auf die Ergebnisse der Fahrradergometrie gehabt haben könnte, wurden die Patienten nach der Dauer der aktuellen Episode drei unterschiedlichen Gruppen zugeteilt. Diese Einteilung wurde aufgrund klinischer Erfahrung durchgeführt. Der ersten Gruppe wurden die Patienten zugeteilt, deren depressive Episode zum Zeitpunkt der sportmedizinischen Untersuchung seit drei 3 Patienten und Methoden 32 Monaten oder kürzer bestand, dies war bei 14 Patienten der Fall. Die zweite Gruppe umfasste die Patienten, bei welchen die aktuelle Episode seit mehr als drei Monaten bestand. Dieser Gruppe wurden 17 Patienten zugeordnet. Ebenfalls 17 Patienten wurden der dritten und letzten Gruppe zugeordnet, welche die Patienten mit einer chronifizierten depressiven Episode beinhalten sollte. Die drei restlichen der insgesamt 51 Patienten konnten keiner der drei Gruppen zugeordnet werden, da ihre Angaben zur Episodendauer zu ungenau waren. Bei einem Patienten der Gruppe 1 und einem der Gruppe 2 konnte die Leistung an der individuellen anaeroben Schwelle, p(IAS), nicht ermittelt werden, da die Patienten die Belastung bereits vor Erreichen der IAS abgebrochen hatten. Um zu überprüfen, ob sich diese drei Gruppen, gebildet nach Dauer der aktuellen depressiven Episode, in ihren ergometrischen Daten unterschieden, wurde der Kruskal-Wallis-Test verwendet. 3.6.2 Die Gesamtdauer der Erkrankung Es sollte jedoch nicht nur die Dauer der aktuellen depressiven Episode als Unterscheidungskriterium herangezogen werden, auch die Gesamtdauer der Erkrankung, festgemacht am Datum der Erstdiagnose, wurde näher betrachtet. Hierzu wurden die Patienten vier verschiedenen Gruppen zugeordnet. Der ersten Gruppe wurden die 13 Patienten zugeordnet, deren Erstdiagnose nicht länger als zehn Jahre zurücklag, bei den 16 Patienten der zweiten Gruppe lag die Erstdiagnose der depressiven Erkrankung zwischen zehn und 20 Jahren zurück, bei den 13 Patienten der dritten Gruppe zwischen 20 und 30 Jahren, bei den sechs Patienten der vierten Gruppe mehr als 30 Jahre. Drei Patienten konnten aufgrund ungenauer Angaben keiner der vier Gruppen zugeordnet werden. Bei einem Patienten der Gruppe 1 und einem der Gruppe 3 konnte die Leistung an der individuellen anaeroben Schwelle, p(IAS), nicht ermittelt werden, da die Patienten die Belastung bereits vor Erreichen der IAS abgebrochen hatten. Um zu überprüfen, ob sich diese vier Gruppen, gebildet nach dem Zeitpunkt der Erstdiagnose, in ihren ergometrischen Daten unterschieden, wurde der KruskalWallis-Test verwendet. 3 Patienten und Methoden 33 3.6.3 Die Anzahl der erlebten depressiven Episoden Um zu untersuchen, ob die Anzahl der bisher erlebten depressiven Episoden einen Einfluss auf die leistungsdiagnostischen Parameter hatte, wurden die depressiven Patienten vier verschiedenen Gruppen zugeordnet. Die Einteilung wurde wie folgt durchgeführt: Die Gruppe 1 umfasste sechs Patienten, die sich zum Untersuchungszeitpunkt in ihrer ersten depressiven Phase befanden. Der Gruppe 2 wurden 17 Patienten zugeordnet, die zum Untersuchungszeitpunkt insgesamt vier oder weniger depressive Phasen erlebt hatten. Neun Patienten, die fünf oder mehr depressive Episoden erlebt hatten, wurden der Gruppe 3 zugeteilt. Die Gruppe 4 umfasste die 17 Patienten, bei denen sich ein chronischer Verlauf der Depression zeigte. Zwei der 51 Patienten konnten aufgrund ungenauer Angaben keiner der vier Gruppen zugeordnet werden. Bei einem Patienten der Gruppe 2 konnte die Leistung an der individuellen anaeroben Schwelle, p(IAS), nicht ermittelt werden, da der Patient die Belastung bereits vor Erreichen der IAS abgebrochen hatte. Um zu überprüfen, ob sich diese vier Gruppen, gebildet nach der Anzahl der bisher erlebten depressiven Episoden, in ihren ergometrischen Daten unterschieden, wurde der Kruskal-Wallis-Test verwendet. 3.6.4 Dauer der arbeitsunfähigen Zeit Neben der Dauer der aktuellen depressiven Phase und der Anzahl der bisher erlebten depressiven Episoden sollte die Dauer der arbeitsunfähigen Zeit und ihr möglicher Einfluss auf die Ergebnisse der fahrradergometrischen Untersuchung beleuchtet werden. Abhängig davon, wie lange der einzelne Patient zum Untersuchungszeitpunkt bereits arbeitsunfähig war, wurden die Patienten drei verschiedenen Gruppen zugeordnet. 16 Patienten wurden Gruppe 1 zugeordnet; die Dauer ihrer arbeitsunfähigen Zeit betrug einen Monat oder weniger. Gruppe 2 umfasste die Patienten, deren Arbeitsunfähigkeit länger als ein Monat, aber kürzer als ein Jahr lang bestand. 13 Patienten fielen in diese Gruppe. 16 Patienten, die seit über einem Jahr arbeitsunfähig waren, bildeten Gruppe 3. Sechs der 51 Patienten konnten aufgrund ungenauer Angaben keiner der drei Gruppen zugeordnet werden. 3 Patienten und Methoden 34 Bei einem Patienten der Gruppe 1 und einem der Gruppe 2 konnte die Leistung an der individuellen anaeroben Schwelle, p(IAS), nicht ermittelt werden, da die Patienten die Belastung bereits vor Erreichen der IAS abgebrochen hatten. Die drei Gruppen wurden hinsichtlich ihrer fahrradergometrischen Daten mit Hilfe des Kruskal-Wallis-Teste verglichen. Da sich bei diesem Test zeigte, dass es zwischen den Gruppen signifikante Unterschiede gab, wurden die einzelnen Gruppen paarweise mit Hilfe des MannWhitney-U-Tests (mit anschließender Korrektur nach Bonferroni) verglichen, um zu zeigen, zwischen welchen der Gruppen ein Unterschied bestand. 3.6.5 Raucher und Nichtraucher Es sollte ebenfalls untersucht werden, ob sich Rauchen auf die Ergebnisse der Fahrradergometrie ausgewirkt hatte. Unter den Patienten befanden sich 21 Raucher und 19 Nichtraucher. Bei elf Patienten wurden keine genauen Angaben gemacht. Bei zwei der 21 rauchenden Patienten konnte die Leistung an der individuellen anaeroben Schwelle, p(IAS), nicht ermittelt werden, da die Patienten die Belastung bereits vor Erreichen der IAS abgebrochen hatten. Die beiden Gruppen wurden mit Hilfe des Mann-Whitney-U-Tests auf einen Unterschied untersucht. 3.6.6 Bipolarität und Unipolarität Eine weitere Gruppeneinteilung zur Charakterisierung der Patientengruppe wurde aufgrund des Vorhandenseins oder des Fehlens von Bipolarität durchgeführt. 42 der Patienten wiesen eine unipolare, 9 Patienten eine bipolare Erkrankung auf. Bei einem Patienten mit unipolarer Erkrankung und bei einem mit bipolarer Erkrankung konnte die Leistung an der individuellen anaeroben Schwelle, p(IAS), nicht ermittelt werden, da die Patienten die Belastung bereits vor Erreichen der IAS abgebrochen hatten. Mit dem Test nach Mann-Whintney-U wurden diese beiden Gruppen auf einen Unterschied in den fahrradgergometrisch ermittelten Daten untersucht. 3 Patienten und Methoden 35 3.6.7 Therapie-Responder und Non-Responder Die Patienten sollten bei Aufnahme in die stationäre Behandlung und bei Entlassung aus dieser einen BDI-Fragebogen ausfüllen. Anhand der Punktzahl, welche die Patienten dabei erreichten, sollten diejenigen Patienten erkannt werden, die ein deutliches Therapieansprechen in Form einer fünfzigprozentigen Reduktion ihres BDI-Scores vorweisen konnten. 21 Patienten konnten der Gruppe der sogenannten Therapie-Responder zugeteilt werden, da sich ihr BDI-Score im Laufe des stationären Aufenthaltes um mindestens 50 Prozent reduziert hatte. In dieser Gruppe lag der höchste BDI-Score bei Aufnahme bei 44 Punkten, der niedrigste bei 13 Punkten (Mittelwert: 27,9, Standardabweichung: 8,1). Bei Entlassung betrug der höchste BDI-Score 16, der niedrigste null Punkte (Mittelwert: 6,7, Standardabweichung: 4,6). Zwölf Patienten wurden der Gruppe der Therapie-NonResponder zugeordnet, ihre BDI-Scores hatten sich um weniger als 50 Prozent reduziert. In dieser Gruppe lag der höchste Aufnahme-BDI-Score bei 45, der niedrigste bei 16 Punkten (Mittelwert: 28,4, Standardabweichung 8,1), die höchste erreichte Punktzahl bei Entlassung lag bei 43, die niedrigste bei elf Punkten (Mittelwert: 21,5, Standardabweichung: 9,9). 18 Patienten konnten nicht zugeordnet werden, da bei vier Patienten sowohl bei Aufnahme als auch bei Entlassung kein BDI-Score erhoben wurde, bei sechs Patienten war kein BDI-Score bei Aufnahme und bei acht Patienten kein BDI-Score bei Entlassung erhoben worden. Bei zwei Patienten mit einer Reduktion des BDI-Scores um mindestens 50 Prozent konnte die Leistung an der individuellen anaeroben Schwelle, p(IAS), nicht ermittelt werden, da die Patienten die Belastung bereits vor Erreichen der IAS abgebrochen hatten. Mit Hilfe des Tests nach Mann-Whitney-U wurden diese beiden Gruppen auf einen Unterschied in den leistungsdiagnostischen Daten untersucht. 3.6.8 Dauer des stationären Aufenthaltes Ob die Dauer des stationären Aufenthaltes zum Zeitpunkt der sportmedizinischen Untersuchung einen Einfluss auf deren Ergebnisse hatte, sollte ebenfalls untersucht 3 Patienten und Methoden werden. Die minimale 36 Aufenthaltsdauer betrug fünf Tage, die maximale Aufenthaltsdauer 309 Tage (Mittelwert 49,9, Standardabweichung 60,6). Um einen eventuell bestehenden Zusammenhang sichtbar zu machen, wurde eine nichtparametisiche Korrelationsanalyse mit Korrelationskoeffizient nach Spearman durchgeführt. 3.6.9 Der Body-Mass-Index Es sollte ebenfalls festgestellt werden, ob zwischen dem Bodymassindex (BMI) der Patienten und ihren Ergebnissen der sportmedizinischen Untersuchung ein Zusammenhang bestand. Dazu wurden die absoluten Daten der Leistungsdiagnostik, p(max), p(LT) und p(IAS), mit dem BMI der Patienten korreliert (mit Korrelationskoeffizient nach Spearman). Der höchste BMI in der Patientengruppe betrug 41,3 kg/m², der niedrigste 19,1 kg/m² (Mittelwert 26,5 kg/m², Standardabweichung 5,6). 3.6.10 Das Alter der Patienten Eine weitere Korrelationsanalyse mit Korrelationskoeffizient nach Spearman wurde durchgeführt, um einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Alter der Patienten und deren Ergebnisse bei der Fahrradergometrie festzustellen. 3.6.11 Der BDI-Score Um eine Aussage darüber machen zu können, ob ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Schweregrad der Depression, zum Ausdruck gebracht im jeweiligen BDI-Score, und dem Abschneiden bei der Leistungsdiagnostik bestand, wurde auch für diese Daten eine Korrelationsanalyse mit Korrelationskoeffizient nach Spearman durchgeführt. 4 Ergebnisse 37 4 Ergebnisse In diesem Abschnitt werden zunächst die Ergebnisse der Leistungsdiagnostik der Patientengruppe mit denen der gesunden Kontrollgruppe verglichen. Daran wird sich die genauere Betrachtung der Patientengruppe anschließen. Dazu werden die leistungsdiagnostischen Ergebnisse der verschiedenen Patientengruppen, die anhand anderer krankheitsrelevanter Faktoren gebildet wurden, miteinander verglichen. 4.1 Vergleich der Patientengruppe mit der gesunden Kontrollgruppe Der hierzu durchgeführte Test von Mann-Whitney-U ergab, dass sich die Gruppe der depressiven Patienten in allen der sechs betrachteten leistungsdiagnostischen Parametern signifikant von der gesunden Kontrollgruppe unterschied, in vier der sechs Parametern sogar hoch signifikant, was in den unten stehenden Abbildungen deutlich zum Ausdruck kommt. Die im Mittel maximal erreichte Wattzahl der depressiven Patienten lag mit 137,4 Watt um 65,9 Watt niedriger als die der gesunden Vergleichsgruppe, die im Mittel eine maximale Wattzahl von 203,3 Watt erreichte. Der Unterschied in der relativen maximal erreichten Wattzahl in Bezug auf das Körpergewicht zeigte einen Unterschied von 1,0 Watt/kg zwischen den beiden Gruppen. Der Unterschied in der absoluten Leistung beim ersten Laktatanstieg zwischen den beiden Gruppen betrug 31,5 Watt, der in der relativen 0,4 Watt/kg. In der an der individuellen anaeroben Schwelle erreichten absoluten Wattzahl unterschieden sich die Gruppen um 26,1 Watt, in der relativen um 0,4 Watt/kg. Die Berechnung der Effektstärken nach Cohen ergab einen bedeutenden Effekt für alle sechs der oben genannten leistungsdiagnostischen Parameter, für vier der sechs Parameter sogar einen sehr bedeutenden Effekt. 4 Ergebnisse 38 MW und SD MW und SD Patienten Gesunde Z-Wert Signifikanz Effektstärke nach Cohen p(max) in 137,4 44,4 203,3 74,0 -4,613 0,000 -1,078 1,8 0,6 2,8 0,9 -4,856 0,000 -1,165 104,1 41,0 -4,297 0,000 0,951 1,0 0,3 1,4 0,6 -4,427 0,000 0,856 102,3 30,2 128,4 50,3 -2,837 0,005 -0,629 1,4 0,4 1,8 0,7 -3,092 0,002 -0,749 Watt p(max)/kg in Watt/kg p(LT) in Watt 72,6 23,2 p(LT)/kg in Watt/kg p(IAS) in Watt p(IAS)/kg in Watt/kg Tabelle 7 4 Ergebnisse 39 Abbildung 3 350 300 p(max) in Watt 250 200 150 100 50 Depressive N = 51 Gesunde N = 51 Gruppe Abbildung 4 4 Ergebnisse 40 5 p(max)/kg in Watt/kg 4 3 2 1 0 Depressive N = 51 Gesunde N = 51 Gruppe Abbildung 5 4 Ergebnisse 41 200 150 p(LT) in Watt 1 20 100 50 0 Depressive N = 51 Gesunde N = 51 Gruppe Abbildung 6 4 Ergebnisse 42 3 p(LT)/kg in Watt/kg 2,5 2 1,5 1 0,5 0 Depressive N = 51 Gesunde N = 51 Gruppe Abbildung 7 4 Ergebnisse 43 250 p(IAS) in Watt 200 150 100 50 0 Depressive N = 51 Gesunde N = 51 Gruppe Abbildung 8 4 Ergebnisse 44 4 p(IAS)/kg in Watt/kg 3 2 1 0 Depressive N = 51 Gesunde N = 51 Gruppe Abbildung 9 Neben den Unterschieden in der maximal erreichten Wattzahl und den Laktatkonzentrationen an der Laktatschwelle und an der individuellen anaeroben Schwelle, zeigte die Gruppe der depressiven Patienten auch ein zu der gesunden Kontrollgruppe unterschiedliches Verhalten der Laktatkonzentration unter Belastung. Während in Ruhe kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen hinsichtlich der Laktatkonzentration bestand (depressive Patienten: 1,4 mmol/l, gesunde Kontrollgruppe: 1,5 mmol/l), zeigte sich bei der Laktatkonzentration zum Zeitpunkt des Abbruchs der Belastung ein statistisch hoch signifikanter Unterschied, die depressiven Patienten erreichten im Mittel eine maximale Laktatkonzentration von 6,0 mmol/l, bei den gesunden Kontrollprobanden lag die maximale Laktatkonzentartion mit 8,2 mmol/l um 1,2 mmol/l höher als bei den depressiven Patienten. 4 Ergebnisse 45 N MW und N MW und Z-Wert Patienten SD Gesunde SD bzw. Gesunde T-Wert Patienten Laktat in Signifikanz 51 1,4 ± 0,4 51 1,5 ± 1,0 -0,991 0,332 51 6,0 ± 2,5 51 8,2 ± 2,6 -4,457 0,000 Ruhe Max. Laktatkonz. Tabelle 8 Laktatkonzentration in Ruhe in mmol/l 8 97 6 4 63 15 9 6 2 0 Depressive N = 51 Gesunde N = 51 Gruppe Abbildung 10 maximale Laktatkonzentration in mmol/l 4 Ergebnisse 46 12,5 10 7,5 5 2,5 Depressive N = 51 Gesunde N = 51 Gruppe Abbildung 11 Einzelne Probanden brachen die Belastung bereits frühzeitig ab. Bestimmte Leistungsstufen wurden von einigen Probanden gar nicht durchlaufen, da sie verschiedene Steigerungsstufen gewählt hatten. Dies führte zu sich ändernden Probandenzahlen auf den verschiedenen Belastungsstufen. Ein Vergleich der Patienten mit der gesunden Kontrollgruppe hinsichtlich der Herzfrequenz und Laktatkonzentration auf den verschiedenen Belastungsstufen war deswegen nicht möglich. Der Vergleich des Verhaltens der Herzfrequenz ergab, dass bereits bei der Herzfrequenz in Ruhe ein hoch signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen festgestellt werden konnte mit höheren Werten in der Patientengruppe. Ein statistisch hoch signifikanter Unterschied zeigte sich ebenfalls bei der maximal erreichten Herzfrequenz, die bei der gesunden Vergleichsgruppe deutlich höher lag. 4 Ergebnisse 47 N MW und N MW und Patienten SD Gesunde SD Patienten Herzfrequenz 51 87,6±16,6 Z-Wert Signifikanz Gesunde 51 66,8±12,0 7,266 0,000 in Ruhe Max. Herzfrq 51 151,6±25,2 51 169,7±22,2 -3,632 Tabelle 9 140 Herzfrequenz in Ruhe 120 63 100 80 60 40 Depressive N = 51 Gesunde N = 51 Gruppe Abbildung 12 0,000 4 Ergebnisse 48 maximale Herzfrequenz 210 180 150 120 90 Depressive N = 51 Gesunde N = 51 Gruppe Abbildung 13 Lediglich 28 der 51 depressiv Erkrankten genügten den Anforderungen eines Maximaltests gemessen an der Herzfrequenz (Herzfrequenz 200 – Lebensalter) (Hollmann, Hettinger 1980, Rost et al. 1977), 23 Patienten belasteten sich nur gering bis submaximal. In der gesunden Vergleichsgruppe hingegen waren es lediglich 9 Probanden, die den Anforderungen eines Maximaltests nicht genügten, die anderen 42 Probanden hatten sich bei der Leistungsergometrie ausbelastet. Die Gruppe der Depressiven fiel somit gegenüber der gesunden Kontrollgruppe durch einen früheren Abbruch der ergometrischen Belastung auf. 4 Ergebnisse 49 Anzahl der Abbrecher auf den verschiedenen Leistungsstufen 14 12 Anzahl der Abbrecher 10 8 Patienten Gesunde 6 4 2 0 50 75 80 90 100 125 140 150 175 180 200 220 225 250 260 280 300 320 350 Leistungsstufe in Watt Abbildung 14 Der Vergleich der individuellen Soll-Leistung in Watt ( = 100%) für Untrainierte unter Berücksichtigung von Alter und Geschlecht (Löllgen, Erdmann 2001) ergab, dass auch hier ein hoch signifikanter Unterschied zwischen beiden Gruppen bestand, wie durch den Test nach Mann-Whitney-U gezeigt werden konnte. Mit einem Mittelwert von 131% lag die Gruppe der gesunden Vergleichspersonen um 41,6% höher als die depressiv Erkrankten, die im Mittel 89,4% ihrer Soll-Leistung erreichten. In der Gruppe der depressiv Erkrankten erreichten lediglich 14 der 51 Probanden 100% ihrer maximalen Soll-Leistung, während dies in der gesunden Vergleichsgruppe bei 40 von 51 Probanden der Fall war, meistens wurden die 100% überschritten, 65% der gesunden Probanden erreichten mehr als 120% ihrer maximalen Soll-Leistung. MW % von max. Soll-Leistung Tabelle 10 und SD MW und Patienten Gesunde 89,4 29,3 131,0 37,2 SD Z-Wert -5,445 Signifikanz 0,000 4 Ergebnisse 50 250 p(max) in % vom Sollwert 200 31 35 150 20 100 50 0 Depressive N = 51 Gesunde N = 51 Gruppe Abbildung 15 4 Ergebnisse 51 4.2 Vergleiche innerhalb der Patientengruppe 4.2.1 Vergleich nach Dauer der aktuellen depressiven Episode Die Patienten waren abhängig von der Dauer der aktuellen depressiven Episode drei verschiedenen Gruppen zugeordnet worden. Wie der Kruskal-Wallis-Test zeigte, unterschieden sich die leistungsdiagnostischen drei Gruppen Parameter. Die nicht voneinander Episodendauer hinsichtlich wirkte sich der nicht beeinflussend auf die Ergebnisse der sportmedizinischen Untersuchung aus. < 3 Monate > 3 Monate Chronifizierter ChiVerlauf p(max) Freiheits- Signifikanz Quadrat grade N= 14 N= 17 N=17 146,5 31,9 134,1 47,2 132,3 43,6 1,382 2 0,501 1,8 0,6 1,9 0,7 0,432 2 0,806 p(max)/kg 1,9 0,5 p(LT) 76,1 25,3 70,0 19,8 71,6 21,9 0,127 2 0,938 p(LT)/kg 1,0 0,3 0,9 0,3 1,0 0,3 0,296 2 0,863 p(IAS) 104,8 33,8 102,2 26,6 99,9 27,5 0,008 2 0,996 1,4 0,3 1,4 0,4 0,260 2 0,878 p(IAS)/kg 1.3 0,4 Tabelle 11 4 Ergebnisse 52 4.2.2 Vergleich nach Gesamtdauer der Erkrankung Die Patienten waren abhängig von der Gesamtdauer der Erkrankung vier verschiedenen Gruppen zugeordnet worden. Wie der Kruskal-Wallis-Test zeigte, unterschieden sich die vier Gruppen nicht voneinander hinsichtlich der leistungsdiagnostischen Parameter. Die Gesamtdauer der Erkrankung wirkte sich nicht beeinflussend auf die Ergebnisse der sportmedizinischen Untersuchung aus. p(max) ED vor ED vor <10 J. >10, <20 J. >20, <30 J. >30 J. N=13 N=16 157 47,5 120,530,5 135,542,9 119,438,2 5,63 3 0,13 1,7 0,6 3,48 3 0,32 p(max)/kg 2,0 0,6 ED vor N=13 1,7 0,5 ED vor Chi- p Quadrat heits- N=6 1,7 0,8 Frei- grade p(LT) 83,6 24,9 62,9 20,3 72,3 16 65,7 25,9 5,54 3 0,14 p(LT)/kg 1,1 0,3 0,9 0,3 4,46 3 0,22 p(IAS) 115,536,6 90,4 25,6 102,221,3 93,9 26,3 4,00 3 0,26 3 0,39 p(IAS)/kg 1,5 0,4 J. = Jahre ED = Erstdiagnose p = Signifikanz Tabelle 12 0,9 0,3 1,3 0,4 0,9 0,2 1,3 0,3 1,3 0,4 3,01 4 Ergebnisse 53 4.2.3 Vergleich nach Anzahl der bisher erlebten depressiven Episoden Der Anzahl der bisher erlebten depressiven Episoden zufolge, waren die Patienten vier verschiedenen Gruppen zugeordnet worden. Auch hier ließ sich mit dem Kruskal-Wallis-Test kein Unterschied zwischen den einzelnen Gruppen feststellen. p(max) Erste ≤4 ≥5 Chron. Chi- Episode Episoden Episoden Verlauf Quadrat heits- N=6 N=17 N=9 N=17 Frei- p grade 137,522,8 145,855,4 140,132,9 132,343,6 0,651 3 0,885 0,136 3 0,987 p(LT) 65,9 15,6 78,1 28,9 74,1 18,1 71,6 21,9 1,150 3 0,765 p(LT)/kg 0,8 0,3 1,985 3 0,576 p(IAS) 94,1 21,7 109,238,4 102,825,6 99,9 27,5 0,719 3 0,869 3 0,624 p(max)/kg 1,8 0,5 p(IAS)/kg 1,2 0,4 p = Signifikanz Tabelle 13 2,0 0,8 1,0 0,4 1,4 0,5 1,8 0,4 0,9 0,2 1,3 0,3 1,9 0,7 1,0 0,3 1,4 0,4 1,759 4 Ergebnisse 54 4.2.4 Vergleich nach Dauer der arbeitsunfähigen Zeit Je nach dem, wie lange vor dem Zeitpunkt der Untersuchung eine Arbeitsunfähigkeit eingetreten war, wurden die Patienten drei Gruppen zugeteilt. Der Kruskal-WallisTest ergab, dass sich die Gruppen in drei ihrer leistungsdiagnostischen Parametern unterschieden. Schwach signifikante Unterschiede zeigten sich in p(max) und p(IAS)/kg, ein signifikanter Unterschied in p(max)/kg. Die Dauer der arbeitsunfähigen Zeit schien die Ergebnisse beeinflusst zu haben. ≤ 1 Monat >1 Monat, > 1 Jahr < 1 Jahr p(max) Chi- Frei- p Quadrat heits- N=16 N=13 N=16 156,7 42,7 130,3 51,0 117,7 30,7 6,307 2 0,043 1,7 0,6 1,5 0,5 12,420 2 0,002 p(max)/kg 2,2 0,6 grade p(LT) 77,2 23,0 72,4 24,9 66,8 21,0 0,955 2 0,620 p(LT)/kg 1,1 0,3 1,0 0,3 0,8 0,3 5,621 2 0,060 p(IAS) 107,4 29,7 101,6 34,6 95,4 22,9 0,991 2 0,609 1,3 0,4 1,2 0,3 6,169 2 0,046 p(IAS)/kg 1,5 0,4 p = Signifikanz Tabelle 14 Um zu untersuchen, zwischen welchen der Gruppen ein Unterschied bestand, wurden die einzelnen Gruppen paarweise mit Hilfe des Tests nach Mann-Whitney-U (mit anschließender Korrektur nach Bonferroni) miteinander verglichen. Dabei zeigt sich, dass ein statistisch hoch signifikanter Unterschied in p(max) von 39 Watt (Signifikanz von 0,000), in p(max)/kg ein statistisch schwach signifikanter Unterschied von 0,7 Watt/kg (Signifikanz von 0.021) und in p(IAS)/kg ein ebenfalls statistisch schwach signifikanter Unterschied von 0,3 Watt/kg (Signifikanz von 0,03) zwischen Gruppe 1 und Gruppe 3 bestand. Zwischen Gruppe 1 und Gruppe 2 zeigten sich keine signifikanten Unterschiede, ebenso nicht zwischen Gruppe 2 und Gruppe 3. Eine sehr lang bestehende arbeitsunfähige Zeit schien gegenüber einer eher kurzen arbeitsfähigen Zeit einen deutlichen Einfluss auf einen Teil der leistungsdiagnostischen Parameter gehabt zu haben. 4 Ergebnisse 55 Gr. 1&3 Gr. 1&3 Gr. 1&2 Gr. 1&2 Gr. 2&3 Z-Wert Signifikanz Z-Wert Signifikanz Z-Wert Signifikanz p(max) -3,506 0,000 -2,019 0,132 -1,207 0,684 p(max)/kg -2,705 0,021 -1,275 0,606 -0,485 1,884 p(LT) -0,924 1,068 -0,614 1,779 -0,395 2,079 p(LT)/kg -2,394 0,051 -1,140 0,762 -1,009 0,939 p(IAS) -1,087 0,831 -0,439 1,983 -0,232 2,448 p(IAS)/kg -2,570 0,03 -1,244 0,639 -0,789 1,29 Tabelle 15 20 250 21 18 p(max) in Watt 200 150 100 51 50 Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 3 Dauer der Arbeitsunfähigkeit zum Aufnahmezeitpunkt Abbildung 16 Gr. 2&3 4 Ergebnisse 56 3,5 p(max)/kg in Watt/kg 3 2,5 2 1,5 1 0,5 Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 3 Dauer der Arbeitsunfähigkeit zum Aufnahmezeitpunkt Abbildung 17 4 Ergebnisse 57 2,5 p(IAS)/kg in Watt/kg 2 49 1,5 1 0,5 Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 3 Dauer der Arbeitsunfähigkeit zum Aufnahmezeitpunkt Abbildung 18 4.2.5 Vergleich von Rauchern mit Nichtrauchern Soweit bekannt, wurden die Patienten in eine Raucher- und eine Nichtrauchergruppe unterteilt und diese beiden Gruppen mit dem Mann-Whitney-U-Test verglichen. Dabei zeigten sich in p(max)/kg und in p(IAS) statistisch schwach signifikante Unterschiede mit Signifikanzen von 0,012 und 0,01. 4 Ergebnisse 58 Raucher Nichtraucher Z-Wert Signifikanz N=21 N=19 p(max) 155,9 44,7 122,2 32,2 -0,813 0,416 p(max)/kg 1,9 0,6 1,8 0,5 -2,501 0,012 p(LT) 80,6 23,3 65,1 18,2 -1,910 0,056 p(LT)/kg 1,0 0,3 0,9 0,3 -0,461 0,645 p(IAS) 115,9 29,5 92,4 21,1 -2,584 0,010 p(IAS)/kg 1,4 0,4 1,32 0,38 -0,701 0,483 Tabelle 16 3,5 p(max)/kg in Watt/kg 3 2,5 2 1,5 1 0,5 Raucher Nichtraucher Nikotin Abbildung 19 4 Ergebnisse 59 200 180 p(IAS) in Watt 160 140 120 100 80 60 Raucher Nichtraucher Nikotin Abbildung 20 4 Ergebnisse 60 4.2.6 Vergleich von Patienten mit unipolarer Erkrankung mit Patienten mit bipolarer Erkrankung Patienten, welche bereits eine manische Episode erlebt hatten, wurde mit den Patienten verglichen, bei deren Erkrankung es sich um eine rein unipolare handelte. Der Mann-Whitney-U-Test zeigte, dass es zwischen diesen beiden Patientengruppen keine Unterschiede hinsichtlich den leistungsdiagnostischen Daten gab. Unipolar N=42 Bipolar N=9 Z-Wert Signifikanz p(max) 139,5 43,8 127,6 48,8 -1,223 0,221 p(max)/kg 1,9 0,6 1,6 0,7 -0,657 0,511 p(LT) 73,5 23,0 68,4 25,1 -0,445 0,656 p(LT)/kg 1,0 0,3 0,9 0,3 -1,236 0,217 p(IAS) 102,5 31,4 100,8 25,1 -0,108 0,914 p(IAS)/kg 1,4 0,4 1,2 0,4 -1,096 0,273 Tabelle 17 4 Ergebnisse 61 4.2.7 Vergleich von Therapie-Respondern mit Therapie-Non-Respondern Anhand der Reduktion ihres BDI-Scores, den die Patienten während ihres stationären Aufenthaltes erfahren hatten, wurden die Patienten zwei Gruppen zugeteilt. Wie der Mann-Whitney-U-Test zeigte, war zwischen diesen beiden Gruppen kein Unterschied in den Ergebnissen ihrer Leistungsdiagnostik festzustellen. Responder Non-Responder Z-Wert Signifikanz N=21 N=12 p(max) 124,0 35,8 133,1 60,8 -0,037 0,970 p(max)/kg 1,7 0,5 1,8 0,8 -0,188 0,851 p(LT) 69,5 19,0 71,6 32,4 -0,037 0,970 p(LT)/kg 1,0 0,2 1,0 0,5 0,000 1,000 p(IAS) 96,4 27,2 102,9 38,2 -0,243 0,808 p(IAS)/kg 1,3 0,3 1,4 0,6 -0,081 0,935 Tabelle 18 4.2.8 Korrelation von stationärer Aufenthaltsdauer und Leistungsparametern Bei der hier durchgeführten Korrelationsanalyse war zwar keine signifikante Korrelation, aber dennoch ein tendenzieller schwach signifikanter Zusammenhang im Sinne einer negativen Korrelation zwischen der Aufenthaltsdauer in Tagen und der maximal erreichten Wattzahl zu erkennen. Dabei war die maximal erreichte Wattzahl bei der Fahrradergometrie, p(max), tendenziell umso niedriger, je länger der stationäre Aufenthalt bereits andauerte. Bei den weiteren Leistungsparametern war keine Korrelation zu erkennen. 4 Ergebnisse 62 MW und SD Korrelationskoeffizient Signifikanz Aufenthaltsdauer 49,9 60,6 p(max) 137,4 44,4 -0,282 0,045 p(max)/kg 1,8 0,6 -0,387 0,005 p(LT) 72,6 23,2 -0,28 0,844 p(LT)/kg 1,0 0,3 -0,168 0,238 p(IAS) 102,3 30,2 -0,087 0,553 p(IAS)/kg 1,4 0,4 -0,237 0,100 Tabelle 19 4.2.9 Korrelation von Bodymassindex und absoluten Leistungsparametern Die Korrelationsanalyse für den Bodymassindex und die absoluten Leistungsparameter ließ keinen Zusammenhang zwischen diesen Parametern erkennen. MW und SD Korrelationskoeffizient Signifikanz BMI 26,5 5,6 p(max) 137,4 44,4 -0,122 0,392 p(LT) 72,6 23,2 0,023 0,875 p(IAS) 102,3 30,2 -0,034 0,818 Tabelle 20 4.2.10 Korrelation von Alter und Leistungsparametern Bei der Korrelationsanalyse des Alters der Patienten und den Leistungsparametern war hingegen ein Zusammenhang zu erkennen. So wiesen die jeweils errechneten Korrelationskoeffinzienten für p(max), p(max)/kg, p(LT)/kg, P(IAS), P(IAS)/kg auf eine negative Korrelation hin. Die Korrelation des Absolutwertes der Leistung an der Laktatschwelle, p(LT), ergab jedoch keinen solchen Zusammenhang. 4 Ergebnisse 63 MW und SD Korrelationskoeffizient Signifikanz Alter 49,0 11,4 p(max) 137,4 44,4 -0,535 0,000 p(max)/kg 1,8 0,6 -0,493 0,000 p(LT) 72,6 23,2 -0,275 0,051 p(LT)/kg 1,0 0,3 -0,339 0,015 p(IAS) 102,3 30,2 -0,406 0,004 p(IAS)/kg 1,4 0,4 -0,415 0,003 Tabelle 21 250 p(max) in Watt 200 150 100 R-Quadrat linear = 0,224 50 20 30 40 50 Alter in Jahren Abbildung 21 60 70 4 Ergebnisse 64 3,5 p(max)/kg in Watt/kg 3 2,5 2 1,5 1 R-Quadrat linear = 0,202 0,5 20 30 40 50 Alter in Jahren Abbildung 22 60 70 4 Ergebnisse 65 125 p(LT) in Watt 100 75 50 R-Quadrat linear = 0,102 25 20 30 40 50 Alter in Jahren Abbildung 23 60 70 4 Ergebnisse 66 2 p(LT)/kg in Watt/kg 1,5 1 0,5 R-Quadrat linear = 0,105 0 20 30 40 50 Alter in Jahren Abbildung 24 60 70 4 Ergebnisse 67 200 p(IAS) in Watt 150 100 50 R-Quadrat linear = 0,146 0 20 30 40 50 Alter in Jahren Abbildung 25 60 70 4 Ergebnisse 68 2,5 p(IAS)/kg in Watt/kg 2 1,5 1 R-Quadrat linear = 0,157 0,5 20 30 40 50 60 70 Alter in Jahren Abbildung 26 4.2.11 Korrelation von BDI-Score und Leistungsparametern Die durchgeführte Korrelationsanalyse zeigte keinen Zusammenhang zwischen der von den Patienten mit Hilfe des BDI-Fragebogens erreichten Punktezahlen und deren fahrradergometrischen Daten. MW und SD Korrelationskoeffizient Signifikanz BDI 27,9 9,8 p(max) 137,4 44,4 -0,003 0,983 p(max)/kg 1,8 0,6 0,072 0,656 p(LT) 72,6 23,2 -0,004 0,982 p(LT)/kg 01,0 0,3 0,120 0,457 p(IAS) 102,3 30,2 0,021 0,899 p(IAS)/kg 1,4 0,4 0,117 0,477 Tabelle 22 5 Diskussion 69 5 Diskussion Ziel der Arbeit war es, einen Unterschied des körperlichen Trainingszustandes depressiver Patienten gegenüber einem gesunden Kontrollkollektiv zu zeigen. Außerdem sollte geprüft werden, ob andere krankheitsrelevante Faktoren einen Einfluss auf die Ergebnisse der sportmedizinischen Untersuchung innerhalb der Patientengruppe hatten. Dazu wurden 51 depressive Patienten und 51 gesunde Probanden untersucht. Im Folgenden sollen die erhobenen Ergebnisse kritisch diskutiert werden. In der vorliegenden Studie verglichen wir die körperliche Leistungsfähigkeit von 51 depressiven Patienten und 51 alters-, geschlechts- und gewichtsgematchten gesunden Probanden. Als Hauptergebnis fanden wir ein ausgeprägtes Leistungsdefizit der depressiven Patienten für verschiedene Parameter während der stufenweisen Belastungsergometrie. Die Gruppen unterschieden sich deutlich in der maximalen Leistungsfähigkeit: Im Mittel erreichten die Kontrollprobanden eine maximale Wattzahl von 203,3 Watt, während die Patienten durchschnittlich 137,4 Watt Maximalleistung erbrachten. Auch die Ergebnisse der Laktatdiagnostik bestätigen die geringere körperliche Leistungsfähigkeit der depressiven Patienten gegenüber den gesunden Probanden. Die individuelle anaerobe Schwelle (IAS), die als ein Maß der Ausdauerleistungsfähigkeit (Dickhuth 2000) angesehen werden kann, lag bei der gesunden Vergleichsgruppe um 26,1 Watt höher als die der Patientengruppe. Weiterhin konnten wir in der stufenweisen Belastungszunahme bei den Patienten einen erheblich früheren Laktatanstieg im peripheren Blut feststellen. Im Mittel kam es bei den Patienten bei einer Belastung von 72,6 Watt zum ersten messbaren Laktatanstieg (LT), bei den Gesunden jedoch erst unter einer Belastung von 104,1 Watt. Normales Gehen entspricht einer Arbeitsleistung von 25 bis 50 Watt, Treppensteigen entspricht 75 bis 100 Watt. Bei der Patientengruppe kam es also bereits unter Belastungsintensitäten, die alltäglichen Situationen entsprechen, zu einem Laktatanstieg. Die signifikant erniedrigte Ausdauerleistungsfähigkeit der Patienten, charakterisiert durch einen rascheren Laktatanstieg bereits in unteren Intensitätsbereichen und eine erniedrigte IAS, führte zu einem früheren Belastungsabbruch in der Patientengruppe. 5 Diskussion Dies 70 spiegelt sich in der maximal erreichten Laktatkonzentration wieder (Kontrollprobanden 8,2 mmol/l, depressive Patienten 6,0 mmol/l). Die erhobenen Parameter aus Belastungsergometrie und Laktatdiagnostik belegen also deutlich die geringere Ausdauerleistungsfähigkeit der Patienten im Vergleich zu den gesunden Probanden. Da bei Einschluss der Kontrollprobanden das Ausüben einer Leistungssportart ausgeschlossen wurde, kann die Leistungsdifferenz nicht auf einen spezifischen Trainingseffekt zurückgeführt werden. Antriebsstörungen und amotivationale Zustandsbilder stellen Kernsymptome der depressiven Episode nach ICD-10 dar. Allein diese Symptome könnten die Gruppendifferenzen zumindest einiger Leistungsparameter erklären, z.B. im Sinne eines frühzeitigen Belastungsabbruches und der dadurch resultierenden erniedrigten maximalen Wattleistung. Da jedoch die Modulation der Laktatkonzentration motivationsunabhängig ist und sich diese ebenfalls signifikant von denen der gesunden Vergleichsgruppe unterschied, kann die geringere Ausdauerleistungsfähigkeit der depressiven Patienten nicht ausschließlich auf mangelnden Antrieb in der Untersuchungssituation zurückzuführen sein. Tatsächlich kam es nur bei zwei der 51 Patienten vor, dass die Untersuchung noch vor Erreichen der IAS abgebrochen wurde. Alle anderen Patienten hielten die Belastung über die IAS hinaus aufrecht. Die Herzfrequenzanalyse hingegen deutet auf eine insgesamt geringere Ausbelastung der depressiven Patienten hin. Lediglich 28 der 51 Erkrankten genügten den Anforderungen eines Maximaltests (Herzfrequenz 200 – Lebensalter), während sich in der gesunden Vergleichsgruppe 42 Probanden bei der Leistungsergometrie ausbelastet hatten. Es bleibt unklar, ob die Patienten aufgrund mangelnder Motivation die Belastung vor dem Erreichen der alterangepassten Maximalherzfrequenz abbrachen, oder ob sie aufgrund einer Laktatazidose, die aus einer frühen Erschöpfung der Laktateliminationsmechanismen resultierte, dazu gezwungen waren. Für letzteren Grund sprechen die im Mittel sehr niedrig liegenden LT und IAS der depressiven Patienten. Um festzustellen, ob es innerhalb der Patientengruppe Unterschiede in den Leistungsparametern gab, die auf andere Faktoren zurückzuführen sind, wurde die Patientengruppe bezüglich verschiedener Fragestellungen analysiert. Dabei zeigte sich, dass sich die Dauer der aktuellen depressiven Episode auf die bei der 5 Diskussion 71 Leistungsdiagnostik ermittelten Werte nicht beeinflussend auswirkte. Ebenfalls keinen Einfluss hatte die Gesamtdauer der Erkrankung, festgemacht am Zeitpunkt der Erstdiagnose. leistungsdiagnostischen Auch fanden Parametern sich aufgrund keine Unterschiede unterschiedlicher in Anzahl den der vorangegangenen Episoden. Bei dem Vergleich hinsichtlich der Dauer der zum Untersuchungszeitpunkt bestehenden arbeitsunfähigen Zeit zeigten sich hingegen Unterschiede. Die Patienten, bei welchen die Arbeitsunfähigkeit seit längstens einem Monat bestand, erreichten deutlich höhere maximale Wattzahlen während der Fahrradergometrie als die Patienten, bei welchen die Arbeitsunfähigkeit länger als ein Jahr bestand. Leichte Unterschiede zeigten sich in der maximal erreichten Wattzahl bezogen auf das Körpergewicht (p(max)/kg) und in der erreichten Wattzahl beim Erreichen der individuellen anaeroben Schwelle bezogen auf das Körpergewicht (p(IAS)/kg). Da eine sehr lang bestehende Arbeitsunfähigkeit gegenüber einer erst seit kurzem bestehenden Arbeitsunfähigkeit einen deutlichen Einfluss auf die maximal erreichte Wattzahl gehabt zu haben schien, wirft dies die Frage auf, ob das schlechtere Abschneiden bei der Leistungsdiagnostik auf die Depression an sich oder eher auf die aus der Arbeitsunfähigkeit resultierende verminderte körperliche Aktivität zurückzuführen war. Der Vergleich von Nichtrauchern und Rauchern zeigte Unterschiede in der auf das Körpergewicht bezogenen maximal erreichten Wattzahl und in der erbrachten Leistung beim Erreichen der individuellen anaeroben Schwelle. Allerdings erreichten dabei die Raucher unter den Patienten entgegen der Erwartung eine im Schnitt um 33,7 Watt höhere maximale Wattzahl als die Nichtraucher. Auch die Leistung beim Erreichen der individuellen anaeroben Schwelle lag bei den Rauchern um 23,5 Watt höher als bei den Nichtrauchern. Allerdings war der Nikotinkonsum nicht bei allen Patienten bekannt. Bei der gesunden Kontrollgruppe war nicht erhoben worden, ob die einzelnen Personen Raucher oder Nichtraucher waren und es konnte somit nicht untersucht werden, ob es sich bei den gesunden Probanden ähnlich verhielt. Die bei der Ergometrie von den Patienten mit einer unipolaren Erkrankung erbrachten Leistungen unterschieden sich nicht von denen der Patienten mit einer bipolaren Erkrankung. Auch zwischen Therapie-Respondern (Patienten, deren BDI- 5 Diskussion 72 Score sich während des stationären Aufenthaltes um mindestens 50% reduziert hatte) und Therapie-Non-Respondern war kein Unterschied zu beobachten. Bei der Korrelationsanalyse von stationärer Aufenthaltsdauer und Leistungsparametern zeigte sich nur eine Tendenz im Sinne einer negativen Korrelation zwischen Aufenthaltsdauer und maximal erreichter Wattzahl, das heißt je länger der Aufenthalt, desto niedriger die erreichte Wattzahl. Diese Korrelation war jedoch nicht eindeutig. Ein Zusammenhang zwischen dem Bodymassindex und den Absolutwerten der Leistungsparameter war nicht vorhanden. Ebenso verhielt es sich bei der Korrelationsanalyse von BDI-Scores und Leistungsparametern. Die Korrelationsanalyse von Alter und Leistungsparametern ergab für fast alle der erhobenen Werte, außer für den Absolutwert der Leistung an der Laktatschwelle, eine negative Korrelation, die Leistung schien also mit steigendem Alter abzunehmen. Dabei stellt sich die Frage, ob die Leistungsabnahme mit steigendem Alter der Norm entspricht, also ob die von den einzelnen Patienten erbrachte Leistung der Norm ihrer Altersklasse entspricht oder ihre Werte unter den Normwerten der jeweiligen Altersklasse lagen. Die nähere Betrachtung dieses Aspektes hatte gezeigt, dass lediglich 14 der 51 Probanden aus der Patientengruppe 100% ihrer maximalen Soll-Leistung unter Berücksichtigung von Alter und Geschlecht erreichten, während in der gesunden Kontrollgruppe 40 der 51 Probanden 100% erreichten. Es bestand hier ebenfalls ein deutlicher Unterschied zwischen den beiden Gruppen. Die negative Korrelation von Alter und Leistungsparametern in der Patientengruppe entsprach also nicht der normalen altersbedingten Leistungsminderung, da 37 der 51 depressiven Patienten ihre maximale Soll-Leistung auch unter Berücksichtigung von Alter und Geschlecht nicht erreichten. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass zwischen der Gruppe der depressiv erkrankten Patienten und der gesunden Kontrollgruppe sehr deutliche Unterschiede in allen vor allem durch die Laktatdiagnostik erhobenen Leistungsparametern bestehen, was für eine deutliche Minderung der Ausdauerleistungsfähigkeit auf Seiten der depressiven Patienten spricht. 5 Diskussion 73 Innerhalb der Patientengruppe gab es jedoch kaum Faktoren, die sich beeinflussend auf die Ergebnisse der Leistungsergometrie ausgewirkt hatten. Die Frage war hierbei gewesen, ob sich die verminderte Leistungsfähigkeit alleine durch die vorliegende Depression erklären ließ oder ob andere konfundierende Variablen vorlagen, die eine allein durch Depression verursachte verminderte Leistungsfähigkeit vortäuschten. Tatsächlich hatte aber lediglich die Dauer der arbeitsunfähigen Zeit einen deutlichen Einfluss auf das Abschneiden bei der Fahrradergometrie. Ebenfalls schien das Alter der Patienten einen Einfluss auf die Ergometrie gehabt zu haben, diese Leistungsminderung war jedoch nicht auf das Alter alleine zurückzuführen, da die Patienten auch gegenüber der auf Alter und Geschlecht bezogenen Norm Leistungsdefizite aufwiesen. Eine wichtige Frage, die bei meiner Arbeit berücksichtigt werden sollte, war die nach einem eventuell bestehenden Zusammenhang zwischen dem Maß an körperlicher Inaktivität und dem schlechteren Abschneiden bei der Leistungsergometrie, um ausschließen zu können, dass die Leistungsminderung lediglich eine Folge der verminderten körperlichen Aktivität war. Es wurden mehrere Faktoren betrachtet, die in der Regel eine Reduktion der körperlichen Aktivität mit sich bringen. Wie eine genauere Betrachtung ergab, ließ sich lediglich ein Einfluss der Dauer der Arbeitsunfähigkeit auf die verminderte Leistungsfähigkeit der depressiven Patienten erkennen, so dass diese nicht oder zumindest nicht vollständig auf die verminderte körperliche Aktivität zurückzuführen ist. Neben dieser Frage sollte auch beleuchtet werden, ob sich eine Aussage über den Zusammenhang von Schweregrad der Depression und Grad der Verminderung der körperlichen Leistungsfähigkeit machen lässt. Mehrere der näher untersuchten Faktoren geben Aufschluss auf den Schweregrad der vorliegenden depressiven Erkrankrankung. Sehr wichtig ist hierbei der BDI-Score, der beim Ausfüllen eines Selbstbeurteilungsbogen von den Patienten zur Erfassung des Schweregrades der depressiven Symptomatik erreicht worden war. Zwischen der Höhe der erreichten Punktzahl mit Hilfe des BDI-Fragebogens und den bei der Ergometrie erzielten Ergebnissen bestand allerdings kein Zusammenhang. Auch schnitten die sogenannten Therapie-Non-Responder gegenüber den Therapie-Respondern nicht schlechter ab. Auch andere Faktoren, die Hinweis auf den Schweregrad der 5 Diskussion 74 Erkrankung geben können, hatten keinen Einfluss auf die Ergebnisse der Leistungsergometrie. Lediglich die Dauer der arbeitsunfähigen Zeit, die aber höchstens als indirektes Maß des Schweregrades der Depression angesehen werden kann, hatte, wie bereits erwähnt, einen Einfluss. Eine schwerere depressive Erkrankung im Sinne einer stärkeren Ausprägung der depressiven Symptomatik oder einer längeren Krankheitsdauer ging also nicht mit einer stärkeren Leistungsminderung einher. In der Literatur sind zahlreiche Studien zu finden, die sich mit dem Zusammenhang zwischen Sport und Depressionen befassen. Bei den meisten Studien jedoch handelt es sich um therapiebegleitende Studien, welche Sport als Bestandteil der Behandlung von Depressionen untersuchten. Im Gegensatz hierzu war es Inhalt unserer Studie, die körperliche Leistungsfähigkeit von depressiven Patienten an sich, verglichen mit einer gesunden Kontrollgruppe genauer zu beleuchten. Die Ergebnisse der verschiedenen Studien, die sich mit Sport als eine Therapieoption beschäftigen, weisen in eine ziemlich einheitliche Richtung: Sport hat bei der Behandlung von Depressionen einen deutlicheren Einfluss auf die depressive Symptomatik gegenüber dem Fall, dass gar keine Behandlung stattfindet, der antidepressive Effekt scheint nicht nur den aeroben Trainingsformen vorbehalten zu sein. Von anderen Behandlungsformen, wie zum Beispiel Psychotherapie, unterscheidet sich die Behandlung durch Sport in ihrer Wirksamkeit nicht signifikant. Außerdem scheint der antidepressive Effekt von Training nicht an eine Verbesserung der körperlichen Fitness gekoppelt zu sein (Martinsen 1994). Die genauere Untersuchung der körperlichen Leistungsfähigkeit von depressiven Patienten, die der Hauptinhalt unserer Studie darstellt, fand bisher eher selten statt. Morgan et al. (1969) hatten eine verminderte PWC (Physical work capacity) bei depressiven Patienten festgestellt. Als Vergleichsgruppe dienten bei dieser Studie jedoch nicht wie bei unserer Studie gesunde Probanden sondern andere nicht depressiv erkrankte Patienten einer psychiatrischen Klinik (Morgan et al. 1969). Martinsen, Strand, Paulsson und Kaggestad untersuchten in ihrer Studie im Jahr 1989 die körperliche Leistungsfähigkeit von depressiven Patienten. Im Gegensatz zu unserer Studie untersuchten sie jedoch auch Patienten mit Angststörungen. Die Patienten absolvierten nicht nur einen Belastungstest, wie es in unserer Studie der 5 Diskussion 75 Fall war. Zunächst wurde ein Belastungstest im submaximalen Bereich über sechs Minuten durchgeführt, danach ein Test im maximalen Bereich. Außerdem waren die Patienten in einem Vorabtest im submaximalen Bereich an die Untersuchungssituation gewöhnt worden. Im Gegensatz zu unserer Studie wurden in dieser als leistungsdiagnostische Parameter die maximale Sauerstoffaufnahme, VO2 max, und die sogenannte physical work capacity, PWC, herangezogen. Ein weiterer methodischer Unterschied bestand darin, dass die Werte der Patienten nicht mit einer parallelisierten gesunden Kontrollgruppe verglichen wurden, sondern mit denen aus der Literatur bekannten Normwerten. Außerdem wurde eine Lungenfunktionsdiagnostik durchgeführt, um sicherzustellen, dass die verminderte Leistungsfähigkeit tatsächlich auf körperliche Inaktivität zurück zu führen und nicht krankheitsbedingt war (Martinsen et al. 1989c). Trotz dieser methodischen Unterschiede wurden die Ergebnisse dieser Studie durch die unserer bestätigt: gegenüber der Norm wiesen die psychiatrischen Patienten, und zwar alle diagnostischen Subgruppen gleichermaßen, eine verminderte körperliche Leistungsfähigkeit auf. Obwohl die Patienten durch einen Vorabtest an die Untersuchungssituation gewöhnt worden waren, zeigten sie im Vergleich zu den erwarteten Normwerten signifikant niedrigere Werte. Es scheint also eher unwahrscheinlich, dass das schlechtere Abschneiden der Patienten in unserer Studie auf Ängstlichkeit in der Untersuchungssituation zurück zu führen ist, obwohl unsere Patienten nicht im Vorfeld daran gewöhnt worden waren. Eine weitere unserer Studie zumindest in Anteilen vergleichbare Studie wurde von Martinsen, Hoffart und Solberg durchgeführt. Hauptinhalt dieser Studie war allerdings der Vergleich von aerobem mit nicht-aerobem Training bei der Behandlung von Depressionen gewesen, wobei sich zeigte, dass beide Trainingsformen einen antidepressiven Effekt aufweisen konnten. Eingangs wurden jedoch die Patienten auf ihre körperliche Leistungsfähigkeit hin eingehender untersucht und ihre Daten mit den erwarteten Normwerten verglichen, auch hier existierte keine parallelisierte gesunde Kontrollgruppe. Die Methodik unterschied sich wie die oben beschriebene Studie in den sportmedizinischen Parametern (auch hier wurde VO 2 max ermittelt) und der Durchführung zweier verschiedener Tests, einer im submaximalen, einer im maximalen Bereich. Doch der Vergleich mit den zu erwartenden Normdaten ergab ebenfalls eine deutliche Leistungsminderung seitens der Patienten, so dass auch die 5 Diskussion 76 Ergebnisse dieser Studie mit denen unserer übereinstimmen (Martinsen et al. 1989b). Hollenberg, Haight und Tager untersuchten in ihrer Studie aus dem Jahr 2003 den Einfluss von Depressionen auf die kardiopulmonale Fitness von 663 Frauen. Die Probandinnen absolvierten einen Laufbandtest bis zur subjektiven Erschöpfung. Erfasst wurden die maximale Sauerstoffaufnahme, die Dauer der Belastung bis zum Abbruch und der sogenannte Oxygen uptake efficency slope (OUES), welcher wie die in unserer Studie erfasste IAS nicht subjektiv beeinflussbar und somit motivationsunabhängig ist. Die Probandinnen wurden vier verschiedenen Gruppen zugeordnet. Frauen, die von depressiven Symptomen berichteten und Antidepressiva einnahmen, wurden Gruppe 1 zugeordnet, Gruppe 2 bestand aus Probandinnen, die eine Symptomatik aufwiesen aber keine Medikamente einnahmen, Gruppe 3 fasste die Frauen zusammen, die, obwohl sie frei von depressiven Symptomen waren, antidepressive Medikamente einnahmen. Die Frauen, die weder Symptome aufweisen konnten noch Antidepressiva einnahmen, wurden Gruppe 4 zugeordnet und stellten somit das gesunde Vergleichskollektiv dar. Ergebnis der Studie war, dass alle Leistungsparameter die von den Probandinnen in Gruppe 1 erreicht wurden, signifikant schlechter gegenüber Gruppe 4 waren. Die Ergebnisse, die von Gruppe 2 und 3 erreicht wurden, lagen zwischen denen von Gruppe 1 und 4. Die depressiv Erkrankten zeigten also gegenüber der gesunden Vergleichsgruppe eine deutliche Leistungsminderung, was mit den Ergebnissen unserer Studie bestätigt werden konnte. Die Autoren sahen eine Korrelation zwischen Schweregrad der depressiven Symptomatik und Verminderung der kardiopulmonalen Fitness, was wir in unserer Studie nicht gesehen haben. Allerdings galt das nur für einen der drei erfassten Parameter, den OUES. Für die Dauer bis zum Abbruch der Belastung und für VO2 max war keine solche Korrelation festgestellt worden. Außerdem war dieser Zusammenhang auch nur innerhalb einer der Gruppen, und zwar in Gruppe 1 festgestellt worden. Der Schweregrad der Depression wurde nicht wie in unserer Studie über eine erreichte Punktezahl in einem Fragebogen definiert (bei uns BDI), sondern darüber, in wie vielen Interviews die Patientinnen von derzeitig bestehenden depressiven Symptomen berichteten. Es wurden insgesamt drei Interviews im jeweiligen Abstand von zwei Jahren durchgeführt. Eine Leistungsminderung war außerdem auch innerhalb der Gruppe, in welcher die Patientinnen zu keinem Zeitpunkt Symptome aufwiesen (Gruppe 3), 5 Diskussion 77 vorhanden. Da eine Korrelation nur bezüglich eines Parameters und auch nur innerhalb einer Subgruppe vorhanden war, lässt sich meiner Meinung nach daraus keine generelle Korrelation von Schweregrad der Depression und Maß der Leistungsminderung ableiten (Hollenberg et al. 2003). Galper, Trivedi, Barlow et al. untersuchten in ihrer Studie von 2006 den Zusammenhang von körperlicher Inaktivität und psychischer Verfassung. 5451 Männer und 1277 Frauen absolvierten einen Belastungstest bis zur subjektiven Erschöpfung auf dem Laufband und gaben mit Hilfe von Selbstbeurteilungsbögen Auskunft über ihre gewohnte körperliche Aktivität, depressive Symptome (Center for Epidemiological Studies Scale for Depression; CES-D) und emotionales Wohlbefinden (General Well-Being Schedule; GWB). Die Hauptergebnisse dieser Studie waren, dass zwischen kardiorespiratorischer Fitness und depressiven Symptomen ein gegensinniger Zusammenhang besteht. Ebenso verhielt es sich mit körperlicher Aktivität und depressiven Symptomen. Probanden mit herabgesetzter kardiorespiratorischer Fitness und verminderter körperlicher Aktivität berichteten häufiger von depressiven Symptomen und vermindertem emotionalen Wohlbefinden. Die Autoren dieser Studie sahen im Gegensatz zu unseren Ergebnissen eine Korrelation zwischen Ausprägung der depressiven Symptome und Maß der verminderten Fitness und körperlichen Inaktivität. Allerdings hatten wir in unserer statistischen Auswertung für jeden einzelnen Patienten Korrelationsanalysen für alle sportmedizinischen Parameter und den erreichten BDI-Score durchgeführt. Galper et al. haben ihre Probanden lediglich drei verschiedenen Gruppen hinsichtlich der kardiorespiratorischen Fitness (low, moderate, high cardiorespiratory fitness) und vier verschiedenen Gruppen hinsichtlich der körperlichen Aktivität (inactive, insufficiently, sufficiently, highly active) zugeteilt. Anschließend wurden die Gruppen hinsichtlich ihrer CES-D- und GWB-Scores verglichen. Durch die Einteilung in Kategorien kann ein gewisser Gruppeneffekt und eine damit vorgetäuschte Korrelation nicht ausgeschlossen werden. Im Gegensatz zu unserer fand in dieser Studie kein direkter Vergleich zwischen manifest an einer Depression erkrankten Patienten und gesunden Probanden statt. Ein deutlicher Vorteil dieser Studie war das erheblich größere Probandenkollektiv. Außerdem war hier bei den Probanden der Umfang ihrer gewohnten körperlichen Aktivität genauer erhoben worden (Galper et al. 2006). 5 Diskussion 78 Die Ergebnisse früherer durchgeführter Studien konnten größtenteils durch die unserer Studie bestätigt werden. Eine weitere interessante Überlegung ist, ob eine verminderte Leistungsfähigkeit auch bei anderen psychiatrischen Krankheitsbildern zu finden ist, oder ob sie ein für die Depression spezifisches Symptom darstellt. Dies scheint nicht der Fall zu sein, wie mehrere Studien in der Vergangenheit gezeigt haben. So verglichen Meyer, Broocks, Bandelow et al. im Jahre 1998 die maximale Sauerstoffaufnahme und die auf dem Fahrradergometer geleistete Arbeit bei einer Laktatkonzentration von 4 mmol/l von Patienten mit einer Panikstörung mit denen einer gesunden Kontrollgruppe, bevor beide Gruppen ein 10-wöchiges Lauftraining absolvierten. Die Patientengruppe zeigte deutlich verminderte Werte gegenüber der gesunden Vergleichsgruppe (Meyer et al.1998). Wie bereits erwähnt, untersuchten Martinsen et al. in ihrer Studie von 1989 nicht nur die körperliche Leistungsfähigkeit von depressiven Patienten sondern auch die von Patienten mit einer Angststörung und konnten dabei wie bei den depressiven Patienten auch bei den Angstpatienten eine deutlich Leistungsminderung feststellen (Martinsen et al. 1989b). Deimel und Lohmann untersuchten in ihrer Studie von 1983 die körperliche Leistungsfähigkeit von schizophrenen Patienten. Im Bezug auf die Leistung an der aerob-anaeroben Schwelle (hier plac4 = Leistung bei einer Laktatkonzentration von 4 mmol/l) und die maximal erreichte Belastungsstufe erzielten die Patienten deutlich niedrigere Werte als eine parallelisierte, untrainierte gesunde Vergleichsgruppe. Die Patienten fielen außerdem durch einen frühen Abbruch schon im submaximalen Bereich auf und die Soll-Leistungswerte unter Berücksichtigung von Alter und Gewicht lagen deutlich unter der Norm für Nichttrainierte (Deimel, Lohmann 1983). Eine Verminderung der körperlichen Leistungsfähigkeit ist somit ein Phänomen, welches nicht nur bei Depressionen sondern auch bei anderen psychiatrischen Krankheitsbildern anzutreffen ist. In unserer Studie konnte eine deutliche Minderung der Ausdauerleistungsfähigkeit depressiver Patienten im Bereich der individuellen anaeroben Schwelle (IAS) gezeigt werden. Jedoch bleibt die Frage der Kausalität weiterhin ungeklärt: sind depressive 5 Diskussion 79 Patienten weniger leistungsfähig weil sie depressiv sind oder sind sie depressiv, weil sie körperlich weniger aktiv sind? Wie unsere Studie gezeigt hat, liegt die IAS der depressiven Patienten gegenüber der gesunden Kontrollgruppe in einem deutlich niedrigeren Bereich. Unklar ist jedoch, ob die niedrige IAS aus dem Vermeidungsverhalten und der damit verbundenen körperlichen Inaktivität resultiert, was ein häufiges Symptom der Depression darstellt, oder ob eine niedrige IAS zuerst bestand und ein Vermeidungsverhalten bedingte und damit eine Depression mit verursachte. Am ehesten ist anzunehmen, dass die depressiven Patienten durch krankheitsbedingtes Vermeidungsverhalten gegenüber Gesunden körperlich inaktiver sind und daraus eine verminderte Leistungsfähigkeit resultiert. In einigen Studien wurde bereits untersucht, wie sich ein Sportentzug auf Trainierte auswirkt. Berlin, Kop und Deuster untersuchten in ihrer Studie 40 Probanden, die an ein regelmäßiges Training (mindestens drei mal pro Woche für 30 Minuten oder länger) gewohnt waren. Die Probanden wurden zwei Gruppen zugeteilt. Eine musste eine zweiwöchige Sportabstinenz einhalten, die andere Gruppe trainierte wie gewohnt regelmäßig weiter. Die ersten Anzeichen von Müdigkeit, negativer Gestimmtheit und depressiven Symptomen traten nach der ersten Woche des Sportentzuges auf und verstärkten sich in der zweiten Woche. Negative Gestimmtheit und Müdigkeit standen in engem Zusammenhang mit herabgesetzter Fitness. Negative Gestimmtheit wurde mit dem Profile of Mood States (POMS) gemessen, depressive Symptomatik mit dem Beck Depression Inventory II (BDI-II) und Müdigkeit mit dem Multidimensional Fatigue Inventory (MFI). Die körperliche Fitness wurde mit einem Fahrradergometer ermittelt (Berlin et al. 2006). Mondin, Morgan, Piering et al. untersuchten in ihrer Studie zehn freiwillige Probanden, vier Frauen und sechs Männer, die gewohnt waren an sechs oder sieben Tagen pro Woche für mindestens 45 Minuten zu trainieren. Die Beobachtung dauerte fünf Tage: am ersten Tag setzten die Probanden ihr gewohntes Training fort, um an den folgenden drei Tagen das Training auszusetzen, mit welchem sie am fünften Tag fortfuhren. Ergebnis der Studie waren Stimmungsschwankungen, gemessen während des Sportentzuges, mit einer leichten Besserung am dritten Tag des Entzuges. Als Psychometrische Messinstrumente wurden POMS, Depression Adjective Checklist (DACL) und Stat-Trait Anxiety Inventory (STAI) herangezogen (Mondin et al. 1996). 5 Diskussion 80 Bei trainierten Personen scheint ein Entzug von körperlicher Aktivität das Auftreten depressiver Symptome und Stimmungsschwankungen zu fördern. Ob aber eine sportliche Inaktivität bei Nicht-Trainierten ursächlich am Entstehen einer Depression beteiligt ist, wurde bisher unzureichend untersucht. In der NHANES-I-Studie, einer prospektiven Studie, wurden 1497 Probanden im Alter zwischen 25 und 72 Jahren über einen Zeitraum von 8 Jahren in regelmäßigen Abständen untersucht. Im Laufe dieser Zeit wurde bei Personen mit geringerer körperlicher Aktivität eine doppelt so hohe Depressivitätsrate beobachtet (Farmer et al. 1988, Broocks et al. 1997). Längere Beobachtungszeiträume könnten gewichtigere Aussagen über den Zusammenhang von körperlicher Inaktivität und dem Entstehen depressiver Erkrankungen erlauben. Körperliche Inaktivität ist vermutlich sowohl eine Ursache als auch eine Konsequenz von depressiven Symptomen, aber vielleicht werden zukünftige Studien die Frage der Kausalität näher beantworten können. Ein leistungsmindernder Effekt ausgelöst durch die Einnahme verschiedener Medikamente kann in unserer Studie nicht vollständig ausgeschlossen werden, da die Großzahl der Patienten, die an unserer Studie teilnahmen, unter Medikation stand. Aufgrund der großen Anzahl und Vielfältigkeit von Medikamenten, die sich bei den von uns untersuchten Patienten fanden, waren eine systematische Einteilung in verschiedene Subgruppen hinsichtlich der Medikamente und ein genauer Vergleich nicht möglich. Hollenberg et al. hatten jedoch in ihrer Studie im Jahr 2003 festgestellt, dass sich die Unterschiede in den sportlichen Parametern zwischen der Gruppe der depressiven Patienten und der Gruppe der nicht-depressiven nach Ausschluss der Patienten, die blutdrucksenkende Medikamente einnahmen nicht signifikant geändert hatten (Hollenberg et al. 2003). Eine weitere methodische Ungenauigkeit kann in der Einteilung der Patienten in die unterschiedlichen Subgruppen nach weiteren krankheitsrelevanten Faktoren gesehen werden. Diese Einteilung fand eher willkürlich nach selbstgesetzten Kriterien statt. So kam es auch zu unterschiedlichen Gruppengrößen. Die Patientengruppe war hinsichtlich ihrer sportlichen Aktivität während oder vor Eintreten der depressiven Episode nicht hinreichend befragt worden. Eventuelle Unterschiede der sportlichen Leistungsfähigkeit in der Patientengruppe, bedingt durch einen unterschiedlichen Trainingszustand, konnten somit nicht identifiziert 5 Diskussion 81 werden. Auch die körperliche Aktivität während des stationären Aufenthaltes in Form von Teilnahme an verschiedenen sportlichen Therapieformen war unzulänglich dokumentiert worden. Somit kann keine Aussage über einen eventuell daraus resultierenden Effekt auf das Abschneiden in der sportmedizinischen Untersuchung gemacht werden. Bei der gesunden Kontrollgruppe war im Gegensatz zu der Patientengruppe zu Anfang der Raucherstatus nicht erhoben worden. In zukünftigen Studien sollten anamnestischen Mängel dieser Art vermieden werden. Deutliche Stärke unserer Studie war der direkte Vergleich einer Gruppe depressiv Erkrankter mit einer gesunden Kontrollgruppe. Um zu repräsentativen Ergebnissen zu kommen, ermittelten wir den Schweregrad der depressiven Symptomatik mit Hilfe eines standardisierten, etablierten Fragebogens, dem BDI (Beck Depression Inventory). Viele der methodischen Ungenauigkeiten könnten in zukünftigen Studien durch die Wahl eines prospektiven Studiendesigns vermieden werden. Durch eine genaue Medikamentenanamnese zu Beginn der Untersuchung könnte der Effekt verschiedener Medikamente auf die Leistungsfähigkeit besser untersucht werden. Auch die sportliche Aktivität der Patienten vor Teilnahme an der Studie sollte zu Beginn genauer dokumentiert werden. Unsere und viele andere Studien haben gezeigt, dass ein bedeutender Zusammenhang zwischen depressiven Erkrankungen und körperlicher Aktivität zu bestehen scheint. Die Tatsache, dass eine vermehrte sportliche Betätigung in vielen Fällen zu einer deutlichen Symptomreduktion bei depressiven Patienten führte, hat bereits zum vermehrten Einsatz von sportlichen Übungen in Therapieplänen geführt. Ein großer Vorteil hierbei ist, dass diese Form der Behandlung von den Patienten als sehr positiv bewertet wird, da sie eine gewisse Selbstwirksamkeit erfahren und diese Art der Therapie frei von den medikamententypischen Nebenwirkungen ist. Eine verstärkte Integration von Sport in die Behandlungspläne sollte auch in Zukunft praktiziert werden. Ein allerdings hierbei zu beachtender wichtiger Aspekt ist die richtige Wahl der Trainingsintensität. Bei Patienten mit verminderter Leistungsfähigkeit und einer IAS in deutlich niedrigen Bereichen sollte mit Trainingseinheiten in Bereichen niedrigerer Intensität begonnen werden. Eine körperliche Belastung unter zu hoher Intensität und die damit verbundene Überforderung und Enttäuschung würden sich auf eine Depression eher nachteilig 5 Diskussion 82 auswirken. Eine sportmedizinische Untersuchung zur Einstufung der individuellen körperlichen Leistungsfähigkeit sollte vor Trainingsbeginn durchgeführt werden. Dabei sollte auch eine genaue internistische Abklärung erfolgen, da Depressionen oft mit kardiovaskulären Erkrankungen vergesellschaftet sind, was bei der Wahl der Trainingsintensität ebenfalls von großer Bedeutung ist (Galper et al. 2006, Broocks et al. 1997). Ein weiterer Einsatz von körperlichem Training im Bezug auf psychiatrische Erkrankungen im Allgemeinen und Depressionen im Speziellen kann in der Prophylaxe gesehen werden. Ließe sich zeigen, dass aus einer niedrigen IAS ein Vermeidungsverhalten resultiert welches zu einer Depression führen kann, eine verminderte körperliche Aktivität also ursächlich am Entstehen einer Depression beteiligt ist, könnte körperliche Aktivität durchaus als Primärprophylaxe gegen Depression eingesetzt werden. Denkbar wäre auch ein körperliches Training zur Rezidivprophylaxe bei Patienten, die bereits an Depressionen erkrankt waren und die vielleicht auch schon in der akuten Phase der Krankheit positive Erfahrungen mit Sport im Sinne einer Symptomreduktion erfahren haben. Ein weiterer präventiver Ansatz kann hinsichtlich kardiovaskulärer Erkrankungen gesehen werden. In vielen epidemiologischen Studien wurde angedeutet, dass Depressionen ein Risikofaktor für die Morbidität und Mortaliät kardiovaskulärer Erkrankungen sind, auch nachdem andere wichtige Kovariaten wie Alter, Body Mass Index, sozioökonomischer Status und andere medizinische Leiden ausgeschlossen worden waren (Galper et al. 2006, Pennix et al. 2001, Pennix et al. 1999). Da körperliche Inaktivität ohnehin einer der wichtigsten verhaltensabhängigen Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen darstellt, birgt der Einsatz von Sport in der Behandlung von Depressionen hinsichtlich der Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen einen doppelten Benefit. 5 Diskussion 83 Körperlicher Trainingszustand von Patienten mit Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen Autoren, Jahr Unsere Studie Probanden Vergleichsgruppe Parameter Ergebnis 51 depressive Patienten, Durchschnittsalter 49 Jahre 51 alters-, geschlechts-, gewichtsgematchte gesunde Probanden, Durchschnittsalter 48 Jahre Signifikante Leistungsminderung der Patienten Morgan et al. 1969 Deimel, Lohmann 1983 17 depressive Patienten maximale Leistung, Leistung beim ersten Laktatanstieg, Leistung an der individuellen anaeroben Schwelle physical work capacity physical work capacity signifikant vermindert keine gesunde Kontrollgruppe maximale Leistung, Leistung bei einer Laktatkonzentration von 4 mmol/l, maximale Sollleistung (%) Patienten mit Schizophrenie Martinsen et al. 1989 38 depressive Patienten, Literaturwerte 16 Patienten mit Angststörung, 36 Patienten mit Depression und Angststörung, Durchschnittsalter 39,3 Jahre Signifikanter Unterschied in der Leistung bei einer Laktatkonzentration von 4 mmol/l, hoch signifikante Unterschiede in der maximalen Leistung und maximalen Sollleistung physical work capacity hoch signifikant erniedrigt Martinsen et al. 1989 Literaturwerte maximale Sauerstoffaufnahme maximale Sauerstoffaufnahme signifikant erniedrigt keine gesunde Kontrollgruppe, Tests im maximalen und submaximalen Bereich 11 gesunde Probanden, Durchschnittsalter 33,4 Jahre Leistung bei einer Laktatkonzentration von 4 mmol/l, maximale O2-Aufnahme maximale Sauerstoffaufnahme und Leistung bei einer Laktatkonzentration von 4 mmol/l signifikant erniedrigt Patienten mit Panikstörung Psychiatrische Patienten mit nicht depressiver Erkrankung 18 Patienten mit 14 parallelisierte, schizophrener Erkrankung, untrainierte gesunde Durchschnittsalter 31,8 Probanden, Jahre Durchschnittsalter 36,7 Jahre 41 depressive Patienten, 58 Patienten mit Depression und Angststörung, Durchschnittsalter 40,6 Jahre Meyer et al. 38 Patienten mit 1998 Panikstörung, Durchschnittsalter 32,3 Jahre physical work capacity Methodische Unterschiede auch Patienten mit Angststörung untersucht, keine gesunde Kontrollgruppe, Tests im maximalen und submaximalen Bereich 5 Diskussion 84 Hollenberg et al. 2003 114 depressive 366 Probandinnen frei von maximale Patientinnen, depressiven Symptomen, Sauerstoffaufnahme, Durchschnittsalter 65 Jahre Durchschnittsalter 67 Jahre Belastungsdauer, oxygen uptake efficency slope Galper et al. 2006 6728 Probanden, Durchschnittsalter 49,2 Jahre keine Gruppenbildung hinsichtlich depressiver Symptome, nur hinsichtlich cardiorespiratory fitness und körperlicher Aktivität cardiorespiratory fitness cardiorespiratory fitness: defined as the time to volitional exhaustion on a treadmill test Tabelle 23 Leistungsminderung der Patienten, Korrelation von Schweregrad der depressiven Symptomen und Leistungsminderung Signifikante Leistungsminderung der Probanden mit depressiven Symptomen, Korrelation zwischen Ausprägung der depressiven Symptome und Maß der verminderten Fitness keine 1 zu 1 Matchung kein direkter Vergleich manifest an Depression Erkrankter mit Gesunden 5 Diskussion 85 Sport und Depressionen Autoren, Jahr Greist et al. 1979 Brown et al. 1979 Rueter et al. 1982 Probanden Design Ergebnisse 28 Patienten mit leichter bis mittelschwerer Depression 101 Patienten mit Depression Doyne et al. 1983 McCann et al. 1984 4 Patientinnen mit Depression 10 Wochen 3 mal pro Woche aerobes Training oder zeitlich limitierte oder unlimitierte Psychotherapie 5 mal oder 3 mal pro Wochen joggen oder gar nicht joggen Beratungstherapie (1 Sitzung pro Woche) oder Kombination aus Beratungstherapie und Lauftraining (20 Minuten, 3 mal pro Woche) 6 Wochen Lauftraining, 4 mal pro Woche Keine Unterschiede der drei Therapieformen Rückgang der Symptome bei den Patienten die an Laufprogramm teilnahmen Stärkere Symptomreduktion bei den Patienten, die Kombinationstherapie erhielten Verbesserung der Symptomatik Klein et al. 1985 74 Patienten mit Minor oder Major Depression Martinsen et al. 1985 Williams et al. 1986 49 Patienten mit Minor oder Major Depression 41 Studenten mit mit hohen Scores in der Zung-Skala oder im POMS, gesunde Kontrollgruppe Sime et al. 1987 Freemont et al. 1987 15 Patienten mit Depression Doyne et al. 1987 Farmer et al. 1988 40 Patientinnen mit Depressionen 18 depressive Patienten 49 depressive Patientinnen 49 Patienten mit Depression 1497 Probanden zwischen 25 und 72 Jahren 10 Wochen aerobes Training, Entspannungsübungen oder Warteliste Verbesserung der kardiopulmonalen Fitness und der Depressivität in der Trainingsgruppe, nicht jedoch in den beiden anderen Gruppen 12 Wochen aerobes Training (2 mal pro Woche 1 Stunde Keine Unterschiede der drei Laufen), Entspannungsmeditation (1 mal 2 Stunden pro Therapieformen nach 12 Wochen, nach 9 Woche) oder Gruppentherapie (2 Stunden pro Woche) Monate follow-up jedoch besseres Ergebnis für Trainings- und Meditationsgruppe 9 Wochen aerobes Training (3 mal pro Woche) oder Deutlichere Verbesserung der depressiven Ergotherapie Symptome in der Trainingsgruppe 10 Wochen aerobes Training drei mal pro Woche oder Kaum Unterschiede der beiden Sportarten, Training geringerer Intensität zwei mal pro Woche in beiden Sportgruppen und in Kontrollgruppe Verbesserung der Depressivität 10 Wochen Lauftraining, 4 mal pro Woche Rückgang der depressiven Symptome Aerobes Training (3 mal 20 Minuten pro Woche), kognitive Verhaltenstherapie (1 Sitzung pro Woche) oder Kombination aus beidem 8 Wochen Lauftraining, Krafttraining (je vier mal pro Woche) oder Warteliste Über 8 Jahre Untersuchungen in regelmäßigen Abständen körperlich Aktivität und depressive Symptome betreffend Keine Unterschiede der drei Therapieformen Beide Sportarten führten gleichermaßen zur Symptomreduktion Doppelt so hohe Depressivitätsrate bei den Personen mit geringerer körperlicher Aktivität 5 Diskussion 86 Sexton et al. 1989 25 Patienten mit Depression Lauftraining oder Gehen Martinsen et al. 1989 99 Patienten mit Depression 8 Wochen 3 mal pro Woche aerobes Training oder Krafttraining Pappas et al. 32 Frauen mit erhöhten BDI-Scores 1990 Blumenthal et al. 156 ältere Patienten (> 50 Jahre) mit 1999 Depression BDI: Beck Depression Inventoty POMS: Profile of Mood States Tabelle 24 10 Wochen für je 2 Stunden aerobes Tanzen oder Raquetball 16 Wochen Ausdauertraining, Sertralintherapie oder Kombination aus beidem Statistisch nicht unterschiedliche Verbesserung der depressiven Symptomatik in beiden Gruppen Rückgang depressiver Symptome in beiden Gruppen, Verbesserung der maximalen Sauerstoffaufnahme nur in der aeroben Trainingsgruppe Größere Reduktion der BDI-Scores in der Tanzgruppe Keine Unterschiede der drei Therapieformen, Wirkeintritt bei Sertralinbehandlung 6 Zusammenfassung 87 6 Zusammenfassung Verschiedene Studien belegen das wachsende Interesse am Zusammenhang zwischen körperlicher Fitness und Depressionen. Bei den meisten Studien handelt es sich um therapiebegleitende Interventionsstudien, deren Ergebnisse in die selbe Richtung weisen: Sport ist als therapeutisches Mittel in der Behandlung von Depressionen sehr wirksam und wird von den betroffenen Patienten auch sehr positiv bewertet. Wenig Beachtung fand bisher jedoch die körperliche Leistungsfähigkeit depressiver Patienten an sich. Inhalt unserer Studie war deswegen der Vergleich der körperlichen Leistungsfähigkeit depressiver Patienten mit der einer gesunden Kontrollgruppe und die Untersuchung eventuell beeinflussender krankheitsrelevanter Faktoren. 51 psychiatrische Patienten und ein gesundes alters-, geschlechts- und gewichtsgematchtes Vergleichskollektiv absolvierten im Zeitraum von 2002 – 2006 eine fahrradergometrische Untersuchung. Dabei wurden verschiedene leistungsdiagnostische Parameter ermittelt. Des Weiteren wurden verschiedene krankheitsrelevante Daten erhoben, deren Einfluss auf die sportmedizinische Untersuchung betrachtet werden sollte. Die Ergebnisse unserer Studie zeigen eine signifikant verminderte körperliche Leistungsfähigkeit der depressiven Patienten. Von den untersuchten krankheitsrelevanten Daten zeigte einzig die Dauer der aktuellen Arbeitsunfähigkeit einen signifikanten Einfluss auf die Untersuchungsergebnisse. Die Patienten in unserer Studie fielen jedoch nicht nur durch eine erniedrigte maximale Belastungsintensität, sondern auch durch einen früheren Anstieg der Laktatkonzentration auf, was sie zu einem frühzeitigen Belastungsabbruch zwang. Sport hat sich in zahlreichen Studien als Therapie von Depressionen als sehr effektiv erwiesen. Die Belastungsintensität sollte jedoch sorgfältig gewählt werden, um einer Überforderung und damit verbundenen Misserfolgen entgegen zu wirken. Obwohl anzunehmen ist, dass die verminderte Leistungsfähigkeit aus einem Vermeidungsverhalten resultiert, bleibt die definitive Klärung der Frage nach der Kausalität weiterhin offen. Ob es möglich ist, dass eine depressive Symptomatik durch körperliches Vermeidungsverhalten zukünftiger Studien sein. hervorgerufen wird, sollte Inhalt 7 Literatur 88 7 Literatur Ahrens B. (1997) Suizidalität. Psychopharmakatherapie; 4 (5): 28-29 Åstrand P-O. (1988) From exercise physiology to preventive medicine. Ann Clin Res 20: 10-17 Beckmann H., Ebert M. H., Post R., Goodwin F. K. (1979) Effect of moderate exercise on urinary MHPG in depressed patients. Pharmacopsychiatry 12: 24-28 Berger M. (1999) Psychiatrie und Psychotherapie. Urban und Schwarzenberger, München, Wien, Baltimore Berger M. (2003) Psychische Erkrankungen - Klinik und Therapie. 2. Aufl. (1. Aufl. erschien 1999 unter dem Titel “Psychiatrie und Psychotherapie“) Urban und Fischer, München, Jena Berlin A. A., Kop W. J., Deuster P. A. 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Signifikanz T-Wert Größe in cm 170,9 13,2 171,5 9,5 -0,074 0,941 Gewicht in kg 77,3 19,1 74,4 16,2 -0,495 0,620 BMI in kg/m² 26,5 5,0 25,1 4,1 -0,622 0,534 p(max) in Watt 137,4 44,4 203,3 74,0 -4,613 0,000 p(max)/kg in Watt/kg 1,8 0,6 2,8 0,9 -4,856 0,000 p(LT) in Watt 72,6 23,2 104,1 41,0 -4,297 0,000 p(LT)/kg in Watt/kg 1,0 0,3 1,4 0,6 -4,427 0,000 p(IAS) in Watt 102,3 30,2 128,4 50,3 -2,837 0,005 p(IAS)/kg in (Watt/kg) 1,4 0,4 1,8 0,7 -3,092 0,002 Herzfrequenz in Ruhe 87,6 16,6 66,8 12,0 7,266 0,000 Herzfrequenz 50 Watt 113,3 17,7 105,6 16,5 Herzfrequenz bei 75 Watt 124,2 19,1 126,6 19,5 Herzfrequenz bei 100 Watt 134,0 20,7 126,0 21,4 Herzfrequenz bei 125 Watt 146,7 22,1 153,2 24,7 Herzfrequenz bei 150 Watt 154,0 20,3 143,5 23,9 Herzfrequenz bei 175 Watt 160,3 15,0 161,8 27,2 Herzfrequenz bei 200 Watt 161,1 20,9 158,8 23,1 Maximale Herzfrequenz 151,6 25,2 169,7 22,2 -3,632 0,000 Laktatkonzentration in Ruhe 1,4 0,4 1,5 1,0 0,332 Laktatkonzentration bei 50 Watt 1,5 0,5 1,8 0,7 Laktatkonzentration bei 75 Watt 2,2 0,9 2,9 1,4 Laktatkonzentration bei 100 Watt 3,0 1,3 2,6 1,6 Laktatkonzentration bei 125 Watt 4,1 2,0 5,1 2,6 Laktatkonzentration bei 150 Watt 4,8 2,3 3,8 2,1 -0,991 8 Anhang 97 Laktatkonzentration bei 175 Watt 5,5 2,7 6,3 1,7 Laktatkonzentration bei 200 Watt 7,3 3,1 5,1 2,5 Maximale Laktatkonzentration 6,0 2,5 8,2 2,6 -4,457 0,000 % der maximalen Soll-Leistung 89,4 29,3 131,0 37,2 -5,445 0,000 MW = Mittelwert SD = Standard Deviation 9 Verzeichnis 98 9 Verzeichnis 9.1 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Neuroendokrine Effekte körperlicher Aktivität .......................................... 17 Tabelle 2: Alter der Probanden ................................................................................. 23 Tabelle 3: Größe, Gewicht, BMI der Probanden ....................................................... 25 Tabelle 4: BDI-Scores der Probanden ...................................................................... 26 Tabelle 5: Signifikanzniveaus ................................................................................... 31 Tabelle 6: Niveaus der Effektstärken ........................................................................ 31 Tabelle 7: Vergleich der Patientengruppe mit der gesunden Kontrolgruppe ............ 38 Tabelle 8: Vergleich des Laktatverhaltens ................................................................ 45 Tabelle 9: Vergleich des Verhaltens der Herzfrequenz ............................................ 47 Tabelle 10: Vergleich der individuellen Soll-Leistung ............................................... 49 Tabelle 11: Vergleich nach Dauer der aktuellen Episode ......................................... 51 Tabelle 12: Vergleich nach Gesamtdauer der Erkrankung ....................................... 52 Tabelle 13: Vergleich nach Anzahl der bisher erlebten depressiven Phasen ........... 53 Tabelle 14: Vergleich nach dauer der arbeitsunfähigen Zeit .................................... 54 Tabelle 15: Vergleich nach dauer der arbeitsunfähigen Zeit – paarweiser Vergleich 55 Tabelle 16: Vergleich von Rauchern und Nichtrauchern .......................................... 58 Tabelle 17: Vergleich von Patienten mit unipoarer Erkrankung mit Patienten mit bipolarer Erkrankung ............................................................................. 60 Tabelle 18: Vergleich von Therapie-Respondern mit Therapie-Non-Respondern .... 61 Tabelle 19: Korrelation von stationärer Aufenthaltsdauer und Leistungsparametern 62 Tabelle 20: Korrelation von BMI und absoluten Leistungsparametern ..................... 62 Tabelle 21: Korrelation von Alter und Leistungsparametern ..................................... 63 Tabelle 22: Korrelation von BDI und Leistungsparametern ...................................... 68 Tabelle 23: Literturvergleich: Körperlicher Trainingszustand von Patienten mit Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen ....................83/84 Tabelle 24: Literaturvergleich: Sport und Depressionen .......................................85/86 9 Verzeichnis 99 9.2 Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Vergleich des Alters der Probanden .................................................... 24 Abbildung 2: Vergleich des BMI der Probanden ....................................................... 25 Abbildung 3: Vergleich von p(max) ........................................................................... 39 Abbildung 4: Vergleich von p(max) ........................................................................... 39 Abbildung 5: Vergleich von p(max)/kg ...................................................................... 40 Abbildung 6: Vergleich von p(LT) ............................................................................. 41 Abbildung 7: Vergleich von p(LT)/kg ......................................................................... 42 Abbildung 8: Vergleich von p(IAS) ............................................................................ 43 Abbildung 9: Vergleich von p(IAS)/kg ....................................................................... 44 Abbildung 10: Vergleich der Laktatkonzentration in Ruhe ........................................ 45 Abbildung 11: Vergleich der maximalen Laktatkonzentration ................................... 46 Abbildung 12: Vergleich der Herzfrequenz in Ruhe .................................................. 47 Abbildung 13: Vergleich der maximalen Herzfrequenz ............................................. 48 Abbildung 14: Anzahl der Abbrecher auf den verschiedenen Leistungsstufen ......... 49 Abbildung 15: Vergleich von p(max) in % vom Soll .................................................. 50 Abbildung 16: Vergleich von p(max) nach Dauer der arbeitsunfähigen Zeit ............. 55 Abbildung 17: Vergleich von p(max)/kg nach Dauer der arbeitsunfähigen Zeit ........ 56 Abbildung 18: Vergleich von p(IAS)/kg nach Dauer der arbeitsunfähigen Zeit ......... 57 Abbildung 19: Vergleich von p(max)/kg bei Rauchern und Nichtrauchern ................ 58 Abbildung 20: Vergleich von p(IAS) bei Rauchern und Nichtrauchern ..................... 59 Abbildung 21: Korrelation von p(max) und Alter ....................................................... 63 Abbildung 22: Korrelation von p(max)/kg und Alter .................................................. 64 Abbildung 23: Korrelation von p(LT) und Alter .......................................................... 65 Abbildung 24: Korrelation von p(LT)/kg und Alter ..................................................... 66 Abbildung 25: Korrelation von p(IAS) und Alter ........................................................ 67 Abbildung 26: Korrelation von p(IAS)/kg und Alter ................................................... 68 9 Verzeichnis 100 9.3 Abkürzungsverzeichnis ATP: Adenosin-Triphosphat BDI: Beck Depression Inventory BMI: Body Mass Index CES-D: Center for Epidemiological Studies Scale for Depression CR: cardiorespiratory fitness (defined as the time to volitional exhaustion on a treadmill test) cm: Zentimeter DACL: Depression Adjective Checklist DSM: Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders ED: Erstdiagnose GWB: General Well-Being Schedule IAS: Individuelle anaerobe Schwelle IGF: Insuline-like growth factor ICD: International Classification of Diseases kg: Kilogramm LT: Lactate Threshold = erster Laktatanstieg MFI: Multidimensional Fatigue Inventory MW: Mittelwert N: Number = Anzahl O2: Sauerstoff OUES: oxygen uptake efficency slope p(IAS): erreichte Wattzahl beim Erreichen der individuellen anaeroben Schwelle plac4: Leistung bei einer Laktatkonzentration von 4 mmol/l p(LT): erreichte Wattzahl beim ersten Laktatanstieg p(max): maximal erreichte Wattzahl POMS: Profile of Mood States PWC: physical work capacity SD: Standard Deviation = Standardabweichung STAI: Stat-Trait Anxiety Inventory VO2 max: maximale Sauerstoffaufnahme 10 Danksagung 101 10 Danksagung An erster Stelle möchte ich mich bei meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Ulrich Voderholzer für die Überlassung des Themas und die nette Betreuung während der ganzen Zeit bedanken. Vielen herzlichen Dank an Herrn Prof. Dr. Hans-Hermann Dickhuth, der sich bereit erklärt hat, das Zweigutachten zu erstellen. Mein besonderer Dank gilt meinem Betreuer Herrn Dr. Tobias Freyer, der mir stets mit Rat und Tat zur Seite stand und mir bei der Ausarbeitung dieser Arbeit sehr geholfen hat. Herzlichen Dank auch an Frau Marta Kopazs, die mich in das Statistikprogramm SPSS geduldig eingeführt hat, mir beim Erstellen der Abbildungen Hilfestellung gab und mir somit die statistische Auswertung sehr erleichterte. Vielen Dank auch an Herrn Rick Dersch für die Hilfe beim Erstellen der Abbildungen. Des weiteren möchte ich den Mitarbeitern der Abteilung für rehabilitative und präventive Sportmedizin der Medizinischen Universitätsklinik danken, die mir bei der Erhebung, Auswertung und Interpretation der sportmedizinischen Daten sehr halfen. Schließlich möchte ich mich von ganzem Herzen bei meiner Familie und bei meinem Freund bedanken, die mit viel Geduld und Verständnis die Entstehung dieser Arbeit maßgeblich unterstützt haben. 11 Lebenslauf 102 11 Lebenslauf Persönliche Daten geboren am 31.01.1983 in Emmendingen/Deutschland Staatsangehörigkeit deutsch Familienstand ledig Schulische Ausbildung 1989-1993 Adolf-Gänshirt-Grundschule Eichstetten 1993-2002 Goethe-Gymnasium Freiburg Juni 2002 Abitur Medizinische Ausbildung 2002-2004 Studium der Medizin (vorklinischer Abschnitt) an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg August/September 2004 Ärztliche Vorprüfung Seit Oktober 2004 Klinischer Abschnitt des Studiums der Medizin an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg August 2007 - Juli 2008 Praktisches Jahr, Universitätsklinik Freiburg und Mayo General Hospital, Castlebar, National University of Ireland April/Mai 2009 Zweiter Abschnitt der ärztlichen Prüfung Wissenschaftliche Tätigkeit 2006-2008 Doktorarbeit in der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychosomatik der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg 11 Lebenslauf 103 Praktika und Famulaturen März/April 2003 Krankenpflegepraktikum, Helios-Rosmann-Klinik Breisach, Abteilung für Orthopädie Juli/August 2003 Krankenpflegepraktikum, Helios-Rosmann-Klinik Breisach, Abteilung für Orthopädie Februar/März 2004 Krankenpflegepraktikum, Elisabeth-Krankenhaus Berlin, Abteilung für Chirurgie August-Oktober 2005 Famulatur, St. Joseph-Krankenhaus Berlin, Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe Februar/März 2006 Famulatur, Vivantes-Auguste-Viktoria-Klinikum Berlin, Abteilung für Neurologie September 2006 Famulatur, Medizinische Universitätsklinik Freiburg, Abteilung für Rehabilitative Medizin und Sportmedizin, Ambulanz März 2007 Famulatur, Universitätsfrauenklinik Freiburg