HIV-Diagnostik in der Frühphase der Infektion

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HIV-Diagnostik in der Frühphase der Infektion
(Daten aus dem öffentlichen Gesundheitsdienst NRW 2013/2014)
Dr. Dr. D. Münstermann
Dr. A. Lucht, M.Sc.
Labor Krone, Bad Salzuflen
Konsiliarlabor für Treponemeninfektionen
Arbeitskreis Sexuelle Gesundheit in NRW, 12.11.2014 in Münster
Ausschluss einer HIV-Infektion
• sicher erst 3 Monate / 12 Wochen nach Risikokontakt
• Grundlage für die Empfehlung sind offizielle Aussagen
z.B. im RKI-Ratgeber für Ärzte – HIV-AIDS:
– „Bei fehlendem Antikörpernachweis 12 Wochen nach einem
vermuteten Infektionsrisiko kann eine Infektion mit großer
Sicherheit ausgeschlossen werden.“
– „Es wurden bislang nur einzelne Fälle berichtet, bei denen
Antikörper erst später als 3 Monate nach Infektion nachweisbar
waren und die Diagnostik war in diesen Fällen mit Tests erfolgt,
die weniger sensitiv waren, als die heute verwendeten. Somit gilt,
dass 3 Monate nach möglicher Exposition durch einen negativen
HIV-Antikörpertest eine Infektion mit großer Sicherheit
ausgeschlossen werden kann.“
Frühdiagnose einer HIV-Infektion
• auch RKI-Aussagen im aktuellen Ratgeber:
– „Spezifische Antikörper werden in der Regel
2 bis 10 Wochen nach der Infektion im Serum
nachweisbar.“
– „Spezifische Antikörper gegen HIV können in
der Regel 2 bis 10 Wochen nach erfolgter
Infektion erstmalig nachgewiesen werden“.
– „Etwas früher (einige Tage) als Antikörper
kann p24-Antigen im Serum als Marker für die
Virämie nachweisbar sein.“
Warum wird früh getestet?
• bereits 6 Tage bis 6 Wochen nach Infektion kann
ein unspezifisches akutes (virales) Krankheitsbild
auftreten -> Diagnostik der akuten HIV-Infektion
• 12 Wochen Zeitabstand zum letzten vermuteten
Risikokontakt lässt sich in der Praxis oft nicht
einhalten, da nicht einmaliges Ereignis zu einem
bestimmten Zeitpunkt z.B. kontinuierliches
Risikoverhalten bei Sexarbeitern, MSM und
Heterosexuelle mit häufigem Partnerwechsel
• Option für frühzeitige antiretrovirale Therapie
Warum früh testen?
• RKI: „typischerweise findet sich in diesem
(frühen) Infektionsstadium eine hohe Anzahl
von HIV-Genomkopien im Plasma
(> 50.000-100.000/ml)“
• „Die Ansteckungsfähigkeit ist in den ersten
Wochen nach der Infektion besonders hoch.“
• Personen, denen die HIV-Infektion unbekannt
ist, übertragen den Virus 3,5-mal häufiger als
andere Menschen*
* Marks G, et al. AIDS, 2006
Diagnostische Fenster
• rt-PCR
• Ag/Ak-Combo-Tests
• Antikörpertests
–
–
–
–
>11-12 Tage
>14-17 Tage
>22-24 Tage
frühestens nach 3 Wochen Ak nachweisbar
üblicherweise 4 bis 5 Wochen
Ausnahmefälle nach 9 Wochen
+ Sicherheitsabstand (3 Wo.) -> 3 Monate
Li et al. Journal of Virological Methods, 143, 2007
HIV-Einsendungen 2013
Einsendungen
davon HIV-Infektion
ca. 12.000
189
davon Erstbefunde
142
- Immunblot positiv
136
- Immunblot fraglich
3
- Immunblot negativ
3
-> 6/142 Erstbefunde (4,2%) konnten nicht im Immunblot
bestätigt werden (frühe Infektionen, PCR positiv)
Frühe HIV-Infektionen 2013
Nr
Geschlecht
Alter
1
m
19
2
w
3
4
Risiko
CMIAIndex*
BlotBeurt.
Immunbl.
gp41-Ak
Immunbl.
p24-Ak
MSM
20
neg.
-
-
35
hetero
10
neg.
+/-
m
29
MSM
23
fragl.
m
29
MSM,
96
PCR
[VÄ/ml]
Schnelltest-Ak
Schnelltest–Ag
1,8 Mio.
-
-
-
1,3 Mio.
-
-
+
+/-
1,8 Mio
positiv
**
fragl.
+
+/-
> 10 Mio
positiv
-
Sexwork
5
m
30
MSM
38
fragl.
+
-
3,2 Mio.
schwach
positiv
-
6
m
25
unbek.
4
neg.
-
-
580.000
nicht
ausreich.
nicht
ausreich.
* Index: ab 1,0 reaktiv
** im Gesundheitsamt positiv, im Labor negativ getestet
Schnelltest Alere Determine 2013
• von den 3 fraglichen Immunblots sind alle im
Schnelltest Ak pos. (da p41-Ak vorhanden)
– bei uns alle drei Ag neg. getestet
– im GA einer Ak und Ag positiv getestet, Antigenstabilität?
• von den 3 Infektionen mit negativen Immunblots
– konnte einer nicht im Schnelltest getestet werden (nicht
ausreichend Material),
– zwei Ag negativ (trotz hoher Viruslast, > 1 Mio. VÄ/ml)
Ergebnisse Schnelltest 2013
• in nur einem der untersuchten 5 Fälle konnte bei
hochpositiver PCR, p24-Antigen im Schnelltest
gefunden werden (laut GA; nicht bei uns im Labor)
• Herstellerangabe: Sensitivität von 92.1% bei Präoder Per-Serokonversionsseren im Vergleich zu 4.
Generations-EIA nicht nachvollziehbar
• 1. Herstellererklärung: Immunkomplexe mit schon
vorhandenen p24-Ak allenfalls in 2 Fällen möglich
mit p24-Ak < Cut-off im Immunblot
• 2. Herstellererklärung: Schnelltest nicht an
eingefrorenen Seren validiert, p24 allerdings relativ
stabil laut Literatur, (interne Studie im Folgejahr)
HIV-Einsendungen Jan.-Okt. 2014
Einsendungen
davon HIV-Infektion
ca. 10.000
146
davon Erstbefunde
125
- Immunblot positiv
119
- Immunblot fraglich
1
- Immunblot negativ
5
-> 6/125 Erstbefunde (4,8%) konnten nicht im Immunblot
bestätigt werden (frühe Infektionen, PCR positiv)
Frühe HIV-Infektionen 2014
Nr
Geschlecht
Alter
1
m
22
2
m
3
Risiko
CMIAIndex
BlotBeurt.
Immunbl.
gp41-Ak
Immunbl.
p24-Ak
MSM
421
neg.
-
-
24
MSM
8
neg.
-
w
45
hetero
86
neg.
4
m
25
MSM
1
5
m
30
MSM
6
m
35
7
*
m
8
*
9
*
PCR
[VÄ/ml]
Schnelltest-Ak
Schnelltest–Ag
>30 Mio.
-
positiv
-
1,4 Mio.
-
-
-
-
7,5 Mio
-
-
neg.
-
-
150.000
-
-
38
neg.
-
+/-
4,2 Mio.
fraglich
-
MSM
13
fragl.
+
+/-
1,2 Mio
schwach
positiv
-
50
hetero
5
neg.
-
-
600.000
-
-
m
37
unbek.
21
neg.
-
-
870.000
-
schwach
positiv
m
58
unbek.
10
neg.
-
-
630.000
-
-
* Nicht-Gesundheitsamt-Einsendungen
Schnelltest-Alere Determine 2014
• der fragliche Immunblot ist im Schnelltest Ak pos. (da p41Ak vorhanden), Ag neg. (unklar, warum kein p24-AntigenNachweis im Schnelltest, da p24-Ak unter Cut-off)
• von den 5 negativen GA-Immunblots, war nur eine Probe
Ag positiv (Viruslast > 30 Millionen VÄ/ml), 4 waren Ag
neg. (trotz z.T. hoher Viruslast in der PCR: 150.000,
1,4 Millionen, 4,2 Millionen und 7,5 Millionen VÄ/ml)
• von drei weiteren frühen HIV-Infektionen mit negativen
Immunblots (Nicht-Gesundheitsamt-Einsendungen) war
einer Ag schwach positiv, 2 negativ im Schnelltest
• Das Einfrieren von Serum hat keine Auswirkungen auf den
Antigennachweis im Schnelltest (Testung nach 14 Tagen).
Schlussfolgerungen
• serologische HIV-Diagnostik ist auch in der Frühphase der
Infektion möglich und sinnvoll; (nicht zu Verwechseln mit
der sicheren Ausschlussdiagnostik nach 3 Monaten)
• der Alere Determine™ -Schnelltest ist einem gängigen
Labortest (CMIA) im Antigennachweis deutlich unterlegen
• die Umstellung auf einen 4. Generations-Schnelltest bringt
keine großen Vorteile, die versprochene „Reduzierung der
diagnostischen Lücke um mehrere Tage, verglichen mit
Schnelltests der 3. Generation“ konnte an den Proben aus
den Gesundheitsämtern NRW 2013/2014 nur an einem
einzigen Fall gezeigt werden
• 7 HIV-Infektionen (GÄ NRW) wären mit dem Alere
Determine-Test 2013/2014 unentdeckt geblieben (2,6%)
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