Nature Conservation Agency

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Daas Staatliche Institut für Naturschutz
-------------------------------------------------------------------Skaftafell Nationalpark–
Grímsvötn
Verdeckt unter der runden Kuppe des Vatnajökull-Gletschers befindet sich eine der aktivsten
vulkanischen Zonen der Welt mit mehreren Zentralvulkanen, von denen die meisten sogenannte
Calderas (Einsturzkrater) aufweisen. Calderas bilden sich in Vulkanen, deren Zentrum
eingesunken ist, während die Aussenwände stehenblieben. Calderas sind normalerweise
geothermisch aktiv, und in ihrem Inneren finden sich häufig Seen. Der Berg Askja ist ein
berühmtes Beispiel für eine solche Caldera, und die Calderas unter der Eiskuppe des VatnajökullGletschers sind ähnlich. In einem dieser subglazialen Calderas befindet sich der Grímsvötn-See,
und nördlich von ihm ist der Báðarbunga. Weiter östlich liegen Kverkfjöll, Esjufjöll und
Öræfajökull. Am Grímsvötn zeichnen sich die Spitzen der Caldera-Wände durch die Eiskuppe ab.
Die geothermale Energie dieses Gebietes schmilzt fortwährend Eis des Gletschers, und das
Schmelzwasser sammelt sich im Grímsvötn. Das massive Gewicht des Eisschildes, das auf dem
Wasser aufliegt, bewirkt einen hohen Druck auf die umliegenden Caldera-Wände, an denen das
Wasser in Richtung eines eisgefüllten Tunnels gedrückt wird. Der Wasserspiegel steigt allmählich
an, der Druck steigt, und das Wasser schmilzt sich seinen Weg durch Risse und Spalten immer
tiefer in den Gletscher, bis am Fusse des Skeiðarájökull-Gletschers ausberstet, nachdem es viele
Kilometer unterhalb des Eises zurückgelegt hat. Das Wasser im Grímsvötn fliesst ab, und das
Eisschild senkt sich wieder. Der Abflusstunnel des Schmelzwassers wird dadurch wieder
geschlossen, und der Zyklus beginnt von vorne. In den letzten Jahren fand alle 4-5 Jahre ein
solcher glazialer Ausbruch (isländisch: jökulhlaup) vom Grímsvötn statt mit einem
Durchschnittsvolumen von ca. 1 Kubikkilometer Wasser. Als das folgende Ereignis begann, waren
nur 7 Monate seit dem letzten Ausbersten von ca. 1,5 Kubikkilometer Wasser vergangen, so dass
sich nur wenig Wasser im Grímsvötn befand.
Feuer, Eis und Wasser
29.September 1996: Ein abruptes Erdbeben im Vatnajökull-Gletschesr, dem eine Reihe kleinerer
Beben folgten, ähnlich den Bewegungen, die Magma in der Erdkruste bewirkt.
30.September: Öffentliche Warnungen werden herausgegeben. Gefahr von vulkanischenr
Aktivität am Bárðabunga. Am Abend haben sich die Magma-Beben zu einer typischen preeruptiven Aktivität entwickelt.
1.Oktober: Eine Eruption in einer 4 km langen Spalte zwischen Grímsvötn und Bárðabunga hat
begonnen. Kesseleinbrüche in der Oberfläche des Gletschers deuten auf beträchtliches Abtauen
von Eis hin. Schnelles Anheben des Eisschildes über dem Grímsvötn weist darauf hin, dass Wasser
unter ihm in den Grímsvötn einfliesst. Die Eruption schmilzt sich ihren Weg durch die 500 m dicke
Eisschicht des Gletschers in nur wenig mehr als 30 Stunden.
2.Oktober: In einem grossen Krater bricht die Eruption durch den Gletscher. Die vulkanische
Spalte streckt sich weitere 3 km nach Norden aus.
3.Oktober: Starke Eruption im Norden der Spalte, die jedoch nicht durch das Eis durchbricht,
das hier eine Dicke von bis zu 750 m aufweist. Die Eruption schleudert vulkanisches Material bis
zu 10 km in die Luft. Eine Schlucht öffnet sich im Gletscher.
10.Oktober: Die Schlucht im Gletscher erreicht eine Tiefe von mehr als 100 Metern und eine
Länge von über 4 Km. Der Krater mit dem Namen Gjalp bildet das nördliche Ende der Schlucht.
Wasser fliesst südwärts entlang der Schlucht in Richtung Grímsvötn.
14.Oktober: Die vulkanische Eruption beruhigt sich. Die Gjalp-Eruption ist die grösste Eruption
unter dem Vatnajökull-Gletscher seit über einem Jahrhundert, und die viertgrösste Eruption des 20.
Jahrhunderts in Island. Zu Beginn schmolz die Eruption bis zu 5 000 Kubikmeter Wasser pro
Sekunde (das zehnfache Volumen on Islands grösstem Fluss, dem Pjórsá), und das Eisschild über
dem Grímsvötn stieg 15-20 m pro Tag. Als die Eruption eine Woche andauerte, wurde jeden
Moment ein glazialer Ausbruch erwartet, aber es passierte nichts. Das lag wahrscheinlich daran,
dass das Schmelzwasser noch nicht genug Zeit gehabt hatte, sich seinen Weg aus dem Grímsvötn
frei zu schmelzen. Erst musste sich das Eisschild ca. 10 m anheben, so dass das Wasser aus dem
Grímsvötn ausfliessen konnte, um unterhalb des Gletschers auf die Sander-Ebene zu fallen.
Der glaziale Ausbruch
5.November, 8.OO Uhr morgens: Risse von bis zu 1000 m lang vorne an der Gletscherschnauze
öffnen sich, beginnend im Osten bewegen sie sich in Richtung Westen über den Gletscher.
Schwarzes Wasser mit vulkanischen Sedimenten erzwingt sich seinen Weg durch die Risse,
rauschendes massives Eis vor sich hertreibend, und flutet über den Gletscher.
8.30 Uhr: Eine Flutwelle, 3-4 m hoch und 500- 600 m weit fegt vom Gletscher, eine dicke
Mischung aus Silt und Eis. Sie schiesst über das Tal des Morsárdalur und flutet runter in Richtung
der Brücke, die über die Skeiðará führt. Die Geschwindigkeit des wassers ist 9-10 km in der
stunde.
9.00 Uhr: Die Brücke wird fast gänzlich überspült, und Wasser fliesst über die Strasse zu beiden
Seiten der Brücke. Mehr und mehr Ausflüsse oeffnen sich im Gletscher.
10.00 Uhr: Das Wasser erkämpft sich seinen Weg aus dem Gletscher an einem See zwischen
Gletscher und Gletschermoräne in der Mitte des Skeiðarásander-Ebene. Innerhalb von 2 Stunden
hat sich eine kluft gebildet, die sich ca. 1000 m in den Gletscher erstreckt und mehr als 250 m breit
und 40 m tief ist. Ungefähr die Hälfte des Wasservolumens des gesamten glazialen Ausbruchs kam
aus diesem Tunnel und floss in den Verlauf des Gígjukvísl-Flusses. Fast 15 Millionen Kubikmeter
Eis brachen in Form von Eisblöcken vom Gletscher ab. Die grössten Eisblöcke, die bis zu 5000
Tonnen wog, kamen direkt ausserhalb der Spalte zum Stehen, während andere, bis zu 1000 Tonnen
schwere Eisblöcke bis unterhalb der Strasse gespült wurden, eine Distanz von ca. 15 km. Die
Furche in der Gletschermoräne, durch den der Gígjukvísl floss, weitete sich von 100 m zu 400 m
und das Flussbett verbreitete sich von 500 m zu 2000 m in Höhe der Strasse.
23.OO Uhr: Der glaziale Ausbruch ist auf dem Höhepunkt. Wasser fliesst mit der
Geschwindigkeit von ca. 50. 000 Kubikmetern pro Sekunde.
6.November, 16.OO: Der glaziale Ausbruch kommt zum Ende. Das totale Wasservolumen, das
vom Gletscher ausfloss, betrug ca. 3,5 Kubikkilometer und beinhaltete 185 Millionen Tonnen
ausgespülten Silt. Das Eisschild auf dem Grímsvötn senkte sich insgesamt um 150 m. Nach dem
Ausbruch konnte das Wasser aus der vulkanischen Zone ungehindert in den Skeiðará-Fluss und
dann ins Meer fliessen.
Konsequenzen:
Der glaziale Ausbruch im Skeiðará-Fluss schwemmte Sanddünen, Erde und Vegetation davon und
hinterliess eine Sedimentschicht, auf grossen Gebieten die zuvor mit Vegetation bedeckt war.
Einige dieser Sedimente bestehen aus sehr feinen und leichten Tonteilchen, die leicht vom Wind
abgetragen werden können und erst nach langem Transport wieder abgelagert werden. Die Brücke
über den Gigjukvísl verschwand in den Fluten, ebenso ca. 200m der Brücke über die Skeiðará,
dessen totale Spanne ungefähr 1 km umfasst.
Grímsvötn und der Skeiðarájökull-Gletscher gehören zum Gebiet des Skaftafell Nationalparkes, in
dem der Natur die Möglichkeit gegeben werden soll, sich ohne menschliche Eingriffe zu
entwickeln. Nichts in der Natur ist konstant und unverletztlich. Von einem Tag zum anderen sind
jedoch Veränderungen oft so gering, dass wir sie fast gar nicht wahrnehmen koennen, und auf
unsere direkte Umwelt haben wir einen so immensen Einfluss, dass natürliche Entwicklung im
Vergleich kaum erkennbar ist. In einem natürlichen Ereignis wie es der beschriebene glaziale
Ausbruch darstellt, koennen wir unsere eigene Machtlosigkeit erkennen. Natur wird seinen Weg
gehen, egal was wir tuen.
Dank moderner Naturwissenschaft und Technologie konnte die Eruption und der glaziale
Ausbruch vorrausgesagt werden, so dass unfälle an Menschen verhindert wurden. 2/3 der Brücken
im Gebiet des Ausbruchs wiederstanden den unglaublichen Kräften, obwohl das Wasservolumen,
dass über den Sand flutete mehr als dreimal das Maximum der Belastungsgrösse überschritt, für
die die Brücken konstruiert waren.
22 Tage nach der Überschwemmung wurde die Strasse wieder für den Verkehr geöffnet, doch die
permanenten Reperaturen dauerten länger. Der Bereich des Gletschers, in dem das Eis sich senkte
und spaltete während der Eruption, ca. 60-70 Quadratkilometer, wird vermutlich über 25 Jahre
brauchen, um wieder seine alte Form und Höhe zurückzugewinnen.
Herausgeber: Daas Staatliche Institut für Naturschutz 2002
Text: Stefán Benediktsson and Sigrún Helgadottir
Übersetzung: Claudia Vilmar
Zeichnungen: Jean Posocco
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