Ausbildungsseminar Klima und Wetter

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Ausbildungsseminar
Klima und Wetter
Thema 4.2:
Meeresströmungen - Thermohaline Zirkulation
(generell und insbesondere die des Golfstroms)
Gehalten am 13.11 von Peter Lutz
Inhaltsverzeichnis:
• Was sind Meeresströmungen (Allgemeines)?
• Was sind deren Ursachen?
• Warum gibt es Dichteunterschiede?
• Was hat der Auftrieb mit Meeresströmungen zu tun?
• An welchen Stellen kommt es theoretisch zur Tiefenkonvektion?
• Warum?
• An welchen Stellen kommt es praktisch zur Tiefenkonvektion?
• Warum?
• Wie funktioniert Tiefenkonvektion?
• Warum kommt es zu westlichen Grenzströmen?
• Was spielt der Wärmetransport für eine Rolle?
• Wie sieht die gesamte globale Meeresströmung aus?
• Wie beeinflusst das Klima den Golfstrom?
• Wie beeinflusst der Golfstrom das Klima?
Die Meeresströmungen in den Weltmeeren:
Eine kleine Einführung:
Meeresströmungen sind die vertikalen (Gefäll- oder Gradientströme) und
überwiegend horizontalen (Driftströme) Transporte von Wassermassen im
Weltmeer. Sie treten also sowohl an der Oberfläche auf, was sie für die
Schifffahrt wichtig macht, als auch in der Tiefe (Tiefenzirkulation). Es gibt
einen großen Zusammenhang zwischen dem Klima von Küstenregionen und den
Meeresströmungen, welche sie tangieren. Für das Klima in Deutschland (~50.
Breitengrad) sind vor allem der Golf-, der Labrador- und der Nordatlantische
Strom wichtig.
In den letzten Jahrzehnten wurden diese Strömungen immer mehr untersucht um
ihren Zusammenhang mit dem Klima besser zu verstehen, insbesondere im
Moment der Klimaerwärmung.
Ursachen für das Auftreten von Meeresströmungen
Es gibt zwei Ursachen, die für das Auftreten von Meeresströmungen
verantwortlich sind und diese steuern:
· Windgetriebene Zirkulation:
Dabei übertragen vorherrschende Windsysteme durch Oberflächenreibung
einen Impuls an die Wassermassen. Somit werden diese an der Oberfläche in
Richtung der Winde getrieben, in der Tiefe bestimmt die Ekman-Spirale die
Flussrichtung für Wassermassen.
· Thermohaline Zirkulation:
Die Dichte einer Wassermasse hängt von ihrer Temperatur und ihrem
Salzgehalt ab. Verteilt auf die Weltmeere gesehen, gibt es große
Unterschiede in der Dichte von solchen Wassermassen. Dies beeinflusst auch
deren Auftriebsverhalten. Sinkt nun Wasser mit größerer Dichte ab, kommt
es zu Konvektionsströmen. Diese transportieren oberflächennahes Wasser in
die Tiefe des Meeres (Abyss).
Der erste Punkt wird nicht mehr genauer erläutert, vielmehr wird im Folgenden
auf die Thermohaline Zirkulation eingegangen.
Die Dichte von Wasser
Wie schon erläutert ist die Dichte ist eine Funktion der Temperatur und der
Salinität:
r = r(T,S)
Im oberen Diagramm ist die Dichte sowohl in Abhängigkeit vom
Salzgehalt (psu = g/kg Wasser) als auch der Temperatur (°C) dargestellt. Die
durchgezogenen Linien zeigen Orte gleicher Dichte, deren zugehöriger Wert
ebenfalls aufgeführt wurde.
Gleichung für Isoplethe
Die Dichteanomalität ist gegeben durch:
mit: rref = 1000kg/m³
s = r - rref
Damit lässt sich die Isoplethengleichung aufstellen:
mit:
Dabei ist aT der thermische Ausdehnungskoeffizient von Wasser mit einem
typischen Wert von 0,0001 1/°C und bS die Abhängigkeit der Dichte vom
Salzgehalt mit einem typischen Wert von 0,00074 1/psu.
Außerdem:
aT gibt die Steigung im obigen Graphen in Richtung der Temperatur an, sowie
bS in Richtung des Salzgehaltes.
Diese Gleichung wird wichtig, wenn wir nun den Auftrieb von Wasser
betrachten.
Auftrieb als entscheidender Faktor
Zunächst braucht man die Gleichungen für die Entwicklung von Temperatur und
Salzgehalt:
Dabei ist rref die Referenzdichte von oben, cw die spezifische Wärmekapazität
von Wasser, Q die virtuelle Flussdichte von Wärme und e der
Frischwassertransport durch Luft-Meer-Austausch.
Nun wollen wir die Auftriebsanomalität einführen:
Diese bestimmt nun, ob Wasser aufsteigt oder nicht. Das Differential nach der
Zeit der Auftriebsanomalität ist nun gleich dem nach der Wassertiefe z
abgeleiteten Auftrieb:
Es wurde in die Gleichung schon die Isoplethengleichung (siehe oben) und die
Gleichung für die Entwicklung von T und S (siehe oben) eingesetzt.
Integriert man nun diese Gleichung nach der Meerestiefe, so erhalt man die
Gleichung für den vertikalen Auftriebsfluss:
mit
und E - P = Verdunstung – Niederschlag (Wasser)
Q stellt immer den Wärmefluss zwischen Atmosphäre und Meer dar:
· QSW ist die Wärme, die auf der Meeresoberfläche durch die
Sonneneinstrahlung entsteht
· QLW ist die Wärme, die durch Schwarzkörperstrahlung des Meeres an die
Atmosphäre abgegeben wird
· QS ist die Wärme, die durch turbulenten Austausch über die
Meeresoberfläche an die Atmosphäre abgegeben wird
mit rair = Dichte der Luft, cp = spezifische Wärme von Luft,
cS = stabilitätsabhängiger Massentransportkoeffizient für Wärme,
u10 = Windgeschwindigkeit in 10m Höhe, Tair = Lufttemperatur in 10m Höhe
und SST = Sea Surface Temperature
· QL ist der Wärmeverlust des Meeres durch latente Wärme
mit Le = latente Wärme von Verdunstung und m = Masse von herabfallenden
Wasser
Diese Abbildung zeigt noch mal das Schema, wie bei der Verdunstung von
Wasser und späteren Abkühlen Wärme (latente) entsteht.
Die Bilanz für den Hitzefluss Atmosphäre – Meer:
Dabei trägt nur QSW zur Erwärmung der Ozeane bei, die anderen führen Wärme
ab, jedoch ist QSW um ein vielfaches größer als die anderen Wärmekomponenten
Insgesamt:
à Der erste Teil der Gleichung für den Auftriebsfluss stellt den
temperaturabhängigen Anteil am Auftrieb dar, der zweite den
salzgehaltabhängigen.
Wärmefluss auf Erdoberfläche:
Diese Abbildung stellt den Hitzefluss für die gesamten vier Komponenten dar.
Die bräunlichen Stellen sind Orte, an welchen Wärme durch Sonneneinstrahlung
in das Meer übergeht. Grüne Stellen zeigen einen Wärmefluss von Meer nach
Atmosphäre, hauptsächlich in Form von latenter Wärme.
In den Tropen geht viel Wärme in das Meer über, in den Subtropen und auch
nördlich davon wird dagegen mehr Wärme an die Atmosphäre abgegeben.
Niederschlag und Verdunstung:
In der nachfolgenden Abbildung sind die Verdunstungsrate und die
Niederschlagsrate auf der Meeresoberfläche aufgetragen. Die grünen Stellen
markieren nun niederschlagskräftige Orte in den Meeren, die braunen Stellen
Orte vermehrter Verdunstung.
Durch die kräftige Sonneneinstrahlung in den Tropen verdunstet dort auch mehr,
was hauptsächlich in den Subtropen in Form von Regen wieder niedergeht.
Insgesamt kann man aus den beiden Graphen sagen, dass die Temperatur des
Wassers im mittel von Äquator zu den Polen zunimmt und der Salzgehalt
dagegen weniger wird.
Auftriebsverhalten entlang geographischer Länge:
Wendet man nun die Formel für den vertikalen Auftriebsfluss auf die
thermischen und salzhaltigen Gegebenheiten der Ozeane an, so bekommt man
dessen Verhalten, wie oben gezeigt.
Wie man in der Graphik sieht, ist der thermale Einfluss auf den „Abtrieb“ viel
größer, als jener der durch Salzhaltigkeit des Wassers entsteht. Dieser schwächt
den thermalen Einfluss nur an dessen Extremstellen ab und gleicht den totalen
vertikalen Auftriebsfluss über die geographische Breite an.
Außerdem stellt man fest, dass die Stellen mit größtem Tiefenfluss in den
Subtropen liegen müssten, hauptsächlich in der Nordhemisphäre. Weitere kleine
Peaks finden sich in der polaren Zone. Doch entspricht dies nicht der Realität,
da noch ein weiterer Faktor eine wichtige Rolle spielt, nämlich der der
„Thermocline“.
Die „Thermocline“ als Hindernis
Die „Thermocline“ ist eine Schichtung von Wassermassen mit unterschiedlicher
Temperatur und unterschiedlichem Salzgehalt. Diese findet sich fast überall an
der Meeresoberfläche der Ozeane und geht bis zu 1000 Meter in die Tiefe hinein.
Durch einen vertikalen Schnitt durch den Ozean kann man dies feststellen. Es
wird also durch sie ein direktes Absinken von Wassermassen verhindert, da
Temperaturunterschiede und Unterschiede in der Salinität überwunden werden
müssen. Doch gibt es auch Stellen im Ozean, welche eine solche Schichtung
nicht besitzen. Die Ursache liegt darin, dass sich auch „Mixed Layer“ ausbilden
kann, die einen direkten Kontakt zum Tiefenwasser herstellt.
Die Bedeutung der „Mixed Layer“
Die „Mixed Layer“ stellt das Prinzip einer Vermischung unterschiedlich tiefer
Wassermassen dar.
Durch
· Sonneneinstrahlung
· Schwarzkörperstrahlung des Wassers
· Wärmeverlust und Verdampfung, aus welchen Konvektionsströme
resultieren
· Windreibung, aus welcher Turbulenzen im Wasser entstehen
vermischen sich Wasserschichten unterschiedlicher Temperatur und
unterschiedlichem Salzgehalt.
à Es entsteht eine fast homogene Wasserschicht, die annähernd gleiche Dichte
besitzt. Dadurch wird eine Verbindung zum Tiefenwasser (Abyss) hergestellt
und oberflächennahes Wasser kann absinken.
Genau solche Stellen finden sich in der polaren Zone. Und da dort auch laut
obiger Formel und Graphik ein potentieller negativer Auftrieb vorherrscht, tritt
auch nur an diesen Stellen Tiefenkonvektion auf.
Schema für Tiefenzirkulation
Es sinken nun durch die oben genannten Gründe Wassermassen in den
Polargebieten ab (großer dicker Pfeil). Dies muss nun durch einen Auftrieb
wieder kompensiert werden. Dadurch gibt es im ganzen Ozean verteilt ein so
genanntes „upwelling“ von Wasser (viele kleine Pfeile). Der Wasserstand wird
somit also wieder angeglichen.
Außerdem entsteht in der Tiefe eine Strömung, die in Richtung der Stelle der
Tiefenkonvektion zeigt (zwei lange Pfeile). Auch diese muss wieder
kompensiert werden, wodurch in der Tiefe westliche Grenzströme entstehen.
Diese Ströme sind kräftiger als die Ströme, durch welche sie verursacht werden.
Warum ausgerechnet westliche Grenzströme entstehen, werden wir noch in den
folgenden Seiten klären. Sie sind auf jeden Fall mitsamt ein Grund, warum man
auch an der Oberfläche von westlichen Küstenregionen stärkere
Meeresströmungen beobachten kann, als an östlichen. Eine Graphik zur
Anschauung der Tiefenströmung befindet sich auf der nächsten Seite.
Westliche Grenzströme
Zunächst betrachten wir die Gleichungen für bewegte Flüssigkeiten:
horizontale Bewegung:
Der rechte Term stellt eine Reibung dar, der mittlere Term die Bewegung
aufgrund Druckunterschiede und der linke die durch die Corioliskraft getriebene
Bewegung.
Leitet man nun die erste Gleichung nach y ab, die zweite nach x und subtrahiert
die beiden Gleichung, erhält man:
à
mit
Durch eine Umschreibung bekommt man dann:
à
mit
Der linke Term der untersten Gleichung ist immer positiv, da nach unserer
Argumentation oben, die Tiefenkonvektion durch ein breites
„upwelling“ kompensiert wird. Es muss, damit die Gleichung erfüllt ist, der
rechte Term auch immer positiv sein. Per Definition ist v viel größer als u (da xRichtung auch N-S-Richtung ist), also muss dv/dx > 0 sein!
Dies ist nur durch eine westliche Grenze gegeben, wie untere Abbildung zeigt:
Das Schaufelrad bewegt sich bei einer westlichen Grenze in Richtung der
Geschwindigkeit v, bei einer östlichen Grenze dagegen bewegt sich die
Geschwindigkeit entgegengesetzt der x-Richtung. Deswegen ist eine Westliche
Grenzströmung bevorzugt.
Der Meridionale Hitzetransport
Man muss außerdem den Wärmehaushalt des Wassers betrachten. Dieser ist bei
einer Wassersäule durch folgende Gleichung gegeben:
mit
Das heißt soviel, dass der Wärmehaushalt von der eingestrahlten Wärme und
von der durch Meeresströmung entstehenden Wärme abhängt.
Der Wärmefluss resultiert dann wie folgt:
Das heißt, wird eine Wassersäule durch Sonneneinstrahlung erwärmt, so entsteht
ein Wärmefluss in Regionen geringerer Wärme. Für die Erde heißt das, dass
warmes Wasser von den Tropen (hohe Sonneneinstrahlung) Richtung der Pole
transportiert wird. Dies sieht man auch in der nächsten Abbildung.
Muster der globalen Meeresströmung
Aus diesen Fakten entsteht dann folgendes Muster für die Meeresströmungen:
In dieser Graphik symbolisieren blaue Pfeile kalte Strömungen in der Tiefe des
Meeres, dagegen sind rote Pfeile oberflächennahe warme Strömungen. Wie man
sieht erfolgt die Tiefenströmung von der Arktis, also der Polarregion, Richtung
Äquator bis zum Antarctic Circumpolar Current, den Strom mit nahezu gerader
ununterbrochener West-Ost-Strömung. Außerdem erfolgt ein Wärmefluss vom
Äquator in die Polarregion. Dieses Schema wird durch folgende Abbildung
verdeutlicht:
Einfluss des Klimas auf den Golfstrom
· Wie verändert sich der Golfstrom/die MOC (Meridional Overturning
Circulation) bei Klimaerwärmung?
– Der Wasserkreislauf wird verstärkt
– Die Polkappen bei Grönland schmelzen ab
– Die Temperatur des Wassers nimmt zu
› Geringere Dichte des Wassers
› Schwächung des MOC
– Durch anthropologischen Einfluss wird dieser Effekt weiter
verstärkt (siehe CO2-Emission und Treibhaus-Effekt)
– Bricht der Golfstrom oder MOC in den nächsten Jahren komplett
zusammen?
Nein! Warum nicht?
· Es gibt Oszillationen von Wassermassen im Atlantik, die im Laufe von
Jahrzehnten regelmäßig auftreten:
– Nordatlantische Oszillationen (NAO):
Entstehen durch Schwankung des Druckverhältnisses zwischen
Islandtief und Azorenhoch
– Atlantische Multidekaden-Oszillationen (AMO):
Entstehen durch zyklisch auftretende Zirkulationsschwankungen der
Ozeanströmung im Nordatlantik
· Der Einfluss des Windes, sowie hydrologische Veränderungen müssen
berücksichtigt werden.
· Falls keine weiteren großen Temperatur-Veränderungen für einen
längeren Zeitraum eintreten, kann sich der MOC wieder regenerieren.
Einfluss des Golfstroms auf das Klima
• Was geschieht bei einer Abnahme des MOCs?
– Warme Wassermassen von den Subtropen würden nicht mehr in
dem großen Maße in Gebiete des Nordatlantiks transportiert
werden.
• Würde dies das Wetter in diesen Gebieten beeinträchtigen und vielleicht
bei einem „möglichen“ Stillstand zu einer Eiszeit führen?
– Nein, weil die vermehrt einfallende Strahlung einen größeren
Einfluss hätte und sich dadurch die Gebiete eher erwärmen würden.
• Doch in der Frühzeit der Erde gab es abrupte Oszillationen im Klima, die
man auf eine Veränderung des MOCs zurückführen könnte:
– Jüngere Dryas: Scharfer Kälterückfall am Ende der WeichselKaltzeit (zw. 10800-9640 v. Chr.)
– Misox-Schwankung: Abkühlung des Erdklimas zum 2°C (~6200
Jahre v. Chr.)
Fazit
• Es stehen noch viele unbeantwortete Fragen aus, die die Komplexität der
Thermohalinen Zirkulation betreffen (aktuelles Forschungsgebiet).
• Es gibt viele Modelle, die jeweils unterschiedliche Voraussagungen über
die Entwicklung des MOCs machen (wegen unterschiedlichen
Parametern).
• Auch wenn diese immer exakter werden, so kann die tatsächliche
Entwicklung nicht exakt vorausgesagt werden.
Quellen:
· Atmosphere, Ocean and Climate Dynamics: An Introductory Text
Von John Marshall, R. Alan Plumb
· The Physical Science Basis: Climate Change 2007
· Physics of climate: Peixoto, José P.
· Erde und Planeten: Raith,Wilhelm
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