KAPITEL 11: POISSON-Prozesse

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Folie zur Vorlesung
“Wahrscheinlichkeitsrechnung und Stoch. Prozesse”
14.01.2016
KAPITEL 11: POISSON-Prozesse
Beispiel: Poisson-Prozeße werden verwendet als Modellierung
zum Zählen von Ereignissen (z.B. Systemausfälle) in einem
Zeitintervall [0, t].
Definition:
Ein stochastischer Prozeß (Nt )t≥0 heißt Zählprozeß, falls:
• jedes Nt nimmt nur Werte in N0 an,
• N0 = 0,
• Nt ≥ Ns, falls t ≥ s,
• der Zuwachs Nt − Ns ist die zufällige Anzahl der Ereignisse,
die im Intervall (s, t] auftreten.
D.h. Nt = Nt − N0 ist die zufällige Anzahl der Ereignisse, die
im Intervall [0, t] auftreten.
Beispiel: Systemausfälle in einem elektrischen Netzwerk.
Für jedes feste ω ∈ Ω ist t 7→ Nt (ω) eine monoton steigende
Treppenfunktion:
N t (w)
t1
t2
t3
t4
t
Definition:
Sei (Nt)t≥0 ein Zählprozeß. Dann besitzt (Nt)t≥0 unabhängige
Zuwächse, falls für jedes n ≥ 2 und jede Wahl von 0 ≤ t1 <
t2 < t3 < . . . < tn−1 < tn gilt, daß
Nt2 − Nt1 , Nt3 − Nt2 , . . . , Ntn − Ntn−1
stochastisch unabhängig sind.
D.h. der Zuwachs im Intervall (ti−1, ti ] hängt nicht vom Zuwachs
in den anderen Intervallen (tj−1, tj ], j 6= i, ab!
Definition:
Ein Zählprozeß (Nt )t≥0 heißt homogener Poisson-Prozeß mit
Rate (oder Intensität) λ > 0, falls
• (Nt )t≥0 unabhängige Zuwächse besitzt und
• für alle s < t sind die Zuwächse Nt − Ns Poisson-verteilt
mit dem Parameter λ(t − s), d.h.
k
λ(t − s) −λ(t−s)
P[Nt − Ns = k] =
e
für k = 0, 1, 2, . . . .
k!
Bemerkung: Falls t = s + τ :
P[Ns+τ
(λτ )k −λτ
− Ns = k] =
e
k!
für k = 0, 1, 2, . . . .
Zu POISSON-Prozessen:
1. Die Differenz Nt − Ns , wobei 0 ≤ s ≤ t, beschreibt die
Anzahl der Ereignisse, welche im Intervall (s, t] eintreten.
2. Ein homogener Poisson-Prozeß hat stationäre Zuwächse,
d.h. die Differenzen
Ns+τ − Ns
und
Nt+τ − Nt , wobei s, t, τ ≥ 0,
besitzen dieselbe Verteilung! Die Verteilung der beiden Differenzen hängt nur von λ und von τ ab, jedoch nicht von s
und t. Insbesondere besitzt Ns+τ − Ns dieselbe Verteilung
wie Nτ − N0 = Nτ .
3. Die Wahrscheinlichkeit, daß in einem sehr kleinen Intervall
(s, s + h] kein Ereignis eintritt, ist fast gleich 1:
(λh)0 −λh
lim P[Ns+h − Ns = 0] = lim
e
= 1.
h→0
h→0 0!
4. λ ist die erwartete Anzahl von Ereignissen in [0, 1], denn:
P[N1 = k] =
(λ · 1)k −λ·1 λk −λ
e
= e ,
k!
k!
d.h. N1 ist Poisson-verteilt mit Parameter λ = E[N1].
Lemma:
Die Wartezeiten Xn , n ∈ N, sind stochastisch unabhängig.
Beweis: Wir zeigen die Aussage für die Wartezeiten X1 und X2 ;
für mehrere Wartezeiten analog.
Das Ereignis [X1 > s, X2 > t] is äquivalent zum Ereignis
[Ns = 0, NT1+t − NT1 = 0]
(siehe Beweis bei der Herleitung der Verteilung der Xn ). Man
beachte, daß das Ereignis [Ns = 0] impliziert, daß s < T1 : somit
sind die betrachteten Intervalle (0, s] und (T1, T1 + t] disjunkt.
Somit ergibt sich aufgrund der Unabhängigkeit der Zuwächse:
=
=
=
=
=
P[X1 > s, X2 > t]
P[Ns = 0, NT1+t − NT1 = 0]
P[NTs = 0] · P[NT1+t − NT1 = 0] (Disjunktheit der Intervalle)
P[Ns = 0] · P[Nt = 0]
e−λs · e−λt
P[X1 > s] · P[X2 > s] (Verteilung der Xn ).
✷
Aufgabe:
An einer Straßenkreuzung kommt es im Schnitt zweimal pro
Tag zu einem Verkehrsunfall. Die Anzahl der Straßenunfälle werde durch einen homogenen Poisson-Prozeß modelliert. Dazu bezeichne Xt , t ≥ 0, die Anzahl der Unfälle im Intervall [0, t], wobei
t = 1 einem Tag entspricht.
1. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß innerhalb von 3
Tagen zwischen 5 und 7 Unfälle passieren?
2. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß am ersten Tag genau ein Unfall passiert, am zweiten und fünften Tag jeweils
genau 3 oder 4 Unfälle und am vierten Tag genau 2 Unfälle
passieren?
3. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß an den beiden ersten Tagen mindestens vier Unfälle gibt, wenn bekannt ist,
daß es am ersten Tag höchstens zwei Unfälle gab?
4. Mit welcher Wahrscheinlichkeit tritt der 5. Unfall frühestens am dritten Tag auf?
5. Wann ist der vierte Unfall zu erwarten?
6. Mit welcher Wahrscheinlichkeit passiert am ersten Beobachtungstag bis mittags der erste Unfall und der dritte Unfall frühestens am zweiten Beobachtungstag?
Lemma:
Sei (Nt)t≥0 ein Zählprozeß mit exponential-verteilten i.i.d. Zwischenankunftszeiten mit Parameter λ.
Dann ist Nt Poisson-verteilt mit Parameter λt.
Beweis: Sei n ∈ N0 :
P[Nt = n] = P[Nt ≥ n] − P[Nt ≥ n + 1]
= P[Tn ≤ t] − P[Tn+1 ≤ t]
=
Z
t
Z
t
fTn (x) dx −
0
=
0
Z
t
fTn+1 (x) dx
0
λn xn−1e−λx
dx −
(n − 1)!
Z
t
0
λn+1xn e−λx
dx
n!
Partielle Integration des ersten Integrals mit
f = e−λx , g ′ = xn−1 =⇒ f ′ = −λe−λx , g =
1 n
x
n
führt zu:
Z t n+1 n −λx
Z t
λn
1 n −λx
λ x e
1 n −λx t
P[Nt = n] =
x e +
x λe dx −
dx
0
(n − 1)! n
n!
0 n
0
=
λn 1 n −λt (λt)n −λt
t e
=
e .
(n − 1)! n
n!
✷
Mit Hilfe des Lemmas kann man aufgrund der Unabhängigkeit
und Stationarität der Zuwächse (Wartezeiten) folgenden Satz
zeigen:
Satz: (Charakterisierung von homogenen Poisson-Prozessen)
Sei (Nt)t≥0 ein Zählprozeß mit exponential-verteilten i.i.d. Zwischenankzunftszeiten mit Parameter λ.
Dann ist (Nt)t≥0 ein Poisson-Prozeß.
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