Nutrigenomik: Ernährungsberatung nach Gen-Analyse Nutrigenomik Die Ergebnisse der Genomik bieten uns neue Möglichkeiten zu verstehen, wie Nährstoffe Gen-und Proteinexpression moduliert werden und wie der Stoffwechsel der Zelllen und Organismen beinflusst wird. Bei der Nutrigenomik oder Nutrigenomforschung handelt es sich um ein Forschungsgebiet, bei dem die Erkenntnisse aus der Genomforschung, der Pflanzenzüchtung und Gentechnik sowie der modernen Medizin mit dem Ziel verknüpft werden sollen Nahrungsmittel zu entwickeln, die sich in der medizinischen Prävention und Behandlung einsetzen lassen. Erreicht werden soll dieses Ziel durch die Entwicklung spezieller Typen von Designer Food - Functional Food („Impfbanane“), Nutriceuticals (Nahrungsmittel mit pharmazeutischer Wirkung) - und Nahrungszusatzstoffen. Der Bereich der Nutrigenomik stellt einen der jüngsten Bereiche moderner biotechnologischer Forschung dar. Internationale und nationale Forschungsprojekte aus diesem Bereich wie etwa die des Netzwerk Nutrigenomforschung Berlin-Brandenburg befinden sich weitestgehend im Aufbau oder in der Phase der Etablierung. Mit Hilfe modernster biotechnologischer Techniken soll versucht werden, die Erkenntnisse aus der Genomanalyse des Humangenomprojektes sowie der Pflanzengenomprojekte für die Medizin nutzbar zu machen. Damit tritt die Nutrigenomik zu einem gewissen Grad in Konkurrenz zu den Projekten der Pharmakogenomik (international bekannt als Pharmacogenomics) großer Pharmakonzerne, in weiten Teilen ergänzen oder überschneiden sich jedoch auch diese beiden Forschungszweige. Die aktuelle Arbeit in der nutrigenomischen Forschung konzentriert sich auf die weitere Entschlüsselung des Genoms des Menschen und verschiedener Nutzpflanzen, die Erforschung genetischer Ursachen verschiedener Volkskrankheiten, Erforschung der Ernährungsbedingten Krankheiten und auf die Entwicklung von Functional Food durch Gentechnik. Ein wichtiges Ziel der Nutrigenomik Forschung ist es, genomweite Einflüsse der Ernährung, mit besonderem Fokus auf die Rolle von metabolischem Stress bei der Entstehung des metabolischen Syndroms zu studieren. (Extra:) Metabolischer Stress tritt auf, wenn ein Ungleichgewicht, in der Regel durch eine verringerte Menge an Glukose, verursacht wird. Wenn nicht genügend Glukose vorhanden ist, verlangsamt sich der Stoffwechsel, der Gewichtverlust steigt. Die Insulinresistenz nimmt in Folge des metabolischen Stress‘ zu. Metabolischer Stress wirkt sich auf die wichtigsten Körpersysteme in unterschiedlicher Weise aus. Es hemmt die Fähigkeit des Immunsystems, gegen äußere Eindringlinge zu schützen, verlangsamt die Wundheilung und kann die Muskelkraft schwächen. Wiederherstellung wird verstärkt, wenn der Patient eine angemessene medizinische und Ernährungsversorgung erhält, um Sepsis und Organversagen zu verhindern. Metabolischer Stress ist das „Wartezimmer“ zum metabolischen Syndrom. Das metabolische Syndrom ist eine Kombination von Gesundheitsstörungen, erhöht das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes. Die Ernährung ist vor allem auf Gesundheit und auf die frühesten Phasen der Krankheit Pathologie konzentriert. Um diätetischer Strategien wirksam anzuwenden, Krankheit zu verhindern oder um die Homöostase wiederherzustellen. Validierte Biomarker sind für die frühere phänotypische beschreibung des Krankheitzustandes erforderlich. Ernährung und Pharma (Pharmakologie) werden komplementäre Ansätze, um metabolischen Stress oder metabolisches Syndrom zu behandeln. Interessanterweise gibt es erhebliche Überschneidungen zwischen zellulären Targets für Ernährungs-und pharmakologische Interventionen, wie Peroxisomproliferator Aktivator Rezeptor-oder -, die binden Fettsäuren. Peroxisomen sind an dem Katabolismus von Fettsäuren auch beteiligt. Seite 1 Nutrigenomik: Ernährungsberatung nach Gen-Analyse Ein ausführliches (nur fakultatives) Material Nutrigenomik Mit dem Begriff Nutrigenomik (Nutrition = Ernährung, Genom = Gesamtheit der vererbbaren Informationen einer Zelle), wird ein neuer Wissenschaftszweig bezeichnet, bei dem die Zusammenhänge zwischen Nahrungsbestandteilen, Ernährungsverhalten und Erbanlagen im Detail untersucht werden. Interdisziplinär werden die Erkenntnisse aus der Genomforschung, der Pflanzenzüchtung und Ernährungswissenschaft verwendet. Im Jahre 1973 gelang die erste zielgerichtete Übertragung genetischer Informationen zwischen artfremden Organismen. Dies war der Beginn einer Technologie, die auf der Möglichkeit basiert, das Erbgut von Lebewesen (Tiere, Pflanzen, Mikroorganismen) zu manipulieren. Die Gentechnik wird mit der modernen Medizin verknüpft. Das Ziel besteht darin, Nahrungsmittel zu entwickeln, die sich in der medizinischen Prävention und Behandlung einsetzen lassen. Schwerpunkte der Nutrigenomik: Schwerpunkte der Nutrigenomik sind: * das Erkennen genetischer Prädispositionen für ernährungsbedingte Erkrankungen, um hieraus individuelle oder zumindest gruppenspezifische Ansätze für die Prävention und Therapie zu entwickeln. * Erforschung von Wechselwirkungen von Nahrungsstoffen mit dem menschlichen Genom. * Erforschung der dauerhaften, vererbbaren Beeinflussung von Genen durch Nahrungsbestandteile. * Erforschung der gesundheitlichen Bedeutung einzelner Nahrungsbestandteile. * Entwicklung spezieller Typen von Designer Food - Der Begriff Functional Food (=funktionelle Lebensmittel) stammt aus Japan und wurde geprägt für Lebensmittel, die einen zusätzlichen Nutzen für die Gesundheit aufweisen, der über den eines herkömmlichen Lebensmittels hinausgeht. Functional Food (s. Impfbanane), Nutriceuticals (Nahrungsmittel mit pharmazeutischer Wirkung) - und Nahrungszusatzstoffen. Die aktuelle Arbeit in der nutrigenomischen Forschung konzentriert sich auf die weitere Entschlüsselung des Genoms des Menschen und verschiedener Nutzpflanzen, die Erforschung genetischer Ursachen weit verbreiteter Krankheiten, die Erforschung der Ernährungsbedingten Krankheiten und auf die Entwicklung Functional Food. Der Begriff Functional Food (=funktionelle Lebensmittel) stammt aus Japan und wurde prägend für Lebensmittel, die einen zusätzlichen Nutzen für die Gesundheit aufweisen, der über den eines herkömmlichen Lebensmittels hinausgeht. Im Jahre 1973 gelang die erste zielgerichtete Übertragung genetischer Informationen zwischen artfremden Organismen. Dies war der Beginn einer Technologie, die auf der Möglichkeit basiert, das Erbgut von Lebewesen (Tiere, Pflanzen, Mikroorganismen) zu manipulieren. Gentechnik. Stoffwechselindividualität als Ausgangsthese der Nutrigenomik: Eine zentrale These der Nutrigenomik ist die Abhängigkeit der Nährstoffwirkung von der genetischen Ausstattung. Beim Stoffwechsel führt eine Vielzahl von Genen dazu, dass eine Krankheit in Abhängigkeit von einer bestimmten Ernährung auftritt. Ein Beispiel ist die unterschiedliche Reaktion auf den Milchzucker, die Laktose. Nach jahrtausendelanger Milchviehzucht hat sich in Europa eine genetische Variante durchgesetzt, dank der auch Erwachsene noch Milchzucker verdauen können. Als "Milch" wird nach dem Milchgesetz lediglich die Kuhmilch bezeichnet, während die Milch anderer Tiere nur unter deutlicher Kennzeichnung der Tierart, z.B. als Ziegenmilch, Schafmilch, in Verkehr gebracht werden darf. Milch verursacht bei vielen Afrikanern und Asiaten Übelkeit und das Durchfall oder Diarrhoe (griech. dia = durch, rhein = fließen), dies umfasst ein weites Spektrum. Es reicht von harmlosen funktionellen Störungen bis zu der auf komplexen Ursachen beruhenden chronischen Diarrhoe, Durchfall. Andere genetische Unterschiede wirken sich subtiler aus. So enthält das Blut von Probanden, die überwiegend pflanzliche Fette mit viel ungesättigten Fettsäuren essen, in der Regel weniger LDL-Cholesterin (dies ist eine geschmack- und geruchlose fettähnliche Substanz). Cholesterin wird vorwiegend in der Leber gebildet, kleinere Mengen auch im Darm und in den Zellen. Durch diese Eigensynthese ist der Mensch nicht auf die Zufuhr durch die Nahrung angewiesen. Cholesterin (Low Density Lipoprotein) – bis zu 15 % als das von Menschen, die ausschließlich tierische Fette zu sich nehmen. LDL, die “böse“ Form des Cholesterins, gilt als Risikofaktor für Herzinfarkt. Was aber meist unerwähnt bleibt: Die Zahlen sind lediglich Durchschnittswerte. Bei jedem vierten Menschen bleibt das Blutfett entweder unverändert, oder die Werte verschlechtern sich sogar während der als allgemein für herzgesund befundenen Diät. Die Nutrigenomik forscht im Erbgut nach den genetischen Ursachen für solche Unterschiede, um die Zusammenhänge besser verstehen zu können. Ziel ist die Entwicklung einer individuellen quasi “maßgeschneiderten“ Ernährungsberatung. Die Nutrigenomik soll personalisierte Hinweise für eine bessere Ernährung geben. SNPs Basis der Stoffwechselindividualität: Vergleicht man das Genom zweier Menschen gleichen Geschlechts stimmen 99,9 Prozent überein. Der kleine Seite 2 Nutrigenomik: Ernährungsberatung nach Gen-Analyse Anteil (0,1 %) an Abweichungen beruht überwiegend auf sogenannten ”SNPs” (gesprochen: ”Snips”). SNP steht für ”single nucleotide polymorphism”, das bedeutet die mögliche Besetzung einer bestimmten Position im Erbmaterial durch unterschiedliche Bausteine. Statistisch treten SNPs in jedem 100- bis 300sten des drei Milliarden Bausteine umfassenden Erbmaterials des Menschen auf, zur Zeit sind bereits mehr als vier Millionen SNPs bekannt. Ihnen wird ein Einfluss auf ernährungsbedingte Erkrankungen zugeschrieben, und sie werden im Zusammenhang mit unterschiedlichen Reaktionen auf Nahrungsbestandteile diskutiert. Von einem einzigen SNP kann beispielsweise abhängen, ob Menschen einen genetisch bedingt hohen oder niedrigen Cholesterinspiegel haben. Auch für die Nahrungswahl scheinen SNPs eine Rolle zu spielen: 70 Prozent aller Europäer reagieren auf bestimmte Bitterstoffe (bitter schmeckende Stoffe), die in der Regel mit Wasser gut extrahierbar sind. Es gibt eine große Zahl von Drogen mit bitterem Geschmack. Chemisch-pharmakologisch gehören Bitterstoffe keiner eigentlichen Stoffklasse an. Methoden der Nutrigenomik: Herauszufinden, welche Gene für unterschiedliche Nährstoffwirkungen verantwortlich sind, erfordert oft jahrelange Detektivarbeit unter Mitwirkung von Patienten und gesunden Probanden. In so genannten ModellOrganismen werden erste “Kandidaten-Gene“ identifiziert und deren genauer Zusammenhang im Krankheitsgeschehen und Ernährungsverhalten beleuchtet. Mit so genannten Transkriptom-Analysen können Nutrigenomiker untersuchen, wie Nahrungsbestandteile die Aktivität von Genen verändern: Der Einfluss bestimmter chemischer Verbindungen in gegrilltem Schweinefleisch auf den Leberstoffwechsel lässt sich z.B. untersuchen, indem nach Verzehr aus einer winzigen Leber-Gewebeprobe das Transkriptom isoliert und mit einem ”Standard“-Leber-Transkriptom verglichen wird. Das Resultat: Viele Enzymgene der Leber sind angeschaltet; die entsprechend gebildeten Enzyme (alter Begriff: Fermente) sind hochaktive Eiweißstoffe, die biochemische Reaktionen stark beschleunigen oder erst ermöglichen. Auf diese Weise regulieren sie viele Stoffwechselvorgänge. Zusammen mit Vitaminen und Hormonen werden sie häufig auch als Wirkstoffe bezeichnet. Enzyme können potenziell Krebs erregende Stoffe wie Benzpyrene aus gegrilltem, fettigen Fleisch neutralisieren. Forschungsprojekte der Nutrigenomik: Im Rahmen des BioProfils Nutrigenomik werden zur Zeit verschiedene Projekte realisiert, bei denen eine Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft Impulse für Diagnostik und Therapie ernährungsbedingter Erkrankungen setzen sollen. Einige Beispiele sind: * AllerGenChip: Entwicklung eines integrierten Schnellnachweissystems auf der Basis eines DNA-Chips zum semiquantitativen Nachweis (Schwellenwert) von Allergenen in Lebensmitteln * Anpassung eines schonenden Tests zur Früherkennung von Dickdarmkrebs beim Menschen, geeignet für die Analyse großer Stuhl-DNA-Probenzahlen * Innovation des Therapiekonzeptes für das metabolische Syndrom * PhysioSim ein in-silico-Krankheitsmodell zum Adipositas-induzierten Typ-2-Diabetes ist eine Stoffwechselstörung, die durch einen absoluten bzw. relativen Insulinmangel gekennzeichnet ist. Man unterscheidet zwei Formen des Diabetes, Typ I (früher Jugenddiabetes)und Typ II (früher Altersdiabetes). Diabetes * Tumorprophylaktische Nahrungsmittelzusätze auf der Basis von Mikroorganismen des humanen Darmsystems * Identifizierung neuer diagnostischer Marker für die Zöliakie und Nachweis immunreaktiver Bestandteile in Nahrungsmitteln Kritische Aspekte der Nutrigenomik: Die genetische Veränderung von Organismen wird als ethisch bedenklich und gefährlich angesehen. Auch das Ziel, aus den Erkenntnissen der Nutrigenomik hauptsächlich wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen, stößt auf Kritik. Schon heute verkaufen erste kommerzielle Anbieter Tests auf bestimmte Geneigenschaften und den dazu passenden individualisierten Ernährungsplan. Zudem wird argumentiert, dass das Zusammenspiel von Ernährung, Genen und chronischen Erkrankungen ein Puzzle von gewaltiger Komplexität ist. Prinzipiell wird zwar eingeräumt, dass es denkbar sei, den Effekt winziger genetischer Veränderungen durch selektive Nährstoffauswahl zu beeinflussen – fraglich ist, ob es jemals gelingt, die komplexen Zusammenhänge mehr als nur bruchstückhaft zu verstehen und daraus praktisch verwertbare, präventive oder therapeutische Maßnahmen zu entwickeln. * Herden, B.: Das Futter zum Erbgut; DIE ZEIT, 09.11.2006 Nr. 46 * Joost, H.-G.: Nutrigenomics. Scientific basis, status and perspectives of application. Grundlagen, Stand der Forschung, Anwendungen; Bundesgesundheitsblatt-Gesundheitsforschung-Gesundheitsschutz; Springer Berlin/Heidelberg 2006 Seite 3