# - 9 #- -9 #9 #-9 + Obstbau Nachweis des ApfeltriebsuchtPhytoplasmas: Labormethoden im Vergleich Sanja BARIC, Luis LINDNER, Josef DALLA VIA, Versuchszentrum Laimburg In den Südtiroler Erwerbsobstanlagen ist es in den letzten Jahren zu einem verstärkten Auftreten der Apfeltriebsucht gekommen. Nachdem nicht nur ältere sondern auch Junganlagen von der Krankheit betroffen sind, kam es zu einer großen Verunsicherung bezüglich des Gesundheitszustandes des Pflanzmaterials. Verständlich sind deshalb Forderungen nach einer Durchführung von Massentestungen. Ist aber eine solche Vorgangsweise durchführbar? D ie Apfeltriebsucht (auch Besenwuchs genannt) wurde erstmals 1950 als Virose des Apfelbaumes beschrieben. Heute wissen wir, dass die Krankheit durch ein Bakterium aus der Gruppe der Phytoplasmen hervorgerufen wird. Weltweit werden mehrere hunderte Pflanzenerkrankungen mit dieser Bakteriengruppe in Verbindung gebracht. Allen diesen Krankheitserregern ist gemein, dass sie ausschließlich in der Wirtszelle überleben und nicht auf künstlichen Nährmedien gezüchtet werden können. Ein Nachweis kann deshalb nur direkt im Pflanzengewebe oder im Insektenvektor erfolgen, was eine wesentliche Hürde bei der Erforschung von Phytoplasmenkrankheiten darstellt. Probennahme Für einen erfolgreichen Nachweis 200 des Erregers der Apfeltriebsucht ist die Probennahme mindestens genauso wichtig, wie die Auswahl der entsprechenden Testmethode. Das Apfeltriebsucht-Phytoplasma ist im Stamm und in den Trieben des Baumes oft unregelmäßig verteilt und die Wahrscheinlichkeit es dort zu finden, hängt nicht nur von der Jahreszeit ab, sondern auch mit dem Zufall zusammen. So kann es passieren, dass bei einem infizierten und symptomatischen Apfelbaum (auch mit der empfindlichsten Nachweismethode!) kein Phytoplasma gefunden wird, nur weil der falsche Zweig oder das falsche Blatt beprobt wurde. Im Gegensatz dazu ist der Erreger im Wurzelstock gleichmäßig verteilt und kann hier sowohl bei symptomatischen als auch bei latent-infizierten Bäumen das ganze Jahr über nachgewiesen werden. Eine diagnostische Lücke (= der Zeitraum, in dem der Erreger nicht diagnostiziert werden kann) besteht unmittelbar nach der Infektion bis der Erreger das Wurzelsystem besiedelt hat. Obwohl sich die Beprobung von Wurzeln wesentlich aufwändiger gestaltet, als die von Trieben oder Blättern, ist diese Probennahmestrategie wegen der höheren Zuverlässigkeit der Analyseergebnisse durchaus gerechtfertigt und notwendig. Mikroskopische Methoden Mit Hilfe eines Elektronenmikroskops 6/2007 gelang einer japanischen Arbeitsgruppe im Jahr 1967 die erstmalige Entdeckung von Phytoplasmen. Wegen ihrer Ähnlichkeit zu anderen zellwandlosen Bakterien, die als Krankheitserreger bei Mensch und Tier bereits bekannt waren, wurden sie bis 1994 als „Mycoplasmen-ähnliche Organismen“ bezeichnet. Die Elektronenmikroskopie verhalf in der Folge zu wichtigen Erkenntnissen über die Natur und das Wirtspflanzenspektrum dieser Organismen. Auf Grund der enormen Gerätekosten und des erheblichen Arbeitsaufwands für die Anfertigung von ultradünnen Schnitten kam diese Technik aber nie für die Routinediagnostik in Frage. In den 1970er-Jahren wurde schließlich die DAPI-Methode etabliert, die den Nachweis von Phytoplasmen unter dem Lichtmikroskop ermöglichte. Diese Methode beruht auf der Färbung von mikroskopischen Schnitten des Pflanzengewebes mit der Substanz 4,6-Diamidino-Phenylindol (kurz: DAPI), die spezifisch an die Erbmasse (DNA) bindet. Im Falle einer Infektion können unter dem Mikroskop in den Siebzellen charakteristische Fluoreszenzmuster erkannt werden. Die Anwendung dieser Methode bedarf allerdings eines besonders gut geschulten Auges, weil DAPI nicht nur an die Erbsubstanz des Phytoplasmas, sondern auch an die der Pflanze bindet (neben dem Zellkern ist DNA auch in Chloroplasten und in Mitochondrien enthalten!), so dass Verwechslungen leicht möglich sind. Ein erfolgreicher Nachweis mit Hilfe des Mikroskops gelingt meistens nur dann, wenn die Erregerdichte ausreichend hoch ist. Aufgrund der unregelmäßigen Erregerverteilung im Pflanzengewebe muss von jeder Probe eine größere Anzahl von Schnitten vorbereitet und untersucht werden, wodurch sich ein nur geringer Analysedurchsatz ergibt. Zudem kommt, dass die verschiedenen Phytoplasmen-Stämme oder -Arten nicht identifiziert und auch nicht voneinander unterschieden werden können. Das ist besonders dann wichtig, wenn eine Pflanzenart von mehreren Phytoplasmen mit unterschiedlicher Epidemiologie befallen werden kann (wie z. B. die Rebe mit den beiden Vergilbungskrankheiten Schwarzholz und Goldgelbe Vergilbung). Das Problem der Spezifität kann zwar mit der Immunofluoreszenz gelöst werden, es bleiben jedoch alle anderen für DAPI genannten Nachteile auch für diese mikroskopische Technik bestehen. DNA-basierende Methoden Verfrühter Austrieb. DNA-basierende Methoden beruhen auf der Einzigartigkeit des Erbgutes eines jeden Lebewesens. Ähnlich wie der Fingerabdruck zur Identifizierung von Personen herangezogen werden kann, ist es möglich, die in der Erbsubstanz enthaltene Information als „genetischen Fingerabdruck“ für den Nachweis und die Erkennung von verschiedenen Organismen (auch Krankheitserregern!) zu nutzen. Insbesondere die Entwicklung der 201 # - 9 #- -9 #9 #-9 + Polymerase-Kettenreaktion (PCR), bei der ein definierter Abschnitt der DNA vervielfältigt und indirekt sichtbar gemacht werden kann (siehe obstbau*weinbau 11/2003, S. 297), verhalf in den 1990er-Jahren zu einem Durchbruch in der Phytoplasmenforschung. Erst durch die Anwendung von DNA- bzw. PCR-basierenden Methoden war es möglich, bestimmte Phytoplasmenarten mit ihren Wirtspflanzen und Insektenvektoren in Verbindung zu bringen sowie auch deren genetische Vielfalt und Verwandtschaftsverhältnisse zu erfassen. Wegen der Genauigkeit und der hohen Nachweisempfindlichkeit hielten PCR-basierende Methoden auch bald Einzug in diagnostische Labors. Am Versuchszentrum Laimburg wurde in den letzten Jahren ein neues, auf der real-time PCR beruhendes Verfahren für den spezifischen Nachweis des Apfeltriebsucht-Phytoplasmas entwickelt (siehe obstbau*weinbau 12/2004, S. 392-393). Dieses Testverfahren ist im Vergleich zu den herkömmlichen PCR-Methoden das derzeit empfindlichste und präziseste. Obwohl die Reagenzienkosten der real-time PCR immer noch vergleichsweise höher ausfallen, wird dies durch einen wesentlich geringeren Arbeitsaufwand bei der Durchführung der Analyse ausgeglichen (siehe Grafik). Unabhängig davon, welche PCR-basierende Testmethode schlussendlich ausgewählt wird, bleibt als einer der arbeitsintensivsten Schritte die Gewinnung und die Extraktion der DNA. Wie bereits erwähnt, werden für den Nachweis des Erregers der Apfeltriebsucht Wurzelproben genommen – gewöhnlich drei bleistiftdicke und etwa 10 cm lange Wurzelstücke pro Baum. Im Labor werden die Wurzeln zunächst gründlich gereinigt und anschließend das Phloemgewebe (Siebgefäße), auf das der Erreger beschränkt ist, präpariert. Dieser Schritt ist notwendig, weil dadurch die Menge der ErregerDNA im Verhältnis zur Pflanzen-DNA angereichert und die Nachweiswahrscheinlichkeit gesteigert wird. Zwi202 schen den einzelnen Proben muss das Instrumentarium sorgfältig gereinigt und sterilisiert werden, damit es zu keiner Verunreinigung der nächstfolgenden Probe kommt. Das präparierte Gewebe wird schließlich mit einer speziellen Mühle zerkleinert und die DNA in einer Reihe von aufeinander folgenden Arbeitsschritten isoliert. Wegen der aufwändigen Probenaufbereitung kann an einem Arbeitstag im Molekularbiologischen Labor des Versuchszentrums Laimburg derzeit die DNA von fünfzehn Doppelproben extrahiert werden. Bei einer Annahme von 200 Arbeitstagen könnten pro Jahr 3000 DNA-Isolate gewonnen werden - ohne eine einzige PCR-Analyse durchgeführt zu haben! Folglich wird klar, dass sich allein wegen des hohen Arbeitsaufwandes für die Probenaufbereitung keine DNA-basierende Methode für Massentestungen auf Apfeltriebsucht eignet. Serologische Methoden - ELISA Gegenüberstellung des Arbeitsablaufes der real-time PCR (links) und der ELISAMethode (rechts) zum Nachweis des Apfeltriebsucht-Phytoplasmas. Für die Durchführung beider Analysen werden Wurzelproben genommen (A) und das Phloemgewebe präpariert (B). Das Gewebe wird anschließend homogenisiert (C) und für die real-time PCR-Analyse daraus die Erbsubstanz (DNA) gewonnen (rotes Kästchen). Für die Durchführung eines ELISA-Tests kann das Pflanzenextrakt direkt verwendet werden, jedoch ist der eigentliche Analyseprozess (gelbe Kästchen) aufwändiger als bei der real-time PCR. Der ELISATest zeigt gegenüber der real-time PCR eine mindestens hundertfach geringere Empfindlichkeit. Der ELISA-Test wird häufig als Alternative für DNA-basierende Methoden zum Nachweis des Apfeltriebsucht-Erregers genannt. Der Name ELISA (sprich „elaisa“ ) steht für Enzyme-Linked Immunosorbent Assay und beruht auf der Erkennung von Erregerproteinen durch spezifische Antikörper – analog der Immunreaktion unseres körpereigenen Abwehrsystems. Ein Argument, das sehr oft in Zusammenhang mit ELISA gehört wird, ist die „kostengünstige und einfache Anwendung“ dieses Nachweisverfahrens. Die Kostengünstigkeit kann hier in der Tat bestätigt werden – allerdings nur für die Reagenzien. Der Arbeitsaufwand für die Aufbereitung der Pflanzenproben ist aber nur geringfügig minder als für die PCR, denn auch für einen ELISA-Test sollte das Phloemgewebe der Wurzeln aufbereitet werden, um eine Chance zu haben, latente Infektionen nachzuweisen. Im Vergleich zu der im vorherigen Absatz beschriebenen Vorgangsweise für die Probenaufbereitung, wird bei ELISA nur auf die 6/2007 DNA-Extraktion aus dem zerkleinerten Pflanzengewebe verzichtet – der vorhergehende Ablauf bleibt identisch (siehe Grafik). Hinzu kommt, dass die eigentliche Analyse aus mehreren Arbeitsschritten besteht und mindestens doppelt so viel Zeit in Anspruch nimmt, als der einstufige Prozess der real-time PCR (siehe Grafik, gelbe Kästchen). Ein weiterer, besonders schwerwiegender Nachteil für ein diagnostisches Verfahren ist die geringere Nachweisempfindlichkeit: ein direkter Vergleich mit einer herkömmlichen PCR-Methode zum Nachweis des Apfeltriebsucht-Phytoplasmas, die unter anderem von Mitarbeitern der Universität Udine durchgeführt wurde (siehe Brzin et al. 2003, Journal of Plant Diseases and Protection 110, 476-483), ergab eine hundertfach geringere Empfindlichkeit des ELISA-Tests. In einigen latent-infizierten Pflanzen wurde das Phytoplasma folglich übersehen und ein falsch-negatives Testergeb- ,OGO?"ERAT?KLEINCPDF5HR nis erhalten. Am Versuchszentrum Laimburg wurde darüber hinaus die Beobachtung gemacht, dass der Erreger in manchen Fällen, trotz eindeutiger Symptomausprägung, mit ELISA nicht nachzuweisen war (siehe obstbau*weinbau 11/2003, S. 300301). Deswegen ist jedem ELISATestergebnis, bei dem kein Phytoplasma festgestellt werden konnte, generell zu misstrauen. Die Autoren der oben zitierten Studie schlagen daher vor, die mit ELISA zweifelhaft oder negativ getesteten Pflanzen mit einer empfindlicheren PCR-Methode nachzuanalysieren. Bei der Überprüfung von Vermehrungs- und Baumschulmaterial würde das eine Verdoppelung des Arbeitsaufwandes und eine immense Verteuerung der Analysen bedeuten. Um diese unnötigen Kosten zu vermeiden, sollte von Beginn an jene Analysemethode gewählt werden, von der die zuverlässigsten Aussagen zu erwarten sind – und das ist derzeit die am Ver- suchszentrum Laimburg entwickelte real-time PCR-Methode. Schlussfolgerungen Massentestungen zum Nachweis des Apfeltriebsucht-Phytoplasmas sind derzeit mit keiner existierenden Analysemethode durchführbar, was vor allem auf den hohen Arbeitsaufwand bei der Aufbereitung der Pflanzenproben und die hohen Kosten zurückzuführen ist. Bei einer jährlichen Produktion von 6 Millionen Apfelbäumen kann das Südtiroler Baumschulmaterial nur stichprobenartig und auf Verdachtsmomente hin untersucht werden. Mit der zur Verfügung stehenden real-time PCR-Methode ist es jedoch möglich, den Gesundheitsstatus des Vorvermehrungsmaterials zu gewährleisten, wie es am Versuchszentrum Laimburg bereits gehandhabt wird (siehe obstbau*weinbau 2/2006, S. 54-55). # - 9 #- -9 #9 #-9 + Veranstaltungen 6. Internationales Gewürztraminer-Symposion vom 5. – 7. Juli in Tramin A uch in diesem Jahr werden Top-Gewürztraminer aus vier Kontinenten präsentiert und degustiert, denn die Praxis steht im Vordergrund. Im Castel Rechtenthal und dem Bürgerhaus von Tramin können die Gäste an hochkarätig geführten Gewürztraminer-Verkostungen und Kochlektionen teilnehmen und so neue Eindrücke sammeln. Eine Einführung in die vielfältige Duft- und Geschmackswelt des Gewürztraminergrappa gibt Luigi ODELLO, Präsident des Zentrums für „Assaggiatori“ und der Önologe Umberto MALLOSSINI von der Versuchsanstalt San Michele all’Adige (TN) stellt eine önologische Charakterisierung neuer GewürztraminerKlone vor. Martin THALHEIMER, Agronom vom Versuchszentrum Laimburg erklärt uns das Südtiroler Terroir und Dario CAPPELLONI (Gambero Rosso) stellt die entsprechenden Weine vor. David SCHILDKNECHT, Mitarbeiter des einflussreichen Weinkritikers Robert PARKER jr. präsentiert und kommentiert eine Verkostung der Superlative: seine besten internationalen Gewürztraminer, einschließlich der Vereinigten Staaten. Den Abschluss bildet wieder das spektakuläre Sommerfest im Garten von Schloss Rechtenthal. Weitere Informationen: www.tramin.it E-Mail: [email protected] Tel. +39 0471 860131 203