1.4 Ballaststoffe Ballaststoffe sind komplexe Kohlenhydrate (Polysaccharide), und Lignine, welche vom Dünndarm nicht enzymatisch abgebaut werden können und somit unverdaut im Dickdarm landen. Sie wurden daher lange Zeit von den Ernährungsphysiologen als Ballast bezeichnet, wovon sich ihr Name ableitet. Allerdings schätzt man heute ihren „Trainingseffekt“ für das Verdauungssystem. Sie kommen in Getreide, Obst, Gemüse und Hülsenfrüchtenvor. Ballaststoffe sind chemisch nicht einheitlich. Man unterscheidet lösliche und unlösliche Ballaststoffe. Soweit es sich um Kohlenhydrate handelt, finden wir hauptsächlich Cellulose, Hemicellulosen, Schleimstoffe und resistente Stärke, die beim Abkühlen aus gekochter Stärke entsteht. Bei gekochten Kartoffeln erhöht sich der Anteil unverdaulicher Stärke von 3 % auf 12 % bei einmaligem Abkühlen. Zu den Ballaststoffen gehören auch z.B. Gummen, die als Reaktion auf Verletzungen von der Pflanze gebildet werden, Schleime, die das Innere der Pflanzenzelle vor Austrocknung schützen sollen und nicht-stärkeartige Reservekohlenhydrate, die im Samen abgelagert werden. Diese zuletzt genannten Verbindungen werden auch als Quellstoffe bezeichnet. Bis auf das Lignin können alle Ballaststoffkomponenten aufgrund ihrer chemischer Struktur Wasser binden. Bei so genannten Quellstoffen kann die Wasserbindung bis zum 100fachen des Eigengewichts betragen. Gelegentlich werden auch andere Stoffe, die in Pflanzenzellen vorkommen und die der Mensch wahrscheinlich nicht verwerten kann, den Ballaststoffen zugerechnet; dazu gehören Cutin, Wachse, Glycoproteine und zellwandgebundene Mineralstoffe. Diese Substanzen sind in Lebensmitteln jedoch nur in unbedeutenden Mengen vorhanden. Quelle: www.akademie-weinheim.de 1/4 1.4.1 Übersicht Ballaststofftyp Faserstoffe Beispiele Cellulose Hemicellulose Lignin Vorkommen Pfl. Zellwand Pfl. Zellwand Pfl. Zellwand Natürliche Quellstoffe, Schleim- und Gelbildner Pektin Agar Agar Aligante Carrageen Carubin Pfl. Zellwand Rotalgen Braunalgen Rotalgen Johannisbrotbaum Rotalgen Guarbohne Halbsynthetische Quellstoffe Furcelleran Guar MethylCellulose CarboxymeThylcellulose Resitente Stärke Gekochte Stärke Wirkung/Anwendung Wasserbildung (Lignin nicht), Erhöhung des Stuhlgewichts, Anregung der Peristalik, Verkürzung der Transitzeit, Drucksenkung im Colon, Steigerung der Fettausscheidung, Bindung von Kationen Bindung von Wasser, Kationen, Gallensäuren, Senkung des pH-Wertes, Verringerung postprandialer Glucosespiegel, Steigerung der Fettausscheidung, nach Abbau Substrat für Mucosazellen Substrat für Bakterienflora im Colon, Vermehrung der Bakterienmasse Cellulose, Hemicellulosen (die sogenannten Nahrungsfasern) und Pektine sind typische Ballaststoffe. 1.4.2 Wirkung auf den Organismus Ballaststoffe führen zu einem Sättigungseffekt. Sie werden, weil sie von den Verdauungsenzymen nicht oder nur unvollständig abgebaut werden, erst im Dickdarm von der dort vorhandenen Mikroflora ganz oder zumindest teilweise verstoffwechselt. Dabei werden kurzkettige Fettsäuren (SCFA) und keine Glucose freigesetzt (prebiotischer Effekt). Dieser Fermentationsprozess kann bis zu zehn Stunden in Anspruch nehmen. Dadurch kommt es zu einer länger anhaltenden Sättigung und einem angemessen niedrigen Blutzuckerspiegel (im Vergleich zu ballaststoffarmen Lebensmitteln). Da ein plötzlicher rasanter Blutzuckeranstieg vermieden wird, wird das benötigte Insulin gleichmäßig in den Blutkreislauf abgegeben. Dies ist eine günstige Stoffwechselsituation zur Gewichtsabnahme. Auch Diabetiker profitieren davon. Quelle: www.akademie-weinheim.de 2/4 Ballaststoffe quellen im Magen auf und sorgen durch Zunahme des Volumens für einen geregelten Stuhlgang. Sie sind eines der wenigen "Abführmittel", welches keien Gewöhnungseffekt zur Folge hat. 50 g Ballaststoffe können 200 bis 300 Gramm Wasser binden, wodurch eine höhere Wasseraufnahme notwendig ist. Mit der Flüssigkeit binden Ballaststoffe auch Mikroorganismen, unerwünschte Keime und übermäßige Magensäure. Mit roher Weizenkleie oder Haferflocken kann Sodbrennen behandelt werden. Bei Darminfektionen bereinigen Ballaststoffe die Darmflora und fördern damit den Heilungsprozess. Da Ballaststoffe rau sind, fördern sie eine kräftige Ausbildung der Darmwände. Durch den hohen Wassergehalt der Ballaststoffe wird der Speisebrei weicher, sorgt damit für einen ausreichenden "Füllungsdruck", der den Speisebrei weiter schiebt. Die Nahrung wird somit schneller transportiert und ausgeschieden, womit Krankheitserregern und Keimen weniger Zeit bleibt sich im Gewebe festzusetzen oder zu verstoffwechseln. Unterstützt wird dieser Effekt durch die Förderung der natürlichen Bakterien, womit eine gesunde Darmflora hergestellt wird. Ein zu fester Speisebrei drückt gegen die Darmwände und macht sie weich. Bei diesem „Ausleiern“ kommt es zur unerwünschten „Grübchenbildung“. Langfristig lagern sich hier Speisereste, Krankheiterreger und Keime ab, die zu Entzündungen und Krankheiten führen können. Ballaststoffreicher – weicher – Speisebrei wirkt dieser Entwicklung entgegen. Manche Ballaststoffe können jedoch auch Blähungen verursachen, weshalb diese ballaststoffreichen Lebensmittel häufig von älteren Verbrauchern eher gemieden werden. Wesentlich besser verträglich sind daher die löslichen Ballaststoffe wie z. B. Pektine, Oligofructose und Dextrine, welche in Obst und Gemüse reichlich vorhanden sind. Deshalb geht die Wissenschaft heute davon aus, dass folgende Erkrankungen vor allem in westlichen Industrieländern durch Erhöhung der Ballaststoffzufuhr gemildert oder verhindert werden können: Obstipation (~ Verstopfung, Darmträgheit) Divertikulose irrtiables Colon Hämorrhoiden Chlolesterolgallensteine Coloncarcinom Adipositas Diabetes Typ II Krampfaderleiden Nierensteine Hyperlipidamien Quelle: www.akademie-weinheim.de 3/4 1.4.3 Aufbau der Ballaststoffe Chemisch gehören die Ballaststoffe, mit Ausnahme des Lignins, zur Gruppe der Kohlenhydrate. Es sind Polysaccharide, die sich in der Art der Bausteine und im Aufbau der Kettenstruktur unterscheiden. Vom Aufbau der Kette z.B. der Kettenlänge und der Anzahl der Verzweigungen ist es abhängig, ob es sich um lösliche oder um unlösliche Verbindungen handelt. 1.4.4 Empfehlungen Pro Tag sollte man mindestens 30–40 Gramm Ballaststoffe zu sich nehmen – am besten über Vollkornprodukte, Gemüse, frisches oder getrocknetes Obst und Nüsse. Bei allzu rascher Ernährungsumstellung kann es zu schweren Blähungen kommen. Zu empfehlen ist also eine langsame Steigerung des Ballaststoffkonsums. Durch die Fasern muss man länger kauen und scheuert so die Bakterienbeläge auf den Zähnen ab. Außerdem fördert es die Speichelbildung und schützt so vor Karies. Ballaststoffanteil pro 100g Lebensmittel Brot Roggenvollkornbrot Grahambrot Roggenmischbrot Weizenmischbrot Weizenbrötchen Laugenbrezel 8g 6g 6g 5g 3g 2g Haferflocken Vollkornnudeln (gekocht) 5g 4g grüne Erbse (gekocht) Rosenkohl (gekocht) Möhren Weißkohl Kartoffel (gekocht mit Schale) 4g 4g 3g 3g 2g Johannisbeeren (schwarz) Heidelbeeren Äpfel Erdbeeren 7g 5g 2g 2g Getreideprodukte Gemüse Obst Quelle: www.akademie-weinheim.de 4/4