Der Karies zeigt man die Zähne

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ANZEIGENSONDERVERÖFFENTLICHUNG DES IZOP-INSTITUTS
UMWELT BAUT BRÜCKEN
17. JUNI 2012
Der Karies zeigt man die Zähne
Mit Mikroorganismen lassen sich Zahnpasta und Lebensmittel verbessern / Bei Organobalance herrscht eine sterile Atmosphäre
Umwelt baut Brücken
Auf dieser Themenseite berichten Schülerinnen und Schüler der Freiherr-vom-Stein-Oberschule in Berlin über den
Artenschutz durch moderne Technologien. Insgesamt beteiligen sich 40 Schulen aus Deutschland, Bulgarien, Kroatien,
Rumänien und Ungarn an dem europäischen Umwelt- und
Zeitungsprojekt. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung gehört zu den 11 Zeitungen aus diesen Ländern, die
den journalistischen Recherchen der Schüler zu konkreten
Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen eine publizistische
Plattform bereitstellen. Interkultureller europäischer Dialog,
Bildung für nachhaltige Entwicklung, Leseförderung und
Medienkompetenz sind die Eckpfeiler des Projekts.
Umwelt baut Brücken wird von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert.
Projektmanagement: IZOP-Institut und Zentrum für Umweltkommunikation der DBU
V.i.S.d.P.: IZOP-Institut, Heidchenberg 11, 52076 Aachen,
Tel.: (02408) 58890
Winzigkeiten fallen nicht durchs Raster: Petrischalen im Labor von Organobalance.
Und der Haifisch,
der hat (S)qualen
Wie man mit Hefe Haie retten kann
Ein Grund für das dramatische Schrumpfen der Haifischbestände in den Weltmeeren ist nicht nur die Vorliebe vieler Asiaten für Haifischflossensuppe, sondern auch der
begehrte Stoff in ihrer Leber namens Squalen (gesprochen: Skwaleen)
Squalen ist ein Fett, das in kleinen Konzentrationen in
jedem Lebewesen zu finden ist. Was es von normalen Fetten unterscheidet, ist seine antioxidative Eigenschaft, die
hemmend auf Zellalterungsprozesse wirkt. Dem Fett werden
darüber hinaus Heilkräfte zugesprochen, die jedoch wissenschaftlich nicht nachgewiesen sind. Ob es die teuren Cremes
der Kosmetikhersteller sind, das Schmiermittel der Maschinenbauer oder die Impfstoffe der Pharmazeuten, wo es als
Wirkverstärker zum Einsatz kommt: Der geruchlose, durchsichtige Stoff ist aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken.
Squalen ist zwar kein Mittel zur Prävention von Krankheiten, doch es dient als natürliches Antioxidans, das die Zellalterung verlangsamt und so zum Beispiel für jung aussehende
Haut sorgt. In der Alternativmedizin gilt es als Heilmittel gegen Krebs, allerdings wurde eine solche Wirkung durch konkrete Studien noch nicht nachgewiesen. Das begehrte Fett
wird größtenteils aus der Haifischleber extrahiert, wo es in
hoher Konzentration vorliegt. Für die Haie stellt der wachsende Squalenbedarf der Industrie deshalb ein Problem dar.
Seit 2006 hat es sich die Organobalance GmbH in Berlin
zur Aufgabe gemacht, eine auf nachwachsenden Ressourcen
basierende Methode zur Squalen-Herstellung zu entwickeln
und damit auch einen Beitrag zum Artenschutz zu leisten.
Statt Squalen aus Haifischleberöl zu gewinnen, soll es in Zukunft durch Mikroorganismen erzeugt werden. Dazu hat man
gentechnisch modifizierte Hefestämme entwickelt, die einen
veränderten Stoffwechsel aufweisen und reines Squalen als
ein Stoffwechselendprodukt ausscheiden. Bis zur industriellen Herstellung ist es nicht mehr weit.
Nele Ketzler, Tizian Strache, Dominik Smolković,
Dora Ordanić, Paula Rem, Eva Popović
„Wir suchen die Guten, die die Bösen zur Strecke bringen.“ So lautet das Ziel der 2001 gegründeten Organobalance GmbH in Berlin. Als Ziel setzten sich die drei
Gründer Christine Lang, Ulf Stahl und Michael Wallmeyer,
Lebensmittel mit Hilfe von Hefen und Milchsäurebakterien zu verbessern, sie mit einem gesundheitsförderlichen
Zusatznutzen zu versehen und zu vermarkten.
Seinen Sitz hat Organobalance im Technologie-Park in
den alten AEG-Werkshallen im Berliner Bezirk Wedding. Die
Firmenräume liegen im dritten Stock eines roten Backsteingebäudes in einem Netz aus weißen Fluren. Zwischen Erlenmeyerkolben und Computern forschen 30 junge Mitarbeiter
auf den Gebieten Lebens- und Futtermittel, Gesundheit, Kosmetik, Fein- und Bulkchemikalien. Sie wollen krankmachende
Keime ausschalten, die Haltbarkeit von Lebensmitteln verbessern, Schweißgeruch beseitigen und neue Produktionswege
für die Herstellung von Rohstoffen entdecken. Dies geschieht
entweder in Kooperation mit Partnern oder in Eigeninitiative. „Einen unermesslichen Schatz bieten die mehr als 8000
Mikroorganismen umfassende Stammbank und die von Organobalance entwickelte Screeningtechnologie“, sagt Mitarbeiter Andreas Raab. Es wird gezielt nach verschiedenen
Eigenschaften der Mikroorganismen gesucht, um denjenigen
zu finden, der die jeweils gewünschten Eigenschaften besitzt,
ähnlich wie bei einer Rasterfahndung der Polizei. Eine große
Anzahl von Stämmen kann dabei von den Mitarbeitern in kurzer Zeit untersucht werden.
Raab führt die Besucher mit seiner Kollegin Kristin Ebert
in die „Medienküche“, in der die Kulturmedien zur Anzucht
der Hefe- und Bakterienstämme hergestellt werden. Sofort
steigt der strenge, beißende Geruch in die Nase, der an den
säuerlichen Geruch verdorbener Milch erinnert. Das Zentrum
eines jeden Laborraums bildet die Cleanbench: ein metallener Tisch, der durch einen Sicherheitsglaskasten abgeschlossen ist. Die Arbeitsplatte ist über eine Schiebetür erreichbar,
die steriles Arbeiten gewährleistet. Düsen an der vorderen
Seite des Tisches erzeugen einen permanenten Luftzug, der
das Eindringen fremder Partikel verhindert. Es herrscht eine
sterile Arbeitsatmosphäre, die von der konzentrierten Ruhe
noch unterstrichen wird. Diese wird nur vom Summen der
Rührgeräte im Hintergrund gestört.
Stolz berichtet Raab von der Anmeldung einer Vielzahl
von Patenten, die Organobalance zu einem führenden Unternehmen in der Probiotikaforschung gemacht haben. Eine
Fotos: Luisa Malek
dieser Entdeckungen, die gemeinsam von der BASF und
Organobalance entwickelt wurde, ist ein Milchsäurebakterium, das die Kariesentstehung verringern kann.
Das geschieht so: Das „böse“ Karies verursachende
Bakterium (Streptococcus mutans) wird an das „gute“ Milchsäurebakterium, das von der BASF unter dem Namen Lactobacillus pro-t-action vermarket wird, gebunden und kann
einfach ausgespült werden. Das Ergebnis dieser Entwicklungsarbeit ist seit vergangenem Jahr in Gestalt einer Zahnpasta mit dem namen Plidenta in Kroatien auf dem Markt.
Eigenen Untersuchungen zufolge verringert sie die Anzahl
der Karies verursachenden Bakterien um 52 Prozent. Die
Kommerzialisierung eines Produktes, also der Weg vom Labor bis zum Konsumenten, kann bis zu sechs Jahre dauern.
„Unsere Technologie hat so gut wie keine Grenzen“, meint
Geschäftsführerin Christine Lang. Die Zukunft sieht Organobalance in der Entwicklung und Vermarktung eigener Produkte. Auch kann man sich vorstellen, das Standbein der
weißen Biotechnologie weiter auszubauen wie zum Beispiel
die Herstellung von Squalen mit Hefe.
Johanna Grabka, Fabienne Bretschneider, Lisa Schirmer,
Iva Rišner, Lea Potočar, Lucija Kristić
Sein Wissen verkaufen
Die Geschäftsführerin von Organobalance im Gespräch
In neuen Technologien sieht Professor Christine Lang große
Vorteile. Mit ihr sprachen Yuriy Kuzema, Tami Duske, Simon
Grothe, Dora Bertović, Julijana Čikara und Marin Andabaka.
Wann begann Ihr Interesse für Biologie?
Nach meinem Abitur entschied mich für ein Biologiestudium. Ich verbrachte ein Jahr an der Universität in Sussex und
arbeitete dort zum ersten Mal mit Hefe als Mikroorganismus.
Was veranlasste sie, ein Unternehmen auf diesem bis dahin eher unbekannten Gebiet zu gründen?
Meine Motivation gewann ich in einer Studiengruppe an
der TU Berlin. Sie beschäftigte sich mit der Frage, wie man
mit Mikroorganismen forschen und arbeiten kann. Die Antwort
fanden wir in der parallelen Analyse dieser Organismen. Wir
gründeten Organobalance, um mit der Idee der fördernden
Wirkung insbesondere von Milchsäurebakterien zu arbeiten.
Für dieses Konzept erhielten wir 2003 den IDEE-Förderpreis
und die finanzielle Grundlage zur weiteren Forschung. Wir
bekamen Aufträge von Unternehmen wie General Mills und
BASF. Unsere Erfolge wurden mit dem 2. Preis bei der „Berliner Unternehmerin des Jahres“ 2008/2009 ausgezeichnet.
Welche Projekte verfolgen sie aktuell?
Wir befassen uns vor allem mit der Industrie- und Mikrobiologie. Besonders faszinierend finden wir die Bekämpfung
schädlicher Bakterien. Das gelingt uns mit Mikroorganismen,
die wir in unserer Stammbank archiviert haben oder die wir
aus verschiedenen Quellen neu isolieren. Sie sollen dann die
Umwelt nachhaltig positiv beeinflussen. Dabei haben wir etwa
ein Milchsäurebakterium gefunden, das Karies bekämpft. Es
wurde in einer Zahnpasta auf den Markt gebracht.
Sind Bakterien in einer Zahnpasta menschenfreundlich?
Unsere Projekte bezüglich Antikaries sind alle biologisch,
also natürlich und umweltfreundlich. Für mich ist die Firma
nicht nur eine Methode, Geld zu verdienen, sondern auch eine
Herzensangelegenheit. Ich bin davon überzeugt, dass wir uns
als Gesellschaft Gedanken machen müssen, denn wir können
nicht dauerhaft Gifte produzieren und darauf hoffen, dass diese entsorgt werden können. Wenn wir es schaffen, mit nachhaltigen Technologien dieselben Ziele zu erreichen, wird dies
erheblich zur Verbesserung der Weltgesellschaft beitragen.
Halten Sie ein Eingreifen in die genetischen Strukturen
nicht für ethisch fragwürdig?
Die Anwendung von Gentechnik an Mikroorganismen zur
Verbesserung der Lebensbedingungen verursacht meiner
Meinung nach aus biologischen Gründen keinen ethischen
Schaden. Organobalance wendet für die Herstellung von
Substanzen in Mikroorganismen das Verfahren des Metabolic
Engineering an. Diese Prozesse laufen dann in großen Fermentern ab, sodass diese Bakterien mit der Umwelt nicht in
Berührung kommen.
Weder Fisch noch Fleisch
Den Geschmack der Kunden treffen Algen nur über Umwege: Denn bei der Fischaufzucht können sie wertvolle Dienste leisten
„Wir essen Fisch, weil er gesund ist. Aber warum?“, fragt
Professor Peter Neubauer von der Technischen Universität Berlin. Fisch enthält Omega-3-Fettsäuren. Aber gäbe
es denn eine für die Umwelt freundlichere Alternative?
Der gebürtige Hallenser interessierte sich schon früh für
Biologie und dafür, wie man biochemische Prozesse vom
Labortisch auf die Industrie überträgt. Nach seinem Studium
der Mikrobiologie mit Promotion folgten Studien im Ausland.
Nachdem er von 2000 bis 2008 an der Universität von Oulu in
Finnland den Lehrstuhl für Bioprocess Engineering innehatte,
begann er 2009 seine Arbeit am Institut für Biotechnologie in
Berlin, wo er das Fachgebiet Bioverfahrenstechnik leitet.
„Der Fisch an sich produziert keine Fettsäuren. Er nimmt
sie durch die Algen auf, die die Fettsäuren produzieren“,
erklärt Neubauer. In den Aquakulturen werden die Fische
schon als Larven mit Fischmehl beziehungsweise Fischöl
gefüttert, damit sie die zum Wachstum benötigten Omega-3Fettsäuren bekommen. Dieses Fischmehl stammt aus dem
weltweiten Fischfang und dem sogenannten Beifang, wobei
es fast ausschließlich zur Aufzucht der Fische in den Farmen
Die Algen erhalten Beistand: Professor Peter Neubauer legt seine Hand auf einen Orbitalschüttler.
gebraucht wird. Denn für Menschen schmeckt und stinkt es
unangenehm. Zu kleine und unbrauchbare Fische sollten auf
den Fangbooten eigentlich aussortiert und zurückgeworfen
werden. Neubauer hält diese Art von Aquakultur für widersinnig, da Algen, insbesondere Meeresalgen, wesentlich mehr
Omega-3-Fettsäuren beinhalten als Fische. Die Substitution
des Fischmehls und Fischöls durch Algenprodukte würde ein
Drittel des Weltfischfangs überflüssig machen. Warum also
nicht gleich Algen verzehren?
Das Labor der TU Berlin hat seine eigene Algenzucht, in
der die Aquakulturen mit Hamilton-Robotern positioniert und
versorgt werden. Es betreibt auch das Reaktorsystem Medusa zur Kultivierung phototropher Mikroorganismen. Die Reaktoren, sogenannte Orbitalschüttler, bestehen aus Stahl. In
Standardanlagen sind Algen nicht züchtbar. „Dicke Algensuppe braucht viel Sauerstoff“, sagt Neubauer.
Lösungsansätze dafür sind Begasung und ein ständiges
Rühren. Jedoch reißen die Geißeln der Algen beim Umrühren in den Reaktoren leicht, was zu einem neuen Problem
führt: Die Alge wächst nicht mehr. Für deren Erhaltung muss
also ein Optimum zwischen Begasung und Rühren gefunden werden. Für die Produktion förderlich ist auch der Umstand, dass es in den Reaktoren möglich ist, sich auf eine zu
züchtende Alge zu konzentrieren und diese nicht noch mit
anderen Algen zu vermischen. Algen können auf vielen Substanzen wachsen. Diese sollten billig und für die Ernährung
zugelassen sein. Meist wird Glukose verwendet, da Algen
darauf schnell wachsen.
Die Nutzung von Algen stellt nicht nur eine Möglichkeit
dar, um den Weltfischbestand zu schützen. Auch für uns
Menschen gibt es bereits eine vielfältige Auswahl von Algenlebensmitteln, wie zum Beispiel Algenspaghetti oder Algenwurst. Aber ganz scheinen diese den Geschmack der Kunden noch nicht zu treffen. Algenprodukte liegen doch länger
im Supermarktregal als andere Lebensmittel. Aufgrund der
hohen Konzentration in den Reaktoren ist die Produktion der
Algen in ihnen zwar wesentlich effektiver als im Meer. Allerdings würde sich wegen der hohen Energie- und Anlagenko-
Algensuppe statt Fischmehl
Die Omega-3-Fettsäure Docosahexaensäure (DHA) gehört
zu den mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Sie findet sich
unter anderem in der Netzhaut und im Gehirn. Sie mindert
maßgeblich das Herzinfarktrisiko, beugt psychischen Erkrankungen und Bluthochdruck vor und fördert das Wachstum von Kindern. Die DHA ist in verschiedenen pflanzlichen
und tierischen Produkten enthalten, in hoher Konzentration
vornehmlich in Algen. Fische nehmen die Omega-3-Fettsäuren über die Nahrungskette auf und lagern sie ein.
Die weltweit steigende Nachfrage nach Omega-3-Fettsäuren trägt zu einer weiteren Überfischung der Meere bei.
Am Institut für Biotechnologie der TU Berlin züchtet man
deshalb Algen in Bioreaktoren. Sie werden in Stresssituationen versetzt und bilden so vermehrt die begehrte Fettsäure.
Bei einem Reaktor von 100 Kubikmeter Fassung können
innerhalb von 10 bis 14 Tagen 2500 Kilogramm reine Fettsäure gewonnen werden.
Weltweit wird allein ein Drittel des Fischfangs zu Fischmehl verarbeitet, um wiederum in Fischfarmen als Omega3-haltiges Futter eingesetzt zu werden. Würde man das
Fischmehl durch industriell gezüchtete Algen ersetzen, erhielten die Fische weiterhin genügend Omega-3-Fettsäure,
und die Überfischung könnte gestoppt werden.
Sandra Resagk
sten die Nahrungsmittelalge laut Neubauer „nicht rechnen“.
Es ist auch zu berücksichtigen, dass sich Viren relativ schnell
in den Anlagen ausbreiten, da deren Ernährung durch die
Algen ebenfalls gesichert ist.
Ob sich also Algenprodukte in Zukunft durchsetzen werden, ist offen, meint Neubauer. Klar aber sollte jedem Fischliebhaber sein, dass es immer weniger Fische geben wird,
wenn der Bestand nicht genügend Zeit zur Regeneration hat.
Der Einsatz von Algen als Nahrungsmittel zur Aufzucht von
Fischen wäre ein erster Schritt.
Luisa Malek, Sandra Resagk, Rita Ciensky, Ivan Školka,
Ivan Ptičar, Ena Maurus
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