GASTROENTEROLOGIE GASTROINTESTINALE STROMATUMOREN Etwa 10 bis 15% aller Weichgewebssarkome finden sich im Gastrointestinaltrakt einschliesslich Mesenterium. Insgesamt sind aber nur 1% aller Malignome des Gastrointestinaltraktes den Sarkomen zuzuordnen, den grössten Teil machen hierbei die gastrointestinalen Stromatumoren (GIST) aus. 1. Tumorklassifikation • Histologie. Zu den gastrointestinalen mesenchymalen Tumoren, die ihren Ursprung von den glatten Muskelzellen des Gastrointestinaltraktes nehmen, zählen neben den GIST die Leiomyome und Leiomyosarkome. Entscheidendes diagnostisches Kriterium für GIST ist der Nachweis der Expression von CD117 (ckit). In bis zu 90% aller GIST ist eine aktivierende Mutation des c-kit, einer Typ-IIIRezeptor-Tyrosinkinase, vorhanden. Die Beurteilung der Dignität von GIST ist abhängig von der Zahl der Mitosen pro Gesichtsfeld sowie dem Vorliegen von Metastasen. • Metastasierung. Bei dem Vorliegen von Metastasen liegt per definitionem ein maligner Tumor vor. Bis zu 50% aller Patienten weisen zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bereits Metastasen auf. Die häufigsten Metastasierungsorte sind die Leber und das Peritoneum. Eine lymphogene Metastasierung ist sehr selten. Während Lungenmetastasen bei GIST praktisch nicht beobachtet werden, ist die Lunge der häufigste Metastasierungsort von Leiomyosarkomen und anderen Weichgewebssarkomen. • Stratifizierung. Das therapeutische Vorgehen hängt von der vorliegenden Histologie, der Lokalisation und Asdehnung des Tumors ab. Die häufigste Lokalisation von GIST ist in 50% der Fälle der Magen, gefolgt vom Dünndarm mit 30%. Seltener ist eine primäre Lokalisation im Kolon, Rektum, Ösophagus, Mesenterium und Peritoneum. 2. Diagnostik und Staging • Endoskopie: Sofern möglich sollte versucht werden, endoskopisch-bioptisch die Diagnose zu sichern. Auch unter Einsatz einer Knopflochbiopsie gelingt dies aber häufig nicht. Bei ins Lumen protuberierenden Tumoren kann durch Schlingenektomie die Diagnose gestellt werden. • Endosonographie: Mittels Endosonographie können submuköse Läsionen wie z.B. Varizen, Lipome, Lymphome differentialdiagnostisch mit hoher Treffsicherheit von Bindegewebstumoren abgegrenzt werden. Auch eine Dignitätsbeurteilung der Bindegewebstumoren ist möglich. So sind Tumoren malignitätsverdächtig, die die Organgrenzen überschreiten, zystische Anteil enthalten und bei denen in der Nachbarschaft vergrösserte Lymphknoten gesehen werden. Klar begrenzte Tumoren, deren Grösse 3 cm nicht überschreitet und die ein homogenes Echomuster aufweisen sind mit grösster Wahrscheinlichkeit gutartig. • Computer- und Magnetresonaztomograpie und Sonographie dienen zur Beurteilung der Tumorausdehnung und der Erfassung von lokoregionären und Fernmetastasen. • PET und PET-CT: GIST weisen meist einen massiv gesteigerten Glukosemetabolismus auf. Bereits 1 bis 2 Tage nach Beginn einer systemischen Therapie kann ein Ansprechen nachgewiesen werden. Ein persistierender Glukosemetabolismus im Tumor nach 30 Tagen spricht für ein Therapieversagen. 39 GASTROENTEROLOGIE GASTROINTESTINALE STROMATUMOREN 3. Therapie • Ösophagus: Die häufigste Lokalisation ist das distale Drittel des Ösophagus. Da die Tumoren meist klein sind werden sie häufig zufällig diagnostiziert. Wenn sich mittels Endosonographie und Schnittbilddiagnostik kein Anhalt für Malignität ergibt, kann bei Tumoren bis zu einer Grösse von 1 cm bei regelmässigen endoskopischen und endosonographischen Kontrollen zugewartet werden. Endosonographisch auffällige und symptomatische Tumoren bis zu einer Grösse von 2 cm sollten, sofern endoskopisch möglich, mittels Polypektomie oder Mukosektomie abgetragen werden. Tumoren, die einen Durchmesser von 2 cm Überschreiten sollten chirurgisch reseziert werden. • Magen: Im Magen finden sich die Weichgewebstumoren vorwiegend im Fundus. Die Mehrzahl der Tumoren ist kleiner als 0,5 cm, Tumorgrössen von bis zu 20 cm sind beschrieben. Endosonographisch benigne Tumoren bis zu einer Grösse von 1 cm können engmaschig endoskopisch und endosonographisch kontrolliert werden. Grössere Tumoren werden endoskopisch oder chirurgisch entfernt. • Dünndarm: Die häufigste Dünndarmlokalisation ist das Jejunum, gefolgt vom Ileum und Duodenum. Mesenchymale Tumoren des Dünndarms werden meist erst spät bei Komplikationen wie Ulzerationen und Blutungen diagnostiziert. Die chirurgische Resektion ist die Therapie der Wahl. Eine ausgedehnte Lymphknotendissektion ist aufgrund der Seltenheit von Lymphknotenmetastasen nicht erforderlich. • Kolon und Rektum: Grosse Tumoren können ulzerieren und wie ein Rektumkarzinom imponieren. GIST sind im Kolon häufiger als Leiomyosarkome. Die GIST des Kolon sind darüberhinaus meist maligne. Die chirurgische Resektion ist die Therapie der Wahl. • Fortgeschrittene und metastasierte Tumoren: GIST sprechen nicht auf Kombinationschemotherapien an. Mit dem seit dem Jahr 2000 zur Verfügung stehenden spezifischen Tyrosinkinaseinhibitor Imitanib (STI571, Glivec®) steht erstmals ein hocheffektives Medikament zur systemischen Behandlung fortgeschrittener, nicht resektabler und metastasierter CD117-positiver GIST zur Verfügung. Imitanib inhibiert die Tyrosinkinaseaktivität des in GIST durch Mutation konstitutiv aktiven Onkogens c-kit. Die objektiven Ansprechraten von GIST auf Imitanib liegen bei 50 bis 60%. Weitere 20% behandelter GISTPatienten haben eine stabile Erkrankung unter Therapie. Die empfohlene Standarddosis ist 400 mg einmal täglich per os. Bei systemischem Progress unter Imitanib-Therapie wird eine Erhöhung der Dosis auf 600 bis 800 mg täglich empfohlen. Bei einem Teil der Patienten kann durch dieses Vorgehen erneut eine Krankheitsstabilisierung erreicht werden. Die Nebenwirkungen von Imitanib sind meist gering und bestehen in Anämie, Ödemen (meist Lidödeme), Müdigkeit, Übelkeit, Diarrhoe, Muskelkrämpfen und Hautausschlägen. Imitanib-refraktäre GIST sollten in Studien mit neuen Substanzen, z.B. RAD001, PKC412, SU11284, eingeschlossen werden. Bei lediglich lokal progredienten Tumoren sollten lokal ablative Therapieverfahren wie die Radiofrequenzablation in Erwägung gezogen werden. Die Anwendung von Imitanib in der adjuvanten Situation bei R0Resektion ist Gegenstand von Studien. Imitanib zeigt keine Wirkung bei CD117-negativen GIST und Leiomyosarkomen. Diese Tumoren werden wie Weichteilsarkome anderer Organe mono- oder polychemotherapeutisch behandelt. 40