Umfassende Betreuung und Begleitung

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Ärztin, Arzt
und Suva
Eine Orientierung der Suva
2/2003
Editorial
Liebe
Liebe Ärztinnen, liebe Ärzte
War die erste Ausgabe von Ärztin, Arzt
und Suva zum Thema Asbest noch als
Pilotprojekt gedacht gewesen, so
haben uns die positiven Reaktionen
von Ihnen bestärkt, das neue Informationsinstrument nun definitiv zu
realisieren. Die aktuelle Ausgabe des
Newsletters ist dem neuen Fallmanagement der Suva gewidmet, dem
sogenannten New Case Management
(NCM), von dem wir uns neue Impulse
im Bereich der Schadenabwicklung
versprechen. Das im vergangenen
Januar angelaufene neue Fallbearbeitungskonzept wird nur funktionieren, wenn es uns gelingt, Sie vom
Nutzen zu überzeugen und wenn wir
darüber hinaus weiter erreichen, Sie
zu einer aktiven Mitwirkung zu bewegen. Im Zentrum des New Case
Management stehen die komplexen
Fälle. Es sind dies rund 1% Prozent
der bei der Suva gemeldeten Unfälle,
die jedoch über die Hälfte der Versicherungskosten ausmachen und
die wir individueller und intensiver
betreuen wollen. Unser Ziel ist es, die
Chancen für eine optimale berufliche
und soziale Wiedereingliederung der
Versicherten zu erhöhen. Diese anspruchsvolle Aufgabe können wir
erfolgsversprechend nur integral angehen, unter Einbezug der medizinischen Betreuung des Patienten, also
gemeinsam mit Ihnen.
Ulrich Fricker,
Vorsitzender der Geschäftsleitung
Brennpunkt
Umfassende Betreuung und
Begleitung
Das neue Case Management
der Suva
Jeder Arzt weiss aus Erfahrung, dass
für Versicherte, wenn sie schwer verunfallen, die Unsicherheit um den Arbeitsplatz bzw. die Unsicherheit bezüglich
des weiteren beruflichen und wirtschaftlichen Fortkommens eine bedeutende
und belastende Rolle spielt. Neben dem
medizinischen Befund sind das berufliche und soziale Umfeld ganz entscheidend für den Genesungsverlauf und
das Heilresultat. Mit einer umfassenden
Betreuung will die Suva den Arzt bei
der Wiedereingliederung unterstützen.
Betreuung im Schadenfall
Um besser auf die Bedürfnisse der Versicherten eingehen zu können und
der Entwicklung in der Gesellschaft und
in der Technologie Rechnung tragend,
hat die Suva den Schadensprozess neu
gestaltet. Mit «New Case Management»
(NCM) – so der Name des Projektes –
werden mehrere Ziele angestrebt:
●
Ausrichtung des Schadenerledigungsprozesses auf frühzeitige, umfassende, wirkungsvolle Betreuung komplexer Schadenfälle;
●
Ermöglichung einer zeit- und bedürfnisgerechten Kommunikation im
Schadenfall;
●
Bereitstellung elektronischer Plattformen für automatisierte Behandlung
von problemlosen Schadenfällen;
●
Schaffung von Kapazitäten für die
intensivere Betreuung schwieriger
Fälle durch Rationalisierung von
Routinearbeiten.
Vereinfachte Abläufe
In der weitaus grössten Zahl der Fälle
steht die Entschädigung im Vordergrund. Eine Beratung und Betreuung
des Versicherten ist nicht notwendig
und wird vom Kunden auch nicht erwartet. Dazu gehören vorab Fälle ohne
Arbeitsaussetzung, aber auch problemlose Fälle mit einer Arbeitsunfähigkeit
von bis zu vier Wochen. Diese Standardfälle machen rund 75 bis 80 Prozent aller Schadenfälle aus; sie verursachen jedoch insgesamt lediglich 5 bis 7
Prozent der gesamten Versicherungskosten. Es ist deshalb gerechtfertigt,
die Schadenabwicklung mit einem minimalen administrativen Aufwand durchzuführen. Es wird angestrebt, diese
Fälle weitestgehend automatisiert abzuwickeln. Geprüft wird, wie die Taggeldzahlungen in Zusammenarbeit mit
dem Arbeitgeber vereinfacht werden
können. Sumex, ein Expertensystem,
soll es ermöglichen, automatisch die
Heilkostenrechnungen zu kontrollieren
und die Rechnungsbeträge auszuzahlen. Auch bei den Normalfällen sollen
die technischen Hilfsmittel voll ausgeschöpft werden; im Gegensatz zur
ersten Kategorie werden diese Fälle
durch einen Sachbearbeiter stetig überwacht.
Intensive Begleitung
Kernelement des neuen Konzepts ist
die frühzeitige, umfassende Betreuung
der Verunfallten in komplexen Fällen.
Kriterien sind die Art und Schwere der
Verletzung, aber auch das berufliche
und soziale Umfeld. Ein Case-Manager
übernimmt in diesen Komplexfällen unmittelbar nach dem Ereignis bis zum
Abschluss die Betreuung des Geschä-
Brennpunkt
digten und führt, unterstützt vom Kreisarzt und anderen Spezialisten, den Fall.
Aufgrund einer detaillierten Situationsanalyse zu Beginn, die neben dem
Unfallhergang die Arbeitsplatzsituation,
das soziale Umfeld und die Versicherungssituation umfasst, wird ein fallbezogenes Vorgehen geplant. Zusammen
mit allen Beteiligten werden Ziele vereinbart. Neben der medizinischen Betreuung bezieht sich die Fallbegleitung
insbesondere auch – unter Einbezug
des Arbeitgebers – auf die Sicherung
des Arbeitsplatzes. Zeichnet sich eine
dauernde Invalidität ab, will die Suva
die Patienten auch im Hinblick auf die
berufliche und soziale Wiedereingliederung beraten. Zum Fallmanagement
gehört zudem die Koordination von
Ansprüchen gegenüber anderen Versicherern.
Der umfassende Ansatz von NCM
kommt den Bedürfnissen aller am
Schadenprozess Beteiligten entgegen.
Mit der umfassenden Betreuung der
Verunfallten aus einer Hand wird dafür
gesorgt, dass schwierige Fälle nicht zu
Problemen führen, sondern Schwierigkeiten, die bei der Reintegration auftreten können (Behandlungsfragen, Chronifizierung, Arbeitsplatzverlust) schnell
erkannt und die notwendigen medizinischen, beruflichen und sozialen Massnahmen koordiniert werden. Mit einer
gezielten und umfassenden Führung von
komplexen Fällen können nicht nur für
den Versicherten bessere Lösungen gefunden und menschliches Leid gelindert
werden. Es lassen sich auch namhafte
Versicherungsleistungen einsparen.
NCM wurde Anfang des Jahres eingeführt. Wir sind überzeugt, dass sich das
zusätzliche Engagement für alle
Beteiligten umso mehr lohnen wird, je
besser Verunfallte, Arbeitgeber, Ärzte
und Versicherung zusammenarbeiten.
Dr. Willi Morger
Mitglied der Geschäftsleitung Suva
NCM-Vorteile aus Ärztesicht:
– Ein Ansprechpartner bei komplexen Fällen;
– Konzentration auf medizinische
Behandlung;
– erleichterte Zusammenarbeit mit
Versicherer und Arbeitgeber.
Integrierte Patientenbetreuung –
eine Illusion?
Infolge der zunehmenden Spezialisierung in der Gesundheitsversorgung nimmt die Anzahl Fachpersonen
und Institutionen, welche sich in
die Betreuung von Patientinnen und
Patienten teilen, ständig zu. Mit der
damit einhergehenden Zerstückelung
des Versorgungsprozesses ist die
Gefahr verbunden, dass Leistungen
nicht optimal aufeinander abgestimmt
sind, sich Doppelspurigkeiten oder
Versorgungslücken ergeben.
In der akuten Behandlungsphase sind
es die Spitalärzte, in der Rehabilitationsphase vor allem die Hausärzte, welche
die durch diverse Spezialisten und
Institutionen erfolgenden Abklärungen
und Therapien ihrer Patienten koordinieren. Neben den medizinischen Problemen gilt es im Hinblick auf die Reintegration oft auch solche beruflicher, familiärer oder finanzieller Art zu lösen.
Solche komplexen Situationen übersteigen in der Regel die logistischen Möglichkeiten dieser Ärztinnen und Ärzte.
Mit ihrem neuen Fallmanagement-Programm möchte die Suva dort unterstützend eingreifen. Um die sich bietenden
Reintegrationschancen möglichst frühzeitig zu erkennen und konsequent zu
nutzen, klären Fallmanager zusammen
mit den beteiligten Fachleuten den
Unterstützungsbedarf einer Patientin
oder eines Patienten systematisch ab.
Gemeinsam mit den betroffenen Patienten und Betreuungspersonen werden
die Versorgungsmassnahmen geplant
und aufeinander abgestimmt. Die Fallmanager können auch Abklärungen
am Arbeitsplatz vornehmen sowie bei
Bedarf die Patientinnen oder Patienten
in administrativen, beruflichen, finanziellen und gewissen sozialen Belangen
beraten.
Wie wirksam ist Fallmanagement?
Fallmanagement-Programme sind aktuell vor allem in der Sozialpsychiatrie
verbreitet. Die Analyse von deren Wirksamkeit hat ergeben, dass Patienten
mit dieser Form der Begleitung überwiegend zufrieden sind und diverse Belastungen, etwa im Umgang mit Versicherungen oder bei der Bewältigung von
alltäglichen Aufgaben im häuslichen
Umfeld, günstig beeinflusst werden.
Dr. Christian A. Ludwig
Fallmanagement bewirkt eine Verkürzung der durchschnittlichen Dauer von
Spitalaufenthalten, auch die Zahl ungeplanter Arztbesuche nimmt ab. Hingegen konnte nicht nachgewiesen werden,
dass sich der Umfang ambulanter medizinischer Konsultationen oder die Häufigkeit von Hospitalisationen in jedem
Falle vermindern liessen. Fallmanagement allein war meistens auch nicht in
der Lage, den Gesundheitszustand der
Patientinnen und Patienten oder deren
funktionelle Kapazität markant zu verbessern.
Versicherungsmedizinischer Support
Will man auch das medizinische Ergebnis günstig beeinflussen, bedarf es demnach nebst dem eigentlichen Fallmanagement auch einer geeigneten, wohl
orchestrierten medizinischen Begleitung.
Diese erfolgt in der Regel durch die
behandelnden Ärztinnen und Ärzte und
weitere medizinische Fachpersonen, mit
denen der Fallmanager in Kontakt steht.
In der Suva besteht für die Fallmanager
zusätzlich die Möglichkeit, auf das
Know-how von Versicherungsmedizinern
zurückzugreifen. Wenn es beispielsweise
darum geht, Behandlungsoptionen bzw.
-alternativen zu prüfen oder medizinische Massnahmen einzuleiten, stehen
in den Agenturen Kreisärzte als Berater
zur Verfügung. Diese sind in der Lage,
bei besonderen Problemstellungen die
Patienten fachärztlich zu untersuchen.
In den Suva-Kliniken in Bellikon und
in Sion können zudem ausgewählte
Patientinnen und Patienten rehabilita-
Hintergrund
tionsmedizinisch betreut werden. Dort
werden Stützpunkte für das multidimensionale Patientenassessment aufgebaut:
Mittels ambulanter oder kurzstationärer
Abklärungen durch mehrere Spezialisten
sollen das Rehabilitationspotenzial von
Patienten eruiert und darauf basierend
spezifische Therapieempfehlungen abgegeben werden können. Das Kompetenzzentrum Versicherungsmedizin und
die Arbeitsmedizinische Abteilung der
Suva verfügen über weitere Fachärztinnen und -ärzte unterschiedlicher
Disziplinen (Chirurgie, Orthopädie,
Neurologie, Psychiatrie, Innere Medizin,
ORL, Ophthalmologie etc.), welche im
Laufe der Patientenbetreuung beigezogen werden können.
Auf dem Weg zu einer integrierten
Patientenbetreuung
Im Zusammenspiel mit den Versicherungsärztinnen und -ärzten und dank
deren Kompetenz im Disease Management soll dieses FallmanagementProgramm der Suva nicht nur in versorgungstechnischer, sondern auch in
medizinischer Hinsicht Mehrwert schaffen. Die Patienten sollen in der ihnen
zukommenden Betreuung jederzeit den
«roten Faden» erkennen, auch wenn
mehrere ärztliche und andere Akteure
involviert sind. Die Versicherungsmedizinerinnen und -mediziner übernehmen
somit eine wichtige Mittlerfunktion zwischen den Patienten, den behandelnden
Ärzten und den Sachbearbeitenden der
Versicherungsgesellschaft. Es fehlt zwar
noch einiges, bis den Patientinnen und
Patienten im schweizerischen Gesundheitssystem flächendeckend eine nahtlose und umfassende Betreuung wird
geboten werden können. Das versicherungsärztlich unterstützte Fallmanagementprogramm der Suva bietet immerhin heute schon eine einzigartige Gelegenheit, das Zusammenspiel zwischen
den Akteuren zu trainieren. Die intensivierte Kooperation aller Betroffenen wird
dazu beitragen, dem Ziel einer qualitativ
hochstehenden, integrierten Versorgung
einen entscheidenden Schritt näher zu
kommen.
Dr. Christian A. Ludwig, Chefarzt
Ärztin, Arzt und Suva
«Wir versuchen, so pragmatisch
wie möglich vorzugehen»
Ein Gespräch mit drei Kreisärzten aus drei Regionen.
Dr. Massimo Ermanni, Suva La Chaux-de-Fonds
In welcher Situation befinden sich die
Kreisärzte der Suva heute? Welchen
Schwierigkeiten, aber auch welchen
Chancen stehen Sie gegenüber?
Wie gehen Sie mit der zunehmenden
«Verrechtlichung» ihrer Aufgabe um?
Dr. Capeder: Wir versuchen, so pragmatisch wie möglich vorzugehen. Wir
konzentrieren uns auf diejenigen Fälle,
die durch unseren medizinischen Beitrag effektiv profitieren können, müssen
aber gleichzeitig Prioritäten setzen. Wir
setzen deshalb vor allem bei denjenigen
Fällen an, die vermutlich Schwierigkeiten bieten werden. Pro Kreisarzt pro
Jahr haben wir rund 4000 Fälle zu betreuen. Bei uns im Tessin ist es insofern
etwas speziell, als wir uns auch mit den
Grenzgängern befassen. Wir müssen
also nicht nur mit dem schweizerischen,
sondern auch mit dem italienischen
Gesundheitssystem vertraut sein. Das
kompliziert die Situation. Auf der anderen Seite hat jedes System auch seine
Vorteile, die wir zu nutzen suchen.
Dr. Ermanni: Wir Kreisärzte sehen uns
heute als Mediatoren. Wir haben eine
brückenbauende Aufgabe zwischen
Patient, Arzt, Arbeitgeber und Sachbearbeiter der Suva. Das ist einerseits
sehr spannend, anderseits aber auch
anspruchsvoll. Wichtigster Aspekt ist
die berufliche Reintegration.
Wo sind die grössten
Schwierigkeiten?
Dr. Ermanni: Die Kommunikation mit
den verschiedenen Ansprechpartnern:
den Ärzten mit ihrem medizinischen
Ansatz, den Patienten, die auch andere
als medizinische Probleme haben können, den Arbeitgebern, die vor allem
berufliche Probleme sehen und mit der
Suva, die nochmals einen anderen
Ansatz hat. All diese Gruppen sprechen
verschiedene Sprachen, können unterschiedliche Interessen haben. Uns geht
es darum, die Kommunikation zwischen
allen Partnern zu gewährleisten, mit
dem Hauptziel, dem Patienten die
bestmögliche soziale und berufliche
Reintegration zu garantieren.
Dr. Jörg Capeder, Suva Bellinzona
Rund 1% der Fälle generieren über
50 % der Kosten. Gibt es typische
Merkmale dieser schweren Fälle?
Dr. Kunz: Wir sehen grundsätzlich alle
schweren Fälle, insbesondere auch diejenigen, bei denen der Verlauf nicht so
ist, wie er aufgrund der medizinischen
Daten sein sollte. Wenn es anfängt zu
hapern, forschen wir möglichst frühzeitig nach den Gründen dafür. Wir sehen
soziale Problematiken, Probleme beim
Arbeitsplatz, die wir dank des Aussendienstes in Erfahrung bringen, juristische Forderungen etc. Wichtig ist, dass
Hintergrund
wir versuchen, möglichst frühzeitig zu
helfen. Wir sind primär Mediziner, können aber nicht einfach ausser Acht
lassen, was beim Patienten zusätzlich
läuft. Hilfreich für unsere Einschätzungen ist, dass wir die Patienten sehen
und diese Fragen offen besprechen
können.
Dr. Hans Kunz, Suva Bern
Unter dem Stichwort New Case Management (NCM) gibt es bei der Suva
Bestrebungen, die «weicheren Faktoren» eines Falles verstärkt einzubeziehen. Ändert sich dadurch etwas
an der Tätigkeit der Kreisärzte?
Dr. Ermanni: Unsere Tätigkeit wird sich
stärker an einer Gesamtbetrachtung
ausrichten, da wir zusätzliche Faktoren
berücksichtigen werden, also nicht nur
medizinische Aspekte wie Diagnose,
Therapie und Prognose, sondern eben
auch die weichen Faktoren oder wohl
besser familiären, sozialen und beruflichen Faktoren, die für die Reintegration
mitentscheidend sind.
Haben Sie überhaupt die Zeit dafür?
Dr. Capeder: Wir müssen uns die Zeit
schaffen, damit wir den aufwendigen
Fällen genügend Aufmerksamkeit widmen können. Das ist nur zu erreichen,
indem einfachere Fälle gezielt, d. h. je
nach Fragestellung, an Ärzte unseres
Vertrauens ausgelagert werden. Der
Aufwand für einen schweren Fall beträgt
rund 4 Stunden, vom Beginn der
Anamnese bis zum abschliessenden
Gespräch. Danach sollte der Fall soweit
vorgespurt sein, dass wir auch mögliche
zukünftige Verläufe vorweg genommen
haben und uns weitere Untersuchungen
sparen können. Pro Jahr können so
maximal 180 bis 200 schwere Fälle pro
Kreisarzt bewältigt werden.
Rückblick/Ausblick Ärztin, Arzt und Suva
In der Praxis dürfte die Berücksichtigung der sozialen Faktoren mit
Schwierigkeiten verknüpft sein.
Haben Sie überhaupt Einflussmöglichkeiten?
Dr. Kunz: Das ist genau das Ziel des
NCM. Wenn wir heute Akten bekommen
ist das Dossier oft schon sehr dick, es
ist schon sehr viel gelaufen, und wir
können tatsächlich kaum mehr etwas
bewegen. Wenn wir aber früher eingeschaltet werden, dann können wir von
allem Anfang an mit dem Case Manager
die Probleme in ihrer ganzen Breite abklären und festlegen, wie wir auf den
einzelnen Gebieten – also nicht nur im
medizinischen Bereich – weitergehen
wollen. Wir betreiben also einen grossen
personellen, zeitlichen und finanziellen
Aufwand in der Hoffnung, diesen Aufwand möglichst zurückzubekommen.
Im Zentrum steht das Interesse des
Patienten an seiner beruflichen Reintegration.
Ein Schlüsselfaktor für das Funktionieren des NCM ist die Beziehung zu
den behandelnden Ärzten. Diese
müssen Mitmachen wollen. Was ist
hiezu vorgesehen?
Dr. Capeder: In der heutigen Situation
müssen wir uns vermehrt darum bemühen, mit den behandelnden Ärzten
in Kontakt zu treten. Leider ergeben
sich hier häufig Konflikte, weil wir die
Möglichkeiten der Wiedereingliederung
gelegentlich unterschiedlich beurteilen
und uns auch an der Kausalität der leistungsauslösenden Umstände orientieren müssen. Dazu ein Beispiel: Der
behandelnde Arzt einer Patientin, die
nach Tibiakopf-Fraktur an einer nicht
konsolidierten Pseudoarthrose leidet,
möchte die Situation so belassen, aber
gleichzeitig stellt er die Forderung an
die Suva, die Patientin zu berenten.
Das entspricht nicht dem Grundauftrag
unserer Sozialversicherung, und da
müssen wir eindeutig Stellung beziehen.
Die Suva wird heute um ihr Kreisarztsystem beneidet. Wäre dieses System auch für den Krankenversicherungsbereich denkbar, oder funktionieren dort andere Mechanismen?
Dr. Kunz: Meines Erachtens sollten auch
die Krankenversicherer ein vergleichbares System einführen, ebenso die
Invalidenversicherung. Letztere verfügt
zwar über Ärzte, diese dürfen aber nicht
untersuchen, sondern entscheiden allein
aufgrund der Aktenlage. Ich habe mich
immer gewundert, wie die Kollegen
diese komplexen Fälle beurteilen können. Wenn man weiss, wie geduldig
Papier ist und wenn man dann den
Patienten vor sich sieht, so sind dies
gelegentlich zwei verschiedene Welten.
Zu den Gesprächsteilnehmern:
Dr. Hans Kunz, Kreisarzt in Bern, Jahrgang 1948, Facharzt für Allgemeine
Chirurgie FMH, als Kreisarzt tätig seit
16 Jahren.
Dr. Jörg Capeder, Kreisarzt in Bellinzona, Jahrgang 1950, Facharzt für
Allgemeine Chirurgie FMH, als Kreisarzt
tätig seit 1989.
Dr. Massimo Ermanni, Kreisarzt in La
Chaux-de-Fonds, Jahrgang 1962,
Facharzt für Allgemeine Chirurgie FMH,
als Kreisarzt tätig seit 1997.
Versicherungsmedizin ISO-zertifiziert
Die Versicherungsmedizin der Suva hat
vergangenes Jahr ihre Betriebsprozesse
durchleuchtet und optimiert. Als Lohn
konnte sie als erstes versicherungsmedizinisches Kompetenzzentrum der
Schweiz das Qualitätsgütesiegel ISO
9001: 2000 entgegennehmen.
Aktuell:
Veranstaltung «Suva und Ärztegesellschaft Luzern – gegenseitige Anliegen
und Information» am 03. Juli 2003,
Hotel Schweizerhof Luzern, 18.00 bis
19.30 Uhr mit anschliessendem Apéro.
Herausgeber:
Suva
Postfach
6002 Luzern
Tel. 0848 830 830
Fax 0848 830 831
www.suva.ch
Redaktion:
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Tel. 041 419 55 43
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