Faszination Zahlen - Lehrstuhl für Didaktik der Mathematik

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Projektbericht der Arbeitsgruppe
Faszination Zahlen
Betreuer: Dr. Jürgen Grahl, Rainer Schulze, Frank Feustel, Matthias Röll
Teilnehmer(innen): Eva Fröhling (Olympia-Morata-Gymnasium Schweinfurt), Christoph Kieser (Armin-Knab-Gymnasium Kitzingen), Sebastian Michel (Röntgen-Gymnasium Würzburg),
Julia Reichling (Wirsberg-Gymnasium Würzburg), Philipp Röchner (Johannes-ButzbachGymnasium Miltenberg), Lisa Röhrig (Matthias-Grünewald-Gymnasium Würzburg).
1
Zielsetzung
Anhand einer ganzen Reihe von kleineren, vielseitig gefächerten und inhaltlich nur lose verbundenen Problemen, vorwiegend aus der Zahlentheorie, sollte eine Vorstellung davon vermittelt
werden, wie man in der Mathematik darum bemüht ist, durch kreatives Schlieÿen elegante,
schöne Lösungen für auf den ersten Blick schwierige Probleme zu nden und tiefere Zusammenhänge aufzuspüren, die sich oftmals unter der Oberäche der Dinge verbergen.
Die einzelnen, von den Schüler(inne)n erarbeiteten Probleme mit Lösungen sind in Abschnitt 2
aufgelistet. In Abschnitt 3 nden sich dann einige weitere Themen, die im Laufe des Projekts
besprochen bzw. in Form von Schülervorträgen aufbereitet wurden.
2
Die einzelnen Probleme mit Lösungen
1. Es sei eine Tafel Schokolade mit 4 mal 6 rechteckig angeordneten Stücken gegeben. Wie
oft muss man diese Tafel mindestens durchbrechen, um sie in ihre 24 Einzelstücke zu
zerlegen? Bei jedem Brechen darf dabei jeweils nur eines der gerade vorhandenen Teile in
genau zwei Teile zerbrochen werden.
Lösung:
Man muss die Tafel genau 23 mal durchbrechen: Bei jedem Zerbrechen nimmt
die Zahl der Teile genau um 1 zu, unabhängig davon, welches Teil und entlang welcher
Linie zerbrochen wird.
2. Man zeige: Auf jeder echten Party (d.h. mit mindestens zwei Teilnehmern) gibt es mindestens zwei Teilnehmer, die unter den Anwesenden die gleiche Anzahl an Freunden haben.
Hierbei wird angenommen, dass die Freundschaftsrelation symmetrisch ist (d.h. wenn
mit
A
B befreundet ist, so auch B mit A), und es wird niemand als mit sich selbst befreundet
angesehen.
Lösung:
Die Party bestehe aus
j = 1, . . . , n die
{0, 1, . . . , n − 1}.
n ≥ 2
Zahl der Freunde von
Teilnehmern
Tj
T1 , . . . , Tn .
f (j) für
gilt f (j) ∈
Es bezeichne
unter den Anwesenden. Dann
Annahme: Es gibt keine zwei Teilnehmer mit der gleichen Anzahl an Freunden unter den
Anwesenden, d.h. es ist
Dann muss
ist das sog.
f
f (j) 6= f (k)
jeden Wert aus der
Schubfachprinzip;
für alle
j, k ∈ {1, . . . , n}
n-elementigen
Menge
mit
j 6= k .
{0, . . . , n − 1}
annehmen. (Dies
dahinter verbirgt sich die mathematische Tatsache, dass
eine injektive Abbildung zwischen zwei endlichen Mengen gleicher Mächtigkeit surjektiv
sein muss.)
j ∈ {1, . . . , n} und ein k ∈ {1, . . . , n}, so dass f (j) = n − 1 und
bedeutet, dass Tj mit allen Partygästen, also auch mit Tk befreundet ist,
Insbesondere gibt es ein
f (k) = 0. Dies
Tk jedoch mit niemandem,
im Widerspruch zur Symmetrie der Freundschaftsrelation.
b
3. Man zeige, dass es irrationale Zahlen a, b > 0 gibt, so dass a rational ist.
√ √2
√
Lösung: Falls 2 √ (wider Erwarten) rational ist, so leisten
a := b := 2 das Ge√
√ 2
√ 2
√
wünschte. Falls
2 irrational ist, so√setzt man a := 2 und b := 2. Es sind dann
√ 2
√ √2·√2
√ 2
√ 2
b
2
2
=
2 = 2 ist rational.
=
a und b irrational, aber a =
Variante:
Für
ab = 2. Man muss dann aber
insbesondere für ln 2 nicht ganz einfach...
a := e, b := ln 2
irrational sind. Dies ist
gilt
zeigen, dass
e
und
ln 2
4. Graf Zahl besitze 7776 verschiedene positive
Zahlen. Er stellt fest, dass jedes Produkt aus
7 beliebigen dieser Zahlen immer gröÿer als
1 ist. Folgt daraus auch, dass das Produkt
aller 7776 Zahlen gröÿer als 1 ist?
Lösung:
Ja. Es seien
a1 , a2 , . . . , a7776
diese
7776 Zahlen, in aufsteigender Reihenfolge geordnet, d.h.
a1 < a2 < a3 < · · · < a7776 . Nach
Voraussetzung ist
7
Y
aj = a1 · . . . · a7 > 1.
j=1
Q
a7 > 1 sein. (Andernfalls wäre ja a1 , . . . , a7 ≤ 1, also auch 7j=1 aj ≤ 1.)
Es gibt also höchstens sechs aj , die nicht gröÿer als 1 sind, d.h. es ist aj > 1 für alle j ≥ 7.
Damit muss auch
Damit ist
7776
Y
j=1
aj =
7
Y
j=1
aj ·
7776
Y
aj >
j=8
7
Y
aj > 1.
j=1
5. Indem man ein Dreieck wie nebenstehend skizziert zerlegt und die Einzelteile neu zusammensetzt, erhält man ein Dreieck, bei dem ein Kästchen fehlt. Wohin ist dieses verschwunden?
Lösung:
Es liegt letztlich eine optische Täu-
schung vor: Das grüne und das graue Dreieick
3
haben geringfügig unterschiedliche Steigung (
8
2
bzw.
). Daher handelt es sich bei den bei5
den groÿen Dreiecken gar nicht um Dreiecke. Genauer ist im oberen Bild die (vermeintliche) Hypotenuse leicht aufwärts, im unteren Bild leicht abwärts gekrümmt, so dass das
obere Dreieck kleineren Flächeninhalt hat als
das untere. Dies erklärt das nach der Zerlegung
und dem Rearrangement der Einzelteile fehlende Kästchen.
6. Ein böser Zauberer hat 100 Gefangene. Eines Morgens lässt er sie antreten und zaubert
ihnen jeweils einen roten, grünen oder gelben Hut auf den Kopf. Jeder Gefangene kann
die Hutfarben seiner 99 Leidensgefährten sehen, nicht aber seine eigene. Die Gefangenen
müssen nun der Reihe nach die Farbe ihrer Hüte erraten und werden bei richtigem Raten
freigelassen.
Dabei dürfen sie sich untereinander nicht verständigen, abgesehen davon, dass jeder seine
mutmaÿliche Hutfarbe nennen darf. Durch
einen glücklichen Umstand erfahren die Gefangenen schon am Abend zuvor von der Absicht des Zauberers in allen Details und haben Gelegenheit, sich zu beraten. Wie können sie erreichen, dass am nächsten Morgen
möglichst viele von ihnen frei kommen? Wie
viele sind dies?
Lösung:
Es können 99 Gefangene sicher befreit werden. Dazu werden die Hutfarben mit
den Zahlen 0, 1 und 2 identiziert. Es sei
ck
die Hutfarbe des
k -ten
Gefangenen (die in
der Reihenfolge nummeriert werden, in der sie zum Erraten ihrer Hutfarbe aufgerufen
werden). Der als erster aufgerufene Gefangene berechnet die Gröÿe
100
X
a :=
ck
k=2
und nennt als seine Farbe den bei Division von a durch 3 verbleibenden Rest r ∈
{0, 1, 2}. Hierdurch ist es möglich, allen 99 Gefangenen genügend Information zukommen
lassen, damit diese hieraus und aus der Kenntnis der übrigen Hutfarben auf ihre eigene
Hutfarbe zurückschlieÿen können: Der
j -te
Gefangene bildet die Gröÿe
b := −cj +
100
X
ck
k=2
(d.h. die Summe aller Hutfarben mit Ausnahme seiner eigenen und der des ersten Gefangenen) und hiervon den Rest
welchen Rest
cj
s
modulo 3. Aus der Dierenz
modulo 3 hat - und damit die Hutfarbe des
7. Auf einer Weihnachtsfeier stehen
N
r−s
j -ten
ist nun ersichtlich,
Gefangenen.
Studen-
ten im Kreis. Jeder hat eine gerade Anzahl
von Plätzchen. Nun gibt jeder die Hälfte seiner
Plätzchen dem rechten Nachbarn. Wer danach
eine ungerade Anzahl von Plätzchen hat, bekommt vom Weihnachtsmann ein zusätzliches
Plätzchen. Dieser Vorgang wird beliebig oft wiederholt. Braucht der Weihnachtsmann unendlich viele Plätzchen? Wird irgendwann ein Zustand erreicht, in dem alle Studenten die gleiche
Zahl an Plätzchen haben?
Lösung:
Der Weihnachtsmann braucht nur endlich viele Plätzchen. Es sei
Plätzchenanzahl des
j -ten
Studenten in der
k -ten
Runde und
M (k) := max {n(1, k), n(2, k), . . . , n(N, k)}
k -ten Runde. Dann gilt
1
n(j, k + 1) =
· (n(j, k) + n(j − 1, k))
2
die maximale Plätzchenanzahl in der
n(j, k)
die
für alle
j = 1, . . . , N
und alle
k,
wobei man
n(0, k) := n(N, k)
zu setzen hat.
n(j, k + 1) ≤ M (k) für alle j = 1, . . . , N und alle k und damit auch
M (k + 1) ≤ dM (k)e = M (k) für alle k . Induktiv ergibt sich M (k) ≤ M (0) für alle k ,
falls k = 0 für die Ausgangssituation steht. Der Gesamtbedarf an Plätzchen ist also nach
oben durch N · M (0) beschränkt.
Hieraus folgt sofort
Eine Verfeinerung dieser Überlegung zeigt, dass nach endlich vielen Runden alle Studenten
M (k + 1) = M (k) für ein k und sind
nicht alle Anzahlen n(1, k), . . . , n(N, k) gleich, so muss in der (k + 1)-ten Runde die Zahl
der Studenten, die diese Maximalanzahl M (k + 1) an Plätzchen haben, gegenüber der
k -ten Runde abgenommen haben. Würde also niemals eine Konstellation erreicht, in der
alle die gleiche Plätzchenzahl haben, so würde nach jeweils höchstens N − 1 Runden die
Maximalanzahl M (k) abnehmen. Nach endlich vielen Runden wäre also M (k) = 0, so
die gleiche Anzahl an Plätzchen haben: Ist nämlich
dass keine Plätzchen mehr im Spiel vorhanden wären, was aber absurd ist, da ja keine
Plätzchen aus dem Spiel verschwinden.
8. Man bestimme alle Paare
Lösung:
Die Beziehung
(n, k)
von natürlichen Zahlen mit
nk < k n
nk < k n .
ist aufgrund der Monotonie der Logarithmusfunktion
äquivalent zu
k · log n < n · log k
und damit äquivalent zu
log n
log k
<
.
n
k
Dies motiviert es, die Funktion
f (t) :=
log t
t
zu diskutieren: Es ist
1 − log t
,
t2
0
also f (t) < 0 für t > e, so dass f auf dem Intervall [3; ∞[ streng monoton fällt. Weiter ist
f (1) = 0, f (2) = f (4) = log2 2 ∼ 0.347, f (3) ∼ 0.366 und f (5) ∼ 0.322. Hieraus folgt, dass
die Paare (n, k) mit k · log n < n · log k genau die Paare (n, k) mit n, k ≥ 3 und n > k
sowie die Paare (1, k) mit k ≥ 2, (2, 3) und (n, 2) mit n ≥ 5 sind.
f 0 (t) =
9. In der Geschenkfabrik des Weihnachtsmanns arbeiten 20 Elfen. Eine von ihnen verwechselt
niemals die Wunschzettel. Von jeweils zwei Elfen vertauscht eine regelmäÿig die Listen
mit den Wünschen. Wie viele der Elfen arbeiten immer korrekt?
Lösung:
Es arbeitet genau eine Elfe immer korrekt: Nach Voraussetzung ist die Zahl der
korrekt arbeitenden Elfen mindestens 1. Gäbe es zwei korrekt arbeitende Elfen, so müsste
eine von diesen nach Voraussetzung die Wunschzettel verwechseln, ein Widerspruch!
10. Man nde eine natürliche Zahl
n,
so dass die Dezimaldarstellung von
n!
auf genau 2010
Nullen endet.
Lösung:
Der Exponent, mit dem 5 in der Primfaktorzerlegung von
oensichtlich
E5 (n) :=
jnk
5
+
jnk
25
+
j n k
+ ....
125
Hieraus berechnet man
E5 (8050) = 2010.
n!
auftaucht, ist
E2 (n), mit dem 2 in der Primfaktorzerlegung von n! auftaucht, erfüllt
oensichtlich E2 (n) ≥ E5 (n). (Anschaulich: Der Faktor 2 kommt (wesentlich) häuger in
der Primfaktorzerlegung von n! vor als der Faktor 5.) Also ist auch E2 (8050) ≥ 2010.
Damit leistet n = 8050 das Gewünschte.
Der Exponent
11. Ein kleiner Dämon mit konstanter Schrittlänge wandere in einem Achteck mit den Winkeln
135
Grad. Dabei geht er entlang jeder Kante eine ganze Anzahl von (gleichlangen)
Schritten. Man zeige, dass er für die ersten vier Kanten ebenso viele Schritte braucht wie
für die letzten vier.
Lösung:
Es seien
dass also alle
aj
a1 , a2 , . . . , a8
die Kantenlängen des Achtecks, gemessen in Schritten, so
ganzzahlig sind. Dabei mögen stets
aj
und
aj+1
zu benachbarten Kanten
gehören. Da der Dämon nach Umlaufen des gesamten Achtecks wieder am Ausgangspunkt
angelangt ist, ist die Summe seiner Bewegungen in Richtung jeder Kante Null. Es ist also
1
a1 − a5 + √ (a2 − a4 − a6 + a8 ) = 0,
2
denn die linke Seite dieser Gleichung ist gerade die Summe der Bewegungen entlang der
1
ersten Kante. Der Faktor √ erklärt sich hierbei daraus, dass Bewegungen entlang der
2
1
◦
zweiten, vierten, sechsten und achten Kante nur mit einem Anteil von cos 45 = √ zur
2
Bewegung in Richtung der ersten Kante beitragen. Ebenso gilt
1
a2 − a6 + √ (a3 − a5 − a7 + a1 ) = 0,
2
1
a3 − a7 + √ (a4 − a6 − a8 + a2 ) = 0
2
und
1
a4 − a8 + √ (a5 − a7 − a1 + a3 ) = 0.
2
Wäre
a1 − a5 6= 0,
so erhielte man aus der ersten Gleichung
√
√
d.h.
2
2=
a2 − a4 − a6 + a8
,
a5 − a1
√
wäre ein Bruch zweier ganzer Zahlen, im Widerspruch zur Irrationalität von
Also ist
a1 = a5 .
a4 = a8 .
Die Summe
2.
a2 = a6 , a3 = a7 und
a1 + a2 + a3 + a4 der Schritte entlang der ersten vier Kanten stimmt
also mit der Summe a5 + a6 + a7 + a8 der Schritte entlang der letzten vier Kanten überein.
Ebenso erhält man aus den übrigen Gleichungen
12. Wie viele verschiedene Möglichkeiten gibt es, eine Treppe mit
n
Stufen hinaufzusteigen,
wenn man in jedem Schritt jeweils eine oder zwei Stufen auf einmal nehmen kann?
Lösung:
Es sei
zn
die Zahl der Möglichkeiten, eine Treppe mit
gegebenen Weise hinaufzusteigen. Oensichtlich gilt
z1 = 1
und
n Stufen in der
z2 = 2. Weiter
angilt
zn+2 = zn + zn+1 für alle n ≥ 1. (Dies sieht man wie folgt ein: Wenn man eine Treppe mit
n + 2 Stufen hinaufsteigt, kann man im ersten Schritt eine oder zwei Stufen nehmen. Es
verbleiben danach noch n + 1 oder n Stufen. Diese hochzusteigen, ist auf genau zn+1 bzw.
zn verschiedene Weisen möglich. Also ist zn+2 = zn + zn+1 .) Damit und mit z1 = 1 = f2 ,
z2 = 2 = f3 folgt zn = fn+1 für alle n, wobei fn die n-te Fibonacci-Zahl ist (vgl. Abschnitt
3, Nr. 8).
13. Es sei p eine Primzahl. Man zeige, das für
p
durch p teilbar sind.
k
Lösung:
Es sei
k = 1, 2, . . . , n − 1
alle Binomialkoezienten
k ∈ {1, 2, . . . , p − 1}. Es ist
p
p!
=
.
k
k! · (p − k)!
k < p und p − k < p und weil p prim ist, enthält der Nenner k! · (p − k)! keinen
p
Faktor p. Hieraus, aus
∈ IN und der Tatsache, dass der Zähler p! den Faktor p enthält,
k
p
folgt, dass
ein Vielfaches von p ist.
k
Wegen
14.
Kleiner Satz von Fermat
Es sei
n
eine natürliche Zahl und
Lösung:
Für
p
eine Primzahl. Dann gilt
np ≡ n mod p.
n = 0 ist die Behauptung klar. Es sei np ≡ n mod p für ein n ∈ IN0
bereits
bewiesen. Nach dem binomischen Satz ist
p
(n + 1) =
p X
p
k=0
k
k
p
n =n +1+
p−1 X
p
k=1
k
nk .
p
Nach 13. ist p ein Teiler aller Binomialkoezienten
mit 1 ≤ k ≤ p − 1, d.h. für diese
k
k ist kp ≡ 0 mod p. Damit und mit der Induktionsvoraussetzung folgt nun
(n + 1)p ≡ n + 1 mod p.
Vermöge vollständiger Induktion ist damit die Behauptung bewiesen.
15. Es seien
a, b, c, d, e ganze Zahlen mit a+b+c +d+e > 0. Diese werden auf die Ecken eines
Fünfecks verteilt. Falls nun eine der Zahlen negativ ist, so wird diese zu den Zahlen an
den beiden benachbarten Ecken adddiert, und sie selbst wird sodann durch ihren Betrag
ersetzt. Dieses Vorgehen wird iteriert. Man zeige, dass nach endlich vielen Schritten eine
Konstellation erreicht wird, bei der alle fünf Zahlen an den Ecken nichtnegativ sind.
Lösung:
Es seien
ak , bk , ck , dk , ek die im k -ten Iterationsschritt an den
a0 = a, b0 = b, c0 = c, d0 = d, e0 = e.
jeweiligen Ecken
auftretenden Zahlen. Es ist also
Man beobachtet zunächst, dass für alle
k
ak + bk + ck + dk + ek = a + b + c + d + e =: S
gilt. Nun betrachtet man die Gröÿen
σk := (ak − ck )2 + (bk − dk )2 + (ck − ek )2 + (dk − ak )2 + (ek − bk )2 .
Es sei ein
k ∈ IN0
gegeben. Falls o.E.
ak < 0
bk+1 = bk + ak ,
ek+1 = ek + ak ,
ist und man im
(k + 1)-ten
Schritt
ak
modiziert, so gilt
ak+1 = −ak ,
ck+1 = ck ,
dk+1 = dk .
Damit folgt
=
=
=
=
=
σk+1
(ak+1 − ck+1 )2 + (bk+1 − dk+1 )2 + (ck+1 − ek+1 )2 + (dk+1 − ak+1 )2 + (ek+1 − bk+1 )2
(−ak − ck )2 + (bk + ak − dk )2 + (ck − ek − ak )2 + (dk + ak )2 + (ek + ak − bk − ak )2
(ak − ck )2 + (bk − dk )2 + (ck − ek )2 + (dk − ak )2 + (ek − bk )2
+4ak ck + a2k + 2ak (bk − dk ) + a2k + 2ak (ek − ck ) + 4ak dk
σk + 2ak (ak + bk + ck + dk + ek )
σk + 2ak · S.
Wegen
S >0
und
ak < 0
ergibt sich also
σk+1 < σk
und damit
σk+1 ≤ σk − 1
(da alle
vorkommenden Gröÿen ganz sind). In jedem Schritt, in dem eine der Zahlen an den Ecken
negativ ist, nimmt
σk
σk ≥ 0
also ab. Andererseits ist
viele solcher Schritte möglich, d.h. es muss ein
k
für alle
k.
Also sind nur endlich
geben, so dass alle Zahlen
ak , bk , ck , dk , ek
nichtnegativ sind.
16. Es gilt
1
= 0, 076923
13
und
076 + 923 = 999.
Diese Beobachtung lässt sich verallgemeinern: Es sei
p
1
eine
p
hat. Hierbei sei die
eine Primzahl, so dass
periodische Dezimalbruchentwicklung mit gerader Periodenlänge
2k
Periodenlänge minimal gewählt, d.h. es soll keine kürzeren Perioden als solche der Länge
2k
geben. Man zeige, dass sich die beiden ganzen Zahlen bestehend aus den ersten
und den letzten
k
Ziern einer Periode der Länge
2k
zu der Zahl
99 . . . 9
mit
k
k
Neunen
aufaddieren.
Lösung:
1
in der Form
p
10k ·
a + b mit nichtnegativen ganzen Zahlen a, b ≤ 10k − 1 darstellen. Hierbei ist sogar a + b ≤
2 · 10k − 3, da andernfalls a = b = 10k − 1 wäre, also p1 = 0, 99999 . . .. Dies würde aber
p = 1 bedeuten, ein Widerspruch. Dass p1 eine periodische Dezimalbruchdarstellung mit
k
der Ziernfolge 10 · a + b hat, bedeutet, dass
Wir können die Ziernfolge der Periode des Dezimalbruchs
1
10k · a + b 10k · a + b 10k · a + b
+
+
+ ....
=
p
102k
104k
106k
Aufgrund der geometrischen Summenformel folgt
10k · a + b
1
10k · a + b
1
=
=
·
.
p
102k
102k − 1
1 − 1012k
Umordnen ergibt
10k + 1 · 10k − 1 = 102k − 1 = p · 10k · a + b = p · a + b + (10k − 1) · a .
Reduziert man hierin modulo
10k − 1,
so folgt
mod 10k − 1,
0 ≡ p(a + b)
d.h.
p(a + b)
ist Vielfaches von
k
andernfalls wäre nämlich 10 − 1
10k − 1.
= qp für
Nun ist aber
ein
q ∈ IN,
p
kein Primteiler von
10k − 1;
also
q
q
1
q
q
= k
= k + 2k + 3k + . . . ,
p
10 − 1
10
10
10
1
eine periodische Dezimaldarstellung mit Periodenlänge
p
zur Minimalität von 2k .
so dass
Damit folgt nun, dass bereits
2 · 10k − 1 , so dass a + b =
k
hätte, im Widerspruch
a + b ein Vielfaches von 10k − 1 ist. Andererseits ist a + b <
10k − 1 folgt. Dies zeigt die Behauptung.
3
Einige zahlentheoretische Themen
1. Eingangs wurde das Schulwissen über die verschiedenen Zahlensysteme (natürliche Zahlen
- rationale Zahlen - reelle Zahlen - komplexe Zahlen) und die besondere Rolle der Primzahlen als Bausteine der natürlichen Zahlen kurz widerholt, und es wurde die Bedeutung
groÿer Primzahlen in der Kryptographie erläutert.
2. Hierauf wurden gängige Beweistechniken wie direkter Beweis, indirekter Beweis (Widerspruchsbeweis) und vollständige Induktion besprochen. Es wurde gezeigt, wie man mithilfe vollständiger Induktion einfache Beziehungen wie die durch den kleinen C.F. Gauÿ
bekanntgewordene
n
X
k=
k=1
n
· (n + 1)
2
für alle
n ∈ IN
beweisen kann. Wie sehr man sich vor voreiligen Schlussfolgerungen hüten muss, wurde
anhand eines Induktions-Beweises für die Existenz von Leben auf dem Mond erläutert.
Ein Beispiel eines indirekten Beweis ist der aus dem Schulunterricht bekannte Nachweis
√
für die Irrationalität von
2
(oder allgemeiner von
√
p,
falls
p
prim ist). Ein anderes
Beispiel liefert der folgende berühmte Beweis von Euklid.
3.
Satz:
Es gibt unendlich viele Primzahlen.
Beweis (Euklid):
Wir schlieÿen indirekt und nehmen hierzu an, es gäbe nur endlich
viele Primzahlen. Diese seien mit
p 1 , p2 , . . . , p N
bezeichnet. Wir setzen
pe := p1 · p2 · . . . · pN + 1.
pe 6= pj für alle j = 1, . . . , N (denn pe ist gröÿer als jedes pj ). Bei Division durch
p1 , p2 , . . . , pN lässt pe jeweils den Rest 1, ist also durch keine dieser Zahlen teilbar. Folglich
hat p
e keine echten Primteiler und ist somit selbst eine Primzahl. Damit haben wir eine
von p1 , p2 , . . . , pN verschiedene Primzahl gefunden, im Widerspruch zu unserer Annahme,
dass p1 , p2 , . . . , pN sämtliche Primzahlen sind. Dies zeigt die Behauptung.
Dann ist
Ergänzung:
Es stellt sich die Frage, ob dieser Beweis ein Verfahren zur Konstruktion
neuer Primzahlen aus den bereits bekannten liefert. Man könnte aufgrund der obigen
p1 , . . . , pN die
pe := p1 · p2 · . . . · pN + 1 wieder prim. Diese Vermutung
Betrachtungen geneigt sein, die folgende Vermutung aufzustellen: Wenn
ersten
N
Primzahlen sind, dann ist
ist jedoch falsch, wie das Beispiel
2 · 3 · 5 · 7 · 11 · 13 + 1 = 30031
zeigt: Die Zahl
30031
ist nicht prim; es ist nämlich
30031 = 59 · 509.
4. Neben der soeben genannten wurden noch einige andere wichtige, meist einfach zu formulierende, aber bis heute unbewiesene Vermutungen der Zahlentheorie angesprochen, etwa
die Goldbachvermutung, derzufolge sich jede gerade natürliche Zahl auÿer 2 als Summe zweier Primzahlen darstellen lässt, die Vermutung über die Existenz unendlich vieler
Primzahlzwillinge, die Vermutung, dass es keine Fermat-Primzahlen auÿer den heute bekannten gibt und die Vermutung, dass alle vollkommenen Zahlen gerade sind.
Die folgenden drei Themen wurden in Form von Schülervorträgen erarbeitet. Es folgt eine kurze
Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte. Weitere Informationen ndet man beispielsweise in
[3], [4, S. 221-234] und [5, S. 173-177].
6.
Mersenne-Zahlen und vollkommene Zahlen
Die Zahlen
Mn := 2n − 1
heiÿen
nur dann prim sein kann, wenn
Primzahl
n
auch
Mn
Mersenne-Zahlen.
n
Man kann leicht zeigen, dass
Mn
selbst prim ist. Umgekehrt ist aber nicht für jede
prim; beispielsweise ist
M11 = 2047 = 23 · 89.
Bis heute sind nur 47
Mersenne-Primzahlen bekannt. Es wird jedoch vermutet, dass es unendlich viele gibt.
Eine natürliche Zahl heiÿt
vollkommen
oder
perfekt,
wenn sie die Summe ihrer echten
Teiler ist. Beispiele sind die Zahlen 6, 28, 496 und 8128.
Die geraden vollkommenen Zahlen sind vollständig klassiziert: Nach dem
Euklid und Euler
Satz von
(siehe z.B. [4, S. 222-225]) sind dies genau die Zahlen der Form
2p−1 (2p −1), für die 2p −1 prim (also eine Mersenne-Primzahl) ist. Ungerade vollkommene
Zahlen sind bis heute nicht bekannt. Es wird vermutet, dass es keine gibt.
7.
Fermat-Zahlen
Die Zahlen
n
Fn := 22 + 1
heiÿen
Die ersten 5 Fermat-Zahlen
Fermat-Zahlen.
F0 = 3, F1 = 5, F2 = 17, F3 = 257
und
F4 = 65537
sind
prim. Weitere Primzahlen unter den Fermat-Zahlen sind nicht bekannt; es wird vermutet,
2n
dass es keine gibt. Dass man hier die Zahlen der Gestalt 2
+ 1 und nicht allgemeiner
k
k
alle Zahlen der Form 2 + 1 betrachtet, ist dadurch motiviert, dass 2 + 1 nur dann
prim sein kann, wenn
k
eine Zweierpotenz ist. Wie C. F. Gauÿ gezeigt hat, besteht ein
enger Zusammenhang zwischen den Fermat-Primzahlen und der Konstruktion regulärer
Vielecke: Ein reguläres
wenn
n
n-Eck
lässt sich genau dann mit Zirkel und Lineal konstruieren,
das Produkt einer Zweierpotenz mit verschiedenen Fermatschen Primzahlen ist.
Für die Fermat-Zahlen gilt die Rekursionsformel
Fn − 2 =
n−1
Y
Fk ,
k=0
welche man leicht mittels vollständiger Induktion beweist [1, S. 3-4]. Aus dieser folgt
sofort, dass für
von
Fm
Da alle
und
Fk
Fn
m 6= n
die Zahlen
Fm
und
Fn
teilerfremd sind. (Als gemeinsame Teiler
kommen aufgrund der Rekursionsformel nämlich nur 1 und 2 infrage.
ungerade sind, ist 1 der einzige gemeinsame Teiler von
Fm
und
Fn .)
Hieraus
wiederum erhält man einen neuen Beweis dafür, dass es unendlich viele Primzahlen gibt.
8.
Goldener Schnitt und Fibonacci-Zahlen
Der Goldene Schnitt
Φ
bezeichnet das Verhältnis, das sich ergibt, wenn man eine Strecke
so teilt, dass sich die Gesamtstrecke zur längeren Teilstrecke so verhält wie die längere
zur kürzeren Teilstrecke. Dies bedeutet
1
= Φ − 1.
Φ
Hieraus berechnet man sofort
√
1+ 5
Φ=
.
2
Dieses seit der Antike bekannte Teilungsverhältnis wird vom menschlichen Auge als besonders ästhetisch empfunden. Es tritt in der Mathematik wie auch in Natur und Kunst
in vielfältiger Weise auf (siehe hierzu ausführlich [2]). So teilen diejenigen Diagonalen im
regulären Fünfeck, die sich nicht in einer Ecke schneiden, einander im Goldenen Schnitt.
In der Natur ist der Goldene Schnitt z.B. bei der Anordnung von Blättern mancher Panzen realisiert, und in der Architektur der letzten 2500 Jahre nden sich zahllose Beispiele
für die Verwendung des Goldenen Schnitts.
Die Fibonacci-Zahlen
fn
sind deniert durch
f1 := f2 := 1
fn = fn−1 + fn−2
für alle
und die Rekursionsformel
n ≥ 3.
Zwischen den Fibonacci-Zahlen bestehen viele interessante Zusammenhänge. So gilt z.B.
f1 + f2 + · · · + fn = fn+2 − 1
f12 + f22 + · · · + fn2 = fn · fn+1
und
für alle
n ∈ IN,
wie man leicht durch vollständige Induktion beweist. Weitere Beispiele nden sich in [4,
S. 231-234] und [5, S. 68-69].
Die Fibonacci-Zahlen beschreiben in einem auf den italienischen Mathematiker Leonardo da Pisa (genannt Fibonacci) zurückgehenden, stark vereinfachten und realitätsfernen
Modell das Wachstum einer Population von (als unsterblich angenommenen!) Kaninchen,
treten aber auch vielerorts in der Natur auf (z.B. in den spiralförmigen Mustern der Ananas oder Sonnenblume), meist im Zusammenhang mit dem Goldenen Schnitt. Dies hat
damit zu tun, dass die Verhältnisse aufeinanderfolgender Fibonacci-Zahlen besonders gute
Approximationen für den Goldenen Schnitt darstellen. Die Fibonacci-Zahlen lassen sich
nämlich mittels der Formel von Binet explizit durch den Goldenen Schnitt ausdrücken:
Für alle
n≥1
gilt
n 1
−1
n
fn = √ · Φ −
.
Φ
5
Hieraus folgt sofort
fn+1
= Φ,
n→∞ fn
lim
so dass für hinreichend groÿe
n
der Quotient
f8
(Tatsächlich approximiert bereits
f7
0,17 %.)
Beweis der Formel von Binet:
=
fn+1
eine gute Näherung für
fn
Φ
darstellt.
21
den Goldenen Schnitt mit einem Fehler von nur
13
Es ist
1
Φ
= Φ − 1,
also
Φ2 = Φ + 1.
Wegen
√
1
1
1
1+ 5−1
√ · Φ+
√
= 1 = f1
= √ · (2Φ − 1) =
Φ
5
5
5
und
1
1
1
1
2
√ · Φ − 2
= √ · Φ + 1 − (Φ − 1)2 = √ · Φ + 1 − Φ2 + 2Φ − 1
Φ
5
5
5
1
= √ · (2Φ − 1) = 1 = f2
5
gilt die Behauptung für
Es sei nun
n ∈ IN \ {1},
n=1
und
n = 2.
und es gelte
1
fk = √ ·
5
Φk −
−1
Φ
k !
,
für alle
k ∈ {1, . . . , n}
fn+1 =
=
=
=
(also auch für
k=n
und
k = n − 1).
Dann folgt
n
n−1 !
−1
−1
fn + fn−1
Φn −
+ Φn−1 −
Φ
Φ
n
−1
1
√ Φn−1 (Φ + 1) −
(1 − Φ)
Φ
5
n
1
−1
−1
n−1
2
√ Φ
·
·Φ −
Φ
Φ
5
n+1 !
−1
1
√
Φn+1 −
.
Φ
5
1
=√ ·
5
n + 1. Nach dem
n ∈ IN bewiesen.
Also gilt die Behauptung auch für
ist die Behauptung damit für alle
Prinzip der vollständigen Induktion
Literatur
[1] Aigner, M.; Ziegler, G.: Das BUCH der Beweise, Springer, Berlin 2004
[2] Beutelspacher, A.; Petri, B.: Der Goldene Schnitt, Spektrum, Heidelberg 1996
[3] Devlin, K.: Primzahlen, Faktorzerlegung und Geheimcodes, in: Sternstunden der modernen
Mathematik, Birkhäuser 1990, S. 11 - 41
[4] Padberg, F.: Elementare Zahlentheorie, Spektrum, Heidelberg 2008
[5] Scheid, H.: Zahlentheorie, Spektrum, Heidelberg 2003
Kontaktadresse:
Dr. Jürgen Grahl
Institut für Mathematik der Universität Würzburg, Zi. 121
Am Hubland
97074 Würzburg
Tel.: 0931-888-4947
E-Mail: [email protected]
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