Geschichte der Mathematik, SS 2016 Kapitel VI und VII

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GeschichtederMathematik,SS2016
KapitelVIundVII
Folie117:
KapitelVI:Algebraim17.und18.JH
AufdieherausragendenErfolgederAlgebraim16.JHfolgteeinerelative
ruhigePeriode.DieAufmerksamkeitderMathematikim17.JHlagvor
alleminderinfinitesimalenAnalysis,diezuderZeitbegründetwurde.
NichtsdestotrotzhabenimBereichderAlgebragrundlegende
Veränderungenstattgefunden,diemanmitdemWortArithmetisierung
charakterisierenkann.
Folie118:
GrössenalsStrecken
DieerstenSchritteindieseRichtungwurdendurchdenPhilosophenund
MathematikerRenéDescartesunternommen.SeinWerkLaGéométrie(der
4.TeilvomDiscoursdelaméthodepourbienconduiresaraisonetchercher
lavéritédanslessciencesausdemJahr1637)hatdieGeometrieaufdie
Algebrareduziert,d.h.eshatdieanalytischeGeometriebegründet.Darin
hatDescarteszuerstViètesRechnungenmitGrössentransformiert:
DescartesstelltalleGrössendurchStreckendarundkonstruierteine
BerechnungsmethodevonStrecken,diesichgrundlegendvonderjenigen
derAntike(dieBasisfürViètesKonstruktion)unterschied.SeineIdeewar,
dassdieOperationenmitStrecken(Längen)einegetreueNachbildungder
OperationenmitrationalenZahlenseinsolle.WährendinderAntikeund
beiViètedasProduktvonzweiStreckeneineFlächewar(d.h.eineGrösse
derDimension2),forderteDescartes,dassdasProduktaucheinStrecke
seinsolle.Umdieszuerreichen,führteereinEinheitsstreck𝑒einund
definiertedasProduktderStrecke𝑎und𝑏alsdieStrecke𝑐,dasdasvierte
VerhältnisderStrecke𝑒, 𝑎und𝑏sei.
ErhateinenbeliebigenWinkel𝐴𝐵𝐶genommenundhatdieStrecken𝐴𝐵 =
𝑒,𝐵𝐷 = 𝑏und𝐵𝐶 = 𝑎.Dannhater𝐴und𝐶verbundenund𝐷𝐹 ∥ 𝐴𝐶
gezeichnet.DamithaterdieStrecke𝐵𝐹 = 𝑐 = 𝑎𝑏erhalten(Strahlensätze,
etwa𝑎: 𝑐 = 𝑒: 𝑏).DamitgehörtdasProduktzurselbenGrössenart
(StreckenoderLängen)wiedieFaktoren.
F
C
A
D
B
DivisionhatDescartesanalogdefiniert.Willman𝐵𝐹 = 𝑐durch𝐵𝐷 = 𝑏
dividieren,legtmanvon𝐵ausdieStrecke𝐵𝐴 = 𝑒,sowiedieStrecken
𝐵𝐹 = 𝑐und𝐵𝐷 = 𝑏undverbindet𝐷mit𝐹.Parallelzu𝐷𝐹zeichnetman
dann𝐴𝐶,dieStrecke𝐵𝐶istdanndergesuchteQuotient.Damithat
DescartesdenBereichderStreckenzueinerNachbildungdesHalbkörpers
ℝ/ gemacht.SpäterhaterauchnegativeStreckeneingeführt(deren
RichtungentgegengesetztzudenjenigenderpositivenStreckenwaren),
hatjedochdieOperationenmitnegativenZahlennichtimDetail
angeschaut.SchliesslichzeigteDescartes,dassmandurchWurzelziehen
(Quadratwurzeln)vonpositivenGrössennichtausdemBereichder
Streckenrausfällt.(ÄhnlicheÜberlegungenhatoffenbarbereitsBombelli
gemachtinTeilenseinerAlgebra).UmdieQuadratwurzelvon𝑐 = 𝐵𝐹zu
ziehen,hatDescartesaufdieserStrecke𝑒 = 𝐴𝐵abgetragen(falls𝑐 > 𝑒
ist).Über𝐹𝐵wirdeinHalbkreisgezeichnet.
I
p
c
e
B
c = BF
A
F
Unddannauf𝐴eineSenkrechtegezogen,𝐼seiderSchnittpunktvondieser
SenkrechtenmitdemHalbkreis.NachdemKathetensatzistdanndie
Strecke𝐼𝐹gerade 𝑐(dennihrQuadratist𝑒𝑐 = 𝑐).(Falls𝑐 < 𝑒ist,trägt
man𝐹𝐴aufdieVerlängerungvon𝐵𝐹nachlinkshinab.)
Folie119:
Konventionen(Descartes)
DescartesführtedieKonventionein,Unbekanntemitdenletzten
BuchstabendesAlphabetszubezeichnen,𝑥, 𝑦, 𝑧,undbekanntemitden
2
Anfangsbuchstaben𝑎, 𝑏, 𝑐.SeinGleichheitszeichenwarverschiedenvon
demheutzutagebenutzten,eswareinaufdemKopfstehendesæ(für
aequalis,gleich),dasmitderZeitinetwa∝geschriebenwurde.
DescarteshatsozusageneinenIsomorphismuszwischendemBereichder
StreckenunddemHalbkörperℝ/ derreellen(positiven)Zahlengegeben.
ErhatjedochkeineallgemeineDefinitionvonZahlengegeben.
Folie120:
NewtonsDefinitionvonZahlen
EineallgemeineDefinitionvonZahlenhatNewtoninseinerarithmetica
universalisgetan.Erschrieb:„Berechnungenwerdenentwederdurch
Zahlengemacht,wieindergewöhnlichenArithmetik,oderdurch
allgemeineVariablen,sowiedasanalytischeMathematikerpflegen“.
NewtongibteineallgemeineDefinitionvonZahlen–inderAntikewar
eineZahleineSammlungvonEinheiten(dienatürlichenZahlen),
VerhältnissevonähnlichenQuantitäten(reelleZahlen)wurdennichtals
Zahlenaufgefasst.ClaudiusPtolemäusundarabischeMathematikerhaben
im2.JHVerhältnissealsZahlenaufgefasst,aberimEuropades16.Und17.
JHwardieEuklidischeTraditionimmernochsehrstarkvertreten.Newton
hatalserstermitihrgebrochen:„Untereine`Zahl’verstehenwirnicht
einfacheinVielfachesvonEinheiten,sonderneherdasabstrakte
VerhältnisvoneinerQuantitätzueinerandernQuantität[...].Sieist
dreiartig:ganzzahlig,Verhältnisoderirrational.EineganzeZahlwird
durchEinheitgemessen,einVerhältnisdurchdenuntervielfachenTeilvon
EinheitwährendeineirrationaleZahlunvergleichlichistmitEinheit.“
WeiterzudennegativenZahlen:„Grössensindentwederpositiv,d.h.
grösseralsNullodernegativ,d.h.wenigeralsNull.Ziehtmaninder
GeometrieeineGeradeineineRichtung,diemanalspositivauffasst,so
wirdihrNegativesindieandereRichtunggezeichnet.“Newtonschreibt,
dassnegativeGrössendurchdasZeichen–vorderZahlgekennzeichnet
werden,positivedurchein+.UnddanngibterRegelnfürsMultiplizieren
an:„EinProduktistpositiv,fallsseineFaktorenbeidepositivsindoder
beidenegativsind.Andernfallsistesnegativ.“Newtongibtkeine
BegründungenfürdieseRegelnan.
Folie121:
BestimmteGleichungen(Descartes)
ImletztenTeilseinerGeometriastelltDescartesseineBehandlungvon
Gleichungendar.ErschreibtsieimmermitNullenaufderrechtenSeite,da
diesdiebesteArtsei,siezubetrachten.ErfindetfolgendeEigenschaften:
3
- ist𝛼eineWurzel(Nullstelle,Lösung)einerGleichung,soistdielinke
Seiteteilbardurch𝑥 − 𝛼
- EineGleichungkannsovielepositiveNullstellenhaben,wiesie
Wechselvon+auf–besitztundsoviele„falsch“(negative)Wurzeln
wiedieAnzahlvonzweimalhintereinanderauftretenden+oder–
Zeichen.
- InjederGleichungkannmandenzweitenTermeliminierendurch
eineSubstitution
- DieAnzahlderNullstelleneinerGleichungkanngleichvielseinwie
ihrGrad.
Folie122:
Descartes’Untersuchungen(Forts.)
DescartesformulierteineReihevonBehauptungen(dieerohneBeweis
liess)überGleichungenvon3.und4.Grad.KubischeGleichungender
Form
𝑥 9 + 𝑎𝑥 + 𝑏 = 0
mitrationalenKoeffizientenhateruntersuchtunterderBedingung,dass
dieNullstellenreellsind.EruntersuchtihreKonstruierbarkeitdurch
ZirkelundLineal.Descartesbehauptet,dasseshinreichendundgenügend
ist,dassdieGleichungeinerationaleNullstellebesitzt.Erbegründetdie
NotwendigkeitseinerBedingung(wenneinerationaleNullstelle𝛼
existiert,soklammertman𝑥 − 𝛼ausunderhälteinequadratische
GleichungmitrationalenKoeffizientenderenNullstellenmitZirkelund
Linealkonstruierbarsind),jedochnicht,dasssiehinreichendist.
DescarteshatdiegleicheFragefürQuartikenbetrachtet.Erbehauptet,
dassdieNullstellenmitZirkelundLinealkonstruierbarsindgenaudann,
wenndiesogenanntenkubischeResolvente(eineHilfskubik,dieFerrari
benutzthatteinseinerLösungderQuartik)reduzierbarist.Descartes
entdecktauchdieMethodederunbestimmtenKoeffizienten,dieweiter
untenverwendetwird(EulersBeweis).DieseMethodespielteinewichtige
RolleinAlgebraundAnalysis(beidenReihen).
(Sieheauch[BS]S.94).
Folie123:
FundamentalsatzderAlgebra
DescartesundGirardformuliertendiesezentraleProblemderAlgebra
vom18.JH.DescartesbenutztekeinekomplexenZahlenundformulierte
dahervorsichtig:„JedeGleichungkannsovieleverschiedeneNullstellen
habenwiedieAnzahlderDimensionenderUnbekanntenGrösseninder
Gleichung“.Girardhat1629inseinerL’InventionNouvelleenl’Algèbre
4
danngeschrieben,dassdieAnzahlderLösungeneineralgebraischen
GleichunggleichihremGradsei.GirardhatnegativeZahlenundkomplexe
ZahlenalsNullstellenverwendet.Im18.JHhabenMathematikerauchdie
folgendeäquivalenteVersiondesFundamentalsatzesverwendet:Jedes
Polynom
𝑓= 𝑥 = 𝑥 = + 𝑎> 𝑥 =?> + ⋯ + 𝑎=?> 𝑥 + 𝑎= MitreellenKoeffizientenkannalsProduktvonlinearenundquadratischen
FaktorenmitreellenKoeffizientengeschriebenwerden.
ErsterBeweis:1746d’Alembert(wenigrigoros,auchfürdieZeit).Im
gleichenJahrhatEuler,dergrössteMathematikerdes18.JHseinenBeweis
derBerlinerAkademiepräsentiert.Eulerhatnacheinemalgebraischen
Beweisgesucht.Heuteweissman,dassderSatznichtohnedenGebrauch
vonStetigkeitbeweisenwerdenkann.
Folie124:
BeweisvonEuler(10.VO)
Eulerschiensichdessenbewusstgewesenzusein.InseinemBeweishat
derdienicht-algebraischenVoraussetzungenaufeinMinimumreduziert.
Erbenutztediefolgendenzwei:
I. JedeGleichungvonungerademGradmitreellenKoeffizientenhat
mindestenseineNullstelle.
II. JedeGleichungvongerademGradmitreellenKoeffizientenund
negativemkonstantenTermhatmindestenszweireelleNullstellen.
EulersStrategiefürdenRestdesBeweiseswar,einenProzesszu
verwenden,derdieLösungeinerGleichungvomGrad2B 𝑚mitungeradem
𝑚reduziertaufdieLösungeinerGleichungvomGrad2B?> 𝑚> mit
ungeradem𝑚> .
Eulernotiert,dassesgenügt,GleichungenderForm𝑃= 𝑥 = 0
anzuschauenfür𝑛 = 2B ,dieseseiendieschwierigen.Dennfalls𝑛nicht
einePotenzvon2sei,sofindemanimmerein𝑘mit2B?> < 𝑛 < 2B und
dannkönnemandasPolynommit2B − 𝑛Faktorenmultiplizieren,etwa
H
mit𝑥 G ?= underhalteeinPolynomvomGrad2B .EulerbeweistdenSatz
für𝑛 = 4,8und16bevorerzumallgemeinenFall𝑛 = 2B übergeht.
Folie125:
EulersAnsatz
ZurIllustrationbetrachtenwir𝑛 = 4und𝑛 = 2B .Annahme,dieGleichung
𝑥 K + 𝐵𝑥 G + 𝐶𝑥 + 𝐷 = 0
seigegeben(wirkönnenannehmen,dassdieGleichungbereitsreduziert
istundkeinenTerm𝑥 9 mehrenthält).ZuerstschreibtEulerdieGleichung
um,miteinemProdukt
5
(𝑥 G + 𝑢𝑥 + 𝜆)(𝑥 G − 𝑢𝑥 + 𝜂) = 0
ErbenutztDescartes’MethodederunbestimmtenKoeffizientenund
kommtaufdieGleichung
𝑢Q + 2𝐵𝑢K + 𝐵 G − 4𝐷 𝑢G − 𝐶 G = 0
LautseinerVoraussetzungIIhatdieseGleichungmindestenszweireelle
Nullstellen,einedavonbezeichnenwirmit𝑢.
Folie126:
EulersAnsatz,Forts.
Eulerzeigtdann,dassdieKoeffizienten𝜆,𝜂inderobigenGleichung
rationaleAusdrückein𝑢undindenKoeffizienten(𝐵, 𝐶, 𝐷)der
ursprünglichenGleichungsind.AlsnächsteserhältEulerdiegleichen
Resultate,indemerallgemeineArgumentebenutzt,ohneRückgriffauf
Berechnungen.Dastuter,umseineBehauptungaufbeliebigeGleichungen
vomGrad2B zuerweitern.Erbenutztdabeidiefolgenden(unbewiesenen)
Sätze,diespätereineHauptrolleindenTheorienvonLagrangeundGalois
spielen:
A. JederationalesymmetrischeFunktionindenNullstelleneiner
GleichungisteinerationaleFunktioninihrenKoeffizienten
(FundamentalsatzübersymmetrischeFunktionen).
B. NimmteinerationaleFunktion𝜑(𝑥> , … , 𝑥= )indenNullstelleneiner
Gleichung𝑘verschiedeneWerteunterallenmöglichen
PermutationenderNullstellenan,soerfüllendiese𝑘Werteeine
GleichungvomGrad𝑘derenKoeffizientenrationaleAusdrückein
denKoeffizientenderursprünglichenGleichungsind.
Folie127:
Forts.
Eulerargumentiertdann:zujederGleichungvomGrad𝑛kannman𝑛
Nullstellen„zuordnen“,manschreibt
𝑓= 𝑥 = 𝑥 = + 𝑎> 𝑥 =?> + ⋯ + 𝑎=?> 𝑥 + 𝑎= = 𝑥 + 𝛼> 𝑥 + 𝛼G ⋯ (𝑥 + 𝛼= )
wobei𝛼> ,𝛼G , ⋯ , 𝛼= gewisseSymbolesind,mitdenenmanoperierenkann,
wiewennesgewöhnlicheZahlenwären.Die𝛼U sindalsodienegativender
Nullstellenvon𝑓= undwirerhalteneinGleichungssystem
𝛼> + 𝛼G + ⋯ + 𝛼= = 𝑎> 𝛼> 𝛼G + 𝛼> 𝛼9 + ⋯ + 𝛼=?> 𝛼= = 𝑎G ⋯ ⋯ ⋯ ⋯
𝛼> 𝛼G ⋯ 𝛼=?> 𝛼= = 𝑎= DerFundamentalsatzderAlgebrabehauptet,dass𝛼> ,𝛼G ,...,𝛼= reelleoder
komplexeZahlensind.
6
Folie128:
Schritte
EulergehtbeimFall2B wieimFall𝑛 = 4vor.ImFall𝑛 = 4nimmteran,
dassdieGleichungvomGrad4mitdenKoeffizienten𝐵, 𝐶, 𝐷dieNullstellen
𝛼, 𝛽, 𝛾, 𝛿hat.DieNullstelle𝑢mussdanndieSummevonzweidieservier
Nullstellensein,kannalso KG = 6Werteannehmen(unterallen
möglichenPermutationenderNullstellen).DarausfolgertEuler,dass𝑢
eineGleichungvomGrad6erfüllenmuss.Ernotiert,dassdieWertevon𝑢
(wegen𝛼 + 𝛽 + 𝛾 + 𝛿 = 0)diefolgendensind:
𝑢> = 𝛼 + 𝛽 = 𝑝𝑢K = 𝛾 + 𝛿 = −𝑝
𝑢G = 𝛼 + 𝛾 = 𝑞𝑢\ = 𝛽 + 𝛿 = −𝑞
𝑢9 = 𝛼 + 𝛿 = 𝑟𝑢Q = 𝛽 + 𝛾 = −𝑟
dieGleichungfür𝑢istdannvonderForm
(𝑢G − 𝑝G )(𝑢G − 𝑞 G )(𝑢G − 𝑟 G ) = 0
DasisteineGleichungvongerademGrad,diedenkonstantenTerm
– 𝑝G 𝑞 G 𝑟 G .Umsicherzusein,dassdieserTermnegativist,mussman
überprüfen,dassdasProdukt𝑝𝑞𝑟reellist.DazuzeigtEuler,dass
𝑝𝑞𝑟 = (𝛼 + 𝛽)(𝛼 + 𝛾)(𝛼 + 𝛿)
unverändertbleibtunterPermutationenderNullstellen.Damitistdas
ProdukteinrationalerAusdruckindenKoeffizientenderGleichungvom
GradviermitdenKoeffizienten𝐵, 𝐶, 𝐷(vonoben).Ausdiesen
Überlegungenkannmanschliessen,dass𝑢reellist.EulerhatdenFall𝑛 =
2B nurskizziert.ErstelltdasPolynom
H
H
H
𝑓= 𝑥 = 𝑥 G + 𝐵𝑥 G ?G + 𝐶𝑥 G ?9 + ⋯
vomGrad𝑛alsProduktvonzweiFaktorenvomGrad2B?> dar(wievorher
beidenPolynomenvomGrad4):
H_`
H_`
H_`
H_`
H_`
H_`
(𝑥 G + 𝑢𝑥 G ?> + 𝜆𝑥 G ?G + ⋯ )(𝑥 G − 𝑢𝑥 G ?> + 𝜂𝑥 G ?G + ⋯ )
undarbeitetdamitweiter.ErkommtdannwieimFall𝑛 = 4aufeine
Gleichung
(𝑢G − 𝑝>G )(𝑢G − 𝑝GG ) ⋯ (𝑢G − 𝑝aG ) = 0
H
für2𝑁 = GGH_` (Eulerweistnach,dass𝑁ungeradeist),undzeigt,dassder
konstanteTermnegativist(analogwieoben),worausmanschliesst,dass
ureellangenommenwerdenkann.DierestlichenKoeffizienten(𝜆, 𝜇,etc.)
sindlautEulerauchrationaleAusdrückein𝑢unddenKoeffizienten
𝐵, 𝐶, 𝐷,...vomPolynom𝑓= (𝑥).
Folie129:
LagrangeüberdenBeweisvonEuler
Esistunklar,aufwelchenÜberlegungenEulerseineSchlussfolgerungen
basierte.Lagrangehat1772inSurlaformedesracinesimaginairedes
7
équationseinepräziseDarstellungEulersReduktiongegeben,diedie
LückenimBeweisvonEulerfüllt.LagrangebenutztseineTheorievon
ähnlichenFunktionen(mehrdazuvermutlichspäter,sieheS.100ffin[BS]),
dieerinseinemWerkRéflexionssurlarésolutionalgébriquesdeséquations,
1771,entwickelthatte.DamitbeweisterdieBehauptungvonEuler,dass
dieKoeffizienten𝜆, 𝜇,etc.rationaleAusdrückein𝑢unddenKoeffizienten
𝐵, 𝐶, 𝐷, …desPolynoms𝑓= 𝑥 .LagrangefolgtEulersStrategie.Andere
Mathematikerdes18.JHhabeninihrenBeweisendesFundamentalsatzes
EulersReduktionsignifikantvereinfacht,seineStrategiejedochalsfürgut
befunden(etwadeFoncenex,1859oderLaplace,1795).
Folie130:
KritikvonGauss(Doktorarbeit1799)
Dererste,derEulersFormulierungdesBeweisesverwarf,warderjunge
Gauss.SeineDoktorarbeitwardemBeweisdesFundamentalsatzes
gewidmet.Darinschrieber„DawirunsArtenderGrössen,diewederreell
nochimaginär(alsovonderGestalt𝑎 + 𝑏 −1)sind,istesnichtganzklar,
wiedas,waswirbeweisensollensichvondem,wasalsfundamentaler
Satzvermutetist.WennmansichandereFormenvonGrössenvorstellen
könnte,etwa𝐹,𝐹′,𝐹′′,...,sogardannkönntemannichtohneBeweis
annehmen,dassjedeGleichungerfülltwirdvoneinemreellemWertfür𝑥
oderdurcheinenWertderGestalt𝑎 + 𝑏 −1oderdurcheinenWertder
Form𝐹oder𝐹′etc.DaherkannderFundamentalsatznurdenfolgenden
Sinnhaben:jedeGleichungkannentwederdurcheinereelleoderdurch
einekomplexeZahlderGestalt𝑎 + 𝑏 −1erfülltwerdenoderdurcheinen
WertvoneinerbisherunbekanntenFormoderdurcheinenWert,dernicht
inirgendeinerFormdarstellbarist.WiedieseGrössen,vondenenwir
keineDarstellungenkennen,dieseSchattenvonSchatten,addiertoder
multipliziertwerden,daskanninderKlarheit,dieinderMathematiknötig
istnichtformuliertwerden“(Gauss,Werke,Göttingen,1866,Vol.III,pp.12,zitiertnach[BS]).
Ganzkurzgesagt:
„DenälterenBeweisvonJeanBaptisteleRondD’Alembertkritisierte
Gaussalsungenügend,aberauchseineigenerBeweiserfülltnochnichtdie
späterenAnsprücheantopologischeStrenge.“(Wikipedia,
https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Friedrich_Gauß),lautGaussführtdie
Annahme,dassNullstelleninirgendeinerFormexistieren,zueinem
Zirkelschluss.Daskannmansonichtsagen–manmusszeigen,dass
Nullstellenexistieren,d.h.esbestandeineLückeimBeweisvonEuler/le
Rondd’Alembert.
8
Folie131:
RestklassenmoduloPolynom
1815kommtGausswiederaufdenSatzzurückundlieferteinenBeweis,
derweitgehendalgebraischist,ohnedieExistenzvonNullstellen
irgendeinerFormvorauszusetzen.IndieserVersionoperiertGaussmit
KongruenzenmoduloeinemgewissenPolynom(umdieAnnahmezu
umgehen,dassNullstellenexistieren).Damitkonstruierterden
ZerfällungskörperdesursprünglichenPolynoms.(Mehrdazu:AlgebraLehrbücher).KroneckerhatdieseMethode1880/1881verwendet,alser
denZerfällungskörpereinesPolynomskonstruiert,ohnedieExistenzder
komplexenZahlenvorauszusetzen.UnabhängigvonGaussundKronecker
hatCauchy1847diesenAnsatzverwendet,umdenKörperderkomplexen
Zahlenzukonstruieren.DazuhaterdasPolynom𝑥 G + 1speziell
betrachtet,dasüberℚirreduzibelist(sichnichtalsProduktvonzwei
linearenFaktorenmitKoeffizienteninℚschreibenlässt),genausowie
überℝ.Modulo𝑥 G + 1istjedesPolynom(imRingderPolynomeüberℚ)
kongruentzueinemlinearenPolynom𝑎𝑥 + 𝑏.MankanndieElementedes
RingsderPolynomeüberℚinÄquivalenzklassenmodulo𝑥 G + 1einteilen.
ManschreibtjedeKlassealseinlinearesPolynomin𝜃.D.h.manstelltdie
Klassenals𝑎𝜃 + 𝑏dar.Mankannnachprüfen,dassdieseRestklasseneinen
KörperbildenmitderüblichenAdditionundderMultiplikation
𝑎𝜃 + 𝑏 𝑐𝜃 + 𝑑 = 𝑎𝑑 + 𝑏𝑐 𝜃 + 𝑏𝑑 + 𝑎𝑐𝜃 G (DetailsinAlgebra-Textbüchern.EtwaSkriptzurAlgebra).Nunistaber
𝑥 G ≡ −1modulo(𝑥 G + 1),alsoist𝜃 G = −1.DieseMultiplikationistalso
diegleichewiefürkomplexeZahlen.Bemerkenswertist,dassEulereinen
algebraischenZugangverwendethatte,derzuBeginndes19.JHwieder
verworfenwurde,abergegen1880wiederaufkam.
Folie132:
LösenvonGleichungenmittelsRadikalen
EinweiteresProblem,dasdieAufmerksamkeitderMathematikerim18.
JHbeschäftigte,wardasProblemderLösungvonGleichungenmittels
Radikalen.DurchdieErfolgebeiderLösungvonGleichungen3./4.Grades
deritalienischenMathematikermotiviert,versuchtensienun,denGrad5
zulösen.VieleherausragendeMathematikerarbeitetenandiesem
Problem,soTschirnhaus,Euler,Bézout,LagrangeundVandermonde.
Tschirnhauspublizierte1683einenArtikelinActaEruditorum,indemer
eineTransformationbeschrieb(diesogenannteTschirnhaus
Transformation),dieeineGleichungvomGrad𝑛
𝑥 = + 𝑎> 𝑥 =?> + ⋯ + 𝑎=?> 𝑥 + 𝑎= = 0
durcheineSubstitutionderForm
9
𝑦 = 𝑏j + 𝑏> 𝑥 + ⋯ + 𝑏=?> 𝑥 =?> ineineGleichungvomGrad𝑛umformte:
𝑦 = + 𝑐> 𝑦 =?> + ⋯ + 𝑐= = 0
derenKoeffizienten𝑐> , 𝑐G , … , 𝑐=?> beigeeigneterWahlderKoeffizienten
𝑏j , 𝑏> , … , 𝑏=?> verschwanden(esbliebdannalsonur𝑦 = + 𝑐= = 0,d.h.eine
2-TermGleichung!).Esgelangihm,diesfürGrad3zubeweisenund
dadurchentdeckteereineneueMethode,kubischeGleichungenzulösen.
AusdiesemFallschlosser,dassdieseTransformationfüralle𝑛möglich
sei.TschirnhaushatseineMethodeineinemBriefanLeibniz1677das
ersteMalbeschrieben.Leibnizantwortete,dasserglaube,erkönnezeigen,
dassfür𝑛 > 4dieBerechnungen,dienötigwaren,umdie𝑏U zubestimmen,
nichtdurchführbarseien.Nunistesso,dassmanmiteinerTschirnhaus
TransformationquintischeGleichungennichtauf2-Term-Gleichungen
reduzierenkann.MankannsiejedochaufeineGleichungderForm
𝑥 \ + 𝐴𝑥 + 𝐵 = 0
bringen(d.h.inderobigenNotationbleiben𝑐=?> und𝑐= ).Die
Koeffizienten𝑏j , … , 𝑏K sinddabeidurcheineGleichungvomGrad≤ 3
bestimmt.Dieshatte1786derschwedischeHistorikerundLiebhaberder
MathematikE.Bringgezeigt.HermitehatdieFormmitdendreiTermen
1858benutzt,umzuzeigen,dassdieLösungderQuintiksichdurch
elliptischemodulareFormendarstellenlässt.
EulerhatdasProblemderLösungderQuintikzweimalaufgenommen.
Zuerst1732/33unddann1762/73.BeideAnsätzeführtennichtzu
LösungenfürGleichungenvomGrad5(derersteAnsatzwarsogareinfach
falsch,siehe[BS]S.101f.).
ImzweitenArtikelgibtEulerzueinerallgemeinenGleichungderForm
𝑥 = = 𝑎𝑥 =?G + 𝑏𝑥 =?9 + ⋯ + 𝑞
LösungenderForm
o
o
o
𝑥 = 𝑤 + 𝐴 𝑣 + 𝐵 𝑣 G + ⋯ + 𝑄 𝑣 =?> wobei𝑤reellistund𝑣eineGleichungvomGrad≤ 𝑛 − 1erfüllt.
BemerkenswertandiesemAnsatzist,dass–fallsdieallgemeineGleichung
mittelsRadikalen(Wurzelausdrücken)lösbarist-dieLösungenauch
wirklichdieseGestaltannehmen.AbelhatdiesinseinemBeweisder
UnlösbarkeitderQuintikdurchWurzelausdrücke(Radikale)beweisen.Die
obenstehendeGleichungfür𝑥warderStartpunktvonAbelsBeweis.
Lagrangehat1770/71inRéflectionssurlarésolutionalgébriquedes
équationsdieMethodenzurLösungvonkubischenundquartischen
GleichungenbiszuseinerZeituntersuchtundgezeigt,warumsieallenicht
anwendbarsindbeiallgemeinenQuintiken.Imweiterenbenutzteerdas
untersuchteMaterialundschliesst,dassalleMethodensichaufdie
KonstruktionvonHilfsgleichungenvonkleineremGradreduzieren
10
(Resolventen)derenNullstellenrationaleFunktionenindenNullstellen
derzulösendenGleichungsind([BS,S103-106]).
VandermondehatfastzurselbenZeitähnlicheSchlüssegezogen(Memoir
ontheSolutionofEquations),wennauchetwaswenigerallgemein.Er
versuchteauch,dieNullstellenvon𝑥 = − 1 = 0zubestimmen,diesgelang
ihmabernurbis𝑛 = 11.SeineResultatehattenkeinenEinflussaufdie
EntwicklungderAlgebra:seinArtikelwurdeerstim20.JHgelesenund
kommentiert.
Folie133:
UnlösbarkeitderQuintikmittelsRadikalen
LautLagrangeverlangtdasProblemderLösungeinerGleichungmittels
Wurzelausdrücken/RadikalendieKenntnisderUntergruppederGruppe𝐺
derPermutationenihrerNullstellen(alsodiesymmetrischeGruppe𝑆= ,
fallsderGradderGleichung𝑛ist).IstderGradderGleichung𝑛undbesitzt
𝐺eineUntergruppevomIndex𝑘 < 𝑛,sokanndieLösungderGleichung
aufdieLösungeiner(symmetrischen)GleichungvomGrad𝑘reduziert
werden.
Lagrangekonntenichtbeweisen,dassimallgemeineneineQuintiknicht
lösbaristdurchWurzelausdrücke,daer
1. nichtwusste,dassdiesymmetrischeGruppe𝑆\ keineUntergruppen
vomIndex3oder4besitzt(mankannnachprüfen,dassdasstimmt).
2. keinenBeweisderTatsachehatte,dassjedeNullstelleim
ZwischenschritteinerGleichung(NullstellenderHilfsfunktion)eine
rationaleFunktionderNullstellenderursprünglichenGleichungist.
Folie134:
ZweiRichtungen(11.VO)
NachLagrangehabendieUntersuchungenzurLösbarkeiteinerGleichung
mittelsRadikalenjeweilseinederfolgendenzweiWegeverwendet:
1. UntersuchungenvonGleichungenmitbeliebigen(variablen)
Koeffizientenderen(Galois-)GruppediesymmetrischeGruppe𝑆= ist.
2. UntersuchungvonGleichungenmitnumerischenKoeffizienten,um
KlassenvonGleichungenvonbeliebigemGradzufinden,diedurch
RadikalelösbarsindundumGleichungenmitbestimmten
Koeffizientenzufinden,dielösbarmitRadikalensind.
RuffiniundAbelsinddererstenderbeidenRoutengefolgt.Ruffini
publiziert1799einenBeweis,dassdieallgemeineQuintiknichtlösbarist.
ErbenutztPermutationen
1 2 3 4 5
𝑖> 𝑖G 𝑖9 𝑖K 𝑖\
11
sowieProduktevonPermutationen.InseinemBeweissetztRuffinivoraus,
dassalleNullstellenindenZwischenschrittenalsNullstelleneiner
Gleichungausdrückbarsind,dieeinerationaleFunktionindenWurzeln
derursprünglichenGleichungist.Daerdiesvoraussetztundnicht
beweist,hatseinBeweiseineLücke.
AbelproduziertealsStudenteinen„Beweis“derLösbarkeitdurchRadikale
fürallgemeineQuintiken.Ersahselber,dassdieArbeitfehlerhaftwar.
1824publizierteereinenkurzenBeweisderUnlösbarkeitdurchRadikale
derallgemeinenQuintik(sokurz,dasserbeinaheunverständlichwar)und
imJahr1826aucheinenvollständigenBeweis.DieserBeweiserschienin
dererstenAusgabedesCrelleJournal(Journalfürdiereineund
angewandteMathematik).Abelzeigte,dass–wenneinequintische
GleichunglösbaristdurchRadikale–ihreWurzelndievonEuler
gefundeneFormhabenmüssen.Erzeigteauch,dassdieWurzelninden
ZwischenschrittenrationaleFunktionenindenNullstellender
ursprünglichenGleichungsind.InseinemBeweisbenutzteAbeldenSatz
vonCauchy,derfolgendesbesagt:Für𝑛 ≥ 5undfür𝑝diegrösstePrimzahl
≤ 𝑛hatdieGruppe𝑆= keineUntergruppenvomIndex> 2und< 𝑝.Für
𝑛 ≥ 3hatdieGruppe𝑆= immereineUntergruppevomIndex2(die
alternierendeGruppe𝐴= dergeradenPermutationen).
Folie135:
Aufgabenaus[ADEFSSWW]
1. (Aufgabe5.3.1,Seite316,eineAufgabevonEuler,1796)20
Personen,MännerundWeiber,zehrenineinemWirtshause.Ein
Mannverzehrt8Groschen,einWeibaber7Groschen,unddieganze
Zechebeläuftsichauf6Reichstaler.NunistdieFrage,wieviel
MännerundWeiberdaselbstgewesen?(6Reichstalersind144
Groschen)
2. (Aufgabe5.3.5,Seite317)MansuchezweiZahlen,derenProdukt
105sei,undwennmanihreQuadratezusammenaddiert,soseidie
Summegleich274.
3. (Aufgabe6.2.1,Seite371)W.Hamiltondefiniertediekomplexen
ZahlenalsdiePaare(𝑥, 𝑦)mit𝑥, 𝑦reell.DieGleichheitzweier
Zahlenpaaredefinierteerdurch 𝑥, 𝑦 = (𝑥 v , 𝑦 v )genaudann,wenn
𝑥 = 𝑥′und𝑦 = 𝑦′ist.DieAdditionundMultiplikationerklärteer
durch 𝑥, 𝑦 + 𝑥 v , 𝑦 v = (𝑥 + 𝑥 v , 𝑦 + 𝑦 v )und 𝑥, 𝑦 × 𝑥 v , 𝑦 v = (𝑥𝑥 v −
𝑦𝑦 v , 𝑥𝑦 v + 𝑥 v 𝑦).Manbeweise,dassmitdiesenOperationendie
MengederZahlenpaareeinenKörperbildet.IstdieserKörper
kommutativ?
12
Folie136:
KapitelVII:DieTheoriederalgebraischen
Gleichungenim19.JH.
ZurErinnerungdieProblemstellung:esgehtumLösungenvon
GleichungenvomGrad5durchRadikale.Manhatetwa
𝑓 𝑥 = 𝑥 \ + 𝑎𝑥 K + 𝑏𝑥 9 + 𝑐𝑥 G + 𝑑𝑥 + 𝑒 = 0
GibteseineFormel,dieNullstellendieserGleichungaus𝑎, 𝑏, 𝑐, 𝑑, 𝑒zu
finden,indemmandieüblichenOperationen(Addition,Subtraktion,
Multiplikation,Division)undWurzelziehen(biszu5.Wurzeln)
verwendet?NachAbelundRuffiniwissenwir,dassdiesimallgemeinen
nichtmöglichist.Aberwiesiehtdasgenaueraus?Wanngenauistes
möglich?
Folie137:
ZyklotomischeGleichungen
Im19.JHgabesradikaleVeränderungeninderAlgebraundinandern
GebietenderMathematik.VerschiedeneArten,Algebrazubetreiben,
löstensichab.EinWendepunktinderEntwicklungderAlgebrawardie
Galoistheorie,derenPrototypGauss’TheoriederZyklotomischen
Gleichungenwar.DieseTheoriedientealsAusgangpunktfürForschungen
vonAbel,GaloisundandernMathematikernim19.JH.
AlsStudent(inGöttingen)begannGaussdasProblemvonKonstruktionen
vonregelmässigenVieleckenmitZirkelundLinealzustudieren.Dieses
ProblemhateinelangeGeschichte,dieGeometerderAntikehatten
regelmässige𝑛-Eckefür𝑛 = 3,3 ⋅ 2B , 4,4 ⋅ 2B , 5und5 ⋅ 2B konstruiert.Offen
wardieFrage,obmaneinregelmässiges7-oder11-EckmitZirkelund
Linealkonstruierenkönne.
GausshatdasProblem,regelmässigeVieleckemitZirkelundLinealaufdas
ProblemderLösungderGleichung
𝑥= − 1
𝑋=
= 𝑥 =?> + 𝑥 =?G + ⋯ + 𝑥 + 1 = 0
𝑥−1
GzUB
GzB
GzB
= = cos
zurückgeführt,derenNullstellen𝑥B = 𝑒
+ 𝑖 sin
anden
=
=
Eckpunktendesregelmässigen𝑛-Eckssitzen.
EulersMethodezurLösungderGleichung𝑋 = 0vonobenschauenwirim
Fall𝑛 = 7an.
𝑥• − 1
= 𝑥 Q + 𝑥 \ + ⋯ + 𝑥 + 1 = 0
𝑥−1
>
DividiertmandieseGleichungdurch𝑥 9 undsubstituiert𝑦 = 𝑥 + ,so
‚
erhältman
13
𝑦 9 + 𝑦 G − 2𝑦 − 1 = 0
DieseGleichunghatdreiNullstellen,sagenwir𝜃> , 𝜃G , 𝜃9 .Setztmandiese
sukzessivein𝑦 = 𝑥 + 1 𝑥 ein(umgeformt:𝑥𝑦 = 𝑥 G + 1),soerhältman
dreiquadratischeGleichungen
𝑥 G − 𝜃U 𝑥 + 1 = 0,
𝑖 = 1,2,3
WennmandiesedreiGleichungenlöst,erhältmandieNullstellender
GleichungvomGrad6.
Folie138:
ÉvaristeGalois
GaloishatdasProblem,NullstellenvonpolynomialenGleichungenzu
finden,allgemeingelöst.Galoisbegannmitetwa15,dieWerkevon
Lagrange,Gauss,Cauchyundandernzustudieren1.Wenigspäter,inden
Jahren1829-31,lösteGaloisdasProblemderAuflösbarkeitdurch
Wurzelausdrücke.
ÜberGaloiskannmanvielnachlesen.DerORFhat2010einenspannenden
BeitragüberGaloisverfasst(DerFallGalois,sieheQuellenangabe).Galois
rebellierteungestümgegenAlthergebrachtes,inderMathematik,im
BildungssystemundimpolitischenLeben.ErkritisiertedieLehrbücher
seinerZeit(siewürdendiegrundlegendenIdeenversteckenhintereiner
MengevonSätzen)unddiemeistenGelehrtenderAkademie,sieseienvor
allemanRuhminteressiert,nichtamFortschrittderWissenschaft,
[ADEFSSWW].ErwarRepublikanerundAnhängerderRevolutionvon
1830undwurdezweimalauspolitischenGründenverhaftet.
DieMathematikwarfürGaloisLebensinhalt.Galoisschrieb,dassdie
kalkülmässigeBehandlungmathematischerFragendenFortschritthemme
([ADEFSSWW]).ErvollzogeineNeuorientierung,dieschliesslichzur
HerausbildungeinesstrukturellenDenkenführte.GaloissahdieAufgabe
derMathematikerinderZusammenfassungderOperationenundderen
KlassifikationnachihrenSchwierigkeitenundnichtnachihrerForm.
SeinerMeinungnachwürdensichdieumfangreichen,bisinsDetail
ausgearbeitetenKalküledannalsSpezialfälleunterordnen,die
kalkülmässigeBehandlungvonProblemenlehnteeralsonicht
grundsätzlichab(Galois,laut[ADEFSSWW]).SeineArbeitenwarendamals
nichtverständlich,daerbestrebtwar,sieausserhalbderdamaligen
Traditionzuformulieren.Heuteweissman,dasserdurchausinder
TraditionvonLagrange,Cauchy,GaussundAbelstand.Erübernahmvon
ihnendieProblemstellungenundauchdieMittelzuderenLösung.
1DieserAbschnittverwendetv.a.dasBuch[ADEFSSWW].
14
Folie139:
Verdienste
SeingrosserVerdienstwares,dieWechselbeziehungzwischenden
körpertheoretischenunddengruppentheoretischenAspektenerkanntzu
haben.ErstandamAnfangeinessichübermehralseinJahrhundert
erstreckendenProzesses.
GaloiskonntenurwenigeseinerResultatepublizieren.ErhatimAltervon
18JahrezweiArbeitenzurAuflösungalgebraischerGleichungenandie
PariserAkademiegeschickt.DieArbeitenwurdeninSitzungenEndeMai
1829vorgelegt,gingendannaberverloren.EineweitereArbeitwurde
1831vonPoissonabgelehnt.Sowarenzunächstnurzwei2seitigeArbeiten
undeineArbeitSurlathéoriedesnombresundderBriefLettreàAuguste
Chevaliervonihmbekannt.Erstum1846erschienendieSchriftenvon
Galois,vonLiouvilleherausgegeben,aufDrängenvonFreundenundvom
BrudervonGalois.DenBriefanChevalierhatteGaloisinderNachtvor
demDuellverfasst,andessenVerletzungenerdannstarb.IndiesemBrief
hatGaloisdiewichtigstenErgebnissenotiert,unteranderemdie
Auflösungstheorie.
GaloisführtinseinenArbeitendieKonzeptedesKörpers(Gebietder
Rationalitätgenannt)undderGruppeein.Erbetont,dassdieBegriffe
ReduzierbarkeitundIrreduzibilitäteinerGleichungnurbezüglicheinem
KörperSinnmachen.Ersagt:„Mankannalsrationalallerationalen
FunktioneneinergewissenAnzahlbestimmterVariablenauffassen,dieals
bekanntvorausgesetztsind.SokannmanzumBeispieleinegewisse
WurzeleinerganzenZahlwählenundalleFunktionendieserWurzelals
rationalauffassen...MitdieserKonventionwerdenwirjedeQuantität
rationalnennen,diealsrationaleFunktionderKoeffizientenderGleichung
undeinergewissenAnzahlvonadjungiertenQuantitätenausdrückbarist.“
DieseadjungiertenQuantitätenbeeinflussendieEigenschafteneiner
GleichungundderSchwierigkeiten,mitihrumzugehen.DieGleichung𝑋 =
‚ ƒ ?>
= 0,𝑝prim,istüberdemKörperℚunlösbar.Wennmanzuℚ„eine
‚?>
WurzelauseinerderHilfsgleichungenvonGaussnimmt,sozerlegtsichdie
GleichunginFaktoren.“
GaloisführtdanndenBegriffderGruppevonSubstitutionenein:
„SubstitutionensindderÜbergangvoneinerPermutationzueiner
andern“.ErformuliertdiefundamentaleEigenschaft,dasswennzwei
Substitutionen𝑆und𝑇inderGruppe𝐺sind,dassdannauch𝑆𝑇drinliegt.
15
Folie140:
Illustration
InseinerArbeitverwendeterals`GebietderRationalität’denKörper
ℚ 𝑎> , … , 𝑎= =: ℚj (die𝑎U sinddieKoeffizientenderursprünglichen
Gleichung𝑓 𝑥 = 𝑥 = + 𝑎> 𝑥 =?> + 𝑎G 𝑥 =?G + ⋯ + 𝑎=?> 𝑥 + 𝑎= = 0).Zu
diesemKörperadjungierterallenotwendigenWurzelnderEins.Die
Gleichung
𝑥 … − 𝑎 = 0
wirdmitWurzelausdrückenlösbar,wennmanzumBereichder
ƒ
RationalitätzumBeispieldieWurzel 𝑎adjungiert.
Folie141:
EntwicklungderGruppentheorieim19.JH
DerBriefvonGaloisanChevalierwurdeimSeptember1832publiziert,er
wurdejedochnichtbeachtet.Erst1846sammeltederberühmte
MathematikerLiouvillealleArtikelvonGalois(aufAnregungderFreunde
unddesBrudersvonGalois)undpubliziertesie,ergänztmit
Kommentaren,inseinerZeitschriftJournaldesmathématiquespureset
appliquées.DamitwurdedieGaloistheoriebekanntgemacht.Bereits1856
findetsicheineeinevollständigeBeschreibungderGaloistheorieineinem
Buch„KursüberhöhereAlgebra“,siewurdealsoTeilderLehrbücher.
NebenGaloishabensichauchandereMathematikerderZeit
gruppentheoretischeMethodenverwendet,zurZeitderPublikationder
ArtikelvonGaloiswarenbereitseinigeSätzederGruppentheoriebekannt.
ZumBeispielindenResultatenvonLagrange.AucheinigevonEulers
BeweiseninderZahlentheorieweiseneinengruppentheoretischen
Charakterauf.InseinenDisquisitionesArithmetica(1801)hatGausseine
VerknüpfungvonbinärenquadratischenFormeneingeführtunddamitdie
VerknüpfungaufObjekteangewandt,dieganzandersalsZahlensind.
Folie142:
BinärequadratischeFormen
EinebinärequadratischeisteinAusdruckderForm
𝑓 𝑥, 𝑦 = 𝑎𝑥 G + 2𝑏𝑥𝑦 + 𝑐𝑦 G mit𝑎, 𝑏, 𝑐 ∈ ℤ.Gaussnennt𝐷 = 𝑏 G − 𝑎𝑐dieDiskriminanteder
quadratischenForm.EinewichtigeFragefürFermat,EulerundLagrange
wares,denBereichderquadratischenFormzubestimmen,d.h.dieMenge
𝑀derganzenZahlen,sodassfürjedeganzeZahl𝑁 ∈ 𝑀zweiganzeZahlen
𝑥j , 𝑦j existierenmit
𝑁 = 𝑎𝑥jG + 2𝑏𝑥j 𝑦j + 𝑐𝑦jG 16
FermatbeispielsweiseerhieltdazufrühschonResultate:Ersagt,dassfür
𝑎 = 1,𝑏 = 0und𝑐 = 1(alsofür𝑥 G + 𝑦 G )derBereichallePrimzahlender
Form4𝑛 + 1enthältundkeinePrimzahlderForm4𝑛 + 3,dassder
Bereichvon𝑥 G + 2𝑦 G allePrimzahlenderForm8𝑛 + 1,8𝑛 + 3enthält,
aberkeinederForm8𝑛 + 5oder8𝑛 + 7.
Lagrangenotiert,dass,falls𝑁durcheinesolchebinärequadratischeForm
𝑓 𝑥, 𝑦 wieobendarstellbarist,soauchdurchdieForm𝑓′,diemandurch
dieSubstitution
𝑥 = 𝛼𝑥 v + 𝛽𝑦′
𝑦 = 𝛾𝑥 v + 𝛿𝑦′
wobei𝛼, 𝛽, 𝛾, 𝛿beliebigeganzeZahlensindmit𝛼𝛿 − 𝛽𝛾 = ±1.Indiesem
FallgibteseineSubstitution,dieinverszurobigenist,die𝑓′in𝑓
transformiert.Mansagt,𝑓und𝑓′seienäquivalent.Ist𝛿 − 𝛽𝛾 = 1,sonennt
einesolcheSubstitutioneineunimodulareSubstitution.Gaussnanntezwei
Formen𝑓, 𝑔,diedurcheineunimodulareSubstitutionineinander
übergehen,striktäquivalent.
Folie143:
Verknüpfungbinärerquadr.Formen(12.VO)
DieVerknüpfung,dieGaussaufdenbinärenFormendefinierte,kannman
sobeschreiben:Sind𝑎, 𝑏, 𝑐und𝑎v , 𝑏 v , 𝑐′die(ganzzahligen)Koeffizienten
derbeidenbinärenquadratischenFormen𝑓, 𝑓′mitdergleichen
Diskriminante𝐷,sokannmanihreVerknüpfung 𝑓 ⊕ 𝑓 v 𝑥, 𝑦 = 𝐴𝑥 G +
2𝐵𝑥𝑦 + 𝐶𝑦 G wiefolgtfinden(Quelle:Wikipedia,
https://de.wikipedia.org/wiki/Binäre_quadratische_Form):
1. Essei𝑛 = 𝑔𝑔𝑇(𝑎, 𝑎v ,
Œ/Œ •
G
)
2. Manbestimme𝑡, 𝑢, 𝑣 ∈ ℤmit𝑛 = 𝑎𝑡 + 𝑎v 𝑢 + (
3. Manberechne𝐴: =
4. Manberechne𝐵: =
•• •
=•
Œ/Œ •
G
)𝑣
•Œ • ‘/• • Œ’/
˜ • ?™
=
“ ””• •–
•
5. Manberechne𝐶 ≔
Kš
(Dabeibestimmtman𝑛, 𝑡, 𝑢, 𝑣nachdemerweitertenEuklidischen
Algorithmus).(AlgorithmusproduziertnichteineeindeutigeForm,siehe
etwaG.Pall,Kapitel4.Mankannmitreduzierten𝑓und𝑓′arbeiten,das
Resultat𝑓 ⊕ 𝑓′istdannabernichtautomatischreduziert).AlsBeispiel:
Aufgabe1amEndevomKapitel.
GausshatdieseVerknüpfungvonquadratischenbinärenFormenaufden
striktenÄquivalenzklassendefiniert,erhatgezeigt:Ist𝑓9 = 𝑓> ⊕ 𝑓G und
sind𝑓> ∼ 𝑔> und𝑓G ∼ 𝑔G und𝑔9 = 𝑔> ⊕ 𝑔G sogilt𝑔9 ∼ 𝑓9 .Erhatdannalso
17
mitdenÄquivalenzklassengerechnet.ErhateinneutralesElementfür
dieseOperation(aufdenbinärenquadratischenFormenmiteinerfest
gewähltenDiskriminante𝐷)gefunden:ist𝐸dieKlassevon𝑥 G − 𝐷𝑦 G ,so
giltfürjedebeliebigeKlasse𝐾(mitDiskriminante𝐷)folgendes:
𝐾 ⊕ 𝐸 = 𝐸 ⊕ 𝐾 = 𝐾
Erhatauchgezeigt,dassdieseVerknüpfungassoziativundkommutativist.
(sieheaucheditor’snotes,Seiten127/128in[BS])
Folie144:
Permutationsgruppen
EineweitereForschungsrichtungwardasStudiumder
Permutationsgruppen.BereitsLagrangehattegezeigt,dassdieOrdnung
einerUntergruppe𝐻dersymmetrischenGruppe𝑆= einTeilervon𝑛!ist
(sieheSatzvonLagrange).1815erschienCauchys„Mémoiresurle
nombredevaleursqu’unefonctionpeutacquérirlorsqu’onypermutede
touteslesmanièrespossiblelesquantitésqu’ellerenferme“.UmdieAnzahl
derWertezubestimmen,dieeinerationaleFunktion𝑓(𝑥> , 𝑥G , … , 𝑥= )
einnehmenkannunterallenmöglichenPermutationenihrerEinträge,
beganner,dieTheoriederGruppenvonPermutationensystematischzu
begründen.EswardasersteMal,dasssolcheGruppenalsunabhängiges
Objektstudiertwurden.CauchyschriebPermutationeninMatrixnotation
𝑎 𝑏 𝑐 … 𝑙
als
oderkurzeinfach ˜š .ErführteeineVerknüpfung
𝛼 𝛽 𝛾 … 𝜆
𝐴 𝐵
𝐴
=
𝐵 𝐶
𝐶
einundzeigt,dass šš dieIdentitätist.MitdiesemArtikelbeginntdie
EntwicklungderGruppentheorie(auchwennCauchydenBegriff„Gruppe“
nochnichteingeführthatte).EinigedererstenResultate:
Cauchyzeigte(inobigemArtikelvon1815),dassjedenichtsymmetrische
Funktionin𝑛Variablen,diewenigerals𝑝Werteannimmt,für𝑝die
grösstePrimzahlmit𝑝 ≤ 𝑛,genau2Werteannimmt.
Bertrandzeigte,dassdieGruppe𝑆= für𝑛 > 4keineUntergruppenhatvon
Index> 2und< 𝑛.
Cauchyhatzwischen1844und1846folgendeswichtigeResultatgezeigt:
IstdieOrdnungeinerPermutationsgruppeteilbardurchdiePrimzahl𝑝,so
enthältsieeineUntergruppederOrdnung𝑝.
SylowhatdiesesResultat1872verallgemeinert:istdieOrdnungeiner
Gruppeteilbardurch𝑝B ,soenthältsieeineUntergruppederOrdnung𝑝B .
DieserSatzistheutealsderersteSylowsatzbekannt.
18
Folie145:
InRichtungGruppentheorie
EinWendepunktinderEntwicklungderGruppentheoriewardie
PublikationderArbeitenvonGalois1846.SohatJordandamit
angefangen,KommentarezudensehrkurzgehaltenenArbeitenvonGalois
zuschreiben.SeinArtikelTraitédessubstitutionsetdeséquations
algébriques(Paris,1870)wareineZusammenfassungderArbeitvon
Galois.EswardieerstevollständigeundsystematischeDarstellungder
TheorievonSubstitutionsgruppenundvonAnwendungeninder
Geometrie,inderTheorievonelliptischenFunktionenundinderAlgebra.
JordanhatkeineallgemeineDefinitionvonGruppenbenutzt.Ersagte,ein
„SystemvonPermutationenbildeeineGruppeodereineGarbe/einBündel
(faisceau),fallsdasProduktvonzweibeliebigenPermutationenimSystem
auchzumSystemgehöre“.DasistdieAbgeschlossenheitunterder
Operation-damithatereineHalbgruppedefiniert.AlsBeispielhater
jedochdieGruppederPermutationengebrauchtunddamitimGrunde
genommendieTheorievonendlichenGruppenentwickelt.Erführte
BegriffefürnormaleUntergruppen(„singuläreUntergruppen“),für
einfacheGruppen,fürHomomorphismen(„meriedrischer
Isomorphismus“)undIsomorphismen(„holoedrischerIsomorphismus“–
„holo“von„ganz“?).Jordanzeigte,dassdieRestklasseneinerGruppe
bezüglicheinernormalenUntergruppeaucheineGruppebilden(eine
Quotientengruppe).SchliesslichführeerdasKonzeptder
Kompositionsreihenein:Ist𝐺eineGruppe,sofindetmaneineKettevon
Untergruppen
𝐺 ⊃ 𝐺> ⊃ ⋯ ⊃ 𝐺¢ ⊃ 𝑒
vonUntergruppen,wobeijeweils𝐺U/> normalistin𝐺U .EinesolcheKette
heisstKompositionsreihe.Jordanhatgezeigt,dassfüreineGruppe𝐺je
zweiKompositionsreihendiegleicheAnzahlTermehatunddassdie
Quotientengruppen𝐺U /𝐺U/> derbeidenReihendiegleichenAnzahl
Elementehaben(manmusssieallenfallsumnummerieren).
Hölderhatdann1889gezeigt,dassdieGruppen𝐺U /𝐺U/> indenzwei
Reihenisomorphsind(nachUmordnen,fallsnötig).
Cayleyhat1854dannGruppenabstrakteingeführt,ineinerArbeitOnthe
TheoryofGroups,asDependingontheSymbolicEquation𝛩 = = 1.Er
verlangte,dassdieGruppenoperationassoziativist,
𝛼𝛽 𝛾 = 𝛼(𝛽𝛾)
sollegeltenfüralle𝛼, 𝛽, 𝛾ausderGruppe.Erverlangteauch,dassdie
MultiplikationjedesGruppenelementsmiteinemfesten(beliebigen)
GruppenelementalleGruppenelementeergebensolle.Darausergibtsich,
dass𝛼𝑥 = 𝛽und𝑦𝛼 = 𝛽eindeutiglösbarsindfürjedesPaar𝛼, 𝛽von
Gruppenelementen.
19
Folie146:
Multiplikationstafel
CayleyhatseineDefinitionmiteinerGruppen-Multiplikationstafel
illustriert.
⋅
1
𝛼
𝛽
𝛾
…
1 1
𝛼
𝛽
𝛾
…
G
𝛼 𝛼 𝛼 𝛽𝛼 𝛾𝛼 …
𝛽 𝛽 𝛼𝛽 𝛽 G 𝛾𝛽 …
𝛾 𝛾 𝛼𝛾 𝛽𝛾 𝛾 G …
… … …
…
… …
Manbeachte,dassjedeZeileundSpaltejedesGruppenelemententhält.
Ausserdem:dieGruppenoperation⋅mussnichtkommutativsein,alsosind
𝛼𝛾und𝛾𝛼imAllgemeinenverschieden!
DiefrühenBeispielevonGruppen,dieCayleygab,warenallesendliche
Gruppen,ergabsiemitMultiplikationstafelnunddurchErzeugendeund
Relationen.Erzeigte,dasseszweiverschiedene(wirsagenheute„nichtisomorphe“)GruppenderOrdnung4gibt,zweiderOrdnung6,5der
Ordnung8.Erzeigteauch,dassdieeinzige2GruppevonPrimzahlordnung
𝑝diezyklischeGruppe
{1, 𝛼, 𝛼 G , … , 𝛼 …?> }
ist.CayleysabstrakteFormulierungdesGruppenkonzeptswarbeeinflusst
durchdieenglischeSchuledersymbolischenAlgebra,dieinden1830ern
entstandenwar.Ihrgehörtenz.B.BooleundHamiltonan(siehe[BS,
KapitelIX]).CayleysIdeenwurdennichtallgemeinakzeptiert.Sohatetwa
Jordan1870ausschliesslichmitGruppenvonPermutationengearbeitet.
ErleichtertwurdederZugangzurabstraktenGruppentheoriewomöglich
durchCayleysArbeitThetheoryofgroups:Graphicalrepresentation
(1878).KurzdaraufführtvonDyckdenBegriffderfreienGruppeein,
derenElementeWortederForm𝐴¨ 𝐵 B 𝐶 © …ineinerReihevonSymbolen
𝐴, 𝐵, 𝐶, …sind.DieallgemeinanerkannteAxiomatikderGruppentheorie
wurdevonWeberimerstenBandeinesdrei-bändigenWerkesLehrbuch
derAlgebraeingeführt.LangeZeitwardiesesBuchdasStandardwerkder
Algebra.
Folie147:
SiegeszugderGruppentheorie
DasKonzepteinerGruppe–einesderwichtigstenindermodernen
Mathematik–entstandallmählichausdenForschungeninderAlgebraund
derZahlentheorie.DerFortschrittinAlgebra,Analysis,Geometrie,
2BisaufIsomorphie
20
MechanikunddertheoretischenPhysikverdanktderIdeederGruppeund
zugehörigenMengenvonInvariantensehrviel.ImFolgendeneineListe
einigerderMeilensteinedieserEntwicklungen.
1. 1870hatJordanalleendlichenRotationsgruppenim
3dimensionalenRaumklassifiziert.Fürdielinearen
Differentialgleichungenhaterab1871inAnalogiezurGaloistheorie
eineTheorieentwickelt,inderdieRollederGaloisgruppeeiner
algebraischenGleichungdurchdieMonodromiegruppeder
Differentialgleichunggespieltwird.PicardhatdieseTheorie
vervollständigt.
2. InseinemErlangerProgrammhatKlein1872Gruppeninder
KlassifikationvonGeometrienverwendet.
3. PoincaréführtdasKonzeptderFundamentalgruppeinden1880ern
indieTopologieein,Poincaré,AleksandrovundKolmogorov
definierenHomologiegruppen.
4. Inden1880ernführtPoincaréGruppeninderAnalysisein,umeine
derwichtigstenKlassevonFunktionenzustudieren,die
automorphenFunktionen.KleinundSchwarzgehenähnlichvor.
5. LieundKleinfangenan,dieTheoriederstetigenGruppenzu
definieren.IhreRolleinderTheoriederpartiellen
DifferentialgleichungenistanalogzuderRollevon
PermutationsgruppeninderGaloistheorie.
6. JordanbetrachteteschondieTheoriederDarstellungenvon
GruppendurchMatrizen,einesehrfruchtbareIdeefürdieweitere
entwicklungderAlgebra.Inden1890ernhabenMolinund
FrobeniuseineallgemeineTheoriederDarstellungenvonGruppen
entwickelt.
7. HarmonischeAnalysis(Differential-undIntegralrechnungmit
topologischenGruppen)wurdeanfänglichvonWeylentwickelt,
dannvonPontrjagin.
BaldwurdenGruppeninderPhysikbetrachtet.Kristallographie–
KlassifikationvonKristallen.Quantenphysik.
Folie148:
Aufgaben
1. Seien𝑓 𝑥, 𝑦 = 𝑥 G + 𝑦 G und𝑓′ 𝑥, 𝑦 = 𝑥 G + 2𝑥𝑦 + 2𝑦 G .Manrechne
zunächstnach,dass𝑓undvon𝑓′diegleicheDiskriminantehaben,
unddasssiegleich-1ist.Dannberechnemannachdem
AlgorithmusvonGauss(einenRepräsentantfür)dieForm𝑓 ⊕ 𝑓′
undihreDiskriminante.
21
2. WennmanalsGruppe𝐺 = ℤdieganzenZahlennimmt,soistjede
UntergruppeeinNormalteiler(daℤkommutativist).Die
UntergruppenvonℤsinddieMengenderVielfachenvoneiner
gegebenenZahl,also𝑚ℤ(𝑚 ≥ 0).Manschauesichℤ/6ℤanund
überzeugesich,dassdaseineGruppeist–dassℤ/6ℤeinneutrales
Elementhat,dassdasHalbgruppenkriteriumvonJordangiltund
dassjedesElementein(additives)Inversesbesitzt.
3. ([K],Aufgabe2,Seite759).FürdiePrimzahl𝑝 = 7berechnemanfür
jedeganzeZahl1 < 𝑎 < 𝑝denkleinstenExponenten𝑚mitder
Eigenschaft,dass𝑎¢ ≡ 1(modulo7).
4. ([K],Aufgabe2,Seite759).Essei𝑝primund0 < 𝑎 < 𝑝,essei𝑚der
kleinsteExponentmit𝑎¢ ≡ 1(modulo𝑝).Manzeige,dass𝑚ein
Teilervon𝑝 − 1ist.
22
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