3 Der Begri des diskreten W Raumes

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Der Begri des diskreten WRaumes
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Der Begri des diskreten W
Raumes
In diesem Abschnitt wird der Begri des diskreten WRaumes Überblick
eingeführt. Diskrete WRäume sind durch einen endlichen bzw.
abzählbar unendlichen, also einen diskreten Ausgangsraum gekennzeichnet. Der zentrale Begri ist der des WMaÿes
für das die σ Additivität gefordert wird. Mit Hilfe der W
Funktion läÿt sich über einem diskreten Ausgangsraum eindeutig ein WMaÿ festlegen.
Mit den in Abschnitt 2 gegebenen Motivierungen als
Hintergrund geben wir die Denition des diskreten W
Raumes.
3.1 Denition
Das Tripel (Ω, P(Ω), P ) heiÿt diskreter WRaum,
wenn
• Ω eine nichtleere, endliche oder abzählbare,
also diskrete Menge, und
• P : P(Ω) → R eine Abbildung der Potenzmenge P(Ω) von Ω (Menge aller Teilmen-
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gen) in die reellen Zahlen mit folgenden Eigenschaften ist:
(3.1.1)
P (A) ≥ 0
gativität)
(3.1.2)
P (Ω) = 1
heit)
(3.1.3)
für jede Folge (An ) paarweise fremder
Mengen aus P(Ω) gilt:
X X
P
An =
P (An )
(σ Additivität)
n∈N
(A ⊂ Ω)
(Nichtne(Normiert-
n∈N
(lies: SigmaAdditivität)
Ω heiÿt Ausgangsraum, P(Ω) Ereignissystem (Menge der Ereignisse), P ein (diskretes) WMaÿ, wobei, falls eine Präzisierung gewollt ist, das Ereignissystem bzw. der Ausgangsraum mitgenannt wird, also:
(diskretes) WMaÿ auf P(Ω) über Ω.
3.2 Bemerkungen
3.2.1 Die Teilmengen des Ausgangsraumes
Ω heiÿen Ereignisse. P (A) verstehen wir
Der Begri des diskreten WRaumes
als die Wahrscheinlichkeit des Ereignisses A oder in der Sprache des
als intuitiver Hintergrund dienenden
Zufallsexperimentes als die Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein zufällig
durch (Messung oder Beobachtung)
gemäÿ (dem WGesetz) P zustandegekommenes ω̄ ∈ Ω ein Element der
Menge A ist, d.h., dass ω̄ ∈ A gilt.
Man spricht von ω̄ im Sinne einer auÿermathematischen Begrisbildung als von einer Realisation gemäÿ (dem
WGesetz) P .
Zur empirischen Überprüfung, ob es sich
bei vorgegebenen Realisationen um solche
gemäÿ P handelt, vgl. Exp. 15.1 .
3.2.2 Beachten Sie: P ist keine Abbildung der
Menge Ω sondern der Menge P(Ω) in R;
d.h. den Teilmengen von Ω werden reelle Zahlen zugeordnet. Man spricht deshalb
von P als von einer Mengenfunktion.
3.2.3 Gilt für A ∈ P(A)
P (A) = 0 bzw. P (A) = 1 ,
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so spricht man von A als von einer PNullmenge
bzw. von einer PEinsmenge.
∅ ist stets eine Nullmenge; ebenso ist Ω stets eine Einsmenge.
Wir begnügen uns für den Moment mit einem ersten
Beispiel für ein WMaÿ, nämlich dem PunktWMaÿ.
Dieses liefert auch prototypisch Beispiele für nichttriviale Null und Einsmengen. Die Denition des Punkt
WMaÿes ist nicht auf diskrete Ausgangsräume beschränkt.
3.3 PunktWMaÿ
Sei ω ∈ Ω. Dann heiÿt δω : P(Ω) → [0; 1] mit
(
1, falls ω ∈ A
(A ⊂ Ω)
δω (A) :=
/A
0, falls ω ∈
das PunktWMaÿ in ω ; man spricht auch vom
DiracMaÿ in ω .
Oenbar ist die gesamte Masse in ω konzentriert. Gilt
ω ∈ A für ein A ⊂ Ω, so nimmt δω (A) den Wert 1 an,
d.h., A ist eine Einsmenge. Trit ω ∈ A nicht zu, so
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nimmt δω (A) den Wert 0 an; d.h., A ist eine Nullmenge. Machen Sie sich klar, dass δω ein WMaÿ ist, wozu
Sie sich insbesondere die σ Additvität überlegen.
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3.4 Folgerungen
3.4.1
P (∅) = 0,
3.4.2
P (A + B) = P (A) + P (B) (A, B ⊂
Ω, A
∩
B
=
∅),
(Additivität von P )
3.4.3
P (Ac ) = 1 − P (A)
(A ⊂ Ω),
3.4.4
P (B \ A) = P (B) − P (A)
Ω , A ⊂ B),
3.4.5
A ⊂ B =⇒ P (A) ≤ P (B),
3.4.6
P (A) ≤ 1
(A, B ⊂
(A ⊂ Ω).
Beweis:
3.4.1
Aufgrund von (3.1.2) und (3.1.3) erhält man
1 = P (Ω) = P (Ω+∅+ . . . ) = P (Ω)+∞·P (∅) ,
3.4.2
also ∞·P (∅) = 0; woraus mit (1.5.3) P (∅) =
0 folgt.
Wegen (3.1.3), 3.4.1 und 3.4.6 ist
P (A+B) = P (A+B+∅+ . . . ) = P (A)+P (B)+0+ . . . = P (A
(Oenbar zieht die σ Additivität von P im
Falle von endlich vielen nichtleeren Mengen
die Additivität von P nach sich.)
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3.4.3
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Wegen (3.1.2) und 3.4.2 gilt
1 = P (Ω) = P (A + Ac ) = P (A) + P (Ac ) .
3.4.4
Für A ⊂ B gilt B = (B \ A) + A und somit
aufgrund von 3.4.2
P (B) = P (B \ A) + P (A) .
3.4.5
3.4.6
Ist eine Konsequenz aus 3.4.4 zusammen
mit (3.1.1).
Ergibt sich als Spezialfall von 3.4.5 mit B :=
Ω.
3.5 Bemerkung
Das WMaÿ ist als eine Abbildung P : P(Ω) → R
eingeführt worden, d.h., es ordnet jeder Teilmenge
von Ω eine reelle Zahl zu.
Das diskrete WMaÿ P ist aber schon festgelegt,
wenn die Wahrscheinlichkeitswerte P {ω} für
alle ω ∈ Ω bekannt sind. Wegen der σ Additivität
von P und der Abzählbarkeit von Ω gilt für alle A ⊂ Ω
(3.5.1)
P (A) = P
X
{ω}
ω∈A
=
X
ω∈A
P {ω} .
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(Beachten Sie, dass die Summe im Rechtsterm von
(3.5.1) sowohl endlich viele als aber auch abzählbar
unendlich viele Summanden aufweisen kann, vgl. auch
Beweis zu (3.4.2).)
3.6 Denition
Sei Ω eine nichtleere, diskrete Menge.
3.6.1 Eine Funktion w : Ω → P
[0; 1] heiÿt W
Funktion (auf Ω), wenn ω∈Ω w(ω) = 1
gilt, wobei bei der Summation im Falle
der Abzählbarkeit von Ω der Wert der
entsprechenden nichtnegativen Reihe
gemeint ist.
3.6.2 Ist P ein WMaÿ über Ω, so heiÿt die durch
w(ω) := P {ω}
(ω ∈ Ω)
denierte Abbildung w : Ω → [0; 1] die W
Funktion von P .
3.7 Satz
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Eine WFunktion w : Ω → [0; 1] deniert eindeutig ein
WMaÿ P auf P(Ω) bzw. über Ω. Es gilt
X
(3.7.1)
P (A) =
w(ω)
(A ⊂ Ω) .
ω∈A
3.8 Diskrete WMaÿe über überabzählbaren Ausgangsräumen
Gelegentlich ist es sinnvoll ein diskretes WMaÿ
über einem überabzählbaren Ausgangsraum, z.B.
über R, zu betrachten. Dabei ist man, z.B. im Zusammenhang mit WFunktionen, auf das Problem geführt,
über überabzählbar viele Summanden summieren zu müssen.
Ist P ein diskretes WMaÿ über einem überabzählbaren Ausgangsraum Ω0 , so kann dies ja nur heiÿen, dass
eine abzählbare Menge Ω, Ω ⊂ Ω0 , als Ausgangsraum
existiert, über der P deniert ist.
In einem Summenbildungsprozeÿ werden auch
ohne expliziten Hinweis nur solche Summanden
miteinbezogen, die durch Elemente von Ω indiziert sind, Summanden, die mit Elementen aus Ω0 \ Ω
indiziert sind, entfallen. Freilich kann anstelle von Ω
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auch eine geeignete, abzählbare Obermenge D ⊂ Ω0
von Ω treten.
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