5.9.1 - FernUni Hagen

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Zufallsvariable und Verteilungen im diskreten Fall 53
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Zufallsvariable und Verteilungen im diskreten Fall
Eine Zufallsvariable (ZV) ist eine auf dem Ausgangsraum Überblick
eines diskreten WRaumes denierte Abbildung. Die ihr zugeordnete Urbildabbildung erlaubt es mit Hilfe des W
Maÿes über dem Urbild (Ausgangs)raum Wahrscheinlichkeiten für Ereignisse im Bildraum zu bestimmen.
Das Gesagte führt zum Begri des Bildmaÿes oder synonym
zum Begri der Verteilung einer ZV.
Unter einer gemeinsamen Verteilung versteht man das Bild
eines WMaÿes unter einer vektorwertigen ZV.
Neben einem (diskreten) WRaum sollen in der Folge auf dem Ausgangsraum eines WRaumes denierte
Abbildungen betrachtet werden. Die dabei in der Stochastik herausgebildete Namensgebung Zufallsvariable nimmt man im Falle eines diskreten WRaumes
zweckmäÿigerweise als Bezeichnung für Abbildung zur Kenntnis.
5.1 Denition
Sei (Ω, P(Ω), P ) ein diskreter WRaum und Ω0 eine
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abzählbare Menge. Dann heiÿt die Abbildung
X : Ω −→ Ω0
eine (diskrete) Ω0 Zufallsvariable (Ω0 ZV).
Ist der Bildraum überabzählbar,
Ω0 = R oder Rn , so
wird
X
z.B. im Falle von
X(Ω)
als Abbildung in
oder in eine geeignete, abzählbare Obermenge
D, X(Ω) ⊂ D ⊂ Ω0 , aufgefasst.
Gilt für eine diskrete ZV X insbesondere X(Ω) ⊂ R,
so sprechen wir von einer reellen ZV.
Zur Betrachtung von ZVen ist man durch die Idee des
Transportes von WMaÿen geführt.
Ist A0 ein Ereignis des Bildraumes, also eine Teilmenge
von Ω0 , so geht es darum aufgrund des WMaÿes P des
Urbild(ausgangs)raumes Ω mit Hilfe einer ZV X dem
Ereignis A0 eine Wahrscheinlichkeit zuzuweisen.
Dazu betrachtet man die Gesamtheit der Punkte in Ω, die vermöge der ZV X in A0 abgebildet werden. Dieses Urbild von A0 bei X läÿt sich
durch das WMaÿ P über Ω ausmessen .
Das Gesagte gibt Anlass zur Denition der Urbildabbildung.
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5.2 Denition
Sei T : Ω → Ω0 eine beliebige Abbildung von Ω in Ω0 .
Dann heiÿt die Abbildung
T −1 : P(Ω0 ) −→ P(Ω) ,
deniert durch
T −1 (A0 ) := ω ∈ Ω | T (ω) ∈ A0
A0 ∈ P(Ω0 ) ,
die zu T zugehörige Urbildabbildung; T −1 (A0 ) heiÿt
das Urbild von A0 (bei T ).
5.3 Warnung
T −1 (A0 ) schreibt man auch
möglicherweise auch irreführend)
Für
verkürzt
(und
T −1 (A0 ) =: {T ∈ A0 }
bzw. für ω 0 ∈ Ω0
T −1 {ω 0 } =: {T = ω 0 } .
{T ∈ A0 }
und
{T = ω 0 }
sind Kürzel logisch in-
terpretiert führen diese zu Missverständnissen.
Deshalb sollten diese Kürzel wenn sie nicht durch
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den Schreibaufwand erforderlich werden nach Möglichkeit unterdrückt werden.
Unterscheiden Sie die Urbildabbildung von der (nur)
für bijektive Abbildungen erklärten Umkehrfunktion!
Die zu T zugehörige Urbildabbildung T −1 weist eine
Reihe von Eigenschaften auf, von denen in Satz 5.4
vier wichtige aufgelistet sind.
5.4 Satz
Sei T : Ω → Ω0 eine Abbildung. Weiter seien A0 , B 0 ⊂
Ω0 sowie (A0i | i ∈ I) eine Mengenfamilie in Ω0 . Dann
gelten:
5.4.1
5.4.2
5.4.3
5.4.4
T −1 (∅) = ∅ ,
c
T −1 (A0 )c = T −1 (A0 ) und daher
auch T −1 (Ω0 ) = Ω,
S
S
−1
(A0i ) = T −1 ( i∈I A0i ),
i∈I T
P
P
−1
(Ai ) = T −1 ( i∈I Ai ).
i∈I T
P
Das Zeichen
meint hier die disjunkte Vereinigung,
d.h., die Vereinigung von disjunkten Mengen.
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Mit dem folgenden Satz wird der Begri des Bildmaÿes begründet.
5.5 Satz
Seien (Ω, P(Ω), P ) ein diskreter WRaum, Ω0 eine diskrete Menge und X eine Ω0 ZV. Durch
(5.5.1)
P 0 (A0 ) := P X −1 (A0 )
(A0 ⊂ Ω0 )
wird ein WMaÿ auf Ω0 festgelegt.
Beweis:
Oenbar gilt P 0 (A0 ) ≥ 0 (A0 ⊂ Ω0 ). Aufgrund von 5.4.1
bzw. 5.4.2 ist P 0 (∅) = 0 bzw. P 0 (Ω0 ) = 1.
Ist dann (A0n ) eine Folge paarweise disjunkter Mengen
aus Ω0 so folgt aufgrund der σ Additivität von P
P
0
∞
X
A0n
= P X
−1
n=1
∞
X
A0n
=
n=1
P
∞
X
∞
X
X −1 (A0n )
P X −1 (A0n ) =
n=1
=
∞
X
n=1
P 0 (A0n ) ,
n=1
d.h., P ist σ additiv und damit ein WMaÿ auf Ω0 .
0
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5.6 Denition (Bildmaÿ)
Seien (Ω, P(Ω), P ) ein diskreter WRaum, Ω0 eine diskrete Menge und X eine Ω0 ZV.
Das durch 5.4.1 über Ω0 denierte WMaÿ heiÿt das
Bildmaÿ PX von P (bei X ) oder die Verteilung
von X (bez. P ); es gilt
(5.6.1)
PX (A0 ) := P (X −1 (A0 ))
(A0 ∈ P(Ω0 ))
5.7 Sprechweisen
5.7.1 Liegt eine WFunktion der Verteilung
X vor, so spricht man
von der WFunktion der
(Bildmaÿ) der ZV
kurzerhand
ZV
5.7.2
X.
Bildmaÿ und Verteilung meinen grundsätzlich gesehen dasselbe. Allerdings be-
deuten unterschiedliche Sprechweisen oft eine unterschiedliche Akzentsetzung. Spricht
man von der Verteilung von X , so meint
dies oftmals, dass man sich mit der Kenntnis des Bildmaÿes von X zufrieden gibt.
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Der Begri der Verteilung bzw. des Bildmaÿes und damit auch der der Urbildabbildung, wird in Experiment
5.1 thematisiert.
5.8 Die Realisation einer ZV als auÿermathematisches Konzept
Sei X : (Ω, P(Ω), P ) → (Ω0 , P(Ω0 )) eine ZV, A ∈
P(Ω) und ω̄ ∈ Ω eine Realisation gemäÿ P ; d.h. im
Sinne einer auÿermathematischen Deutung steht P (A)
für die Wahrscheinlichkeit, dass ω̄ ∈ A gilt, vgl. 3.2.1 .
Dann ist x̄ := X(ω̄) entsprechend eine Realisation
gemäÿ PX ; d.h. für ein A0 ∈ P(Ω0 ) steht PX (A0 )
für die Wahrscheinlichkeit, dass x̄ ∈ A0 gilt.
Anstatt 'x̄ ist eine Realisation gemäÿ PX ' sagt
man auch: 'x̄ ist eine Realisation von X ' .
5.9 Gemeinsame Verteilung
Seien (Ω, P(Ω), P ) ein WRaum, Xi Ωi ZVen, i =
1, . . . , n und X = (X1 , . . . , Xn ) die Produktabbildung. Dann heiÿt die Verteilung von X bez. P die
gemeinsame Verteilung der Xi , i = 1, . . . , n.
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Es gilt
PX
n
× Ai
i=1
=
1
(5.9.1)
=
2
=
3
n
P {ω ∈ Ω |X(ω) ∈ × Ai }
i=1
P
P
ω ∈ Ω | X1 (ω) ∈ A1 , . . . , Xn (ω) ∈ An
n
\
Xi−1 (Ai )
(Ai ⊂ Ωi , i ∈ Nn ) .
i=1
Zu 1: Nach Def. des Bildmaÿes.
Zu 2: Nach Def. der Produktabbildung, vgl. 1.3, bzw. des
kartesischen Produktes, vgl. 1.2 .
Zu 3: Die Auistung mit Komma meint 'und', was mengentheoretisch zur 'Durchschnitts'bildung führt.
Nach Def. der Urbildabbildungen Xi−1 , i = 1, . . . , n .
Die gemeinsame Verteilung zweier ZVen wird im Experiment 5.2 illustriert. Zur Darstellung nutzen wir die
Möglichkeiten der diskreten Theorie und basieren auf
den Einpunktmengen des Bildraumes, vgl. (3.5.1).
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