Feldprägende Seme und kollokative Regularitäten als

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Ζ. Phonetik, Sprachwiss. u. Kommunik.-Forsch. (ZPSK) 87 (1984) 2, Ι β β - 1 7 2
LUDWIG
WTLSKE
Feldprägende Seme und kollokative Regularitäten als Aufbauprinzipien
funktional-kommunikativer Felder
Pe3M)Me
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Bevor wir im folgenden auf die Rolle eingehen, die feldprägende Seme und kollokative Regularitäten bei der Konstituierung funktional-kommunikativer Felder
(im weiteren F K F ) spielen können, müssen einige grundsätzliche Bemerkungen zum
sprachlichen Feld und zur Vorstellung von F K F vorausgeschickt werden. YV ir gehen
zunächst davon aus, daß die Wertung wissenschaftsgeschichtlicher Zusammenhänge
der Feldtheorie ( G . F. M E I E R , W . B A H N E R , K. G A B K A , U . R I C K E N , Th. S C H I P P A N )
und die kritische Analyse der klassischen Feldtheorien in der sowjetischen Linguistik
(vgl. L. W R L S K E , 1978a) ausreichende Argumente erbracht haben, um lange Zeit
vorherrschende Vorbehalte gegen die sprachliche Feldtheorie auszuräumen. Dies
gilt unter der Voraussetzung, daß wir uns von bestimmten einseitigen Vorstellungen
von sprachlichen Feldern, so z.B. ihrer Lückenlosigkeit in bezug auf die Abdeckung
von Sinnbezirken, ihrer inneren Strukturierung mit strengen Binnen- und Außengrenzen und ihrer Eindimensionalität trennen. Damit werden f ü r klassische Feldtheorien
wesentliche Eigenschaften sprachlicher Felder negiert und sprachliche Felder werden
zu Teilbereichen des Sprachsystems, „. . . die seine Elemente je nach den Kriterien
ihrer Konstituierung in unterschiedlicher Anordnung erfassen." ( W . S C H M I D T ,
1982, 5). Dieser allgemeinen Bestimmung des sprachlichen Feldes lassen sich sowohl
Wort- bzw. Bedeutungsfelder, und syntaktische Felder als auch integrale, sprachliche
Mittel verschiedener Strukturebenen vereinigende lexikalisch-grammatische Felder
bzw. funktional-semantische Felder und funktional-kommunikative Felder unterordnen. Suchen wir nach positiven Bestimmungsmerkmalen für diesen weitgefaßten
Begriff vom sprachlichen Feld, dann treten als allgemeinste gemeinsa me Eigenschaften
der o. g. sprachlichen Felder fließende Binnen- und Außengrenzen und gegenseitige
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"Überlappungen bzw. Wechselwirkungen hervor, die sich in Bedeutungsfeldern
-ebenso wie in funktional-semantischen Feldern überzeugend nachweisen lassen. Die
bei jeder empirischen Analyse mit aller Deutlichkeit hervortretenden fließenden
Grenzen und Überlappungen liegen zwischen bestimmten Knotenpunkten oder
Konzentrationsbereichen innerhalb der Felder, die sich in jedem Feld nachweisen
lassen, obwohl wir bei weitem nicht immer in der Lage sind, etwa eine Strukturierung der Felder in Kern (Zentrum) und Peripherie (periphere Zonen) aufzuzeigen.
Der Grad der inneren Strukturierung und deren Grundlagen sind bei den verschiedenen Arten von Feldern offenbar verschieden. Es ist deshalb nicht unberechtigt,
statt von Feldern — mit größerer Vorsicht — von „feldhaften" Ordnungen oder Gliederungen zu sprechen. Die methodischen Schwierigkeiten der Strukturierung sprachlicher Felder dürfen u. E. jedoch nicht zum Anlaß einer prinzipiellen Ablehnung des
Feldbegriffs und der Feldmethode als linguistisches Beschreibungsinstrument genommen werden. Neben strenger umgrenzbaren und strukturierbaren Klassen und
Kategorien haben sprachliche Felder durchaus ihre Berechtigung, weil sie in adäquater
Form Bereiche der semantischen und funktionalen „Unscharfe" der Sprache sinnvoll
zu erfassen vermögen. Gegenüber Klassen und Kategorien haben sprachliche Felder
auch die Möglichkeit, sprachliche Einheiten aus verschiedenen Strukturebenen des
Sprachsystems integral zu beschreiben. Für funktional-semantische Felder macht
Α . V. B O N D A R K O (1971, 19) die Erfassung von Beziehungen heterogener sprachlicher
Mittel, insbesondere lexikalischer und grammatischer Mittel, ausdrücklich zur Bedingung. Für F K F gilt nach Meinung aller Autoren unbestritten die gleiche Eigenschaft. Wenn Integralität aber eine allgemeine Eigenschaft aller Felder, also auch von
Wort- bzw. Bedeutungsfeldern sein soll, dann darf darunter nicht nur die Integration
sprachlicher Mittel verschiedener Strukturebenen verstanden werden, sondern es muß
in diesen Begriff auch die Integration verschiedenartiger semantischer Beziehungen
zwischen sprachlichen Mitteln verschiedener und gleicher Wortart eingeschlossen sein.
Dann können alle Arten sprachlicher Felder als integral aufgefaßt werden, in denen
sprachliche Mittel mit ihren über die Synonymie hinausgehenden Beziehungen (paradigmatischer oder syntaginatiseher Art) (vgl. Th. S C H I P P A N 1975, 151) erfaßt werden.
Darunter fallen dann auch Komplexbildungen aus Synonymen und Antonymen (vgl.
L. WILSKE, 1978b, 89f.) sowie situativ-kontextuelle Wortschatzgruppen (vgl. ebd.,
95).
Sprachliche Felder bilden demnach einen spezifischen Typ systemhafter Ordnung
sprachlicher Mittel, der durch unterschiedlich ausgeprägte und verschiedenartig begründete Strukturierung, fließende Binnen- und Außengrenzen sowie durch die Integration sprachlicher Mittel aus verschiedenen oder gleichen Strukturebenen auf der
Grundlage semantischer und kontextueller Beziehungen gekennzeichnet ist.
Mit dieser vorläufigen Arbeitsdefinition wollen wir den Rahmen kennzeichnen,
der durch die Untersuchung und Beschreibung der verschiedenen Arten sprachlicher
Felder zu füllen ist. Zwei große Gruppen von sprachlichen Feldern sind aufgrund
ihres unterschiedlichen Ansatzes zur Gewinnung einer systemhaften Ordnung erk e n n b a r : kognitiv-begriffsbezogene und kommunikativ-handlungsbezogene
Felder. Kognitiv-begriffliche Felder legen logisch-semantische Invarianten zugrunde. Zu ihnen
gehören Wort- bzw. Bedeutungsfelder, syntaktische Felder und lexikalisch-grammatisehe bzw. funktional-semantische Felder, die sich untereinander wiederum durch die
A r t der erfaßten sprachlichen Einheiten, ihren Grad an Integralität und die Grund-
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L. WiLSKE, Funktional-kommunikative Felder
läge ihrer Strukturierung unterscheiden. Kommunikativ-handlungsbezogene Felder
unterscheiden sich prinzipiell von diesen (vgl. G. M i c h e l , 1982a, 72ff.), weil sie versuchen, sprachliche Mittel von der kommunikativen Leistung her zu ordnen. Kommu- ·
nikative Leistung wird zu diesem Zweck in Form von gesellschaftlich akzeptierten
Typen sprachlich-kommunikativen Handelns zergliedert, die als Kommunikationsverfahren (KV7) bezeichnet werden. Solche Handlungstypen bzw. Kommunikationsverfahren sind ζ. B. B E R I C H T E N , FESTSTELLEN, BEHAUPTEN, B E W E I SEN, BEGRÜNDEN. Sie liegen auf einer übereinzelsprachlichen handlungstheoretischen Ebene und werden von uns zur Verdeutlichung dieses Umstands in Versalien geschrieben. Jeder Handlungetyp (KV) muß definitorisch von anderen abgegrenzt werden; in ihm werden oft verschiedene Handlungsweisen verallgemeinert.
Da eine allgemeine Handlungstheorie, die ja interdisziplinär zu erarbeiten wäre,
fehlt, bereitet es beträchtliche Schwierigkeiten, die Typen sprachlich-kommunikativen Handelns, die Kommunikationsverfahren, zu konstituieren. Dies wird vor allem
deutlich, wenn mehrere „synonymische" Handlungsweisen dicht beieinander liegen,
wie dies z . B . bei den mit den Verben anregen, raten, anraten, ermuntern, empfeien,
vorschlagen im Deutschen bezeichneten Handlungsweisen (vgl. W. Schmidt, 1981,
68ff.) der Fall ist.
Zwar ist es schon gelungen, eine Reihe im Sprachbewußtsein mehrerer Sprachgemeinschaften ausgeprägter sprachlich-kommunikativer Handlungstypen ausreichend
durch Definitionen und Merkmale zu erfassen, doch stellen nicht wenige Typen
mehr oder weniger begründete Annahmen dar. Daraus erwächst eine der Schwierigkeiten, sprachliche Felder zu beschreiben, die in der jeweiligen Sprache als Mittel
zum Ausdruck der kommunikativen Leistung eines Handlungstyps, als seine sprachliche Objektivation, angesehen werden können. Dreh- und Angelpunkt für die Erfassung bzw. Zusammenstellung derartiger Felder ist die Frage nach objektiven
Kriterien für die Zuordnung sprachlicher Ausdrucksmittel zu Handlungstypen.
Wo haben wir solche Kriterien zu suchen? Der Grundansatz für F K F vom sprachlich-kommunikativen Handeln her führt uns zum Text als sprachlicher Objektivation sprachlich-kommunikativen Handelns. Die Handlungsbezogenheit dieser sprachlichen Felder impliziert ihre Textbezogenheit, rückt für ihre Erfassung den Text
mit seiner Handlungsstruktur und ihren Ausdrucksmitteln ins Zentrum. In Texten
verwirklichen sich kommunikative Funktionen und deshalb können handlungsund somit textbezogene sprachliche Felder funktional-kommunikative Felder genannt werden. Diesen Begriff betrachten wir nicht als konstituierten linguistischen
Terminus, sondern eher als gedankliche Orientierungsgröße für die Untersuchung
handlungs- und textbezogener sprachlicher Felder. Funktional-kommunikative Felder
(FKF) haben die sprachliche Wirklichkeit von Texten zur Grundlage, d. h., unter
semantischem Aspekt sind aktuelle Bedeutungen, Bedeutungen mit ihren funktionalen
Potenzen wesentlich, unter stilistischem Aspekt sind funktional-stilistische Wertigkeiten und Markierungen der sprachlichen Mittel zu berücksichtigen und unter textlinguistischem Aspekt sind textsortenspezifische Bindungen zu beachten. In einem
F K F sind also funktionstypische sprachliche Mittel für die Realisierung eines Handlungetyps unter ihren textlichen Verwendungsbedingungen zu erfassen.
Welche Zugänge öffnen sich unter diesen Voraussetzungen für die Beschreibung
von F K F ?
Ausgehend von einem angenommenen Handlungstyp muß als erster Schritt eine
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Zusammenstellung derjenigen sprachlichen Ausdrucksmittel erfolgen, die in der
gegebenen Sprache sprachlich-kommunikative Handlungsweisen benennen, die in
lem (durch Definition und/oder Merkmale bestimmten) Handlungstyp vereinigt
ind verallgemeinert werden. Zum Handlungstyp B E G R Ü N D E N sind hier für das
Deutsche zu nennen: begründen, Gründe anführen, Gründe nennen, Begründungen geben,
notivieren, Motive nennen, angeben. Ob zu diesem Handlungstyp neben den Verben
legründen und motivieren evtl. auch das Verb rechtfertigen als unmittelbare Benenìung einer ähnlichen Handlungsweise zuzuordnen ist, das hängt wesentlich von der
Breite der Definition des Handlungstyps B E G R Ü N D E N a b ; aber auch die Beurteiung der synonymischen Beziehungen zwischen diesen Verben spielt eine Rolle.
Letztlich wird die Umgrenzung eines Handlungstyps B E G R Ü N D E N davon abhängen, welche benachbarten Handlungstypen ich neben ihm anerkenne. So begrenzen
¡ich die Handlungstypen B E G R Ü N D E N und B E W E I S E N gegeneinander. Dem
B E W E I S E N können folgende unmittelbare Benennungen von Handlungsweisen
im Deutschen zugeordnet werden: beweisen, nachweisen, aufzeigen, dokumentieren,
belegen, erhärten, rechtfertigen·, einen Beweis führen, erbringen, anführen. Beziehungen zwischen diesen beiden Handlungstypen reflektieren sich in synonymischen Beziehungen zwischen unmittelbaren Benennungen für entsprechende Handlungsweisen.
Zugleich werden in den synonymischen Beziehungen die für sprachliche Felder typischen fließenden Binnen- und Außengrenzen sichtbar. Bestimmte sprachliche Mittel
fungieren wie Bindeglieder zwischen Feldern, so in unserem Falle wohl die Verben
rechtfertigen und erhärten. Die innere Gliederung eines Handlungstyps in Handlungsweisen bedingt eine synonymische Gliederung der unmittelbaren sprachlichen Benennungen, die jedoch nicht in jeder Sprache gleichartig sein kann, deshalb düifen
Vorstellungen über die innere Struktur und damit auch die Merkmale eines angenommenen Handlungstyps niemals nur aus der Analyse einer Sprache abgeleitet werden. Wir haben uns hier vor unerwünschten Wirkungen unserer Muttersprache auf
das Nachdenken über Handlungstypen zu hüten. Die Erfassung der unmittelbaren
Benennungen für Handlungsweisen eines bestimmten Handlungstyps in einer Sprache
bilden den ersten Schritt der Erfassung eines F K F . Die Synonymik dieser Mittel bildet Ansätze für eine Strukturierung des F K F . Gleiches gilt für den Fall, daß diese
Mittel funktional-stilistische Differenzierungen aufweisen, wie dies z. B . am Handlungstyp V E R M U T E N mit seiner deutschsprachigen Repräsentanz durch die Verben
vermuten, annehmen, glauben, mutmaßen, darauf tippen anschaulich wird.
Die Erfassung der unmittelbaren Benennung für Handlungsweisen eines Handlungstyps in Form von Verben und verbo-nominalen Fügungen (sog. Streckformen) erlaubt es, zwei weiterführende Schritte im Aufbau eines F K F zu vollziehen.
Der eine geht auf die Erfassung derivativer Zusammenhänge hin: als Mittel des
F K F begründen werden so alle Lexeme erfaßt, deren Grundmorphem mit dem Grundmorphem einer der unmittelbaren Benennungen für Handlungsweisen kongruent
ist ; damit werden für dieses F K F Substantive wie Grund, Beweggrund, Gegengrtind,
Begründung, Motiv, Motivation u. a., Adjektive wie grundlos, unbegründet, unmotiviert
u. a. erfaßt. Hier wiederholen sich ähnliche synonymische Beziehungen und Übergänge wie bei den unmittelbaren Benennungen.
Der andere Schritt richtet sich auf die Erfassung derjenigen Mittel für ein F K F ,
in deren kontextuell monosemierten lexikalisch-semantischen Varianten bzw. Gebrauchsweisen unter entsprechenden Gebrauchsbedingungen ein Sem bzw. ein B e -
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L . W I L S ILE, F u n k t i o n a l - k o m m u n i k a t i v e
Felder
deutungselemeiit auszumachen ist, das auch in der semantischen Struktur einer der
unmittelbaren Benennungen der Handlungsweisen eines Handlungstyps enthalten
ist. Im Falle des F K F begründen kann z. B. im Verb begründen ein Sem„kausar'
angenommen werden, das sich auch in Verben, wie verursachen, hervorrufen, in Konjunktionen wie weil, denn, somit, in Adjektiven wie gesetzmäßig, ursächlich und sicher
in einer Reihe weiterer sprachlicher Mittel feststellen läßt. Die gleiche Frage stellt
sich auch in bezug auf grammatische Kategorien, die auf dieser Grundlage in ein
F K F eingeschloesen sein können, wie dies f ü r die Kategorie der Kausalität im F K F
begründen zutrifft, oder aber einen Anteil an bestimmten F K F haben. Wir haben
solche Seme, die sowohl in der semantischen Struktur unmittelbarer Benennungen
von Handlungsweisen eines Handlungstyps als auch unter bestimmten Kontextbedingungen in anderen sprachlichen Mitteln faßbar werden und letztere somit an
ein F K F binden, feldprägende Seme ( L . W E L S K E , 1 9 8 2 , 5 0 ) genannt. Die Erfassung
feldprägender Seme setzt allerdings eine Qualität der Semanalyse voraus, die wir bei
weitem noch nicht immer erreicht haben. Erklärende (einsprachige) Wörterbücher
und Kontextanalysen lassen uns hierbei cft im Stich, und wenn Merkmale erfaßt werden können, sind wir nicht selten ohne zuverlässige Kriterien bei der Entscheidung,
ob denselben der Status eines Sems zugebilligt werden kann. Die Beschreibung von
F K F unter diesem Aspekt erfordert folglich eine wesentliche Erweiterung und Vertiefung der semantischen Analyse sprachkommunikative Handlungen bezeichnender Verben und Fügungen, in deren semantischer Struktur sich wesentliche Aspekte
sprachlich-kommunikativer Handlungsweisen, insbesondere spezifische Handlungsintentionen, personale, situative und gegenständliche Handlungsbedingungen, auf der
Grundlage ihrer Verallgemeinerung in operativen und normativen Abbildern sprachlich manifestieren.
Alle bisher am Beispiel des F K F B E G R Ü N D E N in dieses Feld eingeschlossenen
sprachlichen Mittel sind an dieses Feld auf der Grundlage ihrer Bedeutung, über die
funktionalen Potenzen semantischer Invarianten, gebunden. Dies gilt vor allem für
die unmittelbaren Benennungen sprachkommunikativer Handlungsweisen eines Hanülungstyps, mit entsprechender Spezifizierung jedoch auch f ü r die derivativ oder über
ein feldprägendes Sem (oder mehrere solcher Seme) eingebundenen Mittel. Alle diese
Mittel haben wir aber bisher weitgehend isoliert betrachtet und gedanklich aus entsprechenden satzwertigen Äußerungen oder Äußerungsfolgen mit Textqualität
herausgelöst. Die Erfassung sprachlicher Mittel eines F K F darf aber, wie schon
G. M I C H E L ( 1 9 8 2 b, 4 1 ) ausdrücklich hervorhebt, sich nicht darauf beschränken. Sie
hat sprachliche Mittel in ihren handlungstypischen Kombinationen zu berücksichtigen. Damit ist eine methodisch außerordentlich wichtige Folgerung aus der Handlungsund Textbezogenheit funktional-kommunikativer Felder formuliert. G. M I C H E L hat
vor allem spezifische Konstruktionen mit sprachlich-kommunikative Handlungen
bezeichnenden Verben im Auge. Für das Verb beweisen f ü h r t er als Beispiel die Konstruktion
D E I X I S + PERSON + VERB
+
VERBERGÄNZUNG
hiermit
ich
beweisen
etwas
an und nennt dazu synonymische Varianten. Diese vorwiegend von der Valenz des
Verbs bestimmten spezifischen Konstruktionen bilden den syntaktischen Rahmen
f ü r bestimmte regelmäßige Verbindbarkeiten von Lexemen, f ü r das, was als kollokative Regularität bezeichnet werden kann. Kollokation verstehen wir (nach A. NEU-
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BERT, 1977, 15) als distinktive Umgebung einer lexikalisch-semantischen Variante,
eines Semems, was sich im wesentlichen mit der Bestimmung von M. J o o s deckt,
die «ich auch G. WOTJAK (1971, 91 ff.) zu eigen macht. Kollokation wird als Spezialfall der syntagmatischen Verbindung gesehen, aus dem sich eine bestimmte lexikalisch-semantische Variante erschließen läßt. Kollokationen und Distributionen haben
gemeinsam, d a ß sie in K o n t e x t e n eines Textcorpus als gegeben betrachtet werden,
während Transformationen und Substitutionen (Substitutionsteste) mögliche Kollokationen an I n f o r m a n t e n erproben sollen. I n jedem Falle liegt Kompatibilität,
liegen semantische Vereinbarkeiten bzw. Verknüpfungsnormen oder -regularitäten
zugrunde, in denen sich auch einzelsprachlich verschiedenartige semantische Regeln äußern. Verschiedenheit semantischer Regeln in den Sprachen äußert sich
sowohl in Abweichungen bezüglich der semantischen Kongruenz, (im Sinne E . LEISIS,
1971, 71 f.) aufgefaßt als „Übereinstimmung in den Klassifikationen durch Substantiv
und Verb" als auch in metaphorischer Ausdrucksweise (vgl. das Beispiel bei A. NEUBERT, a. a. 0 . , 14, englisch „green coffee", deutsch „ungerösteter Kaffee", dem russ.
„kofe n a t u r a l ' n y j " hinzugefügt werden kann).
Für den Bereich der uns hier besonders interessierenden Verben u n d verbo-nominalen Fügungen (Streckformen) zur Bezeichnung sprachkommunikativer Handlungsweisen scheint der Unterschied zumindest zwischen dem Russischen, Deutschen u n d
Englischen nicht sonderlich groß zu sein. Doch fehlt es nicht a n schwierigen Differenzierungen (vgl. z. B. russ. zadat' vopros, d t . eine F r a g e stellen-, das russ. Äquivalent
zu dt. Mellen, nämlich poetaviV, ist auf die Verbindung mit russ. vopros in der Bedeutung „Problem, Aufgabe" beschränkt).
Kollokationen setzen also bestimmte einzelsprachliche lexikalisch-semantische
Verbindbarkeitsregeln im R a h m e n syntaktischer Valenzregeln um. Dabei unterscheiden sich Kollokationen nach ihrer Wahrscheinlichkeit bzw. ihrer tatsächlichen Gebrauchshäufigkeit ebenso wie hinsichtlich ihres Stabilitätsgrades u n d ihrer Stilwertigkeit. Kollokationen mit hoher Gebrauchshäufigkeit u n d Stabilität sowie Stilneutralit ä t bezeichnen wir als kollokative Regularitäten. B e t r a c h t e n wir n u n die sprachlichen
Mittel eines F K F , die wir a u f g r u n d der funktionalen P o t e n z ihrer Semantik einem
F K F zugeordnet haben, hinsichtlich ihrer kollokativen Regularitäten, die sie in
T e x t e n eingehen, so ergibt sich eine prinzipiell neue Möglichkeit der Einbindung
sprachlicher Mittel in F K F , die ihrem Wesen nach auf der Textbezogenheit dieser
Felder beruht. Zunächst k a n n dabei von den erwähnten spezifischen K o n s t r u k tionen aufgegangen werden. Für das F K F beweisen ergeben kollokative Regularitäten
im R a h m e n der Verbindung V E R B + V E R B E R G Ä N Z U N G im Deutschen zumindest
den Einschluß folgender S u b s t a n t i v e : Richtigkeit, Behauptung, Wahrheit, evtl. auch
Schuld/ U nschuld.
F ü r das F K F V E R A L L G E M E I N E R N ergibt sich auf gleicher Grundlage im Russischen die Einbeziehung von (obobâôit') opyt, nabljudenia, fakty, mysli. Kollokative
Regularitäten erlauben es auch, typische Verbindungen von Adjektiv + Substantiv und
von Verb und Adverb in F K F einzubeziehen. F ü r das F K F beweisen im Deutschen
beispielsweise Kollokationen wie (ein) überzeugender, (in)direkter, schlagender Beweis
und f ü r das Russische Kollokationen wie dokazaC legko, s trudom, strastno\ dokazai'
mi praktike, na opyte, na faktach u. a . m. Einschlägige Wörterbücher u n d auch Textanalvsen bieten eine Fülle von derartigen Kollokationen u n d es k o m m t darauf an,
fiir die Konstituierung von F K F a u f t r e t e n d e Kollokationen zu sichten u n d zu
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L. WILSKE,
F u n k t i o n a l - k o m m u n i k a t i v e Felder
werten, um kollokative Regularitäten auszuwählen. Dabei k o m m t der E r m i t t l u n g
sprachstatistischer, insbesondere text sortenstatistischer Daten besondere B e d e u t u n g
zu. E s g e h ö r t zu d e n m e t h o d i s c h z w i n g e n d e n K o n s e q u e n z e n a u s d e r H a n d l u n g s - f i n d
T e x t b e z o g e n h e i t f u n k t i o n a l - k o m m u n i k a t i v e r F e l d e r , d a ß d i e in T e x t e n m a n i f e s t i e r t e n d i a l e k t i s c h e n Z u s a m m e n h ä n g e zwischen q u a l i t a t i v e n u n d q u a n t i t a t i v e n D e t e r m i n a n t e n , z w i s c h e n s p r a c h l i c h e n M i t t e l n u n d ihrer G e b r a u c h s h ä u f i g k e i t , bei d e r E r f a s s u n g u n d D a r s t e l l u n g v o n F K F B e r ü c k s i c h t i g u n g f i n d e n . Dies e r ö f f n e t zugleich
neue Möglichkeiten f ü r die sprachpädagogische Umsetzung von F K F . Sprachstatis t i s c h e D a t e n b i l d e n z u d e m e i n e n w i c h t i g e n Aspekt der F e l d s t r u k t u r i e r u n g , auf d e r e n
P r o b l e m a t i k hier n i c h t e i n g e g a n g e n w e r d e n k a n n , o b w o h l d i e E i n b e z i e h u n g kollok a t i v e r R e g u l a r i t ä t e n a l s A u f b a u p r i n z i p v o n F K F a u c h hier n e u e Möglichkeiten s i c h t bar werden läßt.
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