LWL - Jugendheim Tecklenburg Ambulante Erziehungshilfe Steinfurt Drepsenhoek 4 48565 Steinfurt Tel.: 0 22 51 / 91 92 23 Fax: 0 25 51 / 91 92 52 E-Mail: [email protected] 1. Formale Beschreibung Zielgruppe Zielgruppe der ambulanten Arbeit sind Familien bzw. Einzelpersonen, die sich in Belastungen erleben, welche zur Zeit nicht aus eigener Kraft bewältigt werden können. Belastungen können sich aus psychischen Beeinträchtigungen, chronischen Erkrankungen, Suchtproblematiken, erlebter Gewalterfahrung (körperliche, psychische und/oder sexueller Gewalt), schwierigen Migrationsverläufen sowie sozialer Isolation ergeben. Die betroffenen Familien erleben diese Belastungen häufig in allgemeiner Überforderung der Eltern • Erziehungsschwierigkeiten • Beziehungsirritationen zwischen den Generationen sowie auf der Paarebene • erschwerten Entwicklungsbedingungen • Leistungs- und Motivationseinbrüchen in Schule und/oder Beruf • systemerhaltende aber nicht sozial akzeptierte Verhaltensweisen Qualifikation des Personals Dipl.-Sozialpädagogen, Sozialpädagogen bac., Dipl.-Sozialarbeiterin Aktuelle Besetzung Jochen Wanzelius – Ambulanzleiter, Sozialpädagoge bac. Zusatzausbildung i. SEL Barbara Küper – Sozialarbeiterin/Sozialpädagogin B.A., Studim „Beratung und Management, MA“ Thomas Holeck – Sozialpädagoge bac., Sozialtherapeut Anna Ahlke – Dipl. Sozialpädagogin, systemische Familienberaterin, Elternkurstrainerin Honorartätigkeit: Rosa Metje - Kinder- und Jugendpsychotherapeutin, systemische Familientherapeutin, systemische Supervisorin, Hypnotherapeutin Pflegesatz Fachleistungsstunden gem. Vereinbarung mit dem Kreis Steinfurt Rechtsgrundlage §§ 27, 35, 35a, 36, 41 SGB VIII 34 Die Ambulanten Erziehungshilfen fördern Familien in ihrer Lebensgestaltung analog dem Grundsatz „Hilfe zur Selbsthilfe“ und Jugendliche in ihrer Verselbständigung. Dies geschieht einzelfallorientiert in Form von aufsuchender pädagogischer Unterstützung, systemischer Therapie und Beratung sowie der Kombination von Pädagogik und Therapie. Der Arbeitsprozess kann durch themenspezifische Gruppenangebote (z.B. Mädchen-/Jungengruppen, Gruppe für Kinder und Jugendliche psychisch belasteter Eltern, Gruppe für psychisch belastete Eltern und Elterntraining) vertieft werden. 2. Theoretische Grundlagen / Fundierung der Arbeit Die ambulante Arbeit findet vorwiegend auf Grundlage systemtheoretisch ausgerichteter Arbeitsansätze sowie weiterer wissenschaftlich begründeter Methoden statt. Familien erleben sich häufig durch interne und externe Herausforderungen belastet. Diese Belastungen sorgen nicht selten für Verunsicherungen im gesamten familiären System, welche sich in veränderten Verhaltensweisen von Kindern ausdrücken können. Die Eltern sehen sich dann in ihren Erziehungsbemühungen zunehmend weniger erfolgreich und zentrieren die Wahrnehmung ihrer Erziehungsunsicherheit auf das gestörte Funktionsniveau ihres Kindes. Die systemische Betrachtung hingegen sieht die Verhaltensweisen des Kindes bzw. des Jugendlichen als Ausdruck einer Dysfunktionalität des gesamten Familiensystems. Problematisch wahrgenommene Verhaltensweisen von Kindern und Jugendlichen werden im Kontext ihres Lebenssystems mit Blick auf ihre Funktion hin wahrgenommen. Die Entwicklungsirritationen der betroffenen Kinder und Jugendlichen sind durch die Wiederherstellung einer gesunden und entwicklungsfördernden Funktionalität ihres Lebenssystems beeinflussbar. Diese Betrachtung führt zu dem Vorgehen, die Gesamtheit der Familie in den Mittelpunkt des methodischen Handelns zu stellen. In die praktische Arbeit werden alle Familienmitglieder mit ihren individuellen Bedürfnissen einbezogen. Dies führt auf professioneller Ebene zu verschiedenen Hypothesen der Ursächlichkeit der familiären Störung, die der Familie zur Reflexion des innerfamiliärem Geschehens angeboten werden. Die Familie selbst erkennt die Ursächlichkeit und die Funktionalität ihrer kommunikativen Störung und entwickelt unterschiedliche Einsichten bezüglich des weiteren Umgangs auf der 35 Handlungsebene. Durch die Umlenkung der Problemansicht erfährt das betroffene Kind eine wesentliche Erleichterung, was häufig sehr schnell zu der Reduzierung seiner als dysfunktional wahrgenommenen Verhaltensweisen führt. Im Betreuungsverlauf kommen multiprofessionelle Vorgehensweisen zum Einsatz. Hierzu zählen die pädagogische Unterstützung der Kinder, die Sichtung und Reflexion des elterlichen Erziehungsverhaltens im Alltag und seiner Weiterentwicklung sowie die systemische Beratung und Therapie. Weitere Schwerpunktmethoden, die in Punkt 5 ausgeführt werden, vertiefen den Entwicklungsprozess der Familie. Die Familie handelt aus diesem multiprofessionellem Angebot gemeinsam mit dem Helfersystem eine für sie passgenaue Form der weiteren Hilfe aus. 3. Räumliche Gegebenheiten Die Räumlichkeiten der Ambulanten Erziehungshilfen Steinfurt sind auf die o.g. Fachinhalte zugeschnitten. Sie befinden sich in zentraler Lage in Burgsteinfurt. Der Bahnhof ist gut zu Fuß zu erreichen und bietet ausgezeichnete Verbindungen der Städte zwischen Münster und Gronau. Eine Bushaltestelle befindet sich in direkter Nähe der Ambulanz. Die Ambulanz bietet auf einer Ebene großzügige Räumlichkeiten wie Therapieräume, Spielzimmer, Gruppenräume und Büros, so dass eine angenehme Atmosphäre für Einzel- und Gruppengespräche gegeben ist. Die Räume sind mit arbeitsrelevanten Materialien (Videokameras, Flip-Charts, ausgesuchtes Fördermaterial für Kinder, PCs usw.) ausgestattet. 4. Das macht die ambulante Arbeit aus Den Mitarbeitern der Ambulanten Erziehungshilfen ist es ein Anliegen, Familien in ihrer Zusammengehörigkeit zu erhalten und in ihrem Zusammenleben zu unterstützen. Haben sich vorherige professionelle Hilfen als nicht ausreichend effektiv erwiesen, bietet sich die Ambulanz mit 36 ihrer spezifischen fachlichen Ausrichtung als weitere Hilfemöglichkeit an. Hier kommt insbesondere die oben beschriebene Kombination aus Pädagogik und Therapie zur Wirkung. Die aufsuchende Pädagogik entlastet die Familie durch die den individuellen Bedürfnissen angepassten Interventionen in ihrem gewohnten Umfeld. In der therapeutischen Arbeit entwickeln die Klienten eine erweiterte Sicht auf ihr eigenes innerfamiliäres Funktionieren und gewinnen Kenntnisse über die Bedeutung ihrer eigenen biografischen Erfahrungen für ihr gegenwärtiges Agieren. Die in dem therapeutischen Prozess entwickelten Erkenntnisse werden eigenständig in den Alltag der Familie integriert und durch die pädagogische Fachkraft vor Ort begleitet und reflektiert. Die Effektivität eines solchen Arbeitsprozesses kann erst dann gewährleistet werden, wenn alle am Hilfeprozess beteiligten Institutionen und Personen sinnvoll zusammenarbeiten und eine analoge Ausrichtung entwickeln. In Steinfurt bildet die besonders gute Verzahnung mit niedergelassenen Ärzten und Kliniken der Region eine Möglichkeit der qualifizierten Vernetzung. Ausgehend von dem Wissen über die Bedeutsamkeit der innerfamiliären Entwicklung von Kindern und Jugendlichen steht als Ziel der ambulanten Arbeit die Vermeidung jeglicher Fremdunterbringungen von Kindern und Jugendlichen. Sollte jedoch aus gewichtigen Gründen eine Fremdunterbringung vorübergehend unvermeidbar geworden sein, so bietet die Ambulanz einen fachlich begleiteten Rückführungsprozess an, um eine Reintegration des betroffenen Kindes zu ermöglichen. 5. Das sind wir Die o.g. Ausrichtung erfordert entsprechende Leistungsprofile auf Seiten der Mitarbeiter. Durch unterschiedliche Zusatzausbildungen qualifizieren sich die Mitarbeiter kontinuierlich weiter, um den Bedürfnissen der Familien fachlich gerecht werden zu können. Hier liegt der Schwerpunkt in der Qualifizierung von Kenntnissen und Handlungskompetenzen der Systemischen Therapie und Beratung, der REVT (Rational-emotive-Verhaltenstherapie), der Hypnotherapie sowie der Sozialtherapie. Weitere Ausbildungen in der Traumapädagogik, des Psychodrama und des Case-Management vervollständigen das Angebotsspektrum. 37 6. Das sind unsere Angebote Der oben beschriebene Arbeitsansatz wird durch folgende Gruppenangebote ergänzt: • Mädchengruppe • Jungengruppe • Gruppe für Kinder und Jugendliche psychisch erkrankter Eltern • Gruppe für psychisch belastete Eltern • Mütterfrühstück • Elterntraining 6.1 Mädchengruppe Mädchen benötigen häufig einen geschützten und vertrauensvollen Begegnungsraum, um sich über ihre spezifischen Themen mit anderen Mädchen sowie der Hilfe einer fachlichen Moderation austauschen zu können. In der Gruppe besteht die Möglichkeit, sich aus eigener Belastung zu befreien. Für die fachgerechte Bearbeitung geschlechtsspezifischer Themen hat sich die Gruppenarbeit als äußerst effektiv erweisen können. Die altersentsprechenden Sichtweisen über die Rollen als Mädchen, Jugendliche, Frau und Mutter werden im Austausch mit der Gruppe erweitert und erfahren sinngebende Korrektive. 6.2 Jungengruppe Die Jungengruppe bietet männlichen Kindern und Jugendlichen eine gute Möglichkeit, über eigenen Rollenvorstellungen in der Gruppe zu sprechen und die Mitglieder als Korrektiv zu nutzen. Eventuelle in der Pubertät sichtbare werdende Irritationen sozialer Kompetenzen können im geschützten Rahmen unter fachlicher Begleitung vertrauensvoll und in Offenheit reflektiert werden. 38 Auch typische, männliche Anteile können kontrolliert gelebt werden, ohne eine sofortige Bewertung von außen zu erfahren. Alternative, sinngebende Verhaltensweisen können versucht und geübt werden. 6.3 Gruppe für Kinder und Jugendliche psychisch belasteter Eltern Kinder und Jugendliche psychisch kranker Eltern zeigen ein erhöhtes Risiko selbst eine psychische Störung zu entwickeln. Die Verhaltensweisen ihrer Eltern erleben sie häufig als schwer verständlich und können diese nicht einordnen. Über einen längeren Zeitraum fühlen sich die Kinder im Umgang mit ihren Eltern überfordert. Diese Überforderung kann dazu führen, dass die Persönlichkeitsentwicklung dieser Kinder in eigene Verhaltensauffälligkeiten führt, die sich langfristig aus Störungen manifestieren. Ziel der Gruppenarbeit ist es, diesen Kindern und Jugendlichen eine Unterstützung zu bieten, die originären Verhaltensbilder ihrer Eltern zu verstehen und zu akzeptieren sowie parallel dazu ein eigenes Verhaltenskonzept zu entwickeln. In einem strukturierten Rahmen werden Kind-Sein und der Abbau von Ängsten ermöglicht. Durch künstlerisches Gestalten und spielerischen Tun werden überfordernde Erlebnisse emotional verarbeitet. In begleitenden Familiengesprächen wird das Thema der psychischen Erkrankung enttabuisiert und in Kommunikationsabläufe integriert. 6.4 Gruppe für psychisch belastete Eltern Eltern mit psychischen Erkrankungen erleben sich in der Bewältigung alltäglicher Aufgaben häufig deutlich beeinträchtigt und dadurch langfristig überlastet. Abweichungen im familiären Verlauf werden als irritierend und stark verunsichernd wahrgenommen. Kindliches Verhalten wird weniger entwicklungsbezogen betrachtet und erzieherische Bemühungen als wenig erfolgreich erlebt und manchmal auch als persönliches Scheitern. Anforderungen erscheinen nicht immer kindgerecht und sorgen z.T. für Überforderung auf Seiten der Kinder, insbesondere im Bereich der Verantwortungsübernahme. Dieses Gruppenangebot vermittelt den Eltern Einsichten in Möglichkeiten und Begrenzungen ihrer erzieherischen Kompetenzen unter Berücksichtigung ihrer Erkrankung. Mit Hilfe der Fachkräfte werden Erkenntnisse über regelrechte Entwicklungsverläufe von Kinder und Jugendlichen 39 erarbeitet sowie die notwendigen Entwicklungsbedingungen verdeutlicht. In die Gruppenarbeit werden zeitweise auch die Partner einbezogen, um für eine möglichst hohe Transparenz zu sorgen und die Entwicklung der betroffenen Elternteile in den familiären Kontext zu integrieren. 6.5 Mütterfrühstück Das Frühstück bietet Müttern die Gelegenheit sich in angenehmer Atmosphäre über Entwicklungsfragen ihrer Kinder und eigene Erziehungsaufgaben auszutauschen. Die Fachkräfte moderieren den offenen Gesprächsrahmen und bieten bei Bedarf fachrelevante Informationen. 6.6 Elterntraining Der in der Ambulanz durchgeführte Elternkurs „Macht Euch stark für starke Kinder“ wird nach der Konzeption der „Lernenden Region Osnabrück“ durchgeführt. Das Gruppenangebot bietet Eltern die Möglichkeit, mit anderen Eltern ins Gespräch zu kommen, Erfahrungen auszutauschen und sich für den oft anstrengenden Alltag mit Kindern zu stärken. Die Erfahrung, dass andere Eltern das Zusammenleben mit ihren Kindern auch nicht immer „locker“ bewältigen, kann Erleichterung schaffen. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass Eltern die Experten ihrer eigenen Familien sind. Gemeinsam daran zu arbeiten, wieder mehr Freude im täglichen Miteinander zu entwickeln, setzt häufig ungeahnte Kräfte frei. An insgesamt zwölf Terminen werden wesentliche Erziehungsthemen besprochen, wobei es darum geht, den Eltern wieder mehr Sicherheit im Umgang mit Ihren Kindern zu geben und Ihnen Ihre eigenen Fähigkeiten bewusst zu machen. Hierbei kann es für Eltern hilfreich sein, Anregungen und Impulse von außen zu bekommen und neue Erziehungsstrategien kennen zu lernen, diese anzuwenden und gemeinsam zu reflektieren. Stand: November 2012 40