Klinische und molekulargenetische Untersuchungen bei

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Aus der Klinik für Neurologie
der Universität zu Lübeck
(Direktor: Prof. Dr. med. D. Kömpf)
und
aus dem Institut für Genetische Medizin
der Europäischen Akademie Bozen
(Direktor: Priv.-Doz. Dr. med. P. P. Pramstaller)
Klinische und molekulargenetische
Untersuchungen bei verschiedenen
erblichen Dystonieformen
Inauguraldissertation
zur
Erlangung der Doktorwürde
der Universität zu Lübeck
- Aus der Medizinischen Fakultät -
vorgelegt von
Kemal Kabakci
aus Uzunköprü
(Türkei)
Lübeck 2008
1. Berichterstatter: Priv. Doz. Dr. habil. Peter P. Pramstaller
2. Berichterstatter: Prof. Dr. med. Eberhard Schwinger
3. Tag der mündlichen Prüfung: 25.08.2008
Zum Druck genehmigt. Lübeck, den 25.08.2008
Meiner Familie
INHALTSVERZEICHNIS
1
Einleitung............................................................................................................ 1
1.1
Das Krankheitsbild der Dystonie – Definition und Einteilung .................................. 1
1.2
Primäre Torsionsdystonie mit frühem Beginn (PTD, DYT1).................................... 3
1.2.1 Epidemiologie und Krankheitsbild............................................................................ 3
1.2.2 Genetik der DYT1 ..................................................................................................... 3
1.2.3 Fragestellung zur DYT1-Dystonie ............................................................................ 5
1.3
Dopa-responsive Dystonie (DRD, DYT5) ................................................................. 6
1.3.1 Epidemiologie und Krankheitsbild............................................................................ 6
1.3.2 Genetik der DRD....................................................................................................... 6
1.3.3 Fragestellung zur DYT5-Dystonie ............................................................................ 8
1.4
Dystonie-Parkinson-Syndrom mit raschem Beginn (DPS, DYT12).......................... 9
1.4.1 Epidemiologie und Krankheitsbild............................................................................ 9
1.4.2 Genetik des DPS........................................................................................................ 9
1.4.3 Fragestellung zum DPS........................................................................................... 11
2
Patienten, Material und Methoden.................................................................... 12
2.1
Patienten und Kontrollen.......................................................................................... 12
2.2
Material .................................................................................................................... 12
2.2.1
Chemikalien...................................................................................................... 12
2.2.2
Geräte................................................................................................................ 12
2.2.3
Stammlösungen und Puffer............................................................................... 13
2.3
Methoden.................................................................................................................. 13
2.3.1
Präparation genomischer DNA......................................................................... 13
2.3.2
Konzentrationsbestimmung von DNA ............................................................. 14
2.3.3
Polymerase-Kettenreaktion (PCR) ................................................................... 15
2.3.4
Agarose-Gelelektrophorese und Gelelution ..................................................... 18
2.3.5
Polyacrylamid-Gelelektrophorese (PAGE) und Silberfärbung ........................ 19
3
Ergebnisse......................................................................................................... 24
3.1
Mutationsanalyse des DYT1-Gens bei verschiedenen Bewegungsstörungen .......... 24
3.1.1
Zusammensetzung und klinische Daten der untersuchten Patienten................ 24
3.1.2
Ergebnisse der Mutationsanalyse ..................................................................... 26
3.2
Mutationsanalyse des GCH1-Gens bei Dopa-responsiver Dystonie........................ 29
3.2.1
Zusammensetzung und klinische Daten der untersuchten Patienten................ 29
3.2.2
Etablierung einer Methode zum systematischen Nachweis von heterozygoten
Deletionen im GCHI-Gen mittels quantitativer Echtzeit-PCR ........................................ 32
3.2.3
Ergebnisse der Mutationsanalyse ..................................................................... 36
3.2.4
Phänotypischer Vergleich der Patienten in Abhängigkeit vom Mutationsstatus
41
3.3
Klinisch-genetische Charakterisierung einer Familie mit dem Dystonie-ParkinsonSyndrom (DPS) mit raschem Beginn ............................................................... 42
3.3.1
Demographische und klinische Untersuchungsergebnisse der DPS-Familie... 42
3.3.2
Ergebnisse der molekulargenetischen Analyse der DPS-Familie .................... 45
4
Diskussion......................................................................................................... 49
4.1
DYT1-Dystonie........................................................................................................ 49
4.1.1 Häufigkeit und phänotypisches Spektrum der GAG-Deletion im DYT1-Gen ........ 49
4.1.2 Detektion einer neuen Mutation im DYT1-Gen ...................................................... 50
4.2
DYT5-Dystonie........................................................................................................ 50
4.2.1 Bedeutung der Gendosisuntersuchung im GCHI-Gen ............................................ 50
4.2.2 Hohe Mutationsdetektionsrate im GCHI-Gen bei DRD-Patienten ......................... 51
4.2.3 Hohe Mutationsrate im GCHI-Gen ......................................................................... 51
4.2.4 Auswirkungen und Penetranz der Mutationen im GCHI-Gen ................................ 52
4.3
DYT12-Dystonie...................................................................................................... 53
4.3.1 Klinischer Vergleich der DPS-Familie mit der Literatur ........................................ 53
4.3.2 Die molekulargenetische Untersuchung der Familie mit einem klinischen DPS ... 54
5
Zusammenfassung ............................................................................................ 56
6
Ausblick............................................................................................................ 57
7
Anhang.............................................................................................................. 58
7.1
Literaturverzeichnis.................................................................................................. 58
7.2
Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................ 65
7.3
Primer und Sonden................................................................................................... 67
7.3.1 Allgemeine Primer.................................................................................................. 67
7.3.2 Primer und Sonden für die quantitative Mutationsanalyse im GCH1-Gen ............ 67
7.4
Lebenslauf mit Publikationsliste .............................................................................. 68
7.5
Danksagung.............................................................................................................. 70
7.6
Eidesstattliche Erklärung.......................................................................................... 71
Einleitung
1
1
1.1
Einleitung
Das Krankheitsbild der Dystonie – Definition und Einteilung
Die Krankheitsbezeichnung „Dystonie“ (dys = fehlreguliert, tonus = Spannung) wurde 1911 von dem
Berliner Neurologen Hermann Oppenheim (1858-1919) im Rahmen der Beschreibung einer
„eigenartigen Krampfkrankheit des kindlichen und jugendlichen Alters – dystonia musculorum
deformans“ eingeführt (Oppenheim 1911). Definiert wird die Dystonie mittlerweile als ein Syndrom
anhaltender, repetitiver, unwillkürlicher Bewegungen, mit drehendem und schraubendem Charakter,
die zur Einnahme unnatürlicher Haltungen führen (Fahn et al., 1998). Die Dystonien bilden eine
klinisch und genetisch heterogene Gruppe von Bewegungsstörungen, für die es dadurch vielfältige
Einteilungsmöglichkeiten
gibt:
nach
Erkrankungsalter,
Verteilungsmuster
der
beteiligten
Körperpartien (fokal, segmental, multifokal, generalisiert) und ätiologisch (Fahn et al., 1998; Klein et
al., 2000; Bressmann et al., 2004).
Die einfachste Einteilung der Dystonien unterscheidet zwischen primären und sekundären Formen:
Bei der primären Form ist die Dystonie - mit der möglichen Ausnahme eines Tremors - das einzige
Symptom, wobei die Ursache der Erkrankung genetisch oder unbekannt ist. Die sekundäre Dystonie
tritt als Begleitsymptom anderer, zumeist ebenfalls neurologischer Störungen auf wie z. B. bei Morbus
Wilson, Chorea Huntington oder verschiedenen Stoffwechselkrankheiten (Fahn et al., 1998).
Dystonieformen, die nicht vollständig mit den Kriterien einer primären oder sekundären Dystonie
übereinstimmen, da sie mit anderen Bewegungsstörungen wie Parkinsonismus oder Myoklonien zwar
einhergehen, ihnen aber nicht im Sinne einer sekundären Dystonie unterzuordnen sind, werden im
Folgenden als “Dystonie-Plus-Syndrome” geführt. Es ist zur Zeit umstritten, ob sie in die Kategorie
der primären oder der sekundären Dystonien fallen (Klein et al., 2002).
Insgesamt werden 15 verschiedene primäre Dystonien und Dystonie-Plus-Syndrome klinischgenetisch unterschieden und mit DYT 1-15 abgekürzt. Diese sind in Tabelle 1.1, die einen Überblick
über klinisches Bild und molekulargenetische Erkenntnisse gibt, zusammengefasst.
Nach heutigem Wissensstand werden fast alle primären Dystonien autosomal-dominant vererbt. Der
Grad der Penetranz und die Ausprägung der Erkrankung variieren dabei aber sowohl inter- als auch
intrafamiliär. Zur Zeit sind sieben Dystonie-Gene (DYT1, DYT3, GTP-ZyklohydrolaseI [GCHI],
Tyrosinhydroxylase [TH], Myofibrillogenese-Regulator 1 [MR-1], Epsilon-Sarkoglykan [SGCE],
Na+/K+-ATPase alpha3 [ATP1A3]) und sieben Dystonie–Genorte bekannt (Tabelle 1.1).
In der vorliegenden Arbeit wurden Fragestellungen zur primären DYT1-Dystonie und zu den
Dystonie-Plus-Syndromen DYT5 und DYT12 bearbeitet.
Einleitung
2
Tabelle 1.1: Überblick über die 15 DYT-Dystonieformen
Akronym
Dystonieform
(OMIM)
(Erkrankungsbeginn)
DYT1
(128100)
Torsionsdystonie mit frühem Beginn
DYT2
Generalisiert oder segmental, früher
(224500)
Beginn
DYT3
Generalisiertes Dystonie-Parkinson
(314250)
Syndrom, Erwachsenenalter (Philipinen)
DYT4
Eine Familie (Australien) mit
(128101)
Dysphonie und Torticollis (13-37 Jahre)
DYT5a
Beginn meist in den Beinen, exzellente
(128230)
L-Dopa Antwort, früher Beginn
DYT5b
(605407)
DYT6
(602629)
DYT7
(602124)
« Infantile Parkinsonism »
Extremitätendystonie, frühes
DYT9
Episodische Chorea-athetose, Ataxie
(601042)
und Spastizität (2-15 Jahre)
DYT12
(128235)
DYT13
(607671)
Torsin A
AR
-
-
XR
Xp13.1
-
Ozelius et al.
Kramer et al.
Marsden et al.
Kahn et al.
Kupke et al.
Wilhelmsen et al.
Nolte et al.
AD
-
-
AD
14q22.1-q22.2
GCH1
AR
11p15.5
TH
AD
8p21-q22
-
AD
18p
-
Ahmad et al.
Ichinose et al.
Nygaard et al.
Ludecke et al.
Knappskog et al.
Almasy et al.
Müller et al.
Leube et al.
AD
2q33-q35
Myofibrillogenesis
Regulator 1
Fouad et al.
Fink et al.
Rainer et al.
AD
1p13.3-p21
-
Auburger et al.
AD
16p11.2-q12.1
-
Tomita et al.
AD
7q21
SGCE
AD
19q12-q13.2
AD
1p36.3-36.1
-
AD
14q13
-
Grotzsch et al.
AD
18p11
-
Grimes et al.
(6-16 Jahre)
Myoklonus-Dystonie mit
Alkoholsensitivität, variable
Erkrankungsalter
Dystonie-Parkonson Syndrom mit
plötzlichem Beginn, Kindes- bis
ATP1A3
Eine Familie (Italien) mit zervikaler und
segmentaler Dystonie,
Kindes- bis Erwachsenenalter
Generalisierte Dystonie, dopa-responsiv,
Kindesalter
Zimprich et al.
Nygaard et al.
Kramer et al.
De Carvalho et al.
Jugendalter
(607195)
(607488)
9q34
Paroxysmale Chorea-athethose
ausgelöst bei plötzlichen Bewegungen
DYT14
DYT15
AD
Beginn (28-70 Jahre)
frühes Kindes- bis Jugendalter
(159900)
Genprodukt
Eine Familie (Deutschland) mit
kraniozervikalrer Dystonie, später
(118800)
DYT11
Genort
gang
Erwachsenenalter
Paroxysmale dystone Chorea-athetose,
(128200)
Referenz
Kraniozervikale oder
DYT8
DYT10
Erb-
Bentivoglio et al.
Valente et al.
Eine Familie (Kanada) mit Alkoholresponsiver myoklonischer Dystonie,
Kindes- bis Jugendalter
AD: autosomal-dominant; AR: autosomal-rezessiv; XR: X-chromosomal-rezessiv
Einleitung
1.2
3
Primäre Torsionsdystonie mit frühem Beginn (PTD, DYT1)
1.2.1 Epidemiologie und Krankheitsbild
Die primäre Torsionsdystonie mit frühem Krankheitsbeginn wurde klinisch und genetisch bislang gut
charakterisiert. Die Häufigkeit in der Allgemeinbevölkerung (Prävalenz) beträgt ca. 1/160.000 (Zeman
et al., 1967) und ist damit wesentlich niedriger als in der Ashkenazi-jüdischen Bevölkerung mit
1/3.000 bis 1/9.000. Diese Häufung ist auf einen Gründereffekt, der wahrscheinlich vor ca. 350 Jahren
im heutigen Weissrussland oder Litauen entstand, zurückzuführen (Nutt et al., 1988; Risch et al.,
1995).
Die DYT1-Dystonie manifestiert sich klassischerweise im Kindesalter in einer Extremität, meistens in
einer der unteren, und breitet sich von unten nach oben auf weitere Körperregionen aus und
generalisiert dann im weiteren Krankheitsverlauf (Bressman et al., 1994). Die Erkrankung folgt einem
autosomal-dominanten Erbgang mit reduzierter Penetranz von 30 – 40 %, milde und schwere
Verlaufsformen eingeschlossen (Bressman et al., 1989; Risch et al., 1990; Bressman et al., 2000;
Abbildung 1.1). Der Krankheitsverlauf ist variabel, und nur etwa ein Drittel der Erkrankten entwickelt
die schwerste Form der DYT1-Dystonie. Die DYT1-Dystonie ist zurzeit unheilbar, und eine Gabe von
L-Dopa führt nicht zur Linderung der Symptomatik. Eine Therapieoption bei schweren Verläufen ist
die Tiefenhirnstimulation des Globus pallidus internus, die interessanterweise bei Trägern eines
Gendefektes im DYT1-Gens besonders wirksam ist (Coubes et al., 2000; Kupsch et al., 2003; Coubes
et al., 2004).
Abbildung 1.1. Klinisches Bild der DYT1-Dystonie. Unterschiedliche Ausprägung des klinischen Bildes zweier
Patienten mit DYT1-Dystonie. A) Patientin mit bibrachialer Dystonie, B) Patient mit generalisierter Dystonie
und schweren Kontrakturen. Beide Patienten tragen die gleiche 3-Basenpaardeletion im DYT1-Gen.
1.2.2 Genetik der DYT1
Durch Kopplungsanalysen sowohl in jüdischen als auch in nichtjüdischen Familien wurde 1989 das
DYT1-Gen auf Chromosom 9q34 lokalisiert (Ozelius et al., 1989), anschließend weiter eingegrenzt
(Ozelius et al., 1992; Kramer et al., 1994), und schließlich 1997 identifiziert (Ozelius et al., 1997).
Einleitung
4
Das DYT1-Gen überspannt eine Region von etwa 10 kb und besteht aus fünf Exons mit einem offenen
Leseraster von 996 bp (Abbildung 1.2). DYT1 kodiert für ein Protein (TorsinA) mit 332 Aminosäuren.
Sowohl die RNA als auch das Protein sind im Gehirn weit verbreitet (Augood et al., 1999).
Bis zum Jahr 2001 war nur eine einzige genetische Veränderung im DYT1-Gen für die PTD bekannt.
Es handelt sich hierbei um eine Deletion von drei Basenpaaren (GAG) in Exon 5 (904_906delGAG)
(Ozelius et al., 1997). Interessanterweise zeigten bisher alle Patienten mit einer DYT1-Dystonie,
unabhängig vom ethnischen Ursprung, immer dieselbe 3 bp-Deletion (Ozelius et al., 1997;). Während
diese bei der Ashkenazi-jüdischen Bevölkerung auf den oben beschriebenen Gründereffekt
zurückzuführen ist, handelt es sich in der nicht-jüdischen Bevölkerung häufig um de-novo-Mutationen
(Klein et al., 1998).
Die im Jahre 2001 entdeckte zweite Mutation im DYT1-Gen, eine Deletion von 18 bp (966_983del) im
Exon 5, fand sich bei einem Patienten mit früh beginnender Dystonie und zusätzlichen Myoklonien
(Leung et al., 2001).
Die gut untersuchte 3-bp Deletion führt zum Verlust eines Glutamatrestes und die 18-bp Deletion zum
Verlust von sechs Aminosäuren am carboxyterminalen Ende von TorsinA. TorsinA zeigt Homologien
zur sogenannten „AAA+-Superfamilie“ von ATPasen (Neuwald et al., 1999). AAA+-Proteine formen
charakteristische oligomere Komplexe, weisen ATP-Bindungsdomänen auf und fungieren als
Chaperone, die typischerweise Konformationsänderungen von Zielproteinen vermitteln und eine
Reihe von unterschiedlichen Funktionen, z. B. beim Proteinabbau und der zellulären Stressantwort,
haben. TorsinA befindet sich im Lumen des endoplasmatischen Retikulums (ER) und ist mit
synaptischen Vesikeln in Nervenzellen assoziiert (Hewett et al., 2000). Es konnte gezeigt werden, dass
TorsinA mit Kinesin, einem Motorprotein, interagiert. TorsinA könnte daher als Chaperon fungieren,
das die Kinesinaktivität und damit zelluläre Transportvorgänge reguliert (Kamm et al., 2004a).
Kürzlich identifizierte eine amerikanische Arbeitsgruppe weitere Interaktionspartner von TorsinA, die
in verschiedenen Subdomänen des ER-Systems lokalisiert sind (Goodchild et al., 2005).
Überexpression des mutierten TorsinA führt im Zellmodell zur Bildung von Einschlusskörperchen
(Breakefield et al., 2001). Neuropathologische Untersuchungen am Menschen sind bisher rar. Eine
Studie fand keinen offensichtlichen Hinweis auf Einschlüsse oder Neurodegeneration bei der DYT1Dystonie und favorisiert eine funktionelle Störung gegenüber einer strukturellen (Rostasy et al., 2003).
Eine neuere Untersuchung hingegen identifizierte perinukleäre Einschlusskörperchen in der Formatio
reticularis im Mittelhirn und in der grauen Substanz um die Liquorräume bei vier Trägern der GAGDeletion im DYT1-Gen, jedoch nicht bei vier Kontrollen (McNaught et al., 2004). Dies wiederum legt
strukturelle Veränderungen im extrapyramidalen System nahe, welche die Störung der Motorik und
des Muskeltonus bei der DYT1-Dystonie pathopysiologisch erklären würden (McNaught et al., 2004).
Einleitung
5
Abbildung 1.2. Struktur des DYT1-Gens. Das DYT1-Gen auf Chromosom 9 besteht aus fünf Exons, die durch
Kästchen symbolisiert sind und deren Größe darunter angegeben ist. Die Größe der Introns ist relativ klein und
variiert zwischen 98 bp und ca. 4 kb (oberhalb des Gens dargestellt)
Bisherige Studien zur Häufigkeit und Bedeutung der 3-bp Deletion im Exon 5 des DYT1-Gens haben
im Wesentlichen bestätigt, dass diese DYT1-Mutation typischerweise zu einer generalisierten PTD mit
frühem Erkrankungsbeginn führt (Bressman et al., 2000). Bei Patienten mit diesem Phänotyp und
Ashkenazi-jüdischen Ursprungs wurde in ca. 75 – 90 % der Fälle die GAG-Deletion nachgewiesen,
bei Patienten nichtjüdischen Ursprungs in ca. 40 – 60 % (Bressman et al., 2000). Allerdings ist die 3bp Deletion auch bei Patienten mit für DYT1-Dystonie atypischen Symptomen, wie z. B. fokale
Dystonie mit Beginn im Erwachsenenalter, nachgewiesen worden (Klein et al., 1998; Gasser et al.,
1998; Bressman et al., 2001).
Interessanterweise findet man eine Dystonie, besonders eine fokale (z. B. Fussdystonie), auch häufig
bei Patienten mit einem Morbus Parkinson (MP) mit frühem Beginn (< 40. Lebensjahr) (Leung et al.,
2001). Häufig liegt dieser speziellen Form des MP eine genetische Ursache zu Grunde. Neben dieser
phänotypischen Überlappung gibt es auch molekulare Überschneidungen. Zum einen weist die DYT1mRNA die höchste Konzentration in den dopaminergen Neuronen der Substania nigra auf, welche bei
MP typischerweise degenerieren (Augood et al., 1998; Augood et al., 1999). Zum anderen wurde die
höchste TorsinA-Konzentration in den für MP charakteristischen Lewy-Körperchen nachgewiesen
(Shashidharan et al., 2000; Sharma et al., 2001). Es ist daher denkbar, dass einige MP-Patienten
ebenfalls die DYT1-Mutation tragen.
1.2.3 Fragestellung zur DYT1-Dystonie
Auf Grund dieses Wissensstandes und um weitere Einblicke in die klinisch-genetisch heterogene
Erkrankungsgruppe der DYT1-Dystonie zu erhalten, wurden im Rahmen der vorliegenden Arbeit
folgende Fragen untersucht:
1. Wie häufig findet man die bekannte 3 bp-Deletion und die 18 bp-Deletion im DYT1-Gen bei
Patienten mit verschiedenen Formen von Dystonie und anderen Bewegungsstörungen vor
allem MP mit frühem Beginn und einer großen Gruppe von gesunden Kontrollen?
2. Gibt es eine Korrelation von Phänotyp und Genotyp in diesen Gruppen?
3. Gibt es weitere, noch nicht in der Literatur beschriebene, Mutationen im DYT1-Gen?
Einleitung
6
1.3
Dopa-responsive Dystonie (DRD, DYT5)
1.3.1 Epidemiologie und Krankheitsbild
Bei der Dopa-responsiven Dystonie (DRD, DYT5) handelt es sich um ein Dystonie-Plus-Syndrom,
das wie der Name sagt, auf die Behandlung mit Dopamin (L-Dopa) anspricht. Die Prävalenz der DRD
liegt bei ca. 0,5 x 10-6 (Nygaard et al., 1993b; Ichinose et al., 1994). Die Penetranz bei der dominanten
Form der DRD beträgt 30 % bis 80 % und ist bei Frauen deutlich höher als bei Männern (Nygaard et
al., 1990; Nygaard et al., 1993; Furukawa et al., 1998a; Steinberger et al., 1998). Eine erstmalige
Fallbeschreibung datiert aus dem Jahre 1947 über ein sieben Jahre altes Mädchen mit ”muskulär
deformierender Dystonie” (Beck et al., 1947). Segawa beschrieb 1976 unter dem Namen ”Heriditäre
progressive Dystonie mit deutlichen Tagesschwankungen” das Krankheitsbild der DRD an
japanischen Patienten, das heute auch als Segawa-Syndrom bezeichnet wird (Segawa et al., 1976).
Klinisch ist die DRD durch einen Beginn der Krankheit in der Kindheit mit dystoner Gangstörung
charakterisiert (Nygaard et al., 1988; Nygaard et al., 1990). Im Verlauf können alle vier Extremitäten,
die axiale Muskulatur und der Nacken betroffen sein. Symptome eines Parkinsonismus, wie
Haltungsinstabilität, Rigor, Bradykinese und weniger häufig Tremor können hinzutreten (Nygaard et
al., 1990; Müller et al., 1998). Im Tagesverlauf kommt es in der Regel zu einer bemerkenswerten
Verschlechterung der Symptome, die jedoch ein hervorragendes Ansprechen auf eine Therapie mit LDopa zumindest im frühen Krankheitsstadium zeigen (Nygaard et al., 1988; Nygaard et al., 1990;
Ichinose et al., 1994). Hinzu kommen atypische Krankheitsverläufe mit dem klinischen Bild einer
infantilen Zerebralparalyse, dem Vorliegen einer auch im weiteren Verlauf vorwiegend fokalen
Dystonie bzw. einer Hemidystonie, oder aber einem isolierten dystonen Tremor, welche die klinische
Diagnose erschweren (Bandmann et al., 1998a).
1.3.2 Genetik der DRD
Bei der DRD konnte 1993 durch Kopplungsanalysen das Gen für die autosomal-dominant vererbte
Form auf Chromosom 14q11-q24.3 lokalisiert werden (Nygaard et al., 1993). In nachfolgenden
Untersuchungen der in dieser Region liegenden Kandidatengene wurden Mutationen im GTPCyclohydrolase-I-(GCHI)-Gen (Abb. 1.3) nachgewiesen, welches für einen Defekt dieses Gens als
Ursache der autosomal-dominant vererbten Form spricht (Ichinose et al., 1994).
Es handelt sich dabei um ein Gen mit sechs Exons, wobei mittlerweile in jedem der Exons
Veränderungen gefunden wurden. Insgesamt sind derzeit über 100 verschiedene Mutationen
beschrieben worden (Furukawa et al., 1998b; Bandmann et al., 1998b; Steinberger et al., 2000; Thony
und Blau, 2006). Als krankheitsverursachender Mechanismus der bisher identifizierten Mutationen
kommt es nahezu ausnahmslos zu einem dysfunktionalen Protein (Müller et al., 1998). Als
Schrittmacherenzym der Biosynthese von Tetrahydrobiopterin, welches wiederum ein essentieller
Kofaktor für die Phenylalanin-, Tryptophan-, und Tyrosinhydroxylase ist, kommt dem GCHI eine
wichtige Funktion in der Dopaminsynthese zu (Abb. 1.4). Es konnte gezeigt werden, dass das GCHI-
Einleitung
7
Protein als Homodekamer arbeitet (Nar et al., 1995). Tritt eine heterozygote Mutation auf, kommt es
zur
Bildung
von
Heterodekameren,
die
zum
Funktionsverlust
führen.
Damit
ist
der
krankheitsverursachende Mechanismus der GCHI-Mutationen ein dominant-negativer Effekt (Hirano
et al., 1997) bzw. ein Funktionsverlust (loss of function) denkbar. Beide Mechanismen führen zu dem
Resultat eines ausgeprägten Dopamin-Mangels.
Mutationen im GCHI-Gen werden jedoch erstaunlicher Weise nur bei ca. 50 % - 60 % der
untersuchten Patienten identifiziert. Als Ursache für die ”Mutations-negativen” Fälle wurden noch
nicht untersuchte Regionen (Introns, Promotor) des Gens und andere Störungen im BiopterinMetabolismus (Hyland et al., 1998; Nomura et al., 1998) angenommen. Bei einer Familie konnte
gezeigt werden, dass heterozygote Deletionen im GCHI-Gen vorkommen (Furukawa et al., 2000). Die
Identifizierung solcher Defekte ist mit Methoden, die auf konventioneller PCR beruhen - wie z. B.
Sequenzierung - nicht möglich. Zu Beginn der vorliegenden Arbeit wurden sie nur mit der sehr
arbeits- und zeitintensiven Methode des Southern-Blots in einem einzigen Fall nachgewiesen
(Furukawa et al., 2000).
Abbildung 1.3. Struktur des GCHI-Gens. Das GCHI-Gen auf Chromosom 14 besteht aus sechs Exons, die durch
Kästchen symbolisiert sind und deren Größe darunter angegeben ist. Die Größe der zum Teil relativ großen
Introns variiert zwischen 1 und mehr als 36 kb (oberhalb des Gens dargestellt)
Als eine zweite seltene erbliche Variante – nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit - der DRD
konnte in Einzelfällen ein autosomal-rezessiver Erbgang mit Punktmutationen im Tyrosinhydroxylase(TH)-Gen auf Chromosom 11p15.5 nachgewiesen werden (Lüdecke et al., 1995; Knappskog et al.,
1995; van den Heuvel et al., 1998).
Einleitung
8
Abbildung 1.4. Biosyntheseweg von Dopamin. Bei der autosomal-dominanten DRD kommt es durch einen
Funktionsverlust des ersten Enzyms in der Kette (GTP-Cyclohydrolase [GCHI], Pfeil) zum endogenen Mangel
an Dopamin und folglich auch von Serotonin und Noradrenalin.
MP-Patienten mit frühem Krankheitsbeginn zeigen häufig Zeichen einer Dystonie. In einem frühem
Krankheitsstadium kann es deshalb manchmal schwierig sein DRD und MP differentialdiagnostisch
auseinander zu halten, auch weil beide Krankheiten eine klare L-Dopa Anpsprechbarkeit zeigen.
1.3.3 Fragestellung zur DYT5-Dystonie
Im Rahmen dieser Arbeit soll die phänotypische und die genetische Heterogenität der DRD weiter
charakterisiert und aufgeklärt werden. Daraus ergeben sich im Einzelnen folgende Fragestellungen, die
in diesem Teil der Arbeit näher betrachtet werden sollen:
1. Etablierung einer Methode zum systematischen Nachweis von heterozygoten Deletionen im
GCHI-Gen mittels quantitativer Echtzeit-PCR.
2. Welche Deletionen findet man mit welcher Häufigkeit im GCHI-Gen bei Patienten mit DRD?
3. Spielen GCHI-Mutationen bei Patienten mit MP und frühem Krankheitsbeginn eine Rolle,
wenn diese auch eine zusätzliche fokale Dystonie zeigen?
4. Gibt es eine Möglichkeit einer klinischen Unterscheidung der DRD in Abhängigkeit der
Mutation (Phänotyp-Genotyp-Korrelation)?
Einleitung
1.4
9
Dystonie-Parkinson-Syndrom mit raschem Beginn (DPS,
DYT12)
1.4.1 Epidemiologie und Krankheitsbild
Das Dystonie-Parkinson-Syndrom mit raschem Beginn (DPS, DYT12) gehört zu den Dystonie-PlusSyndromen und ist sehr selten. Bis 2007 wurden weltweit nur einige wenige DPS-Familien und ein
sporadischer Fall detailliert klinisch beschrieben (Dobyns et al., 1993; Brashear et al., 1997; Pittock et
al., 2000; Linazasoro et al., 2002, Brashear et al., 2007) sowie eine Rating-Skala für die Schwere der
Erkrankung entwickelt (Brashear et al., 1997). Es zeigte sich, dass bei mindestens der Hälfte der
Patienten der Ausbruch der Krankheit durch besondere Belastungssituationen wie Fieber, Geburten,
extreme körperliche Anstrengung oder emotionalen Stress getriggert gewesen zu sein scheint.
Die Erkrankung beginnt typischerweise in der späten Kindheit oder im frühen Erwachsenenalter,
wobei die bisher beschriebene Spanne zwischen vier und 58 Jahren liegt. Die Symptomatik
manifestiert sich häufig abrupt innerhalb von Stunden bis wenigen Wochen und stabilisiert sich in der
Regel im Anschluss oder zeigt nur eine geringe Progression. Klinisch ist das DPS, als einzige
Dystonieform, durch einen plötzlichen Beginn von Dysarthrie, Dysphagie, Orofazialer-Dystonie,
Dystonien vor allem der oberen Extremitäten und dystone Spasmen sowie durch Parkinson-Zeichen
wie Bradykinese, Rigor und Verlust der Haltungskontrolle charakterisiert (Dobyns et al., 1993;
Brashear et al., 1996; Brashear et al., 1997; Pittock et al., 2000; Linazasoro et al., 2002).
Strukturelle (zerebrale Magnetresonanz) und funktionelle (Positronen-Emissions-Tomographie)
Bildgebungs-Untersuchungen sind unauffällig, was einen neurodegenerativen Prozess bzw. einen
Verlust von präsynaptischen Dopamin-Transportern ausschließt (Brashear et al., 1998; Brashear et al.,
1999; Kramer et al., 1999). Bei einigen Patienten wurden im Liquor niedrige HomovanillinsäureKonzentrationen, einem Dopamin-Metaboliten, gemessen (Dobyns et al., 1993; Brashear et al., 1998).
Therapieversuche mit L-Dopa-Präparaten bewirkten allerdings keine oder nur eine sehr geringe
Besserung der Symptomatik (Dobyns et al., 1993; Brashear et al., 1998b).
1.4.2 Genetik des DPS
Das
DPS
folgt
einem
autosomal
dominanten
Erbgang
mit
reduzierter
Penetranz.
Kopplungsuntersuchungen bei zwei großen Familien lokalisierten das Gen für DPS in einer 8-cMRegion auf Chromosom 19q13 (Kramer et al., 1999). Die dritte Familie zeigte ebenfalls eine
Kopplung zu diesem Genort, der jedoch nicht weiter eingeschränkt werden konnte (Pittock et al.,
2000). Erst 2004 gelang es, den Genort durch detailliiertere Kopplungsanalysen bei der größten dieser
drei Familien auf 5,9 cM einzuengen (Kamm et al., 2004b). Kürzlich konnten sechs verschiedene
Mutationen bei insgesamt sieben Familien, die drei schon vorher beschriebenen eingeschlossen, in der
alpha 3-Untereinheit des Natrium-Kalium-ATPase 1 alpha 3 (ATP1A3)-Gens identifiziert werden (de
Carvalho Aguiar et al., 2004). Alle sechs Mutationen befinden sich in einer Region, die für einen
Einleitung
10
hochkonservierten Abschnitt im Protein, der Natrium-Kalium-ATPase (Na+/K+-ATPase; Abb. 1.5),
kodiert und konnten in keinem von 500 Kontroll-Chromosomen gefunden werden.
Abbildung 1.5. Struktur des ATP1A3–Proteins. Dargestellt ist das ATP1A3–Protein als dreidimensionales
Modell mit den sechs beschriebenen Mutationen in den hochkonservierten Regionen und den Domänen der
Proteine (N, P, A). Aus: de Carvalho Aguiar et al. 2004
Die Na+/K+-ATPase, eine Ionen-Pumpe, gehört zur Gruppe der P-Typ-ATPasen. Diese katalysieren
den aktiven Transport von Kationen durch die Zellmembran und erhalten den Ionengradienten
während der ATP-Hydrolyse. Die alpha-Untereinheit ist für die katalytische Wirkung verantwortlich.
Von dieser gibt es drei Isoformen (alpha 1, 2 und 3), die in Nervenzellen exprimiert werden (McGrail
et al., 1991). Bisher ist bekannt, dass Mutationen in Ionen-Pumpen vom P-Typ zu neuronalen
Dysfunktionen und Neurodegeneration bei der Fruchtfliege (Drosophila melanogaster) führen
(Palladino et al., 2003). Eine Mutation in der alpha 2-Untereinheit (ATP1A2) kann bei Patienten mit
familiärer hemiplegischer Migräne (Typ 2) vorhanden sein (De Fusco et al., 2003; Vanmolkot et al.,
2003). De Carvalho Aguiar und Kollegen haben in ihren Strukturanalysen herausgefunden, dass keine
der sechs Mutationen die Reifung der Na+/K+-ATPase beeinflussen oder abbrechen, was die oben
erwähnten unauffälligen Ergebnisse der Bildgebungs-Untersuchungen bekräftigte. Bei ihren
funktionellen Analysen zeigte sich eine reduzierte Aktivität und Expression der alpha 3-Untereinheit
(ATP1A3), was mit einer abnormen elektrischen Signalübertragungen im Gehirn vereinbar wäre.
Einleitung
11
1.4.3 Fragestellung zum DPS
Dem Labor von Frau Professor Dr. Christine Klein stand durch Herrn Professor Schwarz
(Neurologische Klinik, Klinikum Dortmund) eine vierte große DPS-Familie mit insgesamt acht
betroffenen Personen für die molekulargenetische Untersuchung zur Verfügung. Folgende Fragen
sollten beantwortet werden:
1. Zeigt diese Familie Kopplung zu dem identifizierten DPS-Genort auf Chromosom 19q13?
2. Lässt sich durch Sequenzierung eine Mutation im neu entdeckten ATP1A3-Gens
identifizieren?
3. Trägt die Familie alternativ die GAG-Deletion im DYT1-Gen?
4. Hat die Familie möglicherweise eine andere oro-fazial betonte Dystonieform und koppelt zum
DYT6-Genort auf Chromosom 8p-q?
Patienten, Material und Methoden
2
12
Patienten, Material und Methoden
2.1
Patienten und Kontrollen
Patienten und Kontrollen wurden an mehreren klinischen Zentren mit spezieller Expertise in
neurologischen Bewegungsstörungen in Europa (Lübeck/Deutschland: Prof. Dr. Peter Vieregge;
Dortmund/Deutschland: Prof. Dr. Michael Schwarz; Bozen/Italien: Priv. Doz. Dr. Peter P. Pramstaller;
Ankara/ Türkei: Dr. Ercan Demir) und USA (New York: Dr. Rachel Saunders-Pullman, Prof. Dr.
Susan Bressman) rekrutiert. Die Diagnose, der für die vorliegende Arbeit relevanten Krankheitsbilder
PTD, DRD, DPS und MP, wurden anhand aktueller klinischer Kriterien gestellt (Nygaard et al. 1988,
Bressman et al. 2002; Brashear et. al., 1997; Gibb and Lees 1988).
Nach dem Erhalt einer Einverständniserklärung wurde den Patienten und gesunden Kontrollen eine
venöse Blutprobe entnommen und DNA extrahiert (siehe 2.3.1).
2.2
Material
Im Folgenden sind die verwendeten Materialien unter Angabe des Herstellers aufgeführt.
2.2.1 Chemikalien
Acrylamid (30 %); rotiphoreseGel30
Roth
Betain
Sigma
Desoxyribonukleotide (dNTPs)
Amersham Biosciences
Harnstoff
USB
Molekulargewichtsstandard (100 bp)
Invitrogen
Oligonukleotide
Biometra; MWG Biotech; TIB Molbiol
Oligonukleotide, markiert für LI-COR
MWG Biotech
Restriktionsenzyme und Puffer/BSA
New England Biolabs; Invitrogen
Sonden für LightCycler
TIB Molbiol
Taq-DNA-Polymerase + Puffer
Quantum/Appligene; Eppendorf
Alle weiteren hier nicht aufgeführten Laborchemikalien wurden von den Firmen Roth, Fluka
Biochemica und Merck geliefert.
2.2.2 Geräte
Sequenziergerät, LI-COR IR2-DNA-Sequenzierer
MWG Biotech
Patienten, Material und Methoden
13
Spektrophotometer
Eppendorf
Thermocycler,
- Mastercycler
Eppendorf
- PTC-100 und PTC-200
Biozym
- LightCycler
RocheDiagnostics
Alle hier nicht aufgeführten Standardgeräte wurden von den Firmen Eppendorf, Peqlab u. a.
verwendet.
2.2.3 Stammlösungen und Puffer
Formamid-Farbstoff
47,5 ml Formamid; 2,0 ml 0,5 M EDTA (pH 8,0);
0,01 g Bromphenolblau; 0,01 g Xylencyanol
Leidener-Lösung:
155 mM NH4Cl; 10 mM KHCO3; 0,1 mM EDTA (pH 8,0);
(steril filtriert)
Lyse-Puffer:
10 mM Tris/HCl (pH 8,0); 400 mM NaCl;
0,2 mM EDTA (pH 8,0); (steril filtriert)
PAA-Gel, denaturierend für Sequenzierung:
3,3 ml LongRanger Acrylamidlösung (Biozym);
3,0 ml 10x TBE; 12,6 g Harnstoff (entspricht 7 M);
ad 30 ml mit dH2O (Delta Pharma);
Polymerisieren mit 200 µl 10 % APS und 20 µl TEMED
PAA-Gel, denaturierend für Haplotypanalyse und zur Detektion der GAG-Deletion:
6 % Acrylamid; 6,7 M Harnstoff; in 1x TBE mit 1/1000 Vol.
TEMED;
Polymerisieren von 30 ml Gellösung mit 180 µl 10 % APS
1x TE-Puffer:
10 mM Tris/HCl (pH 8,0); 1 mM EDTA (pH 8,0); (autoklaviert)
10x TBE-Puffer:
890 mM Tris; 890 mM Borsäure; 20 mM EDTA
2.3
Methoden
2.3.1 Präparation genomischer DNA
Für die molekulargenetischen Untersuchungen, vor allem in Form von PCR-Reaktionen wurde
humane genomische DNA als Vorlage benötigt. Die Präparation genomischer DNA erfolgte aus
Patienten, Material und Methoden
14
Leukozyten des Blutes nach der Aussalzmethode (Miller et al., 1988). Die Zellen wurden zunächst
lysiert, Proteine durch Proteinase K verdaut, und die DNA durch Präzipitation isoliert.
Durchführung:
Versetzen von 10 ml Vollblut (EDTA/Heparin/Citrat) mit 35 ml Leidener-Lösung
Inkubation für 30 min auf Eis bei 200 rpm
Abzentifugieren der Leukozyten (6000 rpm, 4° C, 20 min)
Waschen des Pellets durch Resuspendieren in 10 ml Leidener-Lösung
Inkubation für 20 min auf Eis und Zentrifugation (6000 rpm, 4° C, 20 min)
Resuspension des Pellet in 3 ml Lysepuffer
Zugabe von 200 µl Proteinase K (10 mg/ml) und 100 µl SDS (20 %ig)
Inkubation über Nacht bei 55° C
Zugabe von 1 ml 6 M NaCl-Lösung und kräftig schütteln
Zentrifugation (6000 rpm, 20° C, 25 min)
Überstand mit 6 M NaCl-Lösung waschen bis der Überstand keine sichtbaren Schwebteilchen
mehr enthält
Ausflocken der DNA durch Zugabe von 2 Vol. 96 % EtOH
DNA-Flocke mit 1 ml 70% EtOH waschen
Zentrifugation (12000 rpm, 4° C, 15 min), Überstand verwerfen
Pellet (DNA) im Thermoblock bei 37° C trocknen
Zugabe von 500 bis 1000 µl 1x TE-Puffer und DNA über Nacht im Kühlschrank lösen
Mit dieser Methode konnten ca. 100 bis 1000 µg genomischer DNA guter Qualität präpariert werden.
2.3.2 Konzentrationsbestimmung von DNA
Je nach Fragestellung standen zwei Methoden zur Konzentrationsbestimmung von
Nukleinsäuren zur Auswahl.
Spektrophotometrische Konzentrationsbestimmung
Die Konzentration lässt sich über die spektralphotometrische Messung bei einer Wellenlänge von 260
nm nach dem Lambert-Beer´schen Gesetz aus der Extinktion berechnen. Nukleinsäuren absorbieren
Licht zwischen einer Wellenlänge von 250 und 270 nm aufgrund der Spektralcharakteristika ihrer
Basen. Proteine hingegen absorbieren vor allem Licht der Wellenlänge 280 nm. Der Quotient E260 :
E280 ist für reine DNA zwischen 1,8 und 2,0.
Ein Nachteil dieser Methode bei der Bestimmung der DNA-Konzentration ist die Messung der
Gesamtnukleinsäure, also auch der RNA.
Patienten, Material und Methoden
15
Berechnung der Konzentration nach dem Lambert-Beer´schen Gesetz:
cNA = E260 * d * e * f
mit
E260...Extinktion bei 260 nm
d.......Schichtdicke der Küvette ( = 1)
e.......Extinktionskoeffizient ( = 50)
f........Verdünnungsfaktor
cNA....Konzentration der Nukleinsäure
Bei der Messung am Photometer wurde zunächst ein Nullabgleich gegen Wasser durchgeführt, bevor
die Proben gemessen wurden.
Konzentrationsbestimmung durch optischen Vergleich
Über einen Marker, dessen Konzentration bekannt ist, lässt sich durch Vergleich der Bandenintensität
nach Ethidiumbromidfärbung im Agarosegel unter UV-Licht die Konzentration der Ziel-DNA
abschätzen. Der Vorteil dieser Methode ist, die gleichzeitige Überprüfung der Qualität der isolierten
DNA in Hinblick auf Fragmentierung und RNA-Gehalt.
2.3.3 Polymerase-Kettenreaktion (PCR)
Die Polymerase-Kettenreaktion (Saiki et al., 1985) ist eine enzymatische Methode zur in-vitroAmplifikation von DNA. Die Spezifität der Amplifikation wird durch Verwendung zweier chemisch
synthetisierter sequenzspezifischer Primer erreicht. Diese sind zu den Randbereichen der Zielsequenz
komplementär und flankieren einen Bereich, der durch eine thermostabile Polymerase dupliziert wird.
Der Prozess der PCR wird in drei sich wiederholende Schritte unterteilt: Zunächst findet eine
Auftrennung der doppelsträngigen DNA in die beiden komplementären Einzelstränge statt
(Denaturierung). An diese Einzelstränge können sich die komplementären Primer anlagern
(Annealing). Im dritten Schritt sind die 3´-Enden der Primer Startpunkte der Polymerase, die
entsprechend der Matrize eine komplementäre Kopie jedes Stranges synthetisiert (Extension). Dadurch
wird eine exponentielle Vermehrung des gewünschten DNA-Fragments erreicht.
2.3.3.1 Design von Primern und PCR-Optimierung
Die Sequenz von Primern für konventionelle Anwendungen wurde mit Hilfe des Programms „Oligo“
abgeleitet oder aus Publikationen entnommen. Primer und Sonden für Echtzeit-PCR-Anwendungen
wurden in Zusammenarbeit mit Dr. Olfert Landt (TIB Molbiol, Berlin) entworfen. Primer und Sonden
sind Oligonukleotide, die meist aus 20 bis 24 Basen bestehen. Es wurde darauf geachtet, dass die
Primer möglichst keine Sekundärstrukturen mit sich selbst oder dem Gegen-Primer bilden. Das 3´OH-Ende bestand zumeist aus einem Guanin oder Cytosin, da dadurch eine höhere Bindungsstärke
erreicht wird als bei einem A-T-Paar. Die Primer wurden so gewählt, dass sie, bedingt durch einen
entsprechenden GC-Gehalt, Schmelztemperaturen von mindestens 55° C hatten.
Patienten, Material und Methoden
16
Mit neuen Primern für konventionelle Anwendungen wurde zunächst eine Gradienten-PCR (Variation
der Annealing-Temperatur) durchgeführt, um die optimale Temperatur zu ermitteln. Führte dies nicht
zu einem zufriedenstellenden Resultat, wurde eine PCR-Optimierung gestartet, die verschiedene Mg2+Konzentrationen und die Verwendung von Zusätzen wie Formamid, Betain, Glycerin und DMSO in
verschiedenen Konzentrationen beinhaltete.
Alle verwendeten Primer und Sonden sowie die entsprechenden Annealing-Temperaturen und
Besonderheiten sind im Anhang aufgeführt.
2.3.3.2 Protokolle zur PCR bei verschiedenen Fragestellungen
Es wurden zwei prinzipielle Verfahren der PCR-Amplikfikation angewendet: die konventionelle PCR
in einem herkömmlichen Thermocycler (A-B) und Echtzeit-PCR (C).
A) PCR-Ansatz und -Reaktion für konventionelle Mutationsdetektion
Für die Suche nach Mutationen mittels direkter PCR-Produkt-Sequenzierung wurden PCR-Reaktionen
mit einer Standard-Taq-Polymerase durchgeführt (Q-Biogene oder Eppendorf). Das Enzym besitzt
eine 5´-3´-Exonuklease-Aktivität, jedoch keine Korrekturlese-Funktion. An die 3´-Enden wird
unabhängig von der Matrix, ein Desoxyadenosin angehängt.
PCR-Ansatz:
Substanz
Konzentration
steriles dH2O
Puffer
dNTP-Mix
Primer +
Primer Template
Taq
Volumen
10x
1 mM
10 µM
10 µM
5 - 10 ng/µl
5 U/µl
Σ
Menge im Ansatz
7,3 µl
2,0 µl
4,0 µl
0,8 µl
0,8 µl
5,0 µl
0,1 µl
20,0 µl
1x
4 nmol
8 pmol
8 pmol
25 - 50 ng
0,5 U
Bei jeder PCR wurden auch eine Positiv- und eine Negativkontrolle angesetzt. Die Reaktionsgefäße
wurden in einen auf 95° C vorgeheizten Block eines Thermocyclers mit beheizbarem Deckel gestellt.
Die Amplifikation erfolgte bei einer der Primer-Sequenz angepassten Annealing-Temperatur. Die
Extensions-Zeit richtete sich nach der erwarteten Produktgröße, wobei eine Synthesegeschwindigkeit
von 1 kb/min angenommen wurde.
Programm:
95° C
35 x
95° C
55 – 72° C
72° C
72° C
4° C
3 min
initiale Denaturierung
30 s
30 s
30 s bis 4 min
Denaturierung
Annealing
10 min
terminale Extension
als Endtemperatur
Extension
Patienten, Material und Methoden
17
B) PCR für Haplotypisierung
Da die Genotypen mit Hilfe eines automatischen Sequenziergerätes (LI-COR) ausgewertet wurden,
musste das PCR-Produkt fluoreszenzmarkiert werden, was durch den Einbau eines entsprechenden
Primers erfolgte. Der PCR-spezifische Vorwärts-PCR-Primer (Sequenzen laut Genomdatenbank unter
http://www.gdb.org/) wurde dafür um die M13F-Nukleotidsequenz am 5´-Ende verlängert. Neben den
beiden PCR-spezifischen Primern wurde zusätzlich jeder PCR ein mit dem Fluoreszenz-Farbstoff
IRD-700 bzw. IRD-800 markierter Primer mit der M13F-Primer-Sequenz hinzugefügt. Bei der PCR
entstanden so spezifische PCR-Produkte, die um eine M13F-Sequenz verlängert waren und zusätzlich
am Kettenende das Fluorophor IRD-700 oder IRD-800 aufwiesen.
Die PCR zur Genotypisierung wurde nach folgendem PCR-Ansatz durchgeführt:
Substanz
Konzentration
steriles dH2O
Puffer
dNTP-Mix
Primer +
Primer M13 Primer
Template
Taq
Volumen
Menge im Ansatz
0,33 µl
0,5 µl
1,0 µl
0,06 µl
0,06 µl
0,05 µl
3,0 µl
0,05 µl
10x
1 mM
10 µM
10 µM
10 µM
~ 5 ng/µl
5 U/µl
Σ
1x
1 nmol
0,6 pmol
0,6 pmol
0,5 pmol
~ 15 ng
0,25 U
5,0 µl
Die Amplifikation fand unter folgenden Bedingungen statt:
95° C 3 min // 35 Zyklen: 95° C 30 s; 55° C 30 s; 72° C 30 s // 72° C 10 min // 4° C als
Endtemperatur.
C) Quantitative Echtzeit-PCR mit Hybridisierungssonden
Echtzeit-PCR kann zur Quantifizierung von Ausgangsmaterial für eine PCR angewendet werden.
Dabei kann am Computer-Monitor die Menge an PCR-Produkt online verfolgt werden. Das ist
notwendig, um die log-lineare Phase einer PCR zu identifizieren, denn nur in diesem Stadium ist eine
Quantifizierung
möglich.
Im
Rahmen
der
vorliegenden
Arbeit
wurde
der
LightCycler
(RocheDiagnostics) benutzt.
Zur Bestimmung von (heterozygoten) Deletionen und Duplikationen ganzer Exons im GCH1-Gen
wurden Hybridisierungssonden zum Messen der PCR-Produktmenge verwendet. Unter Einsatz von
zwei unterschiedlich markierten Paaren von Hybridisierungssonden wurde eine Duplex-PCR
durchgeführt, bei der jeweils ein Exon des GCH1-Genes und ein Teil des Referenz-Genes
koamplifiziert wurden. Als Referenz-Gen diente das -Globin-Gen. Das GCH1-spezifische PCRProdukt wurde in Kanal F2 (mit LC640-markiert), und das Referenz-Gen-Produkt wurde in Kanal F3
(LC705-markiert) detektiert.
Patienten, Material und Methoden
18
Eine Verdünnungsreihe einer Standard-DNA (RocheDiagnostics) bekannter Konzentration (0,3125
ng/µl, 5,0 ng/µl, 20,0 ng/µl) wurde bei jedem Lauf mitgeführt, um eine absolute Quantifizierung zu
erreichen.
Die vom LightCycler errechneten DNA-Anfangskonzentrationen wurden jeweils in ein Verhältnis
zueinander gesetzt: Menge GCH1zu Menge -Globin. Werte zwischen 0,8 und 1,2 wurden als normal
angesehen. Werte zwischen 0,4 und 0,7 wurden als heterozygote Deletion des entsprechenden Exons
und Werte zwischen 1,3 und 1,7 als heterozygote Duplikation des betreffenden Exons gewertet. Alle
Quantifizierungen wurden in Doppelbestimmung durchgeführt, und es wurden nur diejenigen
Doppelwerte akzeptiert, deren Standardabweichung kleiner oder gleich 10 % der ermittelten
Konzentration war.
Es wurde nach folgendem Reaktionsansatz gearbeitet:
Substanz
dH2O
MgCl2
Primer Ex (F+R)
Sonde FL Ex
Sonde LC Ex
Primer Glob (F+R)
Sonde FL Gl
Sonde LC Gl
Hybrid-Mix (Kit#)
DNA
Konzentration
25 mM
5 µM
4 µM
4 µM
5 µM
4 µM
4 µM
10x
~ 5 ng
Volumen
Endkonz. im Ansatz
ad 10 µl
0,8 bis 1,8 µl
1,0 µl
0,5 µl
0,5 µl
1,0 µl
0,5 µl
0,5 µl
1,0 µl
2,0 µl
2 bis 4,5 mM *
0,5 µM
0,2 µM
0,2 µM
0,5 µM
0,2 µM
0,2 µM
1x
~ 10 ng
*: 1 mM ist im Hybrid-Mix enthalten; #: DNA Master Fast Start Hybridization Probes (RocheDiagnostics)
PCR-Programm am LightCycler: 95° C 10 min // 95° C 10 s; 55° C 10 bis 15 s; 64 bis 72° C 10 bis 25
s (38 Zyklen) // Kühlen auf 40° C 30 s
Die Primer- und Sondensequenzen sowie die genauen PCR-Bedingungen sind im Anhang aufgeführt.
2.3.4 Agarose-Gelelektrophorese und Gelelution
Die horizontale Agarose-Gelelektrophorese wurde als Standardmethode zur Überprüfung von DNAFragmentgrößen nach PCR angewendet. Das Auflösungsvermögen von Agarosegelen ist im Vergleich
zu Polyacrylamid- (PAA-) Gelen zwar geringer, doch sind sie einfacher in der Anwendung. Die
Auftrennung von Nukleinsäurefragmenten nach ihrer Größe im elektrischen Feld ist aufgrund der
negativen Ladung des Zucker-Phosphat-Rückgrates möglich. Ihre Wanderungsgeschwindigkeit nimmt
logarithmisch, wegen der Netzstruktur des Gels, mit steigender Basenzahl ab.
Patienten, Material und Methoden
19
2.3.4.1 DNA-Auftrennung mittels Agarose-Gelelektrophorese
In Abhängigkeit von der erwarteten Produktgröße wurden Gele einer Konzentration zwischen 0,7 %
und 2,0 % verwendet.
Durchführung:
Suspendieren der entsprechenden Menge Agarose in 1x TBE
Aufkochen der Gelsuspension in der Mikrowelle
Zugabe von 1/50 Vol. Ethidiumbromid (Stammlösung: 10 mg/ml)
Gießen des Gels in eine vorbereitete Kammer mit ein oder zwei Kämmen
Proben mit 1/3 Vol. Formamid-Farbstoff versetzen
Proben und geeigneten Längenstandard in die Ladetaschen pipettieren
Elektrophorese bei 80 bis 120 V für 1 bis 2 h in 1x TBE als Laufpuffer
Über den interkalierenden Farbstoff Ethidiumbromid konnte die DNA unter UV-Licht (365 nm) als
rot-orange-farbige Bande sichtbar gemacht und mit einer Videokamera mit angeschlossenem
Bildverarbeitungssystem (BioDocAnalyze, Biometra) fotografisch dokumentiert werden.
2.3.4.2 Isolierung von PCR-Produkten aus Agarosegelen – Gelelution
Die Elution von DNA-Fragmenten aus Agarose wurde zur Reinigung der PCR-Produkte von
Nukleotiden, Primern und unspezifischen PCR-Amplifikaten vor der Sequenzierung durchgeführt. Es
kamen dabei zwei verschiedene vorgefertigte Systeme zur Anwendung, die zu keinen Unterschieden
im Resultat führten: QIAEX II (Qiagen) und Perfectprep Cleanup (Eppendorf).
Beide Systeme beruhen auf der Löslichkeit von Agarose und der selektiven Adsorption von DNA an
Silica-Partikel in Hochsalzpuffern (Vogelstein und Gillepsie, 1979). Entsprechend ähneln sich auch
die Arbeitsschritte sehr stark. Zunächst wurde die Agarose in einem Hochsalzpuffer durch Wärme
gelöst und an Silica-Partikel bzw. an eine Membran gebunden. Es folgten Waschschritte und
schließlich wurde die DNA mit Wasser oder 10 mM Tris-Lösung eluiert. Durchgeführt wurde die
Gelelution entsprechend den Herstellerangaben.
2.3.5 Polyacrylamid-Gelelektrophorese (PAGE) und Silberfärbung
Die vertikale Polyacrylamid-Gelelektrophorese (PAGE) wurde zur Auftrennung von DNAFragmenten nach einer PCR angewendet, wenn kleine Größenunterschiede detektiert werden sollten.
Das heißt, die PAGE kam bei der Sequenzierung (1 bp-Unterschied), der Detektion der GAG-Deletion
im DYT1-Gen (3 bp-Unterschied) und bei der Haplotypisierung (2 bis 4 bp-Unterschied) zum Einsatz.
In Abhängigkeit von der erwarteten Produktgröße wurden Gele einer Konzentration zwischen 6 % und
8 % verwendet.
Patienten, Material und Methoden
20
Die Fragmente wurden im Polyacrylamidgel entweder mit Silberfärbung, einer empfindliche
Färbemethode, die auf der Komplexierung von Ag+-Ionen beruht, sichtbar gemacht oder mittels eines
Lasers detektiert, wenn sie zuvor fluoreszenzmarkiert wurden.
2.3.5.1 DNA-Auftrennung mittels PAGE mit anschließender Silberfärbung
Zu Beginn der vorliegenden Arbeit wurde die GAG-Deletion im DYT1-Gen mit einer herkömmlichen
PAGE und anschließender Silberfärbung nachgewiesen.
Durchführung - PAGE:
•
Zugabe von 500 µl 10 % APS zu 50 ml denaturierender Acrylamid-Gellösung
•
Gießen eines Gels (25 cm x 40 cm und 4 mm dick), luftblasenfrei
•
Einspannen der Gele nach der Polymerisation in Kammern, vertikal
•
PCR-Produkte mit 40 % Formamid-Farbstoff versetzen und für 5 min bei 95° C denaturieren,
danach sofort auf Eis stellen
•
Je 7 µl PCR-Produkt bzw. Längenstandard pro Ladetasche auftragen
•
Elektrophorese bei konstanter Leistung (4 - 20 W) über 5 - 16 h
•
Silberfärbung der Gele zum Sichtbarmachen der Produkte
Durchführung - Silberfärbung:
•
Trennen der beiden Elektrophoreseplatten
•
Inkubation der Gele für 5 min in 10 % Ethanol
•
Inkubation für 3 min in 1 % Salpetersäure
•
Zweimal mit Aqua dest. spülen
•
Inkubation für 20 bis 60 min in 12 mM AgNO3-Lösung
•
Dreimal mit Aqua dest spülen
•
Entwickeln der Gele mit 280 mM Na2CO3 in 0,2 % Formaldehyd-Lösung
•
Beenden der Färbung durch Zugabe von 10 % Essigsäure
•
Waschen des Gels mit Aqua dest. und Blotten des Gels auf Whatman-Papier
•
Trocknen des Gels auf heizbaren Geltrockner für 1-2 h bei 75° C
2.3.5.2 Sequenzierung
Die Sequenzierung erfolgte nach dem Prinzip des Kettenabbruchverfahrens (Sanger, 1977). Diese
enzymatische
Methode,
auch
Didesoxymethode
genannt,
beruht
auf
dem
Einbau
von
Didesoxynukleotiden, die auch am C3-Atom keine Hydroxyl-Gruppe, sondern nur ein WasserstoffAtom tragen. Aufgrund dessen ist keine Kettenverlängerung möglich, wenn ein solches Molekül
eingebaut wurde.
Patienten, Material und Methoden
21
Für die Sequenzier-Reaktion wurde ein vorgefertigtes System (Thermo Sequenase fluorescent labelled
primer cycle sequencing kit) der Firma Amersham Biosciences verwendet. Pro Sequenz waren vier
verschiedene Reaktionen (entsprechen den vier möglichen Nukleotiden) nötig. Der Reaktionsansatz
enthielt ein Gemisch aus Desoxynukleotiden (dNTPs) und Didesoxynukleotiden (ddNTPs). Zunächst
wurde die doppelsträngige DNA (geleluierte PCR-Produkte bzw. Plasmid-DNA) denaturiert und
danach konnte der sequenzspezifische, fluoreszenzmarkierte Primer binden. Durch die Aktivität der
DNA-Polymerase wurde der Einzelstrang entsprechend der Matrize aufgefüllt, bis zufällig ein
komplementäres ddNTP anstatt des dNTPs eingebaut wurde und damit einen Kettenabbruch
verursachte. Während der anschließenden elektrophoretischen Auftrennung der Fragmente nach ihrer
Größe in einem denaturierenden Polyacrylamidgel erfolgte eine Detektion über Laser. Das verwendete
Sequenziergerät (LI-COR Long Read IR2-DNA-Sequenzierer) ist ein Plattensequenziergerät, das mit
Hilfe von zwei Infrarotlasern bei 700 und 800 nm simultan Informationen aufnehmen kann (Duolaser).
Damit war es möglich, die Sequenzierung des Vorwärts- und des Rückwärts-Stranges durch
Verwendung von unterschiedlich markierten Sequenzier-Primern in einem Ansatz durchzuführen.
Durchführung – Sequenzierreaktion:
•
Ansatz Mastermix:
DNA
2-10 µl
M13F-Primer, IRD700-markiert, 2 µM
1,5 µl
M13R-Primer, IRD800-markiert, 2 µM
1,5 µl
dH2O
ad 17,0 µl
•
Verteilen von je 3,9 µl Mastermix auf 4 Tubes
•
Zugabe von je 2 µl A-, T-, G-, C-Reagenz (aus Kit)
•
Amplifikation mit Kettenabbruch unter folgenden Bedingungen:
94° C 2 min // 30 Zyklen mit 94° C 30 s, 58° C 30 s, 72° C 30 s // 72° C 10 min // 4° C als
Endtemperatur
•
Zugabe von je 4 µl Ladepuffer (aus Kit)
Durchführung - Denaturierende PAGE am LI-COR:
•
Gießen eines Gels (25 cm × 41 cm × 0,2 mm) und in Sequenziergerät LI-COR einspannen
•
Rechner für den Gellauf vorbereiten (Fokussierung des Lasers und Hell-Dunkel-Abgleich)
•
Vorlauf (mind. 20 min)
•
Denaturieren der Proben bei 95° C für 3 min und in Kühlblock stellen
•
Laden von je 1,5 µl Produkt in der Reihenfolge A-T-G-C
•
Elektrophorese für ca. 6 h bei 50° C und 31,5 W in 1x TBE als Laufpuffer
•
Auswertung durch direktes Lesen am Bildschirm
Patienten, Material und Methoden
22
2.3.5.3 Haplotyp-Analyse
Die Haplo- oder Genotypanalyse ermöglicht es, die Herkunft von Chromosomenabschnitten innerhalb
(Stammbaumanalysen, Kopplungsanalysen) und außerhalb (z. B. bei Gründermutationen) von
Familien zu verfolgen. Dazu werden variable Bereiche (Polymorphismen) im Genom genutzt. Dies
können sogenannte SNPs (single nucleotide polymorphisms) oder STRs (short tandem repeats) sein.
Letztere bestehen aus einer Sequenz von zwei bis vier Basenpaaren, die sich zehn- bis dreißigmal
aneinanderreiht und stabil vererbt wird. Bei einer PCR-Amplifikation bilden sich Produkte
verschiedener Länge, die mittels Gelelektrophorese analysiert werden können. Schätzungsweise gibt
es 50000 bis 100000 STRs im humanen Genom. Sie finden sich in nicht-kodierenden DNAAbschnitten des Genoms, so zum Beispiel in intergenischen und intronischen Bereichen.
Der Informationsgehalt der einzelnen STRs ist unterschiedlich hoch, da der sogenannte
Heterozygotiegrad schwankt. Dies ist für spätere Berechnungen von großer Bedeutung. Je
polymorpher ein STR-Marker ist, d. h. je mehr Allelvarianten ein Marker aufweist, und je
gleichverteilter diese Allelvarianten in der Bevölkerung auftreten, desto höher ist die
Wahrscheinlichkeit, einen heterozygoten Träger des Allels anzutreffen. Ein Heterozygotiegrad für
einen STR-Marker von z. B. 0,71 bedeutet, dass 29 % der getesteten Bevölkerung homozygot für
diesen Marker sind, d. h. beide Chromosomen die gleiche Anzahl von Wiederholungen haben.
Die STR-Marker werden auf einer genetischen Karte relativ zueinander plaziert. Festgelegt wird ihre
Reihenfolge durch die Rekombinationhäufigkeit zwischen ihnen, deren Einheit Centi-Morgan (cM)
ist. Liegen zwei STR-Marker beispielsweise 1 cM voneinander entfernt, bedeutet dies, dass zwischen
Ihnen einmal pro 100 Zellteilungen eine Rekombination stattfindet.
Von Haplotypen wird gesprochen, sobald die Genotypen mehrerer Marker, die auf einem einzelnen
elterlichen Chromosom nacheinander folgen, geordnet sind, d. h. „in Phase gebracht“ sind. Ist die
Anordnung der Haplotypen erfolgt, lassen sich Rekombinationen von einer Generation auf die nächste
genau verfolgen.
Für die Genotypisierung in der DYT12-Region wurden acht STR-Marker, die in und um die DYT12Region auf Chromosom 19q13 lokalisiert sind, genutzt. Für die DYT6-Region auf Chromosom 8p-q
wurden sechs STR-Marker verwendet. Heterozygotiegrad und Lage der Mikrosatelliten sind im
Anhang vermerkt.
Die Amplifikation der PCR-Produkte erfolgte unter Standardbedingungen. Analysiert wurden die
Produktlängen der STRs durch 6 %-ige PAA-Gelelektrophorese an einem automatischen
Sequenziergerät (LI-COR) durch Erfassung der fluoreszenz-markierten PCR-Produkte. Um die
korrekten Größen der Allele bestimmen zu können, wurden zwei Kontrollproben der Individuen
1331.1 und 1331.2 des Centre d’Etude du Polymorphisme Humaine (CEPH) in die Genotypisierung
der einzelnen Marker einbezogen.
Patienten, Material und Methoden
23
Die Methode der PAGE am LI-COR wurde im Rahmen der vorliegenden Arbeit auch zum Nachweis
der GAG-Deletion etabliert, um damit die relative umständliche Silberfärbung zur Detektion der
Produkte zu umgehen.
Durchführung:
•
PCR-Produkte herstellen (vgl. 2.3.3.2)
•
Gießen eines Gels (20 cm × 25 cm × 0,4 mm) und Einspannen in LI-COR
•
Rechner für den Gellauf vorbereiten (Fokussierung des Lasers und Hell-Dunkel-Abgleich)
•
Vorlauf (mind. 20 min)
•
Mischen der Proben mit 200 bis 300 % Formamid-Farbstoff und bei 95° C für 3 min denaturieren
•
Je 1,5 µl Produkt laden, ggf. zwei unterschiedlich markierte Marker gleichzeitig laden
•
Elektrophorese für ca. 4 h bei 45° C und 25 W in 1x TBE
•
Manuelle Auswertung durch direktes Lesen
Ergebnisse
24
3
3.1
Ergebnisse
Mutationsanalyse des DYT1-Gens bei verschiedenen
Bewegungsstörungen
3.1.1 Zusammensetzung und klinische Daten der untersuchten Patienten
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde eine große Stichprobe von Patienten mit verschiedenen
Dystonieformen und anderen Bewegungsstörungen vor allem MP mit frühem Beginn sowie gesunde
Kontrollen molekulargenetisch auf die bis dahin bekannten Deletionen im DYT1-Gen untersucht.
Die Stichprobe bestand aus 1486 Probanden, davon waren 674 nicht miteinander verwandte Patienten
und 812 gesunde Kontrollen europäischen Ursprungs. Die Gruppe der Patienten setzte sich wie folgt
zusammen:
•
5 Patienten mit einer generalisierter PTD
•
126 Patienten mit fokaler/segmentaler PTD
•
34 Patienten mit einer Myoklonus-Dystonie (M-D)
•
32 Patienten mit einer Neuroleptika induzierten Dystonie
•
435 Patienten mit einem MP mit frühem Beginn
•
42 Patienten mit verschiedenen Formen von Bewegungsstörungen (Parkinsonismus-PlusSyndrome wie Multiple-System-Atrophie oder Progressive-Supranukleäre-Blickparese und
Restless Legs Syndrome).
Die Gruppe der Kontrollen bestand aus 403 gesunden Blutspendern aus Südtirol (Italien), 297 nichtbetroffenen Mitgliedern welche im Rahmen von Familienstudien zu oben genannten Krankheiten
rekrutiert wurden, und aus 112 Kontrollen, welche Teil einer populationsbasierten MP-Studie waren.
In dieser großen Stichprobe wurde bei insgesamt sechs Patienten eine Deletion im DYT1-Gen
gefunden, darunter fünf Dystonie-Patienten mit der GAG-Deletion (vgl. 3.1.2; Kabakci et al. 2004).
Im Folgenden werden die demographischen und klinischen Daten der Patienten mit Mutation
dargestellt:
Patient 1
Diese Patientin, deutscher Herkunft und mit einer positiven Familienanamnese, begann im Alter von
acht Jahren eine progressive Bewegungsstörung zu entwickeln, die in einer generalisierten Dystonie
resultierte. Dabei waren die Beine stärker als die Arme betroffen, was zu schweren Gangstörungen
führte. Die Symptome waren partiell Alkoholresponsiv. Die letzte neurologische Untersuchung im
Alter von 43 Jahren zeigte einen milden dystonen Tremor der Stimmlippen, eine schwere axiale
Torsionsdystonie, Dystonie aller vier Extremitäten mit einem dystonen Tremor der linken Hand und
Ergebnisse
25
einer weiteren Verschlechterung der Gangstörung. Die übrige neurologische Untersuchung, die
Laborwerte von Blut und Liquor sowie eine zerebrale Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) waren
alle unauffällig.
Patient 2
Dieser Patient deutscher Herkunft und unbekannter Familienanamnese leidet seit seinem 18.
Lebensjahr an einer zunehmenden Bewegungsstörung des Kopfes mit unwillkürlichen Verdrehungen
und einem dystonen „Nein-Nein-Tremor“. Außerdem kam es zu Krämpfen der rechten Hand mit
Beeinträchtigung der Fingerfeinmotorik und zu Gangstörungen mit gelegentlichen Stürzen. Die
Symptome waren Alkoholresponsiv. Bei seiner letzten Untersuchung mit 21 Jahren bestand ein Tortiund Laterocollis, ein dystoner Kopftremor, eine leichte Dystonie des Rumpfes, der rechten Hand
sowie des rechten Fußes. Der übrige neurologische Befund war wie die Laborchemischen
Untersuchungen von Blut und Liquor unauffällig. Die Neurophysiologischen Untersuchungen (visuell
(VEP), somatosensorisch (SEP) und motorisch (MEP) evozierte Potentiale) waren bis auf die
akustisch (AEP) evozierten Potentiale, die auf eine bilaterale periphere Läsion hinweisen, normal. Das
zerebrale MRT zeigte eine linksseitige Arachnoidal Zyste, war aber sonst ohne pathologischen
Befund.
Patient 3
Mit sechs Jahren hatte die Patientin, deutscher Herkunft und positiver Familienanamnese, erstmals
Verkrampfungen der rechten Hand beim Schreiben, die später auch in der linken Hand auftraten,
bemerkt. Im weiteren Verlauf haben sich diese auf andere Tätigkeiten und die Arme ausgeweitet. Mit
16 Jahren benötigte sie einen Schreibcomputer und die Verkrampfungen traten auch in Ruhe auf. Es
waren jedoch stets nur die oberen Extremitäten betroffen (Abbildung 1.1A). Bei der klinischneurologischen Untersuchung im Alter von 20 Jahren fand sich eine Dystonie beider Hände und
Unterarme (rechts mehr als links), ein myokloniformer, dystoner Tremor der Hände und Unterarme
(links mehr als rechts) und in Ruhe eine dystone Flexion des rechten Handgelenks. Bei geschlossenen
Augen kam es zum Einschießen der Dystonie und des dystonen Tremors sowie insbesondere beim
Schreiben und dem Versuch, ein Glas zu halten. Weitergehende Untersuchungen (Labor, MRT)
wurden bisher nicht durchgeführt.
Patient 4
Bei dieser serbischen Patientin mit positiver Familienanamnese war das Initialsymptom ein
vergleichsweise spät einsetzender Tremor beider Hände im Alter von 31 Jahren. Danach zeigte die
Patientin eine langsame Progression über 37 Jahre mit einer Überlagerung des Tremors mit häufigen
Zuckungen, die zu großen Problemen beim Essen und Trinken führten. Mit 45 Jahren kam eine
Ergebnisse
26
unwillkürliche Drehung des Kopfes nach rechts einhergehend mit schmerzhaften axialen Spasmen,
dystoner Haltung der Beine (links mehr als rechts) und des linken Arms hinzu. Die Symptomatik war
mäßig Alkoholresponsiv. Die neurologische Untersuchung
im Alter von 68 Jahren ergab eine
orofaziale Dystonie, einen Anterocollis, einen Laterocollis nach rechts, einen dystonen Kopftremor,
eine Dystonie des linken Arms mit häufigen Zuckungen, plötzliche, ruckartige Bewegungen des
Rumpfes mit Haltungsinstabilität, Aktionsmyoklonien der Beine mit intermittierender, schmerzhafter,
dystoner Haltung des linken Beins und eine Gangstörung. Weitere Untersuchungen einschließlich
Labor, Liquor, Neurophysiologie und zerebrales MRT ergaben normale Befunde.
Patient 5
Dieser türkische Patient mit positiver Familienanamnese stammte aus einer konsanguinen Ehe. Die
Schwangerschaft und Geburt verliefen normal. Mit zwei Jahren wurde eine motorische
Entwicklungsverzögerung diagnostiziert und mit vier Jahren Sprachprobleme. Im Alter von drei
Jahren entwickelte der Patient erstmals eine leichte Tetraparese und Spastik. Die Diagnose Dystonie
wurde mit zehn Jahren gestellt. Ein Jahr später entwickelte sich noch eine bulbäre Symptomatik. Bei
der neurologischen Untersuchung fanden sich eine Anarthrie, ein Torti- und Retrocollis, Kontrakturen
an beiden Händen (Palmarflexion und Opposition des Daumens), generalisierte Dystonie mit
ausgeprägter kyphotischer Skoliose, Atrophie der Beinmuskulatur, leichte Tetraparese mit gesteigerten
Muskeleigenreflexen, Fußkloni und ein positives Babinski Zeichen rechts. Die Koordination war
nicht prüfbar (Abb. 1.1B). Die Laborchemische Analyse inklusive der Langkettigen und organischen
Fettsäuren und endokrinologischen Tests waren normal. Das EEG zeigte eine generelle
Verlangsamung. Die SEP und MEP deuten auf eine zentrale (efferente) Läsion hin. Die kranialen und
spinalen MRT-Bilder waren unauffällig.
3.1.2 Ergebnisse der Mutationsanalyse
Ziel war es, die Häufigkeit der beiden bisher bekannten Deletionen (3 bp- [GAG] und 18 bp-Deletion)
im Exon 5 des DYT1-Gens zu bestimmen. Dazu wurde in dieser Studie ein Kollektiv von 1486
Probanden (674 Patienten und 812 gesunde Kontrollen), untersucht. Die Testung dieses Kollektivs
ergab folgende Ergebnisse:
1. Die 3 bp-Deletion (Abbildung 3.1) wurde bei insgesamt fünf Patienten detektiert. Drei
Patienten (1, 2, 3) hatten eine klassische früh beginnende PTD, die bei zwei dieser Patienten
im Krankheitsverlauf generalisierte (1, 2). Die Symptomatik der anderen beiden
Mutationsträger (Patienten 4 und 5) war untypisch für die DYT1-Dystonie (vgl. 3.1.1). Dieses
Resultat, dass drei der fünf Patienten (60%) mit typischer PTD die GAG-Deletion tragen,
stimmt mit den Angaben in der Literatur überein (vlg. Diskussion 4.1.1). In der Gruppe der
Kontrollen kam die GAG-Deletion nicht vor.
Ergebnisse
27
2. Die 18 bp-Deletion konnte in keinem der Patienten und in keiner Kontrolle nachgewiesen
werden.
3. Im Rahmen der Analyse wurde eine neue Mutation im Exon 5 des DYT1-Gens detektiert. Es
handelt sich dabei um eine heterozygote 4 bp-Deletion, die bei einer gesunden Kontrolle
gefunden wurde. Diese Mutation fiel durch die PCR-Produktgrößen von 250 bp (Wildtyp) und
246 bp (Produkt mit Deletion) bei der Auftrennung auf dem Polyacrylamid-Gel auf. Die
Bande mit der Deletion zeigt eine weitere Lauflänge als die deletionstragende Bande bei der 3
bp-Deletion mit 247 bp (Abbildung 3.1). Die anschließende Sequenzierung der 4 bp-Deletion
ergab eine heterozygote Deletion der vier Basenpaare AGAG an den Positionen
934_937delAGAG (Abbildung 3.2). Sie liegt somit genau zwischen der GAG- und der 18 bpDeletion (Abbildung 3.3). Im Gegensatz zu den beiden bisher bekannten Deletionen führt die
neue 4 bp-Deletion zu einer Leserasterverschiebung und damit zu einer veränderten
Aminosäuresequenz und zu einem vorzeitigen Proteinabbruch (Abbildung 3.4). Bei der
mutationstragenden Kontrolle handelt es sich um einen mutmaßlich gesunden Blutspender aus
Südtirol, der sich zu einer ausführlichen Anamnese und einer eingehenden neurologischen
Untersuchung nicht bereit erklärte. Aus diesem Grund konnten keine klinischen Daten
erhoben werden. Die neue Mutation wurde bei keiner anderen Kontrolle und auch bei keinem
Abbildung 3.1. Polyacrylamid-Gel zur
Kontrolle 2
Auftrennung der PCR-Produkte von
Kontrolle 1
934_937delAGAG
904_906delGAG
934_937delAGAG
904_906delGAG
904_906delGAG
der Patienten nachgewiesen.
Exon 5 des DYT1-Gens. Zwei Banden
von 250 bp und 247 bp Größe sind
charakteristisch für die heterozygoten
GAG-Deletionsträger (Spur 1, 2 und 4).
Bei der heterozygoten 4 bp-Deletion
(934_937delAGAG) beträgt die Größe
der PCR-Produkte 250 bp und 246 bp
(Spur 3 und 5). Gesunde Personen ohne
eine Mutation im DYT1-Gen zeigen nur
eine Bande von 250 bp (Spur 6 und 7).
Ergebnisse
28
4 bp del
Abbildung 3.2. Sequenziergel mit der 4
A
A
A
A
C
G
T
C
G
G
A
A
A
T
A
G
A
C
T
C
T
T
T
T
G
A
G
A
T
G
G
C
A
A
A
A
C
G
T
C
G
G
A
A
A
T
A
G
A
C
T
C
T
T
T
T
bp-Deletion (934_937delAGAG). Der Pfeil
G
A
G
G
A
G
A
A
A
C
C
C
C
T
T
T
T
T
A
C
A
G
T
A
G
A
G
G
A
G
markiert
die
Stelle,
an
der
die
„Doppelsequenz“ mit einem normalen
(Wildtyp [WT]) und einem deletierten
Allel beginnt.
90
4_
90
6
93
de
4_
lG
93
AG
7
d
96
el
AG
6_
98
AG
3
de
l1
8b
p
A T G C
WT
1
2
3
4
5
Abbildung 3.3. Schematische Darstellung der DYT1-mRNA. Die Pfeile geben die Lokalisation der drei Mutationen im
Exon 5 wider. Grüner Pfeil = 3 bp-Deletion, roter Pfeil = 4 bp-Deletion, blauer Pfeil = 18 bp-Deletion.
Ergebnisse
29
del302
del323-328
Leserasterkonforme Deletion:
DEDIVSRVA*EMTFFPKEERVFSDKGCKTV******YYDD
Wildtyp:
DEDIVSRVAEEMTFFPKEERVFSDKGCKTVFTKLDYYYDD
Leserasterverschiebende Deletion:
DEDIVSRVAEEMTFFPKEEFSQIKAAKRCSPS
Abbildung 3.4. Carboxy-Terminale Aminosäurensequenz des TorsinA. Die mittlere Sequenz zeigt das WildtypProtein. Darüber ist die Sequenz mit den beiden bekannten leserasterkonformen Deletionen dargestellt. Die deletierten
Aminosäuren sind mit Sternchen gekennzeichnet, und die Pfeile geben die genauen Positionen an. In der unteren
Sequenz sind die veränderten Aminosäuren hervorgehoben und der vorzeitige Proteinabbruch, der durch die neue 4
bp-Deletion verursacht wird, ist sichtbar.
3.2
Mutationsanalyse des GCH1-Gens bei Dopa-responsiver
Dystonie
3.2.1 Zusammensetzung und klinische Daten der untersuchten Patienten
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden zwei unterschiedliche Patientenkollektive (A und B)
auf Gendosisuntersuchungen im GCHI-Gen untersucht:
Aus jeder Familie wurde das zuerst untersuchte symptomatische Familienmitglied als
Indexpatient ausgewählt und molekulargenetisch untersucht.
Das Patientenkollektiv A bestand aus 23 nicht miteinander verwandten Patienten (3m, 20w) mit
klinisch sicherer DRD. Das mittlere Erkrankungsalter der Patienten lag bei 7,0 ± 3,5 Jahren,
wobei die Spanne des Erkrankungsalters von 1 bis 12 Jahren reichte. Bei allen Betroffenen
begann die Erkrankung in den Beinen. Die biodemographischen, klinischen und genetischen
Details der Index-Patienten sind in Tabelle 3.1 zusammengefasst. Darüber hinaus standen 69
Angehörige (16 erkrankt, 53 gesund) dieser Index-Patienten für molekulargenetische
Untersuchungen zur Verfügung, und ie im Index-Patienten identifizierte Mutation wurde bei den
Angehörigen getestet.
Das Patientenkollektiv B bestand aus 17 Patienten mit der Diagnose MP mit frühen Beginn.
Neben der typischen MP-Symptomatik zeigten all diese Patienten eine Fussdystonie zu Beginn
der Erkrankung, und einige Patienten hatten auch andere Dystonieformen, z. B. Schreibkrampf.
Ergebnisse
30
Klinische Details sind in der Tabelle 3.2 zusammengefasst. Diese Patienten wurden im Rahmen
der Doktorarbeit von Herrn Dr. Martin Kann aus der neurogenetischen Arbeitsgruppe von Frau
Prof. Dr. C. Klein auf Parkin-Mutationen untersucht, einer relativ häufigen Ursache des MP mit
frühen Beginn. Vier der 17 Patienten trugen zwei Mutationen im Parkin-Gen (compound
heterozygot) und ein Patient hatte eine einzelne heterozygote Parkin-Mutation (Kann 2004).
Zwölf Familien von Patientenkollektiv A und das gesamte Patientenkollektiv B wurden im
Rahmen der Doktorarbeit von Frau Dr. Kathrin Mohrmann aus der neurogenetischen
Arbeitsgruppe von Frau Prof. Dr. C. Klein mit konventionellen Methoden (Single strand
conformation polymorphism [SSCP]-Analyse und Sequenzierung) auf Punktmutationen und
kleine Deletionen/Insertionen im GCHI-Gen untersucht (Mohrmann 2002).
Ergebnisse
31
Tabelle 3.1. Biodemographische und klinische Daten der 23 DRD-Indexpatienten
IndexPatient
GCH1Mutation
(DNA)
GCH1-Mutation
(Protein)
A27674
Ex1-6del
Kompletter Proteinverlust
M
17
B7143
Ex1-4del
Kompletter Proteinverlust
W
37
C859
262 C>G
Arg88Gly
W
D4022
272T>G
Leu91Arg
W
E3721
281C>A
Thr94Lys
W
F27258
308A>C
Gln103Pro
T2424
323G>A
G4460
Geschlecht/
Alter/
Erkrankungsalter
Erkrankungsbeginn
L-Dopa
Tagesdosis
(mg)
Ort der Dystonie
Familien- Familienanamnese anamnese
PS
Dystonie
5
Beine
25
Arme und Beine
Neg.
Pos.
Deutschland, England
1 (1)
6 (1)
12
Arm und Bein
100
Arm und Bein
Unbekannt
Neg.
Unbekannt
keine
1 (0)
21
12
Beine
200
Beine
Neg.
Pos.
Deutschland
1 (1)
4 (3)
14
10
Bein
100
Bein
Neg.
Neg.
AJ: Polen, Russland
keine
2 (0)
25
11
Bein
150
Rumpf, Beine
Pos.
Pos.
Schottland, Irland, Frankreich, England
1 (1)
1 (0)
W
40
3
Extremitäten
600
Arme und Beine
Neg.
Pos.
Unbekannt
1 (1)
1 (0)
Gly108Asp
W
16
9
Beine
100
Arme und Beine
Pos.
Pos.
England, Deutschland Holland
3 (3)
4 (1)
532A>G
Arg178Gly
W
36
8
Bein
100
Beine
Unbekannt
Pos.
Norwegen, Deutschland
1 (1)
6 (4)
H3942
550C>T
Arg184Cys
W
25
1
Beine
100
Hals, Rumpf, Arme, Beine
Pos.
Neg.
AJ: Polen, Ukraine, Russland, Österreich
keine
1 (1)
I1275
601G>A
Gly201Arg
W
35
11
Bein
350
Arme und Beine
Neg.
Neg.
Deutschland
keine
4 (0)
J7671
604G>A
Val202Ile
W
28
5
Bein
150
Bein
Neg.
Pos.
AJ: Polen, Ungarn
keine
keine
K180
669C>A
68C>T
Ser223Arg
Pro23Leu
M
38
7
Beine
500
Arme und Beine
Pos.
Neg.
Italien
keine
keine
L546
22_23GC>TA
Ala8Stop
W
30
3
Beine
700
Arm und Beine
Neg.
Pos.
Deutschland England, Kuba, Spanien
keine
keine
Herkunft
Getestete Angehörige
(Mutationsträger)
Betroffen
M26296
Gesund
646C>T
Arg216Stop
W
31
4
Bein, Rumpf
300
Arm und Beine
Pos.
Pos.
Deutschland Schweiz
4 (4)
7 (0)
N8819
316insTTC
106Thr/ins106Phe
W
17
12
Bein
500
Bein
Pos.
Pos.
Deutschland England, Irland
1 (1)
7 (0)
O8548
631_632delAT
Met 211/Stop248
W
17
9
Bein
250
Hals, Arm, Bein
Neg.
Neg.
Italien, Schweden, Karibik
keine
2 (0)
P5664
654ins T
Val218/stop249
W
37
5
Bein
300
Arme und Beine
Neg.
Pos.
Italien
1 (1)
keine
Q8306
IVS4+1G>A
M
34
6
Bein
500
Unteres Gesicht, Hals, Arm,
Bein
Neg.
Pos.
Portugal, Schottland
1 (1)
3 (1)
R3793
IVS5+3insT
W
44
1
Arme und Beine
400
Rumpf, Beine
Neg.
Neg.
AJ: Polen, Deutschland Russland
keine
3 (1)
S5852
IVS5+3insT
W
30
10
Extremitäten
100
Arme und Beine
Neg.
Pos.
Japan, Korea
1 (1)
1 (0)
U4834
Vorzeitiger
Proteinabbruch
Vorzeitiger
Proteinabbruch
Vorzeitiger
Proteinabbruch
keine detektiert
Entfälllt
W
54
6
Arm und Bein
150
Arm und Bein
Pos.
Pos.
Irland, Nordamerikanische Eingeborene
keine
keine
V27259 keine detektiert
Entfällt
W
41
5
Bein
100
Rumpf, Arm, Beine
Neg.
Pos.
Deutschland Irland, partiell AJ
keine
keine
W8829
Entfällt
W
41
7
Bein
300
Arme und Beine
Pos.
Pos.
England
keine
keine
keine detektiert
M = männlich; W = weiblich; AJ = Ashenaschi Juden
Ergebnisse
32
Tabelle 3.2. Biodemographische und klinische Daten der 17 MP-Patienten mit frühem
Beginn und zusätzlicher Dystonie
IndexPatient
Alter
Geschlecht
Erkrankungsalter
FH
L-Doparesponsiv
Art der Dystonie
L-283
48
m
35
?
Ja
L-299
L-324
L-325
L-333
44
43
45
51
w
m
m
m
37
31
34
16
?
Neg
Pos
?
Ja
Ja
Ja
Ja
L-341
L-359
L-362
L-367
L-368
L-378
L-387
L-389
L-395
L-517
42
51
53
45
50
53
47
50
51
36
w
m
w
w
w
m
m
w
w
m
31
15
41
33
39
46
38
39
40
30
Pos
Pos
?
Pos
?
?
Pos
?
?
Pos
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
Ja
L-561
L-649
53
46
m
m
21
16
Pos
Pos
Ja
Ja
Fußdystonie, Torticollis,
Schreibkrampf
Fußdystonie, Schreibkrampf
Fußdystonie
Fußdystonie
Fußdystonie, Toritcollis,
Schreibkrampf,
Blepherospasmus
Fußdystonie, Schreibkrampf
Fußdystonie
Fußdystonie, Handdystonie
Fußdystonie
Fußdystonie
Fußdystonie
Fußdystonie
Fußdystonie
Fußdystonie
Fußdystonie, Torticollis,
Schreibkrampf
Fußdystonie
Fußdystonie, Schreibkrampf
Verteilung der
DystonieSymptome
Multifokal
Anzahl
ParkinMutationen
0
Multifokal
Fokal
Fokal
Multifokal
0
2
0
0
Multifokal
Fokal
Multifokal
Fokal
Fokal
Fokal
Fokal
Fokal
Fokal
Multifokal
0
2
0
0
0
0
1
2
0
0
Fokal
Multifokal
2
0
m = männlich; w = weiblich; FH = Familienanamnese; ? = unbekannt
3.2.2 Etablierung einer Methode zum systematischen Nachweis von
heterozygoten Deletionen im GCHI-Gen mittels quantitativer EchtzeitPCR
Bestimmte Deletionen oder Duplikationen sind mit konventionellen Methoden nicht darstellbar.
Heterozygote
Gendosisveränderungen
von
ein
oder
mehr
Exons
und
angrenzenden
Intronbereichen wie sie unter anderem im Parkin-Gen beobachtet wurden, sind für den Nachweis
mit Fluoreszenz in-situ Hybridisierung (FISH) zu klein und für eine routinemäßige Detektion mit
einer Deletions- oder Duplikations-überspannenden PCR zu groß. Daher wurde in der
Arbeitsgruppe von Frau Prof. Dr. C. Klein zunächst eine neue Methode zum Nachweis dieser
Mutationsart im Parkin-Gen mittels quantitativer Duplex-PCR mit dem LightCycler entwickelt
(Hedrich et al., 2001) und im Rahmen der vorliegenden Arbeit für das GCHI-Gen modifiziert und
etabliert (Klein et al., 2002).
Im Normalfall (ohne Mutation) besitzt jeder Mensch zwei Kopien jedes Gens, eine väterliche und
eine mütterliche. Bei einer partiellen Deletion, z. B. der Deletion eines Exons, ist nur noch eine
Kopie dieses Bereiches vorhanden, wohingegen bei einer Duplikation oder Triplikation drei und
mehr Kopien im Genom vorliegen (Tabelle 3.3). Mittels Echtzeit-PCR am LightCycler kann die
Kopienzahl jedes einzelnen Exons bestimmt werden indem die Menge an DNA der einzelnen
Exons mit der DNA-Menge eines Referenz-Gens verglichen wird.
Ergebnisse
33
Tabelle 3.3: Kopienanzahl von Allelen bei Deletionen und Duplikationen.
Anzahl der Allele
Allele Ziel-Gen
Allele Referenz-Gen
Quotient
Normalfall
Homozygote
Deletion
Heterozygote
Deletion
Heterozygote
Duplikation
Homozygote
Duplikation
2
2
2
1
0
0
2
0
1
1
2
0,5
3
3
2
1,5
4
4
2
2
Das verwendete Referenz-Gen -Globin liegt auf jeden Fall in normaler Kopienzahl (n=2) vor
und die entsprechende PCR ist sehr robust, d. h. sie funktioniert über einen weiten Bereich von
Reaktionsbedingungen. Menschen mit Mutationen im -Globin-Gen leiden an Thalassämie, einer
klinisch leicht diagnostizierbaren Erkrankung des Blutes, die bei den Probanden ausgeschlossen
wurde.
Die Fragestellung erforderte eine sehr genaue Art der Quantifizierung, da die erwarteten und zu
beurteilenden Quotienten von GCHI zu -Globin von 0,5, 1,0 und 1,5 zweifelsfrei unterschieden
werden mussten (Tabelle 3.3). Daher wurden für die Quantifizierung wie beim Parkin-Gen
sequenzspezifische Sonden in einer Duplex-PCR verwendet, wobei jedes einzelne Exon des
GCHI-Gens mit dem Referenz-Gen -Globin koamplifiziert wurde.
Um absolute DNA-Anfangskonzentrationen zu ermitteln, wurde eine Verdünnungsreihe einer
menschlichen genomischen Standard-DNA bekannter Konzentration (RocheDiagnostics) in drei
verschiedenen Konzentrationen (0,3125 ng/µl, 5 ng/µl und 20 ng/µl) bei jedem Lauf mitgeführt.
Aus diesen Werten konnte die Software des LightCyclers eine Standardgerade (y=m*x+n)
erstellen und daraus die DNA-Konzentration der zu messenden Proben berechnen.
Zur Absicherung der Ergebnisse wurde jede Quantifizierung in Doppelbestimmung durchgeführt,
und
die
Messwerte
wurden
nur
Standardabweichung der Einzelwerte
dann
zur
Auswertung
herangezogen,
wenn
die
10 % der errechneten Konzentration betrug.
Wegen der hohen Zahl von Oligonukleotiden in dem Reaktionsansatz (zwei Paar Sonden und
zwei Paar Primer) wurde eine sogenannte Hot-Start-Polymerase (DNA Master Fast Start
Hybridization Probes, RocheDiagnostics) verwendet, die ihre Aktivität erst nach einer 10minütigen Erhitzung bei 95° C entfaltet.
Beim Design der GCHI-Primer wurde, neben den üblichen sequenzspezifischen Eigenschaften,
auch darauf geachtet, dass die Primer möglichst innerhalb des Exons binden. Dadurch sollten
mögliche falschpositive Deletionen wegen Mutationen in den Primer-Bindungsbereichen
ausgeschlossen werden. Solche Mutationen würden durch die SSCP-Analyse mit den weiter
außen liegenden intronischen Primern (Bandmann et al., 1998) auffallen. In Zusammenarbeit mit
Dr. Olfert Landt (TIB MOLBIOL, Berlin) wurden entsprechende Primer und Sonden für alle
Ergebnisse
34
sechs Exons des GCHI-Gens entworfen. Die PCR-Bedingungen wurden optimiert, so dass jedes
Exon zuverlässig amplifiziert und quantifiziert werden konnte.
Mit dieser Methode konnten Gendosisveränderungen im GCHI-Gen identifiziert werden. Eine
Deletion wurde bei einem Verhältnis von GCHI-Exon zu -Globin von 0,3 bis 0,7 angenommen.
Der Normalbereich war als Quotient zwischen 0,8 und 1,2 definiert. Die folgende Abbildung zeigt
den Auswertebildschirm des LightCyclers mit dem Beispiel einer heterozygoten Deletion von
Exon 3, ersichtlich durch einen Quotienten GCHI-Exon 3 zu ß-Globin von 0.52.
Ergebnisse
35
A
1
3
2
B
1
3
2
Abbildung 3.5. Quantifizierung mit dem LightCycler. (A) Fluoreszenzkanal F2 normiert auf F1 im Zyklus 6. Die
Intensität des Fluoreszenzsignals korreliert mit der Menge GCH1-Exon 3. (B) Fluoreszenzkanal F3 normiert auf F1 im
Zyklus 6. Diese Kurve entspricht der PCR-Produkt Menge von -Globin. (1) Die Diagramme zeigen die Menge an
PCR-Produkt für die drei verschiedenen Standardverdünnungen und eine DNA-Probe während der PCR (als Funktion
der Zeit). (2) Unterhalb der Diagramme ist jeweils die Standardgerade (Fluoreszenzsignal als Funktion der
Konzentration) für die drei Standardverdünnungen gezeigt. Daneben sind der Anstieg der Kurve, die daraus errechnete
Effizienz der PCR und die Abweichung der Meßpunkte von der Gerade (Fehler) wiedergegeben. (3) Die absolute
Konzentrationen der Proben basierend auf der Standardgerade sind angegeben. Im Beispiel ist an den absoluten
Konzentrationen und am Vergleich der Probe DONH 27674 zu den Standards im Diagramm erkennbar, dass das
Verhältnis von Konzentration GCH1-Exon 3 / -Globin = 3,900/7,567 = 0,52 ist. Daher hat die untersuchte Probe eine
heterozygote Deletion in Exon 3.
Ergebnisse
36
3.2.3 Ergebnisse der Mutationsanalyse
Wir führten eine molekulargenetische Untersuchung des GCHI-Gens an einem großen Kollektiv
von DRD- und MP-Patienten mit frühem Beginn anhand der neu etablierten Methode der
quantitativen
PCR-Analyse
(Gendosis-Untersuchung)
und
mittels
konventioneller
Analysemethoden (Sequenzierung) durch (Hagenah et al., 2005). Im Rahmen der vorliegenden
Arbeit erfolgte die Gendosisuntersuchung des GCHI-Gens bei insgesamt 40 und die
Sequenzananlyse bei 11 Index-Patienten und bei insgesamt 69 Angehörigen.
Im Patientenkollektiv A wurden bei 20 der 23 Familien (87 %) Mutationen im GCHI-Gen
identifiziert (Tabelle 3.1). Es wurden bei zehn Betroffenen missense- und bei zwei Patienten
nonsense-Mutationen mittels Sequenzanalyse detektiert. Darüber hinaus wurden drei splice site-,
drei kleine Deletionen/Insertionen und zwei große Exondeletionen gefunden (Abbildung 3.5).
Eine der splice-site-Mutationen (IVS5+3insT) wurde bei zwei nicht miteinander verwandten
Patienten nachgewiesen (Tabelle 3.1). Einer der Patienten war asiatischer Abstammung, der
zweite war Ashkenazi-jüdischen Ursprungs aus der Region Ost-Mitteleuropa. Von den zehn
identifizierten missense-Mutationen waren sieben noch nicht vorbeschrieben und wurden nicht in
100 Europäischen Kontrollchromosomen gefunden.
delEx1-4
delEx1-6
1
68C>T
2
262C>G
4
532A>G
272T>G
IVS4+1G>A
281C>A
22_23GC>TA
3
308A>C
5
6
646C>T
550C>T
601G>A
669C>A
604G>A
323G>A
316insTTC
IVS5+3insT
654insT
Abbildung 3.6. Lokalisation der in dieser Studie identifizierten Mutationen im GCH1-Gen. Schematisch dargestellt ist
das GCH1-Gen auf Chromosom 14 mit den sechs Exons (Kästchen). Mutationen die durch Sequenzierung gefunden
wurden sind unterhalb des Gens zu sehen (Basenpaaraustausche mit Pfeilen und kleine Deletionen/Insertionen als
Balken symbolisiert). Oberhalb des Gens sind die Exondeletionen gezeigt. Ein Basenpaaraustausch, der
wahrscheinlich ein seltener Polymorphismus ist, stellt der graue Pfeil dar.
Ergebnisse
37
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden 11 der 20 Mutationen im Patientenkollektiv A
identifiziert. Die restlichen neun Mutationen sind bereits in der Promotionsarbeit von Frau Dr.
Kathrin Mohrmann vorgestellt worden (Tabelle 3.1; Mohrmann 2002). Im Folgenden soll auf
einige der hier identifizierten mutationstragenden Familien näher eingegangen werden:
Familie A
Diese amerikanische Familie wurde in der Doktorarbeit von Frau Dr. K. Mohrmann mittels
SSCP- und Sequenz-Analyse auf Mutationen im GCH1-Gen untersucht, wobei keine Mutation
gefunden werden konnte. Aber auf Grund der klinischen Befunde und des Stammbaums lag eine
klassische DRD in dieser Familie vor (Abbildung 3.7). Die anschließende quantitative Analyse
ergab eine heterozygote Deletion aller sechs Exons des GCH1-Gens bei dem Indexpatienten
(Abbildung 3.8). Von sieben weiteren Familienmitgliedern, einschließlich der betroffenen Tante,
stand DNA zur Verfügung (Abbildung 3.7). Bei der Gendosisuntersuchung dieser Angehörigen
wurde eine heterozygote Deletion des GCHI-Gens bei der Tante (27109) und einem ihrer Söhne
(AE484) detektiert. Bei dem Vater (27673) des Indexpatienten aber war die Deletion nicht
nachzuweisen (Abbildung 3.8). Aufgrund des Stammbaums müsste der Vater obligater
Mutationsträger sein, was dazu führte, dass die biologische Vaterschaft mit einer neuen DNAProbe und Haplotypisierung überprüft und letzten Endes bestätigt wurde.
Ergebnisse
38
no DNA
27196
+
no DNA
27109
27673/AE935
+
?
no DNA no DNA
AE485
27675
+
AE485
27674
AE934/no DNA
Abbildung 3.7: Stammbaum der Familie A. Von dieser DRD-Familie stand außer der des betroffenen Indexpatienten
(Pfeil; schwarz; 27674) noch von sieben weiteren Familienmitgliedern DNA zur Verfügung (alle mit einer Nummer),
darunter eine Betroffene (schwarz; 27109). Von den beiden erkrankten Zwillingen lag keine DNA vor und es war
unklar, ob es sich um ein– oder zweieiige Zwillinge handelte (?). Die drei Mitglieder, bei denen die Deletion aller
sechs Exons gefunden wurde, sind mit einem „+“ gekennzeichnet.
Vater/27673
1,40
1,20
1,00
0,80
0,60
0,40
Index/27674
1,40
1,20
0,20
0,00
1
1,00
2
3
4
5
6
0,80
0,60
1,40
0,40
1,20
0,20
1,00
Väterl. Tante/27109
0,80
0,00
1
2
3
4
5
6
0,60
0,40
0,20
0,00
1
2
3
4
5
6
Abbildung 3.8: Ergebnisse der quantitativen PCR-Analyse. Dargestellt sind die Ergebnisse für die
Gendosisuntersuchungen des GCH1-Gens des Indexpatienten 27674 sowie dessen Vater 27673 und seiner Tante
27109. Für jedes Exon des GCH1-Gens ist das Verhältnis von GCH1 zu -Globin im Säulendiagramm angegeben. Im
Gegensatz zu dem Vater, dessen Werte alle im Normbereich zwischen 0,8 und 1,2 lagen, zeigten sich bei dem
Indexpatienten und seiner väterlichen Tante Quotienten von 0,4 bis 0,7 (rot markierter Bereich). Damit konnte bei
beiden eine heterozygote Deletion aller sechs Exons nachgewiesen werden.
Ergebnisse
39
Familie B
Bei der Indexpatientin 7143 der Familie B wurde eine heterozygote Deletion der Exons 1 bis 4
identifiziert (Abbildung 3.9). Sie war die einzige Betroffene in dieser Familie und DNA zur
molekulargenetischen Analyse stand nur von ihr und ihrer Mutter 7144 zur Verfügung. Diese trug
allerdings nicht die Mutation, was den Schluss nahe legt, dass es sich entweder um eine de novoMutation bei der Indexpatientin handelt, oder dass die Mutation vom Vater vererbt wurde.
7144
+
7143
1,20
Ratio GCHI / beta globin
Family PIQ: delEx2-3
1,00
7143
1,08
1,03
1,00
0,91
0,85
0,88
7144
0,93
0,87
0,80
0,60
0,56
0,56
0,45
0,40
0,29
0,20
0,00
1
2
3
4
5
6
Exon
Abbildung 3.9: Stammbaum der Familie B und die Ergebnisse der Gendosisuntersuchung. Im Stammbaum ist die
betroffene (schwarz) Indexpatientin mit einem Pfeil markiert. Die Mutter (7144) ist mit einem „-„ gekennzeichnet, da
sie die Mutation nicht trägt. Rechts sind die Ergebnisse für die quantitative PCR des GCH1-Gens für die
Indexpatientin (schwarz) und deren Mutter (grau) in einem Diagramm dargestellt. Aufgetragen ist für jedes Exon das
Verhältnis von GCHI zu -Globin. Die entsprechenden Quotienten sind über den Balken eingetragen. Ein Verhältnis
von 0,8 bis 1,2 bedeutet keine Veränderung der Gendosis. Bei einem Quotienten von 0,3 bis 0,7 liegt eine
heterozygote Deletion vor. Dies traf bei der Indexpatientin für die Exons 1 bis 4 zu. Bei ihrer Mutter lagen die Werte
für alle Exons im Normalbereich.
Familie D
Neben den beiden detektierten Gendosisveränderungen bei den Familien A und B ergab sich
zunächst eine dritte heterozygote Exon-Deletion. Die quantitative Analyse von Exon 1 bei Patient
4022 wies ein Verhältnis der Konzentration von Exon 1 des GCHI-Gens zum -Globin-Gen von
0,52 auf. Die Sequenzanalyse dieses Exons mit flankierenden Primern zeigte jedoch eine
heterozygote Punktmutation (c.272T>G), die an der letzten 3´-Stelle des Rückwärts-Primers für
die quantitative PCR zu einer Fehlpaarung führte. Deshalb war die Anlagerung des Primers an
das zu amplifizierende PCR-Produkt gestört, und es wurde nur der nicht mutierte Strang während
der LightCycler-Analyse vervielfältigt.
Außer der Indexpatientin gab es keine weiteren Betroffenen in der Familie und kein Elternteil trug
die Mutation. Damit handelt es sich bei der Mutation im Patienten 4022 um eine de novoMutation.
Ergebnisse
40
Familie G
Bei der Indexpatientin 4460 der Familie G wurde eine missense-Mutation in Exon 4 des GCHIGens (c.532A>G) gefunden (Abbildung 3.10). Sie hatte eine betroffene Schwester, die ebenfalls
die Mutation trug. Darüber hinaus wurden weitere vier Mutationsträger in der Familie
identifiziert, einschließlich des Vaters der beiden betroffenen Schwestern, die alle gesund waren.
Dies unterstreicht die reduzierte Penetranz der GCHI-Mutation bei dieser Familie.
Family SCHM: 532A>G
+
4837
+
4459
4458
4838
+ +
4832
4839
A T G C
A T G C
4838
4460
+
4460
+
4831
Abbildung 3.10: Stammbaum und Sequenzanalyse der Familie G. Von acht Familienmitgliedern stand DNA zur
Verfügung (mit Nummer versehen). Bei sechs von ihnen wurde die Mutation detektiert (+). Die Indexpatientin (4460;
Pfeil) und eine Schwester (4459) waren betroffen (schwarz). Die vier übrigen Mutationsträger, durch einen Punkt
gekennzeichnet, waren nicht betroffen. Zwei weitere Mitglieder trugen keine Mutation und waren gesund (-). Die
Sequenzanalyse auf einem 6-%igen Polyacrylamidgel zeigt den heterozygoten Basenpaaraustausch T>C auf dem
reversen Strang (Pfeil; entspricht auf dem vorwärts Strang c.532A>G) der Indexpatientin (4460). Links daneben ist der
gleiche Sequenzabschnitt der nicht betroffenen Mutter (4838) dargestellt, der diese Mutation nicht zeigt.
Familie K
Interessanterweise trug der Patient K180 zwei verschiedene Basenpaaraustausche, die beide in
einem Aminosäureaustausch resultierten (Tabelle 3.1). Einer dieser Basenpaaraustausche
(c.68C>T) wurde zuvor bei drei anderen Patienten beschrieben (Steinberger et al., 2000; Jarman
et al., 1997) und bei einer von 50 eigenen Kontrollen gefunden. Der andere Basenpaaraustausch
(c.669C>A) wurde in keiner der Kontrollen detektiert. Leider standen keine Angehörigen dieses
Patienten für eine Segregationsanalyse zur Verfügung.
Ergebnisse
41
Im Patientenkollektiv B (17 MP-Patienten mit frühem Beginn) wurden hingegen keine
Gendosisveränderungen gefunden (Abbildung 3.11). Zuvor wurden bereits Punktmutationen und
kleine Deletionen/Insertionen in diesen Patienten ausgeschlossen (Mohrmann 2002).
Verhältnis GCHI /ß-Globin
1,20
Abbildung 3.11: Ergebnisse der
quantitativen PCR-Analyse für das
Patientenkollektiv B. Gezeigt sind die
durchschnittlichen Quotienten mit der
einfachen Standardabweichung von
jedem einzelnen Exon des GCHI-Gens
im Verhältnis zum Referenzgen ßGlobin. Sie liegen alle im Normalbereich
zwischen 0,8 und 1,2 und daher ist
keines der Exons deletiert.
1,00
0,80
0,60
0,40
0,20
0,00
1
2
3
4
5
6
Exon
3.2.4 Phänotypischer Vergleich der Patienten in Abhängigkeit vom
Mutationsstatus
Innerhalb des Patientenkollektives A identifizierten wir 20 Mutationsträger (Gruppe I) und drei
Index-Patienten ohne Mutation (Gruppe II). Bei beiden Gruppen gab es keinen Unterschied in
Bezug auf das Erkrankungsalter (Median: 7,5 Jahre bei Gruppe I vs. 6,0 Jahre bei Gruppe II), auf
die positive Familienanamnese für Dystonie (13/20 bei Gruppe I vs. 3/3 bei Gruppe II) und in
Bezug auf die positive Familienanamnese für Parkinson (6/18 bei I vs. 2/3 bei II). Die
durchschnittliche Tagesdosis von L-Dopa war bei Gruppe I höher (Median 225 mg) als bei
Gruppe II (Median 150 mg). Für eine statistische Auswertung ist die Stichprobe (besonders die
Gruppe II) zu klein.
Ergebnisse
3.3
42
Klinisch-genetische Charakterisierung einer Familie mit dem
Dystonie-Parkinson-Syndrom (DPS) mit raschem Beginn
In diesem Teil der vorliegenden Arbeit wurde eine große Familie mit DPS klinisch und
molekulargenetisch untersucht (Kabakci et al., 2005).
3.3.1 Demographische und klinische Untersuchungsergebnisse der
DPS-Familie
Von dieser aus Deutschland stammenden Familie mit acht Betroffenen mit klinisch typischem
DPS konnte ein vier Generationen umfassender Stammbaum erstellt werden. Zwanzig der 37
identifizierten Familienmitglieder einschließlich der vier noch lebenden definitiv betroffenen
Mitglieder stimmten einer klinisch-neurologischen Untersuchung zu. Informationen zu den
übrigen 17 Verwandten, inklusive vier Betroffener, wurden durch Befragungen der Angehörigen
eingeholt. Bei den verstorbenen definitiv erkrankten Familienmitgliedern wurde die Diagnose
anhand von archivierten Krankenakten gestellt. Damit waren insgesamt acht Personen (4m, 4w)
definitiv betroffen, wovon fünf zur zweiten und drei zur dritten Generation gehörten (Abbildung
3.12). Weiterhin konnte ein Individuum in der ersten Generation (I.2), auf Grund der Anamnese,
als wahrscheinlich betroffen eingestuft werden. Aus der Analyse des Stammbaumes (Abbildung
3.11) ergab sich der Verdacht auf einen autosomal-dominanten Erbgang mit hoher Penetranz.
Diese Annahme wurde durch das Auftreten von betroffenen Familienmitgliedern in drei
aufeinander folgenden Generationen gestützt. Das Durchschnittsalter der Erkrankung lag für die
acht definitiv Betroffenen bei 7,1 ± 2,7 Jahren mit einer Spanne von 4 – 12 Jahren. Bis zum Jahr
2004 wurde kein Angehöriger in der vierten Generation (Durchschnittsalter: 17,3 ± 6,5 J.; Spanne
4 – 25 Jahre) als erkrankt charakterisiert. Detaillierte klinische Daten zu jedem definitiv
betroffenen Mitglied sind in Tabelle 3.4 dargestellt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass alle
Betroffenen eine orofaziale Dystonie hatten, die zu Dysarthrie (n=8) und Dysphagie (n=6) führte.
Außerdem bestand bei fünf Patienten eine schwere Dystonie aller vier Extremitäten und bei drei
Patienten eine Dystonie der Hand. Parkinsonzeichen in Form von Hypomimie, Bradykinese und
Rigor wurden bei allen Erkrankten festgestellt.
Ergebnisse
43
Abbildung 3.12. Der vier Generationen umfassende Stammbaum zeigt alle acht definitiv betroffenen (schwarz)
und das wahrscheinlich betroffenene (grau) Familienmitglied. Die Indexpatientin ist mit einem Pfeil
gekennzeichnet. Das Fragezeichen markiert die Angehörigen, die im ersten Lebensjahr mit unbekannter Ursache
verstorben sind. Individuen mit einem “+” starben an Nierenversagen. Von allen, die mit einer “L” Nummer
versehen sind, stand DNA zur Verfügung.
Ergebnisse
Tabelle 3.4. Biodemographische und klinische Daten der betroffenen Familienmitglieder der DPS-Familie
44
Ergebnisse
45
Neben der DPS-Symptomatik sind noch folgende Informationen zu dieser Familie interessant:
Drei Individuen der II. bzw. III. Generation (II.5, II.6 und III.10) wurden zu früh geboren und
verstarben innerhalb des ersten Lebensjahres mit unbekannter Ursache. Von den acht definitiv an
DPS erkrankten Patienten entwickelten drei (II.2, II.3 und II.11) ein Nierenversagen, jeweils im
Alter von 33, 47 bzw. 67 Jahren, an dem sie auch verstarben.
Bei der Indexpatientin (III.15) wurden vor kurzem, im Alter von 39 Jahren, Schrumpfnieren
(Hypoplastische Nieren) diagnostiziert. Bei der Mutter (II.9) der Indexpatientin waren schon seit
einigen Jahren Nierenzysten bekannt.
Im Folgenden sollen kurz die klinischen Daten der Indexpatientin vorgestellt werden: Sie
erkrankte mit sechs Jahren nach einer febrilen Bronchitis plötzlich über Nacht an einer
Sprechstörung und hatte Schwierigkeiten die Zunge zu bewegen (Motilitätsstörung der Zunge).
Darüber hinaus litt sie an einer dystonen Verkrampfung der linken Hand. In den darauffolgenden
Tagen kam es zu einer raschen Progression der Symptomatik. Sie entwickelte eine schwere
Dysphonie und Dysphagie, was dazu führte, dass sie zeitweise über eine Magensonde ernährt
werden musste. Außerdem hatte sie eine orofaziale Dystonie und eine Dystonie aller vier
Extremitäten. Des Weiteren zeigte die Patientin ein ausdruckloses Gesicht (Hypomimie),
vermehrten Speichelfluss (Hypersalivation) und eine allgemeine Verlangsamung der Bewegungen
(Bradykinese). Nachdem sich diese Initialsymptome für drei Wochen stabilisierten, kam es zu
einer partiellen Remission. Ein Therapieversuch mit Dopamin brachte keinen Erfolg. Bei der
letzten neurologischen Untersuchung, nach 33 Jahren Krankheitsdauer, fand sich eine ausgeprägte
orofaziale Dystonie, Dysarthrie und eine linksbetonte generalisierte Dystonie, vor allem der
oberen Extremitäten. Parkinsonzeichen waren bis auf eine leichte Hypomimie und Bradykinese
nicht mehr vorhanden. Der übrige neurologische Befund war normal. Die Routine
Laborchemischen Tests, einschließlich Kupfer und Coeruloplasmin, waren im Normbereich. Das
EEG und ein kranielles MRT waren ebenso unauffällig. Eine Lumbalpunktion konnte nicht
durchgeführt werden.
3.3.2 Ergebnisse der molekulargenetischen Analyse der DPS-Familie
Für eine molekulargenetische Untersuchung stand die DNA von allen vier lebenden definitiv
betroffenen und 16 weiteren Familienmitgliedern zur Verfügung. Bei diesen insgesamt zwanzig
Mitgliedern wurden für eine Kopplungsanalyse Mikrosatelliten-Marker an den beiden DystonieLoci DYT12 und DYT6 untersucht. Die Marker deckten die Genorte ab, die bisher als ursächlich
oder assoziiert bei Familien mit einem DPS (DYT12) und Familien mit einer idiopathischen
Torsionsdystonie mit vorherrschender kranio-zervikalen Beteiligung (DYT6) gelten. Die
Mikrosatelliten-Marker wurden so ausgewählt, dass mindestens zwei Marker genau im
betreffenden Bereich des Genortes lagen und je zwei weitere Marker diesen Genomabschnitt
Ergebnisse
46
flankierten. Auf diese Weise wurden für den DYT12-Genort auf Chromosom 19q13 mit acht
Markern und den DYT6-Genort auf Chromosom 8p-q mit sechs Markern die Haplotypen
generiert. Die Haplotypen wurden per Hand in Phase gebracht und Lod-Score-Berechnungen
durchgeführt.
Die Bestimmung der Haplotypen, der in den DYT12- und DYT6-Regionen gelegenen
Mikrosatelliten-Marker, war bis auf vereinzelte Rekombinationen ohne Unstimmigkeiten
zwischen Eltern und Kindern möglich.
In der Abbildung 3.13 sind die in Phase gebrachten Haplotypen für die DYT12-Region im
Stammbaum der DPS-Familie eingetragen und veranschaulichen, dass nicht alle betroffenen
Familienmitglieder einen gemeinsamen Haplotypen tragen. Dies wurde durch die Daten der
Zweipunkt-Kopplungsanalyse, die in Tabelle 3.5 zusammengefasst sind, mit ausschließlich
negativen
Lod-Scores
bis
hin
zu
einem
Wert
von
–3,10
unter
Annahme
einer
Rekombinationswahrscheinlichkeit von 0 bestätigt. Unter Berücksichtigung aller genotypisierten
Marker und ihrer genetischen Abstände sowie der Größe und Struktur der Familie fand sich
deshalb kein Hinweis für eine Kopplung zum DYT12-Genort.
Während der Kopplungsanalyse wurden von einer anderen Arbeitsgruppe sechs verschiedene
Mutationen bei sieben DPS-Familien im ATP1A3-Gen identifiziert (de Carvalho Aguiar et al.,
2004). Die kodierende Region und die Exon-Intron-Übergänge dieses Gens wurden von dieser
Arbeitsgruppe bei der Indexpatientin sequenziert. In Übereinstimmung mit den Ergebnissen der
Kopplungsanalyse zum DYT12-Locus konnten keine Mutationen im ATP1A3-Gen nachgewiesen
werden.
Ergebnisse
nogusstb202
?
?
?
?
?
?
?
?
?
?
?
?
?
?
?
?
?
?
?
?
D19S245
D19S224
D19S223
D19S197
D19S420
D19S900
D19S178
D19S574
D19S903
D19S246
D19S245
D19S224
D19S223
D19S197
D19S420
D19S900
D19S178
D19S574
D19S903
D19S246
D19S245
D19S224
D19S223
D19S197
D19S420
D19S900
D19S178
D19S574
D19S903
D19S246
47
L-1518
1
1
12
15
8
7
9
6
3
8
9
3
16
6
10
7
1
9
10
10
L-1845
5
1
11
12
1
8
1
9
8
3
4
9
6
16
6
10
9
1
9
10
L-1847
5
5
11
2
1
1
1
1
8
8
4
6
6
6
6
4
9
9
9
6
L-1879
1
5
11
12
3
8
6
8
6
8
7
5
13
16
9
1
8
9
10
10
L-1846
5
5
11
2
1
5
1
1
8
4
4
9
6
6
6
7
9
10
9
7
L-1880
5
5
3
12
9
8
5
8
7
8
4
5
6
16
11
1
10
9
1
10
L-1838
7
1
10
12
9
8
4
6
7
8
2
3
14
6
7
7
9
9
7
10
L-1881
?
?
?
?
3
6
6
1
6
7
?
?
?
?
?
?
?
?
?
?
L-1839
1
5
12
2
8
1
6
6
8
8
3
4
6
6
7
5
9
9
10
4
L-1799
5
1
12
15
5
7
6
6
3
8
10
3
6
6
5
7
11
9
10
10
L-1818
5
1
12
12
5
8
6
9
3
3
11
9
6
16
5
10
11
1
10
10
L-1821
5
1
12
12
1
8
1
9
7
3
6
9
6
16
9
10
8
1
4
10
L-1819
7
5
7
12
1
5
8
6
4
3
2
11
6
6
7
5
8
11
7
10
L-1820
L-1519
5
1 5
1
6
1212
12
3
8 5
8
9
9 6
9
7
3 3
3
8
9 11
9
19
16 6
16
7
10 5
10
9
1 11
1
9
1010
10
L-1822
3
1
3
15
3
7
6
6
7
8
7
3
1
6
4
7
8
9
10
10
L-1800
5 7
12 11
1 6
6 8
4 6
4 5
6 7
8 4
9 9
11 10
L-1802
5 7
12 11
1 6
6 8
4 6
4 5
6 7
8 4
9 9
11 10
L-1803
5 7
12 11
1 1
8 13
1 6
4 7
6 13
8 10
9 9
11 1
L-1801
7 3
11 10
6 8
1 6
4 8
5 9
7 16
4 9
9 8
10 1
Abbildung 3.13. Kopplungsanalyse der DPS-Familie. Auf dem Stammbaum sind die Ergebnisse der
Kopplungsanalyse für die DYT12-Region auf Chromosom 19 dargestellt. Die Ergebnisse demonstrieren, dass nicht
alle Betroffenen einen gemeinsamen Haplotyp tragen (Ausschluss von Kopplung).
Ähnlich waren auch die Befunde für den DYT6-Genort. Auch hier konnte kein gemeinsamer
Haplotyp bei den betroffenen Familienmitgliedern (Abbildung 3.14) nachgewiesen werden, und
die Zweipunkt-Kopplungsanalyse erbrachte ebenso nur negative Lod-Score-Werte (Tabelle 3.5).
Somit konnte eine Kopplung zu dieser Region ebenfalls ausgeschlossen werden. Das DYT6-Gen
ist bisher noch nicht identifiziert.
Darüber hinaus wurden auch weitere mögliche genetische Ursachen bei dieser Familie
ausgeschlossen: Bei der Testung der Indexpatientin konnte weder die GAG- noch die 18 bpDeletion im Exon 5 des DYT1-Gens detektiert werden (Kabakci et al., 2005).
Ergebnisse
D8S1477
D8S1828
D8S1113
D8S1136
D8S2324
D8S1119
D8S1477
D8S1828
D8S1113
D8S1136
D8S2324
D8S1119
D8S1477
D8S1828
D8S1113
D8S1136
D8S2324
D8S1119
48
nogusstb202
? ?
? ?
? ?
? ?
? ?
? ?
L-1518
1
3
2
18
5
4
1
3
2
3
8
4
L-1845
7 7
1 4
5 6
3 3
3 3
4 4
L-1879
7 7
2 2
5 6
3 3
2 4
5 8
L-1847
7 1
1 15
5 5
3 2
3 4
4 4
L-1846
7 7
1 15
5 6
3 5
3 1
4 9
L-1880
6 7
14 2
5 6
3 3
7 4
5 5
L-1881
7 7
1 2
5 6
2 3
7 4
4 5
L-1838
5
1
4
2
5
5
2
1
3
2
1
4
L-1799
8
3
18
18
5
4
1
3
1
3
1
4
L-1839
5
7
4
4
5
5
2
3
3
4
1
9
L-1818
8
1
18
2
5
5
1
1
1
2
1
4
L-1821
7
1
5
2
5
5
3
1
3
2
10
4
nogusstb206
? ?
? ?
? ?
? ?
? ?
? ?
L-1820
10
1
16
2
7
5
2
1
4
3
1
4
L-1519
8
3
2
18
5
5
1
1
1
2
1
8
L-1822
4
3
4
18
6
5
1
1
5
2
7
8
L-1800
6 7
1 4
5 5
1 3
3 4
4 7
L-1819
6
8
4
18
2
5
3
1
3
1
9
1
L-1802
6 7
1 4
5 5
1 3
3 3
4 8
L-1803
7 8
4 14
5 7
1 1
3 4
4 7
L-1801
7 5
1 16
5 5
3 3
3 2
4 4
Abbildung 3.14. Kopplungsanalyse der DPS-Familie. Der Stammbaum zeigt die Ergebnisse der Kopplungs-analyse
für die DYT6-Region auf Chromosom 8, welche eine Kopplung zu dieser Region ausschließt.
Tabelle 3.5. Zweipunkt-Kopplungsanalyse mit Lod-Score-Werte
lodscore at theta=
Marker
0,00
0,01
0,05
0,10
0,20
0,30
Chr 8
D8S1477
D8S1828
D8S1113
D8S1136
D8S2324
D8S1119
-3,31
-3,09
-2,74
-2,78
-2,68
-2,56
-1,87
-1,41
-1,08
-1,30
-1,00
-1,06
-1,08
-0,74
-0,45
-0,63
-0,38
-0,43
-0,70
-0,48
-0,24
-0,36
-0,17
-0,20
-0,32
-0,23
-0,09
-0,14
-0,04
-0,05
-0,13
-0,10
-0,04
-0,04
-0,01
0,00
Chr 19
D19S224
-2,69
-1,01
-0,39
-0,18
-0,05
-0,02
D19S197
-2,81
-1,31
-0,65
-0,38
-0,16
-0,06
D19S223
-3,29
-1,72
-0,99
-0,65
-0,30
-0,12
D19S420
-3,14
-1,54
-0,85
-0,55
-0,26
-0,11
D19S900
-2,80
-1,10
-0,46
-0,23
-0,06
-0,01
D19S178
-2,82
-1,41
-0,72
-0,43
-0,17
-0,06
D19S574
-3,10
-2,62
-1,43
-0,88
-0,39
-0,15
D19S903
-2,75
-1,21
-0,56
-0,32
-0,12
-0,04
Diskussion
49
4
Diskussion
4.1
DYT1-Dystonie
4.1.1 Häufigkeit und phänotypisches Spektrum der GAG-Deletion im
DYT1-Gen
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde eine der größten Stichproben auf die GAG- und 18 bpDeletion im Exon 5 des DYT1-Gens untersucht. Die Bedeutung dieses Screenings liegt, außer in der
Anzahl der eingeschlossenen Individuen, auch in der Zusammensetzung der Stichprobe. Auf Grund
der in der Einleitung beschriebenen Überlappung der klinischen Symptomatik und der Interaktion auf
neurobiologischer Ebene bestand ein großer Anteil aus Patienten mit einem MP mit frühem Beginn.
Eine weitere Besonderheit ist die Größe der Kontrollgruppe mit 812 Personen.
Die GAG-Deletion wurde insgesamt bei fünf Patienten detektiert. Und zwar ausschließlich bei
Patienten mit verschiedenen Dystonieformen. Bei vier Mutationsträgern bestand eine klassische früh
beginnende PTD, wovon drei dieser Patienten eine typische generalisierte Dystonie entwickelten. Die
vierte Mutationsträgerin entwickelte sehr früh (mit sechs Jahren) eine bibrachiale Dystonie mit
Schreibkrampf, die jedoch bis jetzt zum Alter von 20 Jahren nicht generalisierte. Da inzwischen in
mehreren Studien (Gasser et al., 1998; Bressman et al., 2001) Mutationsträger mit früh beginnenden
fokalen und segmentalen Dystonien gefunden wurden, konnte diese Patienten als „typisch“ eingestuft
werden. Das wird auch noch dadurch unterstützt, dass die Mutation innerhalb der Familie segregiert.
Der Vater der Patientin entwickelte mit 49 Jahren einen einseitigen Schreibkrampf und ihr Bruder ist
seit Jahren durch eine generalisierte Dystonie bettlägerig. Die Befunde dieser Familie illustrieren
eindrücklich das breite phänotypische Spektrum der GAG-Deletion und deren Variabilität innerhalb
einer Familie. Die klinischen Zeichen der fünften Mutationsträgerin sind mit Zuckungen bzw.
Aktionsmyoklonien neben der Dystonie und einem Tremor untypisch für eine DYT1-Dystonie.
Außerdem tritt eine Besserung der Symptomatik nach Alkoholkonsum ein. Wegen dieser Befunde
bestand zu Anfang der Verdacht auf eine M-D bei der Patientin, der sich aber nach Ausschluss einer
Mutation im SGCE-Gen nicht bestätigte. Die Detektion der GAG-Deletion bei der Patientin und der
Nachweis der Segregation der Mutation in der Familie ist in der Literatur nicht unbekannt. Denn es
wurden zwei ähnliche Fälle beschrieben. Bei dem einen bestand genauso wie in unserem Fall eine
große Überlappung der Symptome mit der M-D einschließlich der Alkoholsensivität (Chinnery et al.,
2002), es lag aber eine GAG-Deletion vor. Die zweite Studie berichtet über eine M-D-Familie, die
jedoch neben einer SGCE-Mutation zusätzlich die 18 bp-Deletion aufwies (Leung et al., 2001; Klein
et al., 2002).
Das klinische Spektrum der in der vorliegenden Arbeit identifizierten Mutationsträger umfasst somit
die ganze Bandbreite der möglichen Phänotypen, d. h. von der typischen früh beginnenden PTD bis
hin zur spät beginnenden, mit anderen Formen überlappenden, DYT1-Dystonie (Kabakci et al., 2004).
Diskussion
50
4.1.2 Detektion einer neuen Mutation im DYT1-Gen
Im Rahmen dieser Arbeit wurde eine neue, bisher noch nicht beschriebene, heterozygote 4 bpDeletion im Exon 5 des DYT1-Gens detektiert. Beim Mutationsträger handelt es sich um einen
mutmaßlich gesunden Blutspender aus Südtirol, der leider nicht zu einer weiterführenden
neurologischen Untersuchung nicht zustimmte. Diese neue Mutation wurde bei keiner anderen
Kontrolle und auch bei keinem der Patienten nachgewiesen. Interessanterweise liegt diese
Mutation genau zwischen der GAG- und der 18 bp-Deletion. Im Gegensatz zu den beiden bisher
bekannten Deletionen führt diese neue 4 bp-Deletion zu einer Leserasterverschiebung und damit
zu einer veränderten Aminosäuresequenz und zu einem vorzeitigen Proteinabbruch (vgl.
Ergebnisse 3.1.2).
4.2
DYT5-Dystonie
4.2.1 Bedeutung der Gendosisuntersuchung im GCHI-Gen
Nachdem im Rahmen der vorliegenden Arbeit die quantitative PCR-Analyse für das GCHI-Gen
etabliert wurde, fanden sich in einer ersten Untersuchung an vier türkischen DRD-Familien bei zwei
von ihnen große heterozygote Exondeletionen im GCHI-Gen (Klein et al., 2002). In der hier
präsentierten Studie trugen zwei von 23 Indexpatienten eine große Deletion, womit dieser
Mutationstyp nach ersten Schätzungen ca. 10% (4/27) aller Mutationen im GCHI-Gen ausmacht
(Hagenah et al., 2005). Außerdem unterstreicht dieses Ergebnis noch einmal die Bedeutung einer
quantitativen PCR-Analyse zur Detektion von Gendosisveränderungen. Die vorher schon für andere
Gene, (z. B. Parkin) gezeigt wurden. Der quantitative PCR-Assay eignet sich als einfacher
diagnostischer Test für die Suche nach Exondeletionen und sollte bei der molekulargenetischen
Diagnostik der DRD in solchen Fällen zum Standard werden, wo die Sequenzanalyse keine
Veränderungen gezeigt hat. Bei dem Indexpatienten der Familie A wurde eine heterozygote Deletion
aller
sechs
Exons des GCHI-Gens
mittels
der
quantitativen
PCR-Analyse identifiziert.
Interessanterweise wäre diese Mutation mit einer Southern-Blot-Analyse, wie sie zuvor angewendet
wurde (Furukawa et al., 2000) nicht detektierbar gewesen, da die veränderten Restriktionsprodukte
mit einer GCHI-spezifischen Sonde nicht darstellbar sind. Die Sensitivität und Spezifität des hier
vorgestellten quantitativen PCR-Assays wurde durch eine falsch-positive Deletion bestätigt: Eine
Probe mit einer heterozygoten Punktmutation, fiel durch einen gemessenen Quotienten von ungefähr
0,5 auf. Interessanterweise kommt dieser Quotient zustande, weil die Amplifikation des mutierten
Stranges nicht möglich ist, da die 3´-Bindestelle des Rückwärts-Primers eine Fehlpaarung aufgrund
der Mutation aufweist.
Diskussion
51
4.2.2 Hohe Mutationsdetektionsrate im GCHI-Gen bei DRD-Patienten
Wir stellen hier eine umfassende Mutationsanalyse, einschließlich Sequenzierung und quantitativer
Gendosis-Bestimmung, an einem großen, klinisch sehr gut charakterisierten Patientenkollektiv mit
DRD vor. In dieser Untersuchung lag der Anteil der gefundenen Mutationen mit über 85% wesentlich
höher als in den bisher publizierten Studien mit ungefähr 50% - 60% (Furukawa et al., 2004;
Bandmann et al., 1998; Steinberger et al., 2000). Die Detektion einer solch hohen Mutationsrate in der
vorliegenden Arbeit, lässt sich auf zwei Faktoren zurückführen:
1. Die Etablierung und Durchführung einer quantitativen PCR-Analyse im GCHI-Gen zur
Identifikation von großen heterozygoten Deletionen ganzer Exons.
2. Die konsequente Anwendung und Einhaltung strenger Einschlusskriterien.
Die Gendosisuntersuchungen zeigten, dass 2 der 23 Familien eine heterozygote Deletion aufwiesen,
die
mit
konventionellen
qualitativen
Untersuchungen
nicht
detektierbar
sind.
Ohne
Gendosisuntersuchungen wäre also die Mutationsdetektionsrate in unserer Studie um ungefähr 10%
geringer gewesen. Der zweite Grund auf den die hohe Mutationsrate in diesem Kollektiv
zurückzuführen ist, könnte an der konsequenten Anwendung und Einhaltung strenger klinischer
Kriterien für den Einschluss in die Untersuchung liegen. So wurden Patienten mit klinisch sicheren
Zeichen der DRD ausgeschlossen, wenn kein L-Dopa Therapieversuch durchgeführt wurde, ohne
Berücksichtigung von tageszeitlich abhängigen Schwankungen der Symptome und anhaltendem
Ansprechen auf Anticholinergika. Außerdem wurden die Patienten, vor dem Einschluss in diese
Studie, einem ausgedehnten Follow-up unterzogen, um atypische Patienten mit DRD auszuschließen.
Diese Erkenntnis wird auch dadurch unterstrichen, dass bei den im Rahmen dieser Arbeit
untersuchten Patienten mit MP mit frühem Beginn und einer fokalen Dystonie bei
Erkrankungsbeginn keine GCHI-Mutationen detektiert wurden. Obwohl die Stichprobe von
17 Patienten zu klein ist, um definitive Aussagen zu treffen, so scheinen doch GCHIMutationen zumindest keine häufige Ursache bei Patienten mit einer Kombination von
Dystonie und Parkinson zu sein. Interessanterweise trugen fünf der untersuchten Patienten ein
oder zwei Mutationen im Parkin-Gen. Dies legt nahe, dass die Dystonie zu Beginn der
Erkrankung eher zum phänotypischen Spektrum von Parkin-Mutationsträgern gehört.
Ähnliche Befunde sind auch in der Literatur beschrieben (Lohmann et al., 2003).
4.2.3 Hohe Mutationsrate im GCHI-Gen
Das GCHI-Gen scheint sehr anfällig für Mutationen zu sein, ohne dass sogenannte hot spots bestehen.
Gegenwärtig sind mehr als 100 verschiedene Mutationen beschrieben, obwohl das GCHI-Gen mit
sechs Exons und einem offenen Leseraster von 750 bp relativ klein ist (Thony and Blau, 2006).
Interessanterweise fanden sich in dem ethnisch vielfältigen Kollektiv dieser Untersuchung vier
Diskussion
52
Mutationsträger mit Ashkenazi-jüdischer Abstammung, bei denen jeweils eine andere Mutation
detektiert wurde. Dieser Befund schließt einen Gründereffekt aus. Insgesamt war die Anzahl
rekurrenter Mutationen sehr klein und nur eine Sequenzveränderung wurde in mehr als nur einem
Patienten in der hier vorgestellten Studie identifiziert. Jedoch ist ein gemeinsamer Gründer auch in
diesem Fall wegen des unterschiedlichen ethnischen Ursprungs (Asien versus Europa) sehr
unwahrscheinlich. Von den 20 detektierten Mutationen stellen 15 (75%) eine neu beschriebene
Mutation dar, was das Mutationsspektrum des GCHI-Gens noch mehr erweitert.
4.2.4 Auswirkungen und Penetranz der Mutationen im GCHI-Gen
Bei dem Indexpatienten K180 wurden zwei Sequenzveränderungen nachgewiesen. Eine der
Basenpaarsubstitutionen (c.68C>T) wurde schon in einer früheren Studie (Jarman et al., 1997) in
einigen wenigen Kontrollen beschrieben und in einer eigenen Kontrolle. Außerdem wurde die gleiche
Punktmutation vorher schon einmal bei einem Patienten mit klinischer DRD in Kombination mit einer
anderen Mutation identifiziert (Jarman et al., 1997). Diese Ergebnisse lassen die Vermutung zu, dass
die 68C>T-Veränderung in der Sequenz entweder ein seltener Polymorphismus ist oder nur in
Verbindung mit einer anderen Mutation im GCHI-Gen die Erkrankung auslöst.
Bei den drei Indexpatienten die keine Mutationen tragen, bleibt es weiterhin unklar, ob sie nicht doch
eine Mutation haben, die aber trotz der umfassenden Methoden, die an diesem Kollektiv angewandt
wurden, nicht zu identifizieren waren, wie z. B. Sequenzveränderungen im Bereich des Regulators
oder im Intron. Diese Überlegung wird unterstützt durch die Beobachtung, dass kein signifikanter
Unterschied im Phänotyp zwischen der Gruppe mit Mutationen und der Gruppe ohne Mutationen
bestand. Diese Schlussfolgerung wird jedoch durch die relativ kleine Kollektivgröße, vor allem der
Gruppe ohne Mutationen, eingeschränkt. Alternativ könnte bei diesen Patienten eine ganz andere
Ätiologie der Grund für die DRD sein, wie z. B. Mutationen in einem weiteren autosomal-dominanten
Gen für die DRD oder ein atypischer juveniler Parkinsonismus. Des weiteren ist es unwahrscheinlich,
dass bei den drei Indexpatienten ohne Mutation im GCHI-Gen eine verminderte Tyrosinhydroxylase
Aktivität (DYT5b) vorliegt, da ihre Familienanamnesen auf eine autosomal-dominante Erkrankung
hinweisen. Weitere Untersuchungen werden nötig sein, um die endgültigen Ursachen für die
Erkrankungen in diesen Familien aufzuklären.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden insgesamt 69 Angehörige auf die in der Familie
identifizierte Mutation getestet. Dabei wurden 28 Mutationsträger identifiziert, wovon 12 gesund
waren. Unter den Index-Patienten waren alle Mutationsträger betroffen. Das heißt die Penetranz der
GCH1-Mutationen in den 20 mutationspositiven Familien liegt im Durchschnitt bei 75% (36 der 48
Mutationsträger sind erkrankt). Die Penetranz hängt aber sicherlich von den einzelnen Mutationen ab
und ist in den verschiedenen Familien sehr unterschiedlich, z. B. in Familie G4460 sind nur 2 der 6
(33%) Mutationsträger erkrankt, wohingegen bei Familie M26296 alle fünf Mutationsträger (100%) an
einer DRD leiden. Diese unterschiedliche Penetranz könnte man biologisch damit erklären, dass z. B.
Diskussion
53
Familie G4460 eine missense-Mutation trägt, die auf das Protein möglicherweise eine weniger
dramatische Auswirkung hat als die nonsense-Mutation und der damit verbundene Verlust an 50% der
Proteinmenge bei Familie M26296. Um derartige Aussagen zu untermauern sind allerdings
Untersuchungen an mehreren Familien mit einer größeren Probandenzahl notwendig. Darüber hinaus
können nur molekulare Untersuchungen der Proteinfunktion derartige Spekulationen endgültig
beweisen oder widerlegen. In anderen Studien wurde eine Penetranz zwischen 30 und 80%
beschrieben (Nygaard et al., 1990; Nygaard et al., 1993; Furukawa et al., 1998a; Steinberger et al.,
1998). Damit bestätigen die im Rahmen der vorliegenden Arbeit erzielten Ergebnisse die schon
bekannten Werte.
4.3
DYT12-Dystonie
4.3.1 Klinischer Vergleich der DPS-Familie mit der Literatur
In diesem dritten Abschnitt der vorliegenden Arbeit wurde die erste Familie mit einem klinischen
DPS, deren Ursache aber nicht in einer Mutation im ATP1A3-Gen liegt, vorgestellt (Kabakci et al.,
2005). Vergleicht man nun die klinischen Daten unserer Familie mit den Daten der zuvor in der
Literatur beschriebenen sieben DPS-Familien mit Mutationen im ATP1A3-Gen (Dobyns et al., 1993;
Brashear et al., 1997; Pittock et al., 2000; Linazasoro et al., 2002; de Carvalho Aguiar et al., 2004), so
fallen viele Gemeinsamkeiten auf.
Das klinische Bild unserer Familie ist ähnlich den vorbeschriebenen DPS-Familien. Im Einzelnen sind
das der akute bzw. subakute Beginn der Symptomatik mit einer Kombination aus einer Dystonie, vor
allem mit einer dominierenden bulbären Beteiligung und Parkinsonzeichen. Auch in der hier
vorgestellten DPS-Familie war der Therapieversuch mit L-Dopa erfolglos. Insbesondere bei einer
irischen DPS-Familie mit vier betroffenen und vier nicht betroffenen Familienmitgliedern wurde die
Symptomatik durch eine Belastungssituation wie ungewohnte körperliche Anstrengung, Fieber,
Geburten oder emotionaler Stress getriggert (Pittock et al., 2000). Auch in der hier beschriebenen
neuen DPS-Familie ging dem Erkrankungsbeginn bei drei der acht definitiv betroffenen
Familienangehörigen eine fieberhafte Erkrankung voraus. Ebenso stimmte die intrafamiliäre
Variabilität der Symptomatik und die Erkrankungsdauer mit der bei den in der Literatur beschriebenen
DPS-Familien überein.
Damit entsprachen die klinischen Merkmale der von uns neu vorgestellten DPS-Familie den aktuellen
DPS-Diagnosekriterien, die allerdings schon im Jahre 1997 von Brashear und Mitarbeitern aufgestellt
wurden. Außerdem sollte bedacht werden, dass die besagten „typischen“ Diagnosekriterien damals auf
nur zwei DPS-Familien basierend erstellt wurden. Da aber in der Zwischenzeit vier weitere Familien
(Pittock et al., 2000; de Carvalho Aguiar et al., 2004) und ein sporadischer Fall aus Spanien
(Linazasoro et al., 2002) klinisch identifiziert und molekulargenetisch bestätigt wurden, sollten die
Diagnosekriterien aktualisiert werden.
Diskussion
54
Jedoch weist unsere Familie drei klinische Besonderheiten auf:
Zum einen lag das durchschnittliche Erkrankungsalter mit ungefähr sieben Jahren niedriger als bei den
zuvor beschriebenen Familien, wo die Erkrankung in der Regel im jugendlichen Alter begann.
Überraschenderweise war bis zur Beendigung der vorliegenden Arbeit kein Familienmitglied der
vierten Generation am DPS erkrankt. Dies lässt sich zum Teil damit begründen, dass einige dieser
Familienmitglieder das durchschnittliche Erkrankungsalter noch nicht erreicht hatten.
Zum anderen traten bei der Familie drei Frühgeburten auf, die alle in ihrem ersten Lebensjahr an einer
unbekannten Ursache verstarben. Da weder durch Befragung der Angehörigen noch archivierte
Krankenakten zur Verfügung standen, gibt es heute keine Informationen zu den Todesursachen und
zum neurologischen Status der Verstorbenen. D. h., ob die Frühgeburten Mutationsträger waren und
unter einem besonders schwer ausgeprägtem Phänotyp litten und sogar an dessen Folgen verstarben,
bleibt offen.
Außerdem ist noch hinzuzufügen, dass drei der acht definitiv betroffenen Familienangehörigen nach
einer langjährigen Nierenerkrankung an einem Nierenversagen verstarben (Abb. 3.1.12).
Interessanterweise zeigten die Indexpatientin seit kurzem und ihre Mutter seit einigen Jahren ebenfalls
eine Nierenerkrankung. Das Erkrankungsalter von allen Familienmitgliedern, die von dieser
Nierenerkrankung betroffen waren, lag ausschließlich im Erwachsenenalter und kann somit als
möglicher Trigger für das DPS ausgeschlossen werden. Dies lässt eine bisher noch nicht identifizierte
familiäre Nierenerkrankung vermuten. Dennoch, der potenzielle Zusammenhang zwischen der
ungewöhnlich häufig vorkommenden Nierenerkrankung bzw. dem Nierenversagen und dem DPS in
dieser Familie, ist schwer zu definieren und bleibt noch zu klären.
Unabhängig von der klinischen Übereinstimmung der Familien in Bezug auf die Trigger ist ihre
Bedeutung bzw. der Mechanismus noch nicht verstanden. Und da sie sowohl bei den schon
beschriebenen als auch bei unserer Familie in ungefähr der Hälfte der Fälle auftrat, bleibt die Rolle der
Trigger wichtig und noch zu klären.
Ebenso noch unverstanden und ungeklärt ist die in allen Familien beschriebene intrafamiliäre
Variabilität der Symptomatik, was auf modifizierende Faktoren zurückzuführen sein dürfte. Zu klären
wäre also, welche dieser Faktoren wirken bei dem DPS.
4.3.2 Die molekulargenetische Untersuchung der Familie mit einem
klinischen DPS
Die molekulargenetische Analyse dieser aus Deutschland stammenden Familie mit einem gemischten
Dystonie-Parkinson-Phänotyp ergab überraschende Befunde:
Als erstes wurde eine Kopplung zum bekannten DPS-Genort DYT12 (auf Chromosom 19q13) und
entsprechend eine Mutation im ATP1A3-Gen ausgeschlossen. Auf Grund einer vorherrschend orofazial betonten Dystonie bei Familien mit idiopathischer Torsionsdystonie, gekoppelt zum DYT6-
Diskussion
55
Genort auf Chromosom 8p-q, und da diese der „bulbären Dystonie“ der DPS-Familie sehr ähnlich
sind, wurde eine Kopplung untersucht aber ausgeschlossen. Infolge des frühen Erkrankungsalters und
des breiten klinischen Spektrums bei der DYT1-Dystonie (vgl. 3.1 und 4.1), wurde die Indexpatientin
auf die GAG-Deletion im DYT1-Gen getestet. Diese wurde nicht detektiert. Zusammenfassend hat sich
gezeigt, dass keine der am ehesten in Frage kommenden genetischen Ursachen für den gemischten
Dystonie-Parkinson-Phänotyp bei dieser Familie verantwortlich ist. Das wiederum legt ein weiteres,
dominant vererbtes, Gen als Ursache für das DPS nahe. Ob eine solche mögliche genetische
Heterogenität bei dieser Familie vorliegt, ist noch durch einen Genomscan zu überprüfen.
Zusammenfassung
56
5
Zusammenfassung
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden verschiedene Dystonieformen klinisch und
molekulargenetisch untersucht. Eine gebräuchliche Klassifizierung der Dystonien beruht auf klinischgenetischen Gesichtspunkten und umfasst zurzeit 15 Formen (DYT1-DYT15), wovon drei im Fokus
der vorliegenden Arbeit standen.
Eine bestimmte Mutation im DYT1-Gen (GAG-Deletion) verursacht häufig eine früh beginnende
generalisierte primäre Torsionsdystonie. In fast 700 Individuen mit unterschiedlichen Formen von
Bewegungsstörungen
und
über
800
gesunde
Kontrollen
wurde
mittels
einer
Polyacrylamidgelelektrophorese die Häufigkeit von Mutationen im DYT1-Gen untersucht. Insgesamt
wurden sechs Mutationsträger identifiziert. Dabei wurde die GAG-Deletion bei insgesamt fünf
Dystoniepatienten detektiert, die z. T. typische aber auch untypische Phänotypen aufwiesen. Darüber
hinaus wurde bei einer scheinbar gesunden Kontrolle eine neue Mutation im DYT1-Gen detektiert.
Somit wurde im Rahmen der vorliegenden Arbeit das Phäno- und Genotypspektrum des DYT1-Gens
erweitert (Kabakci et al. Neurology 2004).
Im zweiten Teil der Arbeit wurde die Häufigkeit von Mutationen im DYT5 (GCH1)-Gen untersucht.
Mutationen in diesem Gen führen zu Dopa-responsiver Dystonie, einer Dystonie mit tageszeitlichen
Schwankungen, die oft in der Kindheit mit einer Gangstörung beginnt und mit Dopamin behandelt
werden kann. Neben der qualitativen Mutationsanalyse mittels Sequenzierung wurde auch eine
quantitative Mutationsanalyse zur Detektion großer Deletionen im GCH1-Gen zunächst etabliert
(Klein et al,. Neurology 2002) und dann bei einem Kollektiv von insgesamt 40 Indexpatienten und
deren Angehörigen angewendet. Insgesamt konnte bei 87% der Patienten mit einer typischen Doparesponsiver Dystonie eine Mutation nachgewiesen werden. Diese hohe Frequenz kann damit
begründet werden, dass zwei der Mutationen große Deletionen waren, die nur aufgrund der neu
etablierten quantitativen Testmethode detektiert werden konnten und den strengen Einschlusskriterien
bei der Patientenauswahl (Hagenah et al,. Neurology 2005).
Im dritten Teil der Arbeit wurde eine große Familie mit neun Betroffenen mit dem seltenen DystonieParkinson-Syndrom mit raschem Beginn (DYT12-Dystonie) untersucht. Diese Dystonie manifestiert
sich typischerweise abrupt innerhalb von Stunden bis wenigen Wochen in der späten Kindheit oder im
frühen Erwachsenenalter. Mittels Genotypanalyse von Mikrosatellitenmarkern wurde diese Familie
auf Kopplung zum DYT12-Genort sowie auf eine mögliche Überlappung mit anderen Dystonieformen
(DYT6 und DYT1) getestet. Alle drei untersuchten genetischen Ursachen konnten bei dieser Familie
ausgeschlossen werden, was die Existenz eines weiteren ursächlichen Gens für das DystonieParkinson-Syndrom mit raschem Beginn nahe legt (Kabakci et al., J Neurol Neurosurg Psychiatry
2005).
Ausblick
57
6
Ausblick
Die im Rahmen der vorliegenden Arbeit erhaltenen Ergebnisse stellen wichtige Bausteine zum
besseren Verständnis der untersuchten Dystonieformen dar. Dennoch bleiben einige Fragen offen und
neue haben sich aus den gewonnenen Erkenntnissen ergeben.
Bei den gefundenen Mutationen im DYT1-Gen ist z. B. die neu beschriebene 4-Basenpaar-Deletion ein
Ansatzpunkt für weitergehende Untersuchungen. Diese Sequenzveränderung, die in einer
wahrscheinlich
gesunden
Person
identifiziert
wurde,
bedarf
einer
genauen
funktionellen
Charakterisierung. Erste Anstrengungen dazu wurden bereits von einer anderen Arbeitsgruppe
unternommen (Kock et al., 2006). Darüber hinaus ist nach wie vor, die Funktion von DYT1 nicht
endgültig geklärt und der Pathomechanismus der relativ häufigen 3-Basenpaar-Deletion in diesem Gen
bei Patienten mit primärer Torsionsdystonie noch immer nicht verstanden. Damit verbunden ist auch
die noch ausstehende Identifizierung von Interaktionspartnern von Torsin A, dem durch DYT1
kodierten Protein.
Im Rahmen der Mutationsanalyse des GCHI-Gens wurde eine neue Methode etabliert, um
systematisch auf quantitative Veränderungen (große genomische Deletionen und Multiplikationen) im
GCHI-Gen zu testen. Zwischenzeitlich haben auch andere Arbeitsgruppen diese Art von Mutationen
nachgewiesen (Wider et al., 2007). Detaillierte Mutationsanalysen an weiteren Patientenkollektiven
werden genaueren Aufschluss über die Häufigkeit der heterozygoten Deletionen liefern. Die
systematische Einbeziehung von betroffenen und gesunden Angehörigen in diese Untersuchungen
kann einen Ausgangspunkt für die bessere Beurteilung der Penetranz der einzelnen Mutationen
darstellen. Darüber hinaus ist die Identifizierung von Faktoren, sog. Modifier, die die reduzierte
Penetranz und die variable Expressivität erklären, wünschenswert.
Bei der hier vorgestellten Familie mit dem Dystonie-Parkinson-Syndrom ist eine genetische Ursache
sehr stark zu vermuten. Da bekannte genetische Ursachen aber ausgeschlossen wurden, sind
weitergehende Untersuchungen notwendig. In einem nächsten Schritt würde sich hier zunächst die
Sequenzanalyse des Mitochondriengenoms anbieten, da der Stammbaum mit einer mitochondrialen
Vererbung vereinbar ist. Darüber hinaus könnte man in einem zweiten Schritt einen kompletten
Genomscan zur genetischen Lokalisation der Krankheitsursache durchführen. Dies muss aber in
Kombination mit einer detaillierten klinischen Nachuntersuchung erfolgen, um den Krankheitsverlauf
besser beurteilen zu können und vor allem um weitere Betroffene zu identifizieren.
Anhang
58
7
7.1
Anhang
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associated with the assembly, operation, and disassembly of protein complexes. Genome Res.
1999;9(1):27-43.
77. Nolte D, Ramser J, Niemann S, Lehrach H, Sudbrak R, Muller U. ACRC codes for a novel
nuclear protein with unusual acidic repeat tract and maps to DYT3 (dystonia parkinsonism)
critical interval in Xq13.1. Neurogenetics 2001;3:207-13.
78. Nomura Y, Uetake K, Yukishita S, Hagiwara H, Tanaka T, Tanaka R, Hachimori K, Nishiyama
N, Segawa M. Dystonias responding to levodopa and failure in biopterin metabolism. Adv
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79. Nutt JG, Muenter MD, Aronson A, Kurland LT, Melton LJ 3rd. Epidemiology of focal and
generalized dystonia in Rochester, Minnesota. Mov Disord. 1988;3(3):188-94.
80. Nygaard TG, Marsden CD, Duvoisin RC. Dopa-responsive dystonia. Adv Neurol. 1988;50:37784.
81. Nygaard TG, Trugman JM, de Yebenes JG, Fahn S. Dopa-responsive dystonia: the spectrum of
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83. Nygaard TG. Dopa-responsive dystonia. Delineation of the clinical syndrome and clues to
pathogenesis. Adv Neurol. 1993;60:577-85.
Anhang
63
84. Nygaard TG, Raymond D, Chen C, Nishino I, Greene PE, Jennings D, Heiman GA, Klein C,
Saunders-Pullman RJ, Kramer P, Ozelius LJ, Bressman SB. Localization of a gene for
myoclonus-dystonia to chromosome 7q21-q31. Ann Neurol 1999;46:794-8.
85. Ozelius L, Kramer PL, Moskowitz CB, Kwiatkowski DJ, Brin MF, Bressman SB, Schuback DE,
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9q32-q34. Neuron. 1989;2(5):1427-34.
86. Ozelius LJ, Hewett J, Kramer P, Bressman SB, Shalish C, de Leon D, Rutter M, Risch N, Brin
MF, Markova ED, Limborska SA, Ivanova-Smolenskaya IA, McCormick MK, Fahn S, Buckler
AJ, Gusella JF, Breakefield XO. Fine localization of the torsion dystonia gene (DYT1) on human
chromosome 9q34: YAC map and linkage disequilibrium. Genome Res. 1997;7(5):483-94.
87. Ozelius LJ, Hewett JW, Page CE, Bressman SB, Kramer PL, Shalish C, de Leon D, Brin MF,
Raymond D, Corey DP, Fahn S, Risch NJ, Buckler AJ, Gusella JF, Breakefield XO. The earlyonset torsion dystonia gene (DYT1) encodes an ATP-binding protein. Nat Genet. 1997;17(1):408.
88. Ozelius LJ, Kramer PL, de Leon D, Risch N, Bressman SB, Schuback DE, Brin MF,
Kwiatkowski DJ, Burke RE, Gusella JF, et al. Strong allelic association between the torsion
dystonia gene (DYT1) andloci on chromosome 9q34 in Ashkenazi Jews. Am J Hum Genet.
1992;50(3):619-28.
89. Palladino MJ, Bower JE, Kreber R, Ganetzky B. Neural dysfunction and neurodegeneration in
Drosophila Na+/K+ ATPase alpha subunit mutants. J Neurosci. 2003;23(4):1276-86.
90. Pittock SJ, Joyce C, O'Keane V, Hugle B, Hardiman MO, Brett F, Green AJ, Barton DE, King
MD, Webb DW. Rapid-onset dystonia-parkinsonism: a clinical and genetic analysis of a new
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91. Rainier S, Thomas D, Tokarz D, Ming L, Bui M, Plein E, Zhao X, Lemons R, Albin R, Delaney
C, Alvarado D, Fink JK. Myofibrillogenesis regulator 1 gene mutations cause paroxysmal
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92. Risch N, de Leon D, Ozelius L, Kramer P, Almasy L, Singer B, Fahn S, Breakefield X, Bressman
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a small founder population. Nat Genet. 1995;9(2):152-9.
93. Risch NJ, Bressman SB, deLeon D, Brin MF, Burke RE, Greene PE, Shale H, Claus EB, Cupples
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autosomal dominant inheritance. Am J Hum Genet. 1990;46(3):533-8.
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association of torsinA and alpha-synuclein in Lewy bodies: a fluorescence resonance energy
transfer study. Am J Pathol. 2001;159(1):339-44.
99. Shashidharan P, Good PF, Hsu A, Perl DP, Brin MF, Olanow CW. TorsinA accumulation in
Lewy bodies in sporadic Parkinson's disease. Brain Res. 2000;877(2):379-81.
Anhang
64
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dystonia: mutation analysis of GCH1 and analysis of therapeutic doses of L-dopa. German
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101. Steinberger D, Weber Y, Korinthenberg R, Deuschl G, Benecke R, Martinius J, Müller U. High
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102. Thöny B, Blau N. Mutations in the BH4-metabolizing genes GTP cyclohydrolase I, 6-pyruvoyltetrahydropterin synthase, sepiapterin reductase, carbinolamine-4a-dehydratase, and
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locus maps to chromosome 16p11.2-q12.1. Am J Hum Genet. 1999;65:1688-97.
104. Valente EM, Bentivoglio AR, Cassetta E, Dixon PH, Davis MB, Ferraris A, Ialongo T, Frontali
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chromosome 1p36.13-36.32 in an Italian family with cranial-cervical or upper limb onset. Ann.
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gene in autosomal recessive L-DOPA-responsive dystonia in the Dutch population. Hum Genet.
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106. Vanmolkot KR, Kors EE, Hottenga JJ, Terwindt GM, Haan J, Hoefnagels WA, Black DF,
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K+-ATPase pump gene ATP1A2 associated with familial hemiplegic migraine and benign
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107. Wider C, Melquist S, Hauf M, Solida A, Cobb SA, Kachergus JM, Gass J, Coon KD, Baker M,
Cannon A, Stephan DA, Schorderet DF, Ghika J, Burkhard PR, Kapatos G, Hutton M, Farrer MJ,
Wszolek ZK, Vingerhoets FJ. Study of a Swiss dopa-responsive dystonia family with a deletion
in GCH1. Redefining DYT14 as DYT5. Neurology. 2007 Nov 14; [Epub ahead of print]
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Filipino kindred to the pericentromeric region of the X chromosome. Ann. Neurol. 1991;29:12431.
109. Zeman W, Dyken P. Dystonia musculorum deformans. Clinical, genetic and pathoanatomical
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110. Zimprich A, Grabowski M, Asmus F, Naumann M, Berg D, Bertram M, Scheidtmann K, Kern P,
Winkelmann J, Muller-Myhsok B, Riedel L, Bauer M, Muller T, Castro M, Meitinger T, Strom
TM, Gasser T. Mutations in the gene encoding epsilon-sarcoglycan cause myoclonus-dystonia
syndrome. Nature Genet. 2001;29:66-9.
Anhang
65
7.2 Abkürzungsverzeichnis
A
Adenin
Abb.
Abbildung
APS
Ammoniumpersulfat
AS
Aminosäure
bp
Basenpaar(e)
C
Cytosin
cM
Centi Morgan
ddNTP
2´,3´-Didesoxyribonukleosid-5´-triphsophat
dNTP
2´-Desoxynukleosid-5´-triphosphat
DMSO
Dimethylsulfoxid
DNA
Desoxyribonukleinsäure
DRD
Dopa-responsive Dystonie
DYT
Dystonie
EDTA
Ethylendiamintetraacetat
EOP
early-onset Parkinsonism
ER
Endoplasmatisches Retikulum
ESDE
Epidemiological Study of Dystonia in Europe
EtOH
Ethanol
g
Gramm
G
Guanin
h
Stunde
kb
Kilobasenpaare
l
Liter
LC
LightCycler
Lsg.
Lösung
M
Molar (g/mol)
m
Milli- (10-3)
M-D
Myoklonus-Dystonie
min
Minute
MP
Morbus Parkinson
mRNA
Messenger-RNA
µ
Mikro- (10-6)
n
Nano- (10-9)
NCBI
National Center for Biotechnology Information
OD
Optische Dichte
p
Pico- (10-12)
PAA
Polyacrylamid
PAGE
Polyacrylamid-Gelelektrophorese
PCR
Polymerase chain reaction
PTD
Primäre Torsionsdystonie
pH
Negativer dekadischer Logarithmus der Protonenkonzentration
rpm
Umdrehungen pro Minute
Anhang
66
RT
Raumtemperatur
s
Sekunde
SDS
Sodiumdodecylsulfat
SN
Substantia nigra
SSCP
single strand conformation polymorphism
STR
short tandem repeat, Mikrosatellitenmarker
T
Thymin
Tab.
Tabelle
TEMED
N,N,N´,N´-Tetramethylethylenediamid
Tris
Tris(hydroxymethyl)aminomethan
üN
Über Nacht
U
Unit (Maß für Enzymaktivität)
UV
Ultraviolett
V
Volt
W
Watt
Anhang
67
Primer und Sonden
7.3
Alle für die SSCP- und Sequenzanalyse verwendeten Primer waren am 5´-Ende um die M13-PrimerSequenz verlängert, und zwar die Vorwärts-Primer mit M13F und die Rückwärts-Primer mit M13R.
Für die Genotypisierung war jeweils der Vorwärts-Primer am 5´-Ende um die M13F-Sequenz
verlängert.
7.3.1 Allgemeine Primer
Primer-Name
M13F-700
M13R-800
Region
für LICORAnwendungen
Sequenz
IRD700-CACGACGTTGTAAAACGAC
Annealing-Temp. (°C)
58
IRD800-GGATAACAATTTCACACAGG
7.3.2 Primer und Sonden für die quantitative Mutationsanalyse im GCH1Gen
Primer-Sequenzen und deren Konzentrationen
Gen/Exon
Vorwärtsstrang
Rückwärtsstrang
Endkonzentration im Ansatz
Beta-globin
ACACAACTGTGTTCACTAGC
CAACTTCATCCACGTTCACC
GCH1/1
GCTGCGGCGGGTCCAT
CTCCAGGGCGTCTTGAGCA
0.5 pmol/µl
0.5 pmol/µl
GCH1/2
TGGACATGTTACTAAAGCAAGCC
CTGGGAAACAACAAAGAGAACC
0.5 pmol/µl
GCHI/3
TTTCACTCAGCTAATGATTTCCG
GGTAAAGAGAGAAAGCCTGATGAG
0.5 pmol/µl
GCH1/4
GTCCTTTTTGTTTTATGAGGAAGGC
GGTGTGCACTCTTATAATCTCAGC
1.0 pmol/µl
GCH1/5
GTGTCAGACTCTCAAACTGAGCTC
TCACTTCTAGTGCACCATTATGACG
1.0 pmol/µl
GCH1/6
ACCAAACCAGCAGCTGTCTACTCC
AATGCTACTGGCAGTACGATCGG
0.5 pmol/µl
Sonden-Sequenzen
Gen/Exon
Fluoreszein-markierte Sonde
Beta- glob.
CAAACAGACACCATGGTGCACCTGACTCCTGAGGA-F
L705-AAGTCTGCCGTTACTGCCCTGTGGGGCAA
LightCycler Farbstoff-markierte Sonde
GCH1/1
ACCTCCCTAACCTGGCAGCCGCCT-F
L640-CTCGTCCATCCTGAGCTCGCTGGG
GCH1/2
TGATTGTGAAGGACATAGACATGTTTTCCAT-F
L640-TGTGAGCATCACTTGGTTCCATTTG
GCHI/3
CTCGCAAGTTTGCTGAGGCCAA-F
L640-CTTGCTTGTTAGGAAGATAACCAATATGGAC
GCH1/4
TCTTGCTCTGTCACCCAGGCTGGA-F
L640-GCAGTGGTGCAATCTCGGCTCACT
GCH1/5
ACTACCCCGACTCCAGCAGGCC-F
L640-CAAGGCTTCCGTGATTGCTACAGC
GCH1/6
GAGTCTTTGGATCCTCCCGGAACAC-F
L640-CCCAACATTGTGCTGGTCACAGTTT
Genehmigung der Ethikkommission
Die Studie wurde unter dem Titel: „Einfluß genetischer Faktoren auf den Erkrankungsverlauf bei
Patienten mit primärem Dystonie-Sndrom“ von der Ethikkommission der medizinischen Fakultät der
Universität zu Lübeck genehmigt (Aktenzeichen: 04-180, Datum des Genehmigungsschreibens:
01.07.2005)
Anhang
68
7.4 Lebenslauf mit Publikationsliste
Persönliche Daten:
Name
Vorname
Geburtsdatum / -ort
Anschrift
Familienstand
Staatsangehörigkeit
Kabakci
Kemal
15.02.1972 in Uzunköprü, Türkei
Großer Eschenhorst 4a, 23879 Mölln
Ledig
Türkisch
Schulausbildung:
1979 – 1983
1983 – 1989
1989 – 1992
1992
Grundschule in Büchen
Realschule in Büchen
Fachgymnasium in Mölln
Abitur
Berufsausbildung:
08/1992 – 07/1994
Hochschulausbildung:
10/1994 – 05/2003
03/1998
08/1999
03/2002
05/2003
Famulaturen:
03/1999 – 04/1999
07/2000 – 09/2000
Berufsfachschule für Medizinisch-Technische Assistenz MU
Lübeck
Studium der Humanmedizin an der
Medizinischen Universität zu Lübeck (MUL)
Physikum
1. Staatsexamen
2. Staatsexamen
3. Staatsexamen
09/2000 – 10/2000
10/2000
Allgemeinarztpraxis, Ahrensburg
Interdisziplinäre Aufnahme
Kreiskrankenhaus Sarköy, Türkei
Chirurgische Intensivstation, MUL
Klinik für Dermatologie, MUL
Praktisches Jahr:
04/2002 – 08/2002
08/2002 – 12/2002
12/2002 – 01/2003
02/2003 – 03/2003
Klinik für Neurologie, MUL
Medizinische Klinik I, Abt. Hämato-Onkologie, MUL
Klinik für Chirurgie, Abt. Traumatologie, MUL
Klinik für Chirurgie, Abt. Visceralchirurgie, MUL
Weiterbildung:
06/2003 – 10/2004
10/2004 – 12/2004
07/2005 – 06/2007
seit 07/2007
Arzt im Praktikum, Klinik für Neurologie, MUL
Assistenzarzt, Klinik für Neurologie, MUL
Weiterbildungsassistent für Innere Medizin
Praxis Dr. Bahte, Büchen
Assistenzarzt Innere Medizin, Johanniter Krankenhaus
Geesthacht
Anhang
69
Publikationen:
1.
Klein C, Hedrich K, Kabakci K, Mohrmann K, Wiegers K, Landt O, Hagenah J, Schwinger E,
Pramstaller PP, Ozelius LJ, Gucuyener K, Aysun S, Demir E. Exon deletions in the GCHI gene in
two of four Turkish families with dopa-responsive dystonia. Neurology 2002;59:1783-1786.
2.
Kabakci K, Hedrich K, Leung JC, Mitterer M, Vieregge P, Lencer R, Hagenah J, Garrels J, Witt
K, Klostermann F, Svetel M, Friedman J, Kostic V, Bressman SB, Breakefield XO, Ozelius LJ,
Pramstaller PP, Klein C. Mutations in DYT1: extension of the phenotypic and mutational
spectrum. Neurology 2004;62:395-400.
3.
Kock N, Kasten M, Schule B, Hedrich K, Wiegers K, Kabakci K, Hagenah J, Pramstaller PP,
Nitschke MF, Munchau A, Sperner J, Klein C. Clinical and genetic features of myoclonusdystonia in 3 cases: a video presentation. Mov Disord 2004;19:231-234.
4.
Schüle B, Kock N, Svetel M, Dragasevic N, Hedrich K, De Carvalho Aguiar P, Liu L, Kabakci
K, Garrels J, Meyer EM, Berisavac I, Schwinger E, Kramer PL, Ozelius LJ, Klein C, Kostic V.
Genetic heterogeneity in ten families with myoclonus-dystonia. J Neurol Neurosurg Psychiatry
2004;75:1181-1185.
5.
Lencer R, Eismann G, Kasten M, Kabakci K, Geithe V, Grimm J, Klein C. Family history of
primary movement disorders as a predictor for neuroleptic-induced extrapyramidal symptoms. Br
J Psychiatry 2004;185:465-471.
6.
Hagenah J, Saunders-Pullman R, Hedrich K, Kabakci K, Habermann K, Wiegers K, Mohrmann
K, Lohnau T, Raymond D, Vieregge P, Nygaard T, Ozelius LJ, Bressman SB, Klein C. High
mutation rate in dopa-responsive dystonia: detection with comprehensive GCHI screening.
Neurology 2005;64:908-911.
7.
Kabakci K, Isbruch K, Schilling K, Hedrich K, de Crvalho Aguiar P, Ozelius LJ, Kramer PL,
Schwarz MHRM, Klein C. Genetic heterogeneity in rapid-onset dystonia-parkinsonism:
Description of a new family. J Neurol Neurosurg Psychiatry 2005;76:860-862.
8.
Hedrich K, Pramstaller PP, Stübke K, Hiller A, Kabakci K, Purmann S, Kasten M, Scaglione C,
Schwinger E, Volkmann J, Kostic V, Vieregge P, Martinelli P, Abbruzzese G, Klein C, Zühlke C.
Premutations in the FMR1 gene as a modifying factor in Parkin-associated Parkinson´s disease?
Mov Disord 2005; 20: 1060-1062.
9.
Adel S, Djarmati A, Kabakci K, Pichler I, Eskelson C, Lohnau T, Kock N, Hagenah J, Hedrich
K, Schwinger E, Kramer PL, Pramstaller PP, Klein C. Co-occurrence of restless legs syndrome
and Parkin mutations in two families. Mov Disord. 2006;21:258-263.
10. Hedrich K, Winkler S, Hagenah J, Kabakci K, Kasten M, Schwinger E, Volkmann J, Pramstaller
PP, Kostic V, Vieregge P, Klein C.Recurrent LRRK2 (Park8) mutations in early-onset
Parkinson's disease. Mov Disord. 2006; 21:1506-1510.
11. Kostic VS, Svetel M, Kabakci K, Ristic A, Petrovic I, Schule B, Kock N, Djarmati A, Romac S,
Klein C. Intrafamilial phenotypic and genetic heterogeneity of dystonia.
J Neurol Sci. 2006; 250:92-96.
12. Orth M, Djarmati A, Bäumer T, Winkler S, Grünewald A, Lohmann-Hedrich K, Kabakci K,
Hagenah J, Klein C, Münchau A. Autosomal dominant myoclonus-dystonia and Tourette
syndrome in a family without linkage to the SGCE gene. Mov Disord. 2007; 22: 2090-6
Mölln, den 22.02.2008
Anhang
70
7.5
Danksagung
An dieser Stelle bedanke ich mich bei all denen, welche zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen
haben.
Priv.-Doz. Dr. med. Peter P. Pramstaller und Prof. Dr. med. Christine Klein ermöglichten es mir, ein
interessantes Thema zu bearbeiten und Untersuchungen an großen Patientenkollektiven mit
verschiedenen erblichen Dystonieformen durchzuführen. Sie waren immer diskussionsbereit und die
Zusammenarbeit war stets fruchtbar.
Frau Dr. rer. nat. Katja Hedrich war in allen experimentellen Angelegenheiten eine kompetente und
geduldige Ansprechpartnerin.
Auch all den anderen Mitgliedern der AG Molekulare Neurogenetik danke ich für die hervorragende
und immer konstruktive Zusammenarbeit.
Priv.-Doz. Dr. med. Peter P. Pramstaller, Prof. Dr. med. Christine Klein, Prof. Dr. Susan Bressman,
Dr. Rachel Saunders-Pullman, Prof. Dr. Peter Vieregge, Prof. Dr. Michael Schwarz und Dr. Ercan
Demir haben die Patienten untersucht und die Blutproben sowie die klinischen Daten weitergeleitet.
Ganz besonders herzlich bedanke ich mich bei den Patienten und Familienangehörigen für die
Teilnahme an der Studie.
Ganz herzlich bedanke ich mich bei meinen Eltern, meiner Schwester, meiner Freundin Barbara und
unserer Tochter Sabiha Julia für ihren Rückhalt und ihre Unterstützung.
Anhang
71
7.6
Eidesstattliche Erklärung
Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit ohne fremde Hilfe und nur unter Verwendung der
angegebenen Hilfsmittel angefertig habe.
Ich versichere, dass ich keinen anderen Zulassungsantrag gestellt habe, und dass ich die Dissertation
nicht andererortsvorgelegt habe.
Ich habe mich bisher keinem anderen Promotionsverfahren unterzogen.
Lübeck, den 22.02.2008
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