16 akademie Gen-Analyse MTHFR-Mutation als Risikofaktor für KHK Das Enzym Methylentetrahydrofolat-Reduktase (MTHFR) spielt eine zentrale Rolle im Folatzyklus und steht im indirekt-proportionalen Zusammenhang mit einer Erhöhung der Homocystein-Konzentration im Blutplasma. Wenig Enzymaktivität bedeutet erhöhtes Homocystein (Hyperhomocysteinämie). Die Ursache für den Enzymmangel kann in einer Mutation seines Genes liegen. Die Prävalenz liegt für eine heterozygote Mutation bei 40 Prozent und für eine homozygote Mutation bei 4 bis 16 Prozent. Die Mutationen Die häufigste Mutationsvariante im MTHFR-Gen ist eine Punktmutation im Codon 677 (677C-T). Dadurch entsteht bei homozygoten Trägern eine thermolabile Variante, die einen Enzymaktivitätsverlust von zirka 50 Prozent bewirkt. 5_2011 Eine zweite – mit etwa gleicher Häufigkeit verbreitete – Mutation der MTHFR findet sich im Codon 298 (298C-A1). Homozygote Träger zeigen auch hier einen Enzymaktivitätsverlust von zirka 60 Prozent. Eine hetero oder homozygote Mutation 298C-A1 scheint nur in Kombination mit einer hetero oder homozygoten Mutation an Position 677 zur Erhöhung des Homocysteinwertes im Blutplasma zu führen. Eine Kombination homozygot 677C-T und heterozygot 298C-A1 ist selten, die Kombination homozygot 677C-T und homozygot 298C-A1 wird nicht gefunden. 17 Fotos: af-p, ktsdesign, Spectral-Design, Mellimage, Dario Bajurin Enzymaktivität und -wirkungen Die beiden Mutationen im MTHFR-Gen bedingen bei gleichzeitigem Faktor-V-Leiden oder Prothrombin2021G-Mutation offenbar eine weitere Steigerung des Thromboserisikos. Beide MTHFR Polymorphismen sind offensichtlich auch Ursache für das Auftreten von habituellen Aborten in der Frühschwangerschaft. Beide Mutationen im MTHFR-Gen scheinen auch die Wirksamkeit von zytotoxischen Medikamenten wie Methotrexat (kompetitiver Inhibitor der Difolat-Reduktase) und von 5’Fluoruracil (kompetitiver Inhibitor der Thymidinsynthase) zu beeinflussen. Die Folsäure wird im Stoffwechsel in vier verschiedenen aktivierten Formen benötig, die durch Oxidation und Reduktion im Gleichgewicht stehen. Zwei davon sind 5,10-Methylentetrahydrofolat und 5-Methyltetrahydrofolat. Die MTHFR katalysiert die Reduktion von 5,10-Methylentetrahydrofolat zu 5-Methyltetrahydrofolat. Methyltetrahydrofolat und zusätzlich Methylcobalamin sind für die Umwandlung von Homocystein in die essenzielle Aminosäure Methionin notwendig. Bei herabgesetzter Enzymaktivität der MTHFR kann es zu einem Anstieg der Homocysteinkonzentration im Blutplasma kommen. Heterozygote Individuen mit beiden Mutationen sind in der Bevölkerung mit zirka 15 Prozent vertreten. Die Enzymaktivität beträgt nur 50 bis 60 Prozent der von Normalpersonen. Der Enzymaktivitätsverlust ist damit größer als bei alleiniger heterozygoter Mutation 677C-T. Die Kombination beider homozygoten Mutationen (677C-T und 298C-A1) scheint letal zu sein und wird deshalb nicht gefunden. Die MTHFR-Mutation ist als Risikofaktor unabhängig von Hypertonie, Hyperlipidämie oder anderen Faktoren wie Rauchen. Fasten oder Folsäuresubstitution kann bei genetisch disponierten Patienten vorübergehend physiologische Blutwerte erbringen. Kinderwunsch Untersuchungsmethode Bei homocygoten Mutationsträgern werden variable – häufig milde oder moderate – Erhöhungen der HomocysteinKonzentrationen im Blutplasma beobachtet, besonders bei niedrigem Folatstatus. Bei heterozygoten Trägern bleiben die Homocysteinwerte im Referenzbereich, sofern kein zusätzlicher Mangel an Vitamin B12 und Folsäure vorliegt. Dieser interaktive Effekt zwischen Genetik und Ernährung ist wahrscheinlich die Ursache für ein gesteigertes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen und Neuralrohrdefekte. Deshalb ist es ratsam, dass Frauen mit Kinderwunsch bereits vor der Schwangerschaft und Schwangere, die ein erhöhtes Risiko für ein Kind mit Neuralrohrdefekt tragen, präkonzeptionell bis zum Ende des 1. Trimenon Folsäure in einer Dosierung von 5 mg täglich zu sich nehmen. Nach Isolierung genomischer DNA aus peripherem Venenblut wird die Mutation in einer real-time-PCR mit der LightCycler-Technologie nachgewiesen. Untersuchungsdauer: 3 Arbeitstage Anforderung: MTHFR-Polymorphismus Material: 5 ml EDTA-Blut Empfehlung zur MTHFR-Mutationsanalye Bei: • Erhöhtem Thrombose- oder Atherosklerose-Risiko. • Familiärem Risiko für koronare Herzkrankheit. • Kindlichem Neuralrohrdefekt in der Familie. • Rezidivierenden Aborten in der Frühschwangerschaft. Kontakt Dr. Claudia Nevinny-Stickel-Hinzpeter MVZ Humane Genetik München Telefon: 0 89 – 5 48 62 90 E-Mail: [email protected] 5_2011