Rundbrief Nr. 6 Erst mal wünschen wir euch Frohe Ostern! (Natürlich auch von den Schwestern) Wir hoffen, ihr hattet ein schönes Fest und konntet die Feiertage genießen. Wir haben hier Ostern und vor allem die Karwoche auf eine ganz andere und besondere Art erlebt. Aber gehen wir chronologisch vor. Wir fangen mit der Rückkehr nach Santa Maria an, wo der Mauerbau schon auf uns wartete. Wir glaubten, alle dafür nötigen Materialen am 17.03. besorgen zu können. Da die Schulranchera kaputt war, mussten wir die Materialien mit der öffentlichen Ranchera von Santo Domingo nach Santa Maria transportieren. Die dadurch entstandene Fahrplanverzögerung und deutliche Überbelastung des Wagens (ca. 50 Personen, Eisen, Cementina, Draht …) störte kaum jemanden, weil die Beförderung eines solchen eher unhandlichen Handgepäcks keine Seltenheit ist. In den folgenden drei Wochen wurden immer wieder neue spontane Materialforderungen gestellt, die wir so schnell wie möglich erledigen mussten, damit der Bau nicht ins Stocken geriet. Als wir zum Beispiel am folgenden Montag ganz früh zu den Carpios fahren wollten, verzögerte sich unser Aufbruch um einige Stunden, weil wir unbedingt Bretter für die Dachkonstruktion auftreiben mussten. Bei jedem Wetter und zu jeder Tages‐ und Nachtzeit fuhren wir mit der Camionetta los um Caña (eine Bambusart, die für Baugerüste verwendet wird) zu schneiden und Bretter zu besorgen. Wegen der starken Regenfälle in letzter Zeit mussten wir die schwere Fracht über noch mehr Steinhaufen, größere Wasserlöcher und mehr Schlamm zur Schule bringen. Mit dem so herangeschafften Material konnten die 3 Arbeiter in den letzen Wochen die Mauer hochziehen, verputzen und mit einem kleinen Dach versehen. Zusätzlich wurde an der Seite eines Schulgebäudes eine angefangene Abstellkammer fertiggestellt. Jetzt fehlen zum Abschluss der Bauarbeiten nur noch die letzten Schliffe. Dann heißt es abwarten, bis alles auch von innen getrocknet ist und wir können mit dem Malen beginnen. Vielen Dank schon mal im Voraus für eure großzügigen Spenden, die das alles hier erst möglich machen. Den Verlauf des Mauerbaus könnt ihr natürlich anhand von Fotos auf unserem Blog verfolgen und auch gerne kommentieren (www.en‐ecuador.blogspot.com). Wir freuen uns über jede Anregung, Idee und Bemerkung. Am 17.3.09 erlaubten wir uns mal wieder richtig auszuschlafen, was die Schwestern Schlimmeres befürchten ließ. Von der besorgten Schwester Bernadita, die uns morgens vom Internat abholte erfuhren wir, dass es in dieser Nacht einen schweren Raubüberfall mit einem Toten gegeben hat. Acht Viehhändler die mit 3 Tiertransportern zum Viehmarkt nach Santo Domingo unterwegs waren, wurden von einer 8 köpfigen Räuberbande um 3.00 nachts auf der unbefestigten und unübersichtlichen Straße von Santa Maria nach Patricia Pilar überfallen. Glücklicherweise gab es nur einen Toten, von dem dann fast das ganze Dorf in einer Trauerfeier Abschied nahm. Da wir uns ja noch in den Ferien befanden und da es in der Schule sowie im Internat nicht soviel zu tun gab, konnten wir uns der Neuedition alter Gebetsbücher widmen, Werbeflugblätter fürs Internat gestalten und den Zwischenbericht (auf spanisch und deutsch) für das Weltwärtsprogramm verfassen. Zur Abwechslung von der vielen Computerarbeit besuchten wir zwei Familien von Internatskindern. Bei Mayerling erkundeten wir zu Pferd das zu ihrer Finka gehörende wunderschöne Gelände und ernteten Zapote (Kürbisgewächse, die an Bäumen wachsen), Toronja (Grapefruit), Guayabana (Guave), Verde (Bananen) Orangen usw. Zusammen mit Pflanzensetzlingen und all diesen Früchten machten wir uns nach dem Schmökern in „Fotoalben“ auf den Heimweg. Bei den Carpios verbrachten wir am 23.3.09 einen genauso schönen Tag mit frischgemolkener Milch, frisch gemachten Käse, leckerem Essen, einem schönen Spaziergang und Spielen mit Mateo. Wir kamen nur leider recht spät an, da nicht nur die Suche nach den Brettern unsere Ankunft verzögerte, sondern auch der stark angestiegene Fluss ein Hindernis darstellte, das erst mal überwunden werden musste. Die Durchquerung mit der Camionetta war uns zu risikoreich, weshalb wir Pferde, bzw. barfuß mit hochgekrempelten Hosen für das Passieren bevorzugten. An einem Sonntag in den Ferien hatten wir fast den ganzen Tag Zeit unsere Wäsche zu waschen nur hatten wir leider kein Wasser. Da wir schon seid einem halben Jahr unsere Klamotten abkochen wollten, nutzen wir die Zeit und das abgekochte Zisternenwasser, um unsere Kleider in einem großen Kochtopf zu reinigen. „The Simpsons“ hielten uns bei guter Laune. Am Donnerstag, den 26.03. erhielten wir einen überraschenden Anruf von Veronika und Lisa (zur Erinnerung: zwei deutsche Freiwillige, die normalerweise in Quito arbeiten), die sich in dieser Woche in Santo Domingo befanden. Das nahmen wir zum Anlass, die doch vorhandenen schönen Plätze von unserer Provinzhauptstadt mit ihnen zu entdecken. Wir verwarfen unsere ursprünglichen Pläne und besuchten den idyllischen botanischen Garten „La Carolina“. Um das Dorf der Tsáchilas‐Indianer zu besichtigen reichte leider die Zeit nicht mehr. Weil sich der Bischof für den Sonntag 29.03. in San Vicente del Nila angekündigt hatte, arbeiteten wir am Samstag in Santo Domingo erst einmal eine lange Liste an Besorgungen (für das neue Schuljahr, den Bischof, die Zwischenevaluationen, Fotobestellungen der Santa Marianer usw.) ab und fuhren dann in das besagte Recinto, in denen sich seit Januar zwei ehemalige Schwestern aus Santa Maria niedergelassen haben. Mit Plakaten und einem Blumentor empfingen die Einwohner den Bischof Wilson Moncayo und feierten mit ihm eine schöne Messe. Anschließend stattete er den Schwestern und somit auch uns einen kurzen Besuch ab. Auf dem Rückweg nach Santa Maria gabelten wir in Patricia Pilar noch Veronika auf, die bis Dienstag bei uns bleiben wollte. Sie durfte gleich den Alltag von Santa Maria mit seinen unvorhergesehenen Ereignissen kennenlernen. Da es mal wieder kein Wasser gab, mussten wir im Fluss duschen. Unser eigentlicher Tagesausflug zur Hängebrücke nach El Mirador verschob sich um 2 Stunden, wir wurden kurzfristig zu einer Versammlung der Lehrer eingeladen und als sie am Dienstagmorgen früh wieder nach Quito fahren wollte, kamen keine Rancheras. Erst gegen Mittag konnte sie Santa Maria verlassen. Ergebnis der spontanen Lehrereinberufung war für uns, dass wir ab dem 1. April jeweils eine Klasse der Escuela La Sagrada Familia übernehmen durften. Hier ist es üblich, dass ein Lehrer seine Klassenstufe in allem Fächern unterrichtet. Da das bisherige Lehrerpersonal vom letzten Schuljahr komplett ausgewechselt werden sollte, aber noch nicht für jede Klassenstufe ein Lehrer gefunden wurde, kümmerten wir uns bis zu den Osterfeiertagen um die 3. bzw. 4. Klasse. Auch wenn es uns viel Spaß gemacht hat, wäre dieser Job auf Dauer nicht möglich, da es mit der Arbeit im Internat und im Schwesternhaus unser Arbeitspensum übersteigen würde. Im Moment sieht es so aus, als hätten wir bald alle Lehrer. Es fehlt nur noch eine Lehrerin. Mit dem Schulanfang trödelten auch langsam wieder die Kinder des Internats ein, unter denen sich jetzt auch ein paar Neulinge befinden. Insgesamt leben jetzt 26 Schüler (6 Mädchen, 13 Jungs bis ca. 14 und 7 Mädels vom Colegio bis 16 Jahre) unter der Woche im Internat. Der Palmsonntag fing mit einer Prozession mit Holzkreuz und den sogenannten „Ramos“ (gesegnete Sträuße aus Zweigen z.B. von Rosmarin und Kamille) vom Ufer des Toachi an und endete in der mit Palmwedeln geschmückten Kirche mit einem Gottesdienst. Ab Gründonnerstag bis Sonntagabend hielten wir uns sowohl tags als auch nachts entweder in der Kirche auf oder nahmen an Prozessionen durch das Dorf teil. Angefangen hat es am Donnerstagvormittag in Santo Domingo mit einer Messe des Bischofs, an der sich auch alle Pfarrer der Diözese Santo Domingo de los Tsáchilas beteiligten. Auf die abendliche Messe in Santa Maria, in der das letzte Abendmahl und die Fußwaschung nachgespielt wurden, waren wir neugierig, was uns veranlasste in die kirche zu gehen, wo wir dann bis ca. 3.00 blieben (mit der liturgischen Nacht nicht zu vergleichen). Am Karfreitagmorgen bereiteten wir die Station des Kreuzwegs am Schwesternhaus vor, wobei wir jedoch auf Schere oder Messer als Hilfsmittel verzichten mussten, weil jegliches Schneiden am Karfreitag bös ausgehen soll und deshalb vermieden wird. Genauso verhält es sich mit schwerem (körperlichen) Arbeiten und Duschen. Kaffee, (schon geschnittenes) Brot und Wackelpudding waren gestattet, sonst nahmen wir relativ wenig zu uns. Die Kreuzprozession sollte um 12 Uhr losgehen, doch wir starteten erst um halb zwei an der ersten Station und zogen dann (barfuß)mit vielen unterschiedlich schweren und großen Kreuzen durch das Dorf. An jeder der 15 Stationen wurde niedergekniet und eine Etappe der Leidensgeschichte Jesu vorgelesen und teilweise vom Padre Rafael nachgespielt. Nachdem um Viertel vor 6 die Prozession in der Kirche mit der sinnbildlichen Kreuzigung der Jesus‐ Figur geendet hatte, fand um sieben die nächste Messe statt. In dieser wurde Jesus wieder vom Kreuz geholt, von den Schwestern in Empfang genommen und in weißen Leintüchern aufgebahrt. Bei Kerzenschein wurde der Leichnam durch die Straßen getragen und anschließend wieder in der Kirche betrauert. Der Karsamstag begann mit der Dekoration der Marienstatue für die anschließende Prozession, die die Leiden Marias darstellen soll und für welche die Schwestern verantwortlich waren. Auch wir hielten je eine Lesung an einer der 7 Stationen. Für die Osternacht stellten wir aus Moosgummi ein riesen Spruchband her, das in der Kirche aufgehängt wurde. Unsere Versuche, das einzig überlebende der vier am Mittwoch geborenen Katzenjungen zu retten, scheiterten. Bevor es in die Osternacht ging, konnten wir uns es nicht nehmen lassen, die ersten Ostereier für den Sonntag zu färben. Die Ostermesse wurde von einem Rosenkranz in der Kirche eingeleitet, der am Osterfeuer beim Entzünden der Osterkerze beendet wurde. Von den anschließenden sieben Lesungen bei dämmrigem Kerzenschein bekamen wir nur wenig mit. Als dann das Licht anging, waren wir wieder aufnahmefähiger und konnten sehen, wie die Jesusfigur am Kreuz enthüllt wurde und das Wasser im Taufbecken mit der Osterkerze gesegnet wurde. Bis das Weihwasser an die Leute ausgeschenkt wurde, war es halb vier. Nach dem kleinen Umtrunk in Schwesternhaus und nachdem wir im Internat angekommen, zu Hause angerufen und eine Kleinigkeit für die Schwestern zu Ostern vorbereitet hatten, war es dann 5 Uhr morgens. Dieses Jahr kam der Osterhase auch nach Santa Maria und ließ im Schwesternhaus ein paar gefärbte Eier und drei mit Schokoladen beklebte Papierosterhasen da. Nach dem Suchen ging es erneut in die Ostersonntagmesse, welche aber nicht die letze an diesem Tag war. Nachmittags sollten wir die Schwestern mit in ein Recinto begleiten um dort die Ostermesse zu gestalten, in der wir (trotz Erkältung) auch den Psalm singen „durften“. Wieder im Schwesternhaus angekommen, backten wir noch Häschen aus Hefeteig und färbten weitere Eier für die Internatskinder. Zu ihnen kam der Osterhase mit etwas Verspätung und versteckte ihnen ein Körbchen mit Schokolade und einem Osterei, was sie aber leicht irritierte (vor allem, wenn die Eier innen von den Farben verfärbt waren). Mit dem Osterfest geht auch unser sechster Rundbrief zu ende. Von dem, was uns erzählt wurde, hat bei euch der Frühling angefangen. Auch bei uns nehmen die Regenfälle langsam ab und der Sommer beginnt. Wir wünschen euch einen wunderschönen Frühling und einen nicht so wechselhaften April! Liebe Grüße, Katrin und Larissa P.S.: Das letzte Bild von den Katzenbabies, da diese nun in Familien gegeben wurden.