11.11.2013 Kolumbiens Lebensmitteleinzelhandel wächst kräftig Konzentration auf wenige große Anbieter / Nachfrage nach ausländischen Produkten steigt / Von Edwin Schuh Bogotá (gtai) - Die Kaufkraft der Kolumbianer steigt und die Menschen fragen zunehmend hochwertige Lebensmittel nach. Das Handelsabkommen mit der EU bringt zudem einige Vorteile für deutsche Lebensmittelexporteure. In Kolumbien finden sie einen Markt vor, in dem große Ketten zunehmend die traditionellen Nachbarschaftsläden verdrängen. Wenige große Anbieter dominieren das Supermarkt-Segment. Und die Branche ist weiter auf Konsolidierungskurs. Die kolumbianische Mittelschicht wächst: Der Anteil der Personen mit einem täglichen Einkommen zwischen 10 und 50 US$ an der Gesamtbevölkerung kletterte innerhalb der vergangenen zehn Jahre von 16,3 auf 26,5%. Diese Entwicklung ist gerade für deutsche Exporteure von Lebensmitteln und Getränken interessant, denn mit der Kaufkraft steigt auch das Interesse an hochwertigen Importwaren. Der Einzelhandel reagierte schon auf diesen Trend: So kündigte die Handelskette Jumbo Anfang 2013 an, 500 deutsche Produkte ins Sortiment aufzunehmen. EU-Kolumbien Handelsabkommen senkt Zölle für Nahrungsmittel Seit das Handelsabkommen zwischen der EU und Kolumbien am 1.8.2013 provisorisch in Kraft trat, genießen deutsche Exporteure zudem Vorteile gegenüber der Konkurrenz aus anderen Ländern. In der Nahrungsmittelwirtschaft können sie sich unter anderem über den Abbau der sehr hohen Zölle auf Bier (bisher 20%, sofort zollfrei), Käse (20-52%, 15 Jahre lang Kontingente, danach komplett zollfrei, Quark und Molke ausgenommen) und Schinken (44%, Zollabbau in drei Stufen ab zwei Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens) freuen. Allerdings reichte die EU im Oktober 2013 Beschwerde bei den kolumbianischen Behörden über die Nicht-Einhaltung der sanitären und phytosanitären Bestimmungen des Handelsabkommens (Art. 92 und 93) ein. Die Einfuhren Kolumbiens von Lebensmitteln und Getränken stiegen 2012 laut UN-Datenbank Comtrade um 17,2% auf 5,0 Mrd. US$. Dabei bildeten Getreide und Getreideerzeugnisse sowie Tierfutter die größten Posten. Einige Warengruppen, darunter Eier und Milchprodukte, Zucker und Zuckerwaren, Fleisch und Fleischerzeugnisse sowie Tierfutter legten kräftig zu - wohl auch als Resultat des Handelsabkommens zwischen den USA und Kolumbien, das im Mai 2012 in Kraft trat und die US-amerikanischen Lieferungen antrieb. Kolumbianische Einfuhr von Nahrungsmitteln und Getränken (in Mio. US$; Anteil in %) Davon aus Davon aus Deutscher Anteil Deutschland in % *) 10,6 0,5 4,3 k.A. 154,7 k.A. k.A. k.A. 118,8 k.A. k.A. SITC-Gruppe 2011 00 Lebende Tiere 11,0 0,3 117,1 48,7 01 Fleisch und erzeugnisse 02 Eier und Milchprodukte Deutschland 2012 03 Fisch und Meeresfrüchte 04 Getreide und erzeugnisse 05 Gemüse und Früchte 06 Zucker und waren, Honig 07 Kaffee, Tee, Gewürze, etc. 08 Tierfutter 09 Verschiedene Lebensmittel 11 Getränke 291,9 0,0 343,0 0,0 0,0 1.797,0 1,0 1.952,4 2,0 0,1 479,6 0,6 547,3 1,5 0,3 175,2 0,6 251,8 0,6 0,3 295,3 0,4 292,3 0,8 0,3 614,1 0,5 777,5 0,6 0,1 291,3 3,7 377,0 3,7 1,0 133,1 0,8 162,5 1,4 0,8 *) in 2012 Quelle: UN Comtrade Der Lebensmitteleinzelhandel in Kolumbien befindet sich in einem Expansions- und Konsolidierungsprozess. Noch sind traditionelle Formate wie Nachbarschaftsläden und offene Märkte vorherrschend. Rund 53% der Kolumbianer kaufen dort ein. Doch 47% gehen lieber in den Supermarkt, und das mit steigender Tendenz: Laut Statistikamt DANE nahmen die gesamten Verkäufe der Supermarktketten 2012 um 8,4% auf rund 13,7 Mrd. US$ zu. Das Supermarktsegment ist bereits stark konzentriert. So kamen 2012 die sieben größten Supermarktketten auf rund 95% der Verkäufe und die größeren Ketten kaufen weiterhin regionale Supermarktketten auf. Im Oktober 2012 übernahm die chilenische Gruppe Cencosud Kolumbiens zweitgrößte Supermarktkette, die französische Carrefour. Der Deal hatte einen Wert von 2,5 Mrd. US$ und umfasste 72 Hypermärkte. Nach einem ersten Prozess der Anpassung der alten Carrefour-Märkte an die neuen Marken Jumbo und Metro will Cencosud weiter im Land expandieren. Kolumbiens große Supermarktketten wachsen Marktführer ist mit einigem Abstand Exito, das mehrheitlich der französischen Casino-Gruppe gehört. Neben 224 Supermärkten der eigenen Marke betreibt Exito 79 Carulla-Märkte und 119 Supermärkten der Surtimax-Kette. Exito kam 2012 mit einem Umsatz von umgerechnet rund 4,9 Mrd. US$ auf 38,5% des Gesamtumsatzes der Branche, gefolgt von Jumbo mit 2,1 Mrd. US$. Die drittstärkste Kette, Olímpica, ist besonders an der Karibikküste präsent und erzielte 2012 einen Umsatz von 1,8 Mrd. US$. Einzelhandelsketten in Kolumbien (Umsätze in Mrd. kol$*) Name Umsatz 2011 Umsatz 2012 Marktanteil (in %) Stadt Exito 8.552,4 9.164,9 38,5 Envigado Jumbo 3.959,8 3.904,0 16,4 Bogotá Olímpica 3.202,0 3.483,8 14,6 Barranquilla Alkosto 2.460,1 2.754,7 11,6 Bogotá La 14 1.170,3 1.269,2 5,3 Cali Falabella 864,4 1.087,9 4,6 Bogotá Makro 906,2 909,9 3,8 Bogotá *) durchschnittlicher Wechselkurs der Zentralbank 2012: 1 US$ = 1.798,23 kol$ Quelle: La Nota Económica, Vademecum de Mercados 2013 Die Branchenriesen versuchen nicht nur über den Neubau von Märkten ihre Präsenz auszubauen, sondern auch über den Zukauf. So will es Exitos Kette Surtimax bis Ende 2013 durch Zusammenschlüsse mit kleineren Nachbarschaftsläden auf insgesamt 150 Supermärkte bringen. Eine ähnliche Strategie verfolgt Olímpica. Auch für ihre kleineren Express-Märkte hat die Gruppe Expansionspläne. Exitos Umsatz wuchs im 1. Quartal 2013 um 6,1% auf 2,6 Mrd. kol$. Die Gruppe verfolgt auch eine Internationalisierungsstrategie in andere lateinamerikanische Länder. So übernahm sie 2012 Uruguays größte Supermarktketten Disco und Devotto mit zusammen 53 Märkten. Einem Bericht von Fitch Ratings zufolge sind die kolumbianischen Hauptballungsräume Bogotá, Medellín und Cali bereits relativ gut besetzt. Hier ist es demnach schwierig, noch freie Grundstücke für den Bau von großen Supermärkten zu finden. Die Unternehmen nehmen daher mittelgroße Städte wie Cartagena, Pereira, Armenia, Manizales, Cucuta und Barranquilla ins Visier, wo kleinere Ketten attraktive Übernahmekandidaten sind. Als nächster Schritt dürfte die Expansion in kleine Städte folgen. Die Supermarktketten beschränken sich längst nicht mehr auf Lebensmittel. Immer mehr Märkte verkaufen Elektronikartikel, Haushaltsgeräte und Kleidung unter einem Dach. Exito hat bereits erfolgreich vorgemacht, dass auch Autos ins Sortiment passen. Konkurrenz erhielten Kolumbiens Marktführer durch den Eintritt des portugiesischen Anbeiters Jerónimo Martins im April 2013. Dieser betreibt in der kolumbianischen Kaffeezone in den Bezirken Caldas, Risaralda und Quindía 14 Supermärkte unter dem Namen Ara. Bis Ende 2013 sollen es schon 40 Läden sein. Kolumbien ist Jerónimo Martins erster Markteintritt in Lateinamerika. Bereits 2011 kam die US-amerikanische Kette PriceSmart. Sie bietet nach USamerikanischen Vorbild Shopping nur für Mitglieder an. Mit Läden in Barranquilla und Cali war PriceSmart bereits 2012 zehntumsatzstärkste Supermarktkette Kolumbiens, durch Expansion auch in die Hauptstadt Bogotá will das Unternehmen weitere Marktanteile gewinnen. (E.D.S) Dieser Artikel ist relevant für: Kolumbien Einzelhandel, Nahrungsmittel KONTAKT Jutta Kusche 0228/24993-419 Ihre Frage an uns VERWANDTE ARTIKEL Wirtschaftstrends Jahreswechsel 2013/14 Niederlande Bio-Lebensmittel gewinnen in Frankreich an Marktanteil In Ostafrika gibt es noch wenig deutsche Lebensmittel Niederländer kaufen mehr nachhaltig produzierte Lebensmittel Griechischer Lebensmittelsektor ist ausbaufähig http:// www.gtai.de/G T A I / Navigation/D E / T r a d e / maerkte,did=908128.html © 2013 Germany Trade & Invest Gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und vom Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Bundesländer aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.