D-MATH Dr. Francesca da Lio Mass und Integral FS 16 Musterlösung 3 1. Zu zeigen ist, dass das Mengensystem der Elementarfiguren A eine Algebra ist, d.h. 1. Rn ∈ A, 2. A ∈ A ⇒ AC ∈ A, 3. A1 , . . . , Am ∈ A ⇒ ∪m k=1 Ak ∈ A. Beweis: 1. Rn ist ein Intervall. Daher liegt es in A. 2. Sei A = ∪m k=1 Ak mit Ak disjunkten Intervallen. Die Komplemente der Ak schreiben wir als p(n) (Ak )C = ∪i=1 Bk,i wobei p(n) dimensionsabhängig ist und beschreibt, wie viele Gebiete man im Komplement zusammensetzen muss. (Ak )C liegt also in A. Mit de Morgan ist C A = m [ k=1 !C Ak = m \ (Ak )C , k=1 Es ist aber klar (weil der Schnitt zweier Intervalle wieder in Intervall ist), dass der Schnitt zweier A, B ∈ A wieder in A liegen muss. Damit ist AC ∈ A. k 3. Seien Ak = ∪nl=1 Akl mit Akl ∩ Aki = ∅ für i 6= l, k = 1, . . . , m. Dann ist m m k ∪k=1 Ak = ∪k=1 ∪nl=1 Akl eine Vereinigung endlich vieler Intervalle. Diese können wir disjunkt wählen. Daraus folgt, dass ∪m k=1 Ak ∈ A. Also ist A eine Algebra. 2. Wir zeigen, dass Ω ⊂ Rn genau dann eine Lebesgue-Nullmenge ist, wenn eine Folge (Ik )k∈N von Intervallen existiert, sodass 1. P∞ k=1 Vol(Ik ) < ∞, 2. jeder Punkt von Ω in unendlich vielen Intervallen liegt. Bitte wenden! • ⇒ Sei Ln (Ω) = 0. Da das Lebesguemass die Caratheodory-Hahn-Erweiterung des Elementarinhaltes ist, existiert für alle m ∈ N eine Folge von Intervallen, (Ikm )k∈N P ∞ mit Ω ⊂ ∪k∈N Ikm und k=1 Vol(Ikm ) ≤ 2−m . Dann gilt: P P P m −m 1. = 1 < ∞ (1. Bedingung) , m∈N k∈N Vol(Ik ) ≤ m∈N 2 2. Jedes x ∈ Ω liegt für jedes m in mindestens einem Intervall Ikm , also in unendlich vielen Ikm (2. Bedingung). • ⇐ Wir nehmen an, es existieren Intervalle (Ik )k∈N wie in der Aufgabenstellung. Weil jedes x ∈ Ω in unendlich vielen Ik liegt, ist ! \ [ \ Ω⊂ Ik =: Al . l∈N k≥l l∈N Mit Subadditivität des Lebesguemasses folgt X X Vol(Ik ) → 0, l → ∞ , Ln (Ik ) = Ln (Al ) ≤ k≥l k≥l P∞ da die Reihe k=1 Vol(Ik ) nach Annahme konvergent ist. Da A1 ⊃ A2 ⊃ A3 ... folgt aus einem Resultat der Vorlesung: \ Ln (Ω) ≤ Ln ( Ak ) = lim Ln (Ak ) = 0 . k∈N k→∞ 3. Wir zeigen, dass µ ein Prämass auf B ist. 1. µ(∅) = 0, da die leere Menge abzählbar ist 2. Sei A = ∪k∈N Ak eine disjunkte Vereinigung, A, Ak ∈ B. P Falls alle Ak abzählbar sind, so ist es auch A. Dann ist µ(A) = 0 = ∞ k=1 µ(Ak ). C Ist ein Al überabzählbar (also µ(Al ) = 1), so ist Al abzählbar. Da alle Ak disjunkt sind, ist Ak ⊂ AC l für alle anderen k 6= l, d.h. alle übrigen Ak müssen abzählbar sein, also µ(A k ) = 0 für k 6= l. Daher ist µ(A) = 1 = µ(Al ) + P P∞ k6=l µ(Aj ) = k=1 µ(Ak ). Also ist µ ein Prämass auf B. 4. a) Da die leere Menge endlich ist und 0 Elemente beinhaltet, gilt klarerweise µ(∅) = 0. Sei nun A ⊂ ∪∞ . Falls es ein Ak gibt, welches unendlich ist (also µ(Ak ) = k=1 AkP ∞ ∞), so gilt µ(A) ≤ k=1 µ(Ak ) = ∞. Seien also alle Ak ’s endlich. Falls ∞ ∪k=1 Ak unendlich ist, folgt die Ungleichung aus dem selben Grund wie oben. ∞ Falls ∪∞ k=1 Ak endlich ist, also µ(∪k=1 Ak ) = µ({x1 , . . . , xt }) = t, dann folgt wegen A ⊂ {x1 , . . . , xt } sofort µ(A) ≤ t. Siehe nächstes Blatt! b) Wir schreiben das Diracmass als δx (A) = #(A ∩ {x}) , A ⊂ R , und verwenden, dass wir schon wissen, dass das Zählmass ein Mass auf R ist. Daher ist auch δx ein Mass auf R. 5. P∞ a) Wir wissen, dass für messbare Mengen En die Gleichung µ (∪∞ k=1 Ek ) = k=1 µ(Ek ) gilt. Deshalb müssen wir nach geeigneten nicht-messbaren Mengen En Ausschau halten, um eine Ungleichung zu erhalten. Beispiel 1: Lebesgue Mass Sei E ⊂ [0, 1] eine Vitali nicht-messbare Menge; Sei En := rn + E, wobei {rn }∞ n=1 die nummerierten rationalen Zahlen in [0, 1] sind. Dann gilt [−1, 2) ⊃ ∪n En ⊃ [0, 1) und En ∩ Em = ∅ falls m 6= n. Deshalb haben wir λ (∪∞ k=1 Ek ) ≤ 3, aber ∞ X λ(Ek ) = +∞. k=1 Eine etwas andere Variante wäre En := rn ⊕ E wobei ⊕ die Summe modulo 1 beschreibt 1 (z.B. 0.5 ⊕ 0.6 = 0.1). Dann ist ∪n En = [0, 1). Es gilt 1 = λ (∪∞ k=1 Ek ) < ∞ X λ(Ek ) = +∞. k=1 Beispiel 2: Sei µ : {a, b} → R definiert durch: µ(∅) = 0, µ({a}) = µ({b}) = 2, µ({a, b}) = 3 Es ist leicht nachzuprüfen, dass es sich tatsächlich um ein Mass handelt. Es gilt 4 = µ({a}) + µ({b}) > µ({a, b}) = 3 was das gesuchte Gegenbeispiel liefert. Bedenke, dass nur die Mengen ∅ und {a, b} bzgl. µ messbar sind. b) Sei fix gewählt. Das Komplement von K muss eine offene Menge sein. Wähle wieder eine Nummerierung der rationalen Zahlen {rn }∞ n=1 in [0, 1] und definiere , rn + 2n+1 ). Sei A = ∪∞ die offenen Intervalle In := (rn − 2n+1 n=1 In ; Das Mass dieser offenen Menge ist von oben beschränkt: ∞ X n=1 |In | ≤ ∞ X = , n 2 n=1 wobei |In | die Länge von In ist. Dann hat K = [0, 1] \ A mindestens Mass 1 − .