Wi ntersemester 2006/07 Zusammenfassung zur Vorlesung: "Soziales Handel n" PD Dr. habi l . Udo Thiedeke Die Rol le des Handel ns 1 8.01 .07 1 Vorlesung: "Soziales Handel n" Die Rol le des Handel ns 1 8.01 .07 Programm: 1 ) Vorbemerkung 2) Der homo sociologicus und sei ne Rol le 3) Der "doppelte Mench" 4) Zusammenfassung - I n den 1 950er und 60er Jahren zeigte sich Parsons Ansatz, soziales Handel n i n die Subsysteme ei nes al lgemei nen Handlungssystems ei nzuordnen, als domi nant für die soziologische Theoriebi ldung. - Die sozialen Bestrebungen der Akteure si nd hier nur strukturiert sozial zu entfalten. Sie treten i n den bewerteten "Status Rol len" i m sozialen System i n Erschei nung. - Dieser Rol lenbgriff hat sich dann für die Soziologie zu ei nem regel rechten "Kompaktbegriff" (Luhmann) entwickelt, mit dem jedes soziale Handel n i n der Gesel l - schaft erklärt wurde. - Damit korrespondiert das Menschenbi ld des "homo sociologicus", ei nes an Rol lenstrukturen orientierten Akteurs, wie i hn der deutsche Soziologe Ralf Dahrendorf i n die Debatte ei nführte. - Dahrendorf verbi ndet mit dem Rol lenkonzept die Hoffnung ei ne analytische Kategorie und ei nen empi rischen Sachverhalt für die Soziolgie herauszuarbeiten. Dazu ist das Rol lenkonzept am Schnittpunkt zwischen voluntaristichem Akteur (bei Dahren- dorf der ' ganze' , freie Mensch) und der Gesel lschaft (deren Rol lenanforderungen er als "ärgerl iche Tatsachen" benennt) angesiedelt. - Dahrendorf schrei bt i m ersten Tei l sei nes zweitei l igen Aufsatzes "HOMO SOCIOLOGICUS. Ei n Versuch zur Geschichte, Bedeutung und Kriti k der Kategorie der sozialen Rol le" von 1 958: "Am Schnittpunkt des Einzelnen und der Gesellschaft steht 'homo sociologicus', der Mensch als Träger sozial vorgeformter Rollen. Der Einzelne 'ist' seine sozialen Rol- len, aber diese Rollen 'sind' ihrerseits die ärgerliche Tatsache der Gesellschaft. Die Soziologie bedarf bei der Lösung ihrer Probleme stets des Bezuges auf soziale Rol- len als Elemente der Analyse; ihr Gegenstand liegt in der Entdeckung der Strukturen sozialer Rollen. " (S. 1 83) - Heuristisch lassen sich dabei für die soziale Rol le verschiedene Sachverhalte feststel len, die dieser Stel lung von homo sociologicus am Schnittpunkt von ' Mensch' und Gesel lschaft Rechnung tragen. [vgl . Fol ie 1 ] 2 - Die i ndividuel len Akteure erschei nen so als Träger oder Ausführende gesel lschaftl ich vorgeformter Handlungsrol len. - Sie 'spielen' i hre sozialen Rol len i m Rahmen ei ner Bandbreite von Normal itätserwar- tungen. Abweichungen von dieser Bandbreite des Verhaltens und Handel ns fal len als soziale Devianz auf. - Die Rol len entstehen dadurch, dass jeder Mensch i n der Gesel lschaft ei ne soziale Position ei nni mmt. Positionen si nd soziale Orte i m Feld der Beziehungen, die anzei - gen, 'wo' jemand steht und welche Beziehungen er oder sie aufbauen kann. - So kann man die Positionen ei nes Sohnes, ei ner Tochter, ei ner Mutter, ei nes Vaters, aber auch Positionen wie Bankdi rektori n, Kassenwart, Sportler etc. ei nnehmen. I n der Regel ni mmt man mehrere soziale Positionen ei n, man ist z. B. zugleich Freund, Sohn, Partei mitgl ied etc. - An jede dieser Positionen si nd typische Erwartungen gerichtet und zusammenge- fasst. Diese "Erwartungsbündel ", die mit ei ner Bewertung der Position (Status) ei nhergehen, si nd die sozialen Rol len. - Rol len defi nieren so nicht nur 'wo' jemand steht, sondern i n der Regel 'wie' jemand typischerweise handelt und wie dieses typische Handel n sozial bewertet ist. - Rol len weisen also ei ne Tendenz zur Veral lgemei nerung auf, si nd aber nicht unabhängig davon, wie man sie i ndividuel l ausübt, oder "spielt". [Zu den genaueren soziologischen Charakteristi ka der Rol le siehe Fol ie 2] - Rol len müssen i ndividuel l angeeignet und erfül lt werden, si nd aber sozial vorgegeben und bewertet. - Die Ei nhaltung der Rol lenerwartungen wi rd durch Sanktionen sozial kontrol l iert. - Laut Dahrendorf gi bt es dabei unterschiedl ich gewichtete Rol lenerwartungen, die von stri kten "Muss-Erwartungen", über flexi blere "Sol l -Erwartungen" bis hi n zu den lockeren "Kann-Erwartungen" reichen und entsprechend mit positiven (Belohnung) oder negativen (Bestrafung) Sanktionen belegt si nd. [Zur Erwartungs-/Sanktionskonstel lation siehe Fol ie 3] - Die Form der I nstitutional isierung dieser Konstal lation lässt dann laut Dahrendorf Rückschlüsse auf den gesel lschaftl ichen Handlungsraum zu. So gi bt es fokussietrte Bereiche, i n denen die Rol len betont und beobachtet werden (etwa die pol itische Öf- fentl ichkeit) und Bereiche i n denen die Rol len wenig sozial fokussiert werden (etwa private I nti mbeziehungen) . - Die Handel nden vermittel n i hr soziales Handel n i n diesem Model l also über die Erfül lung oder Enttäuschung positional zugerechnete Handlungserwartungen, die gesel l - schaftl ich mit Sanktionen beantwortet werden. [Zur Übersicht über Dahrendorfs Theorieelemente des Rol lenhandel ns Fol ie 4] 3 - Trotz der Verknüpfung des Menschen mit der Gesel lschaft über die soziale Rol le, genauer über das Handel n i n Status-Rol len, stel lt sich für ei ne voluntaristische Hand- lungstheorie mit subjektivistischer Orientierung wieder das Problem des "doppelten Menschens". - Er schei nt i ndividuel l viel reichhaltiger und authentisch zu sei n, als sei n gesel lschaftl i ches Erschei nungsbi ld. - Es stel lt sich die Frage, wie er mit der Gesel lschaft verknüpft ist, was von i hm i n die Gesel lschaft ei ngeht und was von der Gesel lschaft i n i hn ei ngeht? - Für den Rol lenbegriff hat diese Doppel perspektive des Menschen als I ndividuum und Gesel lschaftsmitgl ied zur Folge, dass man entweder nur die soziale oder nur die i ndi - viduel le Seite betont oder den Rol lenbegriff sel bst mit zwei Seiten entwi rft. - So schlägt auch Dahrendorf ei ne Doppelstruktur des Begriffs vor, etwa getei lt i n Rol le/Person; Rol le/Rol lensegmente oder Rol len/Bezugsgruppen. Literatur: Ralf Dahrendorf, 1 958: HOMO SCIOLOGICUS. Ei n Versuch zur Geschichte, Bedeutung und Kriti k der Kategorie der sozialen Rol le, i n: KZfSS, 1 0. Tei l 1 : S. 1 78-208; Tei l 2: 345-378. Vorlesung: "Soziales Handel n" Die Rol le des Handel ns Aspekte der Rol le nach Ralf Dahrendorf 1 ) ' Rol le' bezeichnet etwas dem Träger, der Trägeri n Vorgebenes. 2) Rol len verweisen auf ei nen Komplex von Verhaltensweisen. 3) Rol len umfassen ei nen Tei l al ler mögl ichen Verhaltensweisen. 4) Rol len müssen erlernt werden, um sie 'spielen' zu können. 5) Es können mehrerer Rol len erlernt und ' gespielt' werden. 6) I ndividuen, die i n Rol len agieren, si nd nicht authentisch. Fol ie 1 Vorlesung: "Soziales Handel n" Die Rol le des Handel ns Fol ie 2 Soziologische Charakteristi ka des Rol len-Begriffs nach Ralf Dahrendorf 1 ) Überi ndividual ität 2) Soziale Positionierung 3) Erwartungskonformität 4) Sanktionierung Vorlesung: "Soziales Handel n" Die Rol le des Handel ns Fol ie 3 Erwartungs-/Sanktionskonstel lation der sozialen Rol le nach Ralf Dahrendorf (Bsp. Erfül l ung der Dozenten-Rol le) Erwartungen Sanktionen positiv negativ empi risches Beispiel Muss-Erwartung (I ntegration) Bestrafung Erfül lung d. Dienstpfl ichten Sol l -Erwartungen Auszeichnung Ausgrenzung Kooperatives Verhalten Kann-Erwatungen Wertschätzung Abneigung Freiwi l l iges Engagement Vorlesung: "Soziales Handel n" Die Rol le des Handel ns Fol ie 4 Elemente des sozialen Rol lenhandel ns nach Ralf Dahrendorf soziales Handel n / soziale Leistungen Gesel lschaft Erwartungserfül lung / -enttäuschung Muss-, Sol l -, Kann-Erwartungen I ndividuen positive / negative Sanktionen Rol le (Erwartungsbündel , die sich auf soziale Status (Soziale Bewertung (Sozialer Ort an der Normal itäts- dem ei n Akteur i n auf Positionen deren Akteuren Positionen beziehen erwartungen, die sich mitdefi nieren) beziehen) und deren Status Position Beziehung zu an steht)