ThemenhefT rheumaTologie

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rhe
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Apidra® – Positive Opinion der Emea für die
Zulassung für Kinder ab 6 Jahren
THEMENHEFT
DIABETES
Ausgabe 999a • 67. Jg. • KW 50/2013
Inkretine in
– ein
Biologika
der neuer
Ansatz in der Therapie
Rheumatologie
des Typ 2 Diabetes
Insulinanaloga
PROATGLA080601
Diabetes im SpannungsKonservative
Therapie­
feld von Lebensstil
und
optionen
Medizin bei sympto­
matischer Arthrose
HbA1c < 7% unter
Lebensstiltherapie –
was nun?
Fachkurzinformation siehe Seite 30
Wie entscheide ich
Diabetes im Alter
eine spezifische
Osteoporose-Therapie?
Antihypertensiva bei
Diabetes mellitus
24-Stunden Diabetes Hotline: 01/801 85-2448
www.diabetesportal.at
* Alle Darreichungsformen sind dokumentationspflichtig
P.b.b. Verlagspostamt 1180 Wien • 04Z035389 M • ISSN 0048-5128
Juni 2008 Nr. 940a 62. Jahrgang
•
•
Fachkurzinformation siehe Seite 10
P.b.b. Verlagspostamt 1180 Wien • GZ13Z039504M • ISSN 0048-5128
2
t h e m e n h e f t r h e u m ato lo g i e
Entzündlich-rheumatische Erkrankungen,
Osteoporose, Arthrose - Praxisrelevantes
im Überblick
B
is zur Jahrtausendwende war die Behandlung der rheumatoiden Arthritis auf wenige
Medikamente – die sogenannten Basistherapeutika – beschränkt. Glukokortikoide und NSAR
mit all den bekannten Problemen in der langfristigen Anwendung mussten daher oft hinzukombiniert werden. Ebenso wenig zufriedenstellend war
die Situation etwa bei der Behandlung der Spondylarthritiden mit der ankylosierenden Spondylitis (Morbus Bechterew) als bekanntestem Subtyp.
Mit dem ersten in der Rheumatologie zugelassenen Biologikum – Infliximab – kam es zu einer dramatischen Änderung in der Behandlung von zuvor
„untherapierbaren“ Patienten. Mittlerweile mehr
als 15 Jahre klinische Erfahrung sprechen für eine
drastische Verbesserung der Situation für Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen.
Dr. Eva Rath und PD Dr. Jochen Zwerina aus Wien
beleuchten einige wichtige Aspekte zum Umgang
mit diesen Therapien in der Erwachsenenrheumatologie.
wissenschaft
E. Rath, J. Zwerina
Biologika in der Rheumatologie
4
H.P. Dimai
Wie entscheide ich eine spezifische
Osteoporose-Therapie?
8
G. Kaufmann
Konservative Therapieoptionen bei
symptomatischer Arthrose
11
Die Entscheidung, ob eine spezifische Os­
teo­­
porose-Therapie eingeleitet werden sollte und
die Frage, welche Therapieform in einem konkreten Falle die am besten geeignete wäre,
unterliegen mittlerweile einer fast unüberschaubar
groß gewordenen Anzahl beeinflussender Faktoren. Univ.-Prof. Dr. Hans-Peter Dimai aus Graz gibt
in seinem Beitrag einen Überblick über praxisrelevante Tools zur Entscheidungsfindung.
Die Therapie der symptomatischen Arthrose nimmt
in den westlichen Industrieländern einen zunehmend gewichtigeren Platz ein – und zwar sowohl
hinsichtlich der Häufigkeit als auch der Kosten. OA
Dr. Gerhard Kaufmann aus Innsbruck beschäftigt
sich mit den – insbesondere für die niedergelassenen Kollegen – bedeutsamen konservativen Therapieoptionen bei symptomatischer Arthrose. Ein
diesbezüglich sinnvoller Mehrsäulenansatz umfasst Allgemein-, pharmakologische, physio- bzw.
ergotherapeutische sowie orthopädische Maßnahmen.
IMPRESSUM ISSN 0048-5128 DVR 0163538
Medieninhaber und Verleger: ARZT & PRAXIS VerlagsgmbH, Währinger Straße 112, 1180 Wien, Tel. 01/479 05 78, Fax: 01/479 05 78 DW 30,
E-Mail: [email protected], www.arztundpraxis.at Herausgeber: Dkfm. Karin Schmitt Geschäftsführung:
Mag. Manuela Moya Druckerei: „agensketterl“ Druckerei GesmbH, 3001 Mauerbach Bezugsbedingungen: Der
Abonnementpreis beträgt jährlich (einschließlich Porto, in Österreich auch einschließlich Ust.) Euro 35,– . Turnusärzte:
Euro 19,– . Abonnement Ausland: Euro 80,– / Erscheinungsort: 1180 Wien. Schriftleitung: Dr. Michael Burgmann,
Oberer Panoramaweg 10, 8112 Gratwein, Tel: 0676/671 01 98, [email protected]
Druckauflage: 15.000
Namentlich gezeichnete Artikel, Leserbriefe und sonstige Beiträge geben die persönliche und/oder wissenÖAK-geprüft (1.HJ/13)
schaftliche Meinung des Verfassers wieder und müssen daher nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen. Die Zeitschrift dient zur persönlichen Information des Empfängers und seiner Mitarbeiter, soll aber nicht im Wartezimmer
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Eine informative Lektüre wünscht Ihnen
Ihr Dr. Michael Burgmann
Schriftleitung
ARZT & PRAXIS
Liebe Leserin, lieber Leser,
aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird bei Personenbezeichnungen die männliche Form gewählt.
Die Angaben beziehen sich aber auf Angehörige beider Geschlechter.
Jahrgang 67 / 999a / 2013
t h e m e n h e f t r h e u m ato lo g i e
Biologika in der
Rheumatologie
Dr. Eva Rath, PD Dr. Jochen Zwerina
Fachbereich Rheumatologie, 1. Medizinische Abteilung,
Hanusch-Krankenhaus, Heinrich-Collin-Str. 30, 1140 Wien,
E-Mail: [email protected]
Ebenso wenig zufriedenstellend war die Situation bei der Behandlung der Spondylarthritiden mit der ankylosierenden Spondylitis (Morbus Bechterew) als bekanntestem Subtyp. Mit
der Zulassung von Infliximab 1999, dem ersten in der Rheumatologie zugelassenen Biologikum, kam es daher zu einer dramatischen
Änderung in der Behandlung von zuvor „untherapierbaren“ Patienten. Mittlerweile sind
11 verschiedene Biologikatherapien zur Behandlung verschiedener entzündlich-rheumatischer Erkrankungen zugelassen. Diese Übersicht soll einige wichtige Aspekte zum Umgang
mit diesen Therapien in der Erwachsenenrheumatologie beleuchten, stellt aber nicht den Anspruch einer erschöpfenden Übersicht.
Was sind eigentlich Biologika?
Biologika (eigentlich Biopharmazeutika) sind
Arzneistoffe, die mit Mitteln der Biotechnologie in gentechnisch veränderten Organismen
hergestellt werden. Einige dieser Biologika blockieren gezielt Entzündungsstoffe (Zytokine)
des Immunsystems wie z. B. den Tumor-Nekrose-Faktor α (TNF α), Interleukin 6 (IL-6) und
Interleukin 1 (IL-1). Weitere Therapieprinzipien sind die Depletion von speziellen Abwehrzellen (CD20-positive B- Zellen) oder die Blockade der (Ko-)Stimulation von Immunzellen.
Tabelle 1 gibt einen Überblick über die derzeit
in der Rheumatologie Verwendung findenden
Biologika.
TNF-Blockade
Infliximab (Remicade®) wurde 1999 als erstes Biologikum zur Behandlung der Rheumatoiden Arthritis zugelassen. Es ist ein teils
muriner, teils humaner monoklonaler Antikör-
Jahrgang 67 / 999a / 2013
Bis zur Jahrtausendwende war die Behandlung der rheumatoiden Arthritis (Syn. chronische Polyarthritis) auf wenige
Medikamente beschränkt – die sogenannten Basistherapeutika oder auch DMARDs (disease modifying antirheumatic drugs) genannt. Glukokortikoide und NSAR mit all
den bekannten Problemen in der langfristigen Anwendung
mussten daher oft hinzukombiniert werden.
per, der intravenös appliziert wird. In den folgenden Jahren kamen dann das TNF-Rezeptor-Fusionsprotein Etanercept (Enbrel®) sowie
der rein humane Antikörper Adalimumab (Humira®) dazu, die beide subkutan zu applizieren
sind. 2009 folgten der humane Antikörper Golimumab (Simponi®) sowie Certolizumab Pegol
(Cimzia®), ein pegyliertes Antikörperfragment
– beide ebenfalls zur subkutanen Applikation.
Details zur Dosierung der einzelnen TNF-Inhibitoren sind in Tabelle 1 angeführt.
In den nächsten Jahren werden noch einige andere Präparate folgen, insbesondere die
sogenannten Biosimilars (vergleichbar mit
Generika).
Alle fünf TNF-Blocker sind zur Behandlung
der aktiven Rheumatoiden Arthritis bei unzureichender Wirkung von Methotrexat zugelassen. Alle Präparate außer Certolizumab Pegol
sind in Österreich auch nach Versagen konventioneller Basistherapien für die Behandlung
der Psoriasis-Arthritis verschreibbar. Weiters
sind alle Präparate außer Certolizumab Pegol
für die Therapie der trotz NSAR aktiven ankylosierenden Spondylitis zugelassen.
Die Erstverordnung des Biologikums muss
immer durch einen Facharzt mit Additivfach
Rheumatologie erfolgen. Da bei Rheumatoider Arthritis die Wirksamkeit der TNF-Blocker
in Kombination mit Methotrexat besser ist,
soll die Therapie womöglich immer kombiniert
werden. Etanercept und Adalimumab können
bei Kontraindikation gegen Methotrexat auch
als Monotherapie gegeben werden.
Bei der Behandlung der rein axialen seronegativen Spondylarthropathie (Ankylosierende Spondylitis) werden die TNF-Inhibitoren
als Monotherapie eingesetzt. Hier bringt eine
Kombination mit MTX keinen Vorteil. Bei extraaxialen Manifestationen kann aber eine begleitende DMARD-Therapie sinnvoll sein.
Nebenwirkungsprofil und Gegenanzeigen
der TNF-Inhibitoren
Es besteht eine etwas erhöhte Anfälligkeit
gegenüber bakteriellen Infektionen – vor allem des Respirationstraktes und der Harnwege. Auch der Herpes zoster wird gehäuft bei
RA-Patienten unter TNF-Blockern beobachtet.
Insbesondere jene Patienten mit Komorbiditäten wie COPD und chronischer Niereninsuffizienz, vorangegangenen schweren Infektionen
und höheren Glukokortikoiddosen sind besonders vulnerabel. Bei den TNF-Blockern ist die
Möglichkeit der Re-Aktivierung einer latenten
Tuberkulose (siehe Tuberkulose und Biologika)
zu beachten.
Eine floride schwere Infektion stellt auf jeden Fall eine absolute Kontraindikation gegen die Verabreichung eines TNF-Inhibitors
dar. Auch Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz (NYHA III-IV) sollten keinen TNF-Inhibitor erhalten.
Obwohl TNF-Blocker in der Therapie der Psoriasis eingesetzt werden, kann eine Psoriasis
unter Therapie neu auftreten. Haut-Tumoren
(vor allem Nicht-Melanom-Tumoren) scheinen unter TNF-Inhibitor-Therapie etwas häufiger aufzutreten. Insgesamt scheint das Malignom- und Lymphom-Risiko gegenüber
Patienten mit Rheumatoider Arthritis, die keinen TNF-Blocker erhalten, aber nicht erhöht.
Als sehr seltenes jedoch schwerwiegendes
Ereignis wurde das Auftreten demyelinisierender Erkrankungen beschrieben. Auch schwere
anaphylaktische Reaktionen und eine toxische
ARZT & PRAXIS
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4
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epidermale Nekrolyse können in seltenen Fällen auftreten. Lokale Hautreaktionen nach s.c.Injektion sind nicht selten und können manchmal einen Therapieabbruch erzwingen.
Interleukin-6(IL-6)-Blockade
Der einzige derzeit verfügbare IL-6-Inhibitor ist
der humanisierte monoklonale Antikörper Tocilizumab (RoActemra®), der zur Therapie der
RA seit 2008 zugelassen ist. Tocilizumab kann
auch als Monotherapie gegeben werden und
wird gewichtsadaptiert (8 mg/kg Körpergewicht) als Infusion über 1 Stunde alle 4 Wochen verabreicht. Eine Bewilligung durch die
Krankenkasse erfolgt bei nachweislicher Unwirksamkeit von zumindest einem DMARD (inklusive Methotrexat).
An Nebenwirkungen ist auch hier ein etwas
erhöhtes Risiko von Infektionen zu nennen.
Weiters können eine Erhöhung der Lebertrans­
aminasen sowie ein Abfall der Leukozytenoder Thrombozytenzahl auftreten, was nicht
selten zu Dosisreduktion oder gar Therapieabbruch führt. Auch ein Anstieg der Cholesterinwerte wird beobachtet. Bei Patienten mit
bekannter Divertikulose ist spezielle Vorsicht
notwendig, da es unter Therapie zum Auftreten von Divertikulitis kommen kann. Eine floride schwere Infektion stellt auf jeden Fall eine
absolute Kontraindikation gegen die Verabreichung von Tocilizumab dar.
Interleukin-1(IL-1)-Blockade
Anakinra (Kineret®), ein humaner IL-1-Rezeptorantagonist, wurde 2002 für die Behandlung der RA zugelassen. Obwohl Studien einen
positiven Effekt auf Krankheitsaktivität und
radiologische Progression zeigen, wird Anakinra aufgrund einer im klinischen Alltag moderaten Wirksamkeit in dieser Indikation kaum verwendet. Als „off-label“-Therapie wird Anakinra
jedoch erfolgreich in der Behandlung des Morbus Still, bei therapierefraktären Gicht- und
Pseudogichtanfällen und anderen seltenen
rheumatischen Erkrankungen eingesetzt. Die
Applikation erfolgt einmal täglich subkutan.
Die Verträglichkeit ist generell gut, manchmal
treten Lokalreaktionen an der Einstichstelle
auf. Weitere Nebenwirkungen können Infektionen und Neutropenie sein, nur sehr selten wurde von allergischen Reaktionen berichtet.
Ein lang wirksamer monoklonaler Antikörper
gegen IL-1β (Canakinumab, Ilaris®) ist in der
Therapie von sehr seltenen angeborenen Fiebersyndromen – den sogenannten Cryopyrin-
ARZT & PRAXIS
assoziierten periodischen Fiebersyndromen
– zugelassen.
B-Zell-Depletion
Rituximab (RTX, MabThera®) ist ein monoklonaler chimärer Antikörper (Maus/Mensch)
gegen CD20, der zur Therapie der RA in
Kombination mit MTX bei Versagen einer Anti-TNF-Therapie zugelassen ist. RTX bindet
an CD20, das auf B-Zellen exprimiert ist, und
führt zu deren Zelltod durch Lyse. RA-Patienten mit positivem Rheumafaktor und/oder anti-CCP-Antikörpern sprechen eher auf die Therapie mit RTX an.
Die empfohlene Dosierung beträgt 1.000 mg
als langsame Infusion über mehrere Stunden,
gefolgt von einer Zweitinfusion nach 14 Tagen
mit gleicher Dosis. Um das Auftreten von Infusionsreaktionen zu verringern, werden 30 Minuten vor Beginn der Rituximab-Infusion 100
mg Prednisolon i.v. verabreicht. Weiters soll
eine Begleittherapie mit Antipyretikum (z. B.
1.000 mg Paracetamol) und Antihistamin erfolgen. Die Folgeinfusionen werden je nach
Ansprechen in etwa 6-monatlichen Abständen gegeben.
An Nebenwirkungen kommen öfters milde Infusionsreaktionen vor, die meist jedoch
nicht zum Therapieabbruch führen. Schwere
anaphylaktische Reaktionen sind selten, aber
möglich. Auch unter Rituximab kommt es häufiger zum Auftreten von Infektionen, wobei
keine besondere Gefahr der Reaktivierung einer Tuberkulose besteht, wie bei anderen Biologikatherapien. Da es unter Therapie zur Reduktion von Immunglobulin-Spiegeln kommen
kann, sollen diese vor jedem Infusionszyklus
gemessen werden. Patienten, die eine Hypogammaglobuminämie entwickeln, sind anfälliger für schwere Infektionen. Als sehr seltene,
aber schwerwiegende Nebenwirkung wurde
das Auftreten einer progressiven multifokalen
Leukenzephalopathie (PML) beobachtet.
T-Zell-Blockade
T-Lymphozyten benötigen zu ihrer optimalen
Aktivierung über ihren T-Zell-Rezeptor ein sogenanntes „zweites Signal“ als Ko-Stimulation.
Abatacept (Orencia®) ist ein Molekül, das diese Ko-Stimulation und damit eine optimale TZellaktivierung blockieren kann. Orencia® ist
seit 2007 für die Behandlung der RA zugelassen. Eine Bewilligung durch die Krankenkasse
erfolgt bei nachweislicher Unwirksamkeit von
mindestens einem DMARD (inklusive Metho­
trexat) oder Versagen von mindestens einem
TNF-Inhibitor.
Die Applikation erfolgt entweder intravenös
(gewichtsadaptiert zwischen 500 und 1.000
mg) nach 0, 2 und 4 Wochen und danach in
4-wöchigen Intervallen, oder durch die seit
Mai 2013 verfügbare subkutane Applikation
(125 mg einmal wöchentlich).
Neben erhöhter Infektionsgefahr unter Therapie kann es auch zum Auftreten milder Infusionsreaktionen kommen. Weiters wurden unter anderem Nicht-Melanom-Hauttumoren,
Leberfunktionsstörungen und Thrombopenie
beobachtet.
B-Zell-Blockade
Belimumab (Benlysta®) ist ein humaner monoklonaler Antikörper, der zur Behandlung
des milden Systemischen Lupus erythematosus (SLE) zugelassen ist. Dieser Antikörper ist
gegen das B-Lymphozyten-Stimulator-Protein BLyS gerichtet und führt auf diesem Weg
zur Modulation des Immunsystems. Das Medikament, das als Infusion in Woche 0, 2 und
4 und danach alle 4 Wochen verabreicht wird,
dient der Behandlung von Patienten, die trotz
Standardtherapie mit anderen Immunsuppressiva und Glukokortikoiden keine ausreichende Kontrolle der Krankheitsaktivität erreichen.
Schwere SLE-Verläufe (z. B. Lupus nephritis,
ZNS-Beteiligung) sind von der Zulassung ausgeschlossen, da diese Patienten bei den Zulassungsstudien von der Teilnahme explizit ausgeschlossen waren.
Wann welches Biologikum?
Studien bei der RA sowie auch einzelne echte
Vergleichsstudien zeigten immer wieder sehr
ähnliche Ergebnisse der Wirksamkeit von TNFInhibitoren untereinander und auch im Vergleich zu Tocilizumab, Abatacept oder Rituximab, soferne Methotrexat als Komedikation
verwendet wurde.
RA-Patienten mit Risikofaktoren für einen aggressiven Krankheitsverlauf (positiver Rheumafaktor und/oder Anti-CCP-Antikörper, frühe radiologische Erosionen, hohe
Krankheitsaktivität) sollten bei fehlendem Ansprechen auf Methotrexat bald eine Therapie
mit einem Biologikum erhalten. Neuere Studien lassen jedoch vermuten, dass bei früher
RA nach MTX-Versagen eine – deutlich günstigere – Kombinationstherapie konventioneller
DMARDs (MTX, Hydroxychloroquin und Sulfasalazin) auch bei aggressiver Erkrankung ei-
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Fachkurzinformation siehe Seite 10
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t h e m e n h e f t r h e u m ato lo g i e
ne vergleichbare Wirksamkeit wie TNF-Blocker
haben könnte. Nach Versagen von konventionellen DMARDs ist eine Therapie mit einem
TNF-Inhibitor, IL-6-Blockade oder Abatacept
möglich. Rituximab ist erst nach Versagen eines TNF-Blockers zugelassen.
Verschiedene andere Faktoren können jedoch die Wahl des geeigneten Biologikums
auch beeinflussen (Tuberkulose-Anamnese,
geplante Schwangerschaft, Applikationsart,
chronische Hepatitis B oder C, Tumorerkrankungen in der Anamnese, geplante Operationen), sodass dies eine individuelle Entscheidung gemeinsam mit dem Patienten sein
muss. Die European League against Rheumatism (EULAR) hat 2010 Empfehlungen zur Therapie der Rheumatoiden Arthritis abgegeben,
diese werden derzeit überarbeitet. Ein stark
vereinfachter Therapiealgorithmus ist in Abbildung 1 dargestellt.
Bei den seronegativen Spondylarthopathien
(z. B. Ankylosierende Spondylitis) ist die Entscheidung einfacher, da hier bisher nur TNFBlocker zugelassen und wirksam sind. Die
Wahl des TNF-Inhibitors ist jedoch wiederum
individuell zu treffen.
Tuberkulose und Biologika
Unter Therapie mit TNF-Inhibitoren fiel in der
Anfangszeit der Therapie bald eine Häufung
von Re-Aktivierungen latenter Infektionen mit
Mycobacterium tuberculosis auf, sodass ein
genaues Screening vor Therapiebeginn unbedingt notwendig ist. Dieses Screening soll ei-
ne ausführliche Anamnese bezüglich stattgehabter Exposition oder bekannter Infektion
beinhalten. Weiters sollen ein Thoraxröntgen
sowie ein Interferon-γ-Release-Assay (IGRA)
durchgeführt werden. Bei Nachweis einer latenten Tuberkulose soll eine Therapie mit INH
(5 mg/kg KG) 4 Wochen vor Beginn der TNFInhibitor-Therapie gestartet werden und über
insgesamt 9 Monate durchgeführt werden, alternativ kann Rifampicin verwendet werden.
Insbesondere auf eine mögliche Hepato- und
Neurotoxizität unter INH-Therapie muss geachtet werden. Etanercept scheint unter den
TNF-Inhibitoren bezüglich Tuberkulose-Gefahr
im Vergleich zu den Antikörpertherapien ein
etwas günstigeres Profil zu haben. Auch unter
Therapie mit Tocilizumab, Abatacept und Anakinra kann es zur Tuberkulose-Reaktivierung
kommen. Es soll daher vor Therapiebeginn
ebenfalls ein Screening erfolgen. Bei Therapie
mit Rituximab besteht keine erhöhte Gefahr einer Tuberkulose-Reaktivierung.
Chronische Virushepatitis und
Biologika
Jeder Patient sollte vor einer Biologikatherapie auf das Vorliegen einer chronischen Hepatitis B und C getestet werden. Insbesondere die chronische Hepatitis B kann unter einer
TNF-Blocker-Therapie fulminant mit tödlichen
Verläufen exazerbieren. Patienten mit entzündlich- rheumatischer Erkrankung und
chronischer Hepatitis B oder C sollten daher interdisziplinär gemeinsam mit einem Hepatologen betreut werden. Während die chronische
Hepatitis B unter TNF-Blockern exazerbieren
kann, scheint die chronische Hepatitis C weniger problematisch. Für die neueren Biologika gibt es noch weniger Erfahrungswerte. Die
Evidenz für solche komplexen Patienten stützt
sich auf Fallserien und die Behandlung sollte daher in Zentren mit entsprechender Erfahrung erfolgen.
Tumorerkrankungen und Biologika
Abb. 1: Therapie-Algorithmus bei Rheumatoider Arthritis, adaptiert nach EULAR recommendations
for management of Rheumatoid Arthritis, Ann Rheum Dis 2010;69:964–975
ARZT & PRAXIS
Die amerikanische Rheumatologengesellschaft hat 2012 für RA-Patienten relativ klare
Empfehlungen abgegeben: Patienten mit vor
mehr als 5 Jahren kurativ behandelten soliden
Tumoren oder Nicht-Melanom-Hauttumoren
können alle Biologika erhalten, wenn notwendig. RA-Patienten mit sanierten soliden Tumoren < 5 Jahren, Nicht-Melanom- Hauttumoren
< 5 Jahren, sanierten Melanomen oder behandelten lymphoproliferativen Erkrankungen in
Jahrgang 67 / 999a / 2013
t h e m e n h e f t r h e u m ato lo g i e
Tab. 1: Übersicht über Biologika in der Rheumatologie
Biologikum
Handelsname
Zulassungsinhaber
Zulassung
Rheumatologische
Indikationen
Applikation
Dosis/Intervall
Infliximab
Remicade®
Janssen Biologics B.V.
1999
RA, PsoA, AS
i.v.*
3 bzw. 5 mg/kg Woche 0, 2, 6,
dann alle 8 Wochen
Etanercept
Enbrel®
Wyeth Europa
1999
RA, PsoA, AS
s.c.
50 mg 1 x / Woche
(oder 25 mg 2 x / Woche)
Adalimumab
Humira®
ABBVIE
2003
RA, PsoA, AS
s.c.
40 mg alle 2 Wochen
Golimumab
Simponi®
Janssen Biologics B.V.
2009
RA, PsoA, AS
s.c.
50 mg 1 x / Monat
Certolizumab
Pegol
Cimzia
UCB S.A.
2009
RA
s.c.
200 mg alle 2 Wochen
(zu Beginn jeweils 2 x 200 mg)
IL-6-Blockade
Tocilizumab
RoActemra®
Roche Registration Ltd.
2008
RA
i.v.*
8 mg/kg alle 4 Wochen
Ko-StimulationsBlockade
Abatacept
Orencia i.v.
Bristol-Myers Squibb
Pharma EEIG
2007
RA
i.v.*
500 - 1000 mg Woche 0, 2, 4,
dann alle 4 Wochen
Orencia® s.c.
Bristol-Myers Squibb
Pharma EEIG
2013
RA
s.c.
125 mg 1 x / Woche
TNF-Inhibitoren
®
®
B-Zell-Depletion
Rituximab
MabThera®
Roche Registration Ltd.
1998/2006
RA
i.v.
2 x 1000 mg halbjährlich
IL-1-Blockade
B-Zell-Blockade
Anakinra
Kineret
Biovitrum AB
2002
RA
s.c.
100 mg 1 x täglich
Canakinumab
Ilaris®
Novartis Europharm Ltd.
2009
CAPS
s.c.
150 mg alle 8 Wochen
Belimumab
Benlysta®
Glaxo Group Ltd.
2011
SLE
i.v.*
10 mg/kg Woche 0, 2, 4,
dann alle 4 Wochen
®
* Gewichtsadaptiert, RA: Rheumatoide Arthritis, PsoA: Psoriasis Arthritis, AS: Ankylosierende Spondylitis, CAPS: Cryopyrin-assoziierte periodische Syndrome, SLE: Systemischer Lupus erythematodes
der Anamnese sollten – wenn ein Biologikum
notwendig ist – Rituximab erhalten. Generell
gibt es für diese Patienten wenig Evidenz über
die Sicherheit der Therapien und die Entscheidung muss nach eingehender Aufklärung über
diese Problematik und im Konsens mit dem Patienten und ggf. betreuenden Hämato-Onkologen getroffen werden.
Impfungen und Biologikatherapie
Unter Therapie mit einem Biologikum ist
ein adäquates Ansprechen auf eine Impfung
nicht sicher gewährleistet. Gleichzeitig besteht durch die Immunsuppression jedoch ein
erhöhtes Infektionsrisiko. Aus diesem Grund
wird empfohlen, die Patienten vor Beginn einer immunsuppressiven Therapie vollständig nach den Richtlinien der österreichischen
Impfempfehlungen zu immunisieren. Auch
Impfungen, die speziell für immunsupprimierte Personen empfohlen werden, sind hierbei zu
berücksichtigen. Genaue Informationen finden sich im aktuellen Impfplan des Bundesministeriums für Gesundheit (http://bmg.gv.at/
cms/home/attachments/3/3/6/CH1100/
CMS1327680589121/impfplan2013.pdf).
Wenn Patienten bereits unter Therapie mit einem Biologikum stehen, sollen die empfohlenen Impfungen ebenso durchgeführt werden,
obwohl eine adäquate Antikörperbildung nicht
gesichert ist. Lediglich Lebendimpfungen dürfen nicht verabreicht werden.
Jahrgang 67 / 999a / 2013
Kontrolluntersuchungen bei
Biologikatherapie
Vor Beginn einer Biologikatherapie soll mittels Anamnese, klinischer Untersuchung und
Laborkontrolle (Blutbild, Blutsenkung, CRP, Leberwerte, Bilirubin, Kreatinin, BUN, Elektrolyte,
proBNP, Hepatitis-Serologie, HIV-Test, IGRA)
eine Infektion oder eine andere chronische Erkrankung ausgeschlossen werden. Unter Therapie mit einem Biologikum sollten anfänglich in 4-wöchigem Abstand Laborkontrollen
durchgeführt werden (Differential-Blutbild,
CRP, AP, GPT, Kreatinin, Elektrolyte), bei guter Verträglichkeit können die Kontrollen danach alle 3 Monate erfolgen. Besonders bei der
Therapie mit Tocilizumab ist auf Blutbildveränderungen und Lebertransaminasenanstieg
zu achten und eventuell eine Dosisanpassung
vorzunehmen. Vor Therapiebeginn mit Rituximab und auch vor jedem erneuten Infusionszyklus soll eine quantitative Bestimmung der
Immunglobuline (insbesondere IgG) erfolgen.
Zukünftige Therapien
Zahlreiche weitere Substanzen, insbesondere die sogenannten „small molecules“, sind
bereits in klinischer Erprobung und einige von
diesen werden voraussichtlich die Palette der
Therapiemöglichkeiten bald erweitern. Vielversprechend sind hier die sogenannten Januskinase-Inhibitoren (JAK-Inhibitoren), die oral
eingenommen werden können. Phase-III-Stu-
dien, die teilweise auch als Vergleichsstudien
zu TNF-Inhibitoren angelegt waren, lassen hier
auf vergleichbar gute Ergebnisse schließen.
Apremilast, ein Phosphodiesterase-4-Inhibitor, hat in ersten Studien positive Effekte bei
der Psoriasis und Psoriasis-Arthritis gezeigt.
Die Blockade von IL-17 könnte neue Therapiehorizonte in der Behandlung der seronegativen Spondylarthropathien eröffnen.
Fazit
Die Rheumatologie hat mittlerweile mehr
als 15 Jahre klinische Erfahrung mit Biologikatherapien. Diese Therapien haben die Situation für Patienten mit entzündlich- rheumatischen Erkrankungen im klinischen Alltag
dramatisch verbessert. Insbesondere für die
neuen Therapieprinzipien wie z. B. IL-6-Blockade und Ko-Stimulationsblockade bestehen allerdings noch keine Langzeiterfahrungen. Das
Management dieser Patienten bleibt komplex
und bedarf einer guten Zusammenarbeit von
Rheumatologen und Allgemeinmedizinern. Die
bessere Therapie stellt mittlerweile auch andere Aspekte in den Fokus wie z. B. Impfprävention, Kinderwunsch und Verhinderung kardiovaskulärer Ereignisse.
♦
Literatur bei den Verfassern
ARZT & PRAXIS
7
8
t h e m e n h e f t r h e u m ato lo g i e
Wie entscheide ich eine
spezifische OsteoporoseTherapie?
Univ.-Prof. Dr. H.P. Dimai
Medizinische Universität Graz, Universitätsklinik für Innere Medizin, Klinische Abteilung für Endokrinologie
und Stoffwechsel, Graz, Tel: +43 316 385 74182Email:
[email protected]
Die Involvierung von Leitlinienempfehlungen
in die klinisch-praktische Entscheidungsfindung bei Verdacht auf Osteoporose ist daher
mittlerweile ein fast selbstverständlicher Vorgang im täglichen ärztlichen Handeln geworden. Leitlinien stellen per definitionem systematisch entwickelte Aussagen dar, welche
Angehörigen von Gesundheitsberufen und
Patienten bei der Entscheidungsfindung unterstützen sollten. Sie sind aber letztlich nicht
mehr als Orientierungshilfen, von denen in begründeten Fällen nicht nur abgewichen werden kann, sondern sogar muß. Als Rahmen zur
Qualitätsbeurteilung und -sicherung von Leitlinien erweist sich das AGREE-Instrument (Appraisal of Guidelines Research & Evaluation;
www.agreetrust.org ) als zunehmend wertvolle Grundlage. Darüber hinaus finden sich zahlreiche Wissenschaftliche Gesellschaften, welche mit der Verfassung von Leitlinien befasst
sind, in einem als GIN (Guidelines International
Network; www.g-i-n.net) bezeichneten weltweiten Netzwerk zur Entwicklung und Nutzung von Leitlinien wieder.
Leitlinien zum Management der (postmenopausalen) Osteoporose wurden mittlerweile für zahlreiche Staaten weltweit publiziert
(www.iofbonehealth.org/guidelines). Die erste
publizierte Leitlinie stammt aus dem Jahr 1994
und wurde mit Unterstützung einer WHOArbeitsgruppe entwickelt. Gemäß den Empfehlungen dieser Urmutter aller Osteoporose-Leitlinien können Personen auf Basis einer
mittels DXA-Methode durchgeführten Knochendichtemessung einer der folgenden diagnostischen Kategorien zugeordnet werden:
a) Normal, b) Osteopenie, c) Osteoporose, und
ARZT & PRAXIS
Die Entscheidung, ob eine spezifische Osteoporose-Therapie eingeleitet
werden sollte und die Frage, welche Therapieform in einem konkreten
Falle die am besten geeignete wäre, unterliegen mittlerweile einer fast
unüberschaubar groß gewordenen Anzahl beeinflussender Faktoren.
d) manifeste Osteoporose (im Falle prävalenter
Fragilitätsfrakturen). Die Differenzierung in die
genannten Kategorien erfolgt hierbei durch einen Parameter, welcher als T-Score bezeichnet
wird, und welcher das Ergebnis der Knochendichtemessung als Standardabweichung vom
mittleren Normwert einer gesunden Population junger Erwachsener ausdrückt. Diese diagnostischen Kategorien haben über nahezu
zwei Jahrzehnte hindurch gleichzeitig die Basis
für die Indikation zur Einleitung einer Osteoporosetherapie dargestellt. Die WHO-Empfehlung sah vor, dass postmenopausale Frauen
mit einem T-Score von ≤ -2.5 als „osteoporotisch“ zu diagnostizieren und auf jeden Fall zu
behandeln sind. Darüber hinaus ist daraus ableitbar, dass postmenopausale Frauen mit Osteopenie zumindest einer Prophylaxe zugeführt werden sollten. Einer der wesentlichen
Gründe, warum gerade ein T-Score von ≤ -2.5
als Schwellenwert für die Diagnose einer Osteoporose definiert wurde, war die Erkenntnis,
dass rund 30 % aller postmenopausalen Frauen weißer Ethnizität unterhalb dieses Schwellenwertes liegen, und das Lebenszeitrisiko dieser Frauen, eine osteoporotische Fraktur zu
erleiden, ebenfalls rund 30 % beträgt. Anders
ausgedrückt – die Entscheidung, ob eine postmenopausale Frau eine Osteoporosebehandlung erhalten sollte oder nicht, basiert auf der
Schätzung eines durchschnittlichen Lebenszeitfrakturrisikos, ohne Berücksichtigung individueller Risikofaktoren, welche das absolute
(individuelle) Risiko erheblich nach oben oder
auch nach unten abweichen lassen könnten.
Moderne Osteoporose-Leitlinien unterscheiden sich von der genannten insbeson-
dere dadurch, dass die Knochenmineraldichtemessung nun nicht mehr an der Spitze der
Frakturrisikoerfassung steht, sondern – falls
überhaupt – erst zu einem späteren Zeitpunkt
der diagnostischen Kaskade zum Einsatz gelangt (European Guidance; Abb. 1). Anstelle
der KMD-Messung tritt nun vielmehr die Frakturrisikoerfassung mittels Frakturrisiko-Assessment-Tools, welche – abgesehen vom Alter und Geschlecht unserer PatientInnen – vor
allem klinische Risikofaktoren mit Bezug zum
individuellen Frakturrisiko umfassen.
FRAX®-Tool
Ein kostenloses Online-Berechnungs-Tool,
welches mit Unterstützung einer WHO-Arbeitsgruppe auf Basis zahlreicher Metaanalysen von klinischen Risikofaktoren, der populationsspezifischen Frakturinzidenz sowie
Mortalität zahlreicher Staaten und Populationen entwickelt wurde, findet seit mehreren Jahren weltweit unter der Bezeichnung
FRAX® zunehmend Anwendung. Zur Berechnung des individuellen 10-Jahres-Frakturrisikos finden neben dem Geschlecht, dem Alter
sowie fakultativ dem Ergebnis einer Knochendichtemessung mittels DXA mehrere klinische
Risikofaktoren Eingang. Als Berechnungsergebnis wird das absolute individuelle 10-Jahres-Frakturrisiko angezeigt, ohne jedoch eine
abschließende Empfehlung hinsichtlich Therapieindikation zur Verfügung zu stellen. Berechnungen hinsichtlich Kosten/Nutzen auf Basis
unterschiedlicher (generischer) Pharmazeutika liegen derzeit nur für einige wenige Staaten,
wie etwa Großbritannien oder Schweden vor.
Als vorteilhaft für die österreichische Populati-
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on ist zumindest die Tatsache hervorzuheben,
dass das FRAX®-Tool spezifisch für die österreichische Population zur Verfügung steht.
KRF1
FRAX®
QFracture®
DVO-Risikotest ®
Garvan FR Calculator ®
Frakturrisiko
DVO-Risikoerfassung® und
DVO-Therapiealgorithmus®
Unabhängig vom FRAX®-Tool wurde von Seiten des Dachverbandes Osteologie (DVO) in
der Version 2009 ein Werkzeug zur Erfassung
des absoluten (individuellen) 10-Jahres-Frakturrisikos entwickelt und ähnlich dem FRAX®
online kostenfrei zur Verfügung gestellt. Die
Berechnung verläuft de facto zweistufig. In
Stufe eins (DVO-Osteoporose-Risikotest®)
wird festgestellt, ob ein ausreichend hohes absolutes Frakturrisiko vorliegt, um überhaupt eine weitere Abklärung durchzuführen. Beträgt
oder überschreitet das errechnete 10-JahresFrakturrisiko 20 %, so ist eine weitere Abklärung einschließlich Labor und gegebenenfalls
Osteodensitometrie und/oder radiologische
Untersuchung indiziert. Die Ergebnisse der
weiterführenden Abklärung finden in der genannten Version in einem ebenfalls online zur
Verfügung stehenden Tool (sog. Therapie-Algorithmus Osteoporose®) Berücksichtigung,
welches am Ende der Berechnung eine klare
Empfehlung abgibt, ob behandelt werden sollte oder nicht. Dieser Algorithmus berücksichtigt auch klinische Risikofaktoren, welche im
FRAX® keine Berücksichtigung finden. Zu diesen Faktoren zählen u.a. das Sturzrisiko selbst,
Immobilität, subklinischer Hyperkortisolismus
u.a.. Die Knochendichte-Messergebnisse können sowohl von Femur- als auch LWS-Region verwendet werden. Die so errechnete Therapieschwelle wurde allerdings empirisch mit
einem 30-prozentigen 10-Jahres-Frakturrisiko definiert, was aus Sicht zahlreicher Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen
Gründen inadäquat hoch erscheint. Die DVOLeitlinien, welche die genannten Werkzeuge involvieren, sind zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Artikels im fortgeschrittenen
Stadium eines Überarbeitungsprozesses und
werden vermutlich unter der Bezeichnung
DVO-Leitlinien 2014 in eben diesem Jahr publiziert werden.
QFracture®
Seit rund einem Jahr steht ein weiteres Online-Assessment-Tool zur Verfügung, welches von einer britischen Arbeitsgruppe unter der Bezeichnung QFracture® (http://www.
qfracture.org/) entwickelt und publiziert wur-
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Hoch
Mittel
Niedrig
Behandeln
KMD2
Frakturrisiko
Reevaluation
Hoch
KRF = Klinische Risikofaktoren
KMD = Knochenmineraldichte
1
2
Niedrig
Behandeln
mod. nach Kanis J et al; Osteoporos Int 2013;24(1):23-57
Abb. 1: European Guidance zum Management bei Verdacht auf Osteoporose und „Einsatzgebiet“ der
Risiko-Assessment- bzw. Therapie-Tools
de. Analog zu den beiden oben genannten Verfahren stellen die Basis für die Berechnung des
individuellen absoluten Frakturrisikos die klassischen Risikofaktoren dar, welche durch eine
beeindruckend große Anzahl weniger gut gesicherter Risikofaktoren ergänzt wird. Ein Knochenmineraldichte-Ergebnis findet darin keine Berücksichtigung. Auch liegen derzeit keine
länderspezifischen Berechnungsoptionen vor.
Bemerkenswert ist jedoch die durchaus sinnvolle Option, das individuelle absolute Frakturrisiko für einen Zeitraum von 1 – 10 Jahren berechnen zu können. Dies scheint insbesondere
dort sinnvoll, wo die noch zu erwartende Lebensdauer der untersuchten Person deutlich
unterhalb von 10 Jahren liegt. Eine abschließende Empfehlung, ob im konkreten Fall nun
behandelt werden sollte oder nicht, stellt dieses Tool nicht zur Verfügung.
FRAX®
Garvan Fracture Risk Calculator®
Und last but not least steht ein Online-Assessment-Tool zur Verfügung, welches von
einer Australischen Arbeitsgruppe unter der
Bezeichnung Garvan Fracture Risk Calculator® entwickelt und publiziert wurde
(http://garvan.org.au/promotions/bonefracture-risk/calculator/ ).
Dieses Tool ist insofern bemerkenswert, als
es neben dem Alter und Geschlecht nur mit
einer minimalen Anzahl von klinischen Risikofaktoren – nämlich „Vorangegangener
Sturz“ und „Vorangegangene Fraktur“ – das
Auslangen zu finden scheint.
Zahlreiche klinische Faktoren, welche in der
dem Tool zugrunde liegenden Arbeit untersucht worden waren, ergaben keinen zusätzlichen prognostischen Nutzen.
Kalkuliertes Frakturrisiko
Therapieempfehlung
(ja/nein)
„Hohes Risiko“ als
Therapieschwelle klar
definiert
Mit öster­
reichischen
Daten
hinterlegt?
10 Jahre
-------
Nein
Ja
Derzeit in Überarbeitung
DVO® 2009
QFracture®
1 – 10
Jahre
-------
11,1% ( , für 10-á-FX-Risiko)+
2,6% ( , für 10á-FX-Risiko)+
Nein
Garvan Fracture
Risk Calculator
5 + 10
Jahre
-------
14 – 26 % (wichtigste FX)
3 – 9% (Hüft-FX)
Nein
Abb. 2: Übersicht über online zur Verfügung stehende Risiko-Assessment- bzw. Therapie-Tools
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Fazit
Zusammenfassend stehen derzeit 4 unterschiedliche – von ihrem Grundkonzept nur bedingt vergleichbare – Online-Tools zur Erfassung des absoluten Frakturrisikos sowie zur
Unterstützung in der Entscheidung, ob behandelt werden sollte oder nicht, zur Verfügung
(Abb. 2). Das FRAX®-Tool ist zurzeit das einzige
Tool, welches mit österreichischen Fraktur- so-
wie Mortalitätsdaten hinterlegt ist. FRAX® und
QFracture® geben Auskunft über das individuelle absolute Frakturrisiko einer Person, wobei
FRAX® ausschließlich das 10-Jahres-Frakturrisiko, QFracture® immerhin das Frakturrisiko von 1 – 10 Jahren inkludiert. Weder FRAX
noch QFracture® verknüpfen die Berechnung
des Frakturrisikos mit einer direkten Therapieempfehlung. Der DVO-Risikotest sowie der
Therapie-Algorithmus befinden sich derzeit in
einem umfassenden Überarbeitungsprozess.
Der Garvan Fracture Risk Calculator® wurde
auf Basis einer sehr kleinen australischen Population berechnet und scheint daher für die
Anwendung auf die österreichische Population
am wenigsten geeignet.
♦
Fachkurzinformationen:
RoActemra® 20 mg/ml Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung
Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Jeder ml des Konzentrats enthält 20 mg Tocilizumab*. Jede Durchstechflasche enthält 80 mg Tocilizumab* in 4 ml (20 mg/ml). Jede Durchstechflasche enthält 200 mg Tocilizumab* in 10 ml
(20 mg/ml). Jede Durchstechflasche enthält 400 mg Tocilizumab* in 20 ml (20 mg/ml). *humanisierter monoklonaler IgG1-Antikörper gegen den humanen Interleukin-6-(IL-6)-Rezeptor produziert mit rekombinanter DNA-Technologie in
Ovarialzellen des chinesischen Hamsters. Sonstige Bestandteile mit bekannter Wirkung: Jede 80 mg Durchstechflasche enthält 0,10 mmol (2,21 mg) Natrium. Jede 200 mg Durchstechflasche enthält 0,20 mmol (4,43 mg) Natrium. Jede 400
mg Durchstechflasche enthält 0,39 mmol (8,85 mg) Natrium. Anwendungsgebiete: RoActemra ist, in Kombination mit Methotrexat (MTX), für die Behandlung erwachsener Patienten mit mäßiger bis schwerer aktiver rheumatoider Arthritis
(RA) angezeigt, die unzureichend auf eine vorangegangene Behandlung mit einem oder mehreren krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (DMARDs) oder Tumornekrosefaktor-(TNF)-Inhibitoren angesprochen oder diese nicht vertragen
haben. RoActemra kann bei diesen Patienten als Monotherapie verabreicht werden, falls eine Methotrexat-Unverträglichkeit vorliegt oder eine Fortsetzung der Therapie mit Methotrexat unangemessen erscheint. RoActemra vermindert in
Kombination mit Methotrexat das Fortschreiten der radiologisch nachweisbaren strukturellen Gelenkschädigungen und verbessert die körperliche Funktionsfähigkeit. RoActemra ist zur Behandlung von Patienten im Alter von 2 Jahren und
älter mit aktiver systemischer juveniler idiopathischer Arthritis (sJIA) angezeigt, die nur unzureichend auf eine vorangegangene Behandlung mit nicht steroidalen Antiphlogistika (NSAs) und systemischen Corticosteroiden angesprochen haben. RoActemra kann (falls eine Methotrexat-Unverträglichkeit vorliegt oder eine Therapie mit Methotrexat unangemessen erscheint) als Monotherapie oder in Kombination mit Methotrexat verabreicht werden. RoActemra ist in Kombination mit Methotrexat (MTX) zur Behandlung von Patienten im Alter von 2 Jahren und älter mit polyartikulärer juveniler idiopathischer Arthritis (pJIA) (Rheumafaktor-positiv oder negativ und erweiterte Oligoarthritis) angezeigt, die nur unzureichend auf eine vorangegangene Behandlung mit MTX angesprochen haben. RoActemra kann als Monotherapie verabreicht werden, falls eine Methotrexat-Unverträglichkeit vorliegt oder eine Fortsetzung der Therapie mit Methotrexat
unangemessen erscheint. Gegenanzeigen: - Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. - Aktive, schwere Infektionen (siehe veröffentlichte Fachinformation Abschnitt 4.4 „Besondere Warnhinweise und
Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung“). Liste der sonstigen Bestandteile: Sucrose, Polysorbat 80, Dinatriumhydrogenphosphat 12 H2O, Natriumdihydrogenphosphat-Dihydrat, Wasser für Injektionszwecke
Inhaber der Zulassung: Roche Registration Limited, 6 Falcon Way, Shire Park, Welwyn Garden City, AL7 1TW, Vereinigtes Königreich. Verschreibungspflicht/Apothekenpflicht: rezept- und apothekenpflichtig, wiederholte Abgabe verboten.
Pharmakotherapeutische Gruppe: Immunsuppressiva, Interleukin-Inhibitoren, ATC-Code: L04AC07. Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen sowie Informationen zu Schwangerschaft und Stillzeit und zu Nebenwirkungen sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen. Mai 2013
MabThera® 100 mg (10 mg/ml) Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung
MabThera® 500 mg (10 mg/ml) Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung
Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Jeder Milliliter enthält 10 mg Rituximab. Jede Durchstechflasche zum einmaligen Gebrauch enthält 100 mg/500 mg Rituximab.
Rituximab ist ein gentechnisch hergestellter monoklonaler chimärer Antikörper (Maus/Mensch), ein glykosyliertes Immunglobulin. Seine konstanten Bereiche bestehen aus humanem IgG1, die variablen Bereiche aus murinen leichten und
schweren Kettensequenzen. Der Antikörper wird in einer Zellkultur aus Säugetierzellen (Ovarialzellen des chinesischen Hamsters) hergestellt und durch Affinitäts- und Ionenaustauscher-Chromatographie gereinigt, einschließlich spezifischer
Schritte zur Virusinaktivierung und -entfernung. Anwendungsgebiete: MabThera wird bei Erwachsenen für die folgenden Anwendungsgebiete angewendet: Non-Hodgkin-Lymphom (NHL): MabThera ist in Kombination mit einer Chemotherapie für die Erstbehandlung von Patienten mit follikulärem Lymphom im Stadium III-IV angezeigt. Eine MabThera Erhaltungstherapie ist angezeigt zur Behandlung von Patienten mit follikulärem Lymphom, die auf eine Induktionstherapie
angesprochen haben. MabThera ist als Monotherapie für die Behandlung von Patienten mit follikulärem Lymphom im Stadium III-IV angezeigt, die gegen eine Chemotherapie resistent sind oder nach einer solchen einen zweiten oder neuerlichen Rückfall haben. MabThera ist für die Behandlung von Patienten mit CD20-positivem, diffusem großzelligen B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphom in Kombination mit einer CHOP(Cyclophosphamid, Doxorubicin, Vincristin, Prednisolon)Chemotherapie angezeigt. Chronische lymphatische Leukämie (CLL): MabThera ist in Kombination mit einer Chemotherapie für die Behandlung von nicht vorbehandelten Patienten und von Patienten mit rezidivierender/refraktärer chronischer lymphatischer Leukämie angezeigt. Für Patienten, die bereits mit monoklonalen Antikörpern einschließlich MabThera behandelt wurden oder für Patienten, die refraktär auf eine vorherige Behandlung mit MabThera in Kombination mit
Chemotherapie sind, liegen nur begrenzte Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit vor. Für weitere Informationen siehe veröffentlichte Fachinformation Abschnitt 5.1 „Pharmakodynamische Eigenschaften“. Rheumatoide Arthritis: MabThera in
Kombination mit Methotrexat ist für die Behandlung erwachsener Patienten mit schwerer, aktiver rheumatoider Arthritis angezeigt, die ungenügend auf andere krankheitsmodifizierende Antirheumatika (DMARDs) einschließlich einer oder
mehrerer Therapien mit Tumornekrosefaktor(TNF)-Hemmern angesprochen oder diese nicht vertragen haben. Es konnte gezeigt werden, dass MabThera in Kombination mit Methotrexat das Fortschreiten der radiologisch nachweisbaren Gelenkschädigung vermindert und die körperliche Funktionsfähigkeit verbessert. Granulomatose mit Polyangiitis und mikroskopische Polyangiitis MabThera in Kombination mit Glucocorticoiden wird angewendet zur Induktion einer Remission bei erwachsenen Patienten mit schwerer, aktiver Granulomatose mit Polyangiitis (Wegenersche Granulomatose) (GPA) und mikroskopischer Polyangiitis (MPA). Gegenanzeigen: Gegenanzeigen beim Non-Hodgkin-Lymphom und bei der
chronischen lymphatischen Leukämie: - Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile oder gegen Maus-Proteine. - Aktive, schwere Infektionen (siehe veröffentlichte Fachinformation Abschnitt 4.4 „Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung“). - Patienten mit stark geschwächter Immunabwehr.
Gegenanzeigen bei rheumatoider Arthritis, Granulomatose mit Polyangiitis und mikroskopischer Polyangiitis: - Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile
oder gegen Maus-Proteine. - Aktive, schwere Infektionen (siehe veröffentlichte Fachinformation Abschnitt 4.4 „Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung“). - Patienten mit stark geschwächter Immunabwehr.
- Schwere Herzinsuffizienz (New York Heart Association Klasse IV) oder schwere, unkontrollierte Herzerkrankungen (siehe veröffentlichte Fachinformation Abschnitt 4.4 „Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung“ bezüglich anderer kardiovaskulärer Erkrankungen). Liste der sonstigen Bestandteile: Natriumcitrat, Polysorbat 80, Natriumchlorid, Natriumhydroxid, Salzsäure, Wasser für Injektionszwecke. Inhaber der Zulassung: Roche Registration
Limited, 6 Falcon Way, Shire Park, Welwyn Garden City, AL7 1TW, Vereinigtes Königreich Verschreibungspflicht/Apothekenpflicht: rezept- und apothekenpflichtig, wiederholte Abgabe verboten. Pharmakotherapeutische Gruppe: Monoklonale Antikörper, ATC-Code: L01XC02. Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen sowie Informationen zu Schwangerschaft und Stillzeit und zu Nebenwirkungen sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen.
Kombinierte FKI Condrosulf Condrosulf 400 mg-Kapseln, Condrosulf 800 mg Tabletten. Zusammensetzung: Condrosulf 400 mg-Kapseln: 1 Kapsel enthält 400 mg Natriumchondroitinsulfat. Condrosulf 800 mg-Tabletten: 1 Tablette enthält
800 mg Natriumchondroitinsulfat. Anwendungsgebiete: Zur unterstützenden Behandlung von degenerativen Gelenkserkrankungen (Arthrosen). Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile. Hilfsstoffe: Condrosulf 400 mg-Kapseln: Magnesiumstearat, Farbstoffe Chinolingelb (E104), Indigotin (E132) und Titandioxid (E171), Gelatine. Condrosulf 800 mg Tabletten: Magnesiumstearat. ATC-Code: M01AX25. Zulassungsinhaber:
Sanova Pharma GesmbH, Haidestraße 4, A-1110 Wien. Rezeptpfl icht/Apothekenpfl icht: Rezept- und apothekenpfl ichtig. Stand der Information: August 2011. Weitere Angaben zu Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit, sowie Nebenwirkungen entnehmen Sie bitte der veröffentlichten Fachinformation.
Referenzen 1) Hochberg M, et al. Symptom and structure modifi cation in osteoarthritis with pharmaceutical-grade chondroitin sulfate: what’s the evidence? Curr Med Res Opin Vol. 29, No. 3, 2013, 1–9. 2) Gabay C, et al. Symptomatic effects of chondroitin 4 and chondroitin 6 sulfate on hand osteoarthritis: a randomized, double-blind, placebo-controlled clinical trial at a single center.Arthritis Rheum 2011;63:3383-91. 3) Kahan A, et al. Long-term effects of chondroitins 4
and 6 sulfate on knee osteoarthritis: The study on osteoarthritis progression prevention, a two year, randomized, double-blind, placebo-controlled trial. Arthritis Rheum 2009;60:524-33. 4) Jordan et al. EULAR Recommendations 2003: an
evidence based approach to the management of knee osteoarthritis: Ann Rheum Dis 2003;62:1145-1155
Parkemed 500 mg – Filmtabletten/Parkemed 250 mg – Kapseln/Parkemed 500 mg – Suppositorien Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Filmtabletten: 1 Filmtablette enthält 500 mg Mefenaminsäure. Liste der sonstigen Bestandteile: Maisstärke, Natriumdodecylsulfat, Methylcellulose, Cellulose, hochdisperses Siliciumdioxid, Magnesiumstearat, Wasser, Vanillin, Talk, Hypromellose, Macrogol, Titandioxid (E 171) und Eisenoxid gelb (E 172). Kapseln: 1 Kapsel enthält 250
mg Mefenaminsäure. Sonstiger Bestandteil: Lactose-Monohydrat 77,61 mg. Liste der sonstigen Bestandteile: Lactose-Monohydrat (77,61 mg), Natriumdodecylsulfat, Gelatine. Kapselhülle: Gelatine, Titandioxid (E 171), Eisenoxid gelb (E 172),
Indigotin (E 132). Drucktinte: Schellack, Eisenoxid schwarz (E 172), Propylenglykol. Suppositorien: 1 Suppositorium enthält 500 mg Mefenaminsäure. Liste der sonstigen Bestandteile: Adeps neutralis. Anwendungsgebiete: Symptomatische
Behandlung von leichten bis mittelschweren akuten und chronischen Schmerzen bei rheumatischen Erkrankungen; Muskelschmerzen, Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule (z.B. Bandscheibenbeschwerden); Schmerzen, Schwellungen und
Entzündungen nach Verletzungen oder Operationen; Schmerzen bei primärer Dysmenorrhoe. Zusätzliches Anwendungsgebiet für Filmtabletten und Kapseln: Schmerzen bei primärer Dysmenorrhoe.
Parkemed 125 mg – Suppositorien/Parkemed - Suspension zur oralen Anwendung Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Suppositorien: 1 Suppositorium enthält 125 mg Mefenaminsäure. Liste der sonstigen Bestandteile: Adeps
neutralis. Suspension: 5 ml Suspension enthalten 50 mg Mefenaminsäure. Sonstige Bestandteile: Saccharose (1000 mg pro 5 ml), Ethanol 96% (28 mg pro 5 ml), Sorbitol-Lösung 70% (965 mg pro 5 ml). Liste der sonstigen Bestandteile:
Gluconsäure-delta-lacton, Saccharin-Natrium, Saccharose, Sorbitol-Lösung 70% (nicht kristallisierend), Carmellose-Natrium 700, Povidon K30, Bentonit, Natriumbenzoat (E211), Schokoladenaroma, Bananenaroma, Anis-Pfefferminz Aroma,
Salzsäure-Lösung, Nariumhydroxid, Ethanol 96%, gereinigtes Wasser. Anwendungsgebiete: Symptomatische Behandlung von leichten bis mittelschweren akuten und chronischen Schmerzen, besonders bei rheumatischen Erkrankungen;
Muskelschmerzen, Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule (z.B. Bandscheibenbeschwerden); Schmerzen, Schwellungen und Entzündungen nach Verletzungen oder Operationen. Zusatzbehandlung bei leichten febrilen Infektionen im Kindesalter. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile; bei Patienten, die nach Einnahme von Acetylsalicylsäure oder anderen nicht-steroidalen Antirheumatika mit Asthma, Urtikaria oder allergischer Rhinitis reagiert haben; bei Patienten mit hämorrhagischer Diathese; bei Patienten mit aktiven Ulcera oder chronischen Entzündungen des oberen oder unteren Gastrointestinaltraktes und bei Patienten mit diesen Erkrankungen
in der Anamnese; bei Patienten mit Nierenerkrankungen in der Anamnese oder eingeschränkter Nierenfunktion; bei Patienten mit Herzinsuffizienz und Leberfunktionsstörungen; bei Patienten mit Blutbildungsstörungen; Behandlung postoperativer Schmerzen nach einer koronaren Bypass-Operation (CABG); Schwangerschaft im 3. Trimenon. Pharmakotherapeutische Gruppe: Nichtsteroidale Antiphlogistika und Antirheumatika, ATC-Code: M01 AG01. Inhaber der Zulassung:
Pfizer Corporation Austria Ges.m.b.H., Wien. Stand der Information: September 2012. Rezeptpflicht/Apothekenpflicht: Rezept- und apothekenpflichtig. Angaben zu besonderen Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung,
Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstigen Wechselwirkungen, Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit und Nebenwirkungen entnehmen Sie bitte der veröffentlichten Fachinformation.
ARZT & PRAXIS
Jahrgang 67 / 999a / 2013
t h e m e n h e f t r h e u m ato lo g i e
Konservative Therapie­
optionen bei sympto­
matischer Arthrose
OA Dr. med. Gerhard Kaufmann
Medizinische Universität Innsbruck,
Univ.-Klinik für Orthopädie
Anichstraße 35, 6020 Innsbruck
Email: [email protected]
Gemeinhin gilt die operative Versorgung
betroffener Gelenke als „die moderne Ar­
throsetherapie“ – sie stellt aber eigentlich die
Therapiesäule zur Behandlung einer weit fortgeschrittenen Arthrose dar. In früheren Stadien sollten konservative Arthrosetherapien zur
Anwendung kommen, um die operative Versorgung möglichst lange aufschieben zu können. Entscheidend für deren Erfolg ist eine an
den somatischen Befund angepasste Therapie, welche sowohl medikamentöse, physiotherapeutische, orthetische als auch operative
Maßnahmen umfasst.
Was nun die konservativen Therapiemaßnahmen anlangt, ist eine genaue Kenntnis der
Vorgänge bei der Arthroseentstehung unumgänglich, um aktiv – vor allem pharmakologisch – in den Prozess eingreifen zu können.
Definition und Epidemiologie
Der Name Arthrose leitet sich vom altgriechischen ρθρον, arthron (= das Gelenk) ab und
bezeichnet den Prozess degenerativer Veränderungen von Gelenken und deren Anhangsgeweben mit entsprechenden Schmerzen und
Bewegungseinschränkungen. Im Laufe des LeArthrose
(laut American College of Rheumatology – ACR)
Die Therapie der symptomatischen Arthrose nimmt in den westlichen
Industrieländern einen zunehmend gewichtigeren Platz, sowohl was die
Häufigkeit als auch was die Kosten betrifft, ein. Allein im Jahr 2004 wurden in der Bundesrepublik Deutschland 24,4 Mrd. Euro für die Behandlung muskuloskelettaler Erkrankungen aufgewendet, wovon 8 Mrd. Euro
allein auf die stationäre Behandlung von Arthrosepatienten entfielen.
bens treten in allen Gelenken des menschlichen Körpers degenerative Veränderungen
auf. Unter diesem Aspekt scheint es sinnvoller,
den Begriff „Arthrose“ für einen „Gelenkverschleiß“, der das altersübliche Maß übersteigt,
zu verwenden. Nach den Kriterien des American College of Rheumatology (ACR) wird der
Begriff Arthrose definiert durch ein Lebensalter von mehr als 50 Jahren, eine (Gelenk)
steifigkeit von weniger als 30 Minuten und
gleichzeitig bestehenden strukturellen Veränderungen (Osteophyten, Gelenksspaltverschmälerung) an diesen Gelenken (Tab. 1). Es
handelt sich somit bereits definitionsgemäß
um eine Erkrankung älterer Menschen. Die
Prävalenz der Arthrose liegt derzeit bei etwas
über 60 % der über 65-Jährigen. Im Jahr 2004
wurden in Deutschland etwa 100.000 Hüftund 40.000 Knietotalendoprothesen eingesetzt. Im Jahr 2009 lag diese Zahl bereits bei
209.000 Hüft- und fast 175.000 Kniegelenken. 40 Millionen Arztkonsultationen erfolgen
jährlich aufgrund einer Arthrose und 50 Millionen Arbeits-Fehltage sind arthrosebedingt
registriert.
Rein aus diesen Zahlen lässt sich erahnen,
Früharthrose
Alter > 50 LJ
mechanischer Schmerztyp < 5 Jahre
Steifigkeit < 30 Minuten
metabolische/rheumatologische
Krankheiten ausgeschlossen
strukturelle Veränderungen (Osteophyten,
Gelenksspaltverschmälerung)
Kellgren-Lawrence-Score < 2
strukturelle Veränderungen (Osteophyten,
arthroskopische, MRI)
Tab. 1: Definitionen der Arthrose laut American College of Rheumatology (ACR) und der Früharthrose
Jahrgang 67 / 999a / 2013
dass ein hohes Interesse daran besteht, die
„Arthrose“ zu bekämpfen, sie frühzeitig zu behandeln und deren Progression aufhalten oder
gar verhindern zu können.
Daher wurde von anderen Arbeitsgruppen
abseits des ACR der Begriff der Früharthrose (Tab. 1) geprägt und definiert, um frühzeitig
Therapien einleiten zu können. Der wesentliche
Unterschied zur Definition des ACR besteht
darin, dass die subjektive Bewertung subtiler Veränderungen mithilfe eines Score-Systems und die strukturellen degenerativen Veränderungen nicht dem Medium Nativröntgen
vorbehalten sind, sondern auch Arthroskopieund Magnetresonanz-Befunde definitionsgebend sind.
Ätiopathogenese der Arthrose
Wie bei vielen anderen Erkrankungen werden
die Ursachen in primäre und sekundäre (als
Folge eines Grundproblems) unterteilt. Als Ursache für die primäre Arthrose werden genetisch determinierte Veränderungen diskutiert,
die zu einem biologisch minderwertigen Knorpelüberzug führen. Dies konnte bisher jedoch
nicht bewiesen werden.
Für das Entstehen einer sekundären Arthrose ist eine Vielzahl verschiedener Ursachen bekannt. Die häufigsten sekundären Arthrosen
gehen sicherlich auf mechanische (Dysplasie,
Fehlstellung, posttraumatisch etc.) und entzündliche (rheumatische) Veränderungen zurück. Andere Ursachen wie metabolische (Alkaptonurie), hämophile etc. sind wesentlich
seltener (Tab. 2).
Die Tatsache, dass das Bestehen eines Ursachenfaktors noch nicht zwingend zur Entstehung einer manifesten Arthrose führt, be-
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11
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t h e m e n h e f t r h e u m ato lo g i e
deutet, dass es sich um ein multifaktorielles
Geschehen handelt. Als ein wesentlicher Kofaktor wurde die Zeit nachgewiesen – d. h. je
länger ein Ursachenfaktor besteht, umso häufiger kann eine Arthrose nachgewiesen werden. In anderen Untersuchungen wurden
verschiedene Faktoren in Bezug auf die Progressionswahrscheinlichkeit der Arthrose und
die anatomische Region gesetzt. Dabei konnte
festgestellt werden, dass verschiedene Faktoren in unterschiedlichem Ausmaß die Progression einer Arthrose beeinflussen (Tab. 3).
Wie komplex die Zusammenhänge sind, zeigt
sich auch am Beispiel der Adipositas, bei der
abhängig von Geschlecht und vom Ausmaß
des Übergewichts die Progression der Arthrose
beeinflusst wird (Tab. 4). Ursächlich wirken dabei sowohl eine direkte mechanische Mehrbelastung als auch Entzündungsmediatoren wie
IL-1, IL-6, IL-8, IL-18 bzw. TNF-α und Adipokine wie Leptin (Knorpeldestruktion) bzw. Adiponektin (Chronifizierung der Entzündung).
Diese Entzündungsmediatoren sind wohl auch
dafür verantwortlich, dass durch eine Adipositas auch nicht-belastete Gelenke in höherem
Ausmaß zur Arthrose neigen.
Die Arthrose ist als multifaktoriell verursachtes Geschehen zu betrachten, dessen gemeinsame Endstrecke einer zellulären Zytokin/Mediator-gesteuerten Kettenreaktion (Abb. 1)
entspricht. Die molekularen Vorgänge als die
intrazelluläre Signaltransformation folgen
dem Muster entzündlicher Prozesse (Abb. 2).
Histologisch/zytologisch betrachtet, handelt
es sich bei der Osteoarthrose um eine durch
biochemische und histologische Veränderungen getriggerte inflammatorische sowie immunologische Reaktion, die zu degenerativen Veränderungen aller Gewebsstrukturen
des Gelenkes (Synovia, meniskoides Gewebe,
Knorpel, Knochen etc.) führt.
Konservative Therapie der Arthrose
Die genaue Kenntnis der Ursachen und der
auf zellulärer Ebene ablaufenden Prozesse ermöglicht die Entwicklung zielgerichteter Therapiemöglichkeiten. Prinzipiell wird die konservative Arthrosetherapie auf vier zentrale
Säulen aufgeteilt – nämlich Allgemeinmaßnahmen, pharmakologische, physio-/ergotherapeutische und orthopädische, welche sich
wiederum in orthopädietechnische und operative Maßnahmen unterteilen (Tab. 5).
Bei der konservativen Arthrosetherapie ist
eine Kombination aus einem oder mehreren
ARZT & PRAXIS
primäre
sekundäre
biologisch minderwertiger Knorpel?
mechanisch (Dysplasie, Fehlstellung,
posttraumatisch etc.)
bisher keine sicher nachweisbare Ursache
entzündlich (rheumatisch)
metabolisch (Alkaptonurie)
hämophil
neurologisch
hormonell
trophisch
chemisch (Chinolone)
medikamentös (Gyrasehemmer/
Fluorchinolone, Phenprocoumon)
Adipositas
familiär
Tab. 2: Primäre und sekundäre Ursachen der Arthrose
Knie
Hüfte
Alter
++
++
Adipositas
+++
+
Entzündungen
+++
+?
erhöhter Knochenstoffwechsel
++
+?
Knochenmarksläsion
+++
+?
Achsfehlstellung
+++
++
Mb. Bechterew
++
++
Arthrose der oberen Extremität
+
-
Tab. 3: Risikofaktoren für Progression der Arthrose bezogen auf Hüft- und Kniegelenk
Frauen
Männer
Übergewicht
2
2,7
Adipositas
3,1
4
Tab. 4: Multiplikator für Arthrose-Genese in Abhängigkeit von Geschlecht und Übergewicht
konservativ
operativ
Lifestyle
Knorpeloperation
medikamentös
Umstellungsoperation
Ergo-/Physiotherapie
Gelenkstoilette
Hilfsmittelversorgung
Arthroplastik
Arthrodese
Prothese
Tab. 5: Therapiemöglichkeiten der Arthrose
SYSADOA
DMOAD
keine direkte analgetische Wirkung
keine direkte analgetische Wirkung
per se nicht krankheitsmodifizierend
krankheitsmodifizierend/verlaufsmodifizierend
Wirkungseintritt verzögert
Wirkungseintritt verzögert
Carry-over-Effekt
Steigerung der Synthese/Proliferation
Antizytokineffekt
Tab. 6: Charakteristika von bzw. Unterschiede zwischen SYSADOA und DMOAD
Jahrgang 67 / 999a / 2013
Fachkurzinformation siehe Seite 10
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Auslösendes
Agens
(Knorpelschaden,
Scherkräfte,
pcP, etc.)
➭
➭
e,
kin
y to
Z
,
P
F
MM , VEG
F
TG
Aktivierung
der
Synovalzellen
Hyperproliferation
der
Synovialmembran
➭
,
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rleu a
Inte F, TNF
VEG
➭
Aktivierung von
Synovialzellen und
Chondrozyten
➭
14
TNF a
Aktivierung der
T-Zellen und
Makrophagen
Abb. 1: Zelluläre Abläufe der Arthrose (MMP wirkt knorpeldestruktiv, VEGF bewirkt Gefäßeinsprossung mit sekundärer Ossifikation)
Therapiemodulen sinnvoll und einem gestuften Vorgehen vorzuziehen.
Allgemeinmaßnahmen
Unter Allgemeinmaßnahmen fällt ein therapeutisches Beratungsgespräch, das eine genaue Aufklärung über die Ursachen und Entstehung der Arthrose sowie die Empfehlung
zu gewissen Verhaltensänderungen im Alltag
beinhaltet. Dies betrifft vor allem die Anleitung zu körperlicher Betätigung sowie die Auswahl der richtigen Sport- bzw. Bewegungsart. In Studien konnte nachgewiesen werden,
dass über den kortikospinalen Trakt durch Freisetzung von GABA aus Interneuronen eine
Schmerzweiterleitung in den Hinterhornzellen niederreguliert werden konnte. Zusätzlich
kommt es zu einer positiven Rückkoppelung
über den spinothalamischen Trakt und zu einer Verstärkung dieses Effektes auf subkortikaler Ebene.
Häufig sind auch alimentatorische Maßnahmen unerlässlich.
mäß ist dies vor allem eine Behandlungsdomäne für die untere Extremität. Dazu zählen z. B. die Schuhaußenranderhöhung bei
Varusgonarthrose oder ein Pufferabsatz
mit hinterer Abrollrampe bei Arthrosen des
Rückfußbereiches.
Ergo-/Physiotherapie
Hierzu gehören erstens Therapien, die über
Thermo-, mechanische -, elektrische oder
propriozeptive Reize zu einer Mehrdurchblutung der Muskulatur führen und somit als
angenehm empfunden werden. Eine zweite Behandlungsstrategie umfasst Therapien,
welche die Beweglichkeit betroffener Gelenke verbessern und damit zu einer Funktionssteigerung führen, sowie auch direkte Tiefenbehandlungen kontrakter Weichteil- und
Gelenksstrukturen.
Ein Teil der Wirkung wird auch hier der Interneuronaktivierung über den kortikospinalen
Trakt zugeschrieben.
Hilfsmittelversorgung
Pharmakologische Therapie
Dies umfasst orthopädietechnische Abänderungen – meistens der Schuhe – um Gelenke
oder Gelenksbereiche zu entlasten. Naturge-
Einen immer wichtigeren Platz in der Behandlung der Arthrose nehmen Medikamente ein.
1993 wurde bei einer gemeinsamen Konfe-
ARZT & PRAXIS
renz der WHO (World Health Organisation)
und ILAR (International League Against Rheumatism) erstmals der Versuch einer Klassifizierung bzw. Einteilung der Substanzen als Therapiekonzept des SADOA (Slow Acting Drugs
in OsteoArthritis) präsentiert. Dabei werden
die rein symptomatisch wirksamen Analgetika
von in den Pathogenese- und Entzündungsprozess eingreifenden Substanzen unterschieden. Diese werden in zwei Substanzklassen
eingeteilt – namentlich in SYSADOA (SYmptomatic Slow Acting Drugs in OsteoArthritis) und
DMOAD (Disease Modifying OsteoAr­
thritis
Drugs – früher auch Chondroprotektiva).
Analgetika
Die Verabreichung von Analgetika erfolgt in
Anlehnung an das WHO-Stufenschema. Bei
Arthrosebeschwerden sind die klassischen
NSAR vielen anderen Substanzen überlegen,
was auf die entzündungsmodulierende Wirkung neben der analgetischen zurückzuführen ist.
SYSADOA (Tab. 6)
Die Substanzgruppe der SYSADOA hat keine direkte analgetische Wirkung und wirkt per
se nicht krankheitsmodifizierend. Alle Sub­
stanzen dieser Gruppe sind durch einen verzögerten Wirkeintritt gekennzeichnet. Ein weiteres Merkmal dieser Substanzklasse ist die
prolongierte Wirkung über einen definierten Zeitpunkt nach Absetzen des Präparates
(Carry-over-Effekt).
In dieser Gruppe werden intraartikulär zu
verabreichende von oral applizierbaren Substanzen unterschieden. Zu den klassischen
Vertretern der oralen SYSADOA zählen Chondroitinsulfat, Glukosaminsulfat sowie einige
pflanzliche Extrakte (Artischocken etc.). Der
wichtigste Vertreter der intraartikulären Sub­
stanzen sind Hyaluronsäure-Präparate.
DMOAD (Tab. 6)
Den Vertretern dieser Substanzklasse ist gemeinsam, dass sie in die pathogenetischen
Prozesse der Arthrose steuernd eingreifen.
Die einzelnen Substanzen zeigen ihre Hauptwirkung an unterschiedlichen Stellen der Pathogenesekaskade. Dabei wird einerseits die
Syntheseleistung der involvierten Zellen (Kollagen-II-Synthese,
Proteoglykansynthese)
oder auch die Chondrozytenproliferation aktivierend beeinflusst. Hierzu gehören etwa proteolytische Enzyme. Andere zu der Gruppe der
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Abb. 2: Intrazelluläre Signaltransformation der Arthrose in Chondrozyten
DMOAD zählende Substanzen greifen hemmend in enzymatische (Matrixdegeneration)
oder Zytokin-gesteuerte Prozesse ein (IL-1, TNF
α). Zu dieser Gruppe zählen etwa Tetrazykline (Metalloproteinase-Inhibitoren), Antikörper
bzw. Biologika (Anti-TNF α…) oder auch Chondroitinsulfat und Hyaluronan. Die letzten beiden Substanzen sind aufgrund ihrer Wirkweise
sowohl als „slow-acting“ als auch als „diseasemodifying drugs“ einzustufen.
Belegte Therapie-Wirkung (evidenzbasiert)
In Anbetracht der Vielzahl verordenbarer Therapien scheint die Durchsicht der medizinischen Literatur bezüglich der nachgewiesenen
Wirksamkeit unerlässlich.
Was die Analgetika betrifft, so ist für die große Gruppe der NSAR (nicht-steroidalen Antirheumatika), die neuere Generation der
COX-2-Hemmer (derzeit sind Etoricoxib und
Celecoxib zugelassen) und für Analgetika vom
Morphin-Typ sowie für Weidenrindenextrakte
(salicylsäurehältig) der Wirksamkeitsnachweis
bei Osteoarthrose wissenschaftlich erbracht.
Jahrgang 67 / 999a / 2013
Was die Begleitmaßnahmen, wie LifestyleMaßnahmen, physio-, ergotherapeutische
und orthetische Maßnahmen anlangt, ist der
Nachweis der Wirksamkeit mittels medizinischer Studien wesentlich schwieriger, da der
Studienaufbau und die Vergleichbarkeit der
angewendeten Therapieform sehr viel schwerer ist. Trotzdem konnte im Speziellen für die
Krankengymnastik (was die Funktionsverbesserung für betroffene Gelenke anlangt) und
auch für reine Kryotherapie in der aktivierten
Phase der Arthrose der Wirknachweis erbracht
werden. Für Schuhzurichtungen wurde studienmäßig ein hemmender Effekt der Krankheitsprogression für die Gonarthrose belegt.
Für eine andere Therapieform – nämlich die
Akupunkturbehandlung – wurde in großen
Studien ein schmerzlindernder Effekt sowohl
für die Verum- als auch für die sogenannte
„Scheinakupunktur“ nachgewiesen.
ronsäurederivate konnte bisher kein positiver Effekt, was die Knorpeldegeneration oder
die häufig propagierte Zunahme der Knorpeldicke anlangt, nachgewiesen werden. In einer
rezenten Studie wurde jedoch bei Applikation
hochmolekularer Hyaluronsäure ein besserer
analgetischer Effekt als durch die Verwendung
niedermolekularer Präparate nachgewiesen. In
einer Placebo-kontrollierten Studie wurde für
Glucosamin eine hemmende Wirkung auf die
Progression der Arthrose nachgewiesen. Dieser Effekt war jedoch nicht höher als jener der
Placebogruppe.
Für mehrere Substanzgruppen (proteolytische Enzyme, S-Adenosylmethionin) wurde zumindest eine Wirkung, welche jener der
NSAR nahekommt, gefunden.
Die große Gruppe der Biologika (Anti-TNF
α, Il-1-Antagonisten etc.) wurde vor allem als
therapeutisch effektiv in der Behandlung der
cP und anderer Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises belegt. Die Wirksamkeit
bei der Osteoarthritis muss noch genauer untersucht werden.
Für FGF-18 (Fibroblasten-Wachstumsfaktor)
wurde im Tiermodell ein positiver Effekt auf
den Knorpel nachgewiesen. Derzeit laufen klinische Studien bezüglich dessen schmerzlindernder Wirkung.
In nächster Zukunft ist damit zu rechnen,
dass für die Gruppe der Biologika weitere Wirknachweise erbracht werden können.
Auch wenn keine signifikant belegte Wirkung
einer Substanz vorliegt, ein Placeboeffekt lässt
sich häufig vermuten.
Zusammenfassung
Die konservative Arthrose-Therapie nimmt einen immer wichtigeren Stellenwert in der Behandlung der symptomatischen Osteoar­
throse ein. Die Therapie basiert dabei auf
einem Mehrsäulenansatz, der Allgemeinmaßnahmen, pharmakologische, physio-/ergotherapeutische und orthopädische Maßnahmen
umfasst. Für die medikamentöse Therapie bzw.
deren Verständnis ist die grundlegende Kenntnis der pathogenetischen Abläufe von großer
Wichtigkeit. Bei der pharmakologischen Therapie werden in den kommenden Jahren wohl
viele neue, vor allem biologisch aktive Sub­
stanzen in die Behandlungsregimes aufge♦
nommen werden.
„Noch“ nicht ausreichend belegte
Therapie-Wirkung
Für die am häufigsten angewandten Hyalu-
ARZT & PRAXIS
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Fachkurzinformation siehe Seite 10
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