Entropie und 2. Hauptsatz der Thermodynamik Seminar Didaktik der Physik Datum: 20.11.1006 LV-Nummer: 706099 Vortragende: Markus Kaldinazzi Mathias Scherl Inhalte • Reversible und Irreversible Prozesse • Drei Formulierungen des 2. Hauptsatzes der Thermodynamik, Perpetuum mobile • Wiederholung: Carnotmaschine und Carnot‘scher Wirkungsgrad, Satz von Carnot • Mathematische Beschreibung der Entropie • Beispiele zur Entropieänderung • Allgemeine Formulierung des 2. Hauptsatzes der Thermodynamik, Satz von Clausius Entropieänderungen bei Phasenumwandlungen Entropieänderungen in isolierten Systemen Statistische Mechanik Reversible und Irreversible Prozesse Reversibler (umkehrbarer) Prozess RP durchläuft eine Folge von Gleichgewichtszuständen Gleichgewichtszustand: Ein System hat einen Gleichgewichtszustand erreicht, wenn es keine weitere Neigung mehr zeigt, seine Eigenschaften mit der Zeit zu verändern. Voraussetzung: unendlich langsamer Ablauf des RP Beispiel: Reversibles Expandieren eines Gases Druck auf Stempel wird unendlich langsam reduziert Grund: Druck im umschlossenen Gasvolumen muss gleich und gleich groß wie Gegendruck des Stempels sein. Vermeiden von Druckdifferenzen und Turbulenzen (V,p) zu jedem Zeitpunkt darstellbar Graph im V-p Diagramm verbindet lauter Gleichgewichtszustände Bei Umkehrung des Prozesses, selber Pfad im V-p Diagramm Druck auf Stempel wird unendlich langsam reduziert Irreversibler (nicht-umkehrbarer) Prozess RP Zwischenzustände sind keine Gleichgewichtszustände mehr Beispiel: Stempel wird rasch zurückgezogen > Druckdifferenzen und Turbolenzen als Folge im Gasvolumen > Zustand im System nicht mehr durch zwei Variablen p und V beschreibbar Alle wirklichen Prozesse sind irreversibel. Laufen eben nicht unendlich langsam ab. Kein Prozess kann präzise umgekehrt werden, da sich u.a. der Wärmeverlust durch Reibung nicht umkehren lässt. Ein realer irreversibler Prozess kann nicht in einem p – V Diagramm dargestellt werden. Drei Formulierungen des 2. Hauptsatzes der Thermodynamik 1. HS der THD würde durch die Existenz von reversiblen Prozessen nicht verletzt werden Zur Klärung, welche Prozesse in der Natur ablaufen und welche nicht, wurden in der Mitte des 19. Jahrhunderts unterschiedliche aber äquivalente Formulierungen des 2. HS der THD abgegeben. Der 2. HS der THD erklärt den Mangel an Umkehrbarkeit von Prozessen. 2. HS der THD (Clausius`sche Formulierung) Rudolf Julius Emanuel Clausius (1822-1888) >deutscher Physiker >Entdecker des 2. HS der THD >Schöpfer des Begriffs Entropie Wärme fließt natürlicherweise vom warmen zum kalten Körper; sie fließt nicht spontan vom kalten zum warmen Körper 2.HS der THD (Thomson`sche Formulierung) William Thomson (1824-1907), auch als Lord Kelvin bekannt, britischer Physiker Es gibt keine Maschine, deren einzige Wirkung darin besteht, eine gegebene Wärmemenge vollständig in Arbeit umzuwandeln. 2.HS der THD (Planck`sche Formulierung) Max Karl Ernst Ludwig Planck (18581947), deutscher Physiker Es gibt kein Perpetuum Mobile zweiter Art Allgemeine Definition (Pepetuum Mobile) in perpetuum lat. auf immer, auf ewig mobilis lat. beweglich, leicht zu bewegen Ein Perpetuum Mobile ist eine Vorrichtung mechanischer, chemischer oder anderer Art, die einmal in Betrieb gesetzt, auf Dauer in Betrieb bleibt und wünschenswerterweise zusätzlich Arbeit verrichtet. Man unterscheidet zwischen Perpetuum Mobila erster und zweiter Art Perpetuum mobile erster Art Definition: Unter einem Perpetuum mobile erster Art versteht man eine Vorrichtung, deren Teile nicht nur dauernd in Bewegung bleiben, sondern die sogar dauernd Arbeit zu leisten vermag, ohne dass von außen Energie (z.B. in Form von Wärme) zugeführt wird, ohne dass sich aber auch der physikalische oder chemische Zustand der an der Vorrichtung beteiligten Stoffe mit der Zeit ändert. Ein Perpetuum mobile erster Art gibt es nicht. Widerspruch zum 1. HS der THD ( > 1) Verrückte Erfindungen zum Nachdenken Auftriebs – Perpetuum Mobile Linke Röhre: Wasser Rechte Röhre: Quecksilber Perpetuum mobile durch Verringerung der Gravitation Perpetuum mobile zweiter Art Definition: Unter einem Perpetuum mobile zweiter Art versteht man eine zyklisch arbeitende Maschine, dessen einzige Aufgabe es ist, Wärme vollständig in mechanische (oder eine andere) Arbeit zu verwandeln. Ein Perpetuum Mobile zweiter Art gibt es nicht. Widerspruch zum 2.HS der THD Unmögliche Folgerung aus dem Perpetuum mobile zweiter Art Annahme: Es gibt eine Maschine mit = 1. Ein Schiff könnte den Ozean überqueren und dabei die unerschöpflichen Ressourcen der inneren Energie des Meerwassers nutzen. kein Wärmereservoir auf niedriger Temperatur nötig Kurze Wiederholung Carnot Prozess (Alle Prozesse sind reversibel) Carnot`scher Wirkungsgrad : TL 1 TH TL , TH ...Temperaturen der Wärmereservoire Satz von Carnot: Alle reversiblen Wärmekraftmaschinen, die zwischen den gleichen konstanten Temperaturen TL und TH arbeiten, haben den gleichen Wirkungsgrad. Eine beliebige irreversible Kraftmaschine, die zwischen zwei gleichen festen Temperaturen arbeitet, hat einen Wirkungsgrad, der kleiner ist als dieser. > In der Praxis: gut konstruierte Wärmekraftmaschinen haben einen Wirkungsgrad zwischen 60 und 80 % des Carnot`schen Wirkungsgrades. Entropie zur allgemeinen Formulierung des 2. HS der THD Von Clausius 1860 eingeführt Ein reversibler Kreisprozess wird durch eine Abfolge von Carnotzyklen näherungsweise dargestellt Wirkungsgrad einer Wärmekraftmaschine: 1 QL QH Wirkungsgrad einer Carnot-Maschine: TL Carnot 1 TH Daraus folgt: QH TH QL TL QH TH QL TL Da QH 0 und QL 0 gilt: QH QL 0 (Carnot`sche Zyklen) TH TL Die Wärmeabgabe QH eines Zyklus ist näherungsweise gleich der negativen Wärmeaufnahme QL des direkt darunter liegenden Zyklus. Die Wärmeeinflüsse der inneren Pfade heben sich (für die Grenzwertbetrachtung: Anzahl der Carnotzyklen gegen unendlich) auf. Folgerung: Die übertragene Nettowärme und die verrichtete Arbeit ist für die Carnot Reihung dieselbe, wie für den ursprünglichen Kreisprozess. Qi 0 (Carnot`sche Zyklen) Aus i Ti wird im Grenzfall Q T 0 Aus Q I ab I ab Q T T Q T 0 folgt Q II ba II ab T 0 oder Q T Ergebnis: Das Integral zwischen zwei Zuständen a(V1,p1) und b(V2,p2) ist nicht vom Prozessweg abhängig. Q Der Integrand ist somit ein vollständiges Differential. T Clausius definierte nun: dS : Q T S ... Entropie b damit Q b T dS S (b) S (a) S a a Die Entropie ist eine Zustandsfunktion, d.h. sie hängt nur vom Anfangszustand (v1,p1) und vom Endzustand (v2,p2) ab, nicht aber vom Weg von (v1,p1) (v2,p2) . Vgl: Q und W sind keine Zustandsfunktionen Bemerkung: b Q b T dS S (b) S (a) S kann nur für reversible a a Prozesse angewendet werden. Wie berechnet man dann Prozesse? Sirrevfür reale irreversible > Man denkt sich einen anderen, aber reversiblen Prozess, der zwischen denselben Zuständen durchlaufen wird und berechnet für diesen S rev . > Es gilt S rev Sirrev da S nur vom Anfangs- und vom Endzustand abhängt. Beispiele zur Entropieänderung (1) Entropieänderung beim Mischen mit Wasser 50 kg Wasser bei 20°C werden mit 50 kg Wasser bei 24°C vermischt. Schätze die Änderung der Entropie ohne InfinitesimalRechnung. Geg.: mk=50kg, Tk=20°C, mw=50kg, Tw=24°C Endtemperatur: 22°C (gleiche W.-mengen) Aus dem wärmeren H2O: Qw= mcT = = (50kg)(1kcal/kg.K)(-2K) = -100kcal = -418,7kJ In das kältere H2O: Qk = +418,7kJ Änderung der Entropie: S = Sw+ Sk Abschätzung der Entropie für jeden Prozessteil: S = Q/TD (TD ... Durchschnittstemperatur für jeden Prozessteil) TDw= 23°C = 296,14K TDk= 21°C = 294,14K 418,7kJ S w 1,414kJ / K 296,14 K 418,7kJ S k 1,423kJ / K 294,14 K S S w S k 1,414kJ / K 1,423kJ / K 0,009kJ / K Positives Ergebnis! Die Entropie des kalten Wassers steigt um einen größeren Betrag, als die Entropie des warmen Wassers sinkt. Entropie nimmt bei Wärmeübertragung zu Allgemein: Wärmeres System gibt Qw = -Q < 0 ab. TDw... Durchschnittstemperatur während der Temperaturabnahme Kälteres System nimmt Qk = Q > 0 auf. TDk... Durchschnittstemperatur während der Temperaturzunahme Es gilt: TDw > TDk 1 Q Q 1 Somit ist S = Sw + Sk = T T Q T T 0 Dw Dk Dw Dk (2) Entropieänderungen bei freier Expansion Wir betrachten eine adiabatische freie Expansion eines idealen Gases von Volumen V1 nach Volumen V2 mit V2 > V1. Berechne a) Die Änderung der Entropie vom Gas b) Die Änderung der Entropie der Umgebung c) S für 1 mol mit V2 = 2V1 Gas befindet sich anfangs in einem Behälter des Volumens V1 Ventil wird geöffnet: Gas expandiert adiabatisch in einen zuvor leeren Behälter Gesamtvolumen der beiden Behälter ist V2 Das ganze System ist thermisch von der Umgebung isoliert, d.h. Q = 0. Das Gas verrichtet keine Arbeit: W = 0 Nach dem 1. HS der THD: U = 0 Anfangstemperatur T1 und Endtemperatur T2 sind ident, da U nur von T abhängt. Ad (a) Gesucht Entropieänderung des Gases: Gleichung S Q gilt nur für reversible T Prozesse. Prozess absolut irreversibel Trick: Wir denken uns einen reversiblen Prozess zwischen den Volumina V1 und V2 bei gleicher Temperatur. -> gleiches Resultat! b a Es gibt keine Änderung der inneren Energie. Somit folgt aus dem 1.HS der THD (dU = W + Q): Q = - W und dW = pdV V b Q 1 SGas a T 2 pdV T V1 nRT Mit dem idealen Gasgesetz: p V folgt: V SGas nRT T 2 dV V V 1 = V2 nR ln V1 da V2 > V1 folgt: Sgas > 0 (Entropiezunahme!) Ad (b) Gesucht Entropieänderung der Umgebung Keine Wärme wird an die Umgebung abgeführt: Keine Änderung des Zustandes der Umgebung. Also: Sumg= 0 S = Sumg + Sgas > 0 (Insgesamt: Entropiezunahme) Ad (c): Gesucht S für 1 mol mit V2 = 2V1 S = Sumg + Sgas S = 0J/K + 1 mol8.315J/(molK)ln2 = 5.76J/K (3) Entropieänderung bei Wärmeleitung Ein rotglühendes 2 kg Stück Eisen, das eine Temperatur von T1 = 880K besitzt wird in eine Salzlake mit T2 = 280K geworfen. Die Temperatur der Lake steigt dadurch nicht messbar. Bestimme die Änderung der Entropie a) des Eisens und b) der Umgebung (der Lake) Ad (a): mFe = 2kg, T1= 880K, T2= 280K Es gilt: dQ = mcFedT b Q Mit S T a folgt T2 S Fe dT T2 mcFe mcFe ln T T1 T1 S Fe 280 K 2kg 0,4606kJ /( kg K ) ln 1,055kJ / K 880 K Ad (b): Anfangs- und Endtemperatur der Lake sind gleich, T = 280K. Aufnahme der Wärmemenge: Q = mcFeT Q = (2kg)(0,4606kJ/kg.K)(880K – 280K) = = 544 kJ SUmg 544kJ 1,943kJ / K 280 K Die Entropie des Eisens nimmt betragsmäßig weniger ab, als die Entropie der Umgebung zunimmt. Daher positive Bilanz: S S Fe SUmg 0,89kJ / K 2. Hauptsatz der Thermodynamik Die Entropie eines isolierten Systems nimmt niemals ab. Entweder sie bleibt konstant (reversible Prozesse) oder sie nimmt zu (irreversible Prozesse). Für irreversible Prozesse: 2. Hauptsatz der Thermodynamik: Die gesamte Entropie eines jeden Systems plus der seiner Umgebung wächst als Resultat jedes natürlichen Prozesses: S = Ssyst + Sumg > 0. Die Ungleichung von Clausius Q Gleichung 0 gilt nur für reversible T Prozesse. Clausius zeigte, dass für einen Kreisprozess, der irgendwo einen irreversiblen Schritt Enthält gilt: Qirrev 0 (Ungleichung von T Clausius) Beweis, dass Qirrev T 0 ist: irrev rev (Satz von Carnot) 1 QL QH TL 1 TH QH QL 0 TH TL Daraus folgt die Ungleichung von Clausius. In einer anderen Form lautet diese: S = S(b) – S(a) > 0