übersicht Herausforderung Biodiversität Hintergrundinformationen Mai 2008 oekom research AG Seite 1 herausforderung biodiversität Was ist Biodiversität? Gemäß der Convention on Biological Diversity (CBD) bezeichnet Biodiversität die Vielfalt der Arten auf der Erde, die Vielfalt innerhalb der Arten (genetische Unterschiede zwischen Individuen und Populationen) sowie die Vielfalt von Ökosystemen. Im Rahmen des 2010 Biodiversity Indicators Partnership wurden eine Reihe von messbaren direkten und indirekten Indikatoren für Biodiversität und deren Entwicklung zusammengestellt. Dazu zählen z. B. www.twentyten.net • die Dichte und Verteilung von Arten • die Waldfläche • die Fläche geschützter Areale (Naturschutzgebiete etc.) • die Wasserqualität von Meer- und Süßwasser (Eutrophierung, Verschmutzung, etc.) • die Zahl der Träger von traditionellem Naturwissen durch Ureinwohner Artensterben Laut der Roten Liste bedrohter Arten, die die Weltnaturschutzunion IUCN im Jahr 2006 veröffentlicht hat, sind über 16.100 Pflanzen- und Tierarten weltweit vom Aussterben bedroht. Die Gesamtzahl der Arten hat zwischen 1970 und 2000 um 40% abgenommen. Nach Aussage des vierten Global Environment Outlook des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) sind mehr als 60% aller Ökosysteme weltweit geschädigt. Als eine Hauptursache sieht die Studie die Intensivierung der Landwirtschaft, die eine ebenso große Bedrohung wie der Klimawandel sei. So werden 70% der verfügbaren Süßwasservorkommen zur Bewässerung von Feldern verbraucht. Dort werden große Mengen an Düngern und Pestiziden eingesetzt, die das Grund- und Trinkwasser verunreinigen. Gleichzeitig verarmen Flora und Fauna. Seite 2 Quelle: www.unep.org/geo/geo4 herausforderung biodiversität Schutz der Biodiversität Convention on Biological Diversity (CBD) Die Convention on Biological Diversity ist - neben dem Washingtoner Artenschutzabkommen - der wichtigste internationale Vertrag zum Artenschutz. Insgesamt 189 Staaten und die EU haben sich in der 1993 in Kraft getretenen Konvention zum Schutz der Arten verpflichtet. Die Vertragsparteien treffen sich regelmäßig im Rahmen der so genannten Conferences of the Parties (COP), um über Fortschritte und Handlungsbedarfe zu diskutieren. Die nächste Konferenz (COP4) findet ab Mitte Mai 2008 in Bonn statt. Der jährlich stattfindende internationale Tag der Biodiversität am 22.05. stand 2007 unter dem Motto „Biodiversität und Klimawandel“. Quelle: www.cbd.int 2010 Biodiversity Target Im April 2002 haben sich die Unterzeichner der CBD im Rahmen des so genannten 2010 Biodiversity Target dazu verpflichtet, „to achieve by 2010 a significant reduction of the current rate of biodiversity loss at the global, regional and national level as a contribution to poverty alleviation and to the benefit of all life on Earth“. Seite 3 Quelle: www.cbd.int herausforderung biodiversität Ökologischer Fußabdruck und Artenvielfalt Eine Erde reicht nicht mehr aus ... Deutlicher Rückgang der Artenvielfalt Der so genannte ökologische Fußabdruck beschreibt die biologisch produktive Land- oder Meeresfläche, die notwendig ist, um für den Menschen notwendige Ressourcen bereitzustellen oder Abfälle aufzunehmen. Der Living Planet Index beschreibt den globalen Zustand der Artenvielfalt, gemessen anhand des Zustandes bestimmter Indikatorarten, insb. Vögel, Reptilien, Säugetiere. Quelle: www.wwf.org Seite 4 herausforderung biodiversität Folgen des Artensterbens „Eisbär durch Klimawandel bedroht“ - so war es in den vergangenen Monaten immer wieder in Presse zu lesen. Hintergrund ist das Abschmelzen der Eisdecke der Arktis im Zuge der globale Erwärmung. Der Eisbär ist heute zum Synonym für die Auswirkungen des Klimawandels auf die Biodiversität geworden. Und der Eisbär ist kein Einzelfall. Der Weltklimarat IPCC prognostiziert in seinem jüngsten Bericht, dass 20 bis 30 Prozent der Tier- und Pflanzenarten von Aussterben bedroht sind, wenn die globale Durchschnittstemperatur um mehr als 2,5 Grad Celsius steigt. Bei mehr als 4 Grad, so das IPCC, könnte es sogar 40 Prozent der Arten treffen. Die Folgen für die Menschen wären weitreichend: Pflanzen versorgen uns mit Sauerstoff und Energie, regulieren das Klima und dienen uns als Nahrung, Baumaterial und Heilmittel. So werden allein in der Heilkunde zwischen 50.000 und 70.000 Pflanzenarten verwendet. Auch die Auswirkung des Klimawandels auf die Tierwelt hat negative Folgen für die Menschen. So sorgen beispielsweise Insekten für die Bestäubung von Pflanzen, Kleinstlebewesen und Mikroben kompostieren Abfall, düngen den Boden und reinigen Gewässer. Vor diesem Hintergrund stellt z. B. der WWF in seiner aktuellen Kampagne fest: „Klimaschutz ist Artenschutz“. Seite 5 Quelle: Echino / Pixelio herausforderung biodiversität Ökosysteme erbringen wertvolle Dienstleistungen - auch für die Wirtschaft Verschiedene Studien haben versucht, den ökonomischen Wert von Ökosystem-Dienstleistungen zu berechnen - mit folgendem Ergebnis: • Ökonomischer Wert der Bestäubung von Kulturpflanzen durch Bienen und Hummeln: global 29 bis 74 Mrd. Euro/Jahr • Ökonomische Nutzen von Feuchtgebieten: rund 70 Mrd. US$ p.a. • Marktwert der jährlich weitweit gehandelten Arzneipflanzen: rund 65 Mrd. US$ (Quelle: www.bund-naturschutz.de) Quelle: Helga Schmadel / Pixelio Eine umfassende Schätzung des Wertes der Biodiversität sowie der durch Ökosysteme erbrachten Leistungen ist aufgrund der Komplexität der Aufgabe bisher nur in Ansätzen erfolgt. Nach einer Studie aus dem Jahr 1997 liegt der jährliche Nutzen des gesamten Ökosystems der Welt zwischen 16 und 64 Billionen USD. (Quelle: Costanza et al: „The value of the world´s ecosystem services and natural capital“; 1997). In einer aktuellen Studie, die Pavan Sukhdev (Deutsche Bank) im Auftrag der deutschen Bundesregierung und der EUKommission durchführt, wird allein der Wert der auf geschützten Flächen erbrachten Leistungen auf 5 Billionen US-Dollar pro Jahr geschätzt. Berücksichtigt wurden u. a. die wirtschaftliche Bedeutung des Trinkwassers, das Schutzgebiete zur Verfügung stellen, der Überschwemmungsschutz durch Küstenwälder, der Ökotourismus sowie die Nutzung von Pflanzen für die Medikamentenproduktion. Die Studie sieht drei große Gefahren für die Artenvielfalt: den Ausbau der Infrastruktur, den Klimawandel und die Landwirtschaft. Seite 6 herausforderung biodiversität Bürger sehen Verlust der biologischen Vielfalt als sehr großes Problem an „Der Verlust der biologischen Vielfalt ist ein sehr großes Problem für unsere Umwelt und Natur.“ „Der Verlust der biologischen Vielfalt kann sich direkt auf mein Leben auswirken.“ Seite 7 Quelle: Umweltbundesamt (2006): Umweltbewusstsein in Deutschland; Angaben in % herausforderung biodiversität Finanzwirtschaft erkennt zunehmend den Einfluss der Biodiversität auf das Geschäft Biodiversitätsrisiken einzelner Sektoren aus Sicht der Finanzwirtschaft Habitat loss & converson Pollution Climate Change Invasive Species Overharvesting Legende: Agriculture X major biodiversity risk Biofuels X biodiversity risk Food & Beverage (including supply chain) Construction & Building Materials Waste Management Quelle: Paper & Forestry Leisure & Tourism Oil & Gas Mining Utilities www.unepfi.org Seite 8 herausforderung biodiversität Wirtschaftliche Dimension von Biodiversität Sicherung eines dauerhaften Zugangs zu Rohstoffen Unternehmen, die mit den von ihnen benötigen Rohstoffen, z. B. Holz oder Fisch, nachhaltig umgehen, sichern sich langfristig den Zugang zu dieser Ressource und damit die Grundlage ihrer unternehmerischen Tätigkeit. Artenvielfalt als Quelle für Produktinnovationen Biotope wie der tropische Regenwald sind Quelle für zum Teil noch unentdeckte Rohstoffe, die Grundlage für Produktinnovationen sein können. Die Ausrottung von Arten führt zum unwiederbringlichen Verlust solcher Ressourcen. Engagement im Artenschutz als Kaufkriterium Immer mehr Käufer - private Kunden ebenso wie die öffentliche Hand und Unternehmen achten beim Einkauf darauf, dass die Rohstoffe und Produkte aus nachhaltiger Erzeugung stammen und sich die Hersteller umweltverträglich und sozial verantwortlich verhalten. Ökosystem Leistungen Müssten Unternehmen für bisher kostenlose Leistungen der Ökosysteme zahlen (z. B. für Luftund Wasserreinigung, Klimaschutz, etc. ), entstünden immense Kosten. Seite 9 Quelle: www.greenseas.com.au herausforderung biodiversität Zahlreiche Branchen können einen aktiven Beitrag zum Artenschutz leisten Branche Beispielhafte Handlungsmöglichkeiten Bau & Baumaterialien Nutzung von nachhaltig erzeugten Rohstoffen im Bau und bei der Herstellung von Baumaterialien, z. B. FSCzertifiziertes Holz Finanzwirtschaft Implementierung von Kriterien für die Kreditvergabe und Projektfinanzierung in sensiblen Ökosystemen, z. B. durch Unterzeichnung und konsequente Umsetzung der Equator Principles Handel Listung von Produkten, bei deren Herstellung das Thema Biodiversität berücksichtigt wurde, z. B. Produkte mit FSC- oder MSC-Label Haushaltsprodukte Initiativen zur nachhaltigen Erzeugung und Gewinnung von Rohstoffen für die Produktion von Haushaltsprodukten, z. B. die nachhaltige Palmölgewinnung Holz & Papier Naturnaher Holzanbau und -gewinnung schont die natürlichen Lebensräume von Tieren und Pflanzen, z. B. Anbau und Nutzung von FSC-Holz Landwirtschaft Ökologische bzw. nachhaltige Landwirtschaft schont die natürlichen Lebensräume von Tieren und Pflanzen Maschinenbau Maßnahmen zur Senkung des Energie- und Kraftstoffverbrauchs der Produkte zur Steigerung der Energieeffizienz in vielen industriellen Sektoren schützen das Klima und damit die Artenvielfalt Nahrungsmittel Initiativen zur nachhaltigen Erzeugung und Gewinnung von Rohstoffen für die Nahrungsmittelproduktion, z. B. Marine Stewardship Council (MSC) Versicherungen Implementierung von Kriterien für die Gewährung von Versicherungsschutz für Projekte in sensiblen Ökosystemen Seite 10 herausforderung biodiversität Beispielhafte Initiativen unter Einbezug der Wirtschaft (I) Forst Stewardship Council Der Forest Stewardship Council (FSC) ist eine internationale Organisation, die ein System zur Zertifizierung nachhaltiger Forstwirtschaft betreibt und weiterentwickelt. Das FSC-System zur Zertifizierung von Forstwirtschaft wurde zur Sicherung einer nachhaltigen Waldnutzung gegründet. Hierzu entwickelte der FSC einen allgemeinen und länderübergreifend einheitlichen Standard, der aus zehn Prinzipien und Indikatoren besteht. www.fsc.org Marine Stewardship Council Das Marine Stewardship Council (MSC) ist eine unabhängige und gemeinnützige Organisation, die ein Qualitätssiegel für Fisch aus nachhaltiger Fischerei vergibt. Ziel ist es, die weltweite Überfischung der Meere zu verringern. Das MSC geht auf eine Initiative von Unilever und WWF zurück. www.msc.org Roundtable on Sustainable Palm Oil Der Runde Tisch fand im August 2003 erstmals statt. Ziel ist es, die Produktion, den Vertrieb und die Nutzung von nachhaltig gewonnenem Palmöl zu fördern. Um dies zu erreichen, sollen globale Standards entwickelt, implementiert und überprüft werden, wobei die gesamte Wertschöpfungskette einbezogen werden soll. Seite 11 www.rspo.org herausforderung biodiversität Beispielhafte Initiativen unter Einbezug der Wirtschaft (II) UNEP FI Biodiversity & Ecosystem Services Work Stream Die Arbeitsgruppe innerhalb der Finanzinitiative der Vereinten Nationen (UNEP FI) beschäftigt sich mit den Auswirkungen des Biodiversitätsverlusts auf die Finanzwirtschaft und erarbeitet Vorschläge zum Umgang mit den Risiken und Chancen dieser Entwicklung. www.unepfi.org Initiative „Biodiversity in good company“ Auf Initiative des deutschen Umweltministers haben sich verschiedene Unternehmen, darunter z. B. HeidelbergCement, Hipp, KfW, Volkswagen und Weleda, zusammengefunden. Sie verpflichten sich zu Aktivitäten, um dem Schutz der biologischen Vielfalt in ihrer Unternehmenspolitik einen besonderen Stellenwert zu geben. Seite 12 www.bmu.de kontakt oekom research AG Goethestr. 28 D-80336 München Tel: Fax: +49/89/54 41 84-90 +49/89/54 41 84-99 Email: [email protected] Web: www.oekom-research.com Seite 13