IRRT Imagery Rescripting & Reprocessing Therapy Workshop IPT-Leipzig 06-07.Juni 2014 Seminarleitung: Prof. M. Schmucker [email protected] WE IRRT-Workshop Programm Trauma & PTBS • Ein Überblick • Die Rolle von Schemata Entstehung der IRRT als TraumaBehandlung • Entdeckung / Entwicklung der 3 IRRT Phasen • Erste IRRT-Anwendungen (Videos) Weitere Entwicklung/Detaillierte Beschreibung der IRRT • • • • IRRT Motto / Ziele Sokratische Haltung Nuancen der Sprache Anwendungsmöglichkeiten Empirische Belege für IRRT SE und Demonstration der IRRT Typologie der Traumata Nicht Menschengemacht Trauma Typ I einmalig akut lebensbedrohlich Verkehrsunfälle berufsbedingte Trauma Kriminalität und Gewalt sexuelle oder körperliche Tätlichkeit (Polizist, Feuerwehrmann) Naturkatastrophen bewaffneter Überfall unerwartet Trauma Typ II Menschengemacht wiederholend anhaltend unberechenbar anhaltende Naturkatastrophen (Flut) technologische Katastrophen (z.B. Giftgas) sexueller Kindesmissbrauch/ schwere Vernachlässigung emotionaler Missbrauch Folter/ Krieg Entführung, Inhaftierung Häusliche Gewalt Reaktionen nach einem traumatischen Ereignis Typ I • Die meisten Überlebenden von traumatischen Ereignissen sind für einige Wochen belastet (ABS) und genesen dann ohne Behandlung • Eine Minderheit entwickelt jedoch eine PTBS Diagnostische Kriterien der PTBS (nach ICD und DSM) A. Symptome sind Folge eines traumatischen Ereignisses B. Wiedererleben des Traumas (z.B. Flashbacks) C. Erhöhtes Erregungsniveau D. Vermeidung E. Signifikante Einschränkung des Funktionsniveaus (z.B. sozial, beruflich, emotional) F. Symptome halten länger als 1 Monat an PTBS • verursacht nicht durch die traumatischen Ereignisse selbst, sondern durch eine inadäquate emotionale Verarbeitung der traumatischen Ereignisse • ist schwerer und langanhaltender, wenn das Trauma von Menschen verursacht wird im Gegensatz zu Unfällen oder Naturkatastrophen Psychiatrische Komorbidität der PTBS Ein bedeutsamer Anteil der PTB-Patienten (v.a. bei Typ II) 1. Erfüllt die Kriterien für weitere Störungen: -- Depression ------- Substanzmissbrauch Panikstörung Zwangsstörung Sexuelle Funktionsstörung Essstörung Bipolare Störung 2. Entwickelt maladaptive Schemata (Kernüberzeugungen) Schemata Schema-Konzept wurde von Jean Piaget entwickelt (ca. 1925) • Grundstrukturen des Denkprozesses • Wissens- und Verhaltensmuster, Schablonen • Entwickelt in der frühen Kindheit (oft präverbal) • Werden konstruiert durch Interaktionen mit der Umwelt • Bei Erwachsenen werden diese Schema-Vernetzungen als unbedingte, absolute Überzeugungen vom Selbst, Anderen, Beziehungen und der Welt mit entsprechenden Verhaltensmustern erkennbar • Durch Assimilation & Akkomodation werden Schemata aufrechterhalten, erweitert und adaptiert. Assimilation vs. Akkomodation Wenn Erfahrungen nicht in bisherige Denkmuster passen, versucht der Mensch, entweder die Informationen oder das Weltbild zu verändern Assimilation • verbindet Gegenwart mit Vergangenheit • Eingliederung neuer Erfahrungen oder Erlebnisse in ein bereits bestehendes Schema; – d.h. die neue Information wird so verändert, dass sie sich in die vorhandenen Schemata einfügen läßt Beispiel: Schildkröte vs. Ente Akkommodation • kommt nur zustande, wenn Assimilation nicht ausreicht, um eine Situation zu bewältigen – d.h. wenn eine neue Situation sich nicht in ein vorhandenes Schema integrieren läßt • Anpassung, Erweiterung oder Veränderung eines Schemas, um die neue Situation/Information erfolgreich bewältigen zu können • Ist schwieriger, mehr anstrengend als Assimilation!! Veränderung der Information (maladaptive Assimilation) So tun, als ob es (der Missbrauch) nicht passiert sei • Verdrängung durch Sucht: Alkohol, Drogen, Esssucht • sich nicht erinnern können • Willentlich nicht daran denken oder darüber reden Verharmlosung • nur relativ harmlose Erinnerungen zulassen • die Erlebnisse als “normal” einstufen Schuldverschiebung • “Ich bin selber schuld.” • “Ich habe ihn gereizt.” • “Ich habe es verdient, weil ich schmutzig, wertlos bin.” Scheinbare Kontrolle • “Wenn ich alles richtig gemacht hätte, wäre es nicht passiert.” Veränderung des Weltbildes (maladaptive Akkomodation) Neue Grundannahmen/ Regeln/ Lebensphilosophie • “Ich muss immer alles unter Kontrolle haben, sonst passiert mir was Schlimmes.” • “Es ist gefährlich jemandem zu vertrauen . . . ” • ”Wenn ich meine Gefühle zeige, dann werde ich bestraft . . . ” • “Wenn ich zu nahe an jemandem bin, dann werde ich bestraft . . .” • “Egal was ich tue, mir passieren immer schlimme Dinge” Häufige Traumabezogene Schemata • Ohnmacht „Ich bin total hilflos/ ohnmächtig“ • Verletzbarkeit „Ich bin verletzbar“ „Die Welt ist gefährlich, und ich kann mich nicht schützen“ • Misstrauen „Ich kann Niemanden vertrauen“ „Alle Menschen (Männer) sind bedrohlich/ gefährlich“ • Nicht-liebenswert / Selbsthass „Ich bin aus mir heraus schlecht“ „Ich bin nicht liebenswert“ • Inkompetenz / Versagen „Nichts was ich tue ist gut genug“ „Ich bin ein Versager“ „Andere können sehen, wie fehlerhaft ich bin“ • Verlassenheit „Früher oder später werden mich andere (die mir nahe stehen) verlassen . . . und ich werde alleine sein“ • Abhängigkeit „Ich bin von anderen abhängig“ „Ich komme allein nicht zurecht“ • Opfer „Ich bin ein Opfer“ „Mir passieren immer furchtbare Dinge“ Maladaptive Schemata • sind häufig bei PTBS, Angststörungen, Depression oder anderen Störungen vorhanden • können eine große Rolle spielen in der Aufrechterhaltung einer PTBS, einer Angststörung oder belastender Bilder • können den Heilungsprozess verhindern / blockieren Entstehung der IRRT als TraumaBehandlung Die Entstehung der IRRT-Phase 2 • Begann mit der Behandlung von Mary (1990) – eine 40jährige Frau, die im Alter von 19 Jahren sexuell missbraucht wurde (Typ I Trauma) – während der nächsten 21 Jahre kam es in Form von Alpträumen mehrmals pro Woche zur Retraumatisierung • Behandlungsfrage: Wie kann Mary mit KVT am besten behandelt werden? KT Modell von Beck Mentale Aktivität besteht aus: • Verbalen Kognitionen Gedanken Wörter, Sätze (z.B. bei Depression) • Visuellen Kognitionen Bilder mentale Bilder (z.B. bei Angst) Kognitive Therapie (Beck) • Wenn eine affektive Störung verbal verschlüsselt ist, werden verbale Techniken zur kognitiven Umstrukturierung genutzt • Wenn affektive Störungen in der Vorstellung eingebettet sind, werden imaginative Modifikationstechniken zur kognitiven Umstrukturierung genutzt Verbales Arbeiten mit schmerzlichen Bildern (ohne Wiedererleben) • häufig wenig effektiv • zu intellektuell • zu oberflächlich “Ich versteh es vom Kopf her, aber ich fühle es nicht in meinem Bauch” Vorstellung <--------> Affekt Kognitive Therapie (Beck) • Besser mit “heißen” Kognitionen zu arbeiten als mit “trockenen” Kognitionen • Sokratische Haltung mit Patienten ist wirksamer, als wenn der Therapeut den Patienten Antworten oder Lösungen gibt oder ihnen sagt, wie sie anders denken sollen KT mit Mary?? • Bewertung – Ihre affektive Störung schien in ihren traumatischen Bildern (in dem wiederkehrenden Albtraum) eingebettet zu sein • Behandlung – Also, imaginative Techniken (bzw. imaginative Modifikation) sollten angewendet werden um eine kog. Umstrukt. zu erreichen – mit dem visuellenWiedererleben beginnen (mit Augen zu) – Opfer Bilder --> Bewältigungsbilder Ergebnis dieser einen “Imagery Resripting” Sitzung • Mary war fähig die Traumabezogenen Bilder derart “umzuschreiben”, dass sie den Täter direkt konfrontieren and entmachten konnte • In der Nacht danach überwältigte Mary den Täter in ihrem Alptraum auf ähnliche Weise • Danach verschwanden die Alpträume völlig! • Herausforderung des Ergebnisses: Diesen Heilungs-Prozess – zu verstehen – zu beschreiben – zugänglich zu machen (für andere Pat. und Ther.) – wiederholen zu können (bei anderen Pat. und Ther.) Durch weitere [Phase-2] Experimente sind folgende Bemerkungen entstanden: • die imaginierte Konfrontation / Entmachtung des Täters – war bei kindlichem Missbrauch viel schwieriger wegen der körperlichen Unterlegenheit des TRAUMATISIERTEN / KIND ICHS • häufig schien die Patientin, die aktuell vor mir saß: – in dem emotionalen Zustand des TRAUMATISIERTEN ICHS steckengeblieben zu sein – keinen Zugang zu ihren heutigen Kräften und Ressourcen zu haben während des Wiedererlebens des Traumaerreignis Diese Beobachtungen brachten mich auf den Gedanken: • Zugang zu den aktuellen Stärken und Ressourcen, während des Wiedererlebens (Flashback) eines belastenden Erreignisses, ist ein wichtiger Teil des Heilungsprozesses (v.a. um das Ohnmachtschema zu bewältigen) • Wäre dieser Zugang eher zu erreichen, wenn das AKTUELLE ICH die imaginative Traumaszene betreten würde und den Täter als HEUTIGES ICH konfrontieren würde?? Zahlreiche Phase 2-Täterkonfrontationen mit dem AKTUELLEM ICH bei Kindheitstrauma erbrachten folgende Beobachtungen: • häufige erfolgreiche Täterentmachtungen fanden sofort statt • die relative Leichtigkeit der Entstehung des AKTUELLEN ICHS separat vom TRAUMATISIERTEN KIND war auffällig! • das AKTUELLE ICH und das TRAUMATISERTE KIND schienen auf der INNEREN BÜHNE schon längst als Persönlichkeitsanteile existiert zu haben Hypothese: Ein wichtiger Auftrag des Therapeuten sei den Patienten zu helfen: • eine visuelle Struktur zu schildern, in der das AKTUELLE ICH in der damaligen belastenden Situation “aktiv” werden kann • die belastenden Opferbilder des KINDES / TRAUMATISIERTEN ICHS in Bewältigungsbilder zu transformieren (um-zuschreiben) Die “Entdeckung” der IRRT-Phase 3 Nachdem die Macht des Täters über das KIND durch das AKTUELLE ICH gebrochen war • das AKTUELLE ICH entfernte das KIND aus der Szene und kümmerte sich spontan weiterhin um das KIND, tröstete es, beruhigte es und unterstützte es in vielfältiger Weise • Patienten zeigten immer wieder, dass dieser Selbsttröstungsteil (AKTUELLES ICH tröstet das KIND) ein integraler Bestandteil des Selbstheilungsprozesses sei Damit wurde die IRRT-Phase 2 • erweitert - durch die Einführung des AKTUELLEN ICHS und • ergänzt - durch eine zusätzliche Phase – die Phase 3 – mit dem Schwerpunkt Selbstberuhigung und -tröstung Die Entwicklung der IRRT-Phase 1 In Zusammenarbeit mit Prof. Foa (Univ. Pennsylvania), kam ich zur Überzeugung, dass der IRRT-Heilungsprozess mit einer Wiedererlebensphase beginnen muss, die detailliert visualisiert und verbalisiert wird, so das: • das ganze “Traumanetz” aktiviert werden kann (neg. Kognitionen und Schemata, belastende Emotionen, körperliche Empfindungen), • sämtliche mögliche Belastungsmomente, Hot Spots, Einflussfaktoren und Interventionsstellen identifiziert werden können, • die Grundlage dafür gelegt werden kann die belastenden Bilder zu konfrontieren, modifizieren, bewältigen und adaptiv bearbeiten IRRT Videos IRRT Motto Jeder Mensch hat in seiner Seele selbstheilende Kräfte. Manchmal im Laufe des Lebens – z.B. durch belastende Ereignisse – wird der Zugang zu diesen Selbstheilungskräften blockiert. Das Kernziel der IRRT ist es, dem Menschen zu helfen, ihm seine inneren selbstheilenden Kräfte wieder zugänglich zu machen. Allgemeine Bemerkungen des IRRT-Prozess • Wir gehen davon aus, dass es sich beim IRRT-Prozess um den gleichen Prozess auf der INNEREN BÜHNE handelt, zu dem bereits unsere psychotherapeutischen Urväter wie P. Janet (vor 130 Jahren) oder C.G. Jung (vor 100 Jahren) Zugang fanden. • Nur von uns wird der Schwerpunkt darauf gelegt diesen Prozess: – gründlich zu verstehen – detailliert und anschaulich zu beschreiben – deutlich darzustellen, zu kommunizieren und zu lehren damit andere Therapeuten ihren Patienten ebenfalls den Zugang zu diesem Heilungsprozess ermöglichen können IRRT AKTUELL als Ansatz • eine auf Bewältigungsbildern basierende Therapie (Trauma Modell) • ursprünglich entwickelt, um Erwachsene mit einer PTBS zu behandeln, die ein Kindheitstrauma überlebt haben (Typ II Trauma) • heute ein viel weiteres Spektrum von Anwendungsmöglichkeiten bei TYP I Traumata (mit oder ohne PTBS) bei belastenden Bildern /Erinnerungen außerhalb einer PTBS (z.B. Depression, Angsstörungen, komplizierten Trauerreaktionen) bei Kindern mit belastenden Bildern (S. Ahrens-Eipper, Halle) • einzigartig in ihrer spezifischen Technik gewöhnungsbedürftig (für die meisten TherapeutInnen) bedarf der persönlichen Ausbildung und Supervision IRRT-Anwendungskriterien • Belastende Erinnerungs- oder symbolische Bilder (z.B. aufdringliche Erinnerungen, wiederkehrende Flashbacks, Albträume, belastende Bilder) • Belastende Bilder können aktiviert, wiedererlebt und lebendig visualisiert werden (zusammen mit dem damit in Verbindung stehenden Affekt) IRRT-Empfohlene Ausschlusskriterien bei PTBS Aktuelle Bedrohung durch: Fremdgefährdung – von bestehenden schädigenden/missbräuchlichen Beziehungen Selbstgefährdung – Akute Suizidalität – Selbstverletzendes Verhalten (SVV) – Schädlichen Substanzgebrauch (z.B. Drogen, Alkohol) Signifikante aktuelle Alltagsstressoren - Beruf - Familie - Schlafstörung Ausschluss Diagnosen - akute Psychose, Schizophrenie - signifikante dissoziative Störungen (DIS) - schwere körperliche Erkrankungen 3 IRRT Phasen I. Das Wiedererleben (Exposition In Sensu) - die ganze belastende Szene visuell wiedererleben in der Gegenwartsform zusammen mit den assoziierten Emotionen und körperlichen Empfindungen II. Täter/Verursacher-Konfrontation/Entmachtung - das Heutige-Ich betritt die belastende Szene - Aufbau von Stärke- und Bewältigungsbildern - der Täter/Verursacher wird konfrontiert und entmachtet/neutralisiert - das KIND (Traumatisierte-Ich/Damalige-Ich) wird befreit III. Imagination von Selbstberuhigung/Selbstfürsorge - Dem KIND (dem Damaligen-Ich) Zuwendung geben - Dialog/ Interaktion zwischen dem “Damaligen-Ich” und dem “Heutigen-Ich” dem “Traumatisierten-Ich” und dem “Aktuellen-Ich” Therapeuten-Verhalten während der 3 IRRT-Phasen: In der Regel: • Kein direktives „Hinein-Fragen“ sondern eine sokratische, paraphrasierende Begleitung • Keine Suggestion eigener Bewältigungs- oder Selbstberuhigungsbilder Sokratische Haltung „Sokrates, der Lehrer, tritt regelmäßig als Schüler auf. Nicht er will andere belehren, sondern von ihnen belehrt werden. Er ist der Unwissende, seine Philosophie tritt auf in der Gestalt des Nichtwissens. Umgekehrt bringt er seine Gesprächspartner in die Position des Wissenden.“ Pleger, W.H. (1998). Sokrates. Der Beginn des philosophischen Dialogs. Sokratische Haltung in der IRRT (auf der INNEREN BÜHNE) Voraussetzungen • Der Pat. selbst ist “der Wissende“ der IRRT-Therapeut hilft ihm dieses Wissen zu entdecken • Der IRRT-Therapeut schafft die Rahmenbedingungen und hält den Patienten „auf Kurs,“ in der Regel ohne inhaltliche Anregungen oder Lösungen zu präsentieren • Der Therapeut kann nicht wissen, was die beste Innere-Bühne „Lösung“ für Patienten ist bzw. welche Bewältigungsbilder für sie am wirksamsten sind • Durch sokratische Fragen wird Druck auf die Patienten ausgeübt ihre eigenen kreativen Lösungen zu finden • Aufgabe des Therapeuten ist lediglich, den Pat. behilflich zu sein, Zugang zu ihren eigenen Ressourcen zu finden, sie zu aktivieren und anzuwenden • Der IRRT- Therapeut weiß, wie die Struktur des Heilungsprozesses aussehen muss, aber nur der Pat. kann diese Struktur mit Inhalt füllen • Der Therapeut liefert die Struktur, der Patient liefert den Inhalt. Die Bedeutung der Nuancen in der sprachlichen Formulierung in der IRRT • Viel Wert wird auf die minutiöse Anwendung der einzelnen Formulierungen gelegt • Verarbeitungsprozess der Patienten wird durch die genaue Formulierung der Fragen gesteuert • Kleine Nuancen in der Wortwahl können den therapeutischen Prozess hemmen oder begünstigen die genaue Formulierung einer Frage ob eine Frage, oder mehrere Fragen gestellt werden eine offene Frage vs. geschlossene Frage Nuancen in der sprachlichen Formulierung, die den IRRT-Prozess steuern: Beispiele Beispiel 1: T: Möchten Sie dem KIND noch etwas sagen oder mit ihm machen? T: Was möchten Sie dem KIND noch sagen oder mit ihm machen? Beispiel 2: T: Können Sie sehen, wie Sie das dem Täter sagen? T: Können Sie sich vorstellen, das dem Täter zu sagen? Beispiel 3: T: Was sagen Sie jetzt dem Täter? T: Was wollen Sie jetzt dem Täter sagen ? T: Was wollen Sie jetzt dem Täter sagen oder mit ihm machen? Beispiel 4: T: Das KIND ist zufrieden? T: Das KIND ist zufrieden. Ziele von IRRT • Beseitigen der PTBS bzw. belastenden Symptome (physiologische Erregung, intrusive Bilder, wiederkehrende Flashbacks, Alpträume) • Beseitigen belastender Bilder • Ersetzen der Ohnmachtbilder durch die Herstellung von Bewältigungsbildern und Wahrnehmungen • Entwickeln einer erweiterten Fähigkeit zur Selbstberuhigung und Selbstfürsorglichkeit • Entstehung adaptiver Schemata und Überzeugungen Ziele der 1. Phase Lebhafte Bilder der traumatischen Szene – aktivieren - das ganze Netzwerk aktivieren (alle Sinneswahrnehmungen) – wiedererleben - mit assoziierten Kognitionen, Emotionen – laut beschreiben - in Gegenwartsform Beginn des Wiedererlebens (Phase I) Ich werde Sie jetzt gleich bitten, die Augen zu schließen und vor Ihrem inneren Auge das Bild vom Anfang der Szene entstehen zu lassen und dann zu schildern, was in diesem Ablauf passiert und welche Gedanken und Gefühle das Geschehen in Ihnen auslöst. Es wäre gut, wenn Sie das in der Gegenwart schildern würden, als ob das jetzt gerade passiert, also nicht ‘es hat geknallt’ sondern ‘jetzt knallt es’. Wir gehen die gesamte Szene einmal von vorn bis hinten durch. Am Ende werde ich Sie fragen, ob die Szene jetzt beendet ist, und dann Sie bitten, die Augen geschlossen zu halten und direkt wieder an den Anfang der Szene zurückzukehren und die gleiche Szene noch einmal zu schildern. Forts. Beginn des Wiedererlebens (Phase I) Beim zweiten Durchgang werden wir dann das Drehbuch ändern. Wann und wie wir das genau machen, erkläre ich Ihnen dann, wenn es soweit ist. Ich bleibe mit Ihnen die ganze Zeit im Gespräch und begleite Sie durch die Szene hindurch, und frage Sie ab und zu, wo Sie sich auf der emotionalen Belastungsskala von 0-10 befinden… Wo befinden Sie sich im Moment auf dieser Skala? Sofort nachdem Phase 1 (das Wiedererleben) beendet ist, instruiert der Therapeut die Phase 2 wie folgt: “Ich möchte jetzt, dass Sie sich nochmals den Anfang der belastenden Szene bildlich vorstellen und in Gegenwartsform die ganze Szene beschreiben. Diesmal an einer bestimmten Stelle werden wir das Drehbuch ändern. Wie wir das genau machen werde ich Ihnen erklären, wenn es soweit ist . . . Also, wenn Sie bereit sind, können wir wieder von vorn anfangen.” Keine Pause am Ende Phase 1 !!! • Manche Therapeuten empfinden an dieser Stelle den spontanen Reflex, den Patienten eine „Erholungspause“ gönnen zu müssen • Allerdings können dadurch die Intensität und der Fluss der Imagination unnötig unterbrochen, abgeschwächt oder gestört werden • Erfahrungsgemäß empfiehlt es sich hier eher, keine Pause einzulegen Beim zweiten Durchgang, wenn die emotionale Belastung in der Imagination ihren Zenit erreicht, wird der Patient gebeten sich vorzustellen, wie er/sie als Heutiges Ich die belastende Szene betritt Ziele der 2. Phase 1. Den Täter (Verursacher) konfrontieren 2. Den Täter (Verursacher) entmachten 3. Das KIND (damalige Ich) aus der traumatischen Szene befreien Täterkonfrontation • Können Sie sich vorstellen, wie Sie als HEUTIGES ICH in Ihrer aktuellen Gestalt die Szene betreten ? . . . • Was sehen Sie jetzt da als HEUTIGES ICH? . . . • Was wollen Sie jetzt, als HEUTIGES ICH dem Täter sagen oder mit ihm machen? . . . • Können Sie sich vorstellen, wie Sie das tun? . . . • Und wie reagiert der Täter darauf? . . . • • Wie reagieren Sie auf die Reaktion des Täters? - oder – Was wollen Sie jetzt dem Täter sagen oder mit ihm machen? . . . Nachdem der Täter von dem HEUTIGEN ICH konfrontiert und entmachtet wird, und das KIND aus der traumatischen Szene befreit wird, Beginnt die Phase 3 d.h. meist der Täter / Verursacher wird dann nicht mehr in der Anwesenheit des KINDES (damaliges Ich) sein Ziele der 3. Phase • Das HEUTIGE ICH interagiert direkt mit dem KIND** • Die Entwicklung von selbstberuhigenden Bildern • Das KIND bekommt (und nimmt an) von dem Heutigen Ich liebevolle/s Verständnis Unterstützung Zuwendung • Eine Versöhnung zwischen dem KIND und dem HEUTIGEN ICH entsteht Der Therapeut erleichtert die 3. Phase Vorstellungen mit folgenden Fragen: • Was möchten Sie als HEUTIGES ICH, gerne dem KIND sagen oder mit ihm tun? . . . Können Sie sich vorstellen wie Sie dies tun/sagen? • Wie reagiert das KIND? Wie fühlt sich das KIND? • Wie reagieren Sie, als HEUTIGES ICH, auf die Reaktion des KINDES? • Wenn Sie dem KIND direkt in die Augen sehen, was sehen Sie darin? • Wie reagieren Sie auf das, was Sie in den Augen sehen? Sollte das HEUTIGE ICH • Schwierigkeiten haben, das KIND liebevoll zu unterstützen • dem KIND die Schuld für den Missbrauch zuschieben • das KIND verlassen oder verletzen wollen . . . ist es meist wichtig, dass das HEUTIGE ICH seinen Zorn direkt aus nächster Nähe dem KIND gegenüber ausdrückt. Häufig durch solche intensiven Interaktionen mit dem KIND wird das HEUTIGE ICH • den Schmerz des KINDES wahrnehmen • es schwieriger finden, dem KIND weiterhin die Schuld zuzuschieben, ihm weh zu tun oder es zu verlassen • starke Gefühle in Bezug auf das KIND empfinden, welche oft entschuldigend, empathisch oder versöhnlich sind Die HEUTIGES ICH-KIND-Interaktion kann durch folgende Fragen erleichtert werden: • Wie weit sind Sie als HEUTIGES ICH vom KIND weg? • Könnten Sie ganz nahe zum KIND heran gehen und ihm sagen, wieso Sie so zornig auf es sind? • Können Sie dem KIND sagen, wieso es für den Missbrauch verantwortlich ist? • Und wie reagiert das KIND? • Wenn Sie dem KIND von ganz nahe in die Augen schauen, was sehen Sie dann? • Wie reagieren Sie als HEUTIGES ICH auf das, was Sie in den Augen des KINDES sehen? Abschlussfragen der Phase 3 Wenn der Therapeut den Eindruck hat, dass die Patientin bereit wäre, die Imagination zu beenden, stellt der Therapeut noch die folgenden 6 Fragen: 1. Gibt es sonst noch etwas, was Sie dem KIND sagen oder mit ihm tun wollen, bevor wir diese Imagination abschließen? ... 2. Gibt es noch etwas, was das KIND von Ihnen braucht? ... 3. Wünschen Sie sich noch etwas von dem KIND? ... 4. Möchte das KIND Ihnen noch etwas sagen oder geben? ... 5. Gibt es sonst noch etwas, was geschehen sollte in dem Bild, bevor wir das abschließen? ... 6. Mit welchem Abschlussbild möchten Sie diese Imagination jetzt beenden? ... Forts. Abschlussfragen der Phase 3 Bei einem positiven Abschlussbild kann der Therapeut dann mit folgenden Worten den Ausstieg vorzeichnen: Dann können Sie dieses Bild noch eine Weile wirken lassen . . . Sie können es in sich aufnehmen, wenn Sie möchten . . . und wenn Sie soweit sind, können Sie die Szene langsam verblassen lassen und wieder hier ins Sprechzimmer zurückkommen ... und Ihre Augen wieder öffnen. Die Nachbesprechung • Das Ziel – auf einer sekundären Verarbeitungsebene kognitiv zu verankern, was auf der primären Erlebnisebene in der Imagination auf der INNEREN BÜHNE vorher geschehen ist • Die Erlebnisse in der Umschreibung auf der INNEREN BÜHNE sind oft so neu, so unerwartet, so fremd, dass die Patienten die Unterstützung des Therapeuten benötigen sie effektiv zu akkommodieren und integrieren. • Das Verhalten des Therapeuten – Der Therapeut versucht durch sokratisches Nachfragen dem Patienten zu ermöglichen, seine Erlebnisse auf der symbolischen Ebene zu: • verstehen • adaptiv interpretieren • akkommodieren und integrieren Forts. Die Nachbesprechung Sobald der Pat. die Augen öffnet und „wieder da ist“, fängt der IRRT-Therapeut mit einer offenen Frage an: T: Wie war das jetzt für Sie? ... P: Interessant. (Meistens ist es aufschlussreich, wenn der Therapeut die erste spontane Reaktion der Patientin vertieft) T: Was war interessant? ... (dann sollte bald die Frage kommen) T: Wie fühlen Sie sich jetzt? ... (dann kommen andere Fragen) T: Hat Sie etwas überrascht? T: Was waren Ihre Gefühle/Gedanken als der Täter am Boden entmachtet lag? ... T: Wie war die Annäherung danach mit dem KIND für Sie? ... T: Gibt es noch andere Bemerkungen, Empfindungen oder Erkenntnisse? … T: Was haben Sie heute gelernt? … T: Was nehmen Sie mit? … Hausaufgabe • Audioaufnahme (auf Tonband, CD, MP3-Datei auf USB-Stick, Handy) wird von jeder IRRT-Sitzung gemacht und dem Patienten am Schluss der Sitzung gegeben • Therapeut erklärt, das Anhören der IRRT-Sitzung sei ein wesentliches Element der IRRT-Behandlung • Patienten werden beauftragt: – IRRT-Kassette täglich anzuhören • alle 3 Phasen – Den Belastungsgrad zu dokumentieren • 0-10 Skala: Anfang, Ende, Maximal – Reaktionen zu dokumentieren (auf das Anhören der Kassette) • Gefühle, Gedanken, Körperreaktionen, Impulse, Hilfreiche Strategien aufschreiben Empirische Belege für IRRT • Dancu, Foa & Kollegen (Univ. Penna.) IR vs. PE/SIT (1993) – Beide Behandlungen waren bei PTBS effektiv – IR war etwas mehr effektiv bei allen außer einer PTBS Ergebnismessung – IR zeigte sich effektiver als PE/SIT in der Modifizierung von PTBSbezogenenen Überzeugungen von Schuld, Scham und Wut. • Grunert & Kollegen (1997 - 2007) IRRT vs. VE – IR wurde für die Behandlung von Industrieunfall Opfer (Typ I Trauma) mit vorwiegend Nicht-ANGST Gefühlen adaptiert – VE alleine war häufig effektiv mit ANGST Gefühlen – IRRT war konsistent effektiver als VE wenn Nicht-ANGST Gefühle im Vordergrund stehen (Schuld, Scham, Wut) Forts. Empirische Belege für IRRT Arntz & Kollegen (2007) Univ. of Maastricht, IR vs. IE – IR war effektiver als Exposition mit Nicht-Angst bezogenen PTBS Gefühle (Wut, Schuld, Scham) – IR und IE zeigten sich gleich effektiv bei der Reduktion von ANGST-bezogenen PTBS Symptomen Holmes et. al. (2007) – Spezielle Ausgabe gesammelter Studien über Imagery Rescripting im Journal of Behaviour and Experimental Psychiatry – Imagery Rescripting effektiv bei PTBS, Sozialer Phobie, Zwangsstörungen, Depression, Bulimie, Suizidalität, Borderline Persönlichkeitsstörung, Phobien Forts. Empirische Belege für IRRT Brewin et. al. (2009) Imagery Rescripting as a brief stand-alone treatment for depressed patients with intrusive memories. Behaviour Research and Therapy, 47, 569-576. BEOBACHTUNGEN von Brewin: – Imagery Rescripting versuchte nicht: • Erinnerungen oder logische Verzerrungen zu korrigieren • Habituation gegenüber negativen Bildern zu bewerkstelligen – Pat. behandelt mit Imagery Rescripting zeigten “spontane aktivierte Verhalten und engagierten sich verstärkt in Aktivitäten [auf der äußeren Bühne] die sie schon seit Jahren nicht mehr genossen hatten” – ”Patienten äußerten explizit, dass obwohl sie wussten dass die ermächtigenden und mitfühlenden Ereignisse die sie sich vorgestellt hatten, nicht wirklich passiert waren, es sich so anfühlen würde, als ob sie geschehen wären.” Forts. Empirische Belege für IRRT Schlussfolgerung (Brewin et. al. Studie) “Imagery Rescripting ist als eigenständige Behandlung mit depressiven und ängstlichen Patienten effektiv.” Forts. Empirische Belege für IRRT Alliger-Horn, C. et. al. (2014). Vergleichende Wirksamkeit vom IRRT und EMDR bei kriegstraumatisierten deutschen Soldaten. Trauma & Gewalt. (Bundeswehrkrankenhaus-Berlin) – Randomisierte Untersuchung an 40 traumatisierten deutschen Bundeswehrsoldaten • PTBS-Diagnose – Vergleichende Wirksamkeit vom IRRT & EMDR untersucht • 4-wöchige stationäre Traumatherapiephase • 3 Doppelstunden Einzeltherapie /Woche (in der jeweiligen Methode) – Am Ende der Behandlung und nach 3 Monaten Katamnese • Signifikante klinische Verbesserung für beide Behandlungsgruppen • Effektstärken zeigten eine leichte Überlegenheit der IRRT Methode in der Veränderung der Trauma-und-komorbiden Begleitsymptomatik Forts. Empirische Belege für IRRT Schlussfolgerung (Alliger-Horn IRRT vs. EMDR Studie) “Ein entscheidender Vorteil der IRRT könnte in der methodischen Anwendung der dritten Phase liegen, in der gezielt und spezifisch (1) die Selbstberuhigungs- und Selbstfürsorge strategien traumatisierter Soldaten unterstützt werden, und (2) ein emotionales Coping angeregt wird.” IRRT Fortbildungsmöglichkeiten (für PTBS und Nicht-PTBS) IRRT Ausbildung durch – 2-3 tägige Workshops – IRRT-Supervision (Einzel oder Gruppen) • Telefon, SKYPE, Email, persönlich – IRRT-Selbsterfahrungstage (Einzel oder Gruppe) – Zertifizierte Ausbildungsseminare • IRRT Level I (80 Stunden) • IRRT Level II (60 Stunden) • IRRT Supervisor