Grüne Infrastruktur Nachhaltige Investitionen zum Nutzen für Mensch und Natur März 2011 Die englische Originalfassung wurde erstellt von: Miruna Dudau, Giurgiu County Council AutorInnen: Irene Lucius, Raluca Dan und Dana Caratas, WWF Donau-Karpaten-Programm | Franziska Mey, Julia Steinert und Peter Torkler, WWF Deutschland Deutsche Version: Übersetzung: Christiane Helbig, Magdalena Wagner, Julia Steinert, Peter Torkler Gestaltung: Michal Stránský Titelfoto: © Hartmut Jungius/WWF-Canon Vielen Dank an alle, die zu diesem Bericht beigetragen und ihn kommentiert haben. Diese Broschüre wurde im Rahmen des Projekts „Surf Nature“ veröffentlicht. www.surf-nature.eu Dieses Projekt wurde im Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung durch das INTERREG-IVC-Programm gefördert. Grüne Infrastruktur Inhalt Einleitung ..............................................................................................................2 1. Was ist grüne Infrastruktur und warum brauchen wir sie? ....3 1.1. Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen ........................3 1.2. Anpassung von Ökosystemen ........................................................3 1.3. Das Konzept grüner Infrastruktur..................................................4 2. EU-Politik zur Unterstützung grüner Infrastruktur ................9 3. Aufbau einer grünen Infrastruktur ........................................11 3.1. Notwendigkeit integrierter Planung ......................................... 11 3.2. Ausgleichsmaßnahmen ................................................................. 12 4. Finanzierungsmöglichkeiten für grüne Infrastrukturmaßnahmen ......................................14 4.1. Gegenwärtige Möglichkeiten zur Finanzierung grüner Infrastruktur......................................................................... 15 4.2. Strategischer Ansatz zur Unterstützung grüner Infrastruktur ....................................................................................... 18 4.3. Grüne Infrastrukturfonds in Rumänien .................................... 19 5. Aufbau grüner Infrastruktur: Beispiele guter Praxis ............21 5.1. Ökologische Renaturierung des Comana-Feuchtgebiets im Kreis Giurgiu in Rumänien ...... 22 5.2. Renaturierung des Alpen-Karpaten-Korridors....................... 26 5.3. Strandaufschüttung in Ligurien, Italien ................................... 28 6. Schlussfolgerungen und Empfehlungen ...............................29 7. Literatur ...................................................................................31 1 Einleitung Die Förderprogramme der EU bieten Fördermöglichkeiten für den Erhalt wertvoller Naturgüter und Kulturlandschaften in Europa. Sie können die Programme nationaler, regionaler und lokaler Behörden in den EU Mitgliedsstaaten ergänzen. Die laufende Förderperiode 2007‐2013 hat gezeigt, dass viel Potenzial für die Finanzierung solcher Maßnahmen in den Operationellen Programmen des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) liegt. Tatsächlich wurden über alle Operationellen Programme des EFRE 3,8 Milliarden Euro für Investitionen in die Natur bereitgestellt. Die tatsächlichen Fördermöglichkeiten unterscheiden sich allerdings stark von Land zu Land. Vor diesem Hintergrund wurde das Projekt „SURF Nature“ gegründet, – ein Netzwerk mit vierzehn öffentlichen Institutionen aus zehn EU‐Staaten, die für die Umsetzung der EFRE‐ Förderung verantwortlich sind oder Erfahrung in der Beantragung dieser Mittel haben: Österreich, die Tschechische Republik, Frankreich, Griechenland, Italien, Polen, Rumänien, Slowenien, Spanien und das Vereinigte Königreich. Das Leitziel des Projekts ist die Verbesserung der Regionalpolitik und deren Umsetzung hinsichtlich Naturschutz und Biodiversität. Dies soll erreicht werden, indem die Finanzierung von Naturschutzmaßnahmen durch den EFRE erhöht und diese gleichzeitig einen besseren Beitrag zum Schutz der Biodiversität leisten. Um Erfahrungen über die Förderpolitik auszutauschen, haben die ProjektpartnerInnen fünf 2 Themenkomplexe bearbeitet: grüne Infrastruktur, nachhaltiger Tourismus, Natura‐2000‐ Management, Umweltbildung, Wälder und Biodiversität. Ausgehend von der Analyse von rund 50 Operationellen Programmen und der Zusammenstellung von Beispielen guter Praxis bei der Umsetzung von naturschutzorientierten EFRE Projektenzu diesen Themenkomplexen wurde eine Serie von fünf thematischen Broschüren entwickelt. Diese Broschüre über grüne Infrastruktur ist eine davon. Das Ziel dieser Broschüre ist es, die Grundlagen grüner Infrastruktur – eines relativ neuen Konzepts mit vielen unterschiedlichen Aspekten – zu erklären., sowie deren Bedeutung die für die Regionalpolitik darzustellen. Die Broschüre stellt außerdem einige Ansätze zu diesem Konzept aus Partnerregionen vor und beschreibt den besonderen Status der Schutzgebiete in Europa, die Leistungen, die gesunde Ökosysteme für Menschen bereitstellen und die Notwendigkeit, deren ökologische Kohärenz zu erhalten. Die EU‐Politik zu grüner Infrastruktur, allgemeine Informationen über den Aufbau einer grünen Infrastruktur und Beispiele aus drei Ländern, die am SURF‐Projekt teilnehmen, werden präsentiert, um die wesentlichen Komponenten grüner Infrastuktur aufzuzeigen und einen Ausgangspunkt für zukünftige Diskussionen zu liefern. 1. Was ist grüne Infrastruktur und warum brauchen wir sie? 1.1 Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen Alle Lebewesen – Pflanzen, Tiere, Mikroorganismen – leben in miteinander verbundenen Netzwerken aus Ökosystemen und Lebensräumen. Sie bilden die biologische Vielfalt unseres Planeten und damit das, was wir heute als Biodiversität bezeichnen. Ökosysteme werden durch die Vielfalt des Lebens in ihnen angetrieben und versorgen Menschen mit einer Vielzahl an wertvollen, wirtschaftlich wichtigen Leistungen, von denen die menschliche Gesellschaft und Wirtschaft grundlegend abhängt. Einige Beispiele davon sind die Bereitstellung von sauberem Wasser durch die natürliche Wasserreinigung, von gesunden Lebensmitteln durch Bodendüngung oder der Luft, die wir atmen können, durch die Kohlenstoffspeicherfunktion der Wälder. Gesunde Ökosysteme spielen ebenso eine zentrale Rolle bei der Anpassung an den Klimawandel, als auch beim Schutz vor negativen Auswirkungen extremer Wetterereignisse. Intakte Auen und Feuchtgebiete zum Beispiel spielen eine wichtige Rolle bei der Minderung von Überschwemmungen durch die Speicherung von Wasser und die Regulierung des Wasserhaushalts in Bächen und Flüssen. Wälder agieren als Kohlenstoffsenken und verhindern Bodenerosion, Feuchtgebiete nehmen Schadstoffe auf, verbessern die Qualität der Trinkwasserversorgung und tragen damit gleichzeitig zur Anpassung an den Klimawandel und der Abschwächung seiner Auswirkungen bei. 1.2 Anpassung von Ökosystemen Diese Ökosystemleistungen sind nicht die einzigen, die die Natur bereitstellt. Jedes Ökosystem besteht aus einer komplexen Struktur, die sich ständig verändert. Arten wandern über Land oder entlang von Bächen, brüten an Plätzen, die weit von ihren Überwinterungsorten entfernt liegen und brauchen unterschiedliche Bedingungen zum Brüten und zur Nahrungsaufnahme. Sie sind deshalb auf eine komplexe Struktur aus miteinander verbundenen Lebensräumen angewiesen. Veränderungen im Klima- und Wasserregime führen zu Veränderungen von Lebensräumen. Arten müssen sich diesem anpassen, ihren Standort ändern und in Gebiete mit besseren Bedingungen ziehen. Intakte Ökosysteme sind belastbare Systeme, die Veränderungen (z. B. Klimaveränderungen) viel besser standhalten können als degradierte Ökosysteme. Da auch das menschliche Leben von Ökosystemleistungen abhängt, sind die Gesundheit und Belastbarkeit von Ökosystemen ebenso für unsere eigene Existenz und Lebensqualität notwendig. 3 Eine entscheidende Voraussetzung für gesunde Ökosysteme und deren Dienstleistungen ist demzufolge der Erhalt der ökologischen Kohärenz. Bedingt durch den massiven Ausbau von Siedlungen und Infrastruktur und der daraus resultierenden Zerschneidung von Landschaften geht diese in Europa zunehmend verloren. Zusätzlich sind insbesondere in der Landwirtschaft traditionelle Landnutzungspraktiken durch intensivere, mechanisierte Aktivitäten im industriellen Ausmaß ersetzt worden. In der Folge haben Arten es schwer, zu wandern und sich zu verbreiten, um ihre Bedürfnisse zu erfüllen und sich den Umweltveränderungen anzupassen. Im Ergebnis werden Ökosystemfunktionen gestört und fragmentiert. Dies passiert sogar in Schutzgebieten, da auch diese oft zerschnitten und zu „Inseln“ geworden sind. Grüne Infrastruktur umfasst alle Teile eines miteinander verbundenen Netzwerks aus Landschaftselementen, die zum Schutz und Erhalt von natürlichen Ökosystemleistungen beitragen und gleichzeitig wichtige Funktionen für den Menschen erfüllen. Sie besteht aus natürlichen und künstlich angelegten Elementen wie Aufforstungsgebieten, Grünbrücken, Grünflächen in Städten, grünen Dächern und Wänden sowie Ackerland und Waldgebieten mit hohem natürlichem Wert. Durch den integrativen Ansatz, bei dem verschiedene menschliche Nutzungen und natürliche Prozesse multifunktional auf ein und demselben Stück Land geplant werden, gewährt grüne Infrastruktur eine effiziente und nachhaltige Landnutzung. Durch den großflächigen Schutz von Grünflächen kann grüne Infrastruktur Landschaftsstrukturen schaffen und erhalten, die garantieren, dass Ökosysteme weiterhin Leistungen wie sauberes Wasser, fruchtbare Böden und attraktive Erholungsgebiete liefern können. Damit fördert der Ansatz sowohl die wirtschaftliche Entwicklung und das Wohlergehen der Gesellschaft als auch die natürliche Minderung des Klimawandels und eine Anpassung an diesen. 1.3 Das Konzept grüner Infrastruktur Das Konzept grüner Infrastruktur zielt auf die Wiederherstellung eines widerstandsfähigen Systems, das es Arten und ihren Gemeinschaften ermöglicht, zu wandern und sich anzupassen. Das „Arbeiten mit der Natur“, ein grundlegendes Prinzip von grüner Infrastruktur, stellt vielfache Leistungen zu vergleichsweise niedrigen Kosten bereit. In grüne Infrastruktur zu investieren, macht auch wirtschaftlich Sinn. Künstlich herstellbare Lösungen als Ersatz für die Leistungen, die die Natur kostenlos bereitstellt, finden zu müssen, ist nicht nur eine technische Herausforderung, sondern auch sehr teuer. Wertvolle Naturgebiete unter Schutz zu stellen, ist ein wichtiger Schritt in Richtung des Erhalts von Ökosystemen, ist aber nicht ausreichend. Nur die Integration geschützter Gebiete in die 4 breitere Landschaft oder das weitere Meeresgebiet kann die notwendige ökologische Kohärenz, also die Verbindung und den (genetischen) Austausch zwischen den Gebieten herstellen. Grüne Infrastruktur kann deshalb als ergänzendes Element für Schutzgebiete angesehen werden. Ein solches widerstandsfähiges, multifunktionales System aus geschützten und ungeschützten grünen Flächen wird die Belastbarkeit der Ökosysteme steigern und Wanderungen, Verbreitung und genetischen Austausch zwischen Wildarten ermöglichen. Der Erhalt und die weitere Förderung von grüner Infrastruktur sollte deshalb zunehmend eine Rolle in der Raumplanung und jeglichen infrastrukturellen und städtebaulichen Investitionen spielen. Kernziele grüner Infrastruktur Ein Konzept zu grüner Infrastruktur in Europa kann den folgenden Zwecken dienen: • Bekämpfung des Verlusts biologischer Vielfalt durch die Verbesserung der Vernetzung vorhandener Grünflächen und Steigerung deren ökologischer Kohärenz (hier können Elemente wie Hecken, Grünstreifen in Feldern, kleine Wasserläufe, „Ökodukte“, Grünflächen in Stadtbereichen und Lebensraum‐Trittsteine hilfreich sein). • Stärkung der Funktionalität von Ökosystemen für die Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen. • Erhöhung der Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen durch die Verbesserung der funktionellen und räumlichen Vernetzung, die gleichzeitig als Puffer bzw. Absicherung gegen Auswirkungen des globalen Wandels, einschließlich des Klimawandels dient. • Stärkung einer integrierten Raumplanung durch die Bestimmung von multifunktionalen Zonen oder durch die Integration von Maßnahmen zur Wiederherstellung von Lebensräumen und anderen natürlichen Verbindungselementen in Landnutzungspläne und regionale Entwicklungskonzepte. • Unterstützung der Entwicklung einer grüneren und nachhaltigeren Wirtschaft durch Investitionen in Öko-systemleistungen anstatt rein technischer Lösungen, sowie Reduktion und Ausgleich der negativen Auswirkungen von Verkehrs- und Energieinfrastruktur. • Umbau oder Anpassung vorhandener und geplanter Infrastrukturen (z. B. in den Bereichen Wasserwirtschaft, Verkehr oder Stadtentwicklung), um Barriere-Effekte zu reduzieren und ökologische Korridore zu schaffen. Die vielfältigen Nutzungsformen und Leistungen von grüner Infrastruktur gehören zu ihren wichtigsten Eigen-schaften. Zum Beispiel können gesunde, miteinander verbundene Grünräume zur Abschwächung des Klima-wandels und zur Anpassung an diesen dienen. Im Hinblick auf die Anpassung verbessert grüne Infrastruktur die Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen durch: • Abschwächung von Hitzewellen Grüne Infrastruktur kann insbesondere in urbanen Bereichen Verdunstungskälte und Schatten bereitstellen und damit dazu beitragen, dass Städte weiterhin attraktive und angenehme Orte zum Leben, Arbeiten, Besuchen und Investieren bleiben. • Sicherung der Wasserversorgung Grüne Infrastruktur kann Raum für die Speicherung von Wasser für die weitere Nutzung bieten und das Versickern von Wasser in den Boden durch den Erhalt von grundwasserführenden Schichten und Flussläufen ermöglichen. Sie kann Sedimente auffangen sowie Schadstoffe aus dem Wasser filtern und damit die Wasserversorgung und -qualität sicherstellen. • Hochwasserschutz an Flüssen Grüne Infrastruktur kann als Wasserspeicher und Rückhaltegebiet fungieren, Abflussspitzen reduzieren und verlangsamen und damit Überschwemmungen entlang von Flüssen reduzieren. • Hochwasserschutz an Küsten Grüne Infrastruktur kann als Wasserspeicher und Rückhaltegebiet fungieren, Springfluten reduzieren und verlangsamen und damit Küstenüberschwemmungen abmildern. • Kontrolle des Oberflächenwassers Urbane grüne Infrastruktur kann helfen, Oberflächenwasser und Überflutungen der Kanalisation durch die Reduktion von Geschwindigkeit und Volumen des Wasserabflusses zu kontrollieren. Sie fängt Wasser auf, ermöglicht die Versickerung in den Boden und stellt dauerhafte und temporäre Speichergebiete bereit. 5 • Reduzierung von Bodenerosion Durch Pflanzen können erosionsgefährdete Böden stabilisiert werden. • Hilfe für die Anpassung von Arten Grüne Infrastruktur bietet eine stärker mit Pflanzen bewachsene und mit Korridoren ausgestattete Land-schaft, in der Arten Richtung Norden zu neuen „Klimabereichen“ wandern können. Im Hinblick auf die Abschwächung des Klimawandels kann grüne Infrastruktur einen Beitrag zur Reduktion der Treibhausgase durch die Kohlenstoffspeicherung in Böden oder Pflanzen leisten. Außerdem können lokale Erholungsräume sowie grüne, attraktive Reiserouten für FußgängerInnen und RadfahrerInnen das Mobilitätsverhalten verändern und dazu führen, dass weniger Menschen das Auto benutzen. • Lenkung des Besucherdrucks Grüne Infrastruktur bietet BesucherInnen Raum für Erholung und Aktivitäten im Freien. Sie hilft, den Druck von ökologisch sensiblen Landschaften abzuleiten. Abbildung 1: Schematische Darstellung des theoretischen Verlaufs der Zerschneidung eines Lebensraums Bau einer Straße durch ein zusammenhängendes, naturnahes Waldgebiet Intensivierung der Forst- und Landwirtschaft naturnahes Grünland naturnaher Wald landwirtschaftlich bewirtschaftetes Grünland intensiv bewirtschafteter Wald Folgen: Es kommt zu keinem wesentlichen direkten Folgen: Es kommt zu einer umfassenden Lebens- Lebensraumverlust, aber zur Schaffung von Randha- raum-verschlechterung, die für viele Arten einen bitaten. Für einige Arten, die empfindlich gegenüber Lebens-raumverlust bedeutet. Das Verschwinden von Störungen sind, könnte es zu einer Verringerung der Korri-doren zwischen den umgebenden Strukturen effektiven Lebensraumgröße kommen. Für die Arten resul-tiert in eine reduzierte Vernetzung der Wald- (z. B. einige Wirbellose), die nicht in der Lage sind, die fragmente. Lediglich naturnaher Wald und Grünland Straße zu überqueren, ergibt sich eine Zerschnei- bleiben bestehen. Insgesamt ergibt sich eine wesent- dung des Waldlebensraums. liche Reduktion der Artenvielfalt. Quelle: IEEP & IUCN Report „Guidance on the maintenance of landscape connectivity features of major im-portance for wild flora and fauna”, 2007. 6 Auswirkungen von Lebensraumzerschneidung auf die Biodiversität • • • • • Der Begriff Zerschneidung wird generell benutzt, um entweder den Verlust oder aber die Veränderung eines Lebensraums und das Auseinanderbrechen des verbleibenden Lebensraums in kleinere Einheiten zu beschreiben. Häufig wird der Begriff jedoch nur zur Beschreibung des letzteren Prozesses genutzt. Die Auswirkungen einer Zerschneidung unterscheiden sich zwischen den Lebensräumen und Arten, aber treten im Allgemeinen ab einem Verlust von etwa 70 % des ursprünglichen Lebensraums auf. Solche Auswirkungen können Veränderungen in der Artenzusammensetzung, den Lebensgemeinschaften, den Populationsdynamiken, dem Verhalten, dem Bruterfolg, der individuellen Vitalität und einer Reihe an weiteren ökologischen und Ökosystemprozessen sein. In Europa werden die bedeutendsten Lebensräume durch nationale Gesetze geschützt und sind Teil des Natura‐2000‐Netzwerks, das 26.000 Gebiete umfasst und fast 20 % des EU‐Territoriums abdeckt. Aber auch innerhalb der verbleibenden 80 % müssen Maßnahmen ergriffen werden, um die Zerschneidung von Lebensräumen zu reduzieren sowie isolierte Lebensräume und Populationen über Landschaften hinweg zu verbinden. Das ermöglicht die Bewegungsfreiheit, Wanderung und Verbreitung von wilden Tieren und Pflanzen sowie einen Populationsaustausch zwischen Schutzgebieten. Langfristig wird damit ihr Überleben sichergestellt. Lebensraumzerschneidungen innerhalb und außerhalb von Natura-2000-Gebieten werden durch viele unterschiedliche Faktoren verursacht, die in Verbindung mit Änderungen der Landnutzung, einschließlich der Ausbreitung von Städten, der Verkehrsinfrastruktur und intensivierter Landund Forstwirtschaft stehen. In bestimmten Fällen kann auch die Stilllegung von Flächen zu einem Verlust biologischer Vielfalt führen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn extensive Ackerbaumethoden einen stärker strukturierten, vielfältigeren Lebensraum oder extensiv bewirtschaftete Fischteiche bessere Bedingungen für Zugvögel geschaffen haben. Wenn diese Art von Landnutzung dann aufgegeben wird, verringert sich der Naturwert dieser Flächen. Neueste Statistiken der Europäischen Umweltagentur zeigen wie ausgeprägt diese Trends sind. Während der 1990er Jahre wurden etwa 8.000 km² betoniert, was einem Anstieg an künstlich angelegten Flächen von 5 % in nur 10 Jahren entspricht. Zusätzlich wurden innerhalb der EU zwischen 1990 und 2003 insge-samt 15.000 km neuer Autobahnen gebaut. Abbildung 1 zeigt eine theoretische Situation, in der sich die Zerschneidung eines Lebensraums als Ergebnis des Baus einer einfachen Straße anfänglich ohne wesentlichen Lebensraumverlust darstellt, dann aber zu einer Lebensraumzerstörung fortschreitet, die die funktionelle Vernetzung der einzelnen Lebensräume verringert. Die Auswirkungen von Lebensraumzerschneidung werden wahrscheinlich durch die Effekte des Klimawandels verstärkt und können die Widerstandsfähigkeit von Lebensräumen und Populationen gegenüber den Folgen des Klimawandels reduzieren. Auch die Fähigkeit mancher Arten zu neuen Gebieten mit geeigneten klimatischen Bedingungen zu wandern, könnte eingeschränkt werden. Die Zerschneidung von Landschaften kann auch zur Verschlechterung des Wasserhaushalts führen. Die Reduktion oder der Verlust von Feuchtgebieten und Uferzonen verringern die Kapazitäten überschüssiges Wasser aufzunehmen und damit Überschwemmungen zu kontrollieren, Sediment anzureichern, Giftstoffe und überschüssige Nährstoffe herauszufiltern und wilde Tier‐ und Pflanzenarten zu fördern. 7 Grüne Infrastruktur versus graue Infrastruktur Die durch die Entwicklung grauer Infrastruktur (z. B. Straßen, städtische Siedlungen oder Wasserkraftwerke) verursachten Lebensraumzerschneidungen und der Verlust ökologischer Kohärenz stellen eine erhebliche Bedrohung für intakte Ökosysteme dar. Die Infrastrukturentscheidungen von Heute werden Europas Landschaft mindestens für die nächsten fünfzig Jahre formen. Die traditionelle Infrastrukturplanung kann diese neuen Herausforderungen nicht bewältigen und muss damit beginnen, Umweltaspekte zu integrieren. Während sich graue Infrastruktur wie Straßen, Schienen, Wasserversorgung, Kanalisation, Hochspannungsnetze oder Fernmeldetechnik auf technisch miteinander verbundene Strukturen bezieht, die die Gesellschaft unterstützen, ist grüne Infrastruktur ein miteinander verbundenes Netzwerk aus grünen Räumen, die die Ökosystemwerte und ‐funktionen schützen und damit zusammenhängende Ökosystemleistungen für die Gesellschaft bereitstellen. Es ist offensichtlich, dass beide Formen der Infrastruktur gebraucht werden und wir Wege finden müssen, wie sich graue und grüne Infrastruktur ergänzen können. In manchen Fällen sind bestimmte Formen grauer Infrastruktur notwendig, um grüne Infrastruktur zu unterstützen. Zum Beispiel schützen feste Strukturen wertvollen Küstenlebensraum vor Erosion oder Schleusen regulieren das Wasserregime von Feuchtgebieten. Der Mehrwert grüner Infrastruktur begründet sich in ihren multifunktionellen Nutzungsmöglichkeiten. Die Multifunktionalität bezieht sich dabei auf die Integration und Interaktion von verschiedenen Funktionen oder Aktivitäten auf ein und demselben Stück Land. Flussauen an Stadträndern zum Beispiel bieten natürliche Böden zum Versickern eines Hochwassers, fungieren als Naturreservat, sind Erholungsraum, dienen als Aufwuchsgebiete für Fische und können auch durch Vieh beweidet werden. Städtische Grünräume kühlen die Städte durch Beschattung und Verdunstung, filtern die Luft, reduzieren den oberflächlichen Wasserabfluss, bieten Platz für Natur und erhöhen die Lebensqualität sowie den Wert der Bebauung. Das heißt, dass zum einen die Natur Leistungen kostenlos bereitstellt, die in anderen Fällen graue Infrastruktur nur nach hohen Investitionen bereitstellen kann. Zum anderen schaffen grüne Infrastrukturmaßnahmen wie Lebensraumrenaturierungen oder ‐erhalt auch Arbeitsplätze und sind Antrieb für die Wirtschaft genauso wie graue Infrastrukturaktivitäten, jedoch in einer nachhaltigeren Art und Weise. 8 2. EU-Politik zur Unterstützung grüner Infrastruktur Die Entwicklung des Konzepts zu grüner Infrastruktur begann in der Mitte der 1990er Jahre im Rahmen von Landnutzungsplanungen. Im EU-Kontext erlangte es Bekanntheit mit dem Workshop „Towards a green infrastructure for Europe – integrating Natura 2000 sites into the wider countryside” im März 2009 in Brüssel. Die Hauptziele der Veranstaltung waren, eine geeignete Reaktion der EU zu Lebensraumzerschneidungen zu finden und die Maßnahmen zu bestimmen, die auf EU-Ebene am effektivsten sein würden. Europa sollte nun massiv in die Begrünung von Städten, den Bau von Grünbrücken, Tunneln, Fischpassagen und dem Rückbau veralteter Infrastrukturen in Flüssen investieren, ebenso wie in den Erhalt und die Renaturierung von Ökosystemen. Geeignete Lebensräume sowohl in ländlichen als auch in städtischen Bereichen sollten geschützt und rekultiviert, frühere Industriegebiete begrünt und Ackerland durch Hecken, Baumreihen und Teiche bereichert werden. Diese Investitionen werden auch Arbeitsplätze und Geschäftsmöglichkeiten schaffen. Zu Beginn des Jahres 2010 veröffentlichte die Europäische Kommission die Mitteilung „Optionen für ein Biodiversitätskonzept und Biodiversitätsziel der EU für die Zeit nach 2010“. Man schlussfolgert darin, dass Lebensraumverlust, ‐degradation und ‐zerschneidung bei weitem die größten Ursachen für den Biodiversitätsverlust in terrestrischen Ökosystemen auf EU‐Ebene sind. Obwohl die wichtigsten Naturgebiete für Schlüsselarten und Lebensräume durch das Natura‐2000‐Netzwerk, das fast 20 % von Europas Landesfläche bedeckt, geschützt wurden, wird dies nicht ausreichen, um das europäische Biodiversitätsziel zu erreichen. Laut der Mitteilung kann die Entwicklung von und Investition in grüne Infrastruktur helfen, Natura‐2000‐„Inseln“ zu verbinden, um einen allumfassenden Naturschutz zu verbessern und weitere Ökosystemleistungen im EU-Gebiet innerhalb und außerhalb des Natura‐2000‐Netzwerks zu fördern. In Anerkennung der Notwendigkeit der Entwicklung von und Investition in grüne Infrastruktur verpflichtet man sich in der oben genannten Biodiversitäts-Mitteilung von 2010 zur Förderung und Unterstützung des Austausches von Methoden guter Praxis als Grundlage für eine EU-Strategie zu grüner Infrastruktur, die nach dem Jahr 2010 entwickelt werden soll. Dies wurde im März 2010 durch den Rat der Europäischen Union bekräftigt. Zusätzlich rufen auch das EU-Weißbuch zur Anpassung an den Klimawandel und die TEEB-Studie (The Economics of Ecosystems and Biodiversity) zur Erhöhung der Kohärenz von Ökosystemen auf. 9 Das Weißbuch zur Anpassung an den Klimawandel weist darauf hin, dass die Auswirkungen des Klimawandels auch im Management des Natura‐2000‐Netzwerks berücksichtigt werden müssen, um die Diversität von und Verbindung zwischen Naturgebieten sicherzustellen und das Wandern und Überleben von Arten zu ermöglichen, wenn sich die Klimabedingungen verändern. Die Publikation betrachtet auch die Möglichkeit, die Politik zu verbessern und Maßnahmen zu entwickeln, die Biodiversitätsverlust und Klimawandel in einer integrierten Art und Weise ansprechen, um die positiven Nebeneffekte voll auszunutzen und Ökosystemreaktionen, die die globale Erwärmung beschleunigen, zu verhindern. Ökosystembasierte Ansätze zur Abschwächung des Klimawandels und einer Anpassung an diesen sind Beispiele für eine solche Integration. Der CBD-COP-10Beschluss bezüglich Biodiversität und Klimawandel hebt die vielfältigen Leistungen ökosystembasierter Ansätze hervor und die anschließenden Schlussfolgerungen des Umweltrats empfehlen die Entwicklung und Verwendung ökosystembasierter Ansätze zur Abschwächung des Klimawandels und einer Anpassung an diesen. Die Empfehlungen des Integrierten Küstenzonenmanagements der EU (IKZM) (2002/413/EC) und das IKZM-Protokoll (2010/631/EU) fördern den Ansatz des „Arbeitens mit der Natur“, der auch ein Schlüsselkonzept grüner Infrastruktur ist. Grüne Infrastruktur wird eine entscheidende Rolle bei der Integration von Biodiversität in andere EU-Strategien wie zu Land- und 10 Forstwirtschaft, Wasser, Meeres- und Fischereiwirtschaft, Regional- und Kohäsionspolitik, Klimawandelanpassung und -abschwächung, Verkehr, Energie- und Landnutzung spielen. Sie ist auch ein wichtiges Instrument für bestehende Umweltrichtlinien, insbesondere die Wasserrahmen-, FFH- und Vogelschutzrichtlinien, welche die rechtliche Grundlage für das Natura-2000-Netzwerk bilden. Artikel 3 der Vogelschutzrichtlinie weist darauf hin, dass Maßnahmen zu Lebensraumschutz und -renaturierung innerhalb und außerhalb von Schutzgebieten stattfinden sollten und Artikel 10 der FFH-Richtlinie erklärt, dass Mitgliedsstaaten Strategien zur Verbesserung der ökologischen Kohärenz des Natura-2000-Netzwerks entwickeln sollten, indem sie die Vernetzung von Schutzgebieten sicherstellen. Des Weiteren sollte grüne Infrastruktur Teil von Umweltverträglichkeitsprüfungen für Pläne und Projekte entsprechend der relevanten Richtlinien sein (UVP, SUP), aber auch in der Entwicklung von transeuropäischen Netzwerken wie TEN-V enthalten sein. Der EU-Aktionsplan zur Biodiversität (KOM 2006/216) setzt eine hohe Priorität auf die Verbesserung der Kohärenz und Vernetzung von Schutzgebieten sowohl innerhalb als auch außerhalb von Natura-2000-Gebieten. 3. Aufbau einer grünen Infrastruktur Einer der effektivsten Wege grüne Infrastrukturen aufzubauen, ist ein integrierter Raumplanungsansatz, um die räumlichen Interaktionen über große, geographische Flächen hinweg, von lokaler bis regionaler Ebene, zu verbessern. Dieser Ansatz kann zukünftige graue Infrastrukturentwicklungen von sensiblen Lebensräumen wegleiten und helfen, weiteren Lebensraumverlust und ‐ zerschneidung zu verhindern. Integrierte Raumplanung kann auch helfen, Barrieren für Wildtiere in bestehenden Infra- strukturen zu identifizieren, sowie Wege zu finden, um die verbleibenden Naturgebiete räumlich wieder zu verbinden. Dies könnte zum Beispiel durch die Förderung von Projekten zur Renaturierung von Lebensräumen an strategisch wichtigen Gebieten oder durch die Integration von ökologischen Verbindungselementen (z. B. Ökodukte oder natürliche Trittsteinbiotope) in neue Entwicklungsschemata geschehen. Auch in städtischen Bereichen können multifunktionale Grünflächen mit Hilfe von Raumplänen geschaffen werden. 3.1 Notwendigkeit integrierter Planung Integrierte Planung kann verschiedene Sektoren an einen Tisch bringen und Kombinationen finden, die für beide Seiten von Vorteil sind oder zu einem geringen Verlust von Lebensräumen bei gleichzeitigem Zugewinn von Funktionen führen. Diese können vielfältige Vorteile nicht nur für LandnutzerInnen (LandwirtInnen, FörsterInnen, TourismusanbieterInnen etc.) bringen, sondern auch für die Gesellschaft im Allgemeinen durch die Bereitstellung wertvoller Ökosystemleistungen wie Wasserreinigung oder Bodenverbesserung und die Schaffung attraktiver Erholungsräume für Menschen. Wie geht das? Natürliche Ökosysteme (Abbildung 2) sind in der Lage, bedeutende Umweltleistungen bereitzustellen, außer in den meisten Fällen die Lebensmittelpro- duktion. Im Gegensatz dazu kann intensiv bewirtschaftetes Ackerland (mittlere Abbildung) Lebensmittel in großen Mengen produzieren, allerdings auf Kosten anderer Ökosystemleistungen. Ein extensives Ackerland (Abbildung 2), das Teil einer grünen Infrastruktur sein kann und explizit in einer Art und Weise bewirtschaftet wird oder rekultiviert wurde, um andere Ökosystemleistungen zu erhalten, kann jedoch ein breiteres Spektrum an Ökosystemleistungen unterstützen. Das kann z. B. durch den Schutz von Hecken, Grünstreifen entlang von Feldrändern oder kleinen Wasserläufen sowie die Einführung wildtierfreundlicher Land‐ und Forstwirtschaftsmethoden sichergestellt werden. 11 3.2 Ausgleichsmaßnahmen Abbildung 2: Vergleich der Ökosystemleistungen bei verschiedenen Landnutzungen. Der Verkehrssektor hat einen erheblichen Einfluss auf die Biodiversität und Landschaftsökologie innerhalb der EU. Straßen und Schienenwege führen zu Zerschneidungen und dauerhaften Lebensraumverlusten, verändern Lebensraumbedingungen (z. B. den Wasserhaushalt), unterbrechen Bewegungsgewohnheiten von Wildtieren und können Hauptverursacher für Populationsveränderungen und die Mortalität von Wildtieren sein. Für viele Arten, insbesondere Wirbellose, sind Straßen und Schienen unüberwindbare Barrieren. Dementsprechend spielt der Verkehrssektor eine Hauptrolle bei der Vermeidung weiterer Landschaftszerschneidungen. Die Zerschneidung durch Verkehrsinfrastruktur kann teilweise durch gezielte Maßnahmen, die Barriereeffekte reduzieren, gemindert werden. Zum Beispiel verbessern künstliche Übergänge wie Wildbrücken und ‐tunnel (Abbildungen 3 und 4) die „Durchlässigkeit“ von Straßen und Schienen. Solche Maßnahmen können die Mortalitätsraten von Wildtieren verringern und es einigen Arten ermöglichen, Straßen und Schienen gefahrlos zu überqueren. Jedoch müssen solche künstlichen Passagen gut angelegt sein, an geeigneten Stellen platziert (in Anlehnung an wissenschaftliche Studien über die Anforderungen von Vernetzung) und angemessen bewirtschaftet und überwacht werden, wenn sie die Wanderung von Tieren innerhalb zerschnittener Landschaften effektiv unterstützen sollen. Flussbarrieren, die für die Erzeugung von Wasserkraft oder für die Verbesserung der Befahrbarkeit von Binnengewässern geschaffen wurden, behindern ebenso wie Brücken und kanalisierte Durchlässe oft die Wanderungen von Fischen und anderen Süßwasserorganismen, mit negativen Folgen für die Flussökologie. Der Bau gut gestalteter Fischpassagen, die es den Fischen ermöglichen, flussab‐ und ‐aufwärts zu wandern, kann diese Folgen verringern.. 12 Quelle: Bericht der Europäischen Union „LIFE – Building up Europe’s green infrastructure – addressing connec-tivity and enhancing ecosystem functions, 2010. Foyle et al., 2005. Abbildung 3: Ein Tunnel für Wildtiere im Het-Aardhuis-Wildpark in den Niederlanden. Quelle: IUS Weibel & Ness GmbH Abbildung 4a: Ein kanalisierter Durchlass mit ungünstigen Bedingungen für die Wanderungen von Tieren vor dem Umbau. Abbildung 4b: Derselbe Durchlauf wie in Abbildung 4a nach dem Umbau mit geeigneten ökologischen Bedingungen und gleichzeitig der Erhöhung der Tragfähigkeit der darüber liegenden Brücke. Quelle der Fotos 4a und 4b: Biologische Station im Kreis Euskirchen e. V., Darstellung einer Investition innerhalb des EFRE-Ziel-2-Projekts „Flusspassagen“. 13 4. Finanzierungsmöglichkeiten für grüne Infrastrukturmaßnahmen Es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten für die Finanzierung von grünen Infrastrukturmaßnahmen. Der private Sektor hat damit begonnen, Ausgleichsmaßnahmen bezüglich Biodiversität in seine CSR-Programme (Corporate Social Responsibility) im Rahmen von Ausbauplänen aufzunehmen. Systeme zur Bezahlung von Ökosystemleistungen können ein möglicher Weg für die Wirtschaft sein, die Bereitstellung von Ökosystemleistungen wie Trinkwasser zu erhalten. Ökologische Kompensationssysteme sind ein weiterer Fördermechanismus für die Renaturierung und den Schutz von Ökosystemen. Der EU-Ansatz zur Finanzierung von Natura 2000 fördert die Integration von Naturschutzmaßnahmen in alle EU-Fonds. Grüne Infrastrukturmaßnahmen können im Rahmen des EU-Programms LIFE+ Natur und Biologische Vielfalt kofinanziert werden, das Fördermittel für Projekte wie die Verbesserung der funktionellen Vernetzung von Lebensräumen für Wildtiere oder die Wanderung von Arten zwischen Schutzgebieten wie Natura2000 bereitstellen. Life+ Umwelt bietet auch Möglichkeiten, um grüne Infrastrukturelemente in städtischen und stadtnahen Bereichen zu fördern und Projekte zu unterstützen, die Verbindungen zwischen bewaldeten Gebieten schaffen. Des Weiteren kann es Projekte kofinanzieren, die integrierte Planungsinitiativen fördern. 14 Der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) unterstützt eine Reihe an Maßnahmen (z. B. Forstwirtschaft, Agrarumwelt), die genutzt werden können, um die Vernetzung innerhalb von ländlichen Gebieten zu fördern. Das Ziel der EU‐Regionalpolitik ist es, eine kohärente Entwicklung innerhalb der EU zu fördern und die Diskrepanz zwischen armen und reichen Regionen zu verringern. Bisher hat die Regionalpolitik den EU Fragestellungen bezüglich Naturschutz und Biodiversität wenig Beachtung geschenkt. Außerdem wurden die Initiativen, die durch die Struktur- und Kohäsionsfonds unterstützt wurden, oft für ihre negativen Auswirkungen auf die Biodiversität kritisiert (siehe WWF-Bericht: Conflicting EU Funds: Pitting Conservation against Unsustainable Development, 2006). Diese negativen Effekte umfassen zum Beispiel Probleme in Bezug auf die Zerschneidung von Landschaften als Folge des Ausbaus von Verkehrsnetzen und dem Bau von Infrastruktur für Bewässerung (z. B. Dämme und Kanäle). Abbildung 5: Flussrenaturierung schafft grüne Infrastruktur. Wiederverbundener Altarm am Fluss Vesselina, Bulgarien.. © Ivan Hristov/WWF 4.1 Gegenwärtige Möglichkeiten zur Finanzierung grüner Infrastruktur Die EU‐Regionalpolitik wird durch drei spezifische Förderinstrumente unterstützt: den beiden Strukturfonds Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und Europäischer Sozialfonds (ESF), und dem Kohäsionsfond. Die wichtigsten Instrumente für die Förderung grüner Infrastrukturprojekte und Natura 2000 sind der EFRE und der Kohäsionsfonds. Wie im Rahmen des Projekts „SURF Nature“ analysiert wurde, können viele Operationelle Programme des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung Kofinanzierung für das Management von Natura‐2000‐Gebieten bereitstellen und Maßnahmen in Gang setzen, die die ökologische Kohärenz und Vernetzung im Kontext von Regionalentwicklung unterstützen. Diese Maßnahmen werden häufig unter der Ausgabenkategorie für die Förderung von Biodiversität und Naturschutz finanziert. Sie können jedoch zum Beispiel auch mit Maßnahmen zur Risikovermeidung oder der Entwicklung von Verkehrsnetzen verbunden sein. Zusätzlich wird auch Unterstützung für transnationale Initiativen bereitgestellt. Ausgaben für grüne Infrastrukturmaßnahmen könnten und sollten in alle Verkehrsprojekte im Rahmen des Kohäsionsfonds eingebunden werden, um Zerschneidungseffekte zu vermeiden oder zu minimieren. Die folgende Tabelle zeigt eine Reihe von Möglichkeiten, die im Rahmen der aktuellen EFRE‐ Verordnung angeboten werden, einschließlich möglicher Verbindungen zu den Ausgabekategorien der Fördermittel. Die Übersicht stellt dabei nur die potenziellen Möglichkeiten dar. Die eigentliche Verfügbarkeit von Fördermitteln und relevanten Maßnahmen basiert auf den regionalen oder nationalen Operationellen Programmen (OP). Die Analyse von fast 50 Operationellen Programme durch „SURF Nature“ hat gezeigt, dass in der Praxis die Aufnahme von grünen Infrastrukturmaßnahmen, die mit der Anpassung an oder Vermeidung von Risiken verbunden sind, eher gering ist und dass die meisten Maßnahmen mit konventionellen Infrastrukturinvestitionen oder Renaturierungsmaßnahmen verbunden sind.. 15 Artikel Mögliche Anwendung auf Projekte zu grüner Infrastruktur 4(4) • Umwelt, einschließlich: Investitionen im Zusammenhang mit Wasserversorgung und Wasserund Abfallbewirtschaftung. • Abwasserbehandlung und Luftqualität. • Vermeidung, Verminderung und Bekämpfung der Desertifikation. • integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung. • Hilfen zur Abschwächung der Auswirkungen von Klimaveränderungen. • Wiederherstellung eines Umweltzustandes, darunter Sanierung von verschmutzten Geländen und Flächen und Neuerschließung von brachliegenden Flächen. • Förderung der Artenvielfalt und des Naturschutzes einschließlich Investitionen in „NATURA 2000“- Gebiete. • Unterstützung für KMU im Hinblick auf die Förderung von Plänen zur nachhaltigen Produktion durch Einführung kosteneffektiver Umweltmanagementsysteme und durch die Einführung und Nutzung von Technologien zur Verschmutzungsvermeidung. • Schaffung grüner Korridore und Naturgebiete zur Verbesserung der Luftqualität • Erhalt natürlicher Pufferzonen um Industrieansiedlungen • Renaturierung von Industriebereichen zu grünen Erholungsbereichen und als mögliche Elemente von Netzwerken grüner Infrastruktur • Maßnahmen zur Renaturierung von Flussauen, z. B. Wiederverbindungen von Seitenarmen oder Verlegung von Deichen 4(5) Ausgabekategorien, die bereits die Investitionen in gr. Infrastruktur abdecken könnten 47 Luftqualität 48 Integrierte Vermeidung und Kontrolle von Umweltverschmutzung 49 Abschwächung von und Anpassung an Klimaveränderungen 50 Sanierung von Industrieplätzen und kontaminiertem Land 51 Förderung von Biodiversität und Naturschutz (einschließlich Natura 2000) 54 Sonstige Maßnahmen zum Erhalt der Umwelt und der Vermeidung von Risiken • Risikovermeidung, einschließlich Ausarbeitung und Durchführung von Plänen zur Vermeidung und Bewälti-gung von naturbedingten und technologischen Risiken. • Schaffung natürlicher Lebensräume durch das groß- 53 Risikovermeidung (...) flächige Anpflanzen von einheimischen Baumarten, 54 Sonstige Maßnahmen zum Erhalt der die ein geringes Brandrisiko haben Natur und der Vermeidung von Risiken 4(8) • Investitionen im Verkehrsbereich. und • Bau von Unter- oder Überführungen für beste5(3)a hende Verkehrsinfrastruktur, z. B. Straßen und Schienenwege • Entwicklung von Grünkorridoren entlang von Radwegen, z. B. Hecken zur Verbesserung der Landschaftsdiversität • Intelligente Wege zum Umgang mit Sedimenten zur Reduzierung von Ausbaggerungen in Hafenbecken und Wasserwegen mit einem zusätzliche Nutzen für die Natur 16 17 20 21 22 23 24 30 31 Schienennetz Schienennetz (TEN-V) Autobahnen Autobahnen (TEN-V) Nationale Straßen Regionale/Lokale Straßen Fahrradwege Häfen Binnenwasserwege (regional und lokal) 32 Binnenwasserwege (TEN-V) 5(2)a • Umwelt und Risikovermeidung, und insbesondere Förderung von Investitionen zur Wiederherund stellung des physischen Umfelds, insbesondere von verschmutzten, verödeten und brachlieg5(2)b enden Geländen und Flächen; Förderung der Entwicklung der Infrastruktur im Zusammenhang mit der Artenvielfalt und den Investitionen in NATURA-2000-Gebiete, sofern dies zu einer nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung und/oder zur Di-versifizierung der ländlichen Gebiete beiträgt. • einmalige Sedimententfernung oder Bau von 50 Rehabilitation von Industriebereichen Schleusen zur Regulierung des Wasserflusses in und und kontaminiertem Land aus Feuchtgebieten 51 Förderung von Biodiversität und Natur schutz (einschließlich Natura 2000) 16 Artikel Mögliche Anwendung auf Projekte zu grüner Infrastruktur Ausgabekategorien, die bereits die Investitionen in gr. Infrastruktur abdecken könnten 5(2)e • Umwelt und Risikovermeidung, und insbesondere Entwicklung von Plänen und Maßnahmen zur Vermeidung und Bewältigung von naturbedingten Risiken (z. B. Wüstenbildung, Dürren, Brände und Überschwemmungen) und technologischen Risiken. • Verhinderung von Erosionen in sensiblen Räumen durch den Erhalt der Waldbedeckung, um Gebirgsflächen vor Lawinen zu schützen 53 Risikovermeidung (…) 54 Sonstige Maßnahmen zum Erhalt der Umwelt und der Vermeidung von Risiken 6(1)b •Entwicklung Entwicklungvon vongrenzübergreifenden grenzübergreifendenwirtschaftlichen, wirtschaftlichen,sozialen sozialenund undökologischen ökologischenTätigkeiten Tätigkeiten durch gemeinsame Strategien für eine nachhaltige territoriale Entwicklung, in erster Linie durch: • Förderung und Verbesserung des gemeinsamen Schutzes und der Bewirtschaftung der natürlichen und kulturellen Ressourcen sowie der Vermeidung von naturbedingten und technologischen Risiken. Wasserbewirtschaftung, 6(2)b •Entwicklung Entwicklungder vongrenzübergreifender grenzübergreifenderZusammenarbeit. Zusammenarbeit:Umwelt: Tätigkeiten können den Schutz und die Energieeffi zienz, Maßnahmen im Bereich der Küstengebieten, Risikovermeidung und des Umweltschutzes, soweit Bewirtschaftung von Flusseinzugsgebieten, Meeresressourcen, Wasserdiendiese Maßnahmen eine eindeutigebeinhalten. transnationale Dimension haben stleistungen und Feuchtgebieten • Hierzu können folgende Maßnahmen gehören: Schutz und Bewirtschaftung von Flusseinzugsgebieten, Küstengebieten, Meeresressourcen, Wasserdienstleistungen und Feuchtgebieten. • Vermeidung von Bränden, Dürren und Überschwemmungen. • Förderung der maritimen Sicherheit und Schutz vor naturbedingten und technologischen Risiken. • Schutz und Aufwertung des Naturerbes zur Unterstützung der sozioökonomischen Weiterentwicklung und der Entwicklung eines nachhaltigen Tourismus. 51 Förderung von Biodiversität und Natur• grenzübergreifende und transnationale Initiaschutz (einschließlich Natura 2000) tiven zur Unterstützung ökologischer Vernetzung 53 Risikovermeidung (…) innerhalb von Landschaften, einschließlich der Renaturierung von Flussbetten durch Sedimen54 Sonstige Maßnahmen zum Erhalt der tauffüllungen oder den Rückbau von Flussdämmen, Umwelt und der Vermeidung von um Fischwanderungen zu ermöglichen. Risiken 81 Mechanismen zur Verbesserung der Politik, Programmgestaltung, Monitoring und Evaluation… 8 • nachhaltige Stadtentwicklung: Steigerung des Wirtschaftswachstums, Sanierung der physischen Umwelt, Neuerschließung brachliegender Flächen, Erhaltung und Aufwertung des Natur- und Kulturerbes, die Förderung der unternehmerischen Initiative, der lokalen Beschäftigung und der kommunalen Entwicklung sowie die Bereitstellung von Dienstleistungen für die Bevölkerung, wobei den sich ändernden demographischen Strukturen Rechnung getragen wird. • Sanierung von Natura-2000-Gebieten oder die Verbindung von Gärten und Parks in städtischen Bereichen 50 Sanierung von Industriebereichen und kontaminiertem Land Quelle: Interpretation des WWF basierend auf den Ausgabekategorien, die im Rahmen der Umsetzung der EU-Verordnung Nr. 1828/2006 bereitgestellt wurden Die Analyse zeigt, dass großes Potenzial für die Integration von grüner Infrastruktur in den bestehenden Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung besteht. Sie zeigt jedoch auch, dass die Möglichkeiten über viele Interventionsbereiche verteilt sind und es an einer strategischen rechtlichen Grundlage und spezifischen Ausgabekategorien für grüne Infrastruktur mangelt. 17 4.2 Strategischer Ansatz zur Unterstützung grüner Infrastruktur Traditionellerweise konzentriert sich die EU-Kohäsionspolitik stark auf konventionelle Infrastrukturinvestitionen, die die Gefahr von negativen Auswirkungen auf die Biodiversität durch Zerschneidung, Luftverschmutzung oder Bodendegradation mit sich bringen. Ihr Spektrum sollte und könnte ausgeweitet werden, um grüne Infrastruktur zu unterstützen. Die zukünftige Kohäsionspolitik sollte einen strategischeren Ansatz zur Unterstützung grüner Infrastrukturinvestitionen in drei Schlüsselkategorien entwickeln: Verringerung der negativen Auswirkungen Wo bestehende Infrastruktur negative Auswirkungen auf Biodiversität hat, sollten EU-Fonds in ökologische Verbesserungen und Renaturierungsmaßnahmen investieren, um diese zu minimieren. Alle Projekte zu Investitionen in den Verkehrsbereich und zur Verbesserung und Aufwertung bestehender Verkehrsnetze sollten geeignete Maßnahmen zur Vermeidung oder Verringerung von Zerschneidungseffekten beinhalten. Beispiele dafür sind der Bau von Grünbrücken und Unterführungen oder die Renaturierung von Küstenbereichen, die ökologische Renaturierung von Wasserwegen mit verbesserten Wandermöglichkeiten für Fische oder die Sanierung degradierter Bereiche, um deren ökologische Funktionen wiederherzustellen. Vermeidung und Planung Neue Infrastrukturpläne sollten die Bedürfnisse grüner Infrastruktur von Anfang an 18 beinhalten, einschließlich der Maßnahmen zur Vermeidung oder Minimierung negativer Effekte auf Ökosysteme. Dies sollte auch eine Revision der Risikovermeidungsplanung im Rahmen der Kohäsionspolitik umfassen. Das Ziel ist es, sich von technischen Lösungen der Risikovermeidung fort und in Richtung eines ökosystembasierten Ansatzes hin zu bewegen, bei dem der Erhalt oder die Wiederherstellung grüner Infrastruktur als Instrument zur Vermeidung negativer Auswirkungen angesehen wird. Die Gefahr von Waldbränden kann zum Beispiel durch Streifen natürlicher Vegetation, die an lokale Klimabedingungen angepasst ist, reduziert werden. Durch den Erhalt und die Renaturierung von natürlichen Flussauen kann das Hochwasserrisiko reduziert werden. Grüne Bereiche an strategisch wichtigen Stellen können zur Verbesserung der Luftqualität und der Abschwächung der Effekte des Klimawandels beitragen, indem sie ein günstiges Mikroklima schaffen. Unterstützung für Ökosystemleistungen Strukturfonds sollten in direkte Maßnahmen zur Schaffung oder Erhaltung grüner Infrastruktur, insbesondere in die Vernetzung und Widerstandsfähigkeit von Naturgebieten am Land und im Wasser investieren, um die Bereitstellung wertvoller Ökosystemleistungen sicherzustellen. Diese Aktivitäten sollten Teil von Maßnahmen sein, die in direktem Bezug zur Förderung von Biodiversität stehen und das Natura‐2000‐Netzwerk unterstützen. Zur Zeit sind direkte und indirekte Biodiversitätsmaßnahmen im Rahmen der Kohäsionspolitik oft in ein und derselben Ausgabekategorie geplant, was es erschwert, Ausgaben und deren Auswirkungen zu analysieren und überprüfen. Maßnahmen mit direktem Nutzen für Biodiversität sind zum Beispiel die Entwicklung von Natura‐2000‐Managementplänen oder Aktivitäten zur Renaturierung von Flüssen. Die Verbesserung des Informationsservice in Schutzgebieten ist ein Beispiel für indirekte Maßnahmen. Die gegenwärtige und zukünftige Kohäsionspolitik sollte einen strategischeren und gezielteren Ansatz zur Aufnahme von grüner Infrastruktur in ihre Förderschwerpunkte entwickeln. Deshalb ist es wichtig, von den gegenwärtigen Verordnungen und Programmen zu lernen. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Verkehrsinvestitionen und den Umfang, in welchem grüne Infrastrukturinvestitionen eingeschlossen worden sind. Es ist ebenso wichtig, im Bereich der Risikovermeidung einen Wechsel von der gegenwärtigen, auf technischen Lösungen basierenden Förderpolitik hin zu einem Ansatz, der grüne Infrastrukturlösungen enthält, zu initiieren. Nicht zuletzt werden mehr Beispiele guter Praxis benötigt, um die breiteren Vorteile von Investitionen in Biodiversität und die Bereitstellung von Ökosystemleistungen durch grüne Infrastruktur zu verstehen. 4.3 Grüne Infrastruktur in Rumänien Die Programmgestaltung von Struktur‐ und Kohäsionsfonds gibt den Mitgliedsstaaten beträchtliche Freiheiten zur Entwicklung von Strategien und Maßnahmen, die zu ihren nationalen und regionalen Bedürfnissen passen. Dementsprechend hängen die eigentliche Höhe und die Arten der Förderung zur Unterstützung des Natura‐2000‐Netzwerks und der Ökosysteme in den einzelnen Ländern von Entscheidungen ab, die auf nationaler Ebene getroffen werden. Daher sollte sichergestellt werden, dass diese Aktivitäten durch die Prioritäten der Mitgliedsstaaten in ihren nationalen strategischen Plänen und Operationellen Programmen innerhalb der Kohäsionspolitik widergespiegelt werden. In Rumänien zum Beispiel gibt es viele Fördermöglichkeiten für Initiativen zu grüner Infrastruktur durch die Kohäsionspolitik. Die Gesamtfördersumme im Rahmen der EU‐ Kohäsionspolitik liegt für Rumänien bei fast 21 Milliarden Euro ‐ 20,5 Milliarden im Rahmen des Konvergenzziels und 455 Millionen im Rahmen des Ziels „Europäische Territoriale Zusammenarbeit“, wovon etwa 172 Millionen zur Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen vorgesehen sind (Management des Natura‐2000‐Netzwerks). Rumänien kann ein hohes Maß an Biodiversität vorweisen, jedoch stehen viele Pflanzen‐ und Tierarten durch die Zerschneidung von Lebensräumen und Übernutzung von Ressourcen in Verbindung mit wirtschaftlicher Entwicklung unter Druck. Unter den 27 EU‐Mitgliedsstaaten und den Beitrittskandidaten gehört Rumänien zu den Ländern mit der höchsten Anzahl an gefährdeten Arten.. 19 Auch Rumänien soll den Aufbau des Natura‐2000‐Netzwerks entsprechend der FFH‐ und Vogelschutzrichtlinien sicherstellen und relevante Schutzmaßnahmen vorbereiten. Folglich bedecken Natura‐2000‐Gebiete etwa 17 % der Fläche des Landes. Gebieten, zu entwickeln, müssen verschiedene Aktivitäten initiiert bzw. weiterentwickelt werden. Dazu gehören:: Innerhalb des Sektoralen Operationellen Programms Umwelt, das durch EFRE und Kohäsionsfonds gefördert wird, hat Rumänien Maßnahmen geplant, die sich mit der Verbesserung der räumlichen Vernetzung und Renaturierung von natürlichen Ökosystemen beschäftigen. • Entwicklung/Überprüfung von Managementplänen für Schutzgebiete Eines der spezifischen Ziele des Sektoralen Operationellen Programms „Umwelt“ (SOP Umwelt) in Rumänien ist der Schutz und die Verbesserung der Biodiversität und des Naturerbes durch die Unterstützung des Managements von Schutzgebieten, einschließlich der Umsetzung von Natura 2000. Um einen Rahmen für das Management von Schutzgebieten, einschließlich Natura2000 • Entwicklung spezifischer Infrastrukturen (grüner Infrastruktur) • Errichtung von Monitoringsystemen • Erstellung von Studien, Inventarisierungen, Karten, Informationsmaterialien und Öffentlichkeitskampagnen Die unten stehende Tabelle zeigt die Möglichkeiten der Finanzierung von grünen Infrastrukturprojekten durch das Sektorale Operationelle Programm „Umwelt“ (SOP Umwelt): Achse Ziele Hauptinterventionsbereich Prioritätsachse 4 „Umsetzung von geeigneten Managementsystemen für Naturschutz“ Schutz der biologischen Vielfalt, natürlichen Lebensräume sowie wilden Tier- und Pflanzenarten Entwicklung von • ökologische Renaturierung von LebensräuInfrastrukturmen und Stärkung von Populationen und Manage• Bau und Verbesserung der Infrastruktur in mentplänen nationalen Schutzgebieten und Naturazum Schutz von 2000-Gebieten (Bau von Besucher- und InforBiodiversität und mationszentren, Gestaltung von InformationNatura 2000 stafeln, Risikomanagement: Brandvorsorge und -kontrolle etc.) • Unterstützung von Biodiversität: Reduzierung der Auswirkungen von Infrastrukturverbesserungen auf die Arten, die durch Landschaftszerschneidungen beeinflusst werden (Durchführung von Maßnahmen zur Beseitigung von Barrieren an Flüssen und Autobahnen) Sicherstellung effizienten Managements von Schutzgebieten, einschließlich Natura-2000-Gebiete 20 • Verbesserung/Errichtung geeigneter Verwaltungsstrukturen Mögliche Anwendung durch grüne Infra-strukturprojekte 5. Aufbau grüner Infrastruktur: Good-Practice-Beispiele Viele EU‐Mitgliedsstaaten haben bereits Maßnahmen zur Stärkung und zum Aufbau grüner Infrastruktur umgesetzt, obwohl diese Investitionen oftmals nicht durch den EFRE finanziert worden sind. Jedoch steigt die Zahl an EFRE‐Projekten, die gute Praxisbeispiele für die Finanzierung von grüner Infrastruktur sind. All diese Pilotprojekte haben gemeinsam, dass sie einen multifunk- tionalen Nutzen für Mensch und Umwelt haben. Denn Sie ermöglichen nicht nur dass Arten wandern und sich anpassen können, sondern fördern auch die Bereitstellung von Ökosystemleistungen durch nachhaltiges Hochwassermanagement, die Bereitstellung von Erholungsräumen oder Kohlenstoffspeicherung. Alpen-KarpatenKorridor Strände in Ligurien ComanaFeuchtgebiet 21 5.1 Ökologische Renaturierung des ComanaFeuchtgebiets in Giurgiu, Rumänien Das Comana‐Feuchtgebiet, Teil des Natura‐2000‐Netzwerks, liegt im Kreis Giurgiu in Rumänien. Es ist eines der wichtigsten Naturräume im südlichen Teil des Landes und sogar der gesamten Donauregion. Comana ist auch ein Teil des „Grünen Korridors Untere Donau“, einem Netzwerk aus Natura‐2000‐ Gebieten, das vier Länder miteinander verbindet: Rumänien, Bulgarien, Moldawien und die Ukraine. Die reich strukturierte Landschaft mit Feuchtgebieten, Wäldern, Seen, landwirtschaftlichen Flächen und Ortschaften besitzt einen hohen Naturwert. Die ausgedehnten, mit Schilf bewachsenen Flächen, die sich mit Seen, Eichenwäldern und Teichwirtschaft abwechseln, schaffen ausgezeichnete Bedingungen für Vögel, indem sie Lebensräume für Nahrungsaufnahme, Brut und Überwinterung bieten. Deshalb gehört die Region zu einem der wichtigsten Lebensräume für zwei Drittel der rumänischen Vogelfauna. 22 Aufgrund seiner Ausdehnung und Artenvielfalt ist diese Region nach dem Donaudelta und der Kleinen Insel von Brăila gegenwärtig das drittwichtigste Feuchtgebiet in Rumänien. Comana ist ein äußerst komplexes, aquatisches Ökosystem, das an den Hauptwanderrouten von Zugvögeln liegt und ein wichtiges Brutgebiet für viele seltene Arten darstellt. Jedoch haben Projekte zur Wasserbewirtschaftung, die vor 1990 im Einzugsgebiet der Donaunebenflüsse Arges und Neajlov mit dem Ziel der Ausweitung von Ackerbauflächen durchgeführt wurden, dramatische ökologische Veränderungen verursacht. Oberflächenwasser und Grundwasserspiegel sanken, was zu deutlichen Veränderungen der Struktur von Pflanzengesellschaften führte. Sogar Landwirte bemerkten diese negativen Effekte, da die Qualität der bewirtschafteten Flächen abnahm und damit auch die landwirtschaftlichen Erträge sanken. Abbildung 6: Karte des Naturparks Comana. Quelle: Romanian Forest Research and Management Institute (ICAS) Figure 7: Landschaft des Comana-Feuchtgebiets © Naturparkverwaltung Comana 23 Abbildung 8: Weg innerhalb der limnischen Zone des Schutzgebiets. © Naturparkverwaltung Comana Unterstützung durch das Operationelle Programm Im Jahr 2009 hat der Kreisrat von Giurgiu in Zusammenarbeit mit dem Naturpark Comana und dem Gemeinderat von Comana das Projekt „Ökologische Renaturierung des Comana-Feuchtgebiets im Kreis Giurgiu“ begonnen. Das Ziel dieser Initiative ist die Wiederherstellung und der Schutz der Artenvielfalt, natürlicher Lebensräume und wilder Pflanzenund Tierarten durch die Renaturierung von Feuchtgebieten und eine effiziente Bewirtschaftung des ökologischen Netzwerks Natura 2000 auf einer Fläche von etwa 1.180 ha. Das Projekt wird durch das Sektorale Operationelle Programm „Umwelt“ unter der Prioritätsachse 4 „Umsetzung von geeigneten Managementsystemen für Naturschutz“ und dem Hauptinterventionsbereich „Entwicklung von Infrastruktur und Managementplänen zum Schutz von Biodiversität und Natura 2000“ finanziert. Als Hauptergebnisse werden eine Stärkung der grünen Infrastruktur und des Bewusstseins der lokalen Bevölkerung über die Vorteile grüner Infrastruktur erwartet. Folgende Maßnahmen werden durch dieses Umwelt OP umgesetzt: 24 • ökologische Renaturierung von Lebensräumen und Stärkung von Tier- und Pflanzenpopulationen • Aufbau von Monitoringsystemen für Natura-2000-Gebiete und Schutzgebiete, einschließlich Infrastruktur und Ausrüstung für das Monitoring der natürlichen Lebensräume und des Schutzstatus von Tier- und Pflanzenarten • Aufbau und Verbesserung der Infrastruktur in den nationalen Schutz- und Natura-2000-Gebieten (Bau von Besucher- und Informationszentren, Gestaltung von Informationstafeln, Risikovermeidung: Brandvorsorge und -kontrolle etc.) • Vorbereitung von Informationsmaterialien, die das Bewusstsein hinsichtlich der Probleme in Schutz‐ und Natura‐2000‐Gebieten stärken Ökologische Renaturierungsmaßnahmen Das Comana-Feuchtgebiet ist entlang wichtiger Zugkorridore für Vögel gelegen. Ein Wechsel Abbildung 9: Ornithologischer Beobachtungspunkt © Naturparkverwaltung Comana aus Schilfbereichen und Seen, Hainbuchen- und Eichenwäldern sowie Teichwirtschaft schaffen ausgezeichnete Bedingungen für die Nahrungssuche, die Brut und die Überwinterung von – Großteils selten gewordenen - Vögeln. Aufgrund der vor 1990 durchgeführten Wasserbewirtschaftungsmaßnahmen wurden Uferbänke mit Schilf und Binsen überwachsen und nur ein Viertel der Fläche ist weiterhin mit Wasser bedeckt. Als Folge verwandelte sich die Landschaft von einem aquatischen zu einem hauptsächlich terrestrischen Ökosystem. Zusätzlich verschlechterten sich in den verbleibenden Feuchtbereichen die Bedingungen für aquatische Vögel und insbesondere für Fische. Das Ziel des Projekts ist es daher, die Flussauen und Flüsse wieder miteinander zu verbinden, den Wasserspiegel in stehenden Gewässern zu erhöhen und die Oberfläche von Seen und Kanälen auszuweiten. Im Mittelpunkt des Projekts steht der Bau eines Damms mit einer Schleuse am Fluss Neajlov, flussabwärts des Sees Comana. Sein Zweck ist die Steigerung und der Erhalt eines konstanten Wasserspiegels in dem Gebiet der Flussaue. Es wird erwartet, dass sich die Wassertiefe im Fluss auf mehr als 1,50 m erhöht, was die Wasseroberfläche auf 490 ha vergrößern und beträchtliche Flachwasserbereiche mit Wassertiefen unter 0,50 m schaffen würde. Für Fischpopulationen und ihre wirbellose Beute werden die neuen Bedingungen sowie der höhere Sauerstoffgehalt und der veränderte Wasserspiegel mit seinen täglichen Schwankungen die Lebensraumqualität deutlich verbessern. Um die Zerschneidung aquatischer Lebensräume und somit die Unterbrechung von Wanderrouten einiger Fischarten zu vermeiden, wird im Rahmen des Projekts eine Fischpassage flussabwärts vom Damm gebaut. Diese wird auch helfen, Nahrungs‐ und Bruthabitate für Fische und Vögel wieder zu erschaffen. Zudem werden neue befristete Arbeitsplätze im Zuge des Dammbaus geschaffen. Dauerhafte wirtschaftliche Vorteile für die Region können durch die hervorragenden Möglichkeiten für ökologische Forschung geschaffen werden, insbesondere in Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Einrichtungen in der nahen Hauptstadt Bukarest und anderen Städten. 25 5.2 Renaturierung des Alpen-Karpaten-Korridors Sowohl die Gebirgszüge der Alpen als auch der Karpaten sind wichtige Lebensräume für Wildtiere wie Braunbär, Rotwild oder Luchs. Der Austausch zwischen diesen beiden Biodiversitätsknotenpunkten entlang traditioneller Wanderrouten des Alpen-KarpatenKorridors wird jedoch durch eine Reihe von Verkehrswegen und Flächen intensiver Landwirtschaft blockiert. Auch die steigende Nachfrage nach Bauland in den Tälern der Donau und March zwischen Wien, Bratislava und Budapest stellt eine Bedrohung dar. Im Jahr 2001 hat die Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) im Auftrag des öster- reichischen Bundesverkehrsministeriums eine erste Untersuchung zu den Barrieren innerhalb des nationalen Autobahnnetzes und der Wildtierkorridore durchgeführt. Anschließend wurde eine breit angelegte Partnerschaft zwischen österreichischen und slowakischen Organisationen beschlossen, um mit vereinten Kräften zum Aufbau und Erhalt eines zusammenhängenden, grünen Korridors zwischen Alpen und Karpaten beizutragen. In einer Machbarkeitsstudie durch österreichische und slowakische PartnerInnen wurden Hauptaktivitätsfelder zur Wiedererschaffung und Erhalt des Korridors bestimmt. Abbildung 10: Karte des Alpen-Karpaten-Korridors Der Alpen-Karpaten-Korridor unterstützt die Ziele der Alpenkonvention und stellt neben der Donau und dem Grünen Band entlang des früheren „Eisernen Vorhangs“ eine Hauptwanderoute von europäischer Bedeutung dar.. 26 Reduzierung der Zerschneidung Abbildung 11: Grünbrücke über die österreichische Autobahn A6. © WWF Abbildung 12: Eine Brücke, die Platz für den Erhalt von Korridorfunktionen für den darunter liegenden Lebensraum bietet Das Projekt zum Alpen‐Karpaten‐Korridor wurde 2009 als dreijähriges, grenz‐ und sektorübergreifendes Projekt unter dem Ziel „Europäische Territoriale Zusammenarbeit“ innerhalb des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) begonnen. Im Rahmen des Projektes werden wissenschaftliche Daten erhoben und Umsetzungsmaßnahmen geplant. Österreichische und slowakische ProjektpartnerInnen aus Naturschutz, Raumplanung und Verkehr arbeiten mit einem breiten Netzwerk zusammen, das unterschiedliche Interessensgruppen wie Land‐ und Forstwirtschaft, Jagd, Tourismus und die betroffenen Gemeinden verbindet. Die Eckpunkte des Projekts sind sowohl die Verringerung der Zerschneidungseffekte von Autobahnen durch den Bau von „Grünbrücken“ an strategisch wichtigen Stellen als auch die Schaffung geeigneter Lebensräume zur Wiederverbindung vorhandener Trittsteinbiotope, die als Rast- und Nahrungsplatz von wandernden Tieren benötigt werden. Um die Effektivität solcher Maßnahmen zu garantieren, sollte das ökologische Netzwerk in die Raumplanung einbezogen werden. Damit können die erhobenen Daten des Korridors auch bestehenden Planungsinstrumente und Studien wie Umweltverträglichkeitsprüfungen dienen. Die Ziele des Projektes sind:: • die Sicherstellung der ökologischen Vernetzung zwischen den Alpen und den Karpaten • Wanderungen von Wildtieren und Austausch zwischen Populationen ermöglichen © S. Hysek / Weinviertelmanagement • eine nachhaltige Entwicklung in der Region, die sowohl Vorteile für den Menschen als auch die Wildtiere bringt 27 5.3 Strandaufschüttung in Ligurien, Italien Ein 1,5 km langes Teilstück der italienischen Küstenregion Ligurien ist von Erosion betroffen. Früher wurde es mit den Sedimenten des Flusses Roja angereichert. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts verursachte dann der Bau von Dämmen zur Hochwasserkontrolle und Stromgewinnung eine allgemeine Abnahme der Flusssedimente, die zu den Stränden transportiert wurden. Der Erosionsprozess wurde außerdem durch den Bau eines Schienenweges entlang der Küste und die zunehmende Urbanisierung verstärkt. Während des 20. Jahrhunderts, und insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg, wurden verschiedene Schutzmaßnahmen ergriffen. Fast alle Eingriffe an der Küste umfassten dabei feste Strukturen, insbesondere parallele Wellenbrecher. Errichtung eines dauerhaften Küstenschutzes Das Projekt bot gute Synergieeffekte der Küstenschutzmaßnahmen mit dem Managementplan des Roja Einzugsgebietes, welcher die Ausbaggerung des Flussbetts vorsieht, um das Wasserregime in verschiedenen Bereichen wiederherzustellen. Das ausgebaggerte Material wurde genutzt, um die Strände innerhalb ihrer ursprünglichen Ausweitung aufzuschütten, was zu deutlichen Kosteneinsparungen führte. Die lokale Bevölkerung begrüßte sowohl die Landschaftsverbesserung als auch die Tatsache, dass der Strand den starken Sturmereignissen der letzten Jahre widerstehen konnte. Abbildung 13: Mündung des Flusses Roja in Ligurien Das Hauptziel eines Projekts, das durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) unterstützt wurde, war die Schaffung einer effizienteren und dauerhafteren Form des Küstenschutzes, die der Küstenerosionen standhalten kann und hilft die natürliche Landschaftsdynymik zu verbessern. Die Umbauarbeiten umfassten den Rückbau der parallelen Wellenbrecher sowie anderer künstlicher Riffstrukturen und ihren Ersatz durch 13 große, sich halb unter Wasser befindliche Buhnen aus Felssteinen der ursprünglichen Strukturen. Zusätzlich wurde der Strand mit 2.100.000 m³ Material, das vom Fluss Roja ausgebaggert wurde, aufgeschüttet. Quelle: Wikipedia. 28 6. Schlussfolgerungen und Empfehlungen Gesunde, miteinander vernetzte Ökosysteme versorgen den Menschen mit lebenswichtigen Leistungen wie sauberer Luft und Trinkwasser. In Europa ist diese Funktionalität der Ökosysteme zunehmend bedroht, insbesondere durch die Zerschneidung von Lebensräumen aufgrund des stetig zunehmenden Ausbaus grauer Infrastruktur. Beispiele hierfür sind Straßen, die Landschaften zerschneiden oder Flussdämme und ‐brücken, die die Wanderrouten von Fischen blockieren. Grüne Infrastruktur zielt auf die Wiederverbindung von Lebensräumen und die Stärkung dieser Biodiversitätsknotenpunkte. Damit soll wesentlich zum Schutz der europäischen Artenvielfalt beigetragen und die Bereitstellung von Ökosystemleistungen sichergestellt werden. Dieser Ansatz unterstützt und ergänzt die EU‐Gesetzgebung im Bereich Umwelt, insbesondere die Wasserrahmen‐, Hochwasser‐ und Naturschutzrichtlinien. Das „Arbeiten mit der Natur“ und die Anwendung von ökosystembasierten Ansätzen für die Anpassung an den Klimawandel und seine Abschwächung bringen vielfältige Leistungen, bzw. Nutzen bei vergleichsweise geringen Kosten. Investitionen in grüne Infrastruktur schaffen sowohl Arbeitsplätze als auch Geschäftsmöglichkeiten und helfen durch seinen integrierten Ansatz, Partnerschaften aufzubauen. Innerhalb der EU werden die Instrumente grüner Infrastruktur wie Grünbrücken, Wildtiertunnel und Fischpassagen, die Renaturierung von Lebensräumen sowie Hecken oder Baumreihen als Strukturelemente in Agrarlandschaften bereits angewendet. Integratives, vorausschauendes Planen verhindert nachweislich weitere Zerschneidungen und damit Kosten zur Wiederherstellung. Das Konzept der grünen Infrastruktur mit all seinen Vorteilen hat sich an vielen Stellen bewährt, sodass es nun eines überregionalen Austausches von Praxiserfahrungen bedarf, der die Bereitschaft der Planer und Politiker für neue Ansätze fördert. Ein derart umfassender und integrativer Ansatz benötigt die Beteiligung und gemeinsame Verantwortung aller LandnutzerInnen und Politiksektoren von Anfang an. Europa sollte jetzt massiv in grüne Infrastruktur investieren, um die Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen gegenüber dem Klimawandel und anderen Bedrohungen zu erhöhen.. Beispiele haben gezeigt, dass die gegenwärtigen Finanzierungsinstrumente der EU eine Vielzahl an grünen Infrastrukturmaßnahmen unterstützen können. Life+, der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und der Europäische Fonds für regionale Entwicklung bieten interessante Möglichkeiten für Investitionen, jedoch fehlt es grundsätzlich an einer Strategie. Zukünftige Arbeiten sollten die Grundlage für eine einheitliche Strategie zu grüner Infrastruktur schaffen, die das Spektrum für Investitionen erweitert. 29 Die grünen Infrastrukturmaßnahmen, die in dieser Broschüre vorgestellt werden, sind im Prinzip im Rahmen der gegenwärtigen Kohäsionspolitik förderfähig. Jedoch entsprechen diese Maßnahmen oft nicht direkt den Zielen der Fördermechanismen und werden deshalb nicht gefördert. Eine strategischere Einbindung dieser Maßnahmen in die Verordnungen für die Förderperiode 2014‐2020 ist daher notwendig, um die Fördermöglichkeiten für grüne Infrastruktur in den Mitgliedsstaaten und Regionen besser zu verankern. Bei der Gestaltung des EU‐Haushalts und seiner Instrumente für die Periode 2014 bis 2020 sollten grüne Infrastrukturaspekte von Anfang an integriert werden. Insbesondere sollte die zukünftige EU‐Kohäsionspolitik Ausgabenkategorien vorsehen, die für die Unterstützung grüner Infrastrukturmaßnahmen geeignet sind. Bei dieser neuen Ausrichtung des EU Haushalts sollte das grundlegende Anliegen grüner Infrastruktur stets berücksichtigt werden und seine Kernelemente in alle Förderbereiche Eingang finden. Folgende Bestandteile grüner Infrastruktur sollten in alle Förderbereiche integriert werden: erstens die Minimierung von Zerschneidungseffekten, um den fortschreitenden Verlust der biologischen Vielfalt aufzuhalten, zweitens die Vermeidung der Degradation existierender grüner Infrastruktur durch neue graue Infrastrukturen und drittens die direkte Förderung von Ökosystemleistungen. Um das Konzept grüner Infrastruktur in der gegenwärtigen und zukünftigen Regionalpolitik zu stärken, emp-fiehlt das Projekt „SURF Nature“: • der Europäischen Kommission die Entwicklung einer Strategie zu grüner Infrastruktur, die sowohl die Fördernotwen- 30 • der Europäischen Kommission die Entwicklung einer Strategie zu grüner Infrastruktur, die sowohl die Fördernotwendigkeiten aufzeigt als auch den Beitrag der verschiedenen Förderinstrumente zur Förderung grüner Infrastruktur definiert • der Generaldirektion Regionalpolitik (GD Regio) die Entwicklung von Richtlinien für potenzielle Projektträger, die die verschiedenen Maßnahmen grüner Infrastruktur im Rahmen von Infrastrukturinvestitionen, Planungen und der Risikovermeidung sowie für Biodiversität und Ökosystemleistungen unterstützen • der GD Regio die Analyse des gegenwärtigen Rechtsrahmens und die Aufnahme von grüner Infrastruktur als eigenen Fördergegenstand in die Vorschläge für zukünftige Verordnungen • den EU‐Mitgliedsstaaten die Analyse gegenwärtiger Programme hinsichtlich der Fördermöglichkeiten grüner Infrastrukturmaßnahmen, die Ermittlung existierender Projekte zu grüner Infrastruktur und die bessere Nutzung der vorhandenen Fördermöglichkeiten innerhalb der EU‐Fonds, sowie die Förderung einer stärkeren Bewusstseinsbildung für die Leistungen und Notwendigkeit grüner Infrastruktur unter allen InteressensvertreterInnen, z. B. den StadtbewohnerInnen, RaumplanerInnen oder IngenieurInnen. Zum Schluss muss betont werden, dass das Projekt „SURF Nature“ auf die europäische Regionalpolitik ausgerichtet ist, was natürlich die Bandbreite dieser Empfehlungen auf diesen Bereich beschränkt. Die AutorInnen sind sich völlig bewusst, dass viele wichtige Aspekte grüner Infrastrukturmaßnahmen und Fördermechanismen, insbesondere die, die durch LIFE+ und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums geboten werden, dementsprechend in dieser Veröffentlichung nicht abgedeckt sind. 7. 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How 32 www.greeninfrastructurenw.co.uk/resources/ Critical_GI_23rd_March_lores.pdf www.greeninfrastructurenw.co.uk/resources/ GI_&_Hydrology_Report_May_2009.pdf • Wiederherstellung des Alpen-Karpaten-Korridors – Beispiel guter Praxis: www.alpenkarpatenkorridor.at/ www.alpskokarpatskykoridor.sk/ www.alparc.org/news/international-news/ start-of-the-international-alps-carpathians-corridor-project. www.surf-nature.eu Weitere ProjektpartnerInnen: AT | Umweltbundesamt Österreich RO | Giurgiu County Council PL | Marshal Office of Warmia & Mazury Voivodship IT | Provinz Rieti GR | Municipal Enterprise for Planning & Development of Patras S.A. GR | Präfektur Preveza ES | Direction General for Nature, Environment & Biodiversity of the Region of Murcia ES | Forest Sciences Centre of Catalonia UK | Environment Agency Wales CZ | Universität Olomouc AT | Österreichische Bundesforste AG AT | Nationalpark Donau-Auen FR | Cotes d’Armor General Council SL | Development Agency Savinja ProjektpartnerInnen: Austrian Federal Forests Pummergasse 10-12 3002 Purkersdorf Austria Kontakt: Gerald Plattner Head of Ecosystem Management Phone: + 43 2231 600-3140 [email protected] www.bundesforste.at Leadpartner: Environment Agency Austria Spittelauer Lände 5 1090 Wien Austria Kontakt: Peter Tramberend Klara Brandl Phone: + 043 1313 045935 coordination(at)surf-nature.eu www.umweltbundesamt.at Projektkoordination: WWF Germany Reinhardtstraße 14 10117 Berlin Germany Kontakt: Peter Torkler Melanie Hillmann Julia Steinert Phone: + 049 30 311777222 coordination(at)surf-nature.eu www.wwf.de © M. Czasnoiċ