Multiresistente Bakterien aus dem Tierstall: Verbreitung und Bedeutung Carmen Dahms 27.08.2013 Pressemeldungen http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/antibiotika-viele-gesunde-haehnchen-tragen-resistente-keime-a-910600.html http://www.swr.de/odysso/-/id=1046894/nid=1046894/did=11409228/1bedon2/index.html Was sind multiresistente Erreger (MRE)? • Bakterien haben Mechanismen entwickelt, damit ihnen Antibiotika nichts mehr anhaben können • Kann von einem zum anderen Bakterium weitergegeben werden • Überlebensvorteil, wenn sie Antibiotikum ausgesetzt sind • Resistenzen gibt es seit Millionen von Jahren • Resistenzen gegen MEHRERE Antibiotikaklassen D‘Costa et al., 2011, Antibiotic resistance is ancient, Nature http://textbookofbacteriology.net/ResistanceMechanisms.gif Welche MRE spielen in der Humanmedizin eine Rolle? Erreger nosokomialer Infektionen („Krankenhauskeime“), z.B.: • Methicillin - resistente Staphylococcus aureus (MRSA) • Extended-spectrum ß-Laktamasen produzierende Bakterien (ESBL-Bildner) bzw. • Multiresistente Gram-negative Stäbchen (3-MRGN oder 4-MRGN) • Vancomycin - resistente Enterokokken (VRE) • Mycobakterium tubercolosis ….und viele mehr! Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) • SA ist ein kugelförmiges Bakterium • SA ist ein normaler Bewohner von Haut und Schleimhaut bei 1/3 der Menschen, aber auch vieler Tiere (Haustiere, Wild, Vögel…) • MRSA gegen ß-Lactam Antibiotika und häufig auch andere Antibiotikagruppen resistent • seit den 60ern für viele Krankenhausinfektionen (ha-MRSA) verantwortlich • Verursacht Haut- und Weichteilinfektionen, Pneumonien (Lungenentzündung), Sepsis (Blutvergiftung), Endokarditis (Entzündung der Herzinnenhaut) • Auch Infektionen außerhalb von Krankenhäusern möglich (ca-MRSA), in D noch selten • 2005 ein neuer Stamm in Nutztieren und Kontaktpersonen aufgetaucht: la-MRSA La-MRSA (tierassoziierter MRSA) • Erstmals in Schweinen gefunden, aber auch Rinder- und Geflügelbestände betroffen • Tiere meist asymptomatisch kolonisiert, Euterentzündungen u.a. Erkrankungen möglich • ST398 dominiert, wenig wirtsspezifisch • Ursprünglich wahrscheinlich vom Menschen (MSSA) aufs Tier übertragen http://www.tz-online.de/bilder/2009/02/10/72948/53349536-schweine_475px-1w09.jpg Price LB, Stegger M, Hasman H, Aziz M, Larsen J, Andersen PS, et al., Staphylococcus aureus CC398: host adaptation and emergence of methicillin resistance in livestock. MBio, 2012. 3(1). La-MRSA: Eine Gefahr für den Menschen? • Lange Überlebenszeiten auf trockenen Oberflächen (Staub) • Bevölkerung in Gebieten mit hoher Stalldichte? Geringe Gefährdung? • Landwirte (Schweine!) häufig MRSA-positiv, wenn sie mit positiven Tieren arbeiten! • Tierärzte die mit Schweinen arbeiten ebenfalls gefährdet • Familienmitglieder dieser Risikogruppen leicht erhöhte Gefahr: um die 5% ebenfalls MRSA-positiv Cuny C, Nathaus R, Layer F, Strommenger B, Altmann D, and Witte W, Nasal colonization of humans with methicillin-resistant Staphylococcus aureus (MRSA) CC398 with and without exposure to pigs. PLoS One, 2009. 4(8): p. e6800. Witte W, Strommenger B, Stanek C, and Cuny C, Methicillin-resistant Staphylococcus aureus ST398 in humans and animals, Central Europe. Emerg Infect Dis, 2007. 13(2): p. 255-8. Feingold BJ, Silbergeld EK, Curriero FC, van Cleef BA, Heck ME, Kluytmans JA. Livestock Density as Risk Factor for Livestock-associated Methicillin-Resistant Staphylococcus aureus, the Netherlands. Emerg Infect Dis. 2012 Nov;18(11):1841-9. Bisdorff B, Scholholter JL, Claussen K, Pulz M, Nowak D, Radon K. MRSA-ST398 in livestock farmers and neighbouring residents in a rural area in Germany. Epidemiol Infect. 2012 Oct;140(10):1800-8. La-MRSA: Eine Gefahr für den Menschen? • Pneumonie (Lungenentzündung), Sepsis (Blutvergiftung) oder Hautinfektionen; auch bei Menschen ohne Tierkontakt • Bis zu 2 % der MRSA-Isolate aus dem Krankenhaus La-MRSA • In Regionen mit hoher Schweinedichte La-MRSA-Anteil in Krankenhäusern erhöht • Weitergabe im KH von Mensch zu Mensch? Wassenberg MW, Bootsma MC, Troelstra A, Kluytmans JA, Bonten MJ. Transmissibility of livestock-associated methicillin-resistant Staphylococcus aureus (ST398) in Dutch hospitals. Clin Microbiol Infect. 2011 Feb;17(2):316-9. http://www.rmaxinternational.com/images/mrsastage2.jpg MRSA und Lebensmittel • MRSA in Fleischprodukten verschiedenster Tierarten nachgewiesen (Schwein, Rind, Geflügel, Schaf, Wild…) • Vorkommen auch in Rohmilch und Käse • Hohe Prävalenzen besonders in Geflügelfleisch (M-V 2011: 31% der Geflügelproben positiv, Bundesweit 2011:ca. 50% der Halshautproben positiv, Frischfleisch knapp 30%) • Kreuzkontaminationen im Schlachthof möglich Risiko für die Bevölkerung vermutlich durch Verzehr von MRSA belastetem Fleisch gering, kein Fall einer Übertragung von MRSA durch Lebensmittel nachgewiesen (BfR und EFSA) Aber: Schnittverletzung? Infektionsdosis? http://www.bvl.bund.de/SharedDocs/Downloads/01_Lebensmittel/04_Zoonosen_Monitoring/Zoonosen_Monitoring_Bericht_2011.pdf?__blob=publicationFile&v=3 http://lallf.de/fileadmin/media/PDF/lebensm/LHD/JB11ZoonMonitor.pdf Konsequenzen? Empfehlung gilt z.Zt. nicht für andere Tierarten, MRSA kommt aber auch (in geringerem Umfang) in Rinder- und Geflügelbeständen vor Kontaktpersonen zu Schweinen sind Risikopatienten Kommentar zu den „Empfehlungen zur Prävention und Kontrolle von MRSA-Stämmen in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen“ MRSA in Biobetrieben? • Studie Neuland-Betriebe (alternative Haltungsform): 58 Landwirte getestet, 1 positiv (Kontakt zu konventioneller Tierhaltung), alle Tiere (n=178) negativ (Cuny et al.) • NL: deutlich weniger MRSA-Funde (17%) in Biobetrieben als in konventionellen (71%) (van de Vijver et. al) • Funde auch in Biofleisch mögliche Gründe für bessere Resistenzlage? o Restriktiver Antibiotikaeinsatz o Geringere Tierzahl o Geringere Besatzdichte o Weniger Stress weniger Krankheiten • ß-Laktamasen mit einem erweitertem Wirkspektrum • Enzyme die ß-Laktamantibiotika (Penicilline, Cephalosporine) unwirksam machen, weitere Resistenzen häufig vorhanden • Häufig E.coli, Klebsiellen und Pseudomonas • Wundinfektionen, Harnwegsinfekte (mittlerweile nicht mehr nur in Krankenhäusern), Sepsis http://dicon.medicine.duke.edu/files/pictures/shutterstock-bacteria.jpg Extended spectrum ßLaktamasen (ESBL) ESBL in Tieren • ESBL-Bildner weit verbreitet: Haustiere, Nutztiere, Wildtiere, Zootiere… • E.coli, Klebsiellen und Salmonella spp. häufig • Tiere häufig asymptomatisch kolonisiert; Rind: Mastitis (Euterentzündung) • CTX – M - Gruppe wichtigster Vertreter in Nutztieren, nimmt auch im Menschen zu • ß-Laktam-Antibiotika sind die 2. häufigste eingesetzte Antibiotikagruppe bei Tieren, häufigste Antibiotikagruppe beim Menschen ESBL bei Tieren-eine Gefahr für den Menschen? • DK: gleiche ESBL-Typen bei Schweinen, Landwirten, Dung und Luft gefunden • E: ähnliche Genotypen in Geflügel und in humanen klinischen Isolaten gefunden • D: hohe Prävalenzen in Geflügel-, Rinder- und Schweineställen; ESBL auch in Gülle zu finden enger (beruflicher) Kontakt zu kolonisierten Tieren Risikofaktor • • Moodley A and Guardabassi L, Transmission of IncN plasmids carrying blaCTX-M-1 between commensal Escherichia coli in pigs and farm workers. Antimicrob Agents Chemother, 2009. 53(4): p. 1709-11 Cortes P, Blanc V, Mora A, Dahbi G, Blanco JE, Blanco M, et al., Isolation and characterization of potentially pathogenic antimicrobial-resistant Escherichia coli strains from chicken and pig farms in Spain. Appl Environ Microbiol, 2010. 76(9): p. 2799-805. • Friese A, Schulz J, Laube H, von Salviati C, Hartung J, and Roesler U, Faecal occurrence and emissions of livestock-associated methicillin-resistant Staphylococcus aureus (laMRSA) and ESbl/AmpC-producing E. coli from animal farms in Germany. Berl Munch Tierarztl Wochenschr, 2013. 126(3-4): p. 175-80. ESBL in Lebensmitteln • CH: ca. 60% der beprobten Hühner im Schlachthof positiv, Schwein, Rind Schaf zwischen 9-15% • NL: 80% des Hühnerfleisches positiv Isolate ähneln denen aus Krankenhäusern • NL: Hühnerfleisch beprobt: 100% des konventionellen, 84% des Bio-Fleisches positiv Biotiere ebenfalls häufig betroffen, ESBL sehr weit verbreitet!! Übertragung von ESBL-positiven Keimen durch Lebensmitteln auf den Menschen nachgewiesen für Salmonellen und E.coli (z.B. bei EHEC) Für die Behandlung meist nicht relevant! • Geser N, Stephan R, Hachler H. Occurrence and characteristics of extended-spectrum beta-lactamase (ESBL) producing Enterobacteriaceae in food producing animals, minced meat and raw milk. BMC Vet Res. 2012;8:21. • • • Overdevest I, Willemsen I, Rijnsburger M, Eustace A, Xu L, Hawkey P, et al. Extended-Spectrum B-Lactamase Genes of Escherichia coli in Chicken Meat and Humans, the Netherlands. Emerg Infect Dis. 2011 Jul;17(7):1216-22. 1. Cohen Stuart J, van den Munckhof T, Voets G, Scharringa J, Fluit A, Hall ML. Comparison of ESBL contamination in organic and conventional retail chicken meat. Int J Food Microbiol. 2012 Mar 15;154(3):212-4. Biobetriebe und ESBL • Kreuzkontaminationen im Schlachthof • Eintagsküken könnten bereits positiv sein, Eltern- und Großelterntiere sind häufig auch schon ESBL-Träger (MARAN 2009) • ESBL in der Umwelt vorhanden • Antibiotikagabe http://www.proplanta.de/web/image/1341558882_1024.jpg http://cdn2.spiegel.de/images/image-392409-panoV9free-ewyc.jpg Antibiotikaeinsatz reduzieren… • MENGE allein noch nicht aussagekräftig Richtige Antibiotikum Richtige Dosis Richtige Anwendungsdauer Richtige Anwendung/Applikationsart „Leitlinien für den sorgfältigen Umgang mit antibakteriell wirksamen Tierarzneimitteln“ Antibiotikaverbrauch Veterinärmedizin Grave K, Torren-Edo J, and Mackay D, Comparison of the sales of veterinary antibacterial agents between 10 European countries. J Antimicrob Chemother, 2010. 65(9): p. 2037-40. Antibiotikaeinsatz vorbeugen! Wie? • Bessere Haltungsbedingungen um Krankheiten vorzubeugen • Richtiges Hygienemanagement • Artgerechte Fütterung, langsameres Wachstum • Geschlossenes System, wenn möglich • Nachfrage bestimmt Angebot • Diskrepanz zwischen Bereitschaft Bio-Fleisch zu kaufen und Realität http://www.feinkost-pum.de/artikelbilder/Schweine_SH_1G_BESH_kk.gif Wie kann man sich schützen? • Für beruflich exponierte Personen kaum möglich; Aufklärung • Hygienischer Umgang mit Lebensmitteln, kein rohes Fleisch/ Rohmilchprodukte • Hygiene im Umgang mit Tieren beachten • Auf die Herkunft der tierischen Lebensmittel achten ? http://www.mzweb.de/image/view/2010/4/4/17747334,15979698,dmData,H%2525C3%2525A 4nde%2Bwaschen%2B%2525281269291693972%252529.jpg http://gesundheit.naanoo.com/gesundheit-news/wurmer-hunde-und-katzennicht-kussen-kmed Weitere MRE in Nutztieren • VRE: E. faecialis, E.faecium • MR-CoNS: S. epidermidis, S.hominis, S. haemolyticus • (Clostridium difficile) …etc. http://www.bionews-tx.com/news/2013/07/08/hospitals-step-up-to-cut-c-diffinfections/ Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit! http://jlawley-idblog.blogspot.de/2011/07/susceptibility-testing-lecture.html