| G E N T EC H N I K I I T R E F F P U N K T FO R SC H U N G | Transgene Schweine Jetzt ist es gelungen, Schweinefleisch ebenfalls mit den begehrten „gesunden Fetten“ anzureichern: Ein Gen aus Spinat erhöht den Gehalt an ungesättigten Fettsäuren in transgenen Schweinen um mehr als das Zehnfache. Eines der Hauptprobleme der Akzeptanz von transgenen Pflanzen und Tieren ist die Frage des „cui bono“. Für viele Verbraucher ist der Nutzen von transgenen Pflanzen zum Beispiel für den Bauern und für die Umwelt bei geringerem Verbrauch von Herbiziden und Pestiziden zu weit vom Alltag entfernt, um den Einsatz von transgenen Pflanzen zu rechtfertigen. Dagegen findet auch der eingefleischte „Gengegner“ kein Problem dabei, das aus transgenen Bakterien hergestellte Insulin zu benutzen – nicht zuletzt, weil es eindeutig besser ist als das aus Pferden und Schweinen gewonnene „natürliche“ Insulin. Bei transgenen Tieren steigen die Phantasien der „Gengegner“ dann locker in ungeahnte Höhen, schließlich lässt sich der Gedanke an künstlich erschaffene Monster problemlos ausspinnen. Das Beispiel der ersten transgenen Tiere von Lachsen bis zu Schweinen leistete manchen Ängsten Vorschub. Die Tiere, die ja meist mit Genen für Wachstumshormone transformiert worden waren, wuchsen schneller. Die ersten Exemplare aber hatten zu viel Wachstumshormon und wurden oft krank. Erst in den nächsten Generationen transgener Experimente gelang es, die positiven Auswirkungen der Wachstumshormone in den transgenen Tieren beizubehalten, ohne die Tiere mit negativen Effekten zu quälen. Aber auch diese genetischen Veränderungen nützten zuerst dem Tierzüchter, und nur sehr indirekt dem Verbraucher. Jetzt arbeiten staatliche Forschungsinstitute, Universitäten und Züchtungsbetriebe an der ersten Generation von transgenen Organismen mit direktem Nutzen für den Verbraucher. Eine der interessantesten Neuent- wicklungen der letzten Zeit sind die transgenen Schweine mit einem eingebauten Gen für die Entsättigung von Fettsäuren. Pflanzen und Bakterien können diese chemische Reaktion katalysieren, während den meisten Tieren die entsprechenden Enzyme fehlen. Da die ungesättigten Fettsäuren notwendig sind, müssen Tiere und Menschen ihren Bedarf an ungesättigten Fettsäuren fast immer mit der Nahrung aufnehmen. Jetzt haben japanische Wissenschaftler das Gen für eine Fettsäure-Desaturase aus Spinat in frisch befruchtete Eizellen von Schweinen eingebracht und daraus transgene Tiere herangezogen. Damit dieses Gen nur in den Zellen der Fettschichten im Schwein aktiv ist, klonierten die Wissenschaftler die Informationen aus dem Spinat hinter einen entsprechenden Promotor. Bei der Untersuchung des Fettgehaltes in den herangewachsenen Jungschweinen zeigte sich dann, dass tatsächlich in den Fettgeweben (und nur dort) der Gehalt an ungesättigten Fettsäuren um mehr als das Zehnfache höher war als in den normalen, nicht transgenen Schweinen. Diese Beschränkung auf die Fettgewebe ist entscheidend, da ungesättigte Fettsäuren in die Membranen von allen Zelltypen eingebaut werden und dort wichtige Funktionen haben. Veränderungen in den angebotenen internen Konzentrationen könnten sehr leicht zu chaotischen Zuständen in der Zelle führen und die Funktion der Zellmembranen empfindlich stören. Frühere Versuche mit transgenen Schweinen, in denen ein zusätzliches Gen für ein Wachstumshormon eingebaut worden war, hatten viele unerwünschte Nebenwirkungen. Durch das schnellere Wachstum hatten die transgenen Schweine insgesamt sehr viel weniger Fett eingelagert und dadurch ebenfalls das Verhältnis von den verschiedenen gesättigten, einfach ungesättigten und mehrfach ungesättigten Fettsäuren deutlich verbessert. Durch die gesamte, wenig zielgerichtete Störung des Wachstums entwickelten sich allerdings bei diesen Schweinen pathologische Nebeneffekte, die bei der zielgerichteten Veränderung des Fettsäurengehaltes ausschließlich in den speichernden Geweben nicht mehr auftreten sollten. Es wird sicherlich noch eine ganze Reihe von Jahren dauern, bis wir tatsächlich in unserer Metzgerei Fleisch von Tieren mit einem derartig zielgerichtet veränderten Stoffwechsel kaufen können. Die rapide wachsenden Erkenntnisse über die Funktion von Genen und deren künstlichen Einbau in hochkomplexe Organismen wird eine Vielzahl solcher genetischer Veränderungen möglich werden lassen. Um aber tatsächlich auf den Markt zu kommen, müssen die transgenen Tiere zuerst noch ganz normal vermehrt werden und für die Zuchtauswahl in eine Kernherde eingebracht werden. Allein diese klassische Zuchtauslese und die entsprechenden biochemischen Untersuchungen, die notwendig sind, um das Mastverhalten statistisch abzusichern, dauern mehrere Jahre. A B B . Ran an den Speck: Nicht nur in Pflanzen, sondern auch im Fettgewebe von Schweinen wollen Forscher ungesättigte Fettsäuren erzeugen. [1] K. Saeki et al., Proc. Natl. Acad. Sci. USA 2004, 101, 6361-6366. [2] H. Niemann, Proc. Natl. Acad. Sci. USA 2004, 101, 7211-7212. Axel Brennicke, Ulm Nr. 5 34. Jahrgang 2004 | | Biol. Unserer Zeit | 285