Vorlage wiss. Arbeiten

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Aus dem Zentrum für Neurologie und Psychiatrie der Universität zu Köln
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Direktor: Universitätsprofessor Dr. med. F. Jessen
Studie zur Untersuchung der Korrelation von Patientenzufriedenheit
und Symptomveränderung in einer tagesklinischen Patientengruppe
mit depressiven Erkrankungen
Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde
der Hohen Medizinischen Fakultät
der Universität zu Köln
Vorgelegt von
Sabine Babette Flück
aus Köln
promoviert am 5. April 2017
Aus dem Zentrum für Neurologie und Psychiatrie der Universität zu Köln
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Direktor: Universitätsprofessor Dr. med. F. Jessen
Studie zur Untersuchung der Korrelation von Patientenzufriedenheit
und Symptomveränderung in einer tagesklinischen Patientengruppe
mit depressiven Erkrankungen
Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde
der Hohen Medizinischen Fakultät
der Universität zu Köln
Vorgelegt von
Sabine Babette Flück
aus Köln
promoviert am 5. April 2017
Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln, 2017
Druckerei: Digital Express 24 GmbH & Co KG, Friesenplatz 25, 50672 Köln
Dekan: Universitäts Professor Dr. med. Dr. h.c. Th. Krieg
1. Berichterstatter: Universitätsprofessor Dr. med. J. Klosterkötter
2. Berichterstatter: Professor Dr. med. C.H. Albus
Erklärung:
Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Dissertationsschrift ohne unzulässige Hilfe Dritter und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe; die aus
fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche kenntlich
gemacht.
Bei der Auswahl und Auswertung des Manuskripts habe ich keine unterstützenden Leistungen erhalten.
Weitere Personen waren an der geistigen Herstellung der vorliegenden Arbeit nicht beteiligt. Insbesondere habe ich nicht die Hilfe einer Promotionsberaterin/ eines Promotionsberaters in Anspruch genommen. Dritte haben von mir weder mittelbar noch unmittelbar geldwerte Leistungen für Arbeiten erhalten, die im Zusammenhang mit dieser vorgelegten Dissertationsschrift stehen.
Die Dissertationsschrift wurde von mir bisher weder im Inland noch im Ausland in gleicher
oder ähnlicher Form einer anderen Prüfungsbehörde vorgelegt.
Erklärung zur guten wissenschaftlichen Praxis:
Ich erkläre hiermit, dass ich die Ordnung zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis und
zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten (http://typo3-819.rrz.unikoeln.de/fileadmin/templates/uni/PDF/Ordnung_gute_wiss_Praxis.pdf) der Universität zu
Köln gelesen habe und verpflichte mich hiermit, die dort genannten Vorgaben bei allen wissenschaftlichen Tätigkeiten zu beachten und umzusetzen.
Köln, den 6.9.16
Die dieser Arbeit zugrunde liegenden Daten wurden von mir selbst erhoben und ausgewertet.
Bei der Erhebung der BDI-Werte bei der Aufnahme der Patienten unterstütze mich Herr Georgio Psomas, Krankenpfleger auf der Tageseinheit C, und Fr. Cornelia Ley, Krankenschwester auf der Tageseinheit C, Tagesklinik Alteburger Straße.
Danksagung
An erster Stelle, möchte ich mich bei dem ehmaligen Ärztlichen Leiter unserer Tagesklinik,
Prof. Dr. F. Matakas bedanken, der mir immer mit Rat und Tat zur Seite stand und ohne den
diese Arbeit nicht möglich gewesen wäre. Er hat mich aufgebaut und mir immer geholfen,
auch weil er den Glauben an dieses Projekt niemals aufgegeben hat. Das habe ich nie als
selbstverständlich angesehen. Herzlichen Dank.
Danken möchte ich auch Universitätsprofessor Dr.med. J.Klosterkötter, der mir in der entscheidenen Phase der Fertigstellung immer ein achtsamer und kritischer Berater gewesen ist
und mir geistige Anrgungen gegeben hat. Besonders wertvoll war für mich auch, dass es ehrliche und offene Kritik gab, die mich immer ein Stück weiter gebracht hat. Für diese Ehrlichkeit bin ich sehr dankbar.
Dankbar bin ich auch dem Team der Tageseinheit C, die mich in der Ausführung der Befragungen immer großartig unterstützt haben und ohne deren wundervolle, kompetente psychotherapeutische Arbeit ein Studienergebnis, wie es jetzt vorliegt, niemals möglich gewesen wäre.
Der Dank gilt natürlich auch meiner Familie, hier insbesondere meinem Mann, der mich immer voll unterstützt hat. Dieser Beistand ist für mich nicht selbstverständlich, sondern den
habe ich nur Dir und Deiner Geduld zu verdanken. Du bleibst ohnehin immer in meinem Herzen.
Darüber hinaus gilt mein Dank allen Verwandten, Freunden und Bekannten, die mein Jammern und Klagen jahrelang ertragen und mich immer wieder aufgerichtet haben. Ihr könnt
euch nicht vorstellen, wie wichtig dieser Rückhalt für mich war.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung .......................................................................................................... 1
2. Depressive Erkrankungen ............................................................................... 3
2.1 Definition ..................................................................................................... 3
2.2 Einteilung .................................................................................................... 3
2.3 Epidemiologie.............................................................................................. 4
2.4 Ätiopathogenese .......................................................................................... 6
2.5 Klinik ......................................................................................................... 17
2.6 Diagnose .................................................................................................... 18
2.7 Therapie ..................................................................................................... 21
2.8 Prognose .................................................................................................... 24
2.9 Lebensqualität depressiver Patienten ........................................................ 26
2.10Komplikationen der Depression ................................................................ 26
2.11Bindungsmuster und Depression ............................................................... 27
3. Patientenparameter ........................................................................................ 33
3.1 Alltagskompetenz ...................................................................................... 33
3.2 Patientenzufriedenheit ............................................................................... 33
3.3 Lebensqualität............................................................................................ 38
3.4 Symptomveränderung................................................................................ 38
4. Diagnostische Messinstrumente in der Psychiatrie ..................................... 40
4.1 Variablen in der operationalen Diagnostik ................................................ 40
4.1.1 Reliabilität ........................................................................................... 40
4.1.2 Konsistenz ........................................................................................... 40
4.2 Messinstrumente zur Erfassung der Lebensqualität .................................. 40
4.3 Messinstrument zur Erfassung der sozialen Integration ............................. 41
4.4 Messinstrumente zur Erfassung der Depression ......................................... 42
4.5 Messinstrumente im Vergleich ................................................................... 43
4.5.1 BDI-II.................................................................................................. 43
4.5.2 SASSR ................................................................................................ 43
4.5.3 MFPB-18 ............................................................................................ 44
4.5.4 Sonstige Messinstrumente .................................................................. 44
5. Situation der Tageskliniken in Deutschland ................................................ 45
5.1 Verteilung der Tageskliniken in Deutschland ........................................... 45
5.2 Aufenthaltsdauer in den Tageskliniken ..................................................... 45
5.3 Tagesklinik mit psychotherapeutischem Setting ....................................... 45
5.3.1 Behandlungsansatz.............................................................................. 46
5.3.2 Vorteile ............................................................................................... 47
5.3.3 Nachteile ............................................................................................. 47
5.4 Tagesklinik Alteburger Straße gGmbH ..................................................... 47
5.4.1 Hintergrund der Behandlung von depressiven Patienten in der
Tagesklinik Alteburger Straße gGmbH .............................................. 49
5.4.2 Behandlungsablauf auf der Tageseinheit C der Tagesklinik
Alteburger Straße gGmbH ................................................................. 50
5.5 Die Tagesklinik in der Behandlung depressiver Patienten ........................ 57
5.6 Zukunftstrend ............................................................................................ 58
6. Material und Methoden ................................................................................. 59
6.1 Studiendesign ............................................................................................ 59
6.2 Forschungsgegenstand ............................................................................... 59
6.3 Studienkollektiv......................................................................................... 60
6.4 Datenerhebung ........................................................................................... 60
6.4.1 Ablauf der Literaturrecherche ............................................................. 60
6.4.2 Ablauf der Patientenbefragung ........................................................... 63
6.5 Datenanalyse.............................................................................................. 63
7. Ergebnisse ....................................................................................................... 65
7.1 Beschreibung der Stichprobe ..................................................................... 65
7.2 Soziale Integration, depressive Symptomatik und
Patientenzufriedenheit .............................................................................. 66
7.2.1 Übersicht ............................................................................................. 66
7.2.2 Soziale Integration .............................................................................. 67
7.2.3 Depressive Symptomatik .................................................................... 68
7.2.4 Patientenzufriedenheit ........................................................................ 68
7.3 Korrelation der Patientenzufriedenheit mit Outcomes .............................. 71
7.3.1 Assoziation zwischen der Zufriedenheit und der Alltagskompetenz .. 71
7.3.2 Assoziationen zwischen Patientenzufriedenheit und Depressivität .... 71
8. Diskussion ........................................................................................................ 74
8.1 Hypothesenbildung ..................................................................................... 76
8.2 Der Stellenwert der Tageskliniken in der Depressionsbehandlung ........... 76
8.3 Die Tagesklinik Alteburger Straße und ihr psychoanalytischen
Therapieansatz .......................................................................................... 79
8.4 Der Stellenwert der Tagesklinik in der Behandlung traumabedingter
Depressionen und Depressionen im Kontext von
Traumafolgestörungen ............................................................................. 80
8.5 Vergleich der Effizienz des psychotherapeutischen und
psychoanalytischen Ansatzes in der tagesklinischen
Behandlung von Depressionspatienten .................................................... 81
8.6 Vergleich Bearbeitung pathologischer Bindungsmuster im
tagesklinischen und stationären Setting................................................... 83
8.7 Die multipersonelle Übertragung im tagesklinischen Setting ................... 85
9. Zusammenfassung und Ausblick .................................................................. 87
9.1 Zusammenfassung der forschungsfragenspezifischen Ergebnisse ............ 87
9.2 Fazit ........................................................................................................... 89
10. Literaturverzeichnis ...................................................................................... 92
11. Anhang
11.1. Tabellenverzeichnis ................................................................................ 108
11.2. Abbildungsverzeichnis ........................................................................... 109
11.3. SASSR - Fragebogen ............................................................................. 110
11.4. Beck - Depressions - Inventar ............................................................... 124
12. Lebenslauf .................................................................................................... 143
Abkürzungsverzeichnis
BDI-II
Beck-Depressions-Inventar
BRMS
Bech-Rafaelsen-Melancholie-Skala
BRMAS
Bech-Rafaelsen-Manie-Skala
DNA
Desoxyribonukleinsäure
DSN
Diagnostische Depressionsskala Newcastle
DSI
Depressionsstatusinventar
GDS
Geriatrische Depressionsskala nach Yesavage et al.
GSI
Globaler Schwere Index
HADS-D
Hospital Anxiety and Depression Scale – Deutsche Version
ICD
International Classification of Diseases
IDCL
Internationale Diagnosen Checklisten
PTBS
Posttraumatische Belastungsstörung
SDS
Selbstbeurteilungs-Depressionsskala
SNP
Single Nucleotid Polymorphism
TGT
Thematische Gestaltungs-Test-Salzbuger
Einleitung
1
1 Einleitung
Depressive Erkrankungen gehören heutzutage sowohl weltweit als auch in Deutschland zu
den häufigsten Erkrankungen nach Herzkreislauferkrankungen und malignen Erkrankungen
und verursachen aufgrund ihres oft chronischen Verlaufes hohe sozioökonomische wie auch
klinikökonomische Kosten (vgl. Kempermann et al. 2008). Die weltweite Inzidenz depressiver Erkrankungen liegt bei 16-20 % (vgl. Härter et al. 2009; 2014). Die Punktprävalenz der
unipolaren Depression als Form der depressiven Erkrankungen liegt in Deutschland in der
Altersgruppe der 18-65-Jährigen bei etwa 6 %, wonach mehr als 3 Millionen Deutsche von
dieser Erkrankung betroffen sind (vgl. Härter et al. 2009; Härter 2014). Man geht davon aus,
dass 25 % der Klinikaufenthalte eine depressive Erkrankung zugrunde liegen (vgl. Härter
2014).
Entsprechend den epidemiologischen Daten des Robert Koch Institutes ist in den nächsten
Jahren mit einem weiteren Anstieg der depressiven Erkrankungen zu rechnen.
Vor allem die Chronizität der depressiven Erkrankungen erschwert sowohl die Therapie als
auch die Versorgung der betroffenen Patienten. Daten der WHO zeigten bereits 2001, dass
depressive Erkrankungen, wie die unipolare Depression, mit einer hohen Krankheitsdauer
assoziiert sind (vgl. Härter et al. 2007).
Dabei unterteilt sich die klassische Depression in verschiedene Erkrankungsformen und der
Begriff „Depression“ wurde vom Begriff der „depressiven Erkrankung“ abgelöst. Ebenso
wurde die neue Einteilung der depressiven Erkrankungen auch in die aktuelle ICD-10 übernommen (vgl. Härter et al. 2009; 2014) und stellt sich dort u. a. als depressive Episode (F32),
rezidivierende depressive Störung (F33) und anhaltende affektive Störung (F34) dar (vgl.
Krollner & Krollner. 2014).
Bei depressiven Erkrankungen sind sowohl die Lebensqualität als auch die soziale Integration
oftmals deutlich eingeschränkt. Um sowohl die Lebensqualität als auch die soziale Integration
zu verbessern, wurde die Versorgungsstruktur dieser Patienten optimiert und verzahnt.
Nach Härter stellt die Versorgung von Patienten mit depressiven Erkrankungen eine komplexe Verzahnung verschiedener Bereiche dar (vgl. Härter 2014). Zu diesen Bereichen, die in
die Versorgung dieser Patientengruppe einfließen, gehören (vgl. Härter et al. 2009; Härter
2014):

Hausärzte,
Einleitung
2

Fachärzte für Innere Medizin und Geriatrie,

Fachärzte für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie,

Ärzte mit den Zusatzqualifikationen in Psychotherapie und Psychoanalyse,

Psychologen,

Ergotherapeuten, Soziotherapeuten, Sozialarbeiter, Sozialpädagogen, Betreuer und
ambulantes Pflegepersonal,

Fachkliniken und Fachabteilungen,

Gerontopsychiatrische Ambulanzzentren, Institutsambulanzen und Tageskliniken sowie

Rehabilitationseinrichtungen.
Tageskliniken stellen dabei eine wichtige Einrichtung in der Versorgung depressiv Erkrankter
dar und gewährleisten in Deutschland die Versorgung dieser Patienten sowohl in Kombination als auch getrennt von einem stationären Aufenthalt der Patienten.
In Deutschland gibt es ein flächendeckendes Angebot an Tagesklinik für Patienten mit depressiven Erkrankungen, wobei die Kliniken vor allem im städtischen Raum angesiedelt sind.
Die Mehrzahl der Tageskliniken verfolgt dabei das Konzept eines psychiatrischen Settings.
Die Anzahl der Tageskliniken, die nach einem psychotherapeutischen Konzept arbeiten, ist in
diesem Sektor gering. Dabei kommt das psychotherapeutische Setting der Tagesklinik einer
vollstationären Psychotherapie gleich.
Inwieweit sich die verschiedenen tagesklinischen Therapiemodelle auf die Lebensqualität und
den Krankheitsverlauf der Patienten mit depressiven Erkrankungen auswirken, ist noch nicht
hinreichend untersucht. Man weiß jedoch, dass das subjektive Erleben des Patienten hinsichtlich der Behandlung eine wichtige Rolle im Krankheitsverlauf spielt.
Depressive Erkrankungen
3
2 Depressive Erkrankungen
2.1 Definition
Die Weltgesundheitsorganisation WHO definiert Depression als „eine weit verbreitete psychische Störung, die durch Traurigkeit, Interesselosigkeit und Verlust an Genussfähigkeit,
Schuldgefühle und geringes Selbstwertgefühl, Schlafstörungen, Appetitlosigkeit, Müdigkeit
und Konzentrationsschwächen gekennzeichnet sein kann“ (WHO 2014a, Onlinequelle).
Die Ausprägung der Depression ist dabei unterschiedlich und bezieht im Allgemeinen alle
Lebensbereiche der Betroffenen mit ein, was zu einer Beeinträchtigung des Lebens, des Lernens und des Arbeitens führt.
Die Nationale Versorgungsleitlinie (S3-Leitlinie), herausgegeben von den im Bereich der
Psychiatrie verantwortlichen Arbeitsgemeinschaften und Gesellschaften, gibt eine genauere
Definition der depressiven Störung, indem sie diese als „psychopathologische Syndrome von
bestimmter Dauer innerhalb der diagnostischen Kategorie der affektiven Störungen“ (DGPPN
et al. 2009, Onlinequelle) definiert. Damit fallen in den Bereich der depressiven Störungen,
die in der ICD-10 als F32, F33, F34, F38 und F39 kategorisierten Erkrankungen.
2.2 Einteilung
Die Einteilung der Depression orientiert sich an dem Auftreten und der Dauer der Haupt- und
Zusatzsymptome sowie somatischer und psychotischer Symptome (vgl. Härter et al. 2007)
und führt zur Einteilung der depressiven Episoden hinsichtlich ihres Schweregrades, ihres
Verlaufes und ihrer Frequenz (vgl. DGPPN et al. 2009).
Wichtig dabei ist, dass sowohl Haupt- als auch Zusatzsymptome mindestens zwei Wochen
vorliegen müssen, bevor man von einer depressiven Episode sprechen kann. Liegen zwei
Hauptsymptome und zwei Nebensymptome vor, so spricht man von einer leichten depressiven Episode. Bei zwei Hauptsymptomen und drei bis vier Zusatzsymptomen handelt es sich
um eine mittelgradige depressive Episode. Das Vorliegen von drei Hauptsymptomen und
mindestens vier Zusatzsymptomen führt zu einer schweren depressiven Episode (vgl. DGPPN
et al. 2009).
Zusätzlich zu den Haupt- und Zusatzsymptomen bestimmen das somatische Syndrom und das
psychotische Syndrom die Einteilung der depressiven Episode. Zieht man nun das somatische
und psychotische Syndrom hinzu, lassen sich die depressiven Episoden noch in monophasi-
Depressive Erkrankungen
4
sche, rezidivierende und bipolare depressive Episoden unterteilen. Als monophasisch wird
dabei eine depressive Episode bezeichnet, die nur einmal auftritt und wenn es in der Anamnese des Patienten auch zuvor keine depressiven Episoden gab. Demgegenüber beschreibt
rezidivierend das Vorliegen einer aktuellen depressiven Episode, bei der es bereits in der
Anamnese mindestens eine weitere depressive Episode gab. Die Bezeichnung bipolar wird für
depressive Episoden verwendet, die in der Anamnese mindestens eine manische, hypomanische oder gemischte affektive Störung aufweisen (vgl. Härter et al. 2007; DGPPN et al.
2009).
So wird eine leichte depressive Episode ohne somatische Symptome als monophasisch bezeichnet, während das Vorliegen somatischer Symptome zur Einteilung in die rezidivierenden
depressiven Episoden führt (vgl. Härter et al. 2007). Gleiches gilt für die mittelgradig depressiven Episoden, die entsprechend dem Vorliegen bzw. Nichtvorliegen somatischer Symptome
in monophasische oder rezidivierende depressive Episoden unterteilt werden (vgl. Härter et
al. 2007). Bei den schweren depressiven Episoden spielt das Auftreten psychotischer Symptome eine Rolle. Eine schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen wird dabei
als bipolare depressive Episode und ohne psychotische Symptome als rezidivierende depressive Episode bezeichnet (vgl. Härter et al. 2007), kann bedingt jedoch auch den monophasischen depressiven Episoden (F32.2, F32.3) zugeordnet werden.
2.3 Epidemiologie
Die Lebenszeitprävalenz der unipolaren Depression liegt bei 15-18 % (vgl. Kempermann et
al. 2008) und zeigt eine Präferenz des weiblichen Geschlechtes (vgl. WHO 2014a). Entsprechend den Daten der WHO aus der EU, aus Island, Norwegen und der Schweiz leidet einer
von 15 Menschen im Alter zwischen 18 und 65 Jahren an einer Majordepression, während
insgesamt 23 % der Menschen dieser Altersgruppe an einer psychischen Störung allgemein
leiden (vgl. WHO 2014c).
Von den Patienten, die bereits eine depressive Episode erlitten haben, erkranken 50-85 % im
Verlauf ihres Lebens erneut an einer depressiven Episode, was bedeutet, dass das Wiedererkrankungsrisiko mit jeder depressiven Episode zunimmt (vgl. Kempermann et al. 2008).
Ebenso erhöht jede depressive Episode die Therapieresistenz und das Chronifizierungsrisiko.
So liegt beispielsweise die Rezidivwahrscheinlichkeit nach dem Auftreten von mindestens 3
Episoden einer Majordepression bei 90 % (vgl. Kempermann et al. 2008). Die Rezidivwahr-
Depressive Erkrankungen
5
scheinlichkeit nach einer einmaligen depressiven Episode liegt im Follow-up nach 10 Jahren
bei immerhin noch 58 % (vgl. Kempermann et al. 2008). Das Rezidivrisiko steigt nach Kempermann nach jeder depressiven Episode um 16 % (vgl. Kempermann et al. 2008). „Der mittlere zeitliche Abstand zwischen zwei depressiven Episoden liegt bei vier bis fünf Jahren und
nimmt mit dem Alter ab“ (Kempermann et al. 2008, S. 73).
Zur Beschreibung der Prävalenz und der Auswirkung der Depression im Spezifischen sowie
der neuropsychiatrischen Erkrankungen im Allgemeinen werden die sogenannten DALYs
(disability-adjusted life years) und YLDs (years lived with disability) herangezogen. Dabei
macht die unipolare depressive Episode mit 5,6 % den Hauptanteil der DALYs bezogen auf
neuropsychiatrische Erkrankungen aus und nimmt in der Gesamtstatistik der 15 häufigsten
lebensbeeinträchtigenden Erkrankungen Platz drei ein (vgl. WHO 2014c). Bezogen auf YLDs
führen die neuropsychiatrischen Erkrankungen die Statistik an und auch hier ist die unipolare
depressive Episode mit 12,4 % am häufigsten in Europa vertreten (vgl. WHO 2014c).
Der WHO-Report „Health for the world’s adolescents“ definiert die Depression als einen der
Hauptfaktoren für die Entwicklung weiterer psychischer Erkrankungen und Störungen bei
Kindern und Jugendlichen im Alter von zehn bis neunzehn Jahren. Sie stellt zudem eine der
Hauptursachen für Suizide unter Jugendlichen dar (vgl. WHO 2014b).
Es wurde eine Reihe von Risikofaktoren verifiziert. Neben den ätiopathogenetisch wirkenden
Faktoren begünstigen diese die Entstehung einer depressiven Episode. Zu diesen
Risikofaktoren gehören (vgl. DGPPN et al. 2009):

depressive Episoden in der Anamnese,

ein Mangel an sozialer Unterstützung,

eine positive Familienanamnese bzgl. bipolarer und/oder depressiver Erkrankungen,

Komorbiditäten,

Substanzmissbrauch,

akute einschneidende Lebensereignisse und

Suizidversuche in der Eigen- und Familienanamnese.
Depressive Erkrankungen
6
2.4 Ätiopathogenese
Die Ätiopathogenese der depressiven Erkrankungen ist ein multifaktorielles Geschehen. Verantwortlich für die Ausbildung einer depressiven Erkrankung können dabei sein (vgl. Wittchen et al. 2010):

biopsychosoziale Faktoren,

neurologische Faktoren,

pharmakologische Faktoren, Drogen und

Komorbiditäten.
Hierbei werden die einzelnen Faktoren den beiden Gruppen psychosoziale Aspekte und neurobiologische Aspekte zugeordnet (vgl. Wittchen et al. 2010), welche in der folgenden Tabelle
darstellt werden.
Tabelle 1
Gruppierung der ätiopathogenetischen Faktoren nach Hegerl. In Anlehnung an Wittchen et
al. (2010, S. 14) und Hegerl et al.(2005)
Psychosoziale Aspekte
Neurobiologische Aspekte
Vulnerabilität
Negative Lebenserfahrungen
Genetische Aspekte
Depressiver Zustand
Depressive Symptomatik
Auslöser
Akute und chronische psychosoziale Belastung
Therapie
Psychotherapie
Überaktivität der Stresshormonachse
Neurochemische Dysregulation bzgl. Serotonin und
Noradrenalin
Pharmakotherapie
Psychosoziale Faktoren
Es gibt eine Reihe von sozialen Rahmenbedingungen und Ereignissen, die eine depressive
Erkrankung bedingen, forcieren oder auslösen können. Einige von ihnen begründen nach
ICD-10 und DSM-V auch eigene Subspezifitäten der depressiven Erkrankungen wie beispielsweise die Wochenbettdepression oder die Schwangerschaftsdepression.
Soziale Gründe für die Ausbildung einer depressiven Erkrankung können beispielsweise sein:

drohende, eingetretene oder bestehende Arbeitslosigkeit,
Depressive Erkrankungen
7

krankheitsbedingte Berufsunfähigkeit,

Scheidung,

Tod eines nahen Angehörigen,

Wohnungslosigkeit oder drohender Verlust der Wohnung,

häusliche Gewalt,

kranke Angehörige,

die Pflege kranker oder behinderter Angehöriger,

Stress und Burn-out,

Beziehungsprobleme,

Probleme im Arbeits- und Gesellschaftsleben,

erlebte oder mit angesehene Traumata (Missbrauch, Überfall, Autounfall, Naturkatastrophe etc.) oder

alkoholabhängige/drogenabhängige Angehörige (vgl. DGPPN et al. 2009).
Die Ursache, warum psychosoziale Faktoren eine depressive Erkrankung auslösen, bedingen
oder verstärken können, ist genauso multifaktoriell, wie es die psychosozialen Faktoren selbst
sind. Einerseits wirken sich psychosoziale Faktoren auf die biologischen und neuronalen Prozesse im Körper aus, wodurch sie über eine Veränderung der Hirnstruktur und -funktion eine
depressive Erkrankung verursachen oder begünstigen können, andererseits lässt sich mithilfe
lerntheoretischer und kognitiver Ansätze die Entstehung depressiver Erkrankungen durch das
Auftreten psychosozialer Faktoren erklären (vgl. Lewinsohn et al. 1979; Beck 1974). Diese
Modelle wurden bereits in den 70er-Jahren konzipiert. Das Auftreten einer depressiven Erkrankung im Rahmen des lerntheoretischen Modells wurde damals auf einen Mangel an Belohnung zurückgeführt (vgl. Lewinsohn et al. 1979). Auf dem Boden des kognitiven Modells
nach Beck (1974) werden depressive Erkrankungen durch eine Interaktion von dysfunktionalen Kognitionen hervorgerufen.
Man spricht bei den psychosozialen Faktoren auch von sogenannten Negativverstärkern (vgl.
Wittchen et al. 2010). Diese Erkenntnis bildet die Grundlage der Theorie der erlernten Hilflosigkeit als Ursache depressiver Erkrankungen (vgl. Abramson et al. 1978; 1989). Hinzu
kommt der Einfluss der Persönlichkeitsstruktur auf die Ausbildung depressiver Erkrankungen
Depressive Erkrankungen
8
(vgl. Kronmüller et al. 2002). Vor allem die als Melancholiker bezeichneten Persönlichkeitstypen haben eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Ausprägung einer depressiven Erkrankung
(vgl. Zerssen 1991).
Genetische (biologische) Faktoren
Die genetische Komponente der depressiven Erkrankungen ist unumstritten (vgl. Lieb et al.
2002; Mattejat et al. 2008). Dabei spielen verschiedene Gene und Genloci eine Rolle in der
Entstehung depressiver Erkrankungen.
Belegt wird diese Tatsache durch die nachweislich familiäre Häufung von depressiven Erkrankungen (vgl. Berger et al. 1999). Das Risiko von Kindern depressiver Eltern, an einer
depressiven Erkrankung zu leiden, ist um fast 14-16 % höher als bei Kindern, deren Eltern
keine depressiven Erkrankungen zeigen (vgl. Wittchen et al. 2010; Mattejat et al. 2008).
Ebenso sind die Dysthymie und die bipolaren Störungen mit depressiver Komponente bei
Kindern depressiver Eltern gegenüber Kindern von gesunden Eltern um 4-5 % bei der Dysthymie und um 2-4 % bei der bipolaren Störung erhöht (vgl. Mattejat et al. 2008).
Gleiche Ergebnisse wurden in Zwillingsstudien belegt. So beträgt die Konkordanz depressiver
Erkrankungen bei eineiigen Zwillingen 44 % und bei zweieiigen Zwillingen 20 % (vgl.
Mattejat et al. 2008). Die sich dadurch bedingende Heritabilität, die Erblichkeit depressiver
Erkrankungen liegt zwischen 40-71 % (vgl. McGuffin et al. 2003).
Sowohl McGuffin et al. als auch Mattejat et al. konnten gewisse Gesetzmäßigkeiten innerhalb
der familiären Prädisposition ausmachen (vgl. Mattejat et al. 2008; McGuffin et al. 2003). So
besteht ein direkter Zusammenhang zwischen der Erstmanifestation einer depressiven Erkrankung innerhalb der Familie und der familiären Prädisposition. Je früher eine depressive Erkrankung sich in einer Familie manifestiert, desto höher ist die genetische Belastung für die
übrigen Familienmitglieder. Zudem kommt es innerhalb der Generationen einer Familie zu
einer Verjüngung des Erstmanifestationsalters in jeder neuen Generation. Letztlich besteht
keine Geschlechtsdivergenz in der Stärke der genetischen Prädisposition.
Forciert werden die genetischen Faktoren durch ihre nachgewiesene Beeinflussbarkeit durch
Umweltfaktoren und soziale Faktoren (vgl. Maier 2004). Auch hier liegen die Daten von
Zwillingsstudien vor, die sich mit der Wechselbeziehung von genetischer Disposition und
psychosozialem Kontext befasst haben (vgl. Wittchen et al. 2010; Kendler et al. 1999). Somit
kann eine Reihe psychosozialer Faktoren, wie frühe Kindheitstraumata, kritische Lebenser-
Depressive Erkrankungen
9
eignisse, ein mangelnder sozialer Bezugsrahmen und der sog. Neurotizismus eines Menschen,
die genetische Prädisposition einer depressiven Erkrankung erhöhen (vgl. Kendler et al. 1999;
Brakemeier et al. 2008).
Eines der Gene, die die Prädisposition einer depressiven Erkrankung erhöhen, ist das Gen 5HTTLPR (vgl. Risch et al. 2009). Dieses Gen, welches zum Chromosom 17 gehört, bewirkt
einerseits eine Störung in der Interaktion von Amygdala und subgenualem Gyrus cinguli, was
zu einer gestörten Emotionsverarbeitung und -ausprägung führt, andererseits ist das kurze
Allel dieses Chromosoms mit einem bis zu 50 % höheren Erkrankungsrisiko einer depressiven Erkrankung assoziiert (vgl. Risch et al. 2009). Außerdem zeigen Träger des kurzen Allels
eine Dysfunktion des Gyrus cinguli bezüglich negativ affektiver Emotionen, was zum Auftreten einer depressiven Erkrankung bei fehlender Pufferung von Negativgefühlen zur Folge hat
(vgl. Risch et al. 2009). Inwieweit diese Untersuchungen Allgemeingültigkeit besitzen, bleibt
zu hinterfragen, da es auch Studiendaten gibt, die diese Erkenntnisse bzgl. des 5-HTTLPRGens und der erhöhten Inzidenz und Prävalenz von depressiven Erkrankungen widerlegen.
Neben dem 5-HTTLPR-Gen nehmen Gene Einfluss auf die Inzidenz und Prävalenz der depressiven Erkrankungen, die weitere Rezeptoren und Transporter im Serotoninstoffwechsel
codieren (vgl. Mandelli et al. 2007).
Neurobiologische Faktoren
Die Gruppe der neurobiologischen Faktoren, die eine depressive Erkrankung bedingen oder
forcieren können, wird geprägt durch unspezifische strukturelle und funktionelle Hirnveränderungen (vgl. Eberhard-Metzger 2006). Daneben führen hormonelle Veränderungen auch
extrakranial durch die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenachse zu biologischen Veränderungen, die depressive Erkrankungen bedingen können. Hierin wird u. a. die Ursache postpartaler und prämenstrueller depressiver Erkrankungen gesehen (vgl. Yonkers & McCunn
2007; Wittchen et al. 2010).
Pharmakologische Faktoren und Drogen
Auch Medikamente und Drogen können eine depressive Episode bedingen oder eine bestehende depressive Episode beeinflussen. Vor allem von Drogen wie Cannabis, Ecstasy und
Depressive Erkrankungen
10
Crystal Meth gehen depressive Episoden aus. Unter den Medikamenten bedingen insbesondere Antibiotika depressive Episoden.
Mehrere Studien haben den direkten Zusammenhang zwischen depressiven Störungen und
Substanzmissbrauch nachgewiesen (vgl. Ihle et al. 2012). Die Prävalenz depressiver Störungen bei Alkoholabhängigen lag in der Studie von Soyka und Kollegen bei 30-60 % (vgl.
Soyka et al. 1996). Dieser Zusammenhang wurde von Swendsen und Kollegen im Jahr 2000
bestätigt und um den Zusammenhang zwischen depressiven Störungen und Substanzmissbrauch ohne Alkohol (Drogen, Medikamente) erweitert (vgl. Swendsen & Merikangas 2000).
Sie kamen außerdem zu dem Schluss, dass es keinen ausschließlich unidirektionalen Zusammenhang zwischen depressiven Störungen und den einzelnen Arten des Substanzmissbrauchs
gibt, sondern dass beide Störungen einander bedingen und zur jeweils anderen Störung führen
können (vgl. Swendsen & Merikangas 2000).
Trauma als Ursache der Depression
Aufgrund der starken Entwicklung in der Traumaforschung bestehen mittlerweile auch ausreichende Studiendaten, die den Zusammenhang zwischen Depressionen und Traumata erklären. Dabei können Traumata gleich welchen Ausmaßes und welcher Art und vor allem unabhängig ihres zeitlichen Auftretens in der Biographie eines Menschen zum Auslöser von Depressionen werden (vgl. Wingenfeld et al. 2011). Vor allem der Major-Depression liegt häufig
eine Traumagenese zugrunde (vgl. Fernando et al. 2012). Während sich die Ausbildung einer
Depression aufgrund eines Traumas aus psychologischer Sicht als Verarbeitungsprozess beschreiben lässt, lassen sich die Zusammenhänge auch neurobiologisch nachweisen (vgl.
Fernando et al. 2012). In ihrer Studie aus dem Jahr 2012 konnten Fernando und Kollegen
nachweisen, dass sowohl Traumapatienten als auch Patienten mit einer Depression Verschiebungen in der Aktivität der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenachse (HHP-Achse) und
einen signifikant höheren Kortisolspiegel aufweisen als gesunde Personen (vgl. Fernando et
al. 2012). Damit scheinen beide Prozesse nicht nur durch dieselben Hormone generiert zu
werden, sondern auch über ähnliche hormonelle Aktivierungsprozesse ausgelöst zu werden
(vgl. Fernando et al. 2012). Wang und Kollegen gehen davon aus, dass die Stressoren, die zur
Aktivierung der HHP-Achse führen, ebenso die neuronalen Rezeptoren beeinflussen (vgl.
Wang et al. 2013; Kapfhammer 2014). Die Studienlage, die diese Effekte mittels des Neuroimaging abbildet ist allerdings gering (vgl. Wang et al. 2013). Daneben führen Traumata in
der frühen Lebensphase eines Individuums zu einer erhöhten Vulnerabilität, die das Auftreten
Depressive Erkrankungen
11
einer Depression im Erwachsenenalter begünstigt (vgl. Wang et al. 2013; Kleim et al. 2012).
Auch hier liegt die Ursache in einer Veränderung der neuronalen Rezeptoraktivitäten und
damit der neuronalen Informationsweiterleitung (vgl. Wang et al. 2013).
Frühe interpersonelle Traumatisierung (FIT) als Ursache der Depression
Neben den oben beschriebenen Ursachen der Depression kann im Rahmen der verschiedenen
Traumatisierungen auch die frühe interpersonelle Traumatisierung (FIT) als Ursache der Depression angesehen werden (vgl. Kolk 2009; Wiersma et al. 2009; Park et al. 2016). Hierzu
gehören alle Formen von Traumata, welche der Säugling bzw. das Kleinkind durch seine Bezugspersonen erlebt. Neben den verschiedenen Arten des Missbrauchs sind dies u.a. körperliche und seelische Misshandlungen, emotionale Vernachlässigung oder wiederholt medizinische Eingriffe. Die frühe interpersonelle Traumatisierung geht mit einer erhöhten Lebenszeitprävalenz spezifischer psychiatrischer Erkrankungen einher (vgl. Tagay et al. 2013; Fricke et
al. 2007). So ist sie in 54% mit einer Depression, in 84% mit einer BorderlinePersönlichkeitsstörung und in 32,4% mit einer Angststörung im Erwachsenenalter vergesellschaftet (vgl. Herpertz 2014; Teicher & Samson 2013).
Für depressive Patienten bedeutet das zudem, dass Patienten mit früher interpersoneller
Traumatisierung einen früheren Beginn der Depression, eine größere Symptomvielfalt, eine
höhere Rate an Komorbiditäten und ein deutlich höheres Suizidrisiko gegenüber depressiven
Patienten ohne frühe interpersonelle Traumatisierung aufweisen (vgl. Teicher & Samson
2013; Herbst et al. 2009). Dabei müssen sich nach Streeck-Fischer (2014) frühe interpersonelle Traumatisierungen nicht zwangsläufig in spezifischen Störungsbildern manifestieren.
Jedoch gehen sie zumeist mit einer gestörten Objektbeziehung und damit mit einer gestörten
Beziehungserfahrung einher, die im Erwachsenenalter zu zahlreichen Folgeerscheinungen und
Erkrankungen führen (vgl. Streeck-Fischer 2014; Pérez et al. 2011).
Die Ursache der komplexen Auswirkungen früher interpersoneller Traumatisierungen liegt in
deren neurobiologischen Auswirkungen, die zur Entwicklung sog. ecophenotypischer Varianten führen (vgl. Herpertz 2014). Hier sind insbesondere Veränderungen im Bereich des Hippocampus (Volumenreduktion), der Amygdala (Hyperaktivität) und des präfrontalen Kortex
mit rechtshemisphärischer Fokussierung zu verzeichnen (vgl. Teicher & Samson 2013;
Naumann-Lenzen 2003). Beeinflusst werden die Entwicklung und Ausprägung der frühen
interpersonellen Traumatisierung durch genetische Faktoren in Form von genetischen Modifikationen und genetischen Polymorphismen, intrapersonelle Faktoren in Form der Resilienz
Depressive Erkrankungen
12
und Resistenz sowie Umweltfaktoren (vgl. Naumann-Lenzen 2003). In ihrer Studie aus dem
Jahr 2013 konnten Apter-Levy und Kollegen den genetischen Zusammenhang zwischen den
Allelvariationen des Oxytocin-Rezeptor-Gens (OXTR) und den Auswirkungen einer frühen
interpersonellen Traumatisierung nachweisen. Kinder mit dem rs225298-G-Allel im OXTR
wiesen dabei eine genetische Prädisposition einer sozialen Hypersensitivität auf, die beim
Auftreten früher interpersoneller Traumatisierungen beispielweise in Form mäßiger Vernachlässigung zu ausgeprägten Störungen im Erwachsenenalter führt (vgl. Apter-Levy et al. 2013).
Demgegenüber waren Kinder mit dem rs-2254298-A-Allel im OXTR resistenter gegenüber
der frühen interpersonellen Traumatisierung, so dass diese weder einen desorganisierten Bindungstyp noch eine Emotionsregulationsstörung zeigten. Patienten, die eine frühe interpersonelle Traumatisierung erfahren haben, zeigen unabhängig der Kriterien einer spezifischen
psychiatrischen Erkrankung wie der Depression u.a. eine hohe Bedrohungssensitivität, eine
schlechte Emotionsregulation, einen unsicheren Bindungsstil, ein schlechtes Selbstkonzept
und eine Mentalisierungsschwäche (vgl. Herpertz 2014; Naumann-Lenzen 2003; Wiltgen et
al. 2015).
In der Behandlung von Patienten, deren psychiatrische Erkrankung auf eine frühe interpersonelle Traumatisierung zurückzuführen bzw. durch eine solche forciert wurde, müssen die Störungen aus der frühen interpersonellen Traumatisierung berücksichtigt werden. Dabei bieten
vor allem psychotherapeutische Verfahren aus der Verhaltenstherapie und der Psychoanalyse
die Möglichkeit zum interpersonellen Lernen und damit zum neurobiologischen und kognitiven Nachreifen (vgl. Herpertz 2014). Insbesondere, da die aufgrund der frühen interpersonellen Traumatisierung entstandenen Bindungsprobleme und Bindungsstörungen einbezogen
werden können (vgl. Kolk 2009). Des Weiteren muss berücksichtigt werden, dass Patienten
mit Depression und früher interpersoneller Traumatisierung ein signifikant schlechteres Ansprechen auf eine antidepressive Pharmakotherapie zeigen als depressive Patienten ohne frühe
interpersonelle Traumatisierung (vgl. Nemeroff et al. 2003).
Komorbiditäten
Vor allem psychiatrische Erkrankungen erhöhen das Risiko, eine depressive Erkrankung zu
entwickeln. Nachgewiesen wurde das beispielsweise für die Angststörungen in der EDSPStudie (vgl. Bittner et al. 2004; Wittchen et al. 2000). Angststörungen gehen im Durchschnitt
mit einer 2-3-fach höheren Inzidenz depressiver Erkrankungen einher (vgl. Bittner et al.
2004). Begründet wird die Komorbidität von depressiven Erkrankungen mit anderen psychiat-
Depressive Erkrankungen
13
rischen Erkrankungen über gemeinsame Vulnerabilitätsfaktoren sowie über die wechselseitige
Beeinflussung ihrer prädisponierenden Faktoren (vgl. Wittchen et al. 2000).
Alle diese Faktoren dienen als Stressoren, die durch ihr Zusammenspiel untereinander und mit
der Grundstimmung des Patienten im Sinn seiner Vulnerabilität und Resilienz die Entwicklung einer depressiven Erkrankung bedingen können. Inwieweit es zur Ausbildung einer depressiven Erkrankung bei Vorliegen verschiedener Stressoren kommt, wird mithilfe der Vulnerabiltäts-Stress-Modelle erklärt (vgl. Wittchen et al. 2010; Wittchen et al. 2006b), die nachfolgend, wie auch die Resilienz, näher erklärt werden sollen.
Zimmermann und Kollegen konnten 2002 in einer Studie an 479 Patienten zeigen, dass die
Depression mit anderen Achse-I-Störungen assoziiert ist. So wiesen 64 % der Patienten dieser
Studie eine zusätzliche Achse-I-Störung und 37 % mindestens zwei weitere Achse-IStörungen auf (vgl. Zimmermann et al. 2002). Mit 57 % bildeten Angststörungen die häufigste Komorbidität der depressiven Störung. Der prozentuale Anteil der Achse-I-Komorbiditäten
stieg auf 73 %, wenn auch sog. subsyndromale Störungen eingeschlossen wurden (vgl. Zimmermann et al. 2002). Den engen Zusammenhang von depressiven Störungen und Angststörungen wiesen Johnson und Lydiard bereits 1998 nach (vgl. Johnson & Lydiard 1998). Katon
beschrieb 1991 die Komorbidität der depressiven Störung mit Panikstörungen in bidirektionaler Richtung. Hierbei zeigten 25 % der Patienten mit einer depressiven Störung eine Panikstörung, während 40-80 % der Patienten mit Panikstörungen eine zusätzliche depressive Störung
aufwiesen (vgl. Katon 1991).
Vulnerabilitäts-Stress-Modelle
Den einzelnen Modellen ist gemeinsam, dass der Auslöser (Stressor) auf die Vulnerabilität
(Veranlagung) und Resilienz des Patienten trifft, woraus es je nach Vorbedingungen zu einem
depressiven Zustand kommen kann, der einer Therapie bedarf (vgl. Wittchen & Jacobi 2010;
Wittchen et al. 2006b).
Dabei kommt es zu einem Zusammenspiel der Hauptfaktoren (vgl. Wittchen et al. 2010):

Belastung (akut und/oder chronisch),

neurobiologische und psychische Veränderung und

modifizierende Variablen.
Depressive Erkrankungen
14
Die Unterscheidung der einzelnen Modelle beruht auf deren unterschiedliche Klassifizierung
und Bewertung der einzelnen biopsychosozialen Faktoren und der Bewertung der Notwendigkeit einer Therapie (vgl. Wittchen et al. 2010; 2006b).
Die Anzahl bestehender Modelle zeigt, wie komplex das Zusammenspiel der einzelnen Faktoren ist und wie schwierig es ist, daraus Kernfaktoren zu eliminieren, vor allem vor dem Hintergrund einer zusätzlich einfließenden hohen Anzahl von Vulnerabilitätsfaktoren.
Einer dieser Vulnerabilitätsfaktoren ist ein genetischer Vulnerabilitätsfaktor, der sich auf einer
Variation der Promotorregion des Serotonintransportergens begründet (vgl. Risch et al. 2009).
Resilienz
Als Resilienz wird die Widerstandsfähigkeit der Seele beschrieben, die auf Forschungen von
Werner und Smith an hawaiianischen Einwohnern der Insel Kauai im Rahmen der KauaiStudie zurückzuführen ist (vgl. Sit 2012). Aufgrund der 40-jährigen Nachbeobachtung von im
Jahr 1955 geborenen Kindern konnten anhand der Kauai-Studie psychisch-seelische Schutzfaktoren evaluiert werden, die dafür verantwortlich sind, inwieweit traumatische Kindheitserlebnisse und schwierige frühe Lebensphasen verarbeitet werden und eine störungsfreie seelische Entwicklung möglich ist (vgl. Sit 2012). Auf dem Boden dieser Grundlagenstudie und
ergänzt durch nachfolgende Studien wurden drei spezifische Merkmale der Resilienz festgelegt.
Demnach ist Resilienz kein angeborenes Persönlichkeitsmerkmal, sondern ein sich im Zuge
der Entwicklung ausbildendes und von der Kind-Umwelt-Interaktion bestimmtes Merkmal
(vgl. Sit 2012). Daneben kann Resilienz nicht als statisches Merkmal gewertet werden. Die
Resilienz eines Menschen ist variabel und abhängig von der aktuellen Lebenssituation, weswegen sich Resilienz zu unterschiedlichen Zeiten und bei verschiedenen Umständen unterschiedlich äußern kann (vgl. Sit 2012). Ein weiteres Merkmal der Resilienz ist ihre Verwurzelung in der von der individuellen Persönlichkeit und der Lebenssituation bestimmten Individualentwicklung.
Vor allem Phasen, die Entwicklungsschritte oder Entwicklungsübergänge beinhalten, zeichnen sich durch eine geringere Resilienz aus. Zu solchen Phasen gehört beispielsweise der
Übergang ins Grundschulalter oder in die Pubertät. Dabei ist das Individuum bzw. das Kind in
Phasen geringerer Widerstandskraft einerseits anfälliger, andererseits offener für äußere Fak-
Depressive Erkrankungen
15
toren, die sich aus der Umwelt ergeben, und „Risikobedingungen können stärker auf das psychosoziale Funktionsniveau des einzelnen Kindes einwirken“ (Sit 2012, S. 13).
Die Komplexität der seelischen Widerstandskraft als Interaktion von innerpersonalen und
interpersonalen Verhältnissen bedingt, dass nur eine sichere innere und auch äußere Umgebung zur Ausbildung der Resilienz führt (vgl. WHO 2014b). Damit bilden sogenannte innere
und äußere Schutzfaktoren die Grundlage der Resilienz. Diese Schutzfaktoren werden in
Schutzfaktoren innerhalb und außerhalb der Familie unterteilt. Zu den innerfamiliären Schutzfaktoren gehören hierbei:

„eine verlässliche primäre Bezugsperson,

ein Erziehungsstil, der Risikoübernahme und Unabhängigkeit möglich macht bzw.
zum Ziel hat und

die Ermutigung, Gefühle auszudrücken, verbunden mit einer positiven Identifikationsfigur“ (Sit 2012, S. 16).
Außerfamiliäre Schutzfaktoren beinhalten (vgl. Sit 2012):

konstante stabile und verlässliche Freundschaften,

eine Sensibilität der Umwelt,

unterstützende Erwachsene, die nicht zur Familie gehören, wie beispielsweise LehrerInnen und ErzieherInnen,

ein entwicklungsförderndes und unterstützend sowie schützend wirkendes Umfeld in
Kindergarten und Schule,

klare und artikulierte Regeln und

die positive Verstärkung des Verhaltens und der Leistung des Kindes.
Kinder bzw. Menschen, die über eine gute Resilienz verfügen, können auf gesunde Ressourcen zurückgreifen, die sich aus folgenden Faktoren zusammensetzen und gleichzeitig die
Merkmale resilienter Kinder und Erwachsener darstellen (vgl. Sit 2012, S. 13):

ein sicheres Bindungsverhalten,

eine aktive Problembewältigung,

eine internale Überzeugung vom Handlungserfolg,
Depressive Erkrankungen
16

Optimismus,

Zuversichtlichkeit,

eine effektive Nutzung vorhandener Ressourcen,

ein Glauben an eigene Kontrollmöglichkeiten,

Realismus mit realistischer Reflexion und Interpretation der aktuellen Situation,

die Fähigkeit zur Selbstmotivation,

eine hohe Sozialkompetenz,

eine hohe Fähigkeit zur Empathie,

eine hohe Kooperationsfähigkeit sowie

die Übernahme von Verantwortung.
Eine Störung der Resilienzentwicklung führt zu Fehladaptationen und psychischen Störungen.
Außerdem werden zahlreiche psychische Störungen, wie u. a. die Depression davon bestimmt,
wie das Individuum mit seiner Umwelt interagieren und insbesondere schwierige Lebensphasen und Situationen meistern kann. Vor allem die aufgrund akuter negativer Lebensereignisse
eintretenden depressiven Episoden werden durch die seelische Widerstandskraft beeinflusst.
Zum einen wirkt sich eine hohe Resilienz im Individuum protektiv hinsichtlich der Entwicklung einer depressiven Episode aus, zum anderen nimmt die Resilienz Einfluss auf den Progress einer depressiven Episode. So sind depressive Episoden kürzer und weniger schwerwiegend bei Patienten mit einer guten bzw. hohen Resilienz (vgl. Sit 2012).
Wichtig bei der Betrachtung der Resilienz ist die Tatsache, dass – obwohl die Resilienz ein
sich in der frühen Entwicklung ausprägendes Merkmal ist – Resilienz in begrenztem Umfang
auch von Erwachsenen erlernt und entwickelt werden kann. Dazu gibt es, analog zur Förderung im Kindesalter, auch für Erwachsene Trainingskonzepte zur Entwicklung und zum Ausbau der eigenen Resilienz. Es zeigt sich, dass die Verbesserung der Resilienz auch eine Verbesserung der depressiven Symptomatik nach sich ziehen kann. Hierbei setzt die Resilienzförderung an den pathologischen Bindungsmustern an und führt nach Korrektur im Rahmen
einer Psychotherapie zur Verbesserung der Selbstwirksamkeit, des Selbstwertgefühles, der
sozialen Kompetenz, des Umganges mit Gefühlen, des Umganges mit Stress und der Verbesserung der Konfliktfähigkeit sowie der Fähigkeit der Problemlösung (vgl. Sit 2012). Damit
Depressive Erkrankungen
17
werden alle depressionsbedingenden und depressionsfördernden Faktoren aus bindungstheoretischer Sicht aufgegriffen und positiv verändert, was Einfluss auf die depressive Episode
nimmt. Gerade Patienten mit einer verminderten oder rudimentären Resilienz auf dem Boden
frühkindlicher Bindungsstörungen und Traumata neigen zu ausgeprägten Defiziten, wie sie im
Kapitel der bindungstheoretischen Grundlagen bereits erläutert wurden, die die Ausbildung
und die Ausprägung einer Depression forcieren.
2.5 Klinik
Patienten, die an einer depressiven Episode leiden, kommen zumeist mit unspezifischen und
dennoch wegweisenden Symptomen in die Klinik bzw. die Praxis. Sie berichten über allgemeine körperliche Beschwerden (allgemeine körperliche Abgeschlagenheit, Mattigkeit,
Schlafstörungen (Ein- und Durchschlafstörungen, Appetitstörungen), gastrointestinale Probleme (Magendruck, Gewichtsverlust, Obstipation, Diarrhoe), neurologische Probleme (diffuser Kopfschmerz, Globusgefühl im Hals, Schwindel, Flimmerskotome, Sehstörungen, Muskelverspannungen, neuralgiforme Beschwerden, Gedächtnisstörungen), kardiologische Probleme (Herzrhythmusstörungen, Synkopen, Herz- und Kreislaufstörungen) und gynäkologische
Beschwerden (Libidoverlust, Menstruationsstörungen, Impotenz, sexuelle Funktionsstörungen). Bestehen diese Symptome, so sollte eine weitere diagnostische Abklärung unter dem
Verdacht einer depressiven Episode gestellt werden. Diese erfolgt aufgrund der Evaluierung
der Haupt- und Zusatzsymptome sowie der psychotischen und somatischen Syndrome, die
eine Einteilung der depressiven Episode sowie die Abschätzung deren Schweregrades zulassen (vgl. Härter et al. 2007).
Zu den Hauptsymptomen gehören (vgl. Härter et al. 2007):

die gedrückte Grundstimmung (tiefe Traurigkeit),

der Interessenverlust (Anhedonie) und

die Antriebsminderung (Energielosigkeit).
Daneben setzen sich die Zusatzsymptome zusammen aus (vgl. Härter et al. 2007; DGPPN et
al. 2009):

Negativismus,
Depressive Erkrankungen

Pessimismus,

Konzentrationsstörungen,

mangelndem Selbstwertgefühl,

mangelndem Selbstvertrauen,

einem Aufmerksamkeitsdefizit,

dem Gefühl der Wertlosigkeit,

Schuldgefühlen,

vermindertem Appetit,

Schlafstörungen und

Suizidgedanken bzw. Suizidhandlungen.
18
2.6 Diagnose
Die Diagnostik der depressiven Störung ist ein multimodales Verfahren, das sich auf verschiedene Säulen stützt. An erster Stelle steht hierbei die psychiatrische bzw. psychologische
Exploration des Patienten anhand der diagnostischen Kriterien nach ICD-10 und DSM-V.
Entsprechend den Ausführungen des Robert Koch Instituts (RKI) im Heft 51 der Gesundheitsberichterstattung des Bundes gliedert sich die psychologisch-psychiatrische Exploration
in die Bereiche (vgl. Wittchen et al. 2010):

Diagnostische Verfahren,

Depressionsskalen und

Screeningverfahren.
Diagnostische Verfahren
In den Bereich der diagnostischen Verfahren fallen entsprechend dem RKI sowohl die standardisierten diagnostischen Interviews als auch sogenannte Checklistenverfahren.
Allen diagnostischen Interviews ist gemeinsam, dass sie sowohl die Symptomerfassung als
auch die Beurteilung und die differenzialdiagnostische Bewertung umfassend abdecken.
Depressive Erkrankungen
19
Demgegenüber unterscheiden sie sich von den Checklistenverfahren. Diese erfassen zwar
ebenfalls die Symptome, geben „jedoch keine expliziten Anleitungen zur Erfassung und klinischen Beurteilung“ (Wittchen et al. 2010, S. 13).
Zu den diagnostischen Interviews gehören unter anderem:

das strukturierte Interview für DSM-V und

das Composite International Diagnostic Interview (CIDI) nach WHO (1990).
Beide, das strukturierte Interview für DSM-V und der CIDI, zählen zum diagnostischen Goldstandard in der Diagnostik der depressiven Erkrankungen (vgl. Wittchen et al. 2010).
Depressionsskalen
Depressionsskalen umfassen eine Reihe von Fragebögen, die vom Patienten (sog. Selbstbeurteilungsverfahren) oder vom Untersucher (klinisches Beurteilungsverfahren) ausgefüllt werden. Ziel dieser Skalen ist die Beschreibung und Erfassung depressiver Symptome und deren
Schweregrad, sofern welche vorliegen bzw. der Verdacht einer depressiven Erkrankung besteht.
In die Gruppe der Selbstbeurteilungsverfahren gehören Depressionsskalen wie z. B.:

die Center of Epidemiological Studies Depression Scale (CES-D),

der Beck Depression Inventory (BDI) und

der WHO-5 Well Being Index.
Daneben gibt es eine Reihe von klinischen Beurteilungsverfahren wie die Hamilton Depression Scale (HAMD). Während mit der HAMD die Schwere der depressiven Episode umfassend
eingeschätzt werden kann, ist sie zur klinischen Diagnostik der depressiven Erkrankung entsprechend Wittchen nicht geeignet (vgl. Wittchen et al. 2010).
Screeningverfahren
Screeningverfahren dienen der Aufdeckung beginnender depressiver Erkrankungen und des
Risikos, dass eine depressive Erkrankung auftritt.
Vor allem Patienten, die einer Hochrisikogruppe angehören und in der Eigenanamnese depressive Episoden oder somatische Erkrankungen aufweisen, profitieren von der Früherken-
Depressive Erkrankungen
20
nung (vgl. DGPPN et al. 2009). Ergeben die Screeningverfahren erhöhte Depressionswerte,
so schließt sich an das Screening die genaue Diagnostik zur Abklärung einer depressiven Episode an.
Screeninginstrumente sind dabei u. a. der Gesundheitsfragebogen für Patienten (PHQ-D), der
WHO-5-Fragebogen zum Wohlbefinden, die Allgemeine Depressionsskala (ADS) und der
sogenannte Zwei-Fragen-Test.
Innerhalb des Screeningverfahrens werden auch auf dem Hintergrund von Differenzialdiagnosen die Bereiche Panikstörungen, Angststörungen, Zwangsstörungen, bipolare Störungen,
posttraumatische Belastungsreaktionen, Essstörungen und Substanzmissbrauch (Alkohol,
Drogen, Medikamente) abgefragt.
Letztendlich entscheiden die Ergebnisse der verschiedenen Diagnostikinstrumente in ihrer
Gesamtheit, ob bei einem Patienten eine depressive Erkrankung vorliegt oder nicht. Weder
die psychologisch-psychiatrische Diagnostik noch die rein internistische Diagnostik sind in
der Lage, eine depressive Erkrankung exakt zu bestimmen, vor allem vor dem Hintergrund,
dass sich hinter einer depressiven Erkrankung oft ein multimodales Geschehen verbirgt und
auch rein internistische Erkrankungen das klinische Bild einer depressiven Erkrankung bedingen können, ohne dass diese tatsächlich vorliegt (vgl. Wittchen et al. 2010). Nach Wittchen
und Kollegen unterliegt die psychologisch-psychiatrische Diagnostik einer Überschätzung,
vor allem bezüglich der Prävalenz depressiver Erkrankungen, während die klinische Diagnostik sowohl zu einer Über- als auch zu einer Unterschätzung der Prävalenz führt (vgl. Wittchen
et al. 2010).
Ursächlich hierfür ist, bezogen auf die psychologisch-psychiatrische Diagnostik, die Unspezifität der in den Fragebögen und Skalen erfassten Daten, die deutlich von der aktuellen Befindlichkeit des Patienten beeinflusst werden. Hinzu kommen die mitunter uneinheitlichen Definitionen der depressiven Erkrankungen, die zu einer Verschiebung der Prävalenzdaten führen
(vgl. Wittchen et al. 2010). Entsprechend den Ausführungen von Wittchen aus dem Jahr 2006
liegt so beispielsweise der Anteil der über die Fragebögen erfassten depressiven Symptome
26 % höher als der Anteil der nach strikten Definitionskriterien gestellten Diagnose einer depressiven Erkrankung (vgl. Wittchen & Jacobi 2006a).
Das RKI stellte aufgrund dieser Daten eine Pyramide auf, welche die Wertigkeit der Diagnosen staffelt. Dabei wurden die allein durch eine psychologisch-psychiatrische bzw. eine klinische Diagnostik erhobenen Befunde als depressive Symptome bezeichnet. Diese bilden die
Depressive Erkrankungen
21
Basis der Pyramide und machen einen Anteil von 26 % aus. Von diesen 26 % werden durch
eine fortgeführte gezielte Diagnostik 12 % als depressive Syndrome bezeichnet. Unter Anlegung der strikten Definitionskriterien der depressiven Erkrankungen nach DSM-V haben von
diesen 12 % lediglich 8 % der Patienten eine klassisch depressive Erkrankung (vgl. Wittchen
et al. 2010).
Neben der Fehlbeurteilung der Beschwerden sowohl durch die psychologisch-psychiatrische
als auch durch die klinische Diagnostik bei bestehenden Beschwerden bzw. dem Verdacht
einer vorliegenden depressiven Erkrankung wird die Diagnostik der depressiven Erkrankungen dadurch erschwert, dass Patienten mit unspezifischen Symptomen im hausärztlichen Sektor vorstellig werden, ohne dass der Verdacht einer depressiven Erkrankung gestellt wird (vgl.
Wittchen et al. 2010). Vor allem psychosomatische Beschwerden kaschieren die Symptome
der depressiven Erkrankung.
Letztlich „boykottieren“ einige Patienten selbst die Diagnostik, wenn die Diagnose einer depressiven Erkrankung als Stigma erlebt wird.
Diese Faktoren bedingen in ihrer Gesamtheit, dass eine Vielzahl von Patienten mit depressiven Erkrankungen nicht oder erst zeitverzögert diagnostiziert wird (vgl. Wittchen et al. 2010).
Durch die Implementierung geeigneter Diagnostikinstrumente für den ambulanten und hausärztlichen Sektor soll dieser falschnegativen Diagnostik entgegengewirkt werden. Federführend sind hierfür unter anderem die Gremien des Kompetenznetzes Depression.
2.7 Therapie
Die Therapie der depressiven Störung ist ebenso komplex wie die Störung selbst. Neben der
pharmakologischen Therapie stellt die Psychotherapie den Goldstandard in der Behandlung
depressiver Störungen dar. Sie setzt sich zusammen aus der Akuttherapie, der Erhaltungstherapie und der Rezidivprophylaxe.
In der Akuttherapie geht es vor allem um das Erreichen einer Vollremission bei Vorliegen
einer akuten depressiven Episode. Die Behandlungsdauer der Akuttherapie umfasst einen
Zeitraum von mindestens vier bis sechs Wochen (vgl. Kempermann et al. 2008).
Die Erhaltungstherapie folgt an die Akuttherapie und soll durch den Erhalt der Remission ein
Rezidiv verhindern. Die Mindestdauer der Erhaltungstherapie liegt bei sechs Monaten und ist
abhängig von den Risikofaktoren (vgl. Kempermann et al. 2008).
Depressive Erkrankungen
22
Mit der sich anschließenden Rezidivprophylaxe soll das Auftreten neuer depressiver Episoden
vermieden werden. Bei einer einmaligen und erstmaligen depressiven Episode erstreckt sich
die Rezidivprophylaxe über sechs Monate, während sie bei Rezidiven eine Mindestdauer von
drei Jahren nicht unterschreiten sollte (vgl. Kempermann et al. 2008).
Pharmakotherapie
Die Pharmakotherapie der depressiven Störung besteht aus Antidepressiva und je nach Ansprechen und Risikofaktoren in der Gabe von Lithium, Carbamazepin und Phasenprophylaktika (vgl. Kempermann et al. 2008). Goldstandard in der Pharmakotherapie sind dabei die
Antidepressiva, von denen es zahlreiche Gruppe wie z. B. die trizyklischen Antidepressiva,
die tetrazyklischen Antidepressiva, die Reuptake-Hemmer und die MAO-Hemmer gibt. Alle
Antidepressiva haben in Studien zu einer Remission und Reduktion des Rezidivrisikos um bis
zu 50 % geführt (vgl. Geddes et al. 2003).
Zu beachten ist, dass es unter der Therapie mit trizyklischen Antidepressiva zur Ausbildung
einer Manie und damit zur Entstehung einer bipolaren Störung kommen kann (vgl. Kempermann et al. 2008). Kommt es zu diesem Wechsel der klinischen Symptomatik, wird nachfolgend die Manie bzw. die bipolare Störung behandelt, wozu Antimanika und Phasenprophylaktika zum Einsatz kommen. Demgegenüber wird die bipolare Depression in der Rezidivprophylaxe, anders als die normale depressive Episode, statt mit Antidepressiva mit Lithium,
Carbamazepin, Valproat, Lithium oder atypischen Neuroleptika behandelt (vgl. DGPP 2009).
Nicht pharmakologische Therapien
Neben der Pharmakotherapie gibt es eine Reihe weiterer Therapieoptionen in der Behandlung
der depressiven Episode, von denen die Psychotherapie die wichtigste darstellt (vgl. Blanz et
al. 2007). Welches psychotherapeutische Setting gewählt wird, sollte individuell entschieden
werden. Als geeignet haben sich die kognitive Verhaltenstherapie (vgl. Blanz et al. 2007) und
die interpersonelle Therapie (IPT) erwiesen.
Die schweren depressiven Störungen profitieren zudem von psychoanalytischen Therapiekonzepten, die jedoch nicht flächendeckend angewandt und auf spezielle Kliniken, wie die hier
vorgestellte Tagesklinik, beschränkt sind (vgl. Matakas & Rohrbach 2005). Unter der Annahme sich verschiebender Über-Ich-Anteile entsprechend den Freudschen Grundlagen
Depressive Erkrankungen
23
„braucht die Depression, um bestehen zu können, einen Interaktionspartner“ (vgl. Matakas &
Rohrbach 2005, S. 3). Daraus geht hervor, dass die passagere Unterbindung von Beziehungen
zu Angehörigen und Bekannten zu einer Besserung der depressiven Beschwerden führt. Aus
psychotherapeutisch-psychoanalytischer Sicht verbirgt sich eine Abwehr hinter der Depression, die einen Beziehungskonflikt zum Auslöser hat. Damit greift diese Form des therapeutischen Settings auf den ätiopathogenetischen Faktor der Bindungs- und Beziehungsstörung,
die Grundlage der depressiven Störungen bildet bzw. bilden kann, zurück. Hemmung, Regression und Aggression ergänzen diesen Faktor und können in der Psychoanalyse aufgegriffen und gedeutet werden, was dem Patienten zugutekommt (vgl. Matakas & Rohrbach 2005).
Hinsichtlich der Pharmakotherapie profitieren manche therapieresistente Patienten, entsprechend der aktuellen Datenlage, von der elektrokonvulsiven Therapie (EKT) zur Remissionserhaltung und Rezidivvermeidung (vgl. Kempermann et al. 2008).
Hinzu kommen ergänzende und unterstützende Behandlungen, die sich aus ergotherapeutischen, soziotherapeutischen und gestaltungstherapeutischen Elementen zusammensetzen.
Daneben wird der Patient im Rahmen der Psychoedukation über seine Erkrankung sowie über
die Perspektiven aufgeklärt und es werden ihm Helfersysteme u. a. aus Sozialarbeitern und
Betreuern zur Seite gestellt, die ihm helfen, seinen Alltag zu bewältigen, ihn neu zu strukturieren und ggf. in das Arbeitsleben zurückzukehren. Hierfür stehen den depressiven Patienten,
wie allen psychisch kranken Patienten, verschiedene, auf Staats- und Bundesebene implementierte Versorgungseinrichtungen zur Verfügung. Die Therapie der Patienten erfolgt entweder
vollstationär, teilstationär, in einer Tagesklinik oder in einer ambulanten Psychotherapie. Vor
allem Tageskliniken haben sich in der Therapie depressiver Patienten bewährt. Einerseits wird
durch die Anwesenheit in der Tagesklinik der Teufelskreis durchbrochen, der es den Patienten
unmöglich macht, beispielsweise im eigenen Haushalt aktiv zu werden, andererseits wirken
sich die Einbettung in die dortige Struktur und die Interaktion mit anderen Menschen (Personal, Therapeuten, Betroffene) positiv auf den Krankheitsverlauf aus (vgl. DGPP 2009).
Zu den wichtigen soziotherapeutischen Zielen der Behandlung gehört es, depressive Patienten
wieder in eine sozial integrierte Situation zu begleiten. Haben die depressiven Patienten eine
Behinderung lt. § 109 SGB IX oder § 33 Abs. 6 SGB IX, so kann der Integrationsfachdienst
(IFD) die Aufgabe der Vermittlung dieser Patienten in geeignete Fördermaßnahmen übernehmen. Der IFD berät arbeits- und berufsbegleitend, auch nach voll- und teilstationären Klinikaufenthalten.
Depressive Erkrankungen
24
Wenn Patienten länger als 6 Monate erkrankt sind, kann eine berufliche Rehabilitation zur
Stärkung der beruflichen Kompetenzen im Anschluss an die Behandlung zum Beispiel in den
Berufsförderungswerken oder den Berufsbildungswerken notwendig sein. Im Einzelfall kann
es sinnvoll sein, nach der Entlassung aus der Klinik ein ambulant betreutes Wohnen zu empfehlen. Hier besprechen die Patienten soziale Probleme und erarbeiten individuelle Lösungen.
In der Entwicklung der depressiven Störungen hat, wie die vorangegangenen Kapitel zeigten,
die seelische Widerstandskraft (Resilienz) eine entscheidende Bedeutung. Obwohl sie ihre
Grundlage in der Entwicklung des Individuums hat, kann sie auch im Erwachsenenalter erlernt werden. Hier gibt es analog zur Förderung im Kindesalter auch für Erwachsene Trainingskonzepte zur Entwicklung und zum Ausbau der eigenen Resilienz. Es zeigt sich, dass
die Verbesserung der Resilienz auch eine Verbesserung der depressiven Symptomatik nach
sich ziehen kann. Hierbei setzt die Resilienzförderung an den pathologischen Bindungsmustern an und führt nach Korrektur im Rahmen einer Psychotherapie zur Verbesserung der
Selbstwirksamkeit, des Selbstwertgefühles, der sozialen Kompetenz, des Umgangs mit Gefühlen, des Umgangs mit Stress und der Konfliktfähigkeit sowie der Fähigkeit der Problemlösung (vgl. Sit 2012). Damit werden alle depressionsbedingenden und depressionsfördernden
Faktoren aus bindungstheoretischer Sicht aufgegriffen und positiv verändert, was Einfluss auf
die depressive Episode nimmt.
Hauptfaktor für das Gelingen der Therapie ist die Bereitschaft des Patienten, aktiv an dieser
mitzuwirken. Abgesehen von akuten Phasen, in denen der Patient in geschütztem Rahmen
abgeschirmt und mitunter passiv stabilisiert wird, sind alle anderen Therapieschritte von der
Bereitschaft (der Compliance) des Patienten abhängig.
2.8 Prognose
Die Prognose der depressiven Störungen ist nicht immer günstig. Einerseits nehmen die Rezidive mit zunehmendem Lebensalter zu, andererseits haben 20-30 % der Patienten persistierende Residualsymptome (vgl. Kempermann et al. 2008). Die Chronizität der depressiven
Störungen liegt bei 10 %, die Wahrscheinlichkeit des Suizids bei 15 % (vgl. Kempermann et
al. 2008). Hinzu kommt, dass es bei 10-20 % der depressiv Erkrankten zur Ausbildung einer
bipolaren Störung kommt. Prognosebestimmende Faktoren ergeben sich aus der Ätiopathogenese. Daraus lassen sich nach Kempermann folgende Risikofaktoren für ein Rezidiv einer
depressiven Episode ableiten (vgl. Kempermann et al. 2008):
Depressive Erkrankungen
25

die Entwicklung eines bipolaren Verlaufes,

ein frühes Erkrankungsalter,

die Dysthymie,

mindestens drei Episoden einer Majordepression,

mindestens zwei depressive Episoden innerhalb von fünf Jahren,

das Vorliegen von psychiatrischen Komorbiditäten,

das Vorliegen somatischer Komorbiditäten,

ausgeprägte Defizite im psychosozialen Funktionsniveau,

das Auftreten von Episoden mit psychotischen, somatischen und katatonen Symptomen,

eine unvollständige Remission,

das Auftreten eines Rezidivs nach Beendigung der Pharmakotherapie,

das Vorliegen einer genetischen Prädisposition,

das Vorhandensein chronischer psychosozialer Belastungen und

das Vorhandensein von Suizidversuchen in der Anamnese.
Handelt es sich um eine rezidivierend depressive Störung, so wird sie unterteilt in Patienten
mit einer therapeutischen Ansprechbarkeit, einer partiellen Remission, einer Vollremission,
einem Rückfall in der Remissionsphase, Patienten mit einer Genesung und Patienten mit einem erneuten Rezidiv. Tritt das Rezidiv mit dem Vollbild einer depressiven Episode nach
Beendigung der Remissionsphase auf, so spricht man von einer eigenständigen erneuten depressiven Episode (vgl. DGPP 2009).
Der therapeutische Outcome richtet sich auch nach den vorliegenden Komorbiditäten. Dabei
konnten Berger und Kollegen 2003 nachweisen, dass die Prognose bei Vorliegen einer depressiven Störung und einer Angststörung signifikant schlechter ist als beim alleinigen Vorliegen einer depressiven Störung. Patienten, die diese Komorbidität aufwiesen, hatten ein höheres Suizidrisiko, eine schlechtere Langzeitprognose und einen schlechteren Outcome bezüglich der pharmakologischen Therapie (vgl. Berger et al. 2003; Ihle et al. 2012).
Depressive Erkrankungen
26
Liegt die depressive Störung gemeinsam mit einem Substanzmissbrauch vor, so entscheiden
die Arten beider Störungen (primär, sekundär) über die Prognose (vgl. Brown et al. 1995).
Patienten mit einer depressiven Störung und einer Alkoholabstinenz oder einer nicht vorliegenden Alkoholabhängigkeit (kein Vorliegen als Lebenszeitdiagnose) haben „doppelt so hohe
Heilungsraten wie Patienten mit aktueller Alkoholabhängigkeit“ (vgl. Ihle et al. 2012, S. 13).
Liegt der schweren depressiven Störung ein Beziehungskonflikt zugrunde, der nicht aufgelöst
wird, und kann der Patient nicht angehalten werden, sich entsprechend seinem Maß in die
Gesellschaft und folglich ins Leben zu integrieren, entwickelt sich eine anhaltende depressive
Regression, die eine Betreuung oder Heimunterbringung des Patienten erforderlich macht
(vgl. Matakas et al. 2005).
2.9 Lebensqualität depressiver Patienten
Die depressiven Störungen gehen mit einer deutlichen Reduktion der Lebensqualität einher
(vgl. Kempermann et al. 2008). Hieraus ergibt sich ein Circulus vitiosus, da die reduzierte
Lebensqualität wiederum die Depression verstärkt. Hinzu kommt, dass viele Erkrankungen
als Komorbiditäten mit der depressiven Störung auftreten und sowohl allein als auch durch
die Interaktion mit der depressiven Störung die Lebensqualität reduzieren.
2.10 Komplikationen der Depression
Neben der Chronizität stellt vor allem die Suizidalität eine Komplikation der depressiven Episode dar. Entsprechend der Statistik versterben 4 % aller hospitalisierten Patienten mit einer
depressiven Störung durch Suizid (vgl. DGPPN et al. 2009). Demgegenüber treten bei 6070 % dieser Patienten Suizidgedanken auf, die nicht zum Vollzug des Suizids führen. Wichtig
dabei ist, dass die Suizidalität in jeder Phase der depressiven Episode auftreten kann und nicht
nur bei der schweren Form der depressiven Störung zu finden ist. Neben der Eruierung der
Suizidalität in der Akutsituation muss die Suizidalität auch im Verlauf evaluiert und therapeutisch behandelt werden. Diese Exploration erfolgt über gezielte Fragen, die Risikomerkmale
der Suizidalität abfragen. Die Behandlung der Suizidalität richtet sich danach, ob der Patient
absprachefähig ist, ob es Suizidversuche und parasuizidales Verhalten in der Anamnese gab
und danach, wie stark die Einengung durch die Suizidgedanken vorliegt (vgl. DGPPN et al.
2009).
Depressive Erkrankungen
27
Außerdem gibt es zahlreiche psychiatrische Erkrankungen, die als Komorbidität mit der depressiven Störung assoziiert sind. Hierzu gehört auch der Substanzmissbrauch (vgl. DGPPN
et al. 2009), der aufgrund seiner körperlichen und psychiatrischen Auswirkungen die Therapie
der depressiven Störung behindert.
Des Weiteren spielen die Rezidive in der Behandlung depressiver Episoden eine große Rolle
und zählen mit zu den Komplikationen. Rezidive treten mit einer Inzidenz von 85 % bei der
unipolaren Depression auf, wobei die Rezidivhäufigkeit pharmakologisch behandelter Patienten bei 5-10 % liegt (vgl. Kempermann et al. 2009).
2.11 Bindungsmuster und Depression
Die Bindungstheorie geht zurück auf den britischen Psychiater Bowlby, der Bindung als
„stammesgeschichtlich vorgegebene Bereitschaft, eine starke emotionale Bindung zu einer
oder mehreren bevorzugten Bezugspersonen zu entwickeln“ (Sit 2012, S. 23) definiert. Diese
Bereitschaft zur Bindung und die Etablierung der Bindung sichern dem Kind Schutz und Beruhigung beim Auftreten bedrohlicher Situationen, bei Angst, Schmerz, Unwohlsein und bei
der Entfernung einer anderen Bezugsperson. Dieser Zusammenhang zwischen der Bindungssuche des Kindes durch angeborene kommunikative Fähigkeiten und der Fähigkeit der Eltern,
adäquat darauf zu reagieren, lässt sich als Bindungsverhalten beschreiben, das sich ontogenetisch entwickelt hat und zur Ausbildung einer sozial-emotionalen Beziehung führt, die für die
gesunde Entwicklung und Reifung des Kindes notwendig ist (vgl. Sit 2012).
Störungen in diesem Zusammenspiel führen zu sogenannten Bindungsstörungen, die sich als
pathologische Bindungsstile sowohl beim Kind als auch beim späteren Erwachsenen darstellen. Während die gesunde sozial-emotionale Bindung zum sicher gebundenen Bindungsstil
bei Kindern und Erwachsenen führt, führen Störungen zu Bindungsstilen, die als unsichervermeidend, unsicher-ambivalent und unsicher-desorganisiert beschrieben werden (vgl.
Brisch 2013; Sit 2012).
Die empathische Bindung an die Mutter als primäre Bezugsperson bzw. an andere primäre
Bezugspersonen ist notwendig, um sowohl eine gesunde Affektivität als auch eine gesunde
Kognition entwickeln zu können (vgl. Matakas 2006). Die primären Bezugspersonen werden
damit zum Vorbild einerseits und zum Steuerungsobjekt andererseits. Diese Steuerung und
Abhängigkeit von einem Nichtselbst gehört zum Menschen, weil – wie Matakas es beschreibt
– kein Mensch in der Lage ist, „die Regulation seines seelischen Funktionierens ganz allein
Depressive Erkrankungen
28
bewerkstelligen“ (vgl. Matakas 2006, S. 6) zu können. Diese Abhängigkeiten, die eine Person
durch den gesellschaftlichen Kontext zeitlebens begleiten, bewirken ihre soziale Identität, die
nach Matakas die Schnittstelle der gesellschaftlichen Gruppenzugehörigkeiten darstellt und
entscheidenden Einfluss auf die Ausprägung einer depressiven Störung sowie später auf den
Verlauf des therapeutischen Settings nimmt (vgl. Matakas 2006; King 2015).
Die gestörte Sozialisation, die sich aus den einzelnen Bindungsmustern ergibt, wirkt als Faktor in der Entstehung depressiver Erkrankungen und muss in die Behandlung der Patienten
einbezogen werden, um nicht nur die äußeren Symptome der depressiven Störung zu minimieren, sondern es dem Patienten auch zu ermöglichen, sich eine neue soziale Integration zu
erobern, pathologische Bindungsmuster aufzulösen und auf diesem Boden gesunde Beziehungen und ein gesundes soziales Umfeld zu schaffen, was sowohl für seine Genesung als
auch für die Rezidivprophylaxe der depressiven Störung eminent ist (vgl. Matakas 2006).
„Depression entsteht, wie es scheint, wenn das Kind in seinen Lebensäußerungen keine angemessene Aufmerksamkeit und Anteilnahme erfährt“ (Matakas 2006, S. 7). Bewiesen wurde
das vor allem durch die Cambrigde-Studie, die den Einfluss einer gestörten frühkindlichen
Bindung aufgrund einer depressiven Erkrankung der primären Bezugsperson auf die spätere
Entwicklung des Kindes und des Erwachsenen untersuchte (vgl. Brisch 2011; Murray & Trevarthen. 1996). Neben der Bindungsstörung, die sich beim Kind entwickelt, hat sich allerdings auch gezeigt, dass umgekehrt das Verhalten des Kindes zu einer depressiven Episode
der Mutter führen kann, wenn diese nicht fähig ist, sich den Anforderungen des Kindes und
des an sie gerichteten Beziehungsangebotes zu stellen (vgl. Brisch 2011; Murray & Trevarthen 1986). Aus bindungstheoretischer Sicht haben Kinder mit einem ambivalenten oder
vermeidenden Bindungsverhalten ein signifikant erhöhtes Depressionsrisiko (vgl. Brisch
2011), während das ängstlich-ambivalente Bindungsmuster vor allem mit dem späteren Auftreten einer Angststörung assoziiert ist (vgl. Brisch 2011; Warren et al. 1997).
Chemisch
sind
es
vor
allem
die
Aktivierung
der
Hypothalamus-Hypophysen-
Nebennierenachse, die Ausschüttung des Oxytocins und die damit verbundene Höhe des Kortisolspiegels im Blut, die sich auf das Bindungsverhalten und das erlernte Bindungsmuster
auswirken und im günstigsten Fall zu einer sicheren Bindung führen (vgl. Brisch 2011; Mehta
und Binder 2012).
Entsprechend dem psychoanalytischen Modell der Depression verstärken die Bindungsstörung und die erlernte Hilflosigkeit des Patienten die Depression und begünstigen das Auftreten depressiver Regression (vgl. Matakas et al. 2005; Seligmann 1974).
Depressive Erkrankungen
29
Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie hat die familiären Faktoren, die
entsprechend dem Bindungskonzept von Bowlby und Brisch das Bindungsverhalten des Kindes beeinträchtigen und zur Entstehung späterer psychiatrischer Erkrankungen führen (vgl.
Brisch 2011), als störungsrelevante Rahmenbedingungen in die Leitlinie der schweren depressiven Störungen im Kindes- und Jugendalter aufgenommen, was deren Relevanz für die Entwicklung einer Psychopathologie sowohl im Erwachsenen- als auch im Kindesalter unterstreicht. Zu diesen Faktoren zählen (vgl. Blanz et al. 2007):

das Auftreten depressiver und bipolar affektiver Störungen in der Familie,

das Auftreten anderer Psychopathologien (Angststörungen, Psychosen, Persönlichkeitsstörungen, Substanzmissbrauch) in der Familie,

das Vorliegen psychosozialer Stressoren in der Familie (Flucht, Migration, chronische
Erkrankungen, Arbeitslosigkeit, Armut),

divergente Therapieerwartungen und Störungskonzepte innerhalb der Bezugspersonen
und

das Vorkommen von Interaktions- und Beziehungsstörungen in der Familie (emotionale Deprivation, inkonsistenter abwertender Erziehungsstil, Schuldzuweisungen gegenüber dem Kind, inkonstantes Bezugsklima mit häufigem Wechsel der Bezugsperson, psychische seelische und physische Traumata).
Die bindungstheoretischen Grundlagen nehmen des Weiteren auch Einfluss auf die später
geschilderte Resilienz. Insbesondere die Qualität der Bezugspersonen im Kindesalter hat Einfluss auf die späteren Bindungsmuster und die damit verbundenen Störungen des Erwachsenen. Anhand dieser sowohl primären als auch sekundären frühen Bindungspersonen entwickelt das Individuum eine innere Leitlinie, die ihm hilft, sich in aktuellen Situationen zurechtzufinden und Lösungskonzepte entwickeln zu können. Dabei muss die Bindung im Kindesalter folgende Aspekte beinhalten, damit die Kinder als Erwachsene ein gesundes Bindungsmuster internalisiert haben (vgl. Sit 2012):

das Kind benötigt eine stabile, emotional-positive Beziehung zu mindestens einer Bezugsperson,

es bedarf eines von Wertschätzung und Akzeptanz geprägten Erziehungsstils, der unterstützend und strukturierend wirkt,
Depressive Erkrankungen

30
neben der primären Bezugsperson braucht das Kind kompetente und fürsorgliche außerfamiliäre sekundäre Bezugspersonen im Sinn positiver Rollenmodelle,

es muss sekundäre außerfamiliäre Bezugspersonen geben, die das Kind ermutigen und
ihm helfen, Krisen zu meistern,

das Kind braucht positive Kontakte zu Gleichaltrigen im Sinne von Freundschaften
und

es bedarf eines wertschätzenden Klimas in der jeweiligen Bildungseinrichtung (Schule, Kindergarten etc.).
Mit der Resilienz des Kindes ist dessen Vulnerabilität verbunden, welche den Ausgangspunkt
der oben beschriebenen Entwicklungen darstellt und von King (2015) sowohl als „grundlegende Dimension (als auch als) Folge der leiblichen und psychischen Bedrüftigkeit“ (King
2015, S. 25) des Kindes ab dem Zeitpunkt seiner Geburt bezeichnet wird. Aufgrund dieser
Vulnerablität können zahlreiche Ereignisse zu Störungen in der Persönlichkeitsentwicklung
und zur Ausbildung von psychischen Erkrankungen im Erwachsenenalter führen. Dabei handelt es sich nicht nur um Traumata auf dem Boden von Misshandlungen und der verschiedenen Missbrauchsformen. Vielmehr sind es auch defizitäre Bindungsmuster zu den primären
Bezugspersonen oder Lebensereignisse wie die Trennung der Eltern oder der Tod eines Elternteils, die zu Entwicklungsstörungen führen (Schore zitiert in Sachsse 2003; StreeckFischer 2010). Vor diesem Hintergrund kam es zur Etablierung der Terminologie des
Mikrotraumas, dessen epigenetische Veränderungen zum einen Erkrankungen wie die traumatogene Depression begünstigen und hervorrufen können und sich zum anderen von Generation zu Generation im Sinn einer genetischen transgenerationalen Weitergabe fortsetzen
(Böker et al. 2015; Binder und Holsboer 2012). Nach Binder und Holsboer (2012) sind hier
vor allem Schäden der Methylinisierung der DNA und der Azetylierung der Histone ausschlaggbend, die sowohl die Expression als auch die phänotypische Funktion einzelner Gene
behindern (Zannas et al. 2015). Dies wird umso bedeutungsamer als dass die mikrotraumabedingten neuronalen Veränderungen zu direkten Veränderungen der Hirnegionen führen, die
u.a. für die Stressbewältigung verantwortlich sind (Sachsse 2003; Binder und Holsboer 2012).
So führen Bindungs- und Beziehungstraumata beim Säugling zu einer unzureichenden Entwicklung des corticolimbischen Systems, die zudem durch eine zu hohe und damit neurotoxische Konzentration von Neurotransmittern wie Glutamat und Cortisol forciert wird (Sachsse
2003). Diese mikrotraumaassoziierte Störung der Hirnbiochemie führt wiederum zu einer
Depressive Erkrankungen
31
Synapsenelimination, welche die Vernetzungsdichte im Gehirn reduziert und Entwicklungsstörungen verursacht (Sachsse 2003). Je früher die Bindungstrauma bzw. Bindungsstörungen
beim Säugling und Kleinkind auftreten, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit sich auf genetischer Ebene ausbildender Mikrotraumata, was nach Zannas und Kollegen (2015) auf die
hohe Sensitivität dieser biografischen Entwicklungsphase bzgl. der Entwicklung von Genen
und Hirnstrukturen, welche bei Störungen Erkrankungen wie PTBS oder Depression hervorrufen können. Zu diesen Ergebnissen kamen auch Provencal und Binder (2015a) in ihrer Metaanalyse aus dem Jahr 2015, in welcher sie die Rolle des Stresses in der frühen und frühesten
Lebensphase in der späteren Ausbildung psychiatrischer Erkrankungen aufgrund von Veränderungen im Epigenom untersuchten. Dabei unterteilen Provencal und Binder (2015b) die
Auswirkungen der Stressoren in der frühkindlichen Phase in globale und spezifische Veränderungen. Während sich die globalen Veränderungen auf makroanatomischer Ebene in den
Hirnstrukturen zeigen, verdeutlichen die spezifischen Veränderungen die oben beschriebenen
epigenetischen Veränderungen (Provencal und Binder 2015b). Aufgrund der Wechselwirkungen von Genen und Umwelt, können Mikrotraumata bereits beim Foetus entstehen (Provencal
und Binder 2015b; Klengel und Binder 2015). Neben den oben bereits beschriebenen epigenetischen Veränderungen wurden zudem genetische Polymorphismen (single nucleotid polymorphism, kurz SNP) identifiziert, welche den depressiogenen und anxiogenen Effekt von
Traumata im frühen und frühesten Kindesalter modifizieren (Nemeroff und Binder 2014; Arloth et al. 2015). Zu diesen Polymorphismen gehört u.a. der Polymorphismus des CRF R1Rezeptors, der angestossen durch ein frühkindliches Bindungstrauma die Inzidenz für Depressionen und Suizide im Erwachsenenalter signifikant erhöht (Nemeroff und Binder 2014). Darüber hinaus können epigenetische Veränderungen aufgrund eines frühkindlichen Traumas
gleich welchen Ausmaßes die Expression und Funktion von Genen beeinflussen ohne dass es
dazu zu Veränderungen der DNA-Sequenz kommen muss. Folglich stellen sich die frühkindlichen Bindungsstörungen als hochkomplexe Mikrotraumata dar, welche nachweislich neben
traumaassoziierten Störungen auch zu Erkrankungen wie Depressionen und Persönlichkeitsstörungen im Erwachsenenalter führen können (Nemeroff und Binder 2014; Arloth et al.
2015; Klengel und Binder 2015).
Diese Abhängigkeit der Persönlichkeit von den Beziehungen und Bindungsmustern in der
frühkindlichen und kindlichen Lebensphase fließt in die psychodynamische und psychoanalytische Psychiatrie ein (Böker et al. 2015). Zumal sich beide eignen, um die unverarbeiteten
Depressive Erkrankungen
32
und unbewältigten frühkindlichen Bindungstrama bei Depressionspatienten zu eruieren und
therapieren zu können (Subic-Wrana et al. 2011).
Patientenparameter
33
3 Patientenparameter
Das subjektive Erleben der Behandlung durch den einzelnen Patienten hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Vornehmlich hat dies zwei Gründe: Zum einen wird durch die
Notwendigkeit von qualitätssichernden Maßnahmen in Krankenhäusern die Forderung nach
objektivierbaren Daten, die den Nutzen der jeweiligen Einrichtung belegen, lauter, zum anderen befindet sich auch das Arzt-Patienten-Verhältnis im Wandel hin zu einem deutlich partnerschaftlicheren Verhältnis. Dies bedeutet, dass die subjektive Auffassung des Patienten eine
immer größere Rolle spielt, da er als Partner in einem Wechselspiel, nicht mehr bloß als passives Behandlungsobjekt gesehen wird.
3.1 Alltagskompetenz
Alltagskompetenz beschreibt die Fähigkeit des Erwachsenen, alle an ihn gestellten und sich
aus seinem soziokulturellen Umfeld ergebenden Aufgaben selbstständig, eigenverantwortlich
und unabhängig zu erledigen (vgl. MDK 2014).
Sie ist ein wichtiger Patientenparameter, der bestimmt, inwieweit sowohl der Patient als auch
der Gesunde seinen Alltag selbstständig managen kann. Auf dem Hintergrund der depressiven
Störungen umfassen die Alltagskompetenzen neben der Erfüllung der häuslichen Aufgaben
auch die Erfüllung der beruflichen Aufgaben sowie der Aufgaben, die sich aus der gesellschaftlichen Stellung des Patienten ergeben. Je nach Schweregrad der Depression ist die Alltagskompetenz mehr oder minder stark reduziert. Die Betroffenen sind in der Regel nicht in
der Lage, ihrem Beruf nachzugehen und den Haushaltspflichten nachzukommen. Dazu haben
sie mitunter ausgeprägte Schwierigkeiten in der Selbstfürsorge, was die Körperhygiene und
die Nahrungszufuhr angeht. Bei lang anhaltenden schweren depressiven Episoden ist die Tendenz zur Verwahrlosung gegeben.
3.2 Patientenzufriedenheit
In seiner Theorie des sozialen Vergleiches beschrieb Festinger bereits 1954 (vgl. Festinger
1954) das Bedürfnis von Menschen, im Zusammenleben sich selbst im Vergleich zu anderen
zu bewerten. Sie sind zufrieden, wenn ihre Leistung ihr Anspruchsniveau erreicht hat und
unzufrieden, wenn ihre Leistungen darunter liegen.
Patientenparameter
34
Linde postuliert, dass die Zufriedenheit von der „Setzung eines positionsspezifischen Maßstabs der Lebensbedürfnisse determiniert ist“ (Linde 1967, S. 43). Dieser ist kein objektives
Kriterium, sondern abhängig von den Erwartungen und der sozialen Position des Individuums.
Hierbei können Probleme auftreten, da es außer den objektiven Qualitäten noch andere Einflussfaktoren auf das Konstrukt Zufriedenheit gibt. So ist bekannt, dass das individuelle Anspruchsniveau von Faktoren wie Alter, sozialer Status und Bildungsstand abhängt (vgl. Dreier
1999; Wütherich-Schneider 1998). Auch hat der Bildungsabschluss einen großen Einfluss auf
das Anspruchsniveau der Patienten. Patienten mit höherem Bildungsabschluss sind eher geneigt, sich kritisch zu äußern. Der Abstand des sozialen Status zwischen Arzt und Patient
spielt hier ebenfalls eine Rolle. Je größer der Statusunterschied zwischen Arzt und Patient ist,
desto höher die Zufriedenheit des Patienten. Dieses Phänomen wird mit den höheren Erwartungen oberer sozialer Schichten an die Standards sozialer Dienstleistungen begründet. Auch
haben Angehörige oberer Schichten eher das Gefühl, mit dem Äußern von Kritik einen unangenehmen Zustand ändern zu können, während Angehörige unterer Schichten sich mit dem
Status quo eher zufriedengeben.
In einer weiteren Studie untersuchte Wütherich-Schneider die Abhängigkeit von Alter und
Geschlecht des behandelnden Arztes. Hier wurde deutlich, dass Ärztinnen mit niedrigeren
Zufriedenheitswerten beurteilt wurden als ihre männlichen Kollegen und jüngere Ärzte weniger zufriedene Patienten hatten als ältere (vgl. Wütherich-Schneider 1998).
Auch das Anspruchsniveau, auf dessen Erfüllung sich die Zufriedenheit abbildet, unterscheidet sich. Schon im Jahr 1976 entwickelte Campbell die Theorie von angepassten Anspruchsniveaus. Laut Campbell spiegelt sich die subjektive Zufriedenheit einer Person in der Differenz zwischen ihrem Anspruchsniveau und ihrer wahrgenommenen Situation wider. Das Anspruchsniveau wiederum passt sich immer den objektiven Gegebenheiten an. So passen sich
die subjektiven Ansprüche immer auch langfristig an die objektiven Gegebenheiten des Systems an, und zwar so lange, bis sich beide wieder im Gleichgewicht befinden (vgl. Campbel
1976).
Ein weiteres Modell von Zufriedenheit wurde im Rahmen der Arbeitszufriedenheitsforschung
von Bruggemann (1974) entwickelt. Das Modell setzt voraus, dass vielfältige Formen von
Zufriedenheit existieren, die aus verschiedenen psychischen Verarbeitungsmechanismen resultieren, welchen Soll-Ist-Differenzen zugrunde liegen. Entsprechend des von Bruggemann
(1974) entwickelten Modells können die progressive, stabilisierte Arbeitszufriedenheit (tat-
Patientenparameter
35
sächlich zufriedene Personen), die resignative Arbeitszufriedenheit (Unzufriedene, die entgegen ihrem tatsächlichen Empfinden angeben, dass sie zufrieden seien) und die fixierte Unzufriedenheit (die wirklich Unzufriedenen, die die auch auf Nachfrage artikulieren) voneinander
unterschieden werden. Dabei stellt die Gruppe der resigniert Zufriedenen immer eine große
Gruppe dar, da sie ihr Anspruchniveau mit der Zeit erheblich reduzieren.
Es ist auch diskutiert worden, ob die Lebenszufriedenheit mit der Patientenzufriedenheit korreliert. Eine hohe Patientenzufriedenheit kann zu einer Verbesserung der Lebensumstände
beitragen und so eine Lebenszufriedenheit erhöhen. Aber auch eine hohe Lebenszufriedenheit
kann optimale therapeutische Rahmenbedingungen schaffen, in denen eine bessere Behandlungsqualität erreicht wird (vgl. Tomozei 2006).
Im Jahr 2000 führte Fahrenberg eine Studie zur Lebenszufriedenheit in der Bevölkerung
durch, in der die Einflüsse soziodemografischer Faktoren auf die Lebenszufriedenheit gemessen wurden. Tendenziell ergab sich hier, dass ältere Menschen etwas zufriedener waren als
jüngere und Menschen in festen Partnerschaften ein höheres Maß an Zufriedenheit angaben
als Alleinstehende. Weitere Korrelate der Lebenszufriedenheit sind Neurotizismus und Depressivität (vgl. Fahrenberg et al. 1989). Ob die Lebenszufriedenheit und die Patientenzufriedenheit tatsächlich korreliert sind, bleibt fraglich, die Studien kommen hier zu widersprüchlichen Ergebnissen. In den älteren Studien (vgl. Berger 1983; Le Vois et al. 1981; Roberts &
Fitzpatrick 1994) fand sich kein signifikanter Zusammenhang zwischen Lebenszufriedenheit
und Patientenzufriedenheit. Neuere Studien berichten von einer schwachen Korrelation beider
Werte (vgl. Holloway & Carson 1999).
Psychiatrische Patienten im Allgemeinen und darunter depressiv erkrankte Patienten im Besonderen leiden unter einer besonders niedrigen Lebenszufriedenheit, doch weisen sie in Studien eine hohe Patientenzufriedenheit auf (vgl. Koivumaa-Honkanan et al. 1996). Auch Kelstrup et al. (1993), Barker et al. (1996) und Hoff et al. (1999) sahen einen signifikanten Zusammenhang zwischen Diagnose und Patientenzufriedenheit. Die Patienten mit den Diagnosen aus dem depressiven Formenkreis wiesen eine durchschnittlich höhere Patientenzufriedenheit auf als Patienten mit nicht affektiven Psychosen. Die weitgehende Kritiklosigkeit
könnte ein Hinweis auf mangelnde Missstände sein, dann wäre jedoch nicht zu erklären, warum Patienten gleicher Institutionen mit anderen Diagnosen unzufriedener sind. Viel wahrscheinlicher ist die besondere Situation depressiv Erkrankter, die sich gegenüber Ärzten unterlegen und abhängig fühlen und sich gegenüber diesen als übermächtig erlebten Personen
nicht kritisch zeigen wollen.
Patientenparameter
36
Neugebauer und Porst (2001) weisen darauf hin, dass es für den Patienten um eine KostenNutzen-Analyse geht, in der Unannehmlichkeiten zur Erreichung eines Behandlungszieles
akzeptabel sind. Die Gefahr sehen sie darin, dass der Patient unter sonst gleichen Bedingungen mit der Leistungserbringung umso zufriedener wird, je mehr er das eigene Anspruchsniveau relativiert und je mehr er zu sozial erwünschtem Verhalten tendiert. Auch dies ist eine
mögliche Erklärung für das unterschiedliche Antwortverhalten von depressiven Patienten bei
Patientenzufriedenheitserhebungen.
Heutzutage geht der größte Anreiz zur Erforschung von Patientenzufriedenheit sicherlich von
der Verpflichtung der Leistungserbringer zur Qualitätssicherung im Gesundheitswesen aus.
Der Gesetzgeber fordert im SGB V § 135-139 die Leistungserbringer auf, sich der „Sicherung
und Weiterentwicklung der Qualität der von ihnen erbrachten Leistungen zu verpflichten.“ In
den ausführenden Regelungen heißt es weiter, dass sich alle Leistungsanbieter an Maßnahmen
zur Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität beteiligen müssen. So finden in den meisten
Krankenhäusern Methoden des Qualitätsmanagements (QM) Anwendung. Dem Patienten soll
aus der Behandlung ein größtmöglicher Nutzen erwachsen. Zu diesen Nutzenserwägungen
gehört als einer der wichtigsten Parameter die Zufriedenheit der Patienten mit der Einrichtung. Donabedian, dem Begründer der Qualitätsforschung im Gesundheitswesen, ist es zu
verdanken, dass die Qualitätsdimension um zwischenmenschliche Beziehungen und Beziehungskontinuität erweitert wurde. Donabedian (1980) unterscheidet drei Dimensionen der
Qualität: Strukturqualität, Prozessqualität und Ergebnisqualität. Als Strukturqualität bezeichnet er die Behandlungsbedingungen, die ein Patient vorfindet (d. h. die räumliche Ausstattung, aber auch die Ausstattung mit Personal sowie deren Qualifikation). Die Prozessqualität
umfasst die Qualität der diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen (so z. B. die Einhaltung von Behandlungsleitlinien). Die Ergebnisqualität wiederum erfasst die erreichten Behandlungsergebnisse, die Besserung der Symptomatik und das subjektive Wohlbefinden.
Es gibt noch eine weitere Entwicklung, die mit der Veränderung der Rollenvorstellungen des
Arztberufes zu tun haben:
„Die Patienten sind erwachsen geworden, es gibt keinen Weg zurück. (…) Paternalismus ist endemisch (...) und auch wenn er gut gemeint sein mag, schafft und erhält er
doch eine ungesunde Abhängigkeit, die mit anderen Strömungen in der Gesellschaft
nicht mehr im Einklang steht.“ (Coulter et al. 1999, S. 719)
So hat das subjektive Erleben der Behandlung durch den einzelnen Patienten in den letzten
Jahren an Bedeutung hinzugewonnen. Nicht nur im Rahmen des Qualitätsmanagements, son-
Patientenparameter
37
dern auch in der Diskussion um Freiheits- bzw. Selbstbestimmungsrechte rückt der Patient
mit seinen Erwartungen und Bedürfnissen in den Vordergrund. Dies ist auch vor dem Hintergrund des Paradigmenwechsels von einer institutionenzentrierten hin zu einer personenzentrierten Behandlung zu sehen (vgl. Kunze 2007). So hat sich auch die Rolle des Patienten,
insbesondere in der psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung gewandelt. Immer mehr
Ärzte verlassen ihren angestammten Platz als allwissende Instanz und ziehen vermehrt eine
Rolle als Partner im Arzt-Patienten-Verhältnis vor. So wird wechselseitiges Vertrauen ein
wichtiger Parameter im Arzt-Patienten-Verhältnis (vgl. Hall 2002).
Aus diesem Grund wurden in dieser Arbeit sowohl die nur 18 Items umfassenden Fragebögen
zur Patientenzufriedenheit (MFPB-18) mit ihren beiden objektiven Faktoren „Gesamtzufriedenheit mit der Therapie“ und „Persönlicher Nutzen“ eingesetzt als auch detaillierte Fragen
zu einzelnen Behandlungseinheiten zusammengestellt. Auch die detaillierte Aufklärung der
Patienten mit dem Überreichen eines verschlossenen Umschlages mit einer für den Therapeuten nicht ersichtlichen Nummernzuweisung soll hier Verzerrungen in Richtung sozialer Erwünschtheit der Antworten minimieren.
Die Katamneseerhebung mit der dann messbaren Veränderung des Grades der depressiven
Verstimmung und der sozialen Integration gibt Aufschlüsse über die dauerhafte Änderung der
objektiven Lebensumstände der Patienten. Eine Änderung der täglichen Lebenswelt in den
Bereichen Arbeit, Freizeit, Verwandte, Partnerschaft, Eltern, Familienzusammenhalt und Finanzen bedeutet den objektiven Niederschlag des Behandlungserfolges.
Es ist keineswegs einfach, die Patientenzufriedenheit als gegebene Größe in einer „Zufriedenheitsskala“ abzubilden. Bei Befragungen von Personen zur Patientenzufriedenheit werden
zwei Annahmen vorausgesetzt, um die Antworten sinnvoll im Rahmen des Qualitätsmanagements zu berücksichtigen und um die Patientenzufriedenheit für einen reliablen Qualitätsindikator halten zu können (vgl. Tomozei 2006):
1. Es muss angenommen werden, dass eine nach objektiven Maßstäben gute Realität auch so
empfunden wird und dementsprechend bei Patienten Zufriedenheit produziert.
2. Zum anderen muss angenommen werden, dass die Zufriedenheitsangaben tatsächlich auf
die subjektive Zufriedenheit der Patienten schließen lassen.
Patientenparameter
38
3.3 Lebensqualität
Lebensqualität wird in der Psychiatrie unterschiedlich definiert, je nachdem, welches Konzept
ihr zugrunde gelegt wird. Mattejat und Kollegen unterteilen sie beispielsweise in die Lebensqualität im engeren Sinn und die Lebensqualität im weiteren Sinn (vgl. Mattejat & Remschmidt 1998). Hierbei beschreibt die Lebensqualität im engeren Sinn die objektive Handlungs- und Funktionsfähigkeit und das subjektive Wohlbefinden bzw. die subjektive Zufriedenheit (vgl. Mattejat & Remschmidt 1998). Bestimmt wird die Handlungs- und Funktionsfähigkeit durch das Funktionsniveau und die objektive Leistungsfähigkeit (vgl. Mattejat &
Remschmidt 1998). Die subjektive Zufriedenheit umfasst im Konzept von Mattejat die Zufriedenheit mit der eigenen körperlichen Verfassung, der seelischen Verfassung, der Lebensführung und der Lebenssituation (vgl. Mattejat & Remschmidt 1998). Daraus ergibt sich, dass
sich die Lebensqualität im engeren Sinn in eine objektive (Handlungs- und Funktionsfähigkeit) und eine subjektive Lebensqualität (Wohlbefinden und Zufriedenheit) unterscheidet.
Die Lebensqualität im weiteren Sinn enthält anschließend die Voraussetzungen und Bedingungen, welche die eigentliche Lebensqualität beeinflussen. Zu diesen Faktoren gehören der
sozioökonomische Status, das psychosoziale Umfeld, Erkrankungen und Behinderungen sowie medizinische Behandlungen (vgl. Mattejat & Remschmidt 1998).
Damit zeigt sich die Komplexität hinter dem Begriff der Lebensqualität, die in entsprechenden Testverfahren erfasst und abgebildet werden muss. Dabei wird das objektive Funktionsniveau am besten durch einen außenstehenden Beobachter evaluiert, während Wohlbefinden
und Zufriedenheit am besten durch Reflexion des Patienten selbst evaluiert werden können.
Daneben gibt es Konzepte, die die Lebensqualität bestimmter Patientenkollektive beschreiben. So entwickelten Lawton und Kollegen ein vierdimensionales Modell zur Erfassung der
Lebensqualität bei Demenzkranken, das sich aus den Dimensionen subjektives Wohlbefinden,
objektive Umwelt, Verhaltenskompetenz und erlebte Lebensqualität zusammensetzt (vgl.
Lawton et al. 1996).
3.4 Symptomveränderung
Symptomveränderung bedeutet, dass im Verlauf einer depressiven Störung die Symptome des
Patienten variieren. Diese Veränderung kann sich auch unabhängig davon, ob eine Therapie
durchgeführt wird oder nicht ereignen. So kann sich das Symptombild eines Patienten von
einer depressiven Störung über die Manie zu einer bipolaren Störung entwickeln.
Patientenparameter
39
Wird der Patient behandelt, so dient die Symptomveränderung als Kriterium der Beurteilung
der Therapie und des Behandlungserfolges. Mithilfe einer Korrelationsanalyse kann ein möglicher Zusammenhang zwischen dem Behandlungserfolg und der Symptomveränderung untersucht werden.
Diagnostische Messinstrumente in der
Psychiatrie
40
4 Diagnostische Messinstrumente in der Psychiatrie
Im folgenden Kapitel sollen die einzelnen diagnostischen Messinstrumente in der Psychiatrie
näher erläutert werden.
4.1 Variablen in der operationalen Diagnostik
Die operationale Diagnostik wird durch die zwei Faktoren Reliabilität und Konsistenz determiniert.
4.1.1 Reliabilität
Im Rahmen der Messinstrumente stellt die Reliabilität ein Gütekriterium dar, welches angibt,
„inwieweit Messergebnisse, die unter gleichen Bedingungen mit identischen Messverfahren
erzielt werden (z. B. bei Wiederholungsmessungen), übereinstimmen“ (Wübbenhorst 2014,
Onlinequelle).
4.1.2 Konsistenz
Die Konsistenz eines Verfahrens beschreibt seine Widerspruchsfreiheit. Das bedeutet, dass
sich aus einem konsistenten Verfahren kein Widerspruch aus den Ergebnissen ableiten lässt
(vgl. Lehmann 2014). Die Grundlage der Konsistenz bildet die Logik einer Aussage bzw. eines Messverfahrens. Dabei kann die Logik, die auch als Aussagelogik bezeichnet wird, in
verschiedenen Argumentationsmodi auftreten.
4.2 Messinstrumente zur Erfassung der Lebensqualität
Bei Kindern und Jugendlichen wird das Inventar zur Erfassung der Lebensqualität, kurz ILK,
herangezogen (vgl. Mattejat & Remschmidt 1998). Grundlage dieses Messinstrumentes bildete die Notwendigkeit, die Lebensqualität von der eigentlichen psychischen Störung getrennt
erfassen zu wollen (vgl. Mattejat & Remschmidt 1998). Ähnliches wird mit dem Global Assessment of Functioning und der Achse IV des multiaxialen Klassifikationsschemas für psychiatrische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter erreicht (vgl. Remschmidt & Schmidt
1994). In allen drei Testverfahren wird das Funktionsniveau, welches als Maßstab der Lebensqualität erfasst wird, unabhängig der psychischen Störung erfasst.
Diagnostische Messinstrumente in der
Psychiatrie
41
In Analogie zur Erfassung der Lebensqualität bei Kindern gibt es spezifische Erfassungsbögen auch für andere Erkrankungen, wie beispielsweise für die Erfassung der Lebensqualität
bei Demenzerkrankten, mithilfe des Heidelberger Instrumentes zur Erfassung von Lebensqualität bei Demenz (vgl. Becker et al. 2005).
4.3 Messinstrument zur Erfassung der sozialen Integration
Messinstrumente zur Erfassung der sozialen Integration unterliegen zumeist der individuellen
Konzeption, die auf der Fragestellung basiert, welche Individuen im Hinblick auf welchen
Integrationsbereich untersucht werden sollen.
Für die Erfassung der sozialen Integration von Schülern steht beispielsweise der FEESS 3-4
als Messinstrument zur Verfügung. Der SASSR-Fragebogen dient der Feststellung der sozialen Integration. Erfasst wird damit die Fähigkeit eines Individuums zur Übernahme instrumenteller und expressiver Rollen nach Parsons und Bales (1955).
Daneben dient die Erfassung der Akkulturationsorientierung als Skala Akkulturationseinstellung u. a. dazu, die kulturelle Identität in Verbindung mit intergruppalen Kontakten zu erfassen (vgl. Babioch 2007). Eine ähnliche Erhebung kann mittels der Cultural Orientation Scale
(COS) erfolgen (vgl. Babioch 2007). Ergänzt wird dies durch eine Vielzahl deskriptiver Erfassungen, die, ebenfalls individuell konzipiert, gesellschaftliche Werte, die Einstellung des
Patienten zu diesen verbunden mit der Einbettung des Patienten in den gesellschaftlichen
Kontext bzw. in sein gesellschaftliches Umfeld evaluieren (vgl. Babioch 2007). Zusätzlich
können Messinstrumente, die die Zufriedenheit und die instrumentellen Werte des Patienten
erfassen, Rückschlüsse auf seine soziale Integration bzw. auf mögliche Ursachen einer sozialen Desintegration aufzeigen.
Zieht man die soziale Isolation als Faktor einer misslungenen sozialen Integration heran, so
kann zur Erfassung der sozialen Integration im weitesten Sinn auch der BDI herangezogen
werden, der die soziale Isolation als Item abfragt (vgl. Beck et al. 1987).
Diagnostische Messinstrumente in der
Psychiatrie
42
4.4 Messinstrumente zur Erfassung der Depression
Die Messinstrumente zur Erfassung der Depression erfassen sowohl Fremd- als auch Selbsteinschätzungsinstrumente. Ihre Anwendung richtet sich nach der Präferenz des Untersuchers
und den individuellen Bedürfnissen des Patienten (vgl. Ihle et al. 2012).
Das „Strukturierte Klinische Interview für DSM-IV Achse I“, kurz SKID-I, gilt als Basisinstrument, mit dem alle Achse-I-Störungen und damit die Komorbiditäten und Differenzialdiagnosen der depressiven Störungen evaluiert werden können (vgl. Ihle et al. 2012). Es basiert auf einer zweistufigen sich aus 12 Screeningfragen und spezifischen Items zusammensetzenden Methode. Der Nachteil dieses Verfahrens liegt in seinem zeitlichen Umfang. Ähnlich funktioniert der IDCL (Internationale Diagnosen Checklisten für ICD-10 und DSM-IV)
als Basisinstrument ohne Depressionsspezifität (vgl. Ihle et al. 2012).
Depressionsspezifisch ist die Hamilton-Depressionsskala (HAMD) aus dem Jahr 1986 als
Fremdbeurteilungsinstrument, dem ein halbstrukturiertes Interview zugrunde liegt (vgl. Ihle et
al. 2012). Ähnlich, jedoch mit weniger Fragen zeitökonomischer, funktioniert die Montgomery-Asberg-Depressionsskala (MADRS).
Als Selbsteinschätzungsinstrument hat sich der Beck-Depressionsinventar (BDI) bewährt
(vgl. Beck et al. 1987). Daneben existiert die Allgemeine Depressionsskala (ADS), die die
Beeinträchtigung durch spezifische depressive Symptome wie depressive Affekte, körperliche
Beschwerden, motorische Hemmung und negative Denkmuster evaluiert (vgl. Ihle et al.
2012). Als Kurz- oder Langversion widmet sie sich insbesondere den Symptomen Verunsicherung, Erschöpfung, Rückzug, Angst, Antriebslosigkeit, Einsamkeit, Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit, Selbstabwertung und Niedergeschlagenheit bezogen auf die zurückliegenden
sieben Tage und erhebt deren Häufigkeit (vgl. Ihle et al. 2012). Damit unterscheidet sich die
ADS vom BDI, das die Beschwerdeintensität untersucht.
Weitere etablierte Messinstrumente zur Erfassung und Beurteilung der Depression sind das
DSI (Depressionsstatusinventar), BRMS (Bech-Rafaelsen-Melancholie-Skala), die BRMAS,
die GDS (Geriatrische Depressionsskala nach Yesavage et al.), die SDS (SelbstbeurteilungsDepressionsskala), die DSN (Diagnostische Depressionsskala Newcastle) und die HADS-D
(Hospital Anxiety and Depression Scale – Deutsche Version).
Zur Diagnostik der depressiven Störung im Kindes-und Jugendalter stehen zudem auf das
entsprechende Alter des Kindes adaptierte Testverfahren zur Verfügung. Hierzu gehören u. a.
der „Thematische Gestaltungs-Test-Salzbuger (TGT), der Children’s Apperzeptionstest
Diagnostische Messinstrumente in der
Psychiatrie
43
(CAT), der Schwarzfuß-Test, das Depressions-Inventar für Kinder- und Jugendliche (DIKJ),
der Depressions-Test für Kinder (DTK), der Attributionsstil-Fragebogen (ASF) und zur Verlaufskontrolle die Montgomery Asberg Depression Rating Scale (MADRS)“ (Blanz et al.
2007, S. 4). Daneben sollten die Achsen II bis VI in die Diagnostik einbezogen werden (vgl.
Blanz et al. 2007).
4.5 Messinstrumente im Vergleich
Nachfolgend sind die in der vorliegenden Studie verwendeten Messinstrumente dargestellt.
4.5.1 BDI-II
Der BDI dient der Erfassung des Vorhandenseins sowie der Schwere depressiver Symptome
innerhalb der zurückliegenden sieben Tage (vgl. Ihle et al. 2012). Dafür wurden die Hauptsymptome der Depression in 21 Items zusammengefasst, die u. a. die Frage nach Pessimismus, trauriger Verstimmtheit, Weinen, Reizbarkeit und sozialem Rückzug beinhalten. Der
sich aus der Beantwortung der Items ergebende Score ermöglicht die Einteilung des Patienten
anhand von Cut-off- und Normwerten (vgl. Ihle et al. 2012).
Die Vorteile des BDI-II gegenüber anderen Testverfahren liegen in seiner raschen Durchführbarkeit (Zeitökonomie), seiner schnellen Auswertung, seiner hohen Reliabilität und dem hohen Forschungsstand zu diesem Testverfahren. Die Reliabilität des BDI-II wird in Form interner Konsistenzen (Cronbachs Alpha) berichtet und liegt je nach Stichprobe zwischen 0,89
und 0,93. Die auf Basis des Partial-Credit-Modells berechnete Reliabilität in der Stichprobe
depressiver Patienten wird mit 0,92 angegeben. Für die Gesunden liegen die Reliabilitäten bei
0,80 bzw. 0,82. Für die IRT-Analysen fehlt die Angabe des Standardmessfehlers. Die Retestreliabilität beträgt für Gesunde sowohl über drei Wochen als auch über fünf Monate 0,78
und ist damit als hinreichend stabil anzusehen. Erwartungsgemäß liegt die Retestreliabilität
für behandelte Patienten niedriger (0,46) (vgl. Herzberg et al. 2008).
4.5.2 SASSR
Der SASSR-Fragebogen dient der Feststellung der sozialen Integration. Erfasst wird damit die
Fähigkeit eines Individuums zur Übernahme instrumenteller und expressiver Rollen nach Par-
Diagnostische Messinstrumente in der
Psychiatrie
44
sons und Bales (1955). Eine Person, die als sozial integriert gilt, erfüllt folgende Voraussetzungen: Sie erfüllt die an sie gestellten, instrumentellen Aufgaben (Erfüllung der Arbeitsaufgaben, aktive Teilnahme am Sozial- und Familienleben) mit selbst produziertem Wohlbefinden und bewältigt den gefühlsmäßigem Austausch mit den Mitmenschen in sozial angemessener Weise. Soziale Integration kann in verschiedenen Lebensbereichen unterschiedlich stark
ausgeprägt sein. Aus diesem Grund sollte sie daher getrennt für jeden Lebensbereich erhoben
werden. Im Verfahren werden die Bereiche Arbeit (unterteilt in Berufstätige, Hausfrauen und
-männer, Schüler und Studenten), Freizeit und Soziales, Verwandte, Partnerschaft, Eltern,
familiärer Zusammenhalt sowie Finanzen erfasst. Dabei können die Items in die Kategorien
Ausführung des Verhaltens, zwischenmenschliche Beziehungen, Spannungen sowie Gefühle
und Befriedigung unterteilt werden.
4.5.3 MFPB-18
Die Patientenzufriedenheit wird mit dem Fragebogen MFPB-18 erhoben. Dieser Fragebogen
wurde 2010 von Fr. P. Decker in München entwickelt. In besonderem Maß berücksichtigt der
MFPB-18 die Wichtigkeit, mit der die Zielbestimmung in der psychotherapeutischen Behandlung in Abstimmung mit den Zielen des Patienten und nicht nur des Therapeuten erfolgt (vgl.
Decker 2010).
4.5.4 Sonstige Messinstrumente
Andere Fragebögen wie der ZUF 8, die deutsche Adaptation des Client Satisfaction Questionnaire (CSQ) von Attkinson und Zwick (1982), der KAPP – Karolinska Psychodynamic
Profile – von Weinryb und Rössel (1991) oder der HAQ (Penn Helping Alliance Questionnaire) nach Alexander und Luborsky (1986) umfassen nur Teilaspekte der Psychotherapie. So
ist der ZUF-8 mit seinen globalen Beurteilungen wenig trennscharf. Demgegenüber misst der
KAPP-8 den Zusammenhang zwischen mentalen Funktionen und Charaktereigenschaften, die
die Erfolgszufriedenheit des Patienten bestimmen.
Situation der Tageskliniken in Deutschland
45
5 Situation der Tageskliniken in Deutschland
Nachfolgend soll die Situation der Tageskliniken in Deutschland beschrieben werden.
5.1 Verteilung der Tageskliniken in Deutschland
Das Statistische Bundesamt gibt in einer Übersicht die Anzahl der Tageskliniken wieder, die
Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen betreuen (vgl. Statistisches Bundesamt 2011). In
dieser Statistik muss jedoch berücksichtigt werden, dass hier die Anzahl der Tages- und
Nachtkliniken zusammengefasst und die Tageskliniken nicht nochmals gesondert aufgeführt
werden. Dabei wird unterschieden nach Tageskliniken, die als reine Tages- bzw- Nachtkliniken fungieren, was nicht an Krankenhäusern angegliederten Tageskliniken entspricht, und
Krankenhäusern (psychiatrisch, psychotherapeutisch und/oder neurologisch) mit Tageskliniken (vgl. Statistisches Bundesamt 2011). Demnach gibt es insgesamt 157 Krankenhäuser mit
Tageskliniken, die eine Bettenzahl von 6.535 vorweisen, und 59 reine Tageskliniken, die insgesamt eine Bettenanzahl von 1.263 vorweisen (vgl. Statistisches Bundesamt 2011). Dabei
zeigt die Aufschlüsselung der Kliniken mit Tagesklinikanschluss, dass Kliniken mit mehr als
500 Betten am wenigsten über eine Tagesklinik verfügen. Bei diesen Kliniken bestehen lediglich 4 Tageskliniken, die allerdings 380 Betten ausmachen. Krankenhäuser mit 200 bis 499
Betten haben in 66 Fällen eine Tagesklinik mit einer Gesamtbettenanzahl von 3.890. Unter
den Krankenhäusern mit 100-199 Betten haben 50 Kliniken eine Tagesklinik, was 1.530 tagesklinische Plätze ausmacht. Von den Krankenhäusern mit maximal 99 Betten haben 37 Kliniken eine Tagesklinik und machen 735 Tagesklinikplätze aus (vgl. Statistisches Bundesamt
2011).
5.2 Aufenthaltsdauer in den Tageskliniken
Die Aufenthaltsdauer in Tageskliniken variiert je nach individuellem Patienten. In der Regel
sind die Patienten mindestens sechs Wochen in ein tagesklinisches Setting eingebunden (vgl.
Seidler et al. 2005).
5.3 Tagesklinik mit psychotherapeutischem Setting
Tageskliniken mit psychotherapeutischem Setting sind in Deutschland die Minderzahl. In der
Regel verfahren die Tageskliniken nach psychiatrischem Setting. Die in dieser Arbeit vorge-
Situation der Tageskliniken in Deutschland
stellte
Tagesklinik
Alteburger
Straße
46
(Köln)
verfolgt
einen
psychiatrisch-
psychotherapeutischen Ansatz.
Insgesamt ist die Evidenzlage zur tagesklinisches Betreuung sowohl in der Psychiatrie allgemein als auch im Hinblick auf verschiedene spezifische Krankheitsbilder gering, obwohl sie
in Deutschland eine starke Entwicklung zeigten und zeigen (vgl. Lang et al. 2015; Eikelmann
2010). Dabei stellen Tageskliniken „als Bindeglied zwischen stationärer und ambulanter Behandlung (...) ein wichtiges Element der gemeindepsychiatrischen Versorgung dar“ (Lang et
al. 2015, S. 616). Um diesen Status beibehalten zu können bedarf es neuer transparenter
Strukturen und definierter Aufgabenstellungen in den tagesklinischen Einrichtungen (vgl.
Kallert et al. 2003). Die Strukturen der Tageskliniken in Deutschland variieren. So gibt es
Tageskliniken als Station innerhalb eines Krankenhauses, Tageskliniken mit eigener Gebäudeeinheit aber einer Klinik angehörend, Tageskliniken unabhängig eines Krankenhauses oder
Rehabilitationstageskliniken (vgl. Eikelmann 2010; Dohren & Münzer 2012).
5.3.1 Behandlungsansatz
Während sich die Psychiatrie darauf beschränkt, Symptome eines Patienten zu minimieren,
ohne zu evaluieren, welchen Nutzen diese für seine aktuelle Lebenssituation haben, bezieht
der psychotherapeutische Ansatz der Tagesklinik die Symptome als Adaptation an die aktuelle Situation aus Krankheit und sozialem Umfeld ein (vgl. Matakas & Rohrbach 2006). Gerade
bei Erkrankungen, denen eine Beziehungsstörung zugrunde liegt, wie es auch bei einem Teil
der depressiven Patienten der Fall ist, sind die augenscheinlichen Symptome Ausdruck dieser
Beziehungsproblematik, die sich nicht verändert, indem die Symptome minimiert werden.
Darüber hinaus führt die Einbindung in die Gruppe zu einer Konfrontation des Patienten mit
seinen pathogenen Beziehungsstrukturen, die in der tagesklinischen Behandlung dann bearbeitet werden können. Die Behandlungsansätze in der Tagesklinik richten sich nach der Indikationsstellung, die gleichzeitig darüber entscheidet, ob für einen Patienten eher ein stationäres oder ein tagesklinisches Setting sinnvoll ist (vgl. Zeeck 2008; Seidler et al. 2005). Sie orientieren sich an den aktuellen Leitlinien wie denen der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie
und Psychotherapie. Allen Behandlungsansätzen gemeinsam ist die Einbettung in ein multiprofessionelles Team und ein komplexes Angebot an Behandlungen und Therapieformen (vgl.
Eikelmann 2010). Davon ausgehend können sowohl die Behandlungsintensität als auch die
Zielsetzung (z.B. Fokussierung auf soziale Inklusion oder Akutbehandlung) an den jeweiligen
Patienten angepasst werden (vgl. Eikelmann 2010).
Situation der Tageskliniken in Deutschland
47
5.3.2 Vorteile
Hieraus ergeben sich die Vorteile des tagesklinischen Settings. Der Patient bleibt in seinem
sozialen Umfeld und kann die im tagesklinischen Setting erlernten Fähigkeiten nicht nur im
geschützten Raum der Tagesklinik, sondern auch im privaten Umfeld erproben, in welches er
abends zurückkehrt. Außerdem ist die unbewusste Abhängigkeit vom Therapeuten, wie sie
beispielsweise oft in der ambulanten Psychotherapie anzutreffen ist, in der Tagesklinik weniger stark ausgeprägt (vgl. Matakas 2006). Sie ist damit das zu bevorzugende Setting, wenn es
darum geht, Patienten (auch mit schweren Verläufen) langfristig zu begleiten und ihr sog.
psychisches Niveau zu erhöhen (vgl. Matakas 2006), während gleichzeitig ihre Autonomie
gefördert wird (vgl. Rohrbach 2002). Die sich durch die verändernden Patienten in der Tagesklinik und der Patientengruppe immer wieder ergebenden Trennungs- und Neukontakterfahrungen können und werden im tagesklinischen Setting wiederholt mit dem Patienten bearbeitet (vgl. Rohrbach 2002), was neben der Beziehungskompetenz auch den Selbstwert des Patienten fördert und vorhandene pathologische Bindungsmuster aufzeigt, welche dann therapeutisch bearbeitet werden können.
Darüber hinaus hat die Tagesklinik einen wichtigen Stellenwert, in der Debatte um Verweildauerverkürzungen und den Betteneinsparungen in der vollstationären Behandlung, die den
Bedürfnissen der Patienten in der Psychiatrie nicht gerecht wird (vgl. Dohren & Münzer
2012).
5.3.3 Nachteile
Durch die Einbindung des Patienten in die jeweilige Patientengruppe der Tagesklinik und das
sich daraus ableitende therapeutische Setting ergibt sich der Nachteil der Tagesklinik, dass
diese für kurze Kriseninterventionen ungeeignet sind (vgl. Matakas 2006).
5.4 Tagesklinik Alteburger Straße gGmbH
Die Tagesklinik „Alteburger Straße“, die in der vorliegenden Studie untersucht wird, ist eine
Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Sie verfügt über vier tagesklinische Stationen
mit einer Gesamtanzahl an Therapieplätzen von 56 sowie über drei Vollstationen mit insgesamt 40 Behandlungsbetten. Das Einzugsgebiet der Tagesklinik „Alteburger Straße“ besteht
aus den Stadtteilen Zollstock, Raderberg, Raderthal, Marienburg, Bayenthal, Altstadt-Süd und
Neustadt-Süd. Daraus leitet sich der Versorgungsauftrag als Sektorversorgung ab.
Situation der Tageskliniken in Deutschland
48
Die ärztliche Personaldecke der Tageseinheit wird durch zwei Ärzte (einem Mann und einer
Frau) bestimmt, die insgesamt 1,5 Stellen besetzen. Dazu gibt es zwei Krankenpflegekräfte
(einen Mann und eine Frau) mit insgesamt 1,85 Stellen, eine Sozialarbeiterin mit einer halben
Stelle und einen stundenweise arbeitenden Bewegungs- und Kunsttherapeuten.
Die tagesklinische psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung findet wochentags 8.3017.00 Uhr statt. Samstags besteht für die Patienten die Möglichkeit, von 10 bis 12 Uhr in die
Klinik zu kommen. Die Tageseinheiten haben dabei unterschiedliche Behandlungsschwerpunkte. Demnach werden auf den einzelnen tagesklinischen Stationen schwerpunktmäßig
Patienten mit Borderline-Störungen (Tageseinheit A), Psychosen (Tageseinheit B), Depressionen (Tageseinheit C), Zwängen und akuten psychiatrischen Störungen (Tageseinheit D) behandelt.
Die Tagesklinik als Behandlungsoption enthält Elemente der ambulanten sowie der vollstationären Behandlung. Dabei bleibt der Patient überwiegend in seinem gewohnten sozialen
Rahmen und seinen vertrauten Lebensbezügen. Während der therapeutischen Behandlungswoche befindet er sich für 8 Stunden in einer intensiven psychiatrisch-psychotherapeutischen
Behandlung. Es besteht für den Patienten so die Möglichkeit, im ständigen Austausch zwischen intensiver Therapie und seiner sozialen Realität seine Beziehungsfähigkeit im außerklinischen Alltag immer wieder zu überprüfen und gegebenenfalls zu revidieren.
Im Rahmen der tagesklinischen Behandlung besteht die Möglichkeit, durch multimodale Therapieansätze der Unterschiedlichkeit der Bedürfnisse, den Fähigkeiten und den individuellen
Problemstellungen der einzelnen Patienten besser gerecht zu werden. Hier zeigt sich ein wesentlicher Unterschied zwischen ambulanter Psychotherapie und Tagesklinik. Während in der
ambulanten Psychotherapie in der Regel ein einziges Verfahren zur Anwendung kommt, gelingt es in der Tagesklinik, über die Unterschiedlichkeit der Therapien (Soziotherapie, Kunsttherapie, Bewegungstherapie, Yoga, Gruppen- und Einzelpsychotherapie) einen größeren therapeutischen Spielraum bereitzustellen. Zudem ist auch die Intensität der psychotherapeutischen Behandlung durch die höhere Behandlungsdichte größer als im ambulanten Setting.
Im Alltag und im therapeutischen Setting der Tagesklinik „Alteburger Straße“ finden die
Konzepte und zentralen Elemente der therapeutischen Gemeinschaft Anwendung.
Zu diesen zentralen Elementen der therapeutischen Gemeinschaft zählen:

die tägliche Gemeinschaftssitzung, in der das therapeutische Alltagsleben thematisiert
wird,
Situation der Tageskliniken in Deutschland

49
die anschließende Team-Sitzung, in der die vorangegangene Gemeinschaftssitzung reflektiert wird,

die Gruppentherapie (eine Kerngruppe mit bis zu sechzehn Patienten),

die Morgenrunden, die auf den Klinik- und Therapiealltag bezogen sind,

die Verteilung gemeinschaftlicher Aufgaben und Verantwortungsbereiche,

das Patensystem zur Orientierungshilfe,

die Gespräche zu Grundfragen der Gesundheit und Krankheit, Behandlungskonzepte,
Übertragung der Klinikerfahrung auf den Alltag, gesunden Ernährungsweise etc. und

die Beteiligung der Patienten am Verbesserungs- und Beschwerdemanagement (vgl.
Winkler et al. 2013).
5.4.1 Hintergrund der Behandlung von depressiven Patienten in der Tagesklinik Alteburger Straße gGmbH
Gerade für depressive Patienten bietet die tagesklinische Struktur einen optimalen Rahmen.
Ohne vollständig aus der Häuslichkeit und dem sozialen Umfeld herausgenommen zu werden,
wirkt die Tagesklinik durch ihre Teilhabeverpflichtung dem sozialen Rückzug, der Antriebsarmut und der daraus entstehenden Vereinsamung der Patienten entgegen. Gefördert wird
diese Durchbrechung des Teufelskreises dadurch, dass der Patient in eine interaktionelle Beziehung zu anderen Menschen in Form der Therapeuten, der Mitpatienten und der Mitarbeiter
treten kann, ohne dabei eine gesellschaftskonforme Rolle erfüllen zu müssen. Vielmehr können gerade durch den psychoanalytischen Ansatz der Tagesklinik Alteburger Straße gGmbH
pathologische Bindungs- und Beziehungsmuster externalisiert und bearbeitet werden, die im
außerklinischen gesellschaftlichen Kontext in aller Regel kupiert werden. Dabei führt die Bearbeitung intrapsychischer Prozesse, die zumeist in negativen Übertragungsphänomenen bestehen, zu einer Stärkung der Sozialkompetenz des Patienten. Es sind vor allem die depressionsassoziierten bindungstheoretischen Faktoren, die im Rahmen des psychoanalytischen Ansatzes der Tagesklinik Alteburger Straße GmbH positive verändert werden können.
Zudem kommt es zu einer Verbesserung der Resilienz der Patienten, wie es allein im ambulanten Setting mit wöchentlichen Einzelstunden nicht umgesetzt werden kann. Damit verbunden ist eine Zunahme der Affektstabilität, der Frustrationstoleranz und der Stressresistenz.
Gleichzeitig kommt es durch die intrapsychisch angestoßenen Veränderungsprozesse zu einer
Situation der Tageskliniken in Deutschland
50
Verbesserung der Selbstwirksamkeit und des Selbstwertgefühles, was den Therapie- und den
Krankheitsverlauf positiv beeinflusst.
5.4.2 Behandlungsablauf auf der Tageseinheit C der Tagesklinik Alteburger Straße
gGmbH
Nachfolgend soll das Konzept der Tageseinheit C, deren Klientel das Studienkollektiv der
vorliegenden Studie darstellt, im Besonderen dargestellt werden.
Das therapeutische Team der Tageseinheit C verfolgt neben einem psychiatrischen auch einen
psychoanalytischen Behandlungsansatz. Das bedeutet, die Konzepte von Übertragung, Gegenübertragung, Abwehr, freier Assoziation und Widerstand spielen im therapeutischen Setting eine große Rolle. Ziel ist es, dadurch das Selbstwertgefühl und die Selbstwirksamkeit der
Patienten zu stärken, ihnen pathologische Beziehungs- und Bindungsmuster bewusst zu machen, welche die Depression forcieren oder initiieren, krankheitsfördernde Denkmuster der
Patienten zu durchbrechen und bei den Patienten eine Haltung der Achtsamkeit zu fördern.
Bedingt durch das gruppenanalytisch geprägte Arbeiten nehmen alle Patienten am gleichen
Wochenprogramm des multimodalen Therapiesettings teil. Hierdurch wird eine große Gruppenkohärenz, also eine enge soziale Bezogenheit der Patienten untereinander, erzielt. Vinogradov und Kollegen (1996) sprechen von „der Anziehungskraft, durch die sich einzelne Mitglieder in einer Gruppe eingebunden fühlen und die sie mit anderen Mitgliedern verbindet“
(Vinogradov et al. 1996, S. 1449). Da viele Patienten an Störungen ihrer sozialen Beziehungsfähigkeiten leiden, ergeben sich im Miteinander Konfliktfelder, die im Rahmen des therapeutischen Settings genutzt werden können. Dabei kommt es zur Ausbildung von Übertragungskonstellationen sowohl zwischen Therapeuten und Patienten als auch multipersonal und häufig innerhalb der Patientengruppe. Somit werden die Patienten Regisseure ihrer eigenen inneren Konflikte, die sie in dem „sozialen Mikrokosmos“ der Station reinszenieren. Gleichzeitig
dient die Patientengruppe als soziales Korrektiv, in dessen Spiegel die Verzerrung der Realität, die der einzelne Patient mitbringt, nicht durchzuhalten ist. Folglich kann der Patient auf
diesem Weg lernen, besser mit sich selbst und anderen umzugehen sowie tragfähigere Bindungen zu gestalten.
Matakas geht davon aus, dass das therapeutische Milieu dem Patienten eine Möglichkeit gibt,
in einer durch Vernunft, Achtung und Wertschätzung geprägten Atmosphäre seinen Wahnsinn
und seine Triebe besser beherrschen zu lernen, um den Preis der partiellen Aufgabe der Mög-
Situation der Tageskliniken in Deutschland
51
lichkeit und der Freiheit seiner Pathologie durchzuarbeiten (vgl. Matakas 1992). Zusätzlich
können intakte soziale Systeme Ich-Funktionen verstärken und die Ängste der Individuen
vermindern, was sich ebenfalls positiv auf die Entzerrung und die Schaffung eines neuen Realitätsbezuges für den Patienten auswirkt (vgl. Matakas 1992).
Die vorliegende Studie bezieht sich auf die tagesklinische Behandlung von Patienten mit
schweren Depressionen, deren Wochenprogramm in der Tagesklinikeinheit C folgende Punkte beinhaltet:

3 Stunden analytische Gruppenpsychotherapie,

½ Stunde Einzelpsychotherapie (1 Stunde alle 14 Tage),

1 ½ Stunden Soziogruppe,

1 ½ Stunden Bewegungstherapie,

1 ½ Stunden Yoga/Achtsamkeitstraining,

4 Stunden Kunsttherapie,

1 Stunde Therapiezielbesprechung,

tägliche ärztliche Visiten,

1 Stunde ärztliche Gruppenvisite,

bedarfsabhängige Einzelgespräche mit dem Pflegeteam, dem Therapeuten oder der
Sozialarbeiterin,

3 Stunden milieutherapeutische Gruppen,

2 Stunden Freizeitgruppe und

Familiengespräche nach Absprache.
In der ärztlichen Gruppenvisite werden u. a. Fragen zur Medikation, Mitbehandlung durch
andere Fachrichtungen oder körperliche Beschwerden des Patienten besprochen. Die Milieutherapie wird vom Pflegeteam durchgeführt und besteht in der Begleitung des Patienten bei
allen Aktivitäten im Milieu (Einkaufen, Frühstück, Bereitung von Mittagessen, Esskultur und
Ernährungsfragen, achtsamer Umgang mit eigenen Bedürfnissen und denen Anderer, Putzaktivitäten etc.). Hierbei handelt es sich um bedarfsabhängige Therapie, die bis zu 1 h./Tag in
Anspruch genommen werden kann. Daneben gibt es Einzelgespräche mit dem Pflegeteam, in
welchen zumeist Themen der konkreten Lebensgestaltung (siehe Milieutherapie) besprochen
Situation der Tageskliniken in Deutschland
52
werden. Zudem bespricht das fachlich hochkompetente Pflegeteam mit den Patienten Übungen zur Stressbewältigung wie z. B. Atemübungen und Achtsamkeitsübungen, Gedankenstopptechniken z. B. bei Ängsten, Dissoziationsstopptechniken bei traumatisierten Patienten
sowie Techniken zur Affektwahrnehmung und Affektsteuerung bei psychosomatischen Patienten bzw. Borderline-Patienten.
Im Rahmen der Kunsttherapie, die 4 h./Woche umfasst, wird mit unterschiedlichen Materialien wie Farbe, Stoffe, Stein, Ton oder Holz gearbeitet, über deren Gestaltung sich der Patient
ausdrücken kann. Hierbei geht es vor allem um die Darstellung innerer Erlebniswelten und
innerer Bilder, obgleich sich auch Möglichkeiten der Handlungsdurchführung (z. B. Wie nähere ich mich einer neuen Aufgabe, einem neuen Material?) anbieten. So kann der Patient
neue Fähigkeiten und Ressourcen entwickeln und neue Lösungsmöglichkeiten entdecken. Die
Soziogruppe dient der Bearbeitung von Fragen rund um die Themen Arbeit, Freizeit und soziale Aktivitäten. Des Weiteren werden hier konkrete Handlungs- und Planungsziele erarbeitet.
Während die Patienten ihre Situation in der Gruppe der Mitpatienten darstellen, können sich
die Mitpatienten im innerpersonellen Beziehungskontext mit ihren Ressourcen und ihren Lebenserfahrungen einbringen und so ihr eigenes Gefühl von Selbstwirksamkeit verbessern.
In der Gruppe, gegebenenfalls auch im Einzelgespräch, stellt die Sozialarbeiterin die notwendigen Fachkenntnisse zu Möglichkeiten der Weiterbildung, Umschulung oder begleitenden
ambulanten Hilfen (betreutes Wohnen, Soziotherapie, Schuldnerberatung etc.) her. Bedarfsgerichtete Einzelgespräche mit der Sozialarbeiterin dienen der Besprechung und Bearbeitung
konkrete Probleme wie z. B. der Sortierung aufgelaufener Rechnungen, der Planung der weiteren Lebenssituation oder dem Ausfüllen von Anträgen z. B. auf Umschulung.
Die Freizeitgruppe bietet die Möglichkeit, in kleinen Gruppen eine Freizeitaktivität z. B. Kinobesuch, Museumsbesuch, Kegeln oder Minigolf zu planen und umzusetzen. Dies erfordert
eine umsichtige Planung (Planung der Fahrt, Öffnungszeiten, Kosten etc.), die einigen Patienten zunächst schwerfällt, weswegen mitunter unterstützende Gespräche mit dem Pflegeteam
notwendig werden. Positive Effekte kommen hier auch dadurch zustande, dass es mit den
Mitpatienten zusammen für viele Patienten zunächst einfacher ist, etwas Neues und Ungewohntes auszuprobieren. Auch können sich in ihren Bereichen kompetente Patienten mit ihren Hobbys und Fähigkeiten einbringen (z. B. Fotografie, Stadtführung, Pilzsammler etc.),
was wiederum das Gefühl der Selbstwirksamkeit und das Selbstwertgefühl der Patienten
stärkt. Beim wöchentlichen Yoga erleben sich die Patienten im Zusammenspiel von Körper
und Geist und lernen durch Übungen zur Achtsamkeit und anhand spezieller Atemtechniken
Situation der Tageskliniken in Deutschland
53
Stress besser zu bewältigen. Auf der körperlichen Ebene fördert das Yoga Gleichgewicht,
Kraft und Beweglichkeit, was durch die Bewegungstherapie ergänzt wird.
Einmal wöchentlich erfolgt die Therapiezielbesprechung. Die Patienten stellen ihre Therapieziele zu Beginn der Therapie, in der 3., 6. und 9. Behandlungswoche vor. Die Therapiezielbesprechung findet in einer Gruppe statt, damit auch die Mitpatienten die Fortschritte oder
auch die Probleme ihrer Mitpatienten verstehen und begleiten können. So wächst das Potenzial, sich gegenseitig zu helfen und die Patienten können sich gegenseitig Mut zusprechen und
sich motivieren. Die Aufgabe des behandelnden Arztes ist es, im Gespräch mit dem Patienten
nach Vorbesprechung im therapeutischen Team diesem Denk- und Handlungsansätze für seine persönliche Weiterentwicklung zu geben, damit er seine Therapieziele erreichen kann.
Aufgrund des besonderen psychoanalytischen Ansatzes zur Depressionsbehandlung auf der
Tagesklinikeinheit C der Tagesklinik Alteburger Straße gGmbH und den damit verbundenen
Kernelementen dieses Patientenkollektivs soll die Einzel- und Gruppentherapie in der Tagesklinikeinheit C nachfolgend gesondert dargestellt werden.
Einzel- und Gruppenpsychotherapie in der Tagesklinikeinheit C
Wie bereits oben für das gesamtherapeutische Setting in der Tagesklinik Alteburger Straße
gGmbH beschrieben, hat die Psychotherapie die Stärkung des Selbstwertgefühls und der
Selbstwirksamkeit, die Bewusstmachung pathogener Beziehungsmuster und deren Veränderung, die Einübung einer Haltung der Achtsamkeit und die Veränderung krankheitsfördernder
Denkmuster zum Ziel.
Erfahrungsgemäß gibt es bei depressiven Patienten bestimmte Themenbereiche, die in der
einen oder anderen Form auftauchen. Ein depressiver Grundkonflikt ist eng mit dem Selbstwertgefühl verbunden. Viele depressive Patienten fühlen sich nicht liebenswert und nicht leistungsfähig. Dies hat häufig mit Situationen im Elternhaus und der Eigenschaft der primären
Bezugspersonen zu tun, wodurch die Patienten als Kinder nicht gefördert, entwertet oder körperlich und/oder sexuell missbraucht wurden. Neben der Vernachlässigung und der Entwertung in der Erziehung finden sich auch häufig Patienten, die durch Verwöhnung kein stabiles
Selbstwertgefühl entwickeln konnten. Sie verlieren das Gefühl der Selbstwirksamkeit und
damit eine grundlegende Stütze des Selbstwertgefühls.
Patienten mit instabilem Selbstwertgefühl bemühen sich häufig im Streben nach Perfektionismus um Fehlerlosigkeit und sind bemüht, Andere zu beeindrucken. Trotzdem können sie über
Situation der Tageskliniken in Deutschland
54
sich selbst kaum etwas Gutes sagen. In der Einzeltherapie gilt es, diese Patienten dazu zu befähigen, die Verknüpfungen von Leistungsansprüchen und Selbstwertgefühl zu verstehen und
zu entflechten. Auch der Zusammenhang zwischen Katastrophisierungsgedanken und Rückzugshandlungen mit der Konsequenz sozialer Isolation kann im Einzelsetting bearbeitet werden. Die negativen Gedanken der Patienten – oft Abkömmlinge der internalisierten elterlichen
Entwertungen („Du kannst nichts“, „Du bist nichts wert“) – können von den Patienten erkannt
und verändert werden. Bewährt haben sich hier die zur Anwendung kommenden Methoden
der Impact-Technik, die den internalisierten Überzeugungen der Patienten ihren Realitätscharakter und damit ihre Glaubwürdigkeit nehmen (Sprechenlassen in Micky-Maus-Stimme, Benennung der Gedanken mit lustigen Namen “Blasius Theophil“ oder Visualisierung eines Papageis, der nur einen Satz sprechen kann).
Das den depressiven Patienten oft fehlende Gefühl von Selbstwirksamkeit wird insbesondere
durch die therapeutischen Gruppen verbessert. Jeder Patient kann sich hier in vielen Situationen als hilfreich, stützend und kompetent erleben. Auch können z. B. in Milieudiensten, bei
der Kunsttherapie und beim gemeinsamen Kochen eigene Handlungskompetenzen entwickelt
und gefördert werden. Da die Atmosphäre auf der Station sehr wertschätzend und freundlich
ist, können Patienten lernen, diese Haltung nicht nur anderen gegenüber, sondern auch sich
selbst gegenüber einzunehmen. Dies ist eine grundlegende Änderung des Umgangs mit sich
selbst. Oftmals entsteht die verminderte Frustrationstoleranz der Patienten aus strengen ÜberIch-Forderungen, die niemals realistisch erfüllt werden können. Hier erweist sich eine tagesklinische Behandlung als besonders hilfreich, da sie durch Deutung und Spiegelung nicht nur
in psychotherapeutischen Einzelsitzungen, sondern durch den gesamten Tagesablauf immer
wieder Anregungen gibt, anders zu handeln und zu denken.
Ein weiterer häufiges Problemfeld ist die Vorstellung der depressiven Patienten, sie könnten
in ihrem Erwachsenenleben durch besonders viel Fürsorge und Liebe durch ein anderes Objekt zu der Stabilität und dem Selbstwertgefühl gelangen, das sie als Kind hätten entwickeln
können. Dies ist ein Trugschluss, der häufig zu asymmetrischen Bindungsmustern und einem
Aufschaukeln von Versorgungswunsch und sich verstärkender Inkompetenz im Alltagsleben
führt. Die daraus resultierenden häufig destruktiven Muster in Partnerschaften können in begleitenden Paargesprächen bearbeitet werden.
Für den Patienten besteht die schmerzliche Entwicklungsaufgabe oft darin, sich von der Illusion zu lösen, ein Anderer könne ihn „satt“ machen und seine Versorgungswünsche minimieren. Dieser Prozess ist für viele Patienten schwer, insbesondere wenn sie verstehen, dass
Situation der Tageskliniken in Deutschland
55
sie als Erwachsene selbst für ihre gute seelische Versorgung verantwortlich sind. Aus diesem
Grund ist die Selbstfürsorge, die bei depressiven Patienten häufig sehr schlecht ist, ein
Grundpfeiler der tagesklinischen Behandlung. Die Selbstfürsorge reicht von der körperlichen
Versorgung (“Was esse ich, wann esse ich?”) über die Strukturierung des Tages (“Tut es mir
gut bis morgens aufzubleiben und fern zu sehen?”) bis zu Fragen der Abgrenzung von den
Wünschen Anderer (“Wann ist es für mich besser, nicht zu helfen?”) und der Erlaubnis, sich
gut zu fühlen (“Darf es einem Menschen wie mir überhaupt gut gehen?”). In der multimodalen Behandlung greifen hier die pflegerischen, ärztlichen, sozialarbeiterischen und kunsttherapeutischen Einflussmöglichkeiten ineinander. Hier erweisen sich die tagesklinische Behandlung und die enge Verzahnung der einzelnen Bereiche des therapeutischen Prozesses als besonders hilfreich.
Zu den pathogenen Beziehungsmustern von depressiven Patienten gehört neben der Abhängigkeit auch die leichte Kränkbarkeit, die einen Auslöser für depressive Rückzugstendenzen
bildet. Der depressive Patient erlebt sich selbst als weniger kompetent und weniger erfolgreich als seine Mitmenschen. Um dieser Kränkung zu entgehen, zieht er sich zurück. Bei
männlichen Patienten wird das unangenehme Gefühl der Unterlegenheit und der Scham oft
durch Aggressivität überdeckt. Sie erscheinen dann zunächst dauerhaft gespannt und wütend
und geraten viel in Streit. In der Behandlung besteht das Ziel darin, den Patienten in mühevoller Kleinarbeit den ursprünglichen Gedanken („Ich fühle mich unterlegen und beschämt“)
wieder bewusst zu machen, damit es möglich wird, diesen zu arbeiten. Erst wenn die Ursache
der scheinbar ursachenlosen Wut und Angespanntheit deutlich wird, kann es hier zu einem
Transformationsprozess kommen. Es liegt in der besonderen Kompetenz des therapeutischen
Teams, hier mit den Patienten nicht in eine erzieherische Auseinandersetzung zu geraten („Sie
müssen ruhiger werden!“), sondern sensibel und einfühlend die Ursachen der Gespanntheit zu
ergründen. Dabei hat sich in der Tagesklinikeinheit C als gut erwiesen, den vorhandenen Leidensdruck der Patienten zum Verbündeten zu nehmen.
Zu den weiteren pathogenen Bindungsmustern, die im Einzel- und Gruppensetting behandelt
werden, gehören die negativen Übertragungen internalisierter Objekte (z. B. prügelnde Eltern,
vernachlässigende Verwandte etc.), wobei durch die Gruppengröße (12-14 Mitpatienten) ein
breites Spektrum an Übertragungsobjekten und dem externalisierten Ausagieren der initial
internalisierten Objekte möglich wird. Die sich aus diesen Übertragungen ableitenden Konflikte sind grade in der Gruppenpsychotherapie immer wieder Thema. Hier ist es für die Patienten möglich, die Realität ihrer Wahrnehmung – auch durch die Beobachtung der Konflikte
Situation der Tageskliniken in Deutschland
56
von außen – zu überprüfen. So gelingt es häufig festzustellen, dass die erfahrene Rollenverteilung (z. B. „entwertender Vater“) in der Schaffung eines Übertragungsobjekt aufrechterhalten
wird. Es ist erstaunlich, wie schnell die unversöhnlich erscheinenden Konfliktparteien so zu
Erkenntnissen gelangen, die sie beruhigen und den Konflikt entschärfen. Im Verlauf der Behandlung ist es so viel besser möglich, sich der gegebenen Realität anzupassen und diese immer wieder – schließlich auch eigenständig – auf ihren Übertragungsanteil hin zu überprüfen.
So wird es den Patienten möglich, stabilere Bindungen einzugehen.
Ein weiteres Problem, das in der Einzel- und Gruppentherapie aufgegriffen wird, besteht darin, dass es depressiven Patienten häufig nicht möglich ist, etwas zu genießen. Dies hat mit
einem Mangel an Achtsamkeit und Konzentration auf die Gegenwart zu tun. Die Gedanken
scheinen den Patienten häufig realer als die gegebene Erfahrung. In der Behandlung depressiver Patienten hat es sich deswegen bewährt, diese Achtsamkeit im Augenblick zu fördern. In
der tagesklinischen Behandlung wird immer wieder eingeübt, wie eine Fokussierung auf Körpersensationen (z. B. Geschmack, Geruch, Atmung) das wache Erleben fördern und den
Stress abbauen kann. Explizit geschieht dies natürlich im Yoga, aber auch in der Milieutherapie. Zu der Haltung der Achtsamkeit gehört es auch, die Patienten darin zu begleiten, sich und
andere weniger zu bewerten. Dadurch werden die Selbstakzeptanz und die soziale Kompetenz
gefördert. Zudem sinkt das Stresslevel deutlich.
Für Patienten mit dissoziativen Störungen hat sich der Einsatz von extremen körperlichen
Wahrnehmungen zur Unterbrechung der Dissoziation bewährt (z. B. Eiskubus in die Hand
nehmen, Chilischote kauen). Hier werden auch die Übungen zur Etablierung eines sicheren
Ortes angewandt.
Letztlich hat es sich bei depressive Patienten als hilfreich erwiesen, ihre Denkmuster auf prinzipiell hilfreiche und prinzipiell nicht hilfreiche Gedanken hin zu untersuchen. Die Gedanken,
die nicht hilfreich sind (z. B. „Warum passiert immer mir das?“, „Wie blöd bin ich, das mir so
etwas passiert?”), sollen mittels Stopptechnik nicht weiter verfolgt werden, diejenigen, die
hilfreich sind („Wie kann ich jetzt weitermachen?“ „Was kann ich tun, damit es gelingt?“),
sollen stattdessen fokussiert werden. So gewinnt der Patient langsam eine Hoheit über sein
Denken und kann auch in frustrierenden Situationen negative Gedankenspiralen verlassen.
Mitpatienten bilden hierbei oft ein wichtiges Korrektiv.
Daneben gelingt es in der Gruppenpsychotherapie häufig, die eingefahrenen Selbstauffassungen der Patienten zu verändern, indem sie von Mitpatienten Rückmeldungen über eigenes
Verhalten erhalten und dies so zu reflektieren lernen. Die Gruppenmitglieder gehen dabei, wie
Situation der Tageskliniken in Deutschland
57
es auch der Grundhaltung auf des Station entspricht, sehr wohlwollend und einfühlsam mit
ihren Mitpatienten um. Unserer Erfahrung nach agieren die Mitpatienten die aus dem Kontakt
erwachsenden Schwierigkeiten aus, wodurch es ihnen häufig gelingt, die negativen Auswirkungen depressiver Kommunikation zu verstehen und zu verändern. Forciert wird dieser Prozess durch das Bedürfnis vieler Patienten, von Anderen gemocht und respektiert zu werden,
wodurch viele depressive Patienten dazu neigen, in der Kommunikation nicht offen ihre Haltungen und Wünsche zu formulieren. Diese werden sehr indirekt und für Andere oft nicht
verständlich kommuniziert. Solche Strategien führen immer wieder zu Missverständnissen im
Stationsalltag, können aber im Gruppenkontext gespiegelt und verändert werden. Ein immenser Vorteil der tagesklinischen Behandlung ist es, die theoretischen, psychodynamischen und
analytischen Veränderungen im Alltag begleiten und spiegeln zu können. Oft wird jedoch erst
in der Entlassungsphase deutlich, welche konkreten Änderungen der Lebensumstände notwendig sein müssen, um dauerhaft zu mehr Lebenszufriedenheit zu gelangen. Dies können
Veränderungen in der Beziehungsgestaltung (z. B. Paarbeziehung, Beziehung zu Eltern), in
der berufliche Perspektiven (Veränderung der Arbeitsstelle, Umschulung) oder auch in der
Freizeit (Kontaktgestaltung mit Anderen) sein. In der Auffassung der Tagesklinik gibt es keinen Unterschied zwischen der Reifung des Innenlebens und der Spürbarkeit im Alltag, da
diese beiden Prozesse komplex miteinander verzahnt sind und demnach auch in ihrer Komplexität im Gruppen- und Einzelsetting erkannt, aufgegriffen und bearbeitet werden müssen.
5.5 Die Tagesklinik in der Behandlung depressiver Patienten
Eine der führenden Studien, welche die tagesklinische Behandlung der Depression mit der
stationären Behandlung verglich war die Studie von Dinger und Kollegen aus dem Jahr 2014.
In die Studie wurden insgesamt 44 Patienten aufgenommen. Zu den Einschlusskriterien gehörte neben einem Alter zwischen 18 und 60 Jahren eine mindestens mittelgradige depressive
Episode oder Dysthymie. Das durchschnittliche Patientenalter lag bei 35.1 Jahren. Mit 50%
weiblicher Patienten war es ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis (vgl. Dinger et al.
2014). Sowohl die stationären als auch die tagesklinisch behandelten Patienten wurden über
einen Zeitraum von acht Wochen behandelt. Die Erhebung der Katamnese erfolgte zu Beginn
und am Ende der Therapie sowie einen und sechs Monate nach dem Therapieende. Als Assessments wurden der BDI-II und der Globale Schwere Index (GSI) herangezogen. Es zeigte
sich, dass die Werte im BDI und im GSI in beiden Gruppen nach sechs Monaten nach einem
initialen Abfall wieder angestiegen waren, obgleich die symptomatischen Beschwerden und
Situation der Tageskliniken in Deutschland
58
die interpersonellen Probleme weiterhin rückläufig waren (vgl. Bateman & Fonagy 2003).
Eine signifikante Überlegenheit einer der beiden Gruppen konnte aufgrund des kleinen Studienkollektivs nicht nachgewiesen werden. Die Forscher gingen aber davon aus, dass es signifikante Unterschiede zwischen beiden Therapieformen bei spezifischen Krankheitsbildern gab
(vgl. Bateman & Fonagy 2003).
5.6 Zukunftstrend
Zukünftig werden die Säulen aus ambulanter, stationärer, teilstationärer und tagesklinischer
Behandlung bestehen bleiben und sich je nach Patientenaufkommen ausgleichen. Da die depressiven Störungen wie auch eine Reihe anderer psychiatrischer Erkrankungen an Inzidenz
zunehmen und ein sozioökonomisches Problem darstellen, werden in Zukunft Therapieansätze, die nicht nur die Behandlung der Grunderkrankung, sondern auch die Rückführung des
Patienten ins Arbeitsleben fördern, eine besondere Stellung einnehmen. Hierzu leisten die
Tageskliniken einen wesentlichen Beitrag, was die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen.
Material und Methoden
59
6 Material und Methoden
Im nachfolgenden Abschnitt wird das methodische Vorgehen vorgestellt, welches zur Erstellung der hier vorliegenden Arbeit und der dazugehörigen Untersuchung herangezogen wurde.
6.1 Studiendesign
In der vorliegenden Untersuchung handelt es sich um eine prospektive klinische Untersuchung im Zeitraum 2/2013 bis 6/2014 in der Tagesklinik Alteburger Straße.
6.2 Forschungsgegenstand
Ausgehend von der Frage nach der Patientenzufriedenheit und der Symptomveränderung im
Rahmen einer tagesklinischen Behandlung von Patienten mit depressiven Erkrankungen wurde entsprechend den Operationalisierungsschritten zur Problem- und Gegenstandsbenennung
nach Atteslander der Forschungsgegenstand benannt (vgl. Atteslander 2010).
Problembenennung
Gegenstandsbenennung
Patienten mt
psychiatrischen
Erkrankungen
depressive Störungen,
Angststörungen,
Traumafolgestörungen,
bipolaren Störungen
Patienten mit
depressiver Störung
stationäre Behandlung
ambulante Behandlung
tagesklinische
Behandlung
tagesklinische
Behandlung
psychoanalytischer
Ansatz
psychotherapeutischer
Ansatz
Abbildung 1. Problem- und Gegenstandsbenennung in Anlehnung an Atteslander (2010, S.
39)
Material und Methoden
60
6.3 Studienkollektiv
Das Studienkollektiv umfasste alle in der Tagesklinik Alteburger Straße behandelten Patienten, die nach Beginn der Untersuchung dort eine 12-wöchige psychoanalytische Depressionsbehandlung erhielten.
Anhand definierter Ein- und Ausschlusskriterien wurde über die Aufnahme der Patienten in
die Studie entschieden. Die entsprechenden Kriterien sind in Tabelle 2 dargestellt.
Tabelle 2
Ein- und Ausschlusskriterien zur Aufnahme der Patienten in die Studie (eigene Daten)
Einschlusskriterien
Ausschlusskriterien

Patientenalter > 18 Jahre

Patientenalter < 18 Jahre

Einwilligung in die Studie

Fehlende Einwilligung zur Studie

Kognitive Fähigkeit zur Beantwor-

Unzureichende kognitive Fähigkeiten
tung der Fragebögen

Patienten mit der Diagnose F32.2,
zur Beantwortung der Fragebögen

F32.1 und F33.2

Abgeschlossene 12-wöchige Behand-
Patienten mit anderen Diagnosen als
F32.2, F32.1 und F33.2

Behandlungsabbrecher
lung
6.4 Datenerhebung
Die Erhebung der Daten gliederte sich in die Erfassung der Literaturdatenbanken und die Erfassung der Patientendaten. Die Vorstellung der Tagesklinik Alteburger Strasse gGmbH erfolgte unter Nutzung des eigenen Wissens der Autorin, die in dieser Einrichtung tätig ist.
6.4.1 Ablauf der Literaturrecherche
Die Literaturrecherche zur Sammlung der Daten für den wissenschaftstheoretischen Hintergrund sowie zur Sammlung empirischer Daten erfolgte anhand einer Stichwortsuche in den
Material und Methoden
61
Fachdatenbanken pubMed, Science Direct, der Fachdatenbank des Springer Verlages, den
Suchmaschinen Google und Google Scholar sowie dem Katalog der Universitätsbibliothek.
Die verwendeten Stichworte waren Depression, Tagesklinik, psychoanalytische Therapie der
Depression, psychotherapeutische Therapie der Depression, Patientenzufriedenheit, soziale
Integration, Symptomveränderung und Depression, Trauma und Depression, Bindungsstörung, multipersonelle Übertragung, BDI II und SASSR.
Um den aktuellen Bezug insbesondere in den empirischen Daten zu wahren, wurden hier vor
allem Daten aus den Jahren 2010-2014 herangezogen. Bezüglich der Daten für den wissenschaftstheoretischen Teil wurde das Publikationsdatum der Daten auf die Jahre 2000-2014
ausgeweitet.
Ferner gab es keine spezifischen Ein- und Ausschlusskriterien in der Auswahl der empirischen Daten. Grund dafür war die allgemein geringe empirische Datenlage zum tagesklinischen und zum psychoanalytischen Setting bei Patienten mit depressiven Störungen.
Die Trefferquoten in den einzelnen Datenbanken und Suchmaschinen sind in den Tabellen 3
und 4 dargestellt.
Tabelle 3
Ergebnisse der Stichwortsuche in den Datenbanken pubMed, Science Direct und der Springer
Fachdatenbank
Stichwort
Treffer
in Treffer in Science Treffer
pubMed
Direct
Scholar
depression
340.255
665.667
3.030.000
day-unit
211
1.567.238
6.270
336
27.200
36.521
54.200
35.579
1.990
psychoanalytic therapy 36
AND depression
psychotherapy
AND 21.890
depression
patient
satisfaction 3791
AND depression
Google
Material und Methoden
62
social integration AND 549
27.983
35.700
47.210
326
70.737
1.410.000
729
2.600
3
191
depression
symptom modification 95
AND depression
trauma AND depressi- 11.656
on
attachement disorder
multipersonal
12.101
trans- 0
ference
BDI II
1341
12.404
89.100
SASSR
29.910
251
303
Tabelle 4
Ergebnisse der Stichwortsuche in den Suchmaschinen Google und Google Scholar
Stichwort
Treffer in der Springer Fachdaten- Treffer in Google
bank
Depression
450.097
208.000.000
Tagesklinik
1.939
651.000
psychoanalytische The- 4.013
233.000
rapie UND Depression
psychotherapeutische
13.212
416.000
423
38.700
Therapie UND Depression
Patientenzufriedenheit
UND Depression
Material und Methoden
soziale
63
Integration 6.791
143.000
UND Depression
Symptomveränderung
30
1.040
UND Depression
Trauma UND Depres- 12.628
65.000.000
sion
224
Bindungsstörung
multipersonelle
Über- 26
34.100
307
tragung
BDI II
11.598
854.000
SASSR
26
28.500
6.4.2 Ablauf der Patientenbefragung
Die Erhebung der Patientendaten erfolgte im Rahmen eines Fragebogeninterviews, bei dem
der Untersuchungsleiter anwesend war. Die verwendeten Fragebögen waren der Fragebogen
Beck (BDI II), die Social Adjustment Scale (SASSR) und der PHY-Fragebogen, welche bereits im theoretischen Teil dieser Arbeit beschrieben wurden, weswegen auf eine erneute Darstellung in diesem Kapitel verzichtet wird. Alle Fragebögen gelten als validierte Instrumente
in der Psychologie und Psychiatrie. Bedingt durch den Aufbau der verwendeten Fragebögen
handelt es sich bei den hier durchgeführten Interviews um standardisierte Interviews mit geschlossenen Fragen.
Die Messung erfolgte vor Therapiebeginn, am Therapieende sowie 6 Monate nach Therapieende.
6.5 Datenanalyse
Die Analyse der Literaturdaten unterlag keinen spezifischen Kriterien.
Material und Methoden
64
Die Daten der Patientenbefragung wurden codiert und mittels des Statistikprogramms SPSS®
22.0 ausgewertet. Die Daten wurden auf Normalverteilung und Varianzgleichheit getestet.
Das Signifikanzniveau wurde auf p < 0.05 gesetzt. Zur Stichprobenbeschreibung kamen deskriptive Verfahren zur Anwendung. Zusammenhänge wurden mit interferenzstatistischen
Verfahren durchgeführt. Hierbei kamen der t-Test und die Pearson-Korrelation zur Anwendung.
Die statistischen Berechnungen erfolgten mit IBM® PASW 18® Statistics und dem Tabellenkalkulationsprogramm Excel 2010 von Microsoft Office Standards.
Ergebnisse
65
7 Ergebnisse
7.1 Beschreibung der Stichprobe
Erfasst wurden alle depressiven Patienten, die die Diagnosen F33.1 und F33.2 sowie F32.1
und F32.2 aufwiesen. Ein Ausschlusskriterium war die psychiatrische Komorbidität mit Nebendiagnosen aus dem Bereich der Persönlichkeitsstörungen, Angststörungen oder Suchterkrankungen sowie schizoaffektive und bipolare Störungen. Der Einschluss der Patienten erfolgte zwischen Februar 2013 und Juni 2014. Die letzten Katamneseuntersuchungen fanden
im Februar 2015 statt.
Durch die Selektion rein depressiv erkrankter Patienten ohne Nebendiagnosen ergab sich eine
geringe Größe der untersuchten Stichprobe, jedoch konnten die untersuchten Ergebnisse
durch die relative Homogenität der depressiven Pathologie und eine 100 % Follow-up-Quote
ein aussagekräftiges Ergebnis erzielen.
Die Stichprobe umfasst insgesamt 26 Patienten, von denen 42,3 % männlichen Geschlechts
(n = 11) und 57,7 % weiblichen Geschlechts sind (n = 15). Über zwei Drittel des Samples
waren zum Zeitpunkt der Aufnahme in die teilstationäre Behandlung über 1 Jahr erkrankt.
Weitere Charakteristika des Studiensamples sind in Tabelle 5 dargestellt.
Tabelle 5
Charakteristika des Studiensamples (eigene Daten)
Anzahl
%
Soziodemografische Angaben
männlich
11
42,3
Geschlecht
weiblich
15
57,7
Beruf
keine Berufsausbildung
4
15,4
17
65,4
abgeschlossenes Studium
5
19,2
alleinlebend
9
34,6
Lebenspartner
8
30,8
Lebenspartner und Kinder
5
19,2
Kinder ohne Lebenspartner
3
11,5
anderes
1
3,8
abgeschlossene Lehre
Wohnumfeld
Ergebnisse
66
Erkrankungsspezifika zum Aufnahmezeitpunkt
1-3 Monate krank
1
3,8
Dauer der
3-6 Monate krank
5
19,2
Erkrankung
über 1 Jahr krank
20
76,9
keine
11
42,3
1
6
23,1
Anzahl stationärer
2
2
7,7
Vorbehandlungen
≥4
1
3,8
fehlende Angabe
6
23,1
nicht arbeitsunfähig
4
15,4
Dauer der
2-4 Wochen
9
34,6
Arbeitsunfähigkeit
1-3 Monate
4
15,4
3-6 Monate
5
19,2
6-12 Monate
2
7,7
> 1 Jahr
2
7,7
9
34,6
keine
ambulante
Psychotherapie
Dauer der
1-3 Monate
3
11,5
ambulanten
3-6 Monate
6
23,1
psychotherapeuti-
6-12 Monate
1
3,8
7
26,9
schen Vorbehandlung > 1 Jahr
7.2 Soziale Integration, depressive Symptomatik und Patientenzufriedenheit
7.2.1 Übersicht
Im Beobachtungszeitraum wurden drei verschiedene Fragebögen eingesetzt. Zum Zeitpunkt
der Aufnahme wurden die soziale Integration mittels des SASSR und der Schweregrad der
depressiven Symptomatik mittels des Beck-Depressionsinventars (BDI) erhoben. Zum
Entlassungszeitpunkt nach 12-wöchiger teilstationärer Behandlung in der Tagesklinik wurden
Ergebnisse
67
erneut die depressive Symptomatik mittels BDI sowie die Patientenzufriedenheit mit dem
Münchner Fragebogen zur Behandlungszufriedenheit MFBP erfasst. Zum Zeitpunkt der
Katamnese, 6 Monate nach Entlassung aus der teilstationären tagesklinischen Behandlung,
wurden erneut der Grad der depressiven Symptomatik mittels BDI sowie die soziale
Integration mittels SASSR erfasst. Tabelle 6 gibt einen Überblick über die im Mittel erzielten
Scores in den Fragebögen bezogen auf die verschiedenen Erfassungspunkte.
Tabelle 6
Kennwerte der eingesetzten Fragebögen (eigene Daten)
MW ± SD
BDI
SASSR
MFBP
t0
t1
t2
11,33 ±
29,63 ±
12,11 ±
7,38
7,10
8,88
Arbeit
1,55 ±
1,28 ±
1,72
1,15
Freizeit + Soziales
2,99 ±
2,68 ±
0.72
0,68
Verwandte
2,46 ±
2,14 ±
0,88
0,83
Partnerschaft
1,32 ±
1,04 ±
1,38
1,26
Eltern
0,69 ±
0,52 ±
0,89
0,87
Familienzusammenhalt
1,85 ±
1,06 ±
1,41
1,09
Finanzen
2,26 ±
2,52 ±
1,38
1,74
SASSR-Gesamtwert
2,66 ±
2,32 ±
0,61
0,50
Skala 1
20,37 ±
3,26
Skala 2
17,93 ±
5,09
Gesamtwert
38,30 ±
7,17
Signifikanz
(t0 vs. t2)
< 0.001**
0,48
0,11
0,18
0,09
0,18
< 0,001**
0,53
0,04*
** signifikant p < 0,001; * signifikant p < 0,05
t0 = Aufnahme, t1 = Entlassung, t2 = Katamnese (6 Monate nach Entlassung)
MW = Mittelwert, SD = Standardabweichung
7.2.2 Soziale Integration
Die soziale Integration wurde mittels des Fragebogens SASSR erhoben, wobei der
Fragebogen zwischen den Bereichen Arbeit, Freizeit und Soziales, Verwandte, Partnerschaft,
Ergebnisse
68
Eltern, Familienzusammenhalt und Finanzen unterscheidet. Zusätzlich wird ein Gesamtwert
dargestellt. Die soziale Integration wurde zum Zeitpunkt der Aufnahme in die Tagesklinik
sowie zum Zeitpunkt der Katamnese 6 Monate nach der Entlassung aus der teilstationären
Behandlung erhoben. Die im Mittel erzielten Punktwerte zum Zeitpunkt der Aufnahme
weichen in den Bereichen Freizeit und Soziales, Verwandte und im Gesamtwert von dem
durchschnittlichen Bereich der Normstichprobe ab und weisen auf eine geringere soziale
Integration als bei der Normstichprobe in diesen Domänen hin (T < 40). Zum Zeitpunkt der
Katamnese nähert sich der Gesamtwert der sozialen Integration der Norm an, verbleibt jedoch
unterdurchschnittlich.
In den Bereichen Arbeit und Partnerschaft weisen die Studienteilnehmer zum Zeitpunkt der
Katamnese überdurchschnittliche Werte der sozialen Integration auf, sind in diesen Domänen
demnach stärker integriert als die Normstichprobe (T > 60).
Der Punktwert in der Domäne Familienzusammenhalt reduziert sich signifikant zwischen dem
Zeitpunkt der Aufnahme und der Katamnese von im Mittel 1,85 (SD +/-1,41) auf 1,06 (SD
+/-1,09). Auch der Gesamtwert der sozialen Integration verringert sich signifikant von im
Mittel 2,66 (SD +/-0,61) auf 2,32 (SD +/-0,50) Punkten. In den anderen Bereichen der
sozialen Integration kann ebenfalls eine Reduktion der mittleren Werte beobachtet werden,
diese fallen jedoch nicht signifikant aus. Eine Ausnahme bildet hierbei lediglich der mittlere
Punktwert im Bereich Finanzen.
7.2.3 Depressive Symptomatik
Der Schweregrad der depressiven Symptomatik der Patienten wurde anhand des BeckDepressionsinventars zu drei Zeitpunkten erhoben: bei der Aufnahme (t0), zum Zeitpunkt der
Entlassung (t1) sowie nach 6 Monaten (t2). Der mittlere BDI reduzierte sich dabei signifikant
vom Beginn der Behandlung mit 29,6 Punkten auf 11,3 Punkte zum Zeitpunkt der Entlassung
(p < 0.05). Zum Zeitpunkt der Katamnese stieg der mittlere BDI auf einen Wert von 12,1
Punkten an (nicht signifikant).
7.2.4 Patientenzufriedenheit
Der Fragebogen zur Patientenzufriedenheit (MFBP) wurde zum Entlassungszeitpunkt von den
Studienteilnehmern ausgefüllt. Der MFBP misst die Patientenzufriedenheit in zwei Skalen,
Ergebnisse
69
wobei Skala 1 Auskunft über die Gesamtzufriedenheit der Therapie gibt, Skala 2 dagegen den
persönlichen Nutzen erfasst.
Die Verteilung der Antworthäufigkeiten ist in Tabelle 7 dargestellt. Dabei entsprechen die
grau unterlegten Items der Skala 1 = Gesamtzufriedenheit und die nicht unterlegten Items der
Skala 2 = Persönlicher Nutzen.
Tabelle 7
Antworthäufigkeiten im MFBP-18 (eigene Daten)
voll
überwiegend
unentschieden
eher nicht
gar nicht
N
%
N
%
N
%
N
%
N
%
Sollte ich nochmals erkranken,
würde ich mich gern wieder in
dieser Klinik behandeln lassen.
19
73.1
6
23.1
0
0
0
0
1
3.8
Ich habe in der Therapie gelernt, mit anderen Menschen
besser zurechtzukommen.
8
30.8
14
53.8
4
15.4
0
0
0
0
Insgesamt bin ich mit der Art
der Therapie, die ich hier erhalten habe, zufrieden.
14
53.8
11
42.3
0
0
0
0
1
3.8
Ich habe in der Therapie mehr
Selbstvertrauen gewonnen.
8
30.8
12
46.2
4
15.4
1
3.8
1
3.8
Eigentlich hätte ich mir mehr
von diesem Klinikaufenthalt
versprochen.
Ich weiß jetzt, welche Ziele mir
wichtig sind.
Ich habe die für mich richtige
therapeutische Betreuung erhalten.
Ich glaube, dass ich die hier
eingeübten Problemlösungen
auch im wirklichen Leben eigenständig einsetzen kann.
1
3.8
2
7.7
4
15.4
9
34.6
10
38.5
11
42.3
12
46.2
1
3.8
0
0
2
7.7
13
50.0
8
30.8
5
19.2
0
0
0
0
8
30.8
12
46.2
5
19.2
1
3.8
0
0
Insgesamt bin ich mit dem
Therapieergebnis zufrieden.
12
46.2
11
42.3
2
7.7
0
0
1
3.8
Ich habe im Laufe der Therapiezeit Freude an Freizeitaktivitäten und ein positives Körperbewusstsein entwickelt.
8
30.8
13
50.0
4
15.4
1
3.8
0
0
Meine Zufriedenheit mit den
therapeutischen Maßnahmen
ist im Verlauf der Behandlung
gesunken.
0
0
4
15.4
2
7.7
7
26.9
13
50.0
Ich habe in der Therapie gelernt, positiver zu denken.
8
30.8
11
42.3
6
23.1
1
3.8
0
0
Ergebnisse
70
Ich habe genügend Einfluss auf
die Behandlung gehabt.
6
23.1
15
57.7
2
7.7
3
11.5
0
0
Ich habe in der Therapie eine
Hilfestellung erhalten, um in
meinem Leben etwas Grundsätzliches zu verändern, das ich
bisher nicht ändern konnte.
10
38.5
10
38.5
5
19.2
1
3.8
0
0
In der Therapie wurden genau
die Problembereiche bearbeitet, die mir wichtig waren.
6
23.1
11
42.3
8
30.8
0
0
1
3.8
In der Therapie sind alle meine
Möglichkeiten, klarer zu sehen
und Probleme besser lösen zu
können, erkannt und ausgeschöpft worden.
1
3.8
16
61.5
8
30.8
0
0
1
3.8
Meine Zufriedenheit mit den
therapeutischen Maßnahmen
ist im Verlauf der Behandlung
gestiegen.
7
26.9
13
50.0
6
23.1
0
0
0
0
Ich weiß jetzt, wie ich meine
Ziele erreichen kann.
7
26.9
15
57.7
2
7.7
1
3.8
1
3.8
Die im Fragebogen eingesetzte Likert-Skala beschreibt die Zustimmung von 1 = „gar nicht“
bis 5 = „voll“. Je höher der Punktwert, umso zufriedener waren die Patienten mit der
Behandlung. Auf den beiden Skalen können jeweils minimal 9 Punkte und maximal 45
Punkte erreicht werden, auf der Gesamtskala minimal 18 und maximal 90 Punkte. Der
Median für den Gesamtwert liegt bei 37, für die Skala Gesamtzufriedenheit (Skala 1) bei 20
und für die Skala Persönlicher Nutzen (Skala 2) bei 17. Die statistischen Kennwerte sind in
Tabelle 8 dargestellt.
Tabelle 8
Statistische Kennwerte des MFBP-18 (eigene Daten)
Deskriptive Statistik MFBP-18
Skala 1
Skala 2
Gesamt
Mittelwert
20.37
17.93
38.30
SD
3.26
5.09
7.17
Median
20
17
37
Schiefe
1.73
0.90
1.49
Kurtosis
5.27
0.34
2.70
Ergebnisse
71
Minimum
16.00
10.00
28.00
Maximum
32.00
30.00
60.00
Range
16.00
20.00
32.00
7.3 Korrelation der Patientenzufriedenheit mit Outcomes
7.3.1 Assoziation zwischen der Zufriedenheit und der Alltagskompetenz
Bei der Berechnung des Pearsonschen Korrelationskoeffizienten zeigte sich zwischen der
Patientenzufriedenheit und der sozialen Integration in zwei Bereichen eine signifikante
Assoziation. Die Patientenzufriedenheit korrelierte moderat mit dem Bereich Freizeit +
Soziales zum Zeitpunkt der Katamnese (r = 0,407; p = 0,039) sowie mit dem Bereich
Finanzen zum Zeitpunkt der Katamnese (r = 0,407; p = 0,015). Keine statistisch signifikante
Assoziation konnte mit der Skala Zufriedenheit mit der Therapie und den Domänen der
sozialen Integration nach 6 Monaten gefunden werden.
7.3.2 Assoziationen zwischen Patientenzufriedenheit und Depressivität
Zum Zeitpunkt der Entlassung zeigten nur noch 6 Patienten (23,1 %) eine klinisch relevante
depressive Symptomatik (zum Vergleich: bei Aufnahme 26 Patienten, 100 %), 7 Patienten
konnten als „mild“ eingestuft werden (26,9 %) und 12 Patienten (50,0 %) zeigten einen
klinisch unauffälligen BDI-Wert.
Zwischen der Patientenzufriedenheit und dem Schweregrad der depressiven Symptomatik
zum Zeitpunkt der Entlassung zeigen sich statistisch signifikante Korrelationen zwischen der
Skala 2 (Persönlicher Nutzen) und dem BDI (r = 0,529, p = 0,005) sowie der
Gesamtzufriedenheit mit dem BDI-Wert (r = 0,518, p = 0,007). Nach 6 Monaten zeigt sich ein
geringerer Korrelationsgrad zwischen dem Persönlichen Nutzen und dem BDI-Wert, bleibt
aber statistisch signifikant (r = 0,425, p = 0,03). Die Gesamtzufriedenheit korreliert zum
Zeitpunkt der Katamnese nicht mehr mit dem BDI.
Tabelle 9
Korrelation zwischen MFBP und BDI bei Entlassung und nach 6 Monaten (eigene Daten)
Ergebnisse
Skala 1
Skala 2
Gesamt
72
BDI bei
Entlassung
BDI nach 6
Monaten
Korrelationskoeffizient
nach Pearson
0,312
0,171
Signifikanz (2-seitig)
0,120
0,403
N
26
26
Korrelationskoeffizient
nach Pearson
0,529**
0,425*
Signifikanz (2-seitig)
0,005
0,030
N
26
26
Korrelationskoeffizient
nach Pearson
0,518**
0,380
Signifikanz (2-seitig)
0,007
0,056
N
26
26
** Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant.
* Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,05 (2-seitig) signifikant.
Ergebnisse
73
Tabelle 10
Korrelation des MFBP-18 mit den Domänen der Social Adjustment Scale (eigene Daten)
MFBP18
Arbeit
Freizeit und
Soziales
Verwandtschaft
Partnerschaft
Elternschaft
Familienzusammenhalt
Finanzen
Gesamtwert
N
r
p
r
p
r
p
r
p
r
p
r
p
r
p
r
p
Skala 1
26
0.141
0.494
0.071
0.731
-0.286
0.156
0.073
0.724
0.247
0.225
-0.330
0.100
0.043
0.835
0.089
0.665
Skala 2
26
0.112
0.585
,407*
0.039
0.035
0.866
0.071
0.732
0.156
0.445
-0.066
0.747
,470*
0.015
0.305
0.130
Gesamt
26
0.144
0.484
0.256
0.206
-0.105
0.608
0.017
0.934
0.223
0.273
-0.197
0.335
0.353
0.077
0.176
0.390
*. Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,05 (2-seitig) signifikant.
Skala 1 = Gesamtzufriedenheit mit Therapie, Skala 2 = Persönlicher Nutzen
Diskussion
74
8 Diskussion
Im Folgenden sollen die Ergebnisse der Untersuchung im Kontext der Forschungsfragen diskutiert und bewertet werden.
8.1 Hypothesenbildung
Ausgehend von der oben beschriebenen Problematik widmet sich die vorliegende Studie der
Untersuchung dieser Parameter in einer tagesklinischen Einrichtung, die depressiv Erkrankte
nach psychotherapeutischen Konzepten behandelt. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt
hierbei in der Analyse der Patientenzufriedenheit und der Symptomveränderung, nicht nur im
Rahmen des tagesklinischen Settings, sondern vor allem in einer Katamneseerhebung. Zu den
untersuchten Patienten gehörten Patienten, die tagesklinisch in der Tagesklinik Alteburger
Straße auf der Tageseinheit C für 12 Wochen behandelt wurden.
Zur Evaluierung und empirischen Erfassung der Zielstellung wurden entsprechende Forschungsfragen und Forschungshypothesen formuliert, die unten ersichtlich sind.
In der Nullhypothese wird angenommen, dass der Grad der Patientenzufriedenheit mit der
psychiatrisch-psychotherapeutischen Tagesklinik keinen Prädiktor für eine objektive Symptomveränderung und einen messbaren Grad sozialer Integration 6 Monate nach Therapieende,
gemessen an der Veränderung des BDI und des SASSR, darstellt.
Aufgrund der spezifischen Arbeitsweise der psychiatrisch-psychotherapeutischen Tagesklinik
am Beispiel der Tagesklinik Alteburger Straße werden jedoch sowohl eine symptomatische
Besserung anhand der Ausprägung depressiven Erlebens als auch eine Veränderung in der
sozialen Integration der Patienten erwartet. Die Fragestellung dieser Arbeit ist, ob es einen
Zusammenhang zwischen der subjektiven Patientenzufriedenheit und der Veränderung der
Alltagskompetenzen des Patienten gibt.
Eine Verbesserung der Alltagskompetenz wird in einer Verbesserung in den wichtigen Bereichen sozialen Lebens, wie Arbeit, Familie und Beziehungsgestaltung, ihren Niederschlag finden, und sollte auch ein halbes Jahr nach der Entlassung messbar sein.
Forschungsfrage 1: Gibt es eine Veränderung der depressiven Symptomatik über die drei
Untersuchungszeitpunkte hinweg?
Diskussion
75
Forschungsfrage 2: Stellt der Grad der Patientenzufriedenheit im psychotherapeutischpsychiatrischen Setting einer Tagesklinik gemessen an den Veränderungen im BDI und dem
SASSR einen Prädiktor für eine objektive Symptomveränderung dar?
Forschungsfrage 3: Inwieweit kann die Patientenzufriedenheit sechs Monate nach Beendigung einer 12-wöchigen psychiatrisch-psychotherapeutischen tagesklinischen Behandlung
gemessen an den Veränderungen im BDI und dem SASSR als Prädiktor sozialer Integration
bewertet werden?
Forschungsfrage 4: Besteht ein Zusammenhang zwischen der sozialen Integration, der Arbeit, der Partnerschaft und dem Familienzusammenhalt nach Abschluss einer 12-wöchigen
psychiatrisch-psychotherapeutischen tagesklinischen Behandlung zum Zeitpunkt der Entlassung und sechs Monate nach Entlassung gemessen an den Werten des SASSR?
Forschungsfrage 5: Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Schwere der Depression und
den Werten des BDI zum Entlassungszeitpunkt sowie sechs Monate später nach Abschluss
einer 12-wöchigen psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung?
Forschungsfrage 6: Wie stark ist die Korrelation zwischen dem persönlichen Nutzen und den
Werten des BDI zum Entlasszeitpunkt sowie sechs Monate später nach Abschluss einer 12wöchigen psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung?
Forschungsfrage 7: Hat der psychoanalytische Ansatz in der tagesklinischen Behandlung
von Depressionspatienten einen besseren Outcome als der klassische psychotherapeutische
Ansatz?
Hypothese 1.1: Eine 12-wöchige tagesklinische Behandlung von Patienten mit Depressionen
wirkt sich positiv auf die Patientenzufriedenheit aus.
Hypothese 1.2: Die Patientenzufriedenheit ist auch sechs Monate nach Beendigung einer 12wöchigen psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung im Rahmen eines tagesklinischen
Settings hoch.
Hypothese 2.1: Der Grad der Patientenzufriedenheit gemessen an den Veränderungen im BDI
und SASSR stellt einen Prädiktor für eine objektive Symptomveränderung dar.
Hypothese 2.2: Der Grad der Patientenzufriedenheit gemessen an den Veränderungen im BDI
und SASSR stellt nach Beendigung einer 12-wöchigen tagesklinischen Depressionsbehandlung einen Prädiktor für eine objektive Symptomveränderung dar.
Diskussion
76
Hypothese 2.3: Der Grad der Patientenzufriedenheit gemessen an den Veränderungen im BDI
und SASSR stellt auch sechs Monate nach Beendigung einer 12-wöchigen tagesklinischen
Depressionsbehandlung einen Prädiktor für eine objektive Symptomveränderung dar.
Hypothese 3.1: Die Patientenzufriedenheit kann nach Beendigung einer 12-wöchigen tagesklinischen Depressionsbehandlung gemessen an den Veränderungen im BDI und SASSR als
Prädiktor sozialer Integration gewertet werden.
Hypothese 3.2: Die Patientenzufriedenheit kann auch sechs Monate nach Beendigung einer
12-wöchigen tagesklinischen Depressionsbehandlung gemessen an den Veränderungen im
BDI und SASSR als Prädiktor sozialer Integration gewertet werden.
Hypothese 4.1: Es besteht ein Zusammenhang zwischen der sozialen Integration, der Arbeit,
der Partnerschaft und dem Familienzusammenhalt als Ausdruck einer Veränderung der Alltagskompetenz des Patienten und den Werten des SASSR nach Abschluss einer 12-wöchigen
psychiatrisch-psychotherapeutischen tagesklinischen Behandlung.
Hypothese 4.1: Es besteht ein Zusammenhang zwischen der sozialen Integration, der Arbeit,
der Partnerschaft und dem Familienzusammenhalt als Ausdruck einer Veränderung der Alltagskompetenz des Patienten und den Werten des SASSR auch sechs Monate nach Abschluss
einer 12-wöchigen psychiatrisch-psychotherapeutischen tagesklinischen Behandlung.
Hypothese 5.1: Der psychoanalytische Ansatz in der tagesklinischen Behandlung von Depressionspatienten hat einen signifikant besseren Outcome als der psychotherapeutische Ansatz in der tagesklinischen Behandlung von Depressionspatienten.
Hypothese 5.2: Der psychoanalytische Ansatz in der Behandlung von Depressionspatienten
hat sowohl im tagesklinischen als auch im stationären Setting einen besseren Outcome als der
psychiatrisch-psychotherapeutische Ansatz.
8.2 Der Stellenwert der Tageskliniken in der Depressionsbehandlung
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die in der Studie erfassten Patienten von der
tagesklinischen Behandlung in mehreren Bereichen profitiert haben. Der Grad der depressiven
Verstimmung reduzierte sich signifikant, sodass zum Zeitpunkt der Entlassung nur noch 6
Patienten (23,1 %) eine klinisch relevante depressive Symptomatik (zum Vergleich: bei
Aufnahme 26 Patienten, 100 %) zeigten. Immerhin 12 Patienten (50,0 %) zeigten zu diesem
Diskussion
77
Zeitpunkt einen klinisch unauffälligen BDI-Wert. Zum Zeitpunkt der Katamnese stieg der
mittlere BDI auch nicht mehr signifikant an (12,1 Punkte).
Auch der Grad der sozialen Integration verbesserte sich erheblich. Der Gesamtwert der
sozialen Integration verringert sich signifikant von im Mittel 2,66 (SD +/-0,61) auf 2,32 (SD
+/-0,50) Punkten. Damit näherte sich die im SASSR-Test gemessene soziale Integration dem
Wert der Normstichprobe an. Es ist auffällig, das sich besonders der Familienzusammenhalt
verbesserte. Die Veränderung des mittleren Punktwerts des Items „Finanzen“ weicht von den
anderen gemessenen Werten im SASSR deutlich ab und erhöht sich zwischen dem Zeitpunkt
der Anamnese und Katamnese signifikant.
Im SASSR wird zum Thema Finanzen die Situation der Patienten nur mit einer Frage abgebildet: „Hatten Sie in den letzten zwei Wochen genug Geld, um ihre eigenen Bedürfnisse und
die ihrer Familie erfüllen zu können?“
Schwer depressive Patienten weisen ein niedrigeres Aktivitätsniveau auf als die Normalbevölkerung und haben so auch weniger das subjektive Gefühl, dass ihre Bedürfnisse nicht erfüllt werden. Steigt das Leistungs- und Funktionsniveau an, so wird den Patienten deutlich,
dass ihr finanzieller Rahmen einige Aktivitäten einschränken kann und so wächst die Unzufriedenheit mit der Situation. Dies kann erklären, warum im Gegensatz zu den anderen Parametern des SASSR das Item „Finanzen“ in der Katamnese einen höheren Wert aufweist.
Diskussion
78
3.5
Arbeit
Freizeit+Soziales
3
Verwandte
2.5
Partnerschaft
2
Eltern
1.5
Familienzusammen
halt
Finanzen
1
0.5
Gesamtwert
0
SASSR T0
SASSR T2
Abbildung 2. Veränderungen der Einzelitems des SASSR (eigene Daten)
Die depressiven Patienten, die in der Studie untersucht wurden, waren durchschnittlich sehr
zufrieden mit der Therapie. 34 % der Patienten waren voll zufrieden, immerhin 41 % überwiegend zufrieden. Die Patientenzufriedenheit korrelierte moderat mit dem Bereich „Freizeit
und Soziales“ im SASSR zum Zeitpunkt der Katamnese sowie invers mit dem Bereich „Finanzen“ zum Zeitpunkt der Katamnese. Keine statistisch signifikante Assoziation konnte mit
der Skala Zufriedenheit mit der Therapie und den anderen Domänen der sozialen Integration
nach sechs Monaten gefunden werden.
Durch das Konzept der tagesklinischen Behandlung als eine Gruppenbehandlung gilt ein
besonderes Augenmerk der Interaktion zwischen den Patienten. Diese Ausrichtung kann die
soziale Interaktionsfähigkeit der Patienten positiv beeinflussen. Laut Grawe (1995) gibt es in
der Psychotherapie folgende Wirkfaktoren:
Diskussion
1.
Therapeutische
79
Beziehung:
„Die
Qualität
der
Beziehung
zwischen
dem Psychotherapeuten und dem Patienten/Klienten trägt signifikant zu einem besseren oder schlechteren Therapieergebnis bei.“ (Grawe 1995, S. 130 ff.)
2.
Ressourcenaktivierung: „Die Eigenarten, die die Patienten in die Therapie mitbringen, werden als positive Ressource für das therapeutische Vorgehen genutzt. Das betrifft vorhandene motivationale Bereitschaften, Fähigkeiten und Interessen der Patienten.“ (Grawe 1995, S. 130 ff.)
3.
Problemaktualisierung: „Die Probleme, die in der Therapie verändert werden sollen,
werden unmittelbar erfahrbar. Das kann z. B. dadurch geschehen, dass Therapeut und
Klient reale Situationen aufsuchen, in denen die Probleme auftreten, oder dass sie
durch besondere therapeutische Techniken wie intensives Erzählen, Imaginationsübungen, Rollenspiele die Probleme erlebnismäßig aktualisieren.“ (Grawe 1995, S.
130 ff.)
4.
Motivationale Klärung: „Die Therapie fördert mit geeigneten Maßnahmen, dass der
Patient ein klareres Bewusstsein der Determinanten (Ursprünge, Hintergründe, aufrechterhaltende Faktoren) seines problematischen Erlebens und Verhaltens gewinnt.“
(Grawe 1995, S. 130 ff.)
5.
Problembewältigung: „Die Behandlung unterstützt den Patienten mit bewährten problemspezifischen Maßnahmen (direkt oder indirekt) darin, positive Bewältigungserfahrungen im Umgang mit seinen Problemen zu machen.“ (Grawe 1995, S. 130 ff.)
8.3 Die Tagesklinik Alteburger Straße und ihr psychoanalytischen Therapieansatz
Während der tagesklinischen Behandlung wird im Behandlungssetting der Tageseinheit C
besonderer Wert auf die Umsetzung und Alltagstauglichkeit der Veränderungen in den Interaktionen der Patienten gelegt. Hier kann in den analytischen Psychotherapiegruppen die motivationale Klärung erfolgen, d. h., der Patient versteht, auf welcher Grundlage er in Handlungs- und Denkmuster, welche die Depression fördern, verwoben ist. Gleichzeitig wird im
Alltag auf der Station das aktuell auftretende Problem – häufig mit Mitpatienten oder Teammitgliedern – gespiegelt und im Konkreten verändert. Dies erfolgt auch in der Soziogruppe
mithilfe von Rollenspielen, sodass der Patient alternative Handlungsmöglichkeiten erproben
kann. Es wird dem Patienten so möglich, positive Erfahrungen mit der Umsetzung neuer, realitätsangepasster Verhaltensweisen zu gewinnen und ein besseres Gefühl seiner Selbstwirksamkeit zu entwickeln.
Diskussion
80
Zwischen der Patientenzufriedenheit und dem Schweregrad der depressiven Symptomatik
zum Zeitpunkt der Entlassung zeigen sich statistisch signifikante Korrelationen zwischen der
Skala 2 (persönlicher Nutzen) und dem BDI (r = 0,529, p = 0,005) sowie der
Gesamtzufriedenheit mit dem BDI-Wert (r = 0,518, p = 0,007). Nach 6 Monaten zeigt sich ein
geringerer Korrelationsgrad zwischen dem persönlichen Nutzen und dem BDI-Wert, bleibt
aber statistisch signifikant (r = 0,425, p = 0,03). Die Gesamtzufriedenheit korreliert zum
Zeitpunkt der Katamnese nicht mehr mit dem BDI.
Während die Skala 1 nicht mit der Reduktion des BDI korreliert, ist dies bei der Skala 2
(persönlicher Nutzen) anders. Wie eingangs erwähnt, bildet die Patientenzufriedenheit mit der
Therapie nicht unbedingt die objektiv erhaltene Leistung ab, da hier die Erwartungshaltung
des Patienten eine große Rolle spielt.
Die Korrelation zwischen dem subjektiv empfundenen persönlichen Nutzen und der
Verringerung der depressiven Symptome spricht allerdings dafür, dass die Patienten sehr
wohl ihren persönlichen Nutzen aus der Behandlung beurteilen können. Die Verbesserung der
Beziehungen zu anderen (Frage 2) oder die Veränderung von Freizeitgewohnheiten (Frage
10) sowie die Vergrößerung des Selbstvertrauens (Frage 4) sind Parameter, die in diese Skala
einfließen. Wenn sich der konkret erlebbare Alltag der Patienten ändern kann, dann ist eine
Veränderung der Depression fördernden und Depression aufrechterhaltenden Denk- und
Handlungsmuster möglich.
Welche einzelnen Maßnahmen während der komplexen und multimodalen Behandlung in der
Tagesklinik eine besonders intensive Rolle bei der Bewältigung der Depression spielen, sollte
sicherlich an anderer Stelle noch intensiver erforscht werden.
8.4 Der Stellenwert der Tagesklinik in der Behandlung traumabedingter Depressionen
und Depressionen im Kontext von Traumafolgestörungen
In ihrer Meta-Analyse aus dem Jahr 2015 untersuchte Leuzinger-Bohleber die Auswirkungen
der psychoanalytischen Therapie nicht nur bei Depressionen, sondern auch bei traumabedingter Depression (vgl. Leuzinger-Bohleber 2015). Hierbei wurden die Ergebnisse der OutcomeStudie der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft und der Comparative outcome study
on chronic depression (LAC Study) vorgestellt. Im Rahmen der Outcome-Studie der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft wurden 400 Patienten untersucht, die zwischen 1990
und 1993 eine psychoanalytische Therapie erhalten haben (vgl. Leuzinger-Bohleber 2015).
Das Studienkollektiv der LAC-Study umfasste ebenfalls rund 400 chronisch depressive Pati-
Diskussion
81
enten. Dabei konnte sie nachweisen, dass die traumabedingte Depression eine Art Schutzmechanismus des Patienten darstellt, mit deren Hilfe er versucht, mit dem Traumaschmerz umzugehen (vgl. Leuzinger-Bohleber 2015).
Die inneren Prozesse und dissoziativen Strukturen bei Traumapatienten bergen zudem in einer
Psychoanalyse die Gefahr der Retraumatisierung, da das Trauma geleugnet wird (vgl. Leuzinger-Bohleber 2015). Obgleich die Psychoanalyse über eine laut Leutzinger-Bohleber hoch
differenzierte Konzeptualisierung für diese Patientenklientel verfügt, wird sie aufgrund der
defizitären Studienlage in der Fachwelt nicht ausreichend beachtet und wahrgenommen (vgl.
Leuzinger-Bohleber 2015).
8.5 Vergleich der Effizienz des psychotherapeutischen und psychoanalytischen Ansatzes in der tagesklinischen Behandlung von Depressionspatienten
Insgesamt ist die empirische Datenlage zur Anwendung des psychoanalytischen Therapieansatzes in Tageskliniken zur Behandlung von Depressionen und dessen Vergleich mit dem
klassischen psychotherapeutischen Therapieansatz gering. Hieraus ergeben sich inhomogene
Ansichten über den Vorteil eines der beiden Verfahren (vgl. Brown und Tracy 2014). Dabei
umfasst der psychoanalytische Ansatz weit mehr als die klassische von Freud beschriebene
Psychoanalyse und wird durch verschiedene Elemente der psychodynamischen Psychotherapie, die sich dem Konzept der multipersonellen Übertragung der Psychoanalyse bedient, ergänzt (vgl. Brown und Tracy 2014).
Der Vorteil des psychoanalytischen Ansatzes liegt dabei in seiner direkten Fokussierung auf
die inneren Prozesslandschaften des Patienten, die in der klassischen Psychotherapie oft erst
im Verlauf erfasst werden, da manche psychotherapeutischen Ansätze derart auf praktische
Handlungsanweisungen fokussiert sind, dass auf die intrapsychischen Prozesse des Patienten
nicht eingegangen wird.
In ihrer Meta-Analyse aus dem Jahr 2014 haben Brown und Tracy die Wirksamkeit der psychoanalytischen Therapie genau vor diesem Hintergrund untersucht. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass in der Kurzzeittherapie der psychoanalytische Ansatz dem der klassischen Verhaltenstherapie signifikant überlegen ist. Die untersuchten Studien machten jedoch keine Differenzierung beider Ansätze nach einzelnen Krankheiten wie Depression möglich (vgl. Brown
und Tracy 2014). Anders sah es in den von beiden Forschern analysierten Studien zum Vergleich der Langzeittherapie aus, zu denen auch die Travistock Adult Depression Study gehörte. Hier lagen Daten zur Differenzierung beider Therapieansätze bezüglich verschiedener spe-
Diskussion
82
zifischer psychiatrischer Erkrankungen vor, welche einen Vorteil des psychoanalytischen Ansatzes unterstellten, jedoch zu inkonsistent waren. Die Problematik begründete sich vor allem
in den zu allgemein gehaltenen Endzielen. Darüber hinaus beschrieben Brown und Tracy
(2014) den sog. Sleeper-Effect, der sich unter der psychoanalytischen Therapie einstellt und
eine intrapsychische Transformation beschreibt, die sich jedoch erst lange nach Therapieende
in Verhaltensänderungen oder Beziehungsstrukturen der Patienten zeigt (vgl. Brown und
Tracy 2014). Diese Späteffekte, die unter psychoanalytischer Therapie signifikant häufiger
anzutreffen sind als unter klassischer Psychotherapie, machen die Erfassung der Effizienz in
Studien schwierig, da es eines hinreichend langen Follow-ups bedürfte, um wirklich alle therapieassoziierten Veränderungen messen und evaluieren zu können (vgl. Brown und Tracy
2014; Leuzinger-Bohleber 2013).
Die bereits von Brown und Tracy (2014) erwähnte groß angelegte randomisiert-kontrollierte
Studie zur Effizienz der psychoanalytischen Therapie als Langzeittherapie bei therapieresistenter Depression konnte die Effizienz dieses Therapieansatzes im Langzeit-Outcome nachweisen (vgl. Fonagy et al. 2015). Hier wurden Zwischen 2002 und 2009 insgesamt 129 Patienten in die Studie aufgenommen, in eine Interventionsgruppe (Anwendung von Psychoanalyse) und eine Kontrollgruppe unterteilt und einem Langzeit-Follow-up von zwei Jahren unterzogen. Das Durchschnittsalter der Patienten betrug 42.7 Jahre bei einem Frauenanteil von
66.7% (vgl. Fonagy et al. 2015). Alle Patienten litten an einer mindestens zweijährigen nachgewiesenen Major-Depression. Obgleich die Psychoanalyse mit einem besseren Outcome
assoziiert war, gab es keine signifikante Überlegenheit der Psychoanalyse bezüglich der Vollremission (vgl. Fonagy et al. 2015). Daneben konnten Fonagy und Kollegen die Überlegenheit der Psychoanalyse im Langzeitverlauf nachweisen und untermauerten damit die Ergebnisse der Finnischen Longitudinalstudie aus dem Jahr 2008 (vgl. Fonagy et al. 2015; Knekt et
al. 2008).
Knekt und Kollegen (2008) untersuchten die Psychoanalyse als solche im Kurz- und Langzeit-Setting. Näher erklärt wurden diese Phänomene von Leuzinger-Bohleber (2013). Sie beschrieb die Abhängigkeit der Psychoanalyse bei depressiven Patienten von intrapsychischen
Prozessen des Patienten, die in einem individuellen nicht zu beschleunigenden Rhythmus ablaufen (vgl. Leuzinger-Bohleber 2013).
Aufgrund ihrer unbeeinflussbaren Individualität im Ablauf werden diese Prozesse in der Psychoanalyse auch als urzeitgemäß bezeichnet. Durch diesen werden die Erfassung und Evaluierung des Therapieerfolges schwieriger im Vergleich zur Psychotherapie, was insbesondere die
Diskussion
83
Darlegung des Therapieerfolges und Therapiefortschrittes gegenüber den Leistungsträgern
erschwert, zumal es kein Assessment gibt, was die intrapsychisch ablaufenden Transformationsprozesse abbilden könnte, die nach Leuzinger-Bohleber (2013) in der Psychoanalyse von
Depressionspatienten ein Indikator für eine psychische Veränderung und damit einen Therapiefortschritt darstellen. Diese als Cracking-ups bezeichneten Transformationsprozesse spiegeln die Veränderung der intrapsychischen, von Traumata geprägten Objektwelt der Patienten
wider (vgl. Leuzinger-Bohleber 2013). Angestoßen werden diese Prozesse durch die intensiven Interaktionen zwischen Patient und Therapeut in einem geschützten Rahmen. Hier zeigen
sich deutliche Parallelen zur nicht psychoanalytischen Traumatherapie. Insgesamt sind diese
intrapsychischen Prozesse unabdingbar, um sowohl die Weitergabe der Depression als auch
die des Traumas in Form einer transgenerationalen Weitergabe unterbrechen zu können (vgl.
Leuzinger-Bohleber 2013).
Untersucht wurden diese Prozesse in der LAC-Depressionsstudie, in der u. a. die psychoanalytischen und psychotherapeutischen Therapieansätze bei Patienten mit chronischen Depressionen analysiert wurden. Hier zeigte sich, dass die Indikationsstellung zum jeweiligen Therapieansatz individuellen Faktoren unterworfen ist, die z. B. darin bestehen, welche Problemlösungsstrategien der Patient bisher angewandt hat und welche Ursache der Depression zugrunde liegt (vgl. Leuzinger-Bohleber 2013). Je nachdem, ob die Problemlösungsstrategien der
Patienten eher erkenntnis- oder verhaltenstheoretischen Charakter haben, kommt die entsprechende Therapie zum Einsatz. Wird der Versuch unternommen, chronisch depressive Patienten mit einem Therapieansatz zu behandeln, der ihrer individuellen und intrapsychischen
Problemlösungsstrategie entgegenwirkt, bleiben die Therapieerfolge trotz Bemühung der Patienten oftmals aus (vgl. Leuzinger-Bohleber 2013). Umso wichtiger ist es, klare Indikationen
für oder gegen die Psychoanalyse zu stellen.
Letztlich kann man feststellen, dass sich bei Patienten, bei denen die Indikation zur Psychoanalyse als Behandlungsform der Depression besteht, der psychoanalytische Therapieansatz
im tagesklinischen Setting aufgrund der oben vorgestellten Studienergebnisse als effektiver
darstellt als die klassische Psychotherapie z. B. in Form der Verhaltenstherapie.
8.6 Vergleich Bearbeitung pathologischer Bindungsmuster im tagesklinischen und stationären Setting
Pathologische Bindungs- und Beziehungsmuster finden sich bei Patienten mit Traumafolgestörungen und traumaassoziierten Störungen wie der Depression in hohem Maß. Vor allem
Diskussion
84
frühkindliche Traumatisierungen gehen mit pathologischen Bindungsmustern einher, die sich
im Erwachsenenleben der Patienten als pathologische Beziehungsmuster darstellen.
Sowohl im stationären als auch im tagesklinischen Setting können diese Bindungsmuster evaluiert und bearbeitet werden. Ob sich für den jeweiligen Patienten hierzu ein tagesklinisches
Setting mehr eignet als ein vollstationäres Setting, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Vor
allem bei Traumapatienten und bei Patienten mit traumabedingten Depressionen kann die
Bearbeitung der pathologischen Bindungsmuster ein stationäres Setting unabdingbar machen.
Dieser Fall liegt in der Regel dann vor, wenn es sich um komplexe Traumafolgestörungen
handelt und die Täter, die zur Ausbildung dieser Störung führten, im sozialen und familiären
Umfeld der Patienten zu finden sind und dort weiterhin einen Kontakt zum Patienten unterhalten. Hier kann die tagesklinische Struktur, bei welcher der Patient am Nachmittag in die
Häuslichkeit zurückkehrt, zu einer Retraumatisierung oder einer ausgeprägten Dissoziation
führen, wenn der Patient in der Erkenntnis des Bindungsmusters und des Gewahrwerdens der
Täter sich diesen im häuslichen Bereich wieder gegenübergestellt sieht. Bei diesen Patienten
setzt die intensive Bearbeitung der pathologischen Bindungsmuster und ihrer Ursachen in der
Tagesklinik die vorherige Trennung aus dem Täterumfeld voraus. Sofern dies nicht möglich
ist, weil es sich bei den Tätern z. B. um nahe Verwandte handelt, ist für die Bearbeitung der
Bindungsproblematik ein vollstationäres Setting zu empfehlen, zumal mit der Bearbeitung der
Bindungsproblematik bei komplex traumatisierten Patienten mit und ohne Depression meistens eine Erinnerung an die zugrunde liegenden Traumata stattfindet.
Kann ein Täterkontakt ausgeschlossen werden, so kann die Bearbeitung der pathologischen
Bindungsmuster und ihrer Ursachen auch im tagesklinischen Setting erfolgen. Hierfür bieten
sich sowohl klassische psychotherapeutische Tageskliniken als auch psychoanalytische Tageskliniken an. In allen tagesklinischen Konzepten bieten Therapeuten, Mitarbeiter und Mitpatienten eine ausreichende Plattform, um derartige Bindungsproblematiken erkennen und
beheben zu können. Dennoch scheint der psychoanalytische Ansatz der Tagesklinik, wie er
sich in der Tagesklinik Alteburger Straße gGmbH findet, für die Bearbeitung von Bindungsproblematiken insgesamt besser geeignet zu sein, vorausgesetzt der Patient bringt die entsprechende Indikation mit und der psychoanalytische Ansatz entspricht den Lösungsstrategien des
Patienten (vgl. Leuzinger-Bohleber 2013).
Unbewusst überwiegt bei den meisten Patienten ein Lösungsstil, der entweder auf die Erkennung und Analyse der Probleme im Sinn der Psychoanalyse oder auf die rasche Lösungsorientierung durch Erlernen und Anwenden praktischer Handlungsempfehlungen im Sinn der
Diskussion
85
Verhaltenstherapie ausgerichtet ist. Hier hat die LAC-Depressionsstudie eindeutig nachgewiesen, dass Patienten im verhaltenstherapeutischen Lösungsstil nicht vom psychoanalytischen Therapieansatz profitieren (vgl. Leuzinger-Bohleber 2013). Bei Patienten, bei denen
eine Indikation zur Psychoanalyse besteht, kann der tagesklinisch psychoanalytische Ansatz
durch die Ermöglichung der Externalisierung intrapsychischer Prozesse und Ich-Strukturen
dazu beitragen, dass Bindungsproblematiken sowohl für den Therapeuten als auch für den
Patienten ersichtlich werden, wobei der Patient diese vor allem in der Gruppentherapie oder in
Gruppenunternehmungen wie der gemeinsamen Freizeitgestaltung erkennt. Sind die Bindungsprobleme
des
einzelnen
Patienten
erkannt,
bietet
ihm
der
tagesklinisch-
psychoanalytische Ansatz die Möglichkeit, die erfahrenden defizitären Beziehungen und
frühkindlichen Bindungen zu externalisieren und im Kontext der Übertragung mit dem Therapeuten und den Mitpatienten ein gesundes Beziehungsmuster zu entwickeln. Dabei wirken
sowohl der Therapeut als auch Mitpatienten, wie im nachfolgenden Kapitel beschrieben, als
Spiegel der inneren Landschaft des Patienten und der verschieden ausgeprägten IchStrukturen, was sich durch das Konzept der multipersonellen Übertragung erklären lässt.
8.7 Die multipersonelle Übertragung im tagesklinischen Setting
Die multipersonelle Übertragung, auch multipersonale Übertragung genannt, gehört zu den
Übertragungs-Gegenübertragungsphänomenen in der Psychotherapie und Psychoanalyse (vgl.
Dinger 2012). Neben ihren nachteiligen Auswirkungen auf den Therapieverlauf macht man
sich die multipersonelle Übertragung sowohl im psychotherapeutischen als auch im psychoanalytischen Setting zunutze. Schon in den 1980er-Jahren wurden in deutschen Kliniken psychoanalytische Therapiekonzepte entwickelt, die sich der multipersonellen Übertragung bedienten und sich an die psychoanalytische Kreativitätsforschung anlehnten (vgl. Scheytt und
Janssen 2013). Eines
dieser Modelle was
das
„Essener integrative analytisch-
psychotherapeutische Behandlungsmodell“, das den Patienten erlauben sollte, „ihre inneren
Probleme im multipersonalen Beziehungsfeld zu reinszenieren, damit sie im Hier und Jetzt
mit Hilfe der Therapeuten Einblick in die infantile Welt der Objektbeziehungen erhalten und
über neue Einsichten und Erfahrungen in den therapeutischen Beziehungen eine innere Veränderung ableiten können“ (Scheytt und Janssen 2013, S. 203). Derartige Konzepte können in
verschiedenen Therapieformen eingesetzt werden und in gruppentherapeutischen Interventionen ebenso gute Ergebnisse erzielen wie in der Einzel- oder der Musiktherapie (vgl. Scheytt
und Janssen 2013).
Diskussion
86
Die damit für den Patienten einhergehende sog. subjektive Objektivierung schafft einen
Raum, in dem der Patient sich weniger angstbesetzt seinem Erleben und seinen Erfahrungen
widmen und dem der Grundstörung zugehörenden defizitären Bereich nacheifern kann. Letzteres ist beispielsweise im Bereich Beziehung und Kreativität möglich. Vor diesem Hintergrund sind Konzepte, die ihren Schwerpunkt auf die multipersonelle Übertragung legen, insbesondere für Patienten mit Traumafolgestörungen und traumaassoziierten Störungen wie
Depression geeignet und sie eignen sich ebenfalls im tagesklinischen Ansatz.
Foulkes sieht die Wirkung der multipersonellen Übertragung in der sozialen Determiniertheit
des Bewusstseins, die dazu führt, dass das Ich des Patienten einen Gegenpart benötigt, in dem
er sich spiegeln kann, um zu Erkenntnissen zu gelangen (vgl. Foulkes zit. in Dinger 2012).
Dieser Spiegel wird in der multipersonellen Übertragung durch den Therapiepartner in dem
jeweiligen therapeutischen Setting dargestellt. Die sich so gestaltende Erlebniswelt kann für
die Patienten im Hier und Jetzt nach Foulkes zur Schnittstelle zwischen früheren Erlebnissen
und Erfahrungen und aktuellen Erlebnissen und Erfahrungen werden (vgl. Dinger 2012). Unabhängig davon, ob man die multipersonelle Übertragung im Einzelsetting zwischen Patient
und Therapeut bewertet oder im Gruppensetting zwischen mehreren Patienten, die Interaktionen, die von Foulkes als Netzwerk beschrieben werden, werden von einer gemeinsamen Basis
aller Beteiligten bestimmt, die wiederum Ausgangspunkt der gemeinsamen Kommunikation
ist (vgl. Dinger 2012). Innerhalb dieses interpersonalen Netzwerkes kommt es zur Ausbildung
von intrapsychischen, transpersonalen und interpersonalen Beziehungen, die eine Externalisierung der intrapsychischen Prozesse des einzelnen Patienten gestatten (vgl. Dinger 2012).
Mittels dieser Externalisierung können die Abwehrmechanismen und intrapsychischen Auswirkungen des einzelnen Patienten erkannt werden, da sie spiegelbildlich in der Reaktion des
Gegenübers abgelesen werden können (vgl. Dinger 2012).
Zusammenfassung und Ausblick
87
9 Zusammenfassung und Ausblick
9.1 Zusammenfassung der forschungsfragenspezifischen Ergebnisse
Im folgenden sollen die eingangs definierten Forschungsfragen unter Berücksichtigung der
empirischen Studienergebnisse, der aktuellen Datenlage und der Ergebnisse der Diskussion
zusammenfassend beantwortet werden.
Forschungsfrage 1: Gibt es eine Veränderung der depressiven Symptomatik über die drei
Untersuchungszeitpunkte hinweg?
Der mittlere BDI reduzierte sich über die Zeit hinweg signifikant vom Beginn der Behandlung
mit 29,6 (t0) Punkten auf 11,3 Punkte zum Zeitpunkt der Entlassung (t1) (p < 0.05). Zum
Zeitpunkt der Katamnese (t2) stieg der mittlere BDI auf einen Wert von 12,1 Punkten an
(nicht signifikant).
Forschungsfrage 2: Stellt der Grad der Patientenzufriedenheit im psychotherapeutischpsychiatrischen Setting einer Tagesklinik gemessen an den Veränderungen im BDI und dem
SASSR einen Prädiktor für eine objektive Symptomveränderung dar?
Der Grad der Patientenzufriedenheit kann als Prädiktor einer objektiven Symptomveränderung angesehen werden, wenn man dem die Erfassung der depressiven Symptomatik zugrunde legt, da eine statistisch signifikante Korrelation zwischen der Patientenzufriedenheit und
dem Schweregrad der Depression (BDI) besteht. Dies trifft jedoch nicht mehr für den Zeitpunkt der Katamnese zu, weswegen sich der Grad der Patientenzufriedenheit im Langzeitverlauf nicht als Prädiktor einer objektivem Symptomveränderungen anwenden lässt. Hier muss
wie unter forschungsfrage 1 bereits beschrieben die Anwendung des MFBP kritisch bewertet
werden und die Korrelation in der Katamnese mit Hilfe anderer Assessments zur Erfassung
der Patientenzufriedenheit überprüft werden.
Forschungsfrage 3: Inwieweit kann die Patientenzufriedenheit sechs Monate nach Beendigung einer 12-wöchigen psychiatrisch-psychotherapeutischen tagesklinischen Behandlung
gemessen an den Veränderungen im BDI und dem SASSR als Prädiktor sozialer Integration
bewertet werden?
Aufgrund eines sich in den Forschungsergebnissen darstellenden signifikanten Zusammenhangs zwischen der Patientenzufriedenheit und der sozialen Integration in den Bereichen
Freizeit und Soziales sowie Finanzen kann die Patientenzufriedenheit als Prädiktor der sozialen Integration in den eben genannten Teilbereichen angesehen werden. Eine signifikante
Zusammenfassung und Ausblick
88
Korrelation zwischen Patientenzufriedenheit und depressiver Symptomatik, gemessen mit
dem BDI, zeigt sich sowohl nach Abschluss der 12-wöchigen Behandlung als auch sechs Monate nach Therapieende. Obgleich der Korrelationsgrad in der Katamnese geringer ist, bleibt
die Korrelation signifikant, weswegen die Patientenzufriedenheit auch als Prädiktor der depressiven Symptomatik und folglich der sozialen Integration bewertet werden. Zumal die
Schwere der Depression mit dem Grad der sozialen Interaktion korreliert ist.
Forschungsfrage 4: Besteht ein Zusammenhang zwischen der sozialen Integration, der Arbeit, der Partnerschaft und dem Familienzusammenhalt nach Abschluss einer 12-wöchigen
psychiatrisch-psychotherapeutischen tagesklinischen Behandlung zum Zeitpunkt der Entlassung und sechs Monate nach Entlassung gemessen an den Werten des SASSR?
In den o.g. Bereichen konnte ein direkter Zusammenhang nachgewiesen werden. Während
sich zu Beginn eine geringe soziale Integration bei den Probanden zeigt, nähert sich diese in
der Katamnese an die Normalbevölkerung an, auch wenn sie in den Bereichen Eltern, Finannzen, Freizeit, Soziales, Verwandte und Familienzusammenhalt unterdurchschnittlich bleibt
und sich partiell zwischen Anamnese und Katamnese reduziert. Zudem zeigten die Probanden
der hier vorgestellten Untersuchung überdurchschnittliche Werte der sozialen Integration bezogen auf Arbeit und Partnerschaft gegenüber der Normstichprobe. Folglich bestehen Zusammenhänge, die jedoch zwischen den einzelnen Teilbereichen Arbeit, Partnerschaft und
Familienzusammenhalt unterscheiden, weswegen diese Teilbereiche im Follow-up getrennt
bewertet werden sollten.
Forschungsfrage 5: Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Schwere der Depression und
den Werten des BDI zum Entlassungszeitpunkt sowie sechs Monate später nach Abschluss
einer 12-wöchigen psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung?
Ja dieser Zusammenhang ließ sich nachweisen. Somit spiegelt der BDI die Schwere der Depression auch im Verlauf nach Abschluss einer 12-wöchigen Behandlung wieder Er zeigt sowohl den signifikanten Rückgang der depressiven Symptomatik im Therapieverlauf durch
eine Reduktion des Punktwertes von 29,6 auf 11,3 als auch die Dynamik depressiver Symptome, indem sich der Wert de BDI, wenngleich nicht signifikant, in der Katamnese wieder
erhöht.
Forschungsfrage 6: Wie stark ist die Korrelation zwischen dem persönlichen Nutzen und den
Werten des BDI zum Entlasszeitpunkt sowie sechs Monate später nach Abschluss einer 12wöchigen psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung?
Zusammenfassung und Ausblick
89
Der persönliche Nutzen korreliert sowohl direkt nach Therapieende als auch im Follow-up
von sechs Monaten signifikant mit den Werten im BDI, womit sich die Korrelation zwischen
persönlichem Nutzen und BDI von der Korrelation zwischen der Gesamtzufriedenheit und
dem BDI unterscheidet.
Forschungsfrage 7: Hat der psychoanalytische Ansatz in der tagesklinischen Behandlung
von Depressionspatienten einen besseren Outcome als der klassische psychotherapeutische
Ansatz?
Davon ausgehend, dass sich die Schwere der depressiven Symptome und die sozialen Beeinträchtigungen gemessen am BDI und SASSR nach Abschluss der tagesklinischen Behandlung
mit psychoanalytischem Ansatz signifikant und deutlich verbessert haben, kann dieser Ansatz
in der Behandlung von Patienten mit Depressionen als optimal angesehen werden. Inwieweit
der psychoanalytische Ansatz im tagesklinischen Setting mit einem besseren Outcome assoziiert ist als ein psychotherapeutischer Ansatz kann aus den statistischen Ergebnissen dieser
Studie nicht geklärt werden. Zieht man die aktuelle Datenlage zu beiden Therapieansätzen in
der Behandlung der Depression hinzu, so haben beide Ansätze ihre Berechtigung und ihren
Stellenwert und es ist letztlich von der klaren Indikation abhängig in welchem Umfang der
Patient von dem jeweiligen Setting profitiert.
9.2 Fazit
Unter Berücksichtigung der empirischen Datenlage und der aktuellen Literatur kann der
tagesklinische Ansatz in der Behandlung der Depression als effizient bewertet werden. Dem
kann auch zugestimmt werden, obwohl eine alleinige Erfassung der Patientenzufriedenheit
mittels des MFPB-18-Fragebogens nicht ausreicht, um eine statistisch belastbare Aussage
über die Reduktion des Ausmaßes der depressiven Verstimmung und der sozialen Integration
nach sechs Monaten zu gewinnen.
Dennoch gibt es Hinweise darauf, dass der von den Patienten erlebte persönliche Nutzen aus
der Therapie einen positiven Einfluss auf die Verringerung der Symptomatik hat. Dies wird
auch von der allgemeinen Studienlage untermauert, in welcher ebenfalls eine Verbesserung
der sozialen Interaktionen und der depressiven Symptomatik nach Ende einer tagesklinischen
Therapie nachzuweisen waren (vgl. Dinger et al. 2014). Selbst wenn die Probleme in der
sozialen Interaktion sechs Monate nach einem tagesklinischen Setting leicht ansteigen,
erreichen sie im weiteren Verlauf einen stabilen Zustand, der es dem Patienten ermöglicht,
Zusammenfassung und Ausblick
90
sein Alltagsleben zu gestalten und ggf. einer Beschäftigung nachzugehen (vgl. Dinger et al.
2014).
Darüber hinaus kann der psychoanalytische Therapieansatz vor allem in der Behandlung von
Patienten mit chronischen Depressionen gute Ergebnisse nachweisen. Obgleich es natürlich
von der Genese der Depression abhängt, ob die Psychoanalyse sich als angebracht erweist,
bieten die multipersonellen Übertragungen und die damit verbundene direkte und bewusste
Auseinandersetzung mit der inneren Erlebniswelt des Patienten gerade bei Depressionen
einen guten Therapieansatz. Bei traumabedingten Depressionen kommt hinzu, dass durch die
Externalisierung des traumatischen Erlebens, welches unbewusst im Patienten abläuft, dieses
bewusst gemacht und anschließend bearbeitet werden kann. Zudem können neu erprobte
Handlungsstrategien, die den traumatisch erlernten und internailiserten Handlungsstrategien
des Individuums entgegenstehen, direkt ausprobiert werden. Den Bezugsrahmen dafür bietet
sowohl das multiprofessionelle Team als auch die Mitpatienten. Gerade Depressions- oder
Traumapatienten mit Bindungsstörungen profitieren vom interpersonellen Interaktionsrahmen
einer Tagesklinik, die eine familiärere Struktur aufweist als eine stationäre Station. Für die
Bindungsproblematik gilt dabei dasselbe Prinzip er Externalisierung im tagesklinischen
Setting. So bewusst gewordene Bindungsproblematiken können be- und verarbeitet werden.
Wie eingangs beschrieben, bedarf es jedoch auch im tagesklinischen Setting der individuellen
Indikationsstellung, welche die bisherigen Bewältigungsstrategien des Patienten und die
Ursachen seiner Depression berücksichtigt. Daraus lässt sich auch ableiten, welcher Patient
eher für eine psychoanalytische und welcher Patient eher für eine verhaltenstherapeutische
Behandlung in Frage kommt.
Insgesamt bedarf es jedoch eines weiteren Ausbaus der tagesklinischen Strukturen, um die
hohe Nachfrage an psychotherapeutischer Behandlung langfristig decken zu können.
Außerdem kann die tagesklinische Struktur ein effizientes Behandlungselements für Patienten
darstellen, die an chronisch persistierenden psychiatrischen Erkrankungen wie z.B.
Persönlichkeitsstörungen oder der komplexen posttraumatischen Belastungsstörung leiden.
Diese Patienten benötigen sowohl komplexe in sich abgeschlossene Behandlungseinheiten als
auch Akutbehandlungen in instabilen Phasen. Gerade bei diesen Patienten wird die
Schnittstellenfunktion der Tagesklinik deutlich. Zum einen können die Patienten in der
Tagesklinik Alltagskompetenzen entwickeln, die sofort in der Praxis und im oft
spannungsreichen Umfeld erprobt werden können. Zum anderen können Tageskliniken,
sofern sie auch bestimmte Akutpatienten aufnehmen, die Hospitalisierung dieser Patienten
Zusammenfassung und Ausblick
91
minimieren. Dadurch würden zum einen sozioökonomische Kosten gesenkt werden. Zum
anderen würden die Patienten in instabilen Phasen, die einer Akutsituation entsprechen, in
ihrem sozialen Umfeld verbleiben können und somit Problemlösungsstragien entwickeln
können, die alltagstauglich sind. Die räumliche Trennung der stationären Behandlung von der
Häuslichkeit der Patienten führt immer wieder dazu, dass es nach einem stationären
Aufenthalt bei der Rückkehr in die Häuslichkeit zu einer erneuten Krise kommt.
Verantwortlich davor ist de schützende Rahmen des stationären Aufenthaltes, welcher den
Patienten vollständig aus seiner sozialen Umgebung herausnimmt und mit welcher er bei
seiner Rückkehr konfrontiert wird. Hier bieten Tageskliniken bessere Möglichkeiten, diese
posttherapeutische Krise eingrenzen zu können.
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11. Anhang
11.1 Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Gruppierung der ätiopathogenetischen Faktoren nach Hegerl. In Anlehnung an
Wittchen et al. (2010, S. 14) und Hegerl et al.(2005) ................................................ 6
Tabelle 2 Ein- und Ausschlusskriterien zur Aufnahme der Patienten in die Studie (eigene
Daten) ........................................................................................................................ 60
Tabelle 3 Ergebnisse der Stichwortsuche in den Datenbanken pubMed, Science Direct und
der Springer Fachdatenbank ..................................................................................... 61
Tabelle 4 Ergebnisse der Stichwortsuche in den Suchmaschinen Google und Google
Scholar ...................................................................................................................... 62
Tabelle 5 Charakteristika des Studiensamples (eigene Daten) ................................................ 65
Tabelle 6 Kennwerte der eingesetzten Fragebögen (eigene Daten) ........................................ 67
Tabelle 7 Antworthäufigkeiten im MFBP-18 (eigene Daten) .................................................. 69
Tabelle 8 Statistische Kennwerte des MFBP-18 (eigene Daten) ............................................. 70
Tabelle 9 Korrelation zwischen MFBP und BDI bei Entlassung und nach 6 Monaten
(eigene Daten) ........................................................................................................... 71
Tabelle 10 Korrelation des MFBP-18 mit den Domänen der Social Adjustment Scale
(eigene Daten) ......................................................................................................... 73
Quellen
109
11.2 Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1. Problem- und Gegenstandsbenennung in Anlehnung an Atteslander (2010, S.
39)....................................................................................................................... 59
Abbildung 2. Veränderungen der Einzelitems des SASSR (eigene Daten) ............................. 78
Quellen
110
11.3 SASSR-Fragebogen
Urheberrechtlich geschütztes Material – Copyright Firma Schuhried, GmbH, Hyrtlstraße 45,
2340 Mödling , Austria
Social Adjustment Scale – Self Report, deutsche Übersetzung mit modifizierten Skalenwerten.
Anleitung:
Wir möchten gerne wissen, was Sie in den letzten beiden Wochen gemacht haben und bitten
Sie, einige Fragen über Ihre Arbeit, Freizeit und Familie zu beantworten. Bitte lesen Sie jede
einzelne Frage in Ruhe durch. Auf diese Fragen gibt es weder richtige noch falsche Antworten. Geben Sie bitte jeweils die Antwort ein, die am besten beschreibt, wie es Ihnen in den
letzten beiden Wochen gegangen ist.
Ich bin überwiegend
Berufstätig
Hausfrau/Hausmann
Schüler/Student
Berentet
Pensioniert
Arbeitslos
Sonstiges
Wie viele Tage haben Sie in den letzten zwei Wochen an Ihrem Arbeitsplatz gefehlt?
Ich habe keinen Tag
gefehlt.
Ich habe ein oder zwei
Tage gefehlt.
Ich habe etwa die Hälfte
der Zeit gefehlt.
Ich habe mehr als die
Hälfte der Zeit gefehlt.
Ich habe überhaupt nicht
gearbeitet.
Ich hatte in den letzten
beiden Wochen Urlaub.
Wie gut haben Sie ihre Arbeit in den letzten beiden Wochen geschafft?
Ich habe meine Arbeit
sehr gut geschafft.
Ich habe meine Arbeit
gut geschafft.
Ich habe meine Arbeit
mittelmäßig geschafft.
Quellen
111
Ich habe meine Arbeit
schlecht geschafft.
Ich habe meine Arbeit
sehr schlecht geschafft.
Haben Sie sich wegen Ihrer Leistungen am Arbeitsplatz in den letzten beiden Wochen geschämt?
Ich habe mich nie geschämt.
Ich habe mich selten
geschämt.
Ich habe mich manchmal geschämt.
Ich habe mich oft geschämt.
Ich habe mich immer
geschämt.
Hatten Sie in der letzten Zeit Auseinandersetzungen oder Streitigkeiten mit Ihren Kollegen
oder Vorgesetzten?
Ich hatte keine Auseinandersetzungen.
Ich hatte wenige Auseinandersetzungen.
Ich hatte einige Auseinandersetzungen.
Ich hatte viele Auseinandersetzungen.
Ich hatte sehr viele Auseinandersetzungen.
Haben Sie sich in den letzten beiden Wochen bei Ihrer Arbeit geärgert?
Ich habe mich nie geärgert.
Ich habe mich nie geärgert.
Ich habe mich nie geärgert.
Ich habe mich nie geärgert.
Ich habe mich nie geärgert.
Fanden Sie Ihre Arbeit in den letzten beiden Wochen interessant?
Ich fand meine Arbeit
immer interessant.
Quellen
112
Ich fand meine Arbeit
oft interessant.
Ich fand meine Arbeit
manchmal interessant.
Ich fand meine Arbeit
selten interessant.
Ich fand meine Arbeit
nie interessant.
Wie viele Freunde und Bekannte haben Sie in den letzten beiden Wochen getroffen oder am
Telefon gesprochen?
Neun oder mehr.
Fünf bis acht.
Zwei bis vier.
Einen.
Keinen.
Konnten Sie in den letzten beiden Wochen mit wenigsten einem Freund oder Bekannten über
Ihre Gefühle oder Probleme reden?
Ich konnte sehr gut darüber reden.
Ich konnte gut darüber
reden.
Ich konnte einigermaßen
darüber reden.
Ich konnte schlecht darüber reden.
Ich konnte sehr schlecht
darüber reden.
Nicht zutreffend, ich
habe keine Freunde oder
Bekannte.
Wie oft haben Sie in den letzten zwei Wochen etwas mit anderen Menschen unternommen
(z. B. Freunde besucht oder eingeladen, mit Anderen ins Kino, Theater oder Konzerte gegangen, Kneipen, Restaurants besucht?)
Mehr als dreimal.
Dreimal.
Zweimal.
Einmal.
Überhaupt nicht.
Können Sie Ihre Freizeit mit Hobbys (z. B. Sport, Lesen, Handarbeiten, Gartenarbeit usw.)
ausfüllen?
Quellen
113
Ich kann meine Freizeit
sehr gut ausfüllen.
Ich kann meine Freizeit
gut ausfüllen.
Ich kann meine Freizeit
einigermaßen ausfüllen.
Ich kann meine Freizeit
schlecht ausfüllen.
Ich kann meine Freizeit
überhaupt nicht ausfüllen.
Hatten Sie in den letzten beiden Wochen Auseinandersetzungen oder Streitigkeiten mit
Freunden oder Bekannten?
Ich hatte keine Auseinandersetzungen.
Ich hatte wenige Auseinandersetzungen.
Ich hatte einige Auseinandersetzungen.
Ich hatte viele Auseinandersetzungen.
Ich hatte sehr viele Auseinandersetzungen.
Nicht zutreffend, ich
habe keine Freunde oder
Bekannte.
Wie schwer hat es Sie getroffen, wenn Sie in den letzten beiden Wochen von einem Freund
oder Bekannten in Ihren Gefühlen verletzt wurden?
Ich bin sehr gut darüber
hinweggekommen.
Ich bin gut darüber hinweggekommen.
Ich bin einigermaßen
darüber hinweggekommen.
Ich bin schlecht darüber
hinweggekommen.
Ich bin nicht darüber
hinweggekommen.
Nicht zutreffend, ich
habe keine Freunde oder
Bekannte.
Haben Sie sich in den letzten beiden Wochen im Zusammensein mit anderen unwohl gefühlt?
Quellen
114
Ich habe mich nie unwohl gefühlt.
Ich habe mich selten
unwohl gefühlt.
Ich habe mich manchmal unwohl gefühlt.
Ich habe mich oft unwohl gefühlt.
Ich habe mich immer
unwohl gefühlt.
Nicht zutreffend, ich
war in den letzten beiden Wochen mit niemand zusammen.
Haben Sie sich in den letzten beiden Wochen einsam gefühlt und sich mehr Freunde und Bekannte gewünscht?
Ich habe mich nie einsam gefühlt.
Ich habe mich selten
einsam gefühlt.
Ich habe mich manchmal einsam gefühlt.
Ich habe mich oft einsam gefühlt.
Ich habe mich immer
einsam gefühlt.
Haben Sie sich in der letzten Zeit in Ihrer Freizeit gelangweilt?
Ich habe mich nie gelangweilt.
Ich habe mich selten
gelangweilt.
Ich habe mich manchmal gelangweilt.
Ich habe mich oft gelangweilt.
Ich habe mich immer
gelangweilt.
Leben Sie ohne Partner (Single, getrennt, geschieden)?
Ja
Nein
Quellen
115
Hatten Sie in den letzten beiden Wochen mit einem der folgenden Verwandten Kontakt: Eltern, Geschwistern, Schwager, Schwägerinnen und Kinder, soweit diese nicht mit Ihnen zusammenleben? (Diese Frage bezieht sich auch auf Briefe und Telefonate).
Ja
Nein
Hatten Sie in den letzten beiden Wochen Auseinandersetzungen oder Streitigkeiten mit diesen
Familienmitgliedern?
Ich hatte keine Auseinandersetzungen.
Ich hatte wenige Auseinandersetzungen.
Ich hatte einige Auseinandersetzungen.
Ich hatte viele Auseinandersetzungen.
Ich hatte sehr viele Auseinandersetzungen.
Konnten Sie in den letzten beiden Wochen mit wenigsten einem Verwandten über Ihre Gefühle oder Probleme reden?
Ich konnte sehr gut über
meine Gefühle und
Probleme reden.
Ich konnte gut über
meine Gefühle und
Probleme reden.
Ich konnte einigermaßen
über meine Gefühle und
Probleme reden.
Ich konnte schlecht über
meine Gefühle und
Probleme reden.
Ich konnte sehr schlecht
über meine Gefühle und
Probleme reden.
Ich konnte überhaupt
nicht über meine Gefühle und Probleme reden.
Haben Sie den Kontakt mit Ihrer Familie in den letzten zwei Wochen vermieden?
Ich habe den Kontakt mit
ihnen nie vermieden.
Ich habe den Kontakt mit
ihnen selten vermieden.
Quellen
116
Ich habe den Kontakt mit
ihnen manchmal vermieden.
Ich habe den Kontakt mit
ihnen oft vermieden.
Ich habe den Kontakt mit
ihnen immer vermieden.
Waren Sie in den letzten beiden Wochen auf Hilfe, Ratschläge, Geld oder seelische Unterstützung von Ihrer Familie angewiesen?
Ich war nie darauf angewiesen.
Ich war selten darauf angewiesen.
Ich war manchmal darauf
angewiesen.
Ich war oft darauf angewiesen.
Ich war immer darauf angewiesen.
Wollten Sie in den letzten beiden Wochen genau das Gegenteil davon tun, was Ihre Familienmitglieder wollten, um sie zu ärgern?
Ich wollte nie das Gegenteil tun, um sie zu ärgern.
Ich wollte selten das Gegenteil tun, um sie zu ärgern.
Ich wollte manchmal das
Gegenteil tun, um sie zu
ärgern.
Ich wollte oft das Gegenteil tun, um sie zu ärgern.
Ich wollte immer das Gegenteil tun, um sie zu ärgern.
Haben Sie sich in den letzten zwei Wochen ohne richtigen Grund Sorgen gemacht, dass Ihren
Familienmitglieder etwas passieren könnte?
Ich habe mir nie grundlos
Sorgen gemacht.
Ich habe mir selten grundlos Sorgen gemacht.
Ich habe mir manchmal
grundlos Sorgen gemacht.
Ich habe mir oft grundlos
Quellen
117
Sorgen gemacht.
Ich habe mir immer
grundlos Sorgen gemacht.
Hatten Sie in den letzten beiden Wochen das Gefühl, das Sie eines Ihrer Familienmitglieder
im Stich gelassen oder schlecht behandelt hätten?
Ich hatte nie solch ein
Gefühl.
Ich hatte selten solch ein
Gefühl.
Ich hatte manchmal solch
ein Gefühl.
Ich hatte oft solch ein Gefühl.
Ich hatte immer solch ein
Gefühl.
Hatten Sie in den letzten beiden Wochen das Gefühl, das eines Ihrer Familienmitglieder Sie
im Stich gelassen oder schlecht behandelt hätte?
Ich hatte nie solch ein
Gefühl.
Ich hatte selten solch ein
Gefühl.
Ich hatte manchmal solch
ein Gefühl.
Ich hatte oft solch ein Gefühl.
Ich hatte immer solch ein
Gefühl.
Leben Sie mit einem Partner zusammen?
Ja
Nein
Hatten Sie in den letzten beiden Wochen Auseinandersetzungen oder Streitigkeiten mit Ihrem
Partner?
Ich hatte keine Auseinandersetzungen.
Ich hatte wenige Auseinandersetzungen.
Ich hatte einige Auseinandersetzungen.
Ich hatte viele Auseinandersetzungen.
Quellen
118
Ich hatte sehr viele Auseinandersetzungen.
Nicht zutreffend, ich
habe keine Freunde oder
Bekannte.
Konnten Sie in den letzten beiden Wochen mit Ihrem Partner über Ihre Gefühle oder Probleme reden?
Ich konnte sehr gut über
meine Gefühle und
Probleme reden.
Ich konnte gut über
meine Gefühle und
Probleme reden.
Ich konnte einigermaßen
über meine Gefühle und
Probleme reden.
Ich konnte schlecht über
meine Gefühle und
Probleme reden.
Ich konnte sehr schlecht
über meine Gefühle und
Probleme reden.
Ich konnte überhaupt
nicht über meine Gefühle und Probleme reden.
Haben Sie in den letzten beiden Wochen darauf bestanden, Ihrem Partner gegenüber Ihren
Willen durchzusetzen?
Ich habe nicht darauf bestanden.
Ich habe selten darauf
bestanden.
Ich habe manchmal darauf
bestanden.
Ich habe oft darauf bestanden.
Ich habe immer darauf
bestanden.
Haben Sie sich in den letzen beiden Wochen von Ihrem Partner herumkommandieren lassen?
Ich habe mich nicht herumkommandieren lassen.
Ich habe mich selten herumkommandieren lassen.
Ich habe mich manchmal
Quellen
119
herumkommandieren lassen.
Ich habe mich oft herumkommandieren lassen.
Ich habe mich immer herumkommandieren lassen.
Haben Sie sich in den letzten beiden Wochen von Ihrem Partner abhängig gefühlt?
Ich habe mich unabhängig
gefühlt.
Ich habe ziemlich unabhängig gefühlt.
Ich habe mich teils unabhängig teils abhängig gefühlt.
Ich habe mich ziemlich abhängig gefühlt.
Ich habe mich völlig abhängig gefühlt.
Welche Gefühle hatten Sie die letzten beiden Wochen zu Ihrem Partner?
Ich habe mich immer zu ihm
hingezogen gefühlt.
Ich habe mich oft zu ihm
hingezogen gefühlt.
Ich habe mich manchmal zu
ihm hingezogen gefühlt.
Ich habe mich selten zu ihm
hingezogen gefühlt.
Ich habe mich nie zu ihm
hingezogen gefühlt.
Wie oft hatten Sie im letzten Monat Geschlechtsverkehr mit Ihrem Partner?
Mehr als zweimal in der
Woche.
Ein- bis zweimal in der
Woche.
Einmal in zwei Wochen.
Etwa einmal im Monat.
Im letzten Monat überhaupt nicht.
Hatten Sie in den letzten beiden Wochen Probleme, zum Beispiel Schmerzen beim Geschlechtsverkehr?
Nie
Quellen
120
Selten
Manchmal
Oft
Immer
Ich hatte keinen Geschlechtsverkehr.
Haben Sie den Geschlechtsverkehr in den letzten beiden Wochen als angenehm empfunden?
Nie
Selten
Manchmal
Oft
Immer
Ich hatte keinen Geschlechtsverkehr.
Haben Sie Kinder (auch Stief- oder Pflegekinder), mit denen Sie in den letzten beiden Wochen zusammengelebt haben?
Ja
Nein
Haben Sie sich dafür interessiert, was Ihre Kinder in den letzten beiden Wochen getan haben
(z. B. Schule, Sport, Hobbys)?
Ich habe mich immer dafür
interessiert.
Ich habe mich oft dafür interessiert.
Ich habe mich manchmal
dafür interessiert.
Ich habe mich selten dafür
interessiert.
Ich habe mich nie dafür interessiert.
Konnten Sie in den letzten beiden Wochen mit Ihren Kindern (sofern sie älter sind als zwei
Jahre) sprechen und Ihnen zuhören?
Ich konnte immer mit ihnen
sprechen und ihnen zuhören.
Ich konnte oft mit ihnen
sprechen und ihnen zuhören.
Ich konnte manchmal mit
ihnen sprechen und ihnen
zuhören.
Ich konnte selten mit ihnen
Quellen
121
sprechen und ihnen zuhören.
Ich konnte nie mit ihnen
sprechen und ihnen zuhören.
Hatten Sie die letzten beiden Wochen Auseinandersetzungen oder Schwierigkeiten mit Ihren
Kindern?
Ich hatte keine Auseinandersetzungen
oder Schwierigkeiten.
Ich hatte wenige Auseinandersetzungen oder Schwierigkeiten.
Ich hatte einige Auseinandersetzungen
oder Schwierigkeiten.
Ich hatte viele Auseinandersetzungen
oder Schwierigkeiten.
Ich hatte sehr viele Auseinandersetzungen oder Schwierigkeiten.
Welche Gefühle hatten Sie die letzten zwei Wochen Ihren Kindern gegenüber?
Ich fühlte immer Zuneigung zu meinen Kindern.
Ich fühlte oft Zuneigung zu meinen
Kindern.
Ich fühlte manchmal Zuneigung zu
meinen Kindern.
Ich fühlte selten Zuneigung zu meinen
Kindern.
Ich fühlte nie Zuneigung zu meinen
Kindern.
Waren Sie jemals verheiratet bzw. haben Sie einmal mit einem Partner zusammengelebt oder
haben Sie Kinder?
Ja
Nein
Haben Sie sich in den letzen beiden Wochen grundlos Sorgen um Ihren Partner oder eines
Ihrer Kinder gemacht, auch wenn Sie nicht mit Ihnen zusammenleben?
Ich habe mir nie grundlos
Sorgen gemacht.
Ich habe mir selten grundlos Sorgen gemacht.
Ich habe mir manchmal
grundlos Sorgen gemacht.
Ich habe mir oft grundlos
Sorgen gemacht.
Quellen
122
Ich habe mir immer
grundlos Sorgen gemacht.
Hatten Sie in den letzten beiden Wochen das Gefühl, dass Sie Ihren Partner oder eines Ihrer
Kinder im Stich gelassen hätten?
Ich hatte nie solch ein
Gefühl.
Ich hatte selten solch ein
Gefühl.
Ich hatte manchmal solch
ein Gefühl.
Ich hatte oft solch ein Gefühl.
Ich hatte immer solch ein
Gefühl.
Hatten Sie in den letzten beiden Wochen das Gefühl, dass Ihr Partner oder eines Ihrer Kinder
Sie im Stich gelassen hätte?
Ich hatte nie solch ein
Gefühl.
Ich hatte selten solch ein
Gefühl.
Ich hatte manchmal solch
ein Gefühl.
Ich hatte oft solch ein Gefühl.
Ich hatte immer solch ein
Gefühl.
Hatten Sie in den letzten zwei Wochen genug Geld, um Ihre eigenen Bedürfnisse und die Ihrer Familie zu erfüllen?
Ich hatte nie finanzielle
Schwierigkeiten.
Ich hatte selten finanzielle
Schwierigkeiten.
Ich hatte manchmal finanzielle Schwierigkeiten.
Ich hatte oft finanzielle
Schwierigkeiten.
Ich hatte immer finanzielle Schwierigkeiten.
Quellen
123
Quellen
124
11.4 Beck-Depressions-Inventar – BDI II Fragebogen
Beck-Depressions-Inventar - BDI II Fragebogen
Urheberrechtlich geschütztes Material
Anleitung:
Dieser Fragebogen enthält 21 Gruppen von Aussagen. Bitte lesen Sie jede dieser Gruppen
von Aussagen sorgfältig durch und suchen Sie dann in jeder Gruppe eine Aussage heraus, die
am besten beschreibt, wie Sie sich in den letzten zwei Wochen, einschließlich heute, gefühlt
haben. Kreuzen Sie die Zahl neben der Aussage an, die Sie sich herausgesucht haben (0,1,2
oder3). Falls in einer Gruppe mehrere Aussagen gleichermassen auf Sie zutreffen, kreuzen
Sie die Aussage mit der höheren Zahl an. Achten Sie bitte darauf, dass Sie in jeder Gruppe
nicht mehr als eine Aussage ankreuzen, das gilt auch für Gruppe 16 (Veränderungen der
Schlafgewohnheiten) oder Gruppe 18 (Veränderungen des Appetits).
1. Traurigkeit
Ich bin nicht traurig.
Ich bin oft traurig.
Ich bin ständig traurig.
Ich bin so traurig oder
ünglücklich, dass ich es
nicht aushalte
0
1
2
3
2. Pessimismus
Ich sehe nicht mutlos in
die Zukunft
Ich sehe mutloser in die
Zukunft als sonst.
Ich bin mutlos und erwarte
nicht, dass meine Situation besser wird.
Ich glaube dass meine
Situation hoffnungslos ist
und nur noch schlechter
wird.
0
1
2
3
3. Versagensgefühle
Ich fühle mich nicht als
0
Versager
Ich habe häufiger Versa- 1
Quellen
gensgefühle.
Wenn ich zurückblicke,
sehe ich eine Menge Fehlschläge.
Ich habe das Gefühl als
Mensch ein völliger Versager zu sein.
125
2
3
4. Verlust von Freude
Ich kann Dinge genau so
genießen wie früher.
Ich kann die Dinge nicht
mehr so genießen wie früher.
Dinge, die mir früher
Freude gemacht haben,
kann ich kaum mehr genießen.
Dinge, die mir früher
Freude gemacht haben,
kann ich überhaupt nicht
mehr genießen.
0
1
2
3
5. Schuldgefühle
Ich habe keine besonderen
Schuldgefühle
Ich habe oft Schuldgefühle wegen Dingen, die ich
getan oder die ich hätte
tun sollen.
Ich habe die meiste Zeit
Schuldgefühle.
Ich habe ständig Schuldgefühle.
0
1
2
3
6. Bestrafungsgefühle
Ich habe nicht das Gefühl,
für etwas bestraft zu sein.
Ich habe das Gefühl, vielleicht bestraft zu sein.
Ich erwarte bestraft zu
werden.
Ich habe das gefühl, bestraft zu sein.
7. Selbstablehnung
0
1
2
3
Quellen
Ich halte von mir genau so
viel wie immer.
Ich habe das Vertrauen in
mich verloren.
Ich bin von mir völlig
enttäuscht.
Ich lehne mich völlig ab.
126
0
1
2
3
8. Selbstvorwürfe
Ich kritisiere oder tadle
mich häufiger als sonst.
Ich bin mir gegenüber
kritischer als sonst.
Ich kritisiere mich für all
meine Mängel.
Ich gebe mir die Schuld
für alles Schlimme, was
passiert.
0
1
2
3
9. Suizidgedanken
Ich denke nicht daran, mir
etwas anzutun.
Ich denke manchmal an
Selbstmord, aber ich würde es nicht tun.
Ich möchte mich am liebsten umbringen.
Ich würde mich umbringen, wenn ich die Gelegenheit dazu hätte.
0
1
2
3
10. Weinen
Ich weine nicht öfter als
früher.
Ich weine jetzt mehr als
früher.
Ich weine beim geringsten
Anlass.
Ich möchte gerne weinen,
kann aber nicht.
0
1
2
3
11. Unruhe
Ich bin nicht unruhiger als
sonst.
0
Quellen
127
Ich bin unruhiger als 1
sonst.
Ich bin so unruhig, dass es 2
mir schwer fällt still zu
sitzen.
Ich bin so unruhig, dass
3
ich mich ständig bewegen
und etwas tun muss.
12. Interessensverlust
Ich habe das Interesse an
anderen Menschen oder
Tätigkeiten nicht verloren.
Ich habe weniger Interesse
an anderen Menschen oder
Dingen als sonst.
Ich habe das Interesse an
Menschen oder Dingen
größtenteils verloren.
Es fällt mit schwer, mich
überhaupt für etwas zu
interessieren.
0
1
2
3
13. Entschlusslosigkeit
Ich bin so entschlussfreudig wie immer.
Es fällt mir schwerer als
sonst, Entscheidungen zu
treffen.
Es fällt mir sehr viel
schwerer als sonst, Entscheidungen zu treffen.
Ich habe Mühe, überhaupt
Entscheidungen zu treffen.
0
1
2
3
14. Wertlosigkeit
Ich fühle mich nicht wertlos.
Ich halte mich für weniger
wertvoll und nützlich als
sonst.
Verglichen mit anderen
Menschen fühle ich mich
weniger wert.
Ich fühle mich völlig wertlos.
0
1
2
3
Quellen
128
15. Energieverlust
Ich habe so viel Energie
wie immer.
Ich habe weniger Energie
als sonst.
Ich habe so wenig Enegie,
dass ich kaum noch etwas
schaffe.
Ich habe keine Energie
mehr, um überhaupt noch
etwas zu tun.
0
1
2
3
16. Schlafgewohnheiten
Meine Schlafgewohnheiten haben sich nicht verändert.
Ich schlafe etwas mehr als
sonst..
Ich schlafe etwas weniger
als sonst
Ich schlafe viel mehr als
sonst
Ich schlafe viel weniger
als sonst
Ich schlafe fast den ganzen tag.
Ich wache 1-2 Stunden
früher auf als gewöhnlich
und kann nicht mehr einschlafen.
0
1a
1b
2a
2b
3a
3b
17. Reizbarkeit
Ich bin nicht reizbarer als
sonst.
Ich bin reizbarer als sonst
Ich bin viel reizbarer als
sonst.
Ich fühle mich dauernd
gereizt.
0
1
2
3
18. Veränderungen des Appetits
Mein Appetit hat sich
0
Quellen
nicht verändert.
Mein Appetit ist etwas
schlechter als sonst.
Mein Appetit ist etwas
größer als sonst.
Mein Appetit ist viel
schlechter als sonst.
Mein Appetit ist viel größer als sonst.
Ich habe überhaupt keinen
Appetit.
Ich habe ständig Heißhunger.
129
1a
1b
2a
2b
3a
3b
19. Konzentrationsschwierigkeiten
Ich kann mich so gut konzentrieren, wie immer.
Ich kann mich nicht so gut
konzentrieren, wie sonst.
Es fällt mir schwer, mich
längere Zeit auf irgend
etwas zu konzentrieren.
Ich kann mich überhaupt
nicht mehr konzentrieren.
0
1
2
3
20. Ermüdung oder Erschöpfung
Ich fühle mich nicht müder oder erschöpfter als
sonst.
Ich werde schneller müde
und erschöpft als sonst.
Für viele Dinge, die ich
üblicherweise tue, bin ich
zu müde und erschöpft.
Ich bin so müde und erschöpft, dass ich fast
nichts mehr tun kann.
0
1
2
3
21. Verlust an sexuellem Interesse
Mein Interesse an Sexuali- 0
tät hat sich in letzter Zeit
nicht verändert.
Ich interessiere mich we1
niger für Sexualität als
früher.
Quellen
Ich interessiere mich viel
weniger für Sexualität als
früher.
Ich habe das Interesse an
Sxualität völlig verloren.
130
2
3
Quellen
131
Quellen
132
11.5. MFPB 18
Urheberrechtlich geschütztes Material
Münchner Fragebogen zur Behandlungsbewertung von Patienten in der stationären Psychotherapie/Psychosomatik
(Decker, Möller-Leimkühler, Zaudig 2010) , Copyright Dr. phil. Petra Decker, Ohmstraße 1,
80802 München
Bitte geben Sie an, wie Sie den folgenen Aussagen zustimmen :
1. Sollte ich nochmals erkranken, würde ich mich gerne wieder in dieser Klinik behandeln lassen.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
2. Ich habe in der Therapie gelernt, mit anderen Menschen besser zurechtzukommen.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
3. Insgesamt bin ich mit der Therapie, die ich erhalten habe, zufrieden.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
4. Ich habe in der Therapie mehr Selbstvertrauen gewonnen.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
5. Eigentlich hätte ich mir von diesem Klinikaufenthalt mehr versprochen.
Voll
Überwiegend
Quellen
133
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
6. Ich weiß jetzt, welche Ziele mir wichtig sind.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
7. Ich habe für mich die richtige therapeutische Betreuung erhalten.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
8. Ich glaube, dass ich die hier eingeübten Problemlösungen auch im wirklichen Leben
eigenständig anwenden kann.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
9. Insgesamt bin ich mit dem Therapieergebnis zufrieden.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
10. Ich habe im Laufe der Therapie wieder Freude an Freizeitaktivitäten und einem positiven Körperbewusstsein entwickelt.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
11. Meine Zufriedenheit mit den therapeutischen Maßnahmen ist im Verlauf der Behandlung gesunken.
Quellen
134
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
12. Ich habe im Verlauf der Behandlung gelernt, positiver zu denken.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
13. Ich habe genug Einfluss auf die Behandlung gehabt.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
14. Ich habe in der Therapie eine Hilfestellung erhalten, in meinem Leben etwas Grundsätzliches zu verändern, das ich bisher nicht ändern konnte.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
15. In der Therapie wurden genau die richtigen Problembereiche bearbeitet, die mir wichtig waren.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
16. In der Therapie sind alle meine Möglichkeiten, klarer zu sehen und Probleme besser
lösen zu können, erkannt und ausgeschöpft worden.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
Quellen
135
17. Meine Zufriedenheit mit den therapeutischen Maßnahmen ist im Verlauf der Behandlung gestiegen.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
18. Ich weiß jetzt, wie ich meine Ziele erreichen kann.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
Quellen
136
Sehr geehrter Patient,
sehr geehrte Patientin,
in diesem Fragebogen geht es um Ihre persönlichen Erfahrungen mit der teilstationären Behandlung in unserer Klinik. Wir würden gerne wissen, wie Sie Ihre Behandlung erlebt haben
und Kritikpunkte zum Anlass für Verbesserungen nehmen.
Es gibt keine „richtigen“ oder „falschen“ Antworten. Wie Sie Ihren teilstationären Aufenthalt
erlebt haben, können nur Sie selbst beurteilen.
Bitte kreuzen Sie daher im Folgenden jeweils die Antwortmöglichkeit an, der Sie aufgrund
Ihrer Erfahrungen am ehesten zustimmen können.
Wir bedanken uns für Ihre Mühe und wünschen Ihnen alles Gute!
Quellen
137
Quellen
138
Bitte geben Sie an, wie Sie den folgenen Aussagen zustimmen :
19. Sollte ich nochmals erkranken, würde ich mich gerne wieder in dieser Klinik behandeln lassen.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
20. Ich habe in der Therapie gelernt, mit anderen Menschen besser zurechtzukommen.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
21. Insgesamt bin ich mit der Therapie, die ich erhalten habe, zufrieden.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
22. Ich habe in der Therapie mehr Selbstvertrauen gewonnen.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
23. Eigentlich hätte ich mir von diesem Klinikaufenthalt mehr versprochen.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
24. Ich weiß jetzt, welche Ziele mir wichtig sind.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Quellen
139
Eher nicht
Gar nicht
25. Ich habe für mich die richtige therapeutische Betreuung erhalten.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
26. Ich glaube, dass ich die hier eingeübten Problemlösungen auch im wirklichen Leben
eigenständig anwenden kann.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
27. Insgesamt bin ich mit dem Therapieergebnis zufrieden.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
28. Ich habe im Laufe der Therapie wieder Freude an Freizeitaktivitäten und einem positiven Körperbewusstsein entwickelt.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
29. Meine Zufriedenheit mit den therapeutischen Maßnahmen ist im Verlauf der Behandlung gesunken.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
30. Ich habe im Verlauf der Behandlung gelernt, positiver zu denken.
Quellen
140
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
31. Ich habe genug Einfluss auf die Behandlung gehabt.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
32. Ich habe in der Therapie eine Hilfestellung erhalten, in meinem Leben etwas Grundsätzliches zu verändern, das ich bisher nicht ändern konnte.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
33. In der Therapie wurden genau die richtigen Problembereiche bearbeitet, die mir wichtig waren.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
34. In der Therapie sind alle meine Möglichkeiten, klarer zu sehen und Probleme besser
lösen zu können, erkannt und ausgeschöpft worden.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
35. Meine Zufriedenheit mit den therapeutischen Maßnahmen ist im Verlauf der Behandlung gestiegen.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Quellen
141
Gar nicht
36. Ich weiß jetzt, wie ich meine Ziele erreichen kann.
Voll
Überwiegend
Unentschieden
Eher nicht
Gar nicht
Quellen
142
Quellen
12. Lebenslauf
Bussardweg 4,
50858 Köln
Tel: 0221 486837
Email: [email protected]
Schulische und Universitäre Ausbildung
1971 - 1984


Gymnasium Weiden, Ostlandstraße , 50859 Köln
Abschluss: Abitur
1986 - 1988


Studium der Humanmedizin, Semmelweis-Universität Budapest
Abschluss: Physikum
1988 - 1993



Studium der Humanmedizin, Rheinische Friedrich-Wilhelm-Universität, Bonn
Abschluss: Staatsexamen
Approbation als Ärztin i.P.
1993 - 1994


Ärztin im Praktikum, Tagesklinik Alteburger Straße
Abschluss: Approbation als Ärztin
143
Quellen
144
Beruflicher Werdegang
1994 - 2005
Assistenzärztin
2005 - jetzt
Oberärztin
Tagesklinik Alteburger Straße,
Köln
Tagesklinik Alteburger Straße,
Köln
Weiterbildung
1998
Fachärztin für Psychiatrie
2004
Weiterbildung Gruppenanalyse
2005
Zusatzbezeichnung: Psychotherapie
2011
Weiterbildung EMDR-Therapeutin
,
Quellen
145
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