ÖGT_TuT, Salzburg, 30.01.2013 Von der Beurteilung zur Verbesserung des Wohlergehens bei Milchkühen – Erfahrungen aus langjährigen Praxisstudien C. Winckler Universität für Bodenkultur, Wien Department für Nachhaltige Agrarsysteme Institut für Nutztierwissenschaften 1 C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 Warum Beurteilung? ! Kennzeichnung von (besonders) tiergerecht erzeugten Produkten ! Beratungsinstrument ! (wissenschaftliche Studien) C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 ‚Journey to welfare improvement‘ Aktion/Umsetzung Einflussfaktoren Problembereiche Beurteilung C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 " Ansätze zur Beurteilung des Wohlergehens " Wie ist eine nachhaltige Verbesserung zu erreichen? C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 Wie geht es Ihnen heute? C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 Wohlergehen als Kontinuum Gut ! Fantastisch ! Ziemlich gut ! Ganz ordentlich ! OK ! Nicht gut ! Miserabel Schlecht ! Fürchterlich C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 Warum? Schlecht Gut Sitzkomfort Hunger Warm / kalt Arbeitsbelastung Soziales Umfeld Gesamt C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 Konzepte ‘Biologische Funktion’ ‘Mentaler Status’ ‘Natürlichkeit’ C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 Schlecht Gut ? ? ? ? ? C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 Tierbezogen vs. ressourcenbezogen Ressourcenbezogene Beurteilung Tierbezogene Beurteilung C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 Tierbezogen vs. ressourcenbezogen Weisen Milchkühe in ‘Freedom Food’ Milchviehbetrieben ein besseres Wohlergehen auf als in konventionellen? (Main et al. 2003, Vet. Rec. 153: 227) ! Freedom Food besser als konventionell: ↓ Mastitis, ↓ Schäden außer am Tarsalgelenk, ↑ Sauberkeit, ↑ BCS ! Freedom Food = konventionell: Mortalität, Pansenblähung, haarlose Stellen ! Freedom Food schlechter als konventionell: ↑ Schäden am Tarsalgelenk, ↑ Lahmheit, ↑ Schwierigkeiten beim Aufstehen C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 Tierbezogen vs. ressourcenbezogen C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 Beurteilungsansätze ! Protokolle mit starker Betonung von tierbezogenen Messgrößen, z.B. ! Bristol Welfare Assurance Protocol (BWAP) ! Welfare Quality® Protokolle http://www.welfarequalitynetwork.net/ network/45848/7/0/40 C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 4 Grundsätze, 12 Beurteilungskriterien Hunger Durst Komfort beim Ruhen Bewegungsfreiheit Ausführung von Sozialverhalten Abwesenheit von durch Eingriffe bedingten Schmerzen Ausführung anderer Verhaltensweisen Gute Mensch-TierBeziehung Thermoregulations -vermögen Positiver emotionaler Status Abwesenheit von Milchvieh: Krankheit insgesamt Abwesenheit C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 von Schäden 32 Messgrößen Welfare Quality®-Beurteilung: Beispiele Gute Ernährung/Abwesenheit länger andauernden Hungers: Tierbezogen S Körperkonditionsbeurteilung (BCS) Anteil zu dünner bzw. zu fetter Tiere © Laister C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 Welfare Quality®-Beurteilung: Beispiele Gute Ernährung/Abwesenheit länger andauernden Durstes: Ressourcen- und managementbezogen © Brinkma ! Anzahl und Art der Tränken ! Durchflussrate ! Sauberkeit ! Funktionstüchtigkeit © Brinkma C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 © Schneider © Lais Welfare Quality®-Beurteilung: Beispiele © Brörkens Gute Haltungsbedingungen/Komfort beim Ruhen: Tierbezogen ! Dauer der Abliegevorgänge © Brörkens ! Anteil Tiere, die beim Abliegen mit der Aufstallung kollidieren ! Anteil Tiere, die tw. oder ganz außerhalb der Liegefläche liegen © Brörkens ! Sauberkeit der Tiere C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 © Laister Welfare Quality®-Beurteilung: Beispiele Gute Haltungsbedingungen/ Bewegungsfreiheit Ressourcen- und managementbezogen ! Vorhandensein von Anbindevorrichtungen ! Zugang zu Auslauf/Weide C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 Welfare Quality®-Beurteilung: Beispiele ! Prävalenz Lahmheit (Gangbeurteilung) ! Veränderungen am Integument Score 0 2 © Welfare Quality® Gute Gesundheit/ Abwesenheit körperlicher Schäden: Tierbezogen 3 C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 Welfare Quality®-Beurteilung: Beispiele Gute Gesundheit/Abwesenheit von Krankheit: Tierbezogen ! Milchzellgehalt ! Erkrankungen der Atemwege ! Andere Erkrankungen ! Mortalität © Canali ! Erkrankungen des Verdauungstrakts C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 Welfare Quality®-Beurteilung: Beispiele Gute Gesundheit: Abwesenheit von durch Eingriffe verursachten Schmerzen: Tier- und managementbezogen ! Durchführung routinemäßiger Eingriffe (Enthornen) Methode, Anästhesie, Analgesie C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 © Laister Welfare Quality®-Beurteilung: Beispiele Artgemäßes Verhalten: Tier- und ressourcenbezogen Ausführung von Sozialverhalten: ! Häufigkeit agonistischer Verhaltensweisen Ausführung anderer Verhaltensweisen: ! Zugang zu Weide, Nutzung von Resourcen © Brinkmann C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 Welfare Quality®-Beurteilung: Beispiele Artgemäßes Verhalten: Tierbezogen Gute Mensch-Tier-Beziehung ! Ausweichdistanz am Fressgitter © Waiblinger C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 © Waiblinger Ablauf Betriebsbesuche Wichtige Vorab-Informationen: Melkzeiten, Fütterungszeiten, tgl. Routine Einführungsgespräch mit LandwirtInnen, Terminvereinbarung für Interviews Verhaltensbeobachtungen, -tests Gesundheit: Klinische Untersuchungen, Betriebsaufzeichnungen © March Erfassung der ressourcenbezogenen Parameter Interview zum Management C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 Dauer Milchvieh: Mastbullen: Mastkälber: Mastschweine: Sauen: Legehennen: Masthühner: 5 – 7 h (abh. von Herdengröße) 4,5 – 6 h (abh. von Herdengröße) ~8h 5,5 h 5,5 h 6 - 7 h (abh. von Herdengröße) 4h C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 Ausgewählte Ergebnisse Projekt ANIPLAN N=39; biologische Milchviehbetriebe in AT > 30 Kühe Anteil zu dünner Tiere Lahmheits -prävalenz Anteil Tiere mit haarlosen Stellen Anteil Tiere mit Läsionen Anteil Tiere mit Schwellungen Median 0% 23 % 23 % 9% 3% Min-Max 0-50 0-59 3-100 0-57 0-26 Gratzer, 2011 C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 Ausgewählte Ergebnisse Projekt ANIPLAN Gratzer, 2011 Anteil zu dünner Tiere (%) Lahmheitsprävalenz (%) AT AT Median 0 Median 23 Min-Max 0-50 Min-Max 0-59 100% 100% 80% 80% 60% 40% 20% ✓ 40% 20% 0% AT CH DE DK NL UK OK 60% Maßnahmen empf. ! 0% AT CH DE DK NL UK Maßn. erforderlich Nicht akzeptabel C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 Ausgewählte Ergebnisse Projekt ANIPLAN Gratzer, 2011 Häufigkeit agonistischer Auseinandersetzungen (je Kuh*h) AT Median 1.1 Min-Max 0.1-3.7 100% 80% 60% 40% 20% 0% AT CH DE DK NL UK OK Maßnahmen empf. Maßn. erforderlich Nicht akzeptabel C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 " Ansätze zur Beurteilung des Wohlergehens " Wie ist eine nachhaltige Verbesserung zu erreichen? C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 ‚Journey to welfare improvement‘ Aktion/Umsetzung Einflussfaktoren Problembereiche Beurteilung C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 ‚Journey to welfare improvement‘ Umsetzung = Übertragung des vorhandenen Wissens in Handlungen; dies setzt Änderungen im Verhalten i.w.S. der handelnden Personen voraus ! Education (insbesondere im Hinblick auf das Erkennen von Problemen und potenzieller Lösungsansätze) ! Encouragement (‚Ermutigung) ! (Enforcement) -> Herdengesundheits- und Wohlergehensplanung Main & Whay 2009 C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 Grundsätze der Herdengesundheits- und Wohlergehensplanung Managementinstrument zur Identifizierung und aktiven Beherrschung von Problemen im Betrieb 1. Kontinuierliche Entwicklung und Verbesserung ! Status quo und Risikofaktoren ! Zielsetzung und Umsetzung ! Wiederholte Erhebung, Evaluierung 2. 3. 4. 5. 6. Betriebsspezifisch ‚Farmer ownership‘ Beiziehung externer Expertise Schriftliches Dokument Anerkennung positiver Aspecte Planung. Schwachstellenanalyse Umsetzung von Maßnahmen Überprüfung, Evaluierung (Maßnahmen & Auswirkungen) C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 Interventionsstudie Lahmheiten 40 Bio-Milchviehbetriebe in D ! Herdengröße > 30 Kühe (Deutsche Holstein) ! Liegeboxenlaufstall ≥ 1 Jahr ! Teilnahme an Milchkontrolle ! Umstellung auf ökol. LW ≥ 2 Jahre 2006 Ø Kühe n=40 61 (30 – 158) Ø Milchleist. (kg) Ø LN (ha) Ø Umstellung 6.619 (4.667 – 9.211) 104 (38 – 340) 1992 (1956 – 2003) C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 Studiendesign Erhebung, Schwachstellenanalysec hung zu Akzeptanz und Erwartungen an HGP 1. Besuch Winter 04/05 21 Interventionsbetriebe: Diskussion von Maßnahmen, Training, betriebsIndividuelle, vom BetriebsleiterIn bestimmte Pläne Erhebung und Evaluierung des Plans 19 Kontrollbetriebe Erhebung 2. Besuch 4. Besuch Winter 05/06 Erhebung Erhebung 10. Besuch Winter 08/09 C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 Intervention/Maßnahmen Anzahl Betriebe Beispiele für Maßnahmen die Maßnahmen umsetzten/denen Maßnahmen empfohlen wurden Regelmäßige Klauenpflege 10/13 Liegeboxen (Einstreu, Pflege, Abmessungen) 11/20 Reinigung der Laufgänge 12/13 Rutschsicherheit Laufgänge 7/10 C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 Lahmheitsprävalenz gesamt Anteil lahmer Tiere (%) 35 30 25 20 Intervention 15 Kontrolle 10 5 0 Winter 04/05 Winter 05/06 Winter 06/07 Winter 07/08 Winter 08/09 March & Brinkmann 2011 C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 Entwicklung nach einem Jahr 2004/05 2005/06 37 C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 Lahmheitsprävalenz mittel-/hochgradig Anteil lahmer Tiere (%) 16 14 12 10 8 Intervention 6 Kontrolle 4 2 0 Winter 04/05 Winter 05/06 Winter 06/07 Winter 07/08 Winter 08/09 March & Brinkmann 2011 C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 Prävalenz von Schwellungen am Karpus Anteil lahmer Tiere (%) 30 25 20 15 Intervention Kontrolle 10 5 0 Winter 04/05 Winter 05/06 Winter 06/07 Winter 07/08 Winter 08/09 March & Brinkmann 2011 C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 Ausweitung auf andere Bereiche wie Eutergesundheit etc. Erhebung, Schwachstellenanalyse Frühjahr 06 26 Interventionsbetriebe: Diskussion von Maßnahmen, vom BetriebsleiterIn bestimmte Pläne Erhebung und Evaluierung des Plans 14 Kontrollbetriebe Erhebung Sommer 06 Winter 06/07 Erhebung Erhebung Winter 08/09 C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 Ausweitung auf andere Bereiche wie Eutergesundheit etc. 2006 2007 2008 2009 n Behandlungsinzidenz Mastitis (%) Milchzellgehalt I 14 35.2a 25.3 16.1b n.a.1 C 26 22.8 18.9 19.4 n.a.1 I 14 341 314 286 280 C 26 252 264 264 253 C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013 Zusammenfassung ! Tierbezogene Indikatoren erlauben valide Aussagen über das Wohlergehen ! Beurteilung und Monitoring des Wohlergehens werden in Zukunft in der (tierärztlichen) Beratung und Kennzeichnung von Produkten eine wichtige Rolle spielen ! Betriebsspezifische Zugänge/‘Pläne‘ zur Verbesserung der Situation sind vielversprechend ! Neue Formen der Beratung wie z.B. ‚Stable Schools‘ in Entwicklung C. Winckler I ÖGT_TuT, 30.01.2013