1. Die Februarrevolution in Frankreich Mit der schnellen Industrialisierung und ihren positiven wie negativen Folgen änderte sich auch das politische Bewusstsein der Menschen in Europa. Seit der Verkündung der Menschenrechte zuerst in Nordamerika und später in Frankreich waren nationale und liberale Bewegungen entstanden. Der anwachsende Gegensatz zwischen Reform bestrebten Bürgern und den autoritär ausgerichteten Staatsapparaten der Heiligen Allianz löste eine fast ganz Europa erfassende Revolutionswelle aus. Ausgangspunkt war wieder Frankreich. Aus Protest gegen die korrupte Herrschaftsschicht und ein ungerechtes Wahlsystem wurde König LOUIS P HILIPPE im Februar 1848 zur Abdankung gezwungen. Frankreich wurde zur Republik erklärt. Republikaner und Sozialisten bildeten eine provisorische Regierung. Sie schrieben Wahlen zur Nationalversammlung aus. www.g-nk.de.vu 2. Liberale Bewegung und Revolution in Österreich Die Ereignisse in Frankreich gaben das Signal für revolutionäre Aufstände in mehreren europäischen Ländern. Es kam zu den Märzrevolutionen in Europa. Als die Nachricht der Februarrevolution Wien erreichte, stellte die Bevölkerung dem Kaiser folgende Forderungen: Eine Verfassung zu verabschieden, die Volksbewaffnung zu garantieren und die Absetzung METTERNICHs als Minister durchzuführen. Am 13. März 1848 war das Volk Sieger. METTERNICH floh nach Großbritannien. Sein Herrschaftssystem war zusammengebrochen. Im Norden Italiens erhoben sich die Bürger gegen die österreichische Fremdherrschaft. Nach einem fünftägigen Barrikadenkampf erzwang die Bevölkerung Mailands am 22. März 1848 den Abzug der österreichischen Truppen. In Venedig wurde die Republik ausgerufen und eine provisorische Regierung gebildet. In Ungarn kämpfte die ungarische Nationalbewegung unter LAJOS KOSSUTH, um Autonomieforderungen gegen Österreich durchzusetzen. In Böhmen erhob sich das tschechische Bürgertum. Es erkämpfte sich Presse- und Versammlungsfreiheit. Wie überall in Deutschland ging es auch in Wien um nationale Einheit und demokratische Rechte. Doch im Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn verbanden sich die Forderungen nach Liberalisierung und verfassungsmäßig garantierten Rechten mit Autonomieforderungen der Italiener, Ungarn und Tschechen. Die Deutsch-Österreicher verlangten die Vereinigung mit Deutschland. Es drohte der Zerfall des Habsburger Reiches. Viel hing vom weiteren Verlauf der revolutionären Entwicklung in Preußen ab. 3. Die bürgerlich-demokratische Revolution in Deutschland Im März erfasste die Revolution auch Deutschland. Die Fürsten im südwestlichen Raum Deutschlands und der König in Sachsen leisteten keinen Widerstand gegen die Revolutionäre. Sie beriefen liberale und national gesinnte Politiker in die Regierungen, so genannte Märzminister. um die revolutionären Forderungen der Volksmassen abzuschwächen und um einem völligen Zusammenbruch ihrer monarchischen Herrschaft vorzubeugen. Es gelang aber den Führern der revolutionären Bewegung, sich am 5. März 1848 in Heidelberg zu versammeln und ein Vorparlament nach Frankfurt a. M. einzuberufen, das ein deutsches Parlament vorbereiten sollte. Die Nachricht vom Sturz METTERNICHs führte am 18. März 1848 zu einer Massenkundgebung vor dem Berliner Schloss. Hier wurden ähnliche Forderungen wie in Wien erhoben. Als das Militär den Platz gewaltsam räumen wollte, kam es zu einem dreizehn Stunden dauernden Straßenkampf in Berlin. Der König F RIEDRICH W ILHELM IV. (1795-1861) gezwungen, zeitweise die Truppen aus der Stadt abzuziehen. Der Druck der wurde www.g-nk.de.vu revolutionären Berliner zwang den König, sich vor den etwa 200 Opfern der Barrikadenkämpfe zu verneigen. Die Revolution hatte vorerst gesiegt. Der preußische König musste den Bürgern Presse- und Versammlungsfreiheit zugestehen. Ferner wurde eine Abgeordnetenversammlung einberufen, die mit dem Monarchen eine Verfassung erarbeiten sollte. Der Bankier LUDOLF CAMPHAUSEN erhielt die Berufung zum Ministerpräsidenten. An seiner Seite stand als Finanzminister der Fabrikant DAVID HANSEMANN. Anfang Mai 1848 fanden in allen deutschen Staaten Wahlen zur deutschen Nationalversammlung statt. Am 18. Mai 1848 zogen die Abgeordneten in die als Tagungsstätte erwählte Paulskirche in Frankfurt a. M. ein. Die Abgeordneten der Paulskirchen-Versammlung waren vorwiegend Angehörige des besitzenden Bürgertums, der Intelligenz, Literaten, Kaufleute, Gutsbesitzer, wenige Handwerker und nur ein Kleinbauer. Stolz, Hoffnung und Zuversicht kennzeichneten die Versammlungsatmosphäre. Man wollte der Geschichte Deutschlands in der Paulskirche eine entscheidende Wendung geben. Nach westeuropäischem und amerikanischem Vorbild sollte Deutschland zu einem modernen Verfassungsstaat entwickelt und zugleich die Frage nach der nationalen Einheit gelöst werden. In der Nationalversammlung wurde über das zukünftige Territorium Deutschlands diskutiert. Die meisten Anhänger hatte zunächst eine großdeutsche Lösung unter Einschluss Österreichs, Böhmens und Mährens sowie Trients und Triests. In Wien forderte man dagegen eine großösterreichische Lösung unter Ein-schluss des gesamten Vielvölkerstaates Österreich. Damit wäre allerdings die Idee eines Nationalstaates aufge-geben worden. Deshalb entschied die Mehrheit sich für eine kleindeutsche Lösung unter Ausschluss Österreichs. Am 28. März 1849 beschloss die Nationalversammlung die Reichsverfassung. Zum gleichen Zeitpunkt wählten die Parlamentarier den preußischen König mit Stimmen-mehrheit zum Kaiser der Deutschen. Mit der Wahl und der Annahme der Verfassung sowie der Kaiserwürde durch F RIEDRICH W ILHELM IV. sollte das Werk der Nationalver-sammlung seinen staats-politischen Höhepunkt erfahren. Diese Verfassung konnte 1849 nicht verwirklicht werden. 4. Bewaffnete Angriffe der Konterrevolution - Bundesstaat mit zentraler Regierungsgewalt Das Ablehnen der Kaiserkrone durch den preußischen König, - Reichsbürgerschaft verbunden mit der Nichtanerkennung der Reichsverfassung, führte zu - Erbkaisertum bewaffneten Auseinandersetzungen. Ein Aufstand in Dresden im Mai - Kaiser ernennt Minister und steht an der Spitze der 1849, um die Reichsverfassung zu erzwingen, wurde von sächsischen - Exekutive Reichstag nach Vorbild des amerikanischen Kongresses und preußischen Truppen blutig niedergeschlagen. Die Erhebungen der Bevölkerung und von Teilen des Heeres im Land Baden und in der bayerischen Pfalz, wo im Juni 1849 sogar provisorische Regierungen gebildet wurden, schlugen preußische und deutsche Bundestruppen brutal nieder. Mit der Kapitulation der Aufständischen in der Festung Rastatt am 23. Juli 1849 fand die Revolution in Deutschland ihr Ende. 5. Die Niederwerfung der europäischen Revolutionen Die Bestrebungen des französischen Großbürgertums, die Errungenschaften der Februarrevolution von 1848 zu beseitigen, führten zur Niederschlagung des bewaffneten Aufstandes der Pariser Arbeiter im Juni 1848. Ab Mitte Juni 1848 unterdrückten österreichische Truppen unter Führung des Feldmarschalls ALFRED F ÜRST ZU WINDISCHGRÄTZ die Erhebungen der tschechischen Revolutionäre. Preußen schritt gegen die nationale Unabhängigkeits-bewegung in Polen ein. In Norditalien gelang es der Habs-burger Monarchie, die Befreiungsbewegung zurückzu-drängen. Mithilfe russischer Truppen unterdrückte Österreich im August 1849 die Revolution in Ungarn. Der zum Reichs-verweser Ungarns bestellte LAJOS K OSSUTH musste im August abdanken und ins Ausland fliehen. Am 9. November 1848 wurde ROBERT BLUM durch das österreichische Militär standrechtlich erschossen. BLUM war Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung. Er hatte an den Oktoberkämpfen in Wien teilgenommen. Bereits im Oktober 1848 schlugen konterrevolutionäre Truppen den Aufstand der revolutionären Kräfte in Wien nieder. Nun setzten Verhaftungen und Erschießungen ein. Die Konterrevolution in Europa nahm Rache. Tausende wanderten aus, um der politischen Verfolgung zu entgehen.