Tierversuche in der Forschung

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Wintersemester 2014/15
Vorlesung „Ethik in der Medizin“
Tierversuche in der
Forschung
Prof. Dr. Alfred Simon
Institut für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin
Tierversuche in Deutschland
Tierschutzbericht 2011
 Versuchstiere: 2,8 Mill. in 2009
 Grundlagenforschung (33%)
 Erforschung, Entwicklung und Herstellung von
Medizinprodukten/-geräten (30%)
 Toxikologische Untersuchungen (7%)
 Aus- und Weiterbildung (2%)
 Versuchstiergruppen
 Mäuse und Ratten (ca. 86%)
 Neu- und Altweltaffen (ca. 0,1%)
A. Simon: Vorlesung „Ethik in der Medizin“, WS 2014/15
Richtlinien und Gesetze
Europa
 Europarat: Übereinkommen zum Schutz der für
Versuche und andere wissenschaftliche Zwecke
verwendeten Wirbeltiere
 Tierversuche nur bei fehlender Alternative
 Besondere Genehmigungspflicht für Versuche mit
länger anhaltenden erhebliche Schmerzen
 Wechselseitige Anerkennung von Prüfergebnissen
 EU: Richtlinie vom 24.11.1986
A. Simon: Vorlesung „Ethik in der Medizin“, WS 2014/15
Richtlinien und Gesetze
Deutschland
 Tierschutzgesetz (TierSchG)
 Zulässige Forschungszwecke:
 Bekämpfung und Vermeidung von Krankheiten
 Erkennung von Umweltgefährdungen, Toxizitätsprüfung
 Grundlagenforschung
 Voraussetzungen:
 Antrags- bzw. Anzeigepflicht bei der zuständigen Behörde
 Stellungnahme des Tierschutzbeauftragen und der
Tierschutzkommission
 Unerlässlichkeit und ethische Vertretbarkeit des
Tierversuchs
A. Simon: Vorlesung „Ethik in der Medizin“, WS 2014/15
Debatte um Tierversuche
Notwendigkeit von Tierversuchen
 Tierversuchsgegner: Erkenntnisse aus Tierversuchen sind nicht auf den Menschen
übertragbar (Bsp.: Contergan)
 DFG (2004): Durch Tierversuche sind
„erwünschte und 70% der unerwünschten
Wirkungen, die den Menschen betreffen“,
vorhersagbar
A. Simon: Vorlesung „Ethik in der Medizin“, WS 2014/15
Debatte um Tierversuche
Moralischer Status von Tieren
 Tiere haben keinen moralischen Status und
sind deshalb nicht um ihrer selbst willen
schützenswert
 Alle Lebewesen, die fähig sind, Leiden zu
empfinden und Interessen auszubilden, haben
einen vergleichbaren moralischen Status
 Tiere haben einen moralischen Status, der
jedoch dem moralischen Status des Menschen
nachgeordnet ist
A. Simon: Vorlesung „Ethik in der Medizin“, WS 2014/15
Moralischer Status von Tieren
Tiere haben keinen moralischen Status
 René Descartes
 Tiere sind nur materielle Körper, die mechanisch auf
Reize reagieren
 Immanuel Kant
 Tiere sind keine moralfähigen Wesen
 Keine direkten Pflichten gegenüber Tieren
 Verbot der Tierquälerei, da diese die Fähigkeit zur
Empathie beeinträchtigt (Verrohungsargument)
A. Simon: Vorlesung „Ethik in der Medizin“, WS 2014/15
Moralischer Status von Tieren
Tiere haben einen moralischen Status
 Tierinteressen (Peter Singer)
 Moralischer Status  Fähigkeit, Interessen zu haben
 Gleiche Interessen müssen gleich behandelt werden
 Diskriminierung von Tieren = Speziesismus
 Tierrechte (Tom Regan)
 Alle empfindenden Lebewesen haben den gleichen
Wert und verdienen den gleichen Respekt
 Auch wenn Tiere nicht moralfähig sind, sollten sie –
ähnlich wie Säuglinge oder Komapatienten – durch
individuelle Rechte geschützt werden
A. Simon: Vorlesung „Ethik in der Medizin“, WS 2014/15
Moralischer Status von Tieren
Tiere haben nachgeordneten Status
 Doppelstandardtheorie (Jürgen Habermas)
 Unterschiedliche Pflichten gegenüber Menschen und
Tieren
 Pflichten gegenüber Tieren sind abhängig vom Grad
der sozialen Interaktion, in die Tiere mit uns treten
A. Simon: Vorlesung „Ethik in der Medizin“, WS 2014/15
Moralischer Status von Tieren
Konsequenzen
 Tiere als bloß materielle Körper
 Tierversuche sind ethisch unbedenklich
 Tierrechte
 Tierversuche sind ethisch nicht vertretbar
 Doppelstandardtheorie, Tierinteresse,
Verrohungsargument
 Tierversuche sind ethisch vertretbar, wenn sie für zur
Erreichung des Forschungsziels unerlässlich sind und
das dem Tier zugefügte leiden verhältnismäßig ist
A. Simon: Vorlesung „Ethik in der Medizin“, WS 2014/15
Minimierung von Tierversuchen
Drei-R-Regel (vgl. Russel/Bruch 1959)
 Replacement  Einsatz von Alternativmethoden
 Versuche an Zellkulturen
 Computersimulationen
 Refinement  Minimierung der Belastung für
Versuchstiere
 Reduction  Minimierung der Versuchstierzahl
 optimierte statistische Methoden
 länderübergreifende Prüfstandards
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