Skriptum Quereinsteiger Volkswirtschaft 1

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VOLKSWIRTSCHAFT
für die 1. Klasse SoGym
DIE BEDÜRFNISSE
Jeder Mensch hat Bedürfnisse, die er durch Güter befriedigen muss, um seine
Existenz zu sichern. Er muss sich ernähren, kleiden und eine Wohnung beschaffen
(Existenzbedürfnisse). Außerdem hat er zahlreiche Wünsche, z. B. zu lesen, zu
reisen, sich zu unterhalten usw., deren Erfüllung dazu beiträgt, sein Leben
angenehmer zu gestalten (Kultur- und Luxusbedürfnisse). Die Grenzen zwischen den
Bedürfnisarten sind fließend. Kulturtechniken wie Lesen, Rechnen und Schreiben
zählen in den hoch industrialisierten Ländern zu den Existenzbedürfnissen, in stark
unterentwickelten Ländern dagegen zu den Kultur- oder Luxusbedürfnissen.
Gleiches gilt für fließendes Wasser in den Wohnungen.
Als Bedürfnisse werden alle körperlichen und geistigen Mangelgefühle des
Menschen bezeichnet, die danach drängen, durch Güter befriedigt zu werden.
Bedürfnisse sind der Beweggrund wirtschaftlichen Handelns. Sie können durch
äußere Einflüsse wie z. B. Technik, Mode und Werbung erzeugt und verändert
werden.
Doch nicht alle Bedürfnisse können durch Produktion von Gütern (Sachgüter und
Dienstleistungen) befriedigt werden, wie z. B. das Bedürfnis mit anderen zu reden,
die Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit, das Streben nach Wertschätzung und
Selbstverwirklichung. Diese Bedürfnisse bleiben daher bei einer ökonomischen
Betrachtung außer Acht.
Die Bedürfnisse können eingeteilt werden:
nach der Dringlichkeit der Bedürfnisbefriedigung
Existenzbedürfnisse
Wahlbedürfnisse
nach der Art der Bedürfnisbefriedigung
Individualbedürfnisse
Kollektivbedürfnisse
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DIE GÜTER
Den unbegrenzten Bedürfnissen der Menschen steht eine beschränkte Anzahl von
Mitteln zur Bedürfnisbefriedigung zur Verfügung. Die Mittel zur Bedürfnisbefriedigung
werden als Güter (Sachgüter und Dienstleistungen) bezeichnet. Der Teil der
Bedürfnisse, der durch Güter gedeckt werden kann, nennt man Bedarf.
Der Bedarf wird gedeckt, indem bestimmte Güter am Markt gekauft werden. Art und
Umfang der Nachfrage eines Haushalts hängen vor allem ab von
• den Güterpreisen
• der Konsumsumme
• der Bedarfsstruktur
• den wirtschaftlichen Erwartungen
Nach der Verfügbarkeit der Güter unterscheidet man:
• Wirtschaftliche Güter (knappe Güter)
sie sind im Verhältnis zu den Bedürfnissen knapp und also sind sie Gegenstand
des „Wirtschaftens“.
• Freie Güter
sie sind im Verhältnis zu den Bedürfnissen nicht knapp und daher nicht
Gegenstand des „Wirtschaftens“.
Nach der stofflichen Eigenart unterscheidet man:
• Sachgüter (materielle Güter)
• Immaterielle Güter (Dienstleistungen der Ärzte, Post, Bahn, Kreditinstitute,
Versicherungen; Patentrechte, Urheberrechte, Marken)
Nach dem Verwendungszweck unterscheidet man:
• Investitionsgüter (Produktionsgüter): Sie dienen der Produktion von
Konsumgütern oder der Produktion von anderen Investitionsgütern und also nur
mittelbar der Bedürfnisbefriedigung
• Konsumgüter: Sie dienen unmittelbar der Bedürfnisbefriedigung
Güter werden auch nach ihrer Nutzungsdauer eingeteilt in:
• Gebrauchsgüter (dauerhafte Güter). Diese Güter können über einen längeren
Zeitraum eingesetzt werden.
• Verbrauchsgüter (kurzlebige Güter). Diese Güter gehen bei der Verwendung
unter oder sie werden verwandelt.
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DIE NOTWENDIGKEIT DES WIRTSCHAFTENS
Gütermenge
Bedürfnisse
Wenn alle Güter zur Befriedigung der Bedürfnisse im Überfluss vorhanden wären,
gäbe es keine wirtschaftlichen Probleme und wir bräuchten weder Geld noch Preise.
Die meisten Güter sind jedoch im Verhältnis zu den Bedürfnissen knapp. Deshalb
müssen sie bewirtschaftet werden, um das Spannungsverhältnis zwischen der Fülle
von Bedürfnissen und der Knappheit der vorhandenen Güter so weit wie möglich zu
verringern (Allokationsproblem).
Preisbildung
durch Angebot
und Nachfrage
Produktionserhöhung
Gütermenge
Bedürfnisse
Bedarf
Ausgleich durch das Wirtschaften
Die Lösung des Allokationsproblems kann durch das Zusammenspiel von 2
Tätigkeiten geschehen:
1. die Preisbildung
2. die Erhöhung der Produktion
1. Dieses Allokationsproblem wird dadurch gelöst, dass die Anbieter ihre Waren
gegen Geld und die Nachfrager ihr Geld gegen Waren tauschen. Dadurch
entstehen auf den Märkten Preise, die Angebot und Nachfrage zum Ausgleich
bringen. Je höher der Preis eines Gutes ist, desto weniger wird nachgefragt und
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desto mehr wird angeboten. Umgekehrt gilt, je niedriger der Preis eines Gutes ist,
desto mehr wird nachgefragt und desto weniger wird angeboten.
2. Durch Forschung und Einsatz von Maschinen versucht man mit gleichem
Aufwand immer höhere Produktionen zu erzielen. Dazu dient auch die
Wiederverwertung der Rohstoffe, die ja bekanntlich begrenzt sind.
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DIE WIRTSCHAFTSSUBJEKTE
Wirtschaftssubjekte
sind
selbstständige
Entscheidungseinheiten,
die
Wirtschaftspläne aufstellen und verwirklichen. Ein Wirtschaftsplan enthält die
wirtschaftlichen Entscheidungen eines Wirtschaftssubjektes für eine zukünftige
Periode.
Wir können wir 4 Wirtschaftssubjekte unterscheiden:
1. private Haushalte (Verbraucher)
2. Unternehmungen (Produzenten)
3. der Staat
4. das Ausland
1. Private Haushalte
Die privaten Haushalte sind Verbrauchseinheiten, die eine optimale Versorgung mit
Gütern anstreben (Nutzenmaximierung). Zu ihnen zählen Einzelpersonen, Familien
und alle Organisationen ohne Erwerbscharakter wie Vereine, Kirchen,
Gewerkschaften, politische Parteien usw. Zu den Funktionen eines Haushaltes zählt,
Einkommen zu erzielen und es zu verwenden. Ein privater Haushalt kann sein
Einkommen für den Kauf von Gütern ausgeben (Konsum) oder auf Konsum
verzichten (Sparen). Dieser Konsumverzicht führt gleichzeitig zur Vermögensbildung.
2. Unternehmungen
Unternehmungen sind Produktionseinheiten. Produktion im ökonomischen Sinne
bedeutet die Bereitstellung von Gütern. Sie handeln in den meisten Fällen nach dem
Prinzip der Gewinnmaximierung. Eine Ausnahme bilden dabei die öffentlichen
Unternehmen, deren Ziel nicht die Gewinnmaximierung sondern die Bedarfsdeckung
der Allgemeinheit ist. Sie bieten daher ihre Dienste, indem sie nur einen so
genannten „angemessenen Preis“ verlangen oder überhaupt nur auf die eigene
Kostendeckung abzielen.
3. Der Staat (und weitere öffentliche Haushalte)
Zu den öffentlichen Haushalten zählen die Gebietskörperschaften (Gemeinde,
Provinz, Region) und andere öffentliche Körperschaften wie z. B. INPS, INAIL und
die Banca d’Italia1. Sie übernehmen folgende Aufgaben:
• Sie produzieren Dienstleistungen, die sie ihren Bürgern zum Teil kostenlos zur
Verfügung stellen. Die sind z. B. die Dienste der öffentlichen Verwaltung, der
Rechtspflege, des Schulwesens, der Polizei usw.
• Sie leisten Zahlungen an private Haushalte (z. B. Renten, Kindergeld,
Studienstipendien) und an Unternehmungen (Subventionen). Diese Gelder
werden ohne ökonomische Gegenleistung übertragen (transferiert) und werden
als Transferzahlungen bezeichnet.
Zur Finanzierung dieser ökonomischen Aufgaben erheben die öffentlichen Haushalte
Steuern, Gebühren und Beiträge oder sie nehmen Kredite auf. Dabei ist zu
1
Istituto nazionale per la previdenza sociale (NISF – Nationalinstitut für die soziale Fürsorge); Istituto
nazionale per l’assicurazione contro gli infortuni sul lavoro e le malattie professionali; die Banca d’Italia
ist die italienische Zentralbank.
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bemerken, dass der Staat Italien für etwa 1.9002 Milliarden Euro verschuldet ist. Das
ist in etwa 120% des italienischen Bruttoinlandsproduktes.3
4. Das Ausland
Durch den Verkauf von Sachgütern und Dienstleistungen an das Ausland erhalten
die Exporteure Devisen und damit fließt ein Zahlungsstrom vom Sektor Ausland zum
Sektor Unternehmungen. Durch den Ankauf von Sachgütern und Dienstleistungen
aus dem Ausland bezahlen die Unternehmungen die Importware und damit fließt ein
Zahlungsstrom vom Sektor Unternehmungen zum Sektor Ausland.
DIE ENTSCHEIDUNGSINHALTE
Die wirtschaftliche Tätigkeit baut im Grunde nur auf zwei Handlungen auf: das
Produzieren und das Konsumieren
•
•
•
•
Produzieren im wirtschaftlichen Sinn heißt Güter (Sachgüter und
Dienstleistungen) für den Markt zu beschaffen, herzustellen und bereitzustellen.
Unter Konsumieren im wirtschaftlichen Sinn versteht man die Verwendung von
Gütern durch den Endverbraucher. Dabei muss man unterscheiden, ob es sich
um ein Verbrauchs- oder Gebrauchsgut handelt. Doch werden nicht alle
produzierten Güter von den privaten Haushalten konsumiert. Darum müssen wir
zwei weitere Begriffe einführen: das Sparen und das Investieren.
Sparen bedeutet Konsumaufschub in der Gegenwart, um den zukünftigen
Konsum erhöhen zu können.
Investieren bedeutet, dass Güter nicht dem privaten Konsum zugeführt werden,
sondern dass sie für den Produktionsprozess eingesetzt werden. Dabei
unterscheidet man Ersatzinvestitionen (alte Produktionsgüter werden mit neuen
ersetzt) und Erweiterungsinvestitionen (neue Produktionsgüter werden
dazugekauft, um das Produktionspotenzial des Unternehmens zu erhöhen).
DAS ÖKONOMISCHE PRINZIP
Wirtschaftliche Entscheidungen müssen planvoll und vernünftig (rational) getroffen
werden, wenn ein angestrebter Erfolg erreicht werden soll. Als Maßstäbe für den
Erfolg wirtschaftlichen Handelns dienen Kennzahlen, die eine Aussage erlauben,
inwieweit die gesetzten Ziele erreicht wurden.
Als Grundprinzip rationalen Handelns gilt das ökonomische Prinzip (Rationalprinzip,
Prinzip der Wirtschaftlichkeit). Es beschreibt die Möglichkeiten, die begrenzten Mittel
2
in den letzten Jahren ist die Staatsverschuldung in Italien ständig stark angestiegen; die 1.900 Mrd.
Euro beziehen sich auf den Stand August 2011
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Das BIP ist der Wert aller Sachgüter und Dienstleistungen, die in einem Jahr in einer Volkswirtschaft
erzeugt werden. Er unterscheidet sich vom Bruttosozialprodukt / BSP dadurch, dass sich das BIP auf
die Produktion im Staatsgebiet bezieht, während sich das BSP auf die Produktion der Staatsbürger
bezieht.
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den gesetzten Zwecken zuzuordnen. Dabei können zwei Prinzipien unterschieden
werden: das Maximalprinzip und das Minimalprinzip.
Das Maximalprinzip: Mit gegebenen Mitteln ist ein höchstmöglicher Erfolg (Nutzen,
Leistung) zu erzielen.
Das Minimalprinzip: Ein bestimmter Erfolg ist mit dem geringstmöglichen
Mitteleinsatz zu erzielen.
Das ökonomische Prinzip entspricht der menschlichen Vernunft und gilt als
Leitmaxime wirtschaftlichen Handelns. Die rationale Zuordnung der Mittel zur
bestmöglichen Erreichung eines bestimmten Zweckes kommt z. B. im Streben nach
Nutzenmaximierung der Haushalte und im Streben nach Gewinnmaximierung der
Unternehmen zum Ausdruck. Aber Achtung!! Nutzenmaximierung und
Gewinnmaximierung stehen im Gegensatz. Darum verfolgen Haushalte (Nachfrage)
und Unternehmen (Angebot) auf dem Markt auch entgegengesetzte Ziele.
DIE PRODUKTIONSFAKTOREN
Um Güter herstellen zu können, müssen vorher Güter (Produktionsfaktoren)
eingesetzt werden, die im Produktionsprozess zusammenwirken. Den Prozess der
Umwandlung von Produktionsfaktoren in Güter nennt man Produktion.
Die in der Produktion benötigten Menschen und Güter bezeichnet man als die
Produktionsfaktoren (Inputfaktoren):
• Arbeit
• Boden
• Kapital
• Humankapital
Grafik zur volkswirtschaftlichen Güterproduktion
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Arbeit ist jede Art von körperlicher und geistiger Tätigkeit des Menschen, um
Einkommen für die Bedarfsdeckung zu erzielen. Sie kann geistig oder körperlich
sein.
Für die Wirtschaft des Landes ist es von besonderer Bedeutung, wie groß der Anteil
der arbeitenden Bevölkerung (zwischen dem 15. Und dem 65. Lebensjahr) an der
Gesamtbevölkerung ist, hängt doch hiervon die Versorgung der nicht im
Produktionsprozess stehenden Bevölkerung ab.
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Boden ist ein umfassender Oberbegriff für alle von der Natur kostenlos zur
Verfügung gestellten natürlichen Ressourcen. Zum Boden zählt:
• Die Erdoberfläche
• Die Erdkruste
• Die Wasserkräfte, die Sonnenenergie, das Klima u. a.
Der Boden wird im Produktionsprozess in verschiedener Weise genutzt, um Güter für
die Bedarfsdeckung bereitzustellen.
Anbauboden
Land- und Forstwirtschaft:
z. B. Getreide-, Gemüseund Obstanbau,
Baumwolle
Abbauboden
Bergbau: z. B. Kohle,
Eisenerze, Erdöl, Kupfer
Qualitative Verbesserung
durch Brachliegen und
Düngung möglich
Absolut knapp:
• Nicht reproduzierbar
• Begrenzte Vorräte an
Bodenschätzen
Standortboden
Standortwahl der
Unternehmen:
• Nähe von Rohstoffen
• Qualifizierte
Arbeitskräfte
• Nähe von
Absatzgebieten
• Verkehrsgünstige Lage
Mit Kapital bezeichnet man in der Volkswirtschaftslehre alle von Menschen
geschaffenen Hilfsmittel, die zur Güterproduktion verwendet werden. Im Gegensatz
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zu Arbeit und Boden ist Kapital ein abgeleiteter Produktionsfaktor. Dabei
unterscheidet man
• Realkapital (produzierte Produktionsmittel – Sachgüter) und
• Geldkapital (finanzielle Mittel zur Beschaffung von Realkapital)
In den letzten Jahrzehnten hat das Humankapital an Wichtigkeit gewonnen und ist
heutzutage von zentraler Bedeutung im globalen Wettbewerb. Als Humankapital
bezeichnet man in der Wirtschaftswissenschaft die Leistungsfähigkeit der Menschen
an der Arbeit. Dies hängt vor allem von der Bildung/Qualifizierung ab, doch auch von
Faktoren wie Motivation, Leistungsbereitschaft, Erfahrung und Innovationsfähigkeit.
Wissen, das in technologischen Fortschritt umgesetzt wird, führt zur Entwicklung von
neuen Produkten, Verfahren, Organisationsformen und Strategien, die für die
Unternehmen überlebenswichtig sind. Damit ein Staat wirtschaftlich führend bleiben
kann, muss ständige Innovation betrieben werden. Fehlt die Innovation, so fällt auch
die Wirtschaft entsprechend zurück.
In der Wirtschaftswissenschaft geht man davon aus, dass die einzige langfristig
relevante Einflussgröße auf das Wachstum einer Volkswirtschaft der technische
Fortschritt sei. Dieser wiederum drückt sich aus in einer höheren Arbeitsproduktivität,
welche vor allem durch eine bessere Bildung erreicht werden kann, aus. Darum ist
eine gut ausgebildete Bevölkerung die beste Garantie für den Wohlstand in der
Zukunft. Bereits Adam Smith stellte einen direkten Zusammenhang zwischen der
Ausbildung und der Leistungsfähigkeit von Arbeitskräften her: “Education helped to
increase the productive capacity of workers in the same way as the purchase of new
machinery or other forms of physical capital increased the productive capacity of a
factory or other enterprise.“
PRODUKTIONSMÖGLICHKEITEN DURCH KAPITALBILDUNG
Die Kapitalbildung lässt sich vereinfacht am Beispiel der Robinson-Crusoe-Wirtschaft
darstellen, in der es kein Geld und keine moderne Technik gab: Robinson, der durch
ein Schiffsunglück auf eine unbewohnte Insel verschlagen wurde, musst sein Leben
aus eigener Kraft bewältigen:
• Er fing Fische zunächst mi der bloßen Hand, was sehr mühsam und wenig
ergiebig war (Kombination von Arbeit und Boden).
• Zur Vereinfachung seiner Arbeit entschloss er sich, ein Netz für den Fischfang
herzustellen, um sein primitives Leben zu verbessern (Werkzeug als
Produktionsmittel).
• In der Zeit, in der er das Netz flocht, konnte er keine Fische fangen und musste
von seinen kärglichen Vorräten leben. Er musste auf Konsum verzichten
(Sparen).
• Mithilfe des Netzes konnte Robinson leichter und mehr Fische fangen als vorher.
Der Produktionsumweg über Kapital hatte sich gelohnt (Bildung von Realkapital =
Investieren).
Das besondere Merkmal des Produktionsfaktors Kapital ist der Produktionsumweg.
Er wird dadurch notwendig, dass man zunächst Produktionsgüter herstellen muss,
um in der Zukunft durch den Einsatz dieser produzierten Produktionsmittel mehr
Konsumgüter produzieren zu können.
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Jeder Unternehmer hat zu entscheiden, in welchem Umfange es zweckmäßig ist,
Sachkapital (produzierte Produktionsmittel), z. B. Roboter, Computer, Werkzeuge in
der Unternehmung einzusetzen. Zur Herstellung von Produktionsmittel müssen zwei
Bedingungen erfüllt sein:
• Konsumverzicht (Sparen)
• Produktive Anlage des Gesparten (Investieren).
Investieren bedeutet, Geldkapital in Sachkapital umzuwandeln, Unternehmen mit
produktiven Anlagen zur Erhaltung (Ersatzinvestitionen) und zur Erweiterung
(Erweiterungsinvestitionen) ihrer Leistungsfähigkeit auszustatten.
Mehr Investitionen beeinflussen längerfristig die zukünftigen Produktionsmöglichkeiten der Unternehmen.
Gesamtwirtschaftliche Produktionsmöglichkeiten
Bei einem gegebenen Bestand und einer gegebenen Qualität an Produktionsfaktoren
sind die Möglichkeiten zur Produktion begrenzt. Soll von einer Güterart (z. B.
Konsumgüter) mehr produziert werden, ist es erforderlich, dass auf die Produktion
anderer Güter (z. B. Produktionsgüter) verzichtet wird. Die Entscheidung darüber,
wie die knappen Rohstoffe eingesetzt werden sollen, ist vor allem eine politische
Angelegenheit.
Hemmnisse bei der Kapitalbildung
Voraussetzung jeglicher Kapitalbildung ist Verzicht auf gegenwärtigen Konsum
(Sparen), um in Zukunft mehr investieren zu können. In den Entwicklungsländern mit
relativ niedrigen Pro-Kopf-Einkommen tritt das Problem auf, dass die
volkswirtschaftliche Sparquote für wachstumswirksame Investitionen unzureichend
ist. Bei pessimistischer Beurteilung der Entwicklung in den armen Ländern spricht
man von einem „Teufelskreis-Theorem“.
Wie kann man diesem „Teufelskreis“ entkommen? Bringe dazu eigenen Gedanken.
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DER WIRTSCHAFTSKREISLAUF
Das wirtschaftliche Geschehen in einer Volkswirtschaft zeigt das Bild einer
verwirrenden Vielfalt. Zwischen den Wirtschaftssubjekten bestehen sehr
unterschiedliche Beziehungen. Unternehmen produzieren, investieren und
verkaufen, private Haushalte konsumieren und sparen, öffentliche Haushalte
erheben Steuern und decken den Kollektivbedarf, Preise steigen und fallen, es wird
importiert und exportiert.
Im Modell des Wirtschaftskreislaufs werden die vielen Vorgänge, die sich ständig im
Zusammenhang von Produktion und Konsumtion wiederholen, in vereinfachter Form
dargestellt.
•
•
Der Güterkreislauf zwischen Haushalten und Unternehmungen
Die privaten Haushalte stellen den Unternehmungen über die Faktormärkte die
Arbeitskraft, den Boden und das Kapital zur Verfügung. Die Unternehmen
kombinieren die produktiven Faktoren im Produktionsprozess und verkaufen die
erzeugten Güter an die Haushalte. Durch den Konsum in den Haushalten
beenden die hergestellten Güter ihren Kreislauf, und ein neuer Kreislauf schließt
sich durch das wiederholte Erbringen von Faktorleistungen an.
Der Geldkreislauf zwischen Haushalten und Unternehmungen
Die Haushalte erhalten für ihre Faktorleistungen von den Unternehmen als
Gegenleistung Einkommen. Es setzt sich in Hohe des Marktwertes aus Lohn,
Miete, Pacht, Zins und Gewinn zusammen. Diese Einkommen der Haushalte
(Faktoreinkommen) sin in gleicher Höhe für die Unternehmen Kosten
(Faktorkosten),
da
der
Unternehmer
die
Produktionsfaktoren
im
Produktionsprozess einsetzt und verbraucht. Die von den Unternehmen
hergestellten Güter werden über die Gütermärkte an die Haushalte verkauft.
Dadurch fließt das gesamte Einkommen der Haushalte an die Unternehmungen
zurück.
Der Geldkreislauf bewegt sich gegenüber dem Güterkreislauf gegenläufig und
umfasst die Einkommen und Konsumausgaben der Haushalte, die zu Erlösen der
Unternehmen werden.
Der Geld- und Güterkreislauf erschöpft sich allerdings nicht zwischen Haushalten
und Unternehmungen.
•
•
•
Kapitalsammelstellen: Die Haushalte sparen bei Banken und Versicherungen
(Kapitalsammelstellen), und die Unternehmungen erhalten von den
Kapitalsammelstellen die Kredite für Investitionen.
Investitionsgüter: Die Unternehmungen produzieren wie bereits gesehen für den
Konsum der Haushalte, aber auch Investitionsgüter für andere Unternehmungen.
Zahlungsstrom aus Exporten: Durch den Verkauf von Sachgütern und
Dienstleistungen an das Ausland erhalten die Exporteure Devisen, und damit
fließt ein Zahlungsstrom vom Sektor Ausland zum Sektor Unternehmungen. Bei
einem Exportüberschuss (positiver Außenbeitrag) vermindert sich der inländische
Güterstrom, und der Zahlungsstrom aus Exporten erhöht das Einkommen.
Diesem erhöhten Einkommen steht aber eine geringere inländische Gütermenge
gegenüber, sodass bei stabilen Preisen die Haushalte auf Konsum verzichten
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•
•
•
•
müssen (Zwangssparen). Die inländischen Haushalte leisten Konsumverzicht für
das Ausland.
Zahlungsstrom aus Importen: Die Unternehmungen bezahlen die importierten
Sachgüter und Dienstleistungen, und damit fließt ein Zahlungsstrom vom Sektor
Unternehmungen zum Sektor Ausland. Liegt ein Importüberschuss (negativer
Außenbeitrag) vor, so vermehrt sich der inländische Güterstrom, und der
Zahlungsstrom aus Einfuhren vermindert das inländische Einkommen. Den
Inländern steht eine größere gütermenge für den Konsum bereit, für die das
Ausland Konsumverzicht für das Inland geleistet hat.
Zahlungsstrom aus Übertragungen: Die Beziehungen der privaten und
öffentlichen Haushalte zum Ausland bestehen zum großen Teil aus
Geldübertragungen (Transferzahlungen), z. B. Überweisungen ausländischer
Gastarbeiter, Geschenke an Entwicklungsländer, Wiedergutmachungszahlungen.
Einnahmestrom des Staates:
o Haushalte zahlen an den Staat direkte Steuern, z. B. die IRE
(Einkommenssteuer), die Mehrwertsteuer, Grundsteuer; Arbeitnehmerbeiträge
zur Sozialversicherung.
o Unternehmungen zahlen an den Staat z. B. die IRES (Körperschaftssteuer),
Unternehmerbeiträge zur Sozialversicherung …
Ausgabestrom des Staates:
o Haushalte erhalten vom Staat Lohn und Gehalt (Faktoreinkommen),
Transferzahlungen z. B. Sozialrenten, Pensionen, Wohngeld, Kindergeld.
Transferzahlungen sind Einkommensübertragungen aus dem öffentlichen
Haushalt ohne direkte ökonomische Gegenleistung. Weiterhin erhalten
Haushalte öffentliche Investitionen wie z. B. Schulen, Straßen,
Krankenhäuser, Kasernen.
o Unternehmungen erhalten vom Staat Transferzahlungen in Form von
Subventionen, z. B. Steuerbegünstigungen, Unterstützungen, Prämien,
zinsgünstige Darlehen; weiterhin öffentliche Investitionen z. B. Straßen, Häfen,
…
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DAS BRUTTOINLANDSPRODUKT - BIP4
Das Bruttoinlandsprodukt, kurz BIP genannt, entspricht dem Wert aller Sachgüter
und Dienstleistungen, die in einem Jahr in einer Volkswirtschaft erzeugt werden.
Dazu gehören z. B. neben den Leistungen der Industrie und des Handels auch die
Leistungen des Arztes, des Steuerberaters, der Banken, der Lehrer … Je mehr
Sachgüter und Dienstleistungen für den Konsum bereitgestellt werden, desto besser
können die Bedürfnisse der Bevölkerung befriedigt werden. Das BIP kann also auch
Gradmesser der Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft und des Wohlstandes eines
Volkes sein.
Wie ermittelt man nun das BIP eines Landes? Das Beispiel des
Herstellungsprozesses von Korn zu Brot soll dafür eine Veranschaulichung bieten:
Normalerweise durchlaufen die meisten Güter in mehreren Betrieben komplizierte
Herstellungsprozesse, bis sie der Endabnehmer verwenden kann.
VORLEISTUNGEN
0 ec
WERTSCHÖPFUNG
2 ec
UMSATZ
2 ec
Lagerhaus
2 ec
1 ec
3 ec
Mühle
Bäckerei
Einzelhandel
SUMMEN
3 ec
7 ec
15 ec
27 ec
4 ec
8 ec
5 ec
20 ec
7 ec
15 ec
20 ec
47 ec
Landwirtschaft
In der Volkswirtschaft bezeichnen wir jeden einzelnen Teilabschnitt der
Güterproduktion als Produktionsstufe. In jeder Produktionsstufe wird den Gütern
durch den Einsatz der Produktionsfaktoren Arbeit, Boden, Kapital und Wissen ein
bestimmter Wert hinzugefügt. Diesen Wertzuwachs bezeichnen wir als
Wertschöpfung.
Die Vorleistungen sind Leistungen, die eine Produktionsstufe von der
vorhergehenden in Anspruch nimmt. Der Umsatz ist der Wert der von einem
Unternehmen in einem bestimmten Zeitraum abgesetzten Erzeugnisse. Die
Wertschöpfung ist die Differenz zwischen Umsatz und Vorleistungen.
Die Summe aller Wertschöpfungen (Güter und Dienstleistungen), die im Laufe eines
Jahres in einer Volkswirtschaft geschaffen werden, bezeichnen wir als
Bruttoinlandsprodukt (BIP). Vom BIP kann man die Leistungsfähigkeit einer
Volkswirtschaft ablesen.
4
Das Bruttoinlandsprodukt und das Bruttosozialprodukt sind zwei ähnliche, aber doch nicht gleiche
Begriffe. Das BIP (Bruttoinlandsprodukt) umfasst den Wert aller Güter, die in einem Jahr im Inland
hergestellt wurden, unabhängig davon, ob sie ein Inländer oder ein Ausländer hergestellt hat. Das
BSP (Bruttosozialprodukt) umfasst den Wert aller Güter, die italienische Staatsbürger hergestellt
haben, unabhängig ob im Inland oder im Ausland.
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Das BIP eines Jahres berechnet man wie folgt:
Gesamtumsatz
- Vorleistungen
---------------------------------------------------------
Bruttoinlandsprodukt
Das BIP als Wohlstandsindikator
Kann das BIP auch etwas über den Wohlstand in einem Lande aussagen?
Grundsätzlich ja. In einem Land mit hohem BIP hat man normalerweise einen
höheren Lebensstandard als in einem mit niedrigem BIP, zumal die Produktion höher
ist und die Bevölkerung also höhere materielle Ansprüche stellen kann. Doch muss
auch klar sein, dass das BIP ein nur unvollständiger Indikator des Wohlstandes ist:
• Er sagt wenig aus, wie die Güter und das Einkommen verteilt sind.
• Wohlstandsverluste wie Lärm, Umweltverschmutzung, Verkehrsunfälle u. a.
werden nicht erfasst
• Die Arbeitsbelastung bzw. die Freizeit werden nicht erfasst
• Die Schattenwirtschaft wird nicht erfasst
• Die eigene Erzeugung in den Unternehmen, z. B. wenn im Betrieb einige kleinere
Werkzeuge für den Eigengebrauch selbst hergestellt werden, wird nicht erfasst.
• Die selbst ausgeführten Leistungen im privaten Haushalt, z. B. die Arbeit der
Hausfrauen, wird nicht erfasst.
• Die Dienstleistungen des Staates können auch kaum erfasst werden: Bildung,
Gesundheitswesen, Polizei, Verteidigung …
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Wertschöpfung und Bruttoinlandsprodukt
Die Wertschöpfung ist der Wertzuwachs, den ein Unternehmen innerhalb eines
Jahres erwirtschaftet.
Das Zustandekommen des Wertzuwachses (Wertschöpfung) kann aufgrund eines
Beispiels leicht veranschaulicht werden.
Beispiel: Ein Landwirt verkauft das geerntete Getreide für 10.000,00 Euro an eine
Getreidemühle, wo es zu Mehl gemahlen und an eine Brotfabrik für 12.000,00 Euro
verkauft wird. Die Brotfabrik erzielt aus dem Brotumsatz einen Verkaufserlös von
15.000,00 Euro. Es wird unterstellt, dass der Landwirt keine Vorleistungen bezieht.
Wie vollzieht sich die Wertschöpfung vom Landwirt zur Brotfabrik?
Die
Summe
aller
Wertschöpfungen
ergibt
das
gesamtwirtschaftliche
Produktionskonto. Bei der Ermittlung dieser gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung
dürfen die Vorleistungen nicht mitgezählt werden, um Doppelzählungen zu
vermeiden.
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Produktionswert – Vorleistungen = Wertschöpfung eines Unternehmens
Summe aller Wertschöpfungen = Bruttoinlandsprodukt
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DER MARKT UND DIE PREISBILDUNG AUF DEM MARKT
Der Markt ist der Treffpunkt von Angebot und Nachfrage. Darunter soll man sich
nicht einen bestimmten Ort vorstellen, sondern jegliche Möglichkeit bei der Angebot
und Nachfrage aufeinander treffen können. Dies kann natürlich auf einem Marktplatz
sein, doch auch in einem Versteigerungsraum, am Telefon oder in einem Büro.
Am Markt findet der Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage statt. Dies
geschieht durch den Preis und hängt von Angebot und Nachfrage ab.
Bekanntlich haben auf dem Markt Anbieter und Nachfrager entgegen gesetzte
Interessen:
• Die Anbieter wollen ihre Waren verkaufen und dabei streben sie nach einem
möglichst hohen Gewinn (Gewinnmaximierung). Entscheidender Faktor des
Angebotes ist die Gewinnerwartung.
•
Die Nachfrager wollen Waren einkaufen und mit dem vorhandenen Geld so viel
Nutzen realisieren wie möglich (Nutzenmaximierungsprinzip). Entscheidende
Faktoren der Nachfrage sind:
o
Der Preis des nachgefragten Gutes
o
Die Preise anderer Güter
o
Die Konsumsumme, die zur Verfügung steht
o
Die Bedarfsstruktur
o
Die Erwartungen über die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung.
Der Interessenausgleich erfolgt über den Preis, der sich auf dem Markt durch
Angebot und Nachfrage bildet. Der Preis stimmt Angebot und Nachfrage aufeinander
ab und ergibt sich als Kompromiss aus den Preisvorstellungen der Anbieter und
Nachfrager. Der Preis ist also die ausgemachte Gegenleistung für den Ankauf von
Gütereinheiten und wird in Geldeinheiten ausgedrückt. Der Preis, bei dem Angebot
und Nachfrage gleich groß sind, heißt Gleichgewichtspreis.
z. B. In einer kleinen Stadt, wird Brot zu folgenden Preisen angeboten und
nachgefragt. Die Mengen verändern sich dementsprechend.
Preis für 1 kg Brot in EUR Angebotsmenge Brot in kg
8,00
6,00
4,00
3,00
2,00
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5000
4000
3000
2000
1000
Nachfragemenge Brot in
kg
1000
2000
3000
4000
5000
19
Graphik:
Quellen:
•
Astat Presse Info 39/2009
•
Brugger H. u.a., Wirtschafts- und Gemeinschaftskunde Band 1, Athesia, Bozen
•
Scholz H.G. u.a., Volkswirtschaftslehre, Bildungsverlag 1, Troisdorf
•
Seidel H. / Temmen R., Einführung in die Volkswirtschaftslehre, Bildungsverlag 1, Troisdorf
•
WIFO - Wirtschaftsforschungsinstitut der Handelskammer Bozen
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