VOLKSWIRTSCHAFT für die 1. Klasse SoGym DIE BEDÜRFNISSE Jeder Mensch hat Bedürfnisse, die er durch Güter befriedigen muss, um seine Existenz zu sichern. Er muss sich ernähren, kleiden und eine Wohnung beschaffen (Existenzbedürfnisse). Außerdem hat er zahlreiche Wünsche, z. B. zu lesen, zu reisen, sich zu unterhalten usw., deren Erfüllung dazu beiträgt, sein Leben angenehmer zu gestalten (Kultur- und Luxusbedürfnisse). Die Grenzen zwischen den Bedürfnisarten sind fließend. Kulturtechniken wie Lesen, Rechnen und Schreiben zählen in den hoch industrialisierten Ländern zu den Existenzbedürfnissen, in stark unterentwickelten Ländern dagegen zu den Kultur- oder Luxusbedürfnissen. Gleiches gilt für fließendes Wasser in den Wohnungen. Als Bedürfnisse werden alle körperlichen und geistigen Mangelgefühle des Menschen bezeichnet, die danach drängen, durch Güter befriedigt zu werden. Bedürfnisse sind der Beweggrund wirtschaftlichen Handelns. Sie können durch äußere Einflüsse wie z. B. Technik, Mode und Werbung erzeugt und verändert werden. Doch nicht alle Bedürfnisse können durch Produktion von Gütern (Sachgüter und Dienstleistungen) befriedigt werden, wie z. B. das Bedürfnis mit anderen zu reden, die Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit, das Streben nach Wertschätzung und Selbstverwirklichung. Diese Bedürfnisse bleiben daher bei einer ökonomischen Betrachtung außer Acht. Die Bedürfnisse können eingeteilt werden: nach der Dringlichkeit der Bedürfnisbefriedigung Existenzbedürfnisse Wahlbedürfnisse nach der Art der Bedürfnisbefriedigung Individualbedürfnisse Kollektivbedürfnisse pd 2012 1 DIE GÜTER Den unbegrenzten Bedürfnissen der Menschen steht eine beschränkte Anzahl von Mitteln zur Bedürfnisbefriedigung zur Verfügung. Die Mittel zur Bedürfnisbefriedigung werden als Güter (Sachgüter und Dienstleistungen) bezeichnet. Der Teil der Bedürfnisse, der durch Güter gedeckt werden kann, nennt man Bedarf. Der Bedarf wird gedeckt, indem bestimmte Güter am Markt gekauft werden. Art und Umfang der Nachfrage eines Haushalts hängen vor allem ab von • den Güterpreisen • der Konsumsumme • der Bedarfsstruktur • den wirtschaftlichen Erwartungen Nach der Verfügbarkeit der Güter unterscheidet man: • Wirtschaftliche Güter (knappe Güter) sie sind im Verhältnis zu den Bedürfnissen knapp und also sind sie Gegenstand des „Wirtschaftens“. • Freie Güter sie sind im Verhältnis zu den Bedürfnissen nicht knapp und daher nicht Gegenstand des „Wirtschaftens“. Nach der stofflichen Eigenart unterscheidet man: • Sachgüter (materielle Güter) • Immaterielle Güter (Dienstleistungen der Ärzte, Post, Bahn, Kreditinstitute, Versicherungen; Patentrechte, Urheberrechte, Marken) Nach dem Verwendungszweck unterscheidet man: • Investitionsgüter (Produktionsgüter): Sie dienen der Produktion von Konsumgütern oder der Produktion von anderen Investitionsgütern und also nur mittelbar der Bedürfnisbefriedigung • Konsumgüter: Sie dienen unmittelbar der Bedürfnisbefriedigung Güter werden auch nach ihrer Nutzungsdauer eingeteilt in: • Gebrauchsgüter (dauerhafte Güter). Diese Güter können über einen längeren Zeitraum eingesetzt werden. • Verbrauchsgüter (kurzlebige Güter). Diese Güter gehen bei der Verwendung unter oder sie werden verwandelt. pd 2012 2 DIE NOTWENDIGKEIT DES WIRTSCHAFTENS Gütermenge Bedürfnisse Wenn alle Güter zur Befriedigung der Bedürfnisse im Überfluss vorhanden wären, gäbe es keine wirtschaftlichen Probleme und wir bräuchten weder Geld noch Preise. Die meisten Güter sind jedoch im Verhältnis zu den Bedürfnissen knapp. Deshalb müssen sie bewirtschaftet werden, um das Spannungsverhältnis zwischen der Fülle von Bedürfnissen und der Knappheit der vorhandenen Güter so weit wie möglich zu verringern (Allokationsproblem). Preisbildung durch Angebot und Nachfrage Produktionserhöhung Gütermenge Bedürfnisse Bedarf Ausgleich durch das Wirtschaften Die Lösung des Allokationsproblems kann durch das Zusammenspiel von 2 Tätigkeiten geschehen: 1. die Preisbildung 2. die Erhöhung der Produktion 1. Dieses Allokationsproblem wird dadurch gelöst, dass die Anbieter ihre Waren gegen Geld und die Nachfrager ihr Geld gegen Waren tauschen. Dadurch entstehen auf den Märkten Preise, die Angebot und Nachfrage zum Ausgleich bringen. Je höher der Preis eines Gutes ist, desto weniger wird nachgefragt und pd 2012 3 desto mehr wird angeboten. Umgekehrt gilt, je niedriger der Preis eines Gutes ist, desto mehr wird nachgefragt und desto weniger wird angeboten. 2. Durch Forschung und Einsatz von Maschinen versucht man mit gleichem Aufwand immer höhere Produktionen zu erzielen. Dazu dient auch die Wiederverwertung der Rohstoffe, die ja bekanntlich begrenzt sind. pd 2012 4 DIE WIRTSCHAFTSSUBJEKTE Wirtschaftssubjekte sind selbstständige Entscheidungseinheiten, die Wirtschaftspläne aufstellen und verwirklichen. Ein Wirtschaftsplan enthält die wirtschaftlichen Entscheidungen eines Wirtschaftssubjektes für eine zukünftige Periode. Wir können wir 4 Wirtschaftssubjekte unterscheiden: 1. private Haushalte (Verbraucher) 2. Unternehmungen (Produzenten) 3. der Staat 4. das Ausland 1. Private Haushalte Die privaten Haushalte sind Verbrauchseinheiten, die eine optimale Versorgung mit Gütern anstreben (Nutzenmaximierung). Zu ihnen zählen Einzelpersonen, Familien und alle Organisationen ohne Erwerbscharakter wie Vereine, Kirchen, Gewerkschaften, politische Parteien usw. Zu den Funktionen eines Haushaltes zählt, Einkommen zu erzielen und es zu verwenden. Ein privater Haushalt kann sein Einkommen für den Kauf von Gütern ausgeben (Konsum) oder auf Konsum verzichten (Sparen). Dieser Konsumverzicht führt gleichzeitig zur Vermögensbildung. 2. Unternehmungen Unternehmungen sind Produktionseinheiten. Produktion im ökonomischen Sinne bedeutet die Bereitstellung von Gütern. Sie handeln in den meisten Fällen nach dem Prinzip der Gewinnmaximierung. Eine Ausnahme bilden dabei die öffentlichen Unternehmen, deren Ziel nicht die Gewinnmaximierung sondern die Bedarfsdeckung der Allgemeinheit ist. Sie bieten daher ihre Dienste, indem sie nur einen so genannten „angemessenen Preis“ verlangen oder überhaupt nur auf die eigene Kostendeckung abzielen. 3. Der Staat (und weitere öffentliche Haushalte) Zu den öffentlichen Haushalten zählen die Gebietskörperschaften (Gemeinde, Provinz, Region) und andere öffentliche Körperschaften wie z. B. INPS, INAIL und die Banca d’Italia1. Sie übernehmen folgende Aufgaben: • Sie produzieren Dienstleistungen, die sie ihren Bürgern zum Teil kostenlos zur Verfügung stellen. Die sind z. B. die Dienste der öffentlichen Verwaltung, der Rechtspflege, des Schulwesens, der Polizei usw. • Sie leisten Zahlungen an private Haushalte (z. B. Renten, Kindergeld, Studienstipendien) und an Unternehmungen (Subventionen). Diese Gelder werden ohne ökonomische Gegenleistung übertragen (transferiert) und werden als Transferzahlungen bezeichnet. Zur Finanzierung dieser ökonomischen Aufgaben erheben die öffentlichen Haushalte Steuern, Gebühren und Beiträge oder sie nehmen Kredite auf. Dabei ist zu 1 Istituto nazionale per la previdenza sociale (NISF – Nationalinstitut für die soziale Fürsorge); Istituto nazionale per l’assicurazione contro gli infortuni sul lavoro e le malattie professionali; die Banca d’Italia ist die italienische Zentralbank. pd 2012 5 bemerken, dass der Staat Italien für etwa 1.9002 Milliarden Euro verschuldet ist. Das ist in etwa 120% des italienischen Bruttoinlandsproduktes.3 4. Das Ausland Durch den Verkauf von Sachgütern und Dienstleistungen an das Ausland erhalten die Exporteure Devisen und damit fließt ein Zahlungsstrom vom Sektor Ausland zum Sektor Unternehmungen. Durch den Ankauf von Sachgütern und Dienstleistungen aus dem Ausland bezahlen die Unternehmungen die Importware und damit fließt ein Zahlungsstrom vom Sektor Unternehmungen zum Sektor Ausland. DIE ENTSCHEIDUNGSINHALTE Die wirtschaftliche Tätigkeit baut im Grunde nur auf zwei Handlungen auf: das Produzieren und das Konsumieren • • • • Produzieren im wirtschaftlichen Sinn heißt Güter (Sachgüter und Dienstleistungen) für den Markt zu beschaffen, herzustellen und bereitzustellen. Unter Konsumieren im wirtschaftlichen Sinn versteht man die Verwendung von Gütern durch den Endverbraucher. Dabei muss man unterscheiden, ob es sich um ein Verbrauchs- oder Gebrauchsgut handelt. Doch werden nicht alle produzierten Güter von den privaten Haushalten konsumiert. Darum müssen wir zwei weitere Begriffe einführen: das Sparen und das Investieren. Sparen bedeutet Konsumaufschub in der Gegenwart, um den zukünftigen Konsum erhöhen zu können. Investieren bedeutet, dass Güter nicht dem privaten Konsum zugeführt werden, sondern dass sie für den Produktionsprozess eingesetzt werden. Dabei unterscheidet man Ersatzinvestitionen (alte Produktionsgüter werden mit neuen ersetzt) und Erweiterungsinvestitionen (neue Produktionsgüter werden dazugekauft, um das Produktionspotenzial des Unternehmens zu erhöhen). DAS ÖKONOMISCHE PRINZIP Wirtschaftliche Entscheidungen müssen planvoll und vernünftig (rational) getroffen werden, wenn ein angestrebter Erfolg erreicht werden soll. Als Maßstäbe für den Erfolg wirtschaftlichen Handelns dienen Kennzahlen, die eine Aussage erlauben, inwieweit die gesetzten Ziele erreicht wurden. Als Grundprinzip rationalen Handelns gilt das ökonomische Prinzip (Rationalprinzip, Prinzip der Wirtschaftlichkeit). Es beschreibt die Möglichkeiten, die begrenzten Mittel 2 in den letzten Jahren ist die Staatsverschuldung in Italien ständig stark angestiegen; die 1.900 Mrd. Euro beziehen sich auf den Stand August 2011 3 Das BIP ist der Wert aller Sachgüter und Dienstleistungen, die in einem Jahr in einer Volkswirtschaft erzeugt werden. Er unterscheidet sich vom Bruttosozialprodukt / BSP dadurch, dass sich das BIP auf die Produktion im Staatsgebiet bezieht, während sich das BSP auf die Produktion der Staatsbürger bezieht. pd 2012 6 den gesetzten Zwecken zuzuordnen. Dabei können zwei Prinzipien unterschieden werden: das Maximalprinzip und das Minimalprinzip. Das Maximalprinzip: Mit gegebenen Mitteln ist ein höchstmöglicher Erfolg (Nutzen, Leistung) zu erzielen. Das Minimalprinzip: Ein bestimmter Erfolg ist mit dem geringstmöglichen Mitteleinsatz zu erzielen. Das ökonomische Prinzip entspricht der menschlichen Vernunft und gilt als Leitmaxime wirtschaftlichen Handelns. Die rationale Zuordnung der Mittel zur bestmöglichen Erreichung eines bestimmten Zweckes kommt z. B. im Streben nach Nutzenmaximierung der Haushalte und im Streben nach Gewinnmaximierung der Unternehmen zum Ausdruck. Aber Achtung!! Nutzenmaximierung und Gewinnmaximierung stehen im Gegensatz. Darum verfolgen Haushalte (Nachfrage) und Unternehmen (Angebot) auf dem Markt auch entgegengesetzte Ziele. DIE PRODUKTIONSFAKTOREN Um Güter herstellen zu können, müssen vorher Güter (Produktionsfaktoren) eingesetzt werden, die im Produktionsprozess zusammenwirken. Den Prozess der Umwandlung von Produktionsfaktoren in Güter nennt man Produktion. Die in der Produktion benötigten Menschen und Güter bezeichnet man als die Produktionsfaktoren (Inputfaktoren): • Arbeit • Boden • Kapital • Humankapital Grafik zur volkswirtschaftlichen Güterproduktion pd 2012 7 Arbeit ist jede Art von körperlicher und geistiger Tätigkeit des Menschen, um Einkommen für die Bedarfsdeckung zu erzielen. Sie kann geistig oder körperlich sein. Für die Wirtschaft des Landes ist es von besonderer Bedeutung, wie groß der Anteil der arbeitenden Bevölkerung (zwischen dem 15. Und dem 65. Lebensjahr) an der Gesamtbevölkerung ist, hängt doch hiervon die Versorgung der nicht im Produktionsprozess stehenden Bevölkerung ab. pd 2012 8 Boden ist ein umfassender Oberbegriff für alle von der Natur kostenlos zur Verfügung gestellten natürlichen Ressourcen. Zum Boden zählt: • Die Erdoberfläche • Die Erdkruste • Die Wasserkräfte, die Sonnenenergie, das Klima u. a. Der Boden wird im Produktionsprozess in verschiedener Weise genutzt, um Güter für die Bedarfsdeckung bereitzustellen. Anbauboden Land- und Forstwirtschaft: z. B. Getreide-, Gemüseund Obstanbau, Baumwolle Abbauboden Bergbau: z. B. Kohle, Eisenerze, Erdöl, Kupfer Qualitative Verbesserung durch Brachliegen und Düngung möglich Absolut knapp: • Nicht reproduzierbar • Begrenzte Vorräte an Bodenschätzen Standortboden Standortwahl der Unternehmen: • Nähe von Rohstoffen • Qualifizierte Arbeitskräfte • Nähe von Absatzgebieten • Verkehrsgünstige Lage Mit Kapital bezeichnet man in der Volkswirtschaftslehre alle von Menschen geschaffenen Hilfsmittel, die zur Güterproduktion verwendet werden. Im Gegensatz pd 2012 9 zu Arbeit und Boden ist Kapital ein abgeleiteter Produktionsfaktor. Dabei unterscheidet man • Realkapital (produzierte Produktionsmittel – Sachgüter) und • Geldkapital (finanzielle Mittel zur Beschaffung von Realkapital) In den letzten Jahrzehnten hat das Humankapital an Wichtigkeit gewonnen und ist heutzutage von zentraler Bedeutung im globalen Wettbewerb. Als Humankapital bezeichnet man in der Wirtschaftswissenschaft die Leistungsfähigkeit der Menschen an der Arbeit. Dies hängt vor allem von der Bildung/Qualifizierung ab, doch auch von Faktoren wie Motivation, Leistungsbereitschaft, Erfahrung und Innovationsfähigkeit. Wissen, das in technologischen Fortschritt umgesetzt wird, führt zur Entwicklung von neuen Produkten, Verfahren, Organisationsformen und Strategien, die für die Unternehmen überlebenswichtig sind. Damit ein Staat wirtschaftlich führend bleiben kann, muss ständige Innovation betrieben werden. Fehlt die Innovation, so fällt auch die Wirtschaft entsprechend zurück. In der Wirtschaftswissenschaft geht man davon aus, dass die einzige langfristig relevante Einflussgröße auf das Wachstum einer Volkswirtschaft der technische Fortschritt sei. Dieser wiederum drückt sich aus in einer höheren Arbeitsproduktivität, welche vor allem durch eine bessere Bildung erreicht werden kann, aus. Darum ist eine gut ausgebildete Bevölkerung die beste Garantie für den Wohlstand in der Zukunft. Bereits Adam Smith stellte einen direkten Zusammenhang zwischen der Ausbildung und der Leistungsfähigkeit von Arbeitskräften her: “Education helped to increase the productive capacity of workers in the same way as the purchase of new machinery or other forms of physical capital increased the productive capacity of a factory or other enterprise.“ PRODUKTIONSMÖGLICHKEITEN DURCH KAPITALBILDUNG Die Kapitalbildung lässt sich vereinfacht am Beispiel der Robinson-Crusoe-Wirtschaft darstellen, in der es kein Geld und keine moderne Technik gab: Robinson, der durch ein Schiffsunglück auf eine unbewohnte Insel verschlagen wurde, musst sein Leben aus eigener Kraft bewältigen: • Er fing Fische zunächst mi der bloßen Hand, was sehr mühsam und wenig ergiebig war (Kombination von Arbeit und Boden). • Zur Vereinfachung seiner Arbeit entschloss er sich, ein Netz für den Fischfang herzustellen, um sein primitives Leben zu verbessern (Werkzeug als Produktionsmittel). • In der Zeit, in der er das Netz flocht, konnte er keine Fische fangen und musste von seinen kärglichen Vorräten leben. Er musste auf Konsum verzichten (Sparen). • Mithilfe des Netzes konnte Robinson leichter und mehr Fische fangen als vorher. Der Produktionsumweg über Kapital hatte sich gelohnt (Bildung von Realkapital = Investieren). Das besondere Merkmal des Produktionsfaktors Kapital ist der Produktionsumweg. Er wird dadurch notwendig, dass man zunächst Produktionsgüter herstellen muss, um in der Zukunft durch den Einsatz dieser produzierten Produktionsmittel mehr Konsumgüter produzieren zu können. pd 2012 10 Jeder Unternehmer hat zu entscheiden, in welchem Umfange es zweckmäßig ist, Sachkapital (produzierte Produktionsmittel), z. B. Roboter, Computer, Werkzeuge in der Unternehmung einzusetzen. Zur Herstellung von Produktionsmittel müssen zwei Bedingungen erfüllt sein: • Konsumverzicht (Sparen) • Produktive Anlage des Gesparten (Investieren). Investieren bedeutet, Geldkapital in Sachkapital umzuwandeln, Unternehmen mit produktiven Anlagen zur Erhaltung (Ersatzinvestitionen) und zur Erweiterung (Erweiterungsinvestitionen) ihrer Leistungsfähigkeit auszustatten. Mehr Investitionen beeinflussen längerfristig die zukünftigen Produktionsmöglichkeiten der Unternehmen. Gesamtwirtschaftliche Produktionsmöglichkeiten Bei einem gegebenen Bestand und einer gegebenen Qualität an Produktionsfaktoren sind die Möglichkeiten zur Produktion begrenzt. Soll von einer Güterart (z. B. Konsumgüter) mehr produziert werden, ist es erforderlich, dass auf die Produktion anderer Güter (z. B. Produktionsgüter) verzichtet wird. Die Entscheidung darüber, wie die knappen Rohstoffe eingesetzt werden sollen, ist vor allem eine politische Angelegenheit. Hemmnisse bei der Kapitalbildung Voraussetzung jeglicher Kapitalbildung ist Verzicht auf gegenwärtigen Konsum (Sparen), um in Zukunft mehr investieren zu können. In den Entwicklungsländern mit relativ niedrigen Pro-Kopf-Einkommen tritt das Problem auf, dass die volkswirtschaftliche Sparquote für wachstumswirksame Investitionen unzureichend ist. Bei pessimistischer Beurteilung der Entwicklung in den armen Ländern spricht man von einem „Teufelskreis-Theorem“. Wie kann man diesem „Teufelskreis“ entkommen? Bringe dazu eigenen Gedanken. pd 2012 11 pd 2012 12 DER WIRTSCHAFTSKREISLAUF Das wirtschaftliche Geschehen in einer Volkswirtschaft zeigt das Bild einer verwirrenden Vielfalt. Zwischen den Wirtschaftssubjekten bestehen sehr unterschiedliche Beziehungen. Unternehmen produzieren, investieren und verkaufen, private Haushalte konsumieren und sparen, öffentliche Haushalte erheben Steuern und decken den Kollektivbedarf, Preise steigen und fallen, es wird importiert und exportiert. Im Modell des Wirtschaftskreislaufs werden die vielen Vorgänge, die sich ständig im Zusammenhang von Produktion und Konsumtion wiederholen, in vereinfachter Form dargestellt. • • Der Güterkreislauf zwischen Haushalten und Unternehmungen Die privaten Haushalte stellen den Unternehmungen über die Faktormärkte die Arbeitskraft, den Boden und das Kapital zur Verfügung. Die Unternehmen kombinieren die produktiven Faktoren im Produktionsprozess und verkaufen die erzeugten Güter an die Haushalte. Durch den Konsum in den Haushalten beenden die hergestellten Güter ihren Kreislauf, und ein neuer Kreislauf schließt sich durch das wiederholte Erbringen von Faktorleistungen an. Der Geldkreislauf zwischen Haushalten und Unternehmungen Die Haushalte erhalten für ihre Faktorleistungen von den Unternehmen als Gegenleistung Einkommen. Es setzt sich in Hohe des Marktwertes aus Lohn, Miete, Pacht, Zins und Gewinn zusammen. Diese Einkommen der Haushalte (Faktoreinkommen) sin in gleicher Höhe für die Unternehmen Kosten (Faktorkosten), da der Unternehmer die Produktionsfaktoren im Produktionsprozess einsetzt und verbraucht. Die von den Unternehmen hergestellten Güter werden über die Gütermärkte an die Haushalte verkauft. Dadurch fließt das gesamte Einkommen der Haushalte an die Unternehmungen zurück. Der Geldkreislauf bewegt sich gegenüber dem Güterkreislauf gegenläufig und umfasst die Einkommen und Konsumausgaben der Haushalte, die zu Erlösen der Unternehmen werden. Der Geld- und Güterkreislauf erschöpft sich allerdings nicht zwischen Haushalten und Unternehmungen. • • • Kapitalsammelstellen: Die Haushalte sparen bei Banken und Versicherungen (Kapitalsammelstellen), und die Unternehmungen erhalten von den Kapitalsammelstellen die Kredite für Investitionen. Investitionsgüter: Die Unternehmungen produzieren wie bereits gesehen für den Konsum der Haushalte, aber auch Investitionsgüter für andere Unternehmungen. Zahlungsstrom aus Exporten: Durch den Verkauf von Sachgütern und Dienstleistungen an das Ausland erhalten die Exporteure Devisen, und damit fließt ein Zahlungsstrom vom Sektor Ausland zum Sektor Unternehmungen. Bei einem Exportüberschuss (positiver Außenbeitrag) vermindert sich der inländische Güterstrom, und der Zahlungsstrom aus Exporten erhöht das Einkommen. Diesem erhöhten Einkommen steht aber eine geringere inländische Gütermenge gegenüber, sodass bei stabilen Preisen die Haushalte auf Konsum verzichten pd 2012 13 • • • • müssen (Zwangssparen). Die inländischen Haushalte leisten Konsumverzicht für das Ausland. Zahlungsstrom aus Importen: Die Unternehmungen bezahlen die importierten Sachgüter und Dienstleistungen, und damit fließt ein Zahlungsstrom vom Sektor Unternehmungen zum Sektor Ausland. Liegt ein Importüberschuss (negativer Außenbeitrag) vor, so vermehrt sich der inländische Güterstrom, und der Zahlungsstrom aus Einfuhren vermindert das inländische Einkommen. Den Inländern steht eine größere gütermenge für den Konsum bereit, für die das Ausland Konsumverzicht für das Inland geleistet hat. Zahlungsstrom aus Übertragungen: Die Beziehungen der privaten und öffentlichen Haushalte zum Ausland bestehen zum großen Teil aus Geldübertragungen (Transferzahlungen), z. B. Überweisungen ausländischer Gastarbeiter, Geschenke an Entwicklungsländer, Wiedergutmachungszahlungen. Einnahmestrom des Staates: o Haushalte zahlen an den Staat direkte Steuern, z. B. die IRE (Einkommenssteuer), die Mehrwertsteuer, Grundsteuer; Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung. o Unternehmungen zahlen an den Staat z. B. die IRES (Körperschaftssteuer), Unternehmerbeiträge zur Sozialversicherung … Ausgabestrom des Staates: o Haushalte erhalten vom Staat Lohn und Gehalt (Faktoreinkommen), Transferzahlungen z. B. Sozialrenten, Pensionen, Wohngeld, Kindergeld. Transferzahlungen sind Einkommensübertragungen aus dem öffentlichen Haushalt ohne direkte ökonomische Gegenleistung. Weiterhin erhalten Haushalte öffentliche Investitionen wie z. B. Schulen, Straßen, Krankenhäuser, Kasernen. o Unternehmungen erhalten vom Staat Transferzahlungen in Form von Subventionen, z. B. Steuerbegünstigungen, Unterstützungen, Prämien, zinsgünstige Darlehen; weiterhin öffentliche Investitionen z. B. Straßen, Häfen, … pd 2012 14 DAS BRUTTOINLANDSPRODUKT - BIP4 Das Bruttoinlandsprodukt, kurz BIP genannt, entspricht dem Wert aller Sachgüter und Dienstleistungen, die in einem Jahr in einer Volkswirtschaft erzeugt werden. Dazu gehören z. B. neben den Leistungen der Industrie und des Handels auch die Leistungen des Arztes, des Steuerberaters, der Banken, der Lehrer … Je mehr Sachgüter und Dienstleistungen für den Konsum bereitgestellt werden, desto besser können die Bedürfnisse der Bevölkerung befriedigt werden. Das BIP kann also auch Gradmesser der Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft und des Wohlstandes eines Volkes sein. Wie ermittelt man nun das BIP eines Landes? Das Beispiel des Herstellungsprozesses von Korn zu Brot soll dafür eine Veranschaulichung bieten: Normalerweise durchlaufen die meisten Güter in mehreren Betrieben komplizierte Herstellungsprozesse, bis sie der Endabnehmer verwenden kann. VORLEISTUNGEN 0 ec WERTSCHÖPFUNG 2 ec UMSATZ 2 ec Lagerhaus 2 ec 1 ec 3 ec Mühle Bäckerei Einzelhandel SUMMEN 3 ec 7 ec 15 ec 27 ec 4 ec 8 ec 5 ec 20 ec 7 ec 15 ec 20 ec 47 ec Landwirtschaft In der Volkswirtschaft bezeichnen wir jeden einzelnen Teilabschnitt der Güterproduktion als Produktionsstufe. In jeder Produktionsstufe wird den Gütern durch den Einsatz der Produktionsfaktoren Arbeit, Boden, Kapital und Wissen ein bestimmter Wert hinzugefügt. Diesen Wertzuwachs bezeichnen wir als Wertschöpfung. Die Vorleistungen sind Leistungen, die eine Produktionsstufe von der vorhergehenden in Anspruch nimmt. Der Umsatz ist der Wert der von einem Unternehmen in einem bestimmten Zeitraum abgesetzten Erzeugnisse. Die Wertschöpfung ist die Differenz zwischen Umsatz und Vorleistungen. Die Summe aller Wertschöpfungen (Güter und Dienstleistungen), die im Laufe eines Jahres in einer Volkswirtschaft geschaffen werden, bezeichnen wir als Bruttoinlandsprodukt (BIP). Vom BIP kann man die Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft ablesen. 4 Das Bruttoinlandsprodukt und das Bruttosozialprodukt sind zwei ähnliche, aber doch nicht gleiche Begriffe. Das BIP (Bruttoinlandsprodukt) umfasst den Wert aller Güter, die in einem Jahr im Inland hergestellt wurden, unabhängig davon, ob sie ein Inländer oder ein Ausländer hergestellt hat. Das BSP (Bruttosozialprodukt) umfasst den Wert aller Güter, die italienische Staatsbürger hergestellt haben, unabhängig ob im Inland oder im Ausland. pd 2012 15 Das BIP eines Jahres berechnet man wie folgt: Gesamtumsatz - Vorleistungen --------------------------------------------------------- Bruttoinlandsprodukt Das BIP als Wohlstandsindikator Kann das BIP auch etwas über den Wohlstand in einem Lande aussagen? Grundsätzlich ja. In einem Land mit hohem BIP hat man normalerweise einen höheren Lebensstandard als in einem mit niedrigem BIP, zumal die Produktion höher ist und die Bevölkerung also höhere materielle Ansprüche stellen kann. Doch muss auch klar sein, dass das BIP ein nur unvollständiger Indikator des Wohlstandes ist: • Er sagt wenig aus, wie die Güter und das Einkommen verteilt sind. • Wohlstandsverluste wie Lärm, Umweltverschmutzung, Verkehrsunfälle u. a. werden nicht erfasst • Die Arbeitsbelastung bzw. die Freizeit werden nicht erfasst • Die Schattenwirtschaft wird nicht erfasst • Die eigene Erzeugung in den Unternehmen, z. B. wenn im Betrieb einige kleinere Werkzeuge für den Eigengebrauch selbst hergestellt werden, wird nicht erfasst. • Die selbst ausgeführten Leistungen im privaten Haushalt, z. B. die Arbeit der Hausfrauen, wird nicht erfasst. • Die Dienstleistungen des Staates können auch kaum erfasst werden: Bildung, Gesundheitswesen, Polizei, Verteidigung … pd 2012 16 Wertschöpfung und Bruttoinlandsprodukt Die Wertschöpfung ist der Wertzuwachs, den ein Unternehmen innerhalb eines Jahres erwirtschaftet. Das Zustandekommen des Wertzuwachses (Wertschöpfung) kann aufgrund eines Beispiels leicht veranschaulicht werden. Beispiel: Ein Landwirt verkauft das geerntete Getreide für 10.000,00 Euro an eine Getreidemühle, wo es zu Mehl gemahlen und an eine Brotfabrik für 12.000,00 Euro verkauft wird. Die Brotfabrik erzielt aus dem Brotumsatz einen Verkaufserlös von 15.000,00 Euro. Es wird unterstellt, dass der Landwirt keine Vorleistungen bezieht. Wie vollzieht sich die Wertschöpfung vom Landwirt zur Brotfabrik? Die Summe aller Wertschöpfungen ergibt das gesamtwirtschaftliche Produktionskonto. Bei der Ermittlung dieser gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung dürfen die Vorleistungen nicht mitgezählt werden, um Doppelzählungen zu vermeiden. pd 2012 17 Produktionswert – Vorleistungen = Wertschöpfung eines Unternehmens Summe aller Wertschöpfungen = Bruttoinlandsprodukt pd 2012 18 DER MARKT UND DIE PREISBILDUNG AUF DEM MARKT Der Markt ist der Treffpunkt von Angebot und Nachfrage. Darunter soll man sich nicht einen bestimmten Ort vorstellen, sondern jegliche Möglichkeit bei der Angebot und Nachfrage aufeinander treffen können. Dies kann natürlich auf einem Marktplatz sein, doch auch in einem Versteigerungsraum, am Telefon oder in einem Büro. Am Markt findet der Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage statt. Dies geschieht durch den Preis und hängt von Angebot und Nachfrage ab. Bekanntlich haben auf dem Markt Anbieter und Nachfrager entgegen gesetzte Interessen: • Die Anbieter wollen ihre Waren verkaufen und dabei streben sie nach einem möglichst hohen Gewinn (Gewinnmaximierung). Entscheidender Faktor des Angebotes ist die Gewinnerwartung. • Die Nachfrager wollen Waren einkaufen und mit dem vorhandenen Geld so viel Nutzen realisieren wie möglich (Nutzenmaximierungsprinzip). Entscheidende Faktoren der Nachfrage sind: o Der Preis des nachgefragten Gutes o Die Preise anderer Güter o Die Konsumsumme, die zur Verfügung steht o Die Bedarfsstruktur o Die Erwartungen über die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung. Der Interessenausgleich erfolgt über den Preis, der sich auf dem Markt durch Angebot und Nachfrage bildet. Der Preis stimmt Angebot und Nachfrage aufeinander ab und ergibt sich als Kompromiss aus den Preisvorstellungen der Anbieter und Nachfrager. Der Preis ist also die ausgemachte Gegenleistung für den Ankauf von Gütereinheiten und wird in Geldeinheiten ausgedrückt. Der Preis, bei dem Angebot und Nachfrage gleich groß sind, heißt Gleichgewichtspreis. z. B. In einer kleinen Stadt, wird Brot zu folgenden Preisen angeboten und nachgefragt. Die Mengen verändern sich dementsprechend. Preis für 1 kg Brot in EUR Angebotsmenge Brot in kg 8,00 6,00 4,00 3,00 2,00 pd 2012 5000 4000 3000 2000 1000 Nachfragemenge Brot in kg 1000 2000 3000 4000 5000 19 Graphik: Quellen: • Astat Presse Info 39/2009 • Brugger H. u.a., Wirtschafts- und Gemeinschaftskunde Band 1, Athesia, Bozen • Scholz H.G. u.a., Volkswirtschaftslehre, Bildungsverlag 1, Troisdorf • Seidel H. / Temmen R., Einführung in die Volkswirtschaftslehre, Bildungsverlag 1, Troisdorf • WIFO - Wirtschaftsforschungsinstitut der Handelskammer Bozen pd 2012 20