Neuro Regeneration I Nr. 36 Winter 2010 www.irp-zh.ch R P International Foundation for Research in Paraplegia – IRP Internationale Stiftung für Forschung in Paraplegie E d i t o r i a l Finanzierung eines Lehrstuhls in Genf Das Nervensystem reorganisiert sich Ein schöner Baum Rekord: Als Geschenke liegen unter unserem Weihnachtsbaum 48 neue Anträge zur Finanzierung von Forschungsprojekten, darunter 9 aus der Schweiz. Zudem 9 Gesuche zur Unterstützung von Post-Doc-Stellen im Bereich Neuro­ sciences und 5 Bewerbungen für den IRP-Schellenberg Prize. Nicht als Geschenk, sondern als hart erar­beiteten Weihnachtsschmuck betrachten wir es, dass sich das Wissen über die Anpassungsfähigkeit des Zen­ tralnervensystems kontinuierlich erweitert und dass die Studien an Patienten zur Überwindung wachstumshemmender Proteine in eine neue Phase treten. Überdies stehen in den USA Stammzellen erneut im Test. Dank Ihnen, liebe Spender und Sponsoren, können wir die Grundlagenforschung und die Übertragung neuer Erkennt­nisse in die Klinik fördern. Die Fortschritte in Therapie und Rehabilita­ tion sind dort spürbar, auch wenn Rollstühle und Katheter leider noch nicht überflüssig sind. Sorgen bereitet uns einzig, dass die finan­ziellen Wurzeln unseres Weihnachtsbaumes ausgedünnt sind. Es wäre schön, wenn den «Gesuchs»-Geschenken die entsprechenden Weihnachtsgaben gegenüberständen. Wir danken bereits heute für Ihren Beitrag und wünschen Ihnen frohe Festtage und alles Gute für 2011. Béatrice Brunner, Geschäftsführerin der Stiftung IRP Zürich Jetzt steht fest, dass sich Nervenzellen bis ins hohe Alter verändern können und dass sich im Zentralnervensystem ständig neue Verbindungen bilden. Für die Behandlung neurologischer Krankheitsbilder wie Schlaganfall, Alzheimer, aber auch Paraplegie ist das eine gute Ausgangslage. Prof. Dr. Anthony Holtmaat untersucht deshalb in seinem Labor an der Uni Genf, was bei diesen Vorgängen genau geschieht. Plastizität lautet das Zauberwort, das der Niederländer, Prof. Dr. Anthony Holtmaat, zusammen mit seinem sechsköpfigen Team entschlüsseln will. Am «Département des Neurosciences Fondamentales» der Universität Genf ist sein Labor. Dort hat es wenig Tageslicht, und in den hohen, künstlich beleuchteten Räumlichkeiten sieht es aus wie in der Werkstatt eines vielseitig begabten Tüftlers. Holtmaat, der auch einen Lehrstuhl innehat, tüftelt aber nicht, sondern erforscht systematisch, warum und wie sich das Zentralnervensystem (ZNS), also Gehirn und Rückenmark, nach Eintritt einer Verletzung oder degenerativen Erkrankung den Veränderungen zumindest teilweise anzupassen vermag. Neue Funktionen übernehmen Bei Eintritt einer degenerativen Erkrankung oder eines Traumas können die zerstörten oder verkümmerten Nervenfasern im ZNS wegen bestimmter Hemmstoffe nicht nachwachsen. Dafür übernehmen andere Areale des ZNS in beschränktem Masse verloren gegangene Funktionen. Diese Beo­bachtung nutzen die Therapeuten in den Kliniken, denn gezieltes Training stimuliert die Plastizität und beschleunigt so die Rehabilitation ihrer Patienten. Darunter sind Menschen mit Alzheimer, Multipler Sklerose oder Parkinson, aber auch Opfer von Schlaganfällen (Stroke) oder schweren Unfällen mit nachfolgender Verletzung des Gehirns oder Rückenmarks. Verstehen ist die Voraussetzung Bei der Erforschung der Plastizität vollzieht Holtmaat mit seinem Forschungsprojekt Fortsetzung auf den Seiten 2 und 3 Die Technik Moderne optische Wiedergabeverfahren liefern mikroskopische Bilder, deren Auflösung hoch genug ist, um Nervenzellen sowie die Axone, Dendriten und sogar die extrem kleinen Synapsen untersuchen zu können. Das modernste bildgebende Verfahren ist die ZweiPhotonen-Laser-Scanning-Mikroskopie (2PSLM). Es ermöglicht, die synaptischen Verbindungen zwischen Nervenzellen in ihrer Dynamik am lebenden Tier darzustellen und hat damit die Beobachtung mikroskopischer Veränderungen im Zentralnervensystem revolutioniert. I R Projekt P Prof. Dr. Anthony Holtmaat (Mitte) und sein Team bringen neue Impulse: Sie erforschen, wie sich das zentrale Nervensystem nach einer Verletzung neu organisiert. Die Stiftung IRP Genf finanziert seinen Lehrstuhl. den Schritt vom Beobachten zum Verstehen, denn kausale Therapien sind erst möglich, wenn uns die Vorgänge im Organismus bekannt sind. Holtmaat hat sich deshalb vorgenommen, den Prozess der Plastizität bildlich so darzustellen, dass er für Wissenschafter nachvollziehbar wird. Der Einsatz von Versuchstieren ist unvermeidlich. 2 Synapsen bilden sich ständig Das Gehirn besteht aus einer Unzahl von Nervenzellen (Neuronen). Über ihre Fortsätze (Nervenfasern) können die Neurone Signale aussenden und empfangen. Schaltstelle sind die Synapsen, die im Bild als kleine Anschwellungen erkennbar sind. Die Intensität der Signalübermittlung zwischen zwei Nervenzellen hängt zum einen von der An- «Chaire Alain Rossier» Der Forschungsplan Die Stiftung IRP Genf finanziert seit Mitte 2007 den Lehrstuhl von Professor Anthony Holtmaat zusammen mit der Universität Genf. Dies in Erinnerung an den 2004 verstorbenen Professor Dr. med. Alain Rossier, Mitbegründer und grosszügiger Donator der Stiftung, der selbst Paraplegiker war. Dank der zusätzlichen finanziellen Unterstützung der Fondation Hans Wilsdorf erhielt das Team dieses Jahr einen weiteren wissenschaftlichen Mitarbeiter und zusätzliche technische Ausrüstungen. Die Stiftung ist stolz, mit Holtmaats Lehrstuhl an ihrem Domizil Impulse in einer viel versprechenden Forschungsnische geben zu können. Antworten auf folgende Fragen haben sich Anthony Holtmaat und sein Team vorgenommen: 1.Wie reguliert das Gehirn die Bildung neuer Synapsen? 2.Welcher Zusammenhang besteht zwischen neuronalen Aktivitäten eines­teils und der Bildung bzw. dem Erhalt von Synapsen anderenteils? 3.Können wir diese Vorgänge stimulieren, um dem Gehirn zu helfen, die funktionellen Einbussen bei degenerativen oder traumatischen Krankheitsbildern wie Schlaganfall, Paraplegie oder Alzheimer zu kompensieren? zahl Synapsen und zum andern von deren chemischer Zusammensetzung ab. Lange Zeit glaubte man, die Anzahl der Synapsen sei konstant und dass die Plastizität nur von der Zusammensetzung der Synapsen abhängt. Jüngste Ergebnisse zeigen aber, dass sich Synapsen jederzeit neu bilden können. Diese Erkenntnis eröffnet in der Behandlung degenerativer und traumatischer Krankheitsbilder des Zentralnervensystems neue Perspektiven. Immerhin erleiden jährlich rund 1,5 Millionen Menschen in Europa einen Hirnschlag und rund 15 000 eine Rückenmarkverletzung. Im Mikroskop nachweisbar Mit dem Einsatz der Zwei-Photonen-LaserScanning-Mikroskopie (2PSLM) am lebenden Tier kann Holtmaat bildlich dokumentieren, dass die synaptischen Strukturen dynamisch sind und sich im adulten Kortex der Maus kontinuierlich bilden oder abbauen. Dieser Prozess wird als strukturelle Plastizität bezeichnet, weil sich nicht nur die Funktion, sondern auch die anatomische Struktur der Neuronen verändert. So bilden die Neuronen bei Eintritt bislang nicht wahrgenommener Reize neue Verbindungen und geben bestehende auf. Es hat sich auch gezeigt, dass sich die empfangenden Projekt I R P Ausspriessende Nervenfasern in verschiedenen Phasen. Solche Bilder dokumentieren, dass sich das Zentralnervensystem auf Reize aus der Umwelt bis ins hohe Alter laufend anpassen kann. Fortsätze von Nervenzellen (Dendriten) nach einer Hirnblutung verstärkt erneuern. Gleichzeitig verändert sich die Funktion bestimmter Hirnareale. Das Projekt läuft weiter Aufgrund der bislang erzielten Forschungsergebnisse ergibt sich die Hoffnung, dass wir neurologische Krankheitsbilder behandeln könnten, indem wir die Plastizität gezielt stimulieren. Holtmaat und sein Team wollen deshalb die weiter gehenden Konsequenzen, die sich aus der Bildung neuer und dem Verschwinden alter Synapsen ergeben, noch genauer untersuchen. Erst wenn die Kausalzusammenhänge zwischen der Bildung neuer Synapsen und der erhöhten Fähigkeit einzelner Nervenzellen oder ganzer Gehirnregionen, neue Funktionen zu übernehmen, vollständig geklärt sind, lassen sich neue Therapien entwickeln. Die weiteren Studien sehen deshalb vor, die Synapsen und die Neuronen gleichzeitig am selben Tier zu untersuchen. Zudem ist geplant, mit Laser auf die strukturelle oder funktionelle Plastizität einzuwirken: Nur so lassen sich die Auswirkungen (verletzender) Ursachen auf das Verhalten und die Erholung des Versuchstiers genau beobachten. In anderen Worten: Anthony Holtmaat und sein Team bleiben dran! Der Niederländer Anthony Holtmaat und sein Mikroskop bilden eine – schon fast – symbiotische Gemeinschaft. Plastizität im Alltagsleben Unser Zentralnervensystem bildet sich in der kritischen Phase nach der Geburt am stärksten aus. Mit dem Sprach­ erwerb und der Entwicklung der Sehkraft entwickelt es sich so, dass wir uns bis ins hohe Alter neue Bewegungsmuster und intellektuelle Fähigkeiten aneignen können. Mit dem Alterungsprozess nimmt diese als Plastizität bezeichnete Anpassungsfähigkeit aber ab. Das Zwei-Photonen-Laser-Scanning-Mikroskop (2PSLM-Verfahren) ist eigens für die Forschungsarbeiten von Professor Anthony Holtmaat angepasst worden. Es stellt Veränderungen im Zentralnervensystem im Zeitablauf dar. 3 I R Forschung P Zur Entwicklung neuer Therapien Von der Rehabilitation zur Regeneration Die enge Zusammenarbeit zwischen Grundlagenforschern, Ärzten, Physio- und Ergotherapeuten sowie Ingenieuren führte in den vergangenen Jahrzehnten zu wesentlichen Fortschritten bei der Rehabilitation von querschnittgelähmten Patienten. Erste Therapien zur Verbesserung der Regenera­ tion nach einer schweren Rückenmarkverletzung sind in der klinischen Prüfung oder stehen kurz davor. Experimente aus der Grundlagenforschung ermöglichen, die biologischen ­Prozesse an der Verletzungsstelle besser zu verstehen und gezielt Therapien zu entwickeln. 1944 führte der aus Deutschland geflüchtete jüdische Arzt Ludwig Guttmann im englischen Stoke Mandeville als erster zur Behandlung rückenmarkverletzter Soldaten «physikalische Therapie» ein. Er hatte erkannt, dass sogar passive Bewegungstherapien neben einem verbesserten Gemütszustand zu einer deutlich besseren Erholung der schwerverletzten Patienten führte. Seine Erkenntnisse wurden von Physio- und Ergotherapeuten zu einer Standard-Rehabilitation weiterentwickelt, nach der Querschnittgelähmte in speziell ausgerüsteten Rehabilitationszentren mobilisiert und trainiert werden. Plastizität verstehen Erst heute, ein halbes Jahrhundert später, beginnt man die anatomischen, zellulären und molekularen Prozesse zu verstehen, die durch eine spezifische Bewegungstherapie im verletzten Nervensystem induziert werden. Die Vorgänge werden unter dem Begriff Plastizität zusammengefasst: Neue Verbindungen zwischen Nervenzellen werden geformt, und es entstehen neue Schaltkreise, die beide durch Training stabilisiert werden. Nervenwachstum stimulieren Spontanes Auswachsen und Aussprossen von Nervenfasern nach einer Verletzung findet sowohl in Gehirnregionen als auch im Rückenmark statt. Die Fasern stossen aber bald auf Hemmstoffe, die sie am weiteren Wachstum hindern. Der Prozess kann aber zusätzlich stimuliert werden durch eine Antikörper-Therapie gegen Nogo-A, einen der bedeutendsten Hemmstoffe. Diese Antikörper werden zurzeit in einer Dr. Anita Buchli koordiniert am Institut für Hirnforschung der Universität Zürich die Öffentlichkeitsarbeit. Zu ihren delikateren Aufgaben gehört auch die Beantwortung von Fragen querschnittgelähmter Menschen aus der ganzen Welt. klinischen Studie mit frisch verletzten Querschnittgelähmten getestet. Synergien schaffen Der intensive Austausch zwischen Inge­ nieuren und Therapeuten führte zur Ent- Nutzen für alle 4 Die systematische Behandlung von ­Pa­tien­ten mit verletztem Rückenmark beginnt erst im Gefolge des Zweiten Weltkrieges. Die Erfahrungen aus der Rehabilitation querschnittgelähmter Patienten hat die Rehabilitationsmedizin als Ganzes weitergebracht. Eine analoge Entwicklung ist auch in der Forschung möglich: Die Entwicklung von Therapien zur Regeneration verletzten Nervengewebes im Rückenmark liefert Erkenntnisse, die auch bei der Behandlung anderer Krankheitsbilder des Zentralnervensystems nützlich sind, wie beispielsweise dem Schlaganfall (Stroke). Bilder des komplexen Zentralnervensystems. (Quelle: Uwe Konietzko, Div. of Psychiatry Research, Universität Zürich) Forschung I R P wicklung neuartiger orthopädischer Hilfsmittel, die entweder im Alltag oder während der Rehabilitation eingesetzt werden können. Dabei kommen neue Technologien wie funktionelle Elektrostimulation zur Unterstützung von Greifbewegungen oder komplexe robotergesteuerte Armoder Gangtrainingsgeräte zum Einsatz. Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung über Zeitpunkt und Dauer einer spezifischen Therapie fliessen direkt in die Therapieschemata ein. Diagnostik weiter verbessern Die Diagnostik wird in Zukunft eine noch grössere Rolle spielen bei der Bestimmung des Rehabilitationverlaufs. In den letzten Jahren konnte die Auflösung bildgebender Verfahren wesentlich verbessert werden. Ziel ist, einzelne aufsteigende (sensorische) und absteigende (motorische) Nervenfaserstränge im Rückenmark unterscheiden zu können; somit könnte schon sehr früh erkannt werden, welche Funktionen von der Verletzung betroffen sind. Diagnostische Mittel wie bildgebende Verfahren, aber auch sogenannte «Biomarker» könnten Hinweise geben zur Wirkung einer spezifischen Therapie. «ARMin» ist eine Weiterentwicklung des Lokomaten. Für Tetraplegiker, bei denen auch die Armmuskulatur ganz oder teilweise gelähmt ist, eignet er sich als Trainingsgerät. Das Ziel rückt näher Nach einer Rückenmarkverletzung kommt es in den ersten Tagen und Wochen an der Verletzungsstelle zu Entzündungsprozessen und zur Ausbildung einer Narbe. Letztere ist undurchlässig für auswachsende Nervenfasern und bildet somit eine Regenera­tionsbarriere. Es gibt verschiedene Ansätze, das Narbengewebe durchlässiger zu machen bzw. es durch Stammzellen, Gewebe- oder künstliche Brücken zu ersetzen; noch sind diese Ansätze nicht fortgeschritten genug, um bei Patienten eingesetzt zu werden. Wir sind überzeugt, dass die erwähnten Technologien und Entwicklungen in der biomedizinischen und medizinisch-technischen Forschung in Zukunft zu einer weiteren Verbesserung der Rehabilitation und zu Funktionsverbesserungen bei Querschnittgelähmten führen werden. Dazu trägt auch die enger werdende Zusammenarbeit von Grundlagenforschern, Industrie und Kliniken bei. Dr. Anita Buchli, Wissenschaftliche Koordinatorin und persönliche ­Assistentin von Martin Schwab, Institut für Hirnforschung der Universität Zürich Die Gehbewegungen, die der Lokomat ermöglicht, stimulieren bei intensivem Training das Rückenmark. 5 I R Kongress P Forschungskongress in Ittingen – ein Gemeinschaftswerk Neues zur laufenden Forschung Kongresse sind Informationsbörsen, die zu Tage fördern, was sonst nicht gestreut wird, um keine zu grossen ­Erwartungen zu wecken. Am 2. Internationalen Kongress von Wissenschaftern, die sich mit der Regeneration des Zentralnervensystems, speziell des Rückenmarks, befassen, war das nicht anders. Getragen von den Stiftungen IRP Zürich und IRP Genf sowie der amerikanischen Christopher and Dana Reeve Foun­dation und dem in Grossbritannien domizilierten International Spinal Research Trust, versammelten sich 140 Wissenschafter aus Europa, Nordamerika und Australien vom 26. bis 28. August 2010 im Kloster Ittingen (Kanton Thurgau) mit seinem besinnlichen Umfeld. Der Kongress stand unter dem Motto, Ergebnisse aus der Grundlagenforschung möglichst schnell in die Klinik zu bringen: Spinal Cord Research on the Way to Translation. Nogo-A auf gutem Wege Klaus Kucher von Novartis Pharma konnte berichten, dass die Studien an frisch verletzten querschnittgelähmten Patienten bislang erfolgreich verlaufen sind: In den vergangenen vier Jahren sind die Antikörper gegen die Hemmstoffe, die das Aussprossen von Nervenfasern im verletzten Gewebe bremsen, an 51 Patienten in Euro- pa und Amerika getestet worden. Fazit: Die Verträglichkeit von AT1355, wie die sonst als Nogo-A-Antikörper bezeichnete Sub­ stanz im Industriejargon heisst, ist gut. Wöchentliche Injektionen direkt ins Verletzungsgebiet erweisen sich als die beste Verabreichungsform. Die Versuche haben sich bislang auf Patienten mit kompletter Durchtrennung des Rückenmarks beschränkt. Neu sind auch Tests mit Patienten, deren Rückenmark nur teilweise, geschädigt ist, zugelassen. Bei diesen Patienten sind die Hoffnungen auf Heilung oder zumindest teilweise funktionelle Erholung a priori besser. Allerdings musste zuerst feststehen, dass die Antikörper nicht unerwartete Nebenwirkungen haben, welche die Schädigungen im Rückenmark noch verschlimmern. Diese Entwicklung ist ein Indiz, dass wir auf gutem Wege sind, und ein hervorragendes Beispiel, wie Grundlagenforschung, Indu­ strie und Kliniken zusammenarbeiten. Die Stiftungen IRP Zürich und IRP Genf sind un- Der Mediziner Jean-Jacques Dreifuss ist emeritierter Professor an der Universität Genf. Er ist seit der Gründung im Jahre 1995 im Stiftungsrat der Stiftung IRP Genf. Ebenso ist er im internationalen Forschungsrat der beiden Stiftungen. mittelbar beteiligt, indem sie die Datenbank zur Erfassung und Beurteilung der Wirksamkeit ermöglicht haben und noch heute mitfinanzieren. Versuche mit Stammzellen Am Kongress war weiter zu vernehmen, dass Geron, die in Kalifornien ansässige Biotechnologiefirma, ihre Versuche mit Stammzellen nach einem Rückschlag wieder aufnehmen kann. Die amerikanische Food and Drug Administration (FDA) hat grünes Licht gegeben, bestimmte Patienten mit komplett durchtrenntem Rückenmark mit Stammzellen zu behandeln. Wie bei den Antikörpern geht es auch hier darum, in der ersten Phase die Verträglichkeit zu prüfen. Verschiedene Krankheitsbilder 6 Die historische Kartause im thurgauischen Ittingen inspiriert auch nüchterne Wissenschafter. Im August fand dort ein von der IRP mitfinanzierter Kongress statt. Geron unterstreicht, dass sich die Behandlung mit Stammzellen auch bei degenerativen Erkrankungen des Zentralnervensystems wie Alzheimer oder Multipler Sklerose nützlich erweisen könnte. Auch die NogoA-Antikörper haben zusätzliches Potenzial. Der Weg vom Labor in die Klinik ist beschwerlich und kostspielig. Umso erfreulicher ist es deshalb, wenn sich eine Therapie bei verschiedenen Krankheitsbildern anwenden lässt. Prof. Dr. Jean-Jacques Dreifuss Impressum I IRP – International Foundation for Research in Paraplegia Porträt der Stiftung IRP Stiftungsrat Forschungsrat IFP/IRP Prof. Dr. Ernst Buschor Präsident, alt Regierungsrat, Zürich Prof. Dr. Andreas Steck Präsident, ehem. Chefarzt der neurologischen Klinik Universitätsspital Basel; emerit. Professor für Neurologie, Universität Basel Dr. iur. Manfred Zobl Vizepräsident, ehem. Präsident der Konzernleitung Rentenanstalt/Swiss Life, Rüschlikon Prof. Dr. Claude Bron Stiftungsrat IRP Genf, Faculté de Biologie et Médecine, Université de Lausanne Prof. Dr. Hans J. Gerner ehem. Chefarzt Orthopädie, Universitätsklinik Heidelberg Trix Heberlein Rechtsanwältin, ehem. National- und Ständerätin, Zumikon Prof. Dr. Georg W. Kreutzberg ehem. Präsident Forschungsrat IRP, ehem. Direktor Max-Planck-Institut, Martinsried bei München Fritz Vischer * Vizepräsident Stiftung IRP Genf, Texter und Redaktor, Basel Patronatskomitee Dr. Lukas Briner Direktor der Zürcher Handelskammer, Zürich Hans Brunhart VR-Präsident der Verwaltungs- und Privat-Bank AG, Vaduz Prof. Dr. Martin E. Schwab Vizepräsident, Direktor Institut für Hirnforschung, Universität und ETH Zürich Prof. Dr. Mathias Bähr Head of Dept. of Neurology, Universität Göttingen Prof. Dr. Jean Jacques Dreifuss Department of Neurosciences, Universität Genf, emeritiert Prof. Dr. James W. Fawcett Cambridge University Centre for Brain Repair Prof. Dr. Michael Frotscher Institut für Anatomie und Zellbiologie, Universität Freiburg/Breisgau Prof. Dr. Didier H. Martin Service de Neurochirurgie, Universität Liège/Lüttich Prof. Dr. Ferdinando Rossi Full Professor of Neuroscience, Vice President, Faculty of Psychology, University of Turin Prof. Dr. Jens Zimmer Direktor des Instituts für Anatomie und Zellbiologie, Universität Odense R P Porträt IRP IRP – International Foundation for Research in Paraplegia (deutsch Internationale Stiftung für Forschung in Paraplegie) entstand im Juni 1991 auf private Initia­ tive von Paraplegikern, Ärzten und Wissenschaftern. Zweck der Stiftung ist die Förderung der klinischen und experimentellen Forschung auf allen Gebieten der Paraplegiologie. Ziel der IRP ist es, die Regenerationsfähigkeit des Zentralnervensystems, speziell des Rückenmarks, so zu verbessern, dass zumindest eine teilweise funktionelle Erholung möglich wird. Dies namentlich bei Querschnittlähmungen (Paraplegie und Tetraplegie), aber auch bei anderen Krankheitsbildern des Zentralnervensystems. Die Stiftung hat ihren Sitz in Zürich, arbeitet aber eng mit ihrer Schwesterstiftung IRP – Fondation internationale pour la recherche en paraplégie – in Genf zusammen. Spenden an die Stiftung IRP in Zürich zur Unterstützung der Forschung sind im Rahmen der Steuergesetze in der Schweiz abzugsfähig. Adressen IRP – International Foundation for Research in Paraplegia Geschäftsführung und Sekretariat: Béatrice Brunner Rämistr. 5, CH-8001 Zürich Tel. 044 256 80 20, Fax 044 256 80 21 E-Mail: [email protected] (alt, aber noch gültig: [email protected]) Internet: www.ifp-zh.ch Bankverbindung: PostFinance, 3002 Bern Konto: 80-10490-8, SWIFT: POFICHBE IBAN: CH07 0900 0000 8001 0490 8 Fondation Internationale pour la Recherche en Paraplégie – IRP Rue François Perréard, CH-1225 Chêne-Bourg Tél. 022 349 03 03, Fax 022 349 4 4 05 E-Mail: [email protected] Internet: www.irp.ch Dr. Theodor Bülhoff Jurist, Bergbau Berufsgenossenschaft, Bochum Dr. iur. Hardy Landolt * Rechtsanwalt und Urkundsperson, Glarus Dr. med. Christian A. Ludwig Chefarzt Schweizerische Unfallversicherungsanstalt SUVA, Luzern Impressum Die Mitteilungen der Stiftung IRP in Zürich erscheinen auf Deutsch, jene der Stiftung IRP in Genf auf Französisch. Die InternetAuftritte enthalten deutsche, französische und englische Teile. Prof. Dr. Christoph Mörgeli Historiker, Nationalrat, Stäfa Dr. Wolfgang Schäuble * Bundesminister des Inneren der Bundesrepublik Deutschland, Berlin Herausgeber: Stiftung IRP, 8001 Zürich Erscheinungsweise: halbjährlich Jacqueline Weibel * Heilpädagogin, Zürich Redaktion: Fritz Vischer [email protected] Dr. med. Dr. h.c. Guido A. Zäch Gründer der Schweizer ParaplegikerStiftung, Zofingen Druck: Neue Luzerner Zeitung AG, 6002 Luzern * Paraplegiker 7 I R Kampagne P 20 Jahre Paraplegikerzentren in Zürich und Nottwil Wir gratulieren! Die Rehabilitation von Querschnittgelähmten trat vor 20 Jahren in eine neue Ära: In Nottwil öffnete das Schweizer Paraplegi­kerZentrum seine Pforten, und in Zürich bezogen die Rehabilitationsärzte an der Uni­ klinik Balgrist neue Räumlichkeiten. Zuvor waren das Paraplegikerzentrum in Basel sowie eine spezialisierte Abteilung des Kantonsspitals Genf die offiziellen Rehabilita­ tionsstätten für Para- und Tetraplegiker. Allerdings: Der Balgrist hatte seit jeher Pa­ tienten mit Querschnittlähmungen. Die Kompetenz war also schon vor 1990 vorhanden. Sie ist jetzt aber gebündelt, und das Zentrum erwarb sich unter seinem Chefarzt, dem Neurologen Prof. Dr. Volker Dietz, einen internationalen Ruf. Sein Nachfolger, Prof. Dr. Armin Curt, führt dieses Werk erfolgreich fort. Dank der starken wissenschaftlichen Ausrichtung fühlen sich die Stiftung IRP Zürich und das Paraplegi­ kerzentrum Balgrist miteinander verbunden. Die Stiftung beteiligte sich an der Jubi­ läums­veranstaltung am 29. Oktober im Turnsaal der Klinik. Als Präsident über- Der Präsident der Stiftung IRP Zürich, Professor Dr. Ernst Buschor, gratuliert dem Paraplegikerzentrum Balgrist zum Geburtstag, muss aber auch um Spenden bitten. brachte Prof. Dr. Ernst Buschor eine Grussbotschaft. In seinem Referat musste er allerdings auch auf den Finanzbedarf der Stiftung hinweisen. Über 200 Besucher verfolgten die weiteren gut präsentierten Vorträge von Professor Dr. Martin Schwab, Prof. Dr. Grégoire Cour- tine und Prof. Dr. Armin Curt. Auf besonderes Interesse stiessen die Erlebnisberichte von Patienten, darunter auch SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli. Er zog sich vor zwei Jahren eine Prellung des Rückenmarks zu, von der er sich weitgehend, aber nicht vollständig erholte. Anlässe / Hinweise Bal du printemps 2011 Am 21. März 2011 findet im Genfer Hotel Wilson der zur Tradition gewordene Bal du Printemps statt. Unsere Schwesterstiftung IRP Genf veranstaltet diesen Benefizanlass, der unter dem Motto «Derrière le masque» steht. Der Erlös fliesst in die Projektfinanzierung. Auf dem Bild sehen Sie die Szenerie des diesjährigen Balls mit rund 400 Gästen. Mehr unter www.irp.ch. 8 14. Juni 2011: IRP-Schellenberg Prize 14. Juni 2011 vormerken Die Würfel sind gefallen: Dr. Frank Bradke und Prof. Mike Fainzilber, The Weizmann Institute of Science, Rehovot (Israel), erhalten 2011 den IRP-Schellenberg Prize. Die beiden Wissenschafter teilen sich die Preissumme von 150 000 Franken, die sie für Projektarbeiten verwenden sollen. Der Preis wird am 14. Juni 2011 an der Jubi­ läumsveranstaltung der Stiftung IRP Zürich übergeben. Der Biochemiker Dr. Frank Bradke ist Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Neurobiologie in Martinsried (BRD). Prof. Mark Fainzilber ist ebenfalls Biochemiker und auf die Funktionsweise des Zentralnervensystems mit seinen rund 10 000 000 000 000, also 10 Billionen Nervenzellen spezialisiert. Beide Wissenschafter sind dem international zusammengesetzten Forschungsrat der Stiftungen IRP Zürich und IRP Genf aufgrund ihrer Kompetenzen seit längerem bekannt. Am Dienstag, 14. Juni 2011, feiert die Stiftung IRP Zürich auf den Tag genau ihren zwanzigsten Geburtstag. Gegründet wurde sie als internationales Forschungsinstitut für Paraplegiologie. Zusammen mit Spendern, Sponsoren, Freunden und Interessierten feiern wir den runden Geburtstag unserer Stiftung im Rahmen eines Mittagessens im Hotel Savoy am Paradeplatz in Zürich. Während des Essens hören Sie Referate über die Entwicklung in der Forschung und Rehabilitation, ein Interview mit einem betroffenen Querschnittgelähmten, und Sie erleben die offizielle Übergabe des IRP-Schellenberg Prize 2011. Sie erhalten rechtzeitig eine offizielle Einladung, verbunden mit der freundlichen Aufforderung, den Anlass und die Stiftung mit einer Freudenspende zu unterstützen.