IV. BUCH: RAUM MIT n-DIMENSIONEN 5b. Die EULERSCHE POLYEDERFORMEL 38-89+48 =6 Titelbild: Gilt bei diesem „Kronenwürfel“ die Eulerformel? Eulerformel für Vielflächner ist E–K+F=2 Setzt man auf ein Oberflächenpolygon Körper auf, die aber nicht die ganze Vielecksfläche abdecken, dann gilt bei dem so entstandenen nichtkonvexen Körper die Eulersche Polyederformel allerdings nicht mehr. Zum Beispiel wenn man mittig auf die Oberfläche eines Würfels (Quaders) einen kleineren Würfel aufsetzt, oder aber, - was dasselbe Ergebnis liefert -, in diesen hinein setzt (aushöhlend), dann hat man 2x8 Ecken, sowie 2x12=24 Kanten und aber 2x6 -1 Flächen (also eine weniger als bei der Addition für zwei Würfel): 16-24+11 = 3 Denn dabei werden immer eigentliche Kanten (sprich Eckverbindungen) ignoriert, weil sie eben in einer Oberflächenebene zu liegen kommen und somit nicht wirklich „kantig“ sind (beim aufgesetzten Würfel kämen eben noch vier Diagonalkanten hinzu und drei weitere Flächen, was dann 1628+14=2 ergibt). www.Udo-Rehle.de 2 25.03.2014 . Einen kleinerer Würfel auf den Quader am Rand gesetzt: 16-23+11=4 Setzt man den Würfel gar `passend´ in eine Ecke, dann verschwindet diese eine der 16 Ecken und man hat nur noch 21 Kanten und 9 Flächen, wobei die alternierende Summe wieder drei ergibt. Den linken und mittigen Körper kann man ineinander umklappen, und „Euler“ gilt trotzdem, obwohl die Anzahlen sich dabei änderten. Rechts wurde auf ein sechseckiges Prisma eine Dreieckskuppel aufgesetzt, und darauf kommt ein Dreiecksprisma, und die Eulerformel ist gültig. Jedoch kann man ja den Tetraeder gedanklich direkt auf die Sechsecksfläche runterdrücken, so dass er eben auf dem sechseckigen Prisma aufsitzt, aber nun nicht mehr flächendeckend. Bei gleicher Eckenzahl verschwinden dann einige Kanten in der Ebene, und auch einige Flächen werden nicht mehr mitgerechnet, aber die Polyederformel ist dann nicht mehr gültig! www.Udo-Rehle.de 3 25.03.2014 10-17+9=2 16-20-14=0 18-27+11=2 Abb. Eu5: Eulers Polyederformel gilt nicht immer! Dreifachkanten (oben Mitte) und die unteren drei genügen Eulers Formeln nicht! Bei einer nicht die ganze Vielecksfläche abdeckenden aber durchdringenden Aushöhlung entsteht ein durchlöcherter Körper1, (wie bei einem zylindrisch ausgehöhlten Prisma, bei dem zwei „Kreiskanten“ hinzukommen, aber nur eine zusätzliche Zylindermantelfläche; Kreise 1 Man spricht von einem größeren topologischen Geschlecht als Null, wobei die Anzahl der Löcher das Geschlecht angibt. Für diese Körper sollte eigentlich die alternierende Summe Null sein: Für jedes Loch zwei weniger: Brezeln mit 3 Löchern haben also die Summe -4! Den Begriff ”Geschlecht“ prägte Alfgred Clebsch, der, nach vergeblichen Bemühungen die Riemannschen Ideen zu verstehen, einen eigenen Aufbau der Abelschen Funktionen gab und 1863, mit der Aufsehen erregenden Arbeit ”Über die Anwendung der Abelschen Integrale in der Geometrie“ beginnend, die Verbindung zur Theorie der algebraischen Kurven herstellte. Vgl. IV.13 Fußnate zu algebraischen Geometrien. Statt vom Geschlecht spricht man vom Euler-Charakter E-K+F = χ, die beim Torus Null ist. Diese Euler-Charakteristik χ = 2(1-p) (topologisch = Kugel mit p Henkeln) ist stets eine gerade Zahl, nämlich das Doppelte der Anzahl von Überdeckungen des Gaußschen Normalenbildes N: Für kompakte Flächen F gilt χ(F) = 2/V ∫ K dF = 2 ∫ N dS /∫ dS ( V Kugelvolumen Dim 2n) χ(B, V) diejenige Zahl, die angibt, wie oft S: Rand B - Sphäre durch das Bild des Grenzbereichs (=Randes) von B überdeckt wird, wobei V ein Vektorfeld in der Umgebung des kompakten regulären Bereichs von B ist. Daher kann χ auch als Umlaufszahl des Vektorfeldes V längs der Randkurve von B aufgefasst werden. Ansonsten ist www.Udo-Rehle.de 4 25.03.2014 haben allerdings unendlich viele Ecken und „Kanten“, so dass Eulers Formel gelten könnte), der erstaunlicherweise auch die Polyederformel erfüllt. Das Beispiel eines quadratisch ausgehöhlten Lochwürfels ergibt 1624+10=2. Zählt man aber alle Eckverbindungen als Kanten und die dadurch entstehenden zusätzlichen Pseudoflächen, dann ist (in Wahrheit) E-K+F=0. Man kann ja den aushöhlenden Quader beidseitig etwas verkleinern oder auch etwas über die Würfelquadrate hinaus stehen lassen (eine verlängerte quadratische Dipyramide von den Spitzen her quadrisch ausgehöhlt), um dann 16-32+16=0 zu erhalten. Auf einer geschlossenen orientierbaren Fläche vom Geschlecht p, was einer Kugel mit p Henkeln (Löchern) entspricht, gilt2 E – K + F = 2(1-p) = χ χ das griechische x sprich „Chi“ ist die Eulercharakteristik 2 - S. 138ff im II Band der DG, Theorie der Flächenkrümmung, Sammlung Göschen von Karl Strubecker, Walter de Gruyter 1969, Band 1180/1180a, www.Udo-Rehle.de 5 25.03.2014 Polytopenformel für n-dimensionale Körper Die Eulersche Polyederformel E – K + F = 2 für räumliche (n = 3) konvexe3 Polyeder verallgemeinerte4 Schläfli5 auf eine Formel für analoge konvexe Körper höher-dimensionaler Räume, die einen Unterschied macht, ob der Raum eine gerade oder eine ungerade Anzahl von Dimensionen besitzt. Dies konnte Poincare6 dann noch vor 1900 beweisen: Für gerade n ist die alternierende Summe der Anzahlen von Begrenzungsobjekten stets 0 und für ungerade Raumdimensionen gleich 2. Im Vierdimensionalen gilt: E–K+F-Z=0 Ecken – Kanten + Begrenzungsflächen - Begrenzungskörper (Zellen) ist gleich Null: Beispielsweise hat das vierdimensionale Simplex (Pentatop) 5 Ecken, 10 Kanten und 10 Dreiecksgrenzflächen sowie 5 begrenzende Tetraeder: 5-10+10-5 = 0 3 Konvex heißt, die Verbindung zweier beliebiger Punkte des Gebildes muss vollständig zum Gebilde dazu gehören. Die Eulersche Polyederformel gilt z.B. nicht für Sternkörper (Er gilt zwar für die meisten, aber nicht für alle, denn z.B. erfüllen ihn zwei der vier regelmäßigen Sternkörper nicht!) 4 Eine andere Verallgemeinerung für zusammenhängende planare Graphen, bei der die Gebiete die Flächen ersetzen, wobei bei der Gebietszahl das äußere Gebiet mitgezählt Knotenzahl + Gebietszahl − Kantenzahl = 2 wird, wäre .-> http://library.kiwix.org:4217/A/Eulersche%20Polyederformel.html 5 Schweizer Mathematiker Ludwig Schläfli (1814-1895) 6 Henri Poincare (1854-1912) lieferte wesentliche Beiträge zur Topologie. Mit Felix Klein stand er im Wettstreit über die Theorie automorpher Funktionen, d. h. von solchen, die bei linearen Transformationen wieder auf sich selbst abgebildet werden. www.Udo-Rehle.de 6 25.03.2014 Der vierdimensionale Würfel hat 16 Ecken und 16x4 :2 = 32 Kanten (siehe Abb.54) 6x8 :2 = 24 Begrenzungsquadrate und 8 Begrenzungswürfel 16 – 32 + 24 – 8 = 0 Die alternierende Summe verschwindet! Unregelmäßiger Dodekaeder {5, 3}links und rechts Hyperdodekaeder (120-Zell) {5, 3, 3} in 2D-Projektion: Die 720 begrenzende Pentagone Für den zum Hyperwürfel dualen Hyperoktaeder gilt 8 – 24 + 32 – 16 = 0 Die Begrenzung des Hyperdodekaeders besteht aus 600 Ecken, 1200 Kanten, 720 regelmäßigen Fünfecken und aus 2x60 = 120 Dodekaedern (Zellen). Es ist 600 – 1200 + 720 - 120 = 0 www.Udo-Rehle.de 7 25.03.2014 Auffallend ist, dass auch 120 – 700 + 1200 - 600 = 0 ergibt. Es handelt sich um den Hyperikosaeder, dem Dualkörper des Hyperdodekaeders. Denn analog zur Dualität des Rechtecks und der Raute sind auch der Würfel und der Oktaeder bzw. der Dodekaeder und der Ikosaeder ebenso dual zueinander, wie der Hyperdodekaeder zum Hyperikosaeder. Dazu mehr im folgenden Kapitel. Nun könnte ja der 1906 geborene Unentscheidbarkeitsfanatiker Kurt Gödel7 (wenn er noch leben würde), der die gesamte Grundlage der Ich halte auch gar nichts von der von Georg Cantor (1845-1918) eingeführten transfiniten Mathematik. Leopold Kronecker (1823-1891) hat vollkommen recht, wenn er die transfinite Methode des Beweisens ablehnt: Man muß in jedem konkreten Fall in endlich vielen Schritten prüfen können, ob der in der Defintion festgelegte oder in dem Satz behauptete Sachverhalt zutrifft oder nicht! . Auch ist es unsinnig, mit einem noch größeren Begriff als dem Unendlichen zu operieren, das ja sowieso aktual-wirklich nicht existieren kann, sondern nur virtuell oder potentiellgedanklich. Anschaulich kann man zwar mal lax sagen, die Ebene hat „mehr“ Punkte als eine Gerade, da ja unendlich viel Geraden in der Eben liegen, aber mehr als unendlich viel können es eben auch nicht sein (Davon abgesehen kann eine Gerade eigentlich gar nicht aus nur Punkten bestehen, denn auch „überabzählbar“ unendlich viele Punkte ergeben keine Länge!). Die abzählbare Mächtigkeit ℵ0, die Unendlichkeit der natürlichen Zahlen N ist angeblich eine andere, als diejenige der Menge aller Teilmengen von N, die sog. Potenzmenge 2N, die von überabzählbarer Mächtigkeit ℵ sei: Es gibt so viele einelementige Teilmengen wie N, „doppelt unendlich“ so viele zweielementige Teilmengen oder Zahlenpaare, noch mehr Tripel, Quadrupel usw. Die Frage, ob es eine Mächtigkeit gibt, die zwischen der „abzählbaren“ der natürlichen Zahlen (Aleph 0) und derjenigen der sog. überabzählbaren reellen Zahlen (Aleph 1) liegt, - also ℵ½ -, wird damit hinfällig. Die Cantorsche Kontinuums-Hypothese, nach welcher ℵ½ nicht existiert, geistert noch heute in vielen Mathematiker-Köpfen herum. Behauptet man aber, - wie ich -, dass auch ℵ1 nicht existiert, dann wird man zum Ketzer und muss aufpassen, dass man nicht gesteinigt bzw. als Mathematiker nicht geächtet wird (die Rollläden gehen runter, und das Gespräch wird sofort beendet!). Auftretende Widersprüche werden ignoriert oder wegdefiniert, wie bei der Menge aller Mengen: Da die Potenzmenge einer Menge (bei Mengen mit n Elementen hat diese Menge von Untermengen 2n Elemente!) immer eine größere Mächtigkeit besitzen soll als diese, wäre ihre Mächtigkeit kleiner als diejenige der Menge ℵ ihrer Teilmengen, was ein klassischer Widerspruch ist! Man schreibt 2 0 = ℵ1 analog zu 20=1, symbolisch für 2∞ > ∞, woraus zwangsläufig folgt, dass es keinen Papst (größte Mächtigkeit [etwa der Menge aller Mengen]) unter den Kardinälen (Mächtigkeiten) gibt! Ein weiteres Phänomen sind die zuerst von Giuseppe Peano (1858-1932) angegebenen flächenfüllenden Kurven (Peano-Kurven oder Hilbert-Kurven): Eine angeblich stetige Abbildung des Einheitsintervalls auf ein Quadrat oder einen Würfel, bei denen die Dimension aber keine Invariante ist (die Dimension des Bildes muss gleich dem des Originals sein, für Kurven müsste sie 1 sein, wegen ihrer EINDIMENSIONALITÄT). Und die es gar nicht geben dürfte, da stetige Funktionen Kompakta auf Kompakta abbilden. Peano-Kurven bilden aber das kompakte (= beschränkte + nicht offene) Intervall [0, 1] auf das Einheitsquadrat stetig ab! www.Udo-Rehle.de 8 25.03.2014 Mathematik - durch die behauptete Nichtaxiomatisierbarkeit dieser - ins Wanken brachte, als ein Unentscheidbarkeitsbeispiel angeben, dass man prinzipiell niemals beweisen oder widerlegen könnte, ob der Polyedersatz im unendlichdimensionalen Raum gilt, bzw. ob die alternierende Summe der Anzahlen von n-dim. begrenzenden Randgebilden eines unendlichdimensionalen Polytops Null oder Zwei ist (ganz abgesehen davon, dass dieses Gebilde eines unendlichdimensionalen Polyeders sich von einem Punkt nicht unterscheidet, es sei denn man betrachtet den unendlichdimensionalen Einheitswürfel, der ein Konstrukt der Volumeneinheit zur Inhaltsbestimmung ist). Die Abbildung sei stetig, aber nicht bijektiv, da sie zwar surjektiv aber nicht injektiv sei, steht im dtv Atlas zur Mathematik, Deutscher Taschenbuch-Verlag, 4. Auflage Mai 1980 auf Seite 234. www.Udo-Rehle.de 9 25.03.2014 Jedenfalls kann man vermuten, dass die alternierende Summe im folgenden Sinne wohl 1 wäre: Um nicht von der Geradheit oder Ungeradheit der Raumdimensionen unterscheiden zu müssen, nimmt man beim Polyedersatz E0– K1+ F2 – Z3 + - ... ± Kn= 1 noch den n-dimensionalen Gesamtkörper Kn hinzu, der ja nur einmalig vorkommt, wobei dann also stets noch eine Eins addiert bzw. subtrahiert wird, und man erhält dann: Diese alternierende Summe ist für alle Dimensionen stets genau Eins (zumindest in allen endlichen Fällen der Dimension n)! www.Udo-Rehle.de 10 25.03.2014