Bakterien haben mehr Arbeit als geplant

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Energie
Bakterien haben
mehr Arbeit als geplant
von Thaïs In der Smitten*
Etwas über ein Jahr lang produziert die Kompogas-Anlage in Utzenstorf bereits CO2-neutralen Ökostrom aus
Grünzeug und Essensresten. Die Begeisterung für das Grüngutsammeln ist in den Gemeinden der Region unterschiedlich gross.
Über ein Jahr ist es nun her, dass die Anlage in Betrieb genommen wurde. Die
­Bilanz seit April 2007 fällt laut Daniel Gast,
Geschäftsführer der Kompogas Utzenstorf
AG erfreulich aus. Ursprünglich hatte er
2008 mit einer Zufuhr von 9’000 Tonnen
«Material» gerechnet. Tatsächlich werden
die umliegenden 23 Gemeinden aber
dieses Jahr bereits 10’000 Tonnen Grüngut
­anliefern. Bis Ende 2009 soll die Marke von
12’000 Tonnen Grüngut erreicht werden,
womit die Anlage dann ausgelastet wäre.
Eine grosse Greifzange mischt das Grüngut,
anschliessend wird es zerkleinert und dem
Fermenter zugeführt. Hier herrscht eine
Betriebstemperatur von 55 bis 60 Grad. Um
die Temperatur im Sommer und im Winter
konstant zu halten, wird Wärme wieder
eingespiesen, die die Anlage selber produziert. So wird die Hy­giene gewährleistet: Im
Dünger befinden sich schliesslich keine Unkrautsamen und dergleichen mehr.
Die Zusammenarbeit mit den Gemeinden
laufe sehr gut, die Vergärungsanlage stosse
auf Akzeptanz, begründet der Geschäftsführer die Entsorgungsfreudigkeit in Sachen Grüngutabfuhr. Entscheidender Faktor sei dabei die Finanzierung. Fördere eine
Gemeinde die Grüngutsammlung, indem
sie die Sammlung und den Transport über
die Grundgebühr finanziert, würde das Angebot rege genutzt. Dies ist in Feldbrunnen, Lohn-Ammannsegg und Solothurn
der Fall. Müssten die Verursacher aber selber zur Finanzierung der Kosten beitragen,
beispielsweise durch Sackgebühren oder
Marken, werde weniger rege gesammelt.
So wird es beispielsweise in Bätterkinden,
Hersiwil, Jegenstorf, Limpach, Utzenstorf
und Aetingen gehandhabt. In Biberist und
im Unter­leberberg übernimmt eine Entsorgungsfirma das Sammeln und Transportieren. Die Outsourcing-Variante be­
lastet das Budget des Bürgers am spürbarsten.
Dem Zeitplan voraus:
Bei der Biogasanlage in
Utzenstorf werden dieses Jahr
statt 9’000 schon 10’000
Tonnen Grüngut bearbeitet
SKR 3/08
Die Unterschiede in der Entsorgungsfreudigkeit sind je nach Finanzierungsmodell
markant, wie Gast verdeutlicht. In Gemeinden mit Finanzierung nach Verur­
sacherprinzip werden im Jahr lediglich 35
­Kilogramm Grüngut pro Einwohner gesammelt. In Gemeinden mit Finanzierung
über die Grundgebühr seien es bis zu 170
Kilogramm pro Person und Jahr. Ginge es
nach Daniel Gast, sollte die Grüngutsammlung für den Bürger gratis sein, wie
es unter anderem in der Gemeinde Riehen
BS praktiziert wird. Um die Grüngutsammlung zu fördern, werde dort sogar die
Sackgebühr für den herkömmlichen Abfall
erhöht, schildert er. Dies gebe einen Anreiz
zur Abfalltrennung. «Ich bin nicht durch
und durch grün, aber wir haben nur eine
Welt, und mit der sollten wir sorgsam
umgehen.» Deshalb schwärmt Gast vom
Riehener Modell, bei dem das umweltschonende Abfallentsorgen über die Grüngutabfuhr belohnt wird und die Bürger für
den anderen Abfall zur Kasse gebeten
werden.
Im Fermenter findet der eigentliche Vergärungsprozess statt. Natürliche Bakterien machen sich am Material zu schaffen. So entsteht Biogas, aus dem dann
CO2-neutraler Strom und Wärme oder
Erdgas produziert werden kann. Wenn
neues Material in den Fermenter geschoben wird – eine Vergärungsperiode dauert 15 bis 20 Tage –, wird das vergärte
Material hinausgeschoben. Es wird entwässert und so in flüssigen und festen
Naturdünger getrennt. Der feste Dünger
muss ausgesiebt werden. Wurzeln, Plas­
tik und andere Fremdstoffe lassen sich
nicht verwerten und müssen schliesslich
verbrannt werden. Das angelieferte Grüngut sei aber von sehr guter Qualität mit
wenigen Fremdstoffen, lobt Gast. Der
Dünger kann auf die Felder ausgebracht
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werden. Der Kompost darf vom Bürger
gratis für den privaten Gebrauch abgeholt
werden.
Ist das Grüngut eingespiesen, lässt sich
daraus Biogas gewinnen, das in Strom,
Wärme und Erdgas umgewandelt werden
kann. Mit der Energie von einem Kilogramm Speiseresten lässt sich Biogas für
einen Kilometer Autofahrt, Strom für eindreiviertel Stunden fernsehen oder für 6
Stunden Licht produzieren. In Utzenstorf
werden über 1,5 Millionen Kubikmeter
­Biogas pro Jahr gewonnen, damit lassen
sich über 2 Millionen Kilowattstunden
Strom und 3,2 Millionen Kilowattstunden
Wärme produzieren. Zudem entsteht, sozusagen als Abfallprodukt, biologischer
Dünger. Bis Ende Jahr ist zudem der Bau
einer Aufbereitungsanlage geplant, in der
Biogas zu Erdgas veredelt wird. Dieses soll
ins Erdgasnetz der Papierfabrik in Utzenstorf eingespiesen werden.
Weitere Informationen unter
www.kompogas-utzenstorf.ch
*Redaktorin Solothurner Zeitung/Sonntag
Wussten Sie, dass…
… Sie mit 1 kg Küchenabfall 1 km weit
CO2-neutral Auto fahren, 90 Minuten
lang Fernsehen oder 15 Stunden lang
eine Energiesparlampe brennen lassen
können?
… Würden alle organischen Abfälle der
Schweiz in Kompogas-Anlagen zu
Treibstoff vergoren, könnten damit
10 % der Personenwagen betrieben
werden.
SKR 3/08
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