Benigne - Deutsches Ärzteblatt

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Aktuelle Medizin
Zur Fortbildung
Operative Therapie
benigner Magentumoren
Thomas Böttger, Dieter Schröder und Edgar Ungeheuer
Aus der Chirurgischen Klinik
(Direktor: Professor Dr. med. Edgar Ungeheuer)
des Krankenhauses Nordwest, Frankfurt/Main
Benigne Magentumoren sind in
Operationsstatistiken eine Seltenheit. Die diagnostische Unsicherheit in ihrer Abgrenzung gegenüber einem Malignom sowie das
unterschiedliche Karzinomrisiko
verlangen eine radikale Exzision.
Die endoskopische Polypektomie
eignet sich besonders für die Entfernung von epithelialen Tumoren,
mesenchymale Tumoren hingegen können wegen ihres in der Regel intramuralen Wachstums allein operativ behandelt werden.
enigne Magentumoren sind in
Operationsstatistiken eine Seltenheit. Nur vier Prozent (n = 101)
der 2071 Magentumoren, die zwischen 1963 und 1984 an unserer
Klinik operiert wurden, zeigten histologisch ein benignes Wachstum. In einem rein endoskopischen Krankengut hingegen sind
nach Rösch (11, 12) 90 Prozent aller Neubildungen benignen Ursprungs.
B
Die Indikation zur Entfernung benigner Magentumoren wird in erster Linie durch den histologischen Befund, aber auch durch
die Symptomatik bestimmt. Bei einem Drittel der Patienten konnte
präoperativ sowohl röntgenolo-
gisch als auch endoskopisch ein
Malignom nicht ausgeschlossen
werden. In über drei Viertel aller
Fälle mit mesenchymalen Tumoren fand sich eine Diskrepanz zwischen der Biopsie und der endgültigen Histologie des Operationspräparates. Eine einfache Biopsie
zur histologischen Beurteilung ist
daher nicht ausreichend. Nur die
vollständige Exzision vermag Klärung zu bringen. Histologisch werden eptheliale und mesenchymale
Tumoren unterschieden.
Je nach Größe und Lokalisation
bleiben benigne Magentumoren in
30 bis 50 Prozent der Fälle asymptomatisch (12) oder können, wie
in unserem Krankengut, zu Oberbauchschmerzen, Blutungen oder
gar zu einer Magenausgangsstenose führen (Tabelle 1).
Epitheliale Magentumoren
Grundlegende Arbeiten von Elster
haben 1976 zu der Klassifikation
epithelialer Magentumoren in fokale Hyperplasien, hyperplasiogene Polypen, Adenome, „Borderline Lesions, protruded type" sowie Magenfrühkarzinome Typ II a
und I geführt (Tabelle 2).
Die Differenzierung in nicht neoplastische Polypen und Neopla-
sien spiegelt die Erfahrung der
letzten Jahre wider. So betrug das
Karzinomrisiko bei hyperplasiogenen Polypen nach Langzeituntersuchungen (14) etwa 1,4 Prozent und dürfte sich nicht von dem
Risiko der entsprechenden Altersgruppe unterscheiden.
Adenome haben je nach Größe ein
Karzinomrisiko bis zu 40 Prozent
(2, 6, 8, 9, 11, 12). Aus „Borderline
Lesions", das sind primär atypische Proliferationen der Drüsenhalszellen, kann sich in rund 8
Prozent der Fälle innerhalb von 5
Jahren ein Magenkarzinom entwickeln (11). Beim Magenfrühkarzinom werden durchschnittlich in
4 Prozent der Fälle Lymphknotenmetastasen beobachtet (7, 10).
Aufgrund ihres unterschiedlichen
Karzinomrisikos ist die Indikation
zur Entfernung gegeben. Wegen
des häufig polypösen Wachstums
sind sie für eine endoskopische
Abtragung, die erstmals 1970 von
Tsuneoka und Uchida durchgeführt wurde, besonders geeignet.
Diese Entwicklung spiegelt sich
auch in unserem Krankengut wider. Während zwischen 1963 und
1974 noch in 70 Prozent der Fälle
wegen epithelialer Magentumoren
operiert werden mußte, waren
nach 1974 drei Viertel aller Ge-
Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 11 vom 12. März 1986 (41)
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~ZTEBLATT
Benigne Magentumoren
schwülste nicht epithelialen Ursprungs (Tabelle 4) . " Borderlinelesions" sollten wegen der Rezidivgefahr radikal entfernt werden .
Da sie häufig breitbasig und nur
flach erhaben wachsen , ist unter
Umständen eine Exzision notwendig. Findet sich überraschend in
einem Polypen ein Magenfrühkarzinom , so ist nach den üblichen
Regeln der Karz inomchirurgie vorzugehen .
Tabelle 1 : Symptomatik benigner Magentumoren
Oberbauchschmerzen
Gastrointestinale
Blutungen
Gewichtsabnahme
Völlegefühl
Stenose
Zufallsbefund
52,7%
33,2%
19,4%
16,6%
5,5%
8,3%
Tabelle 2: Klassifikation epithelialer Magenpolypen nach Elster
Terminus
Matrix
Pathogenese
Lokalisation
Fokale
Hyperplasie
Foveolae
Hyperplasie
ubiquitär
Hyperplasiogener
Polyp
Foveolae
Hyperplasie
+ adenomatöse Teilkomponente
ub iquitär
Adenom hoher
Differenz.
Drüsenkörper
Blastom
(Neoplasie)
Antrum ,
Pylorus
Kardia
Adenom mäßig.
Differenz.
Drüsenhälse
Blastom
(Neoplasie)
vorwiegend
Kardia
" borderline
lesions, protruded type "
Drüsenhälse
Hyperplasie
mit Atypie
Blastom
ubiquitär
Frühkarzinom
lla +I
Drüsenhälse
Blastom
ubiquitär
Allein bei Patienten mit schlechtem Allgemeinzustand kann es
nach Abwägen des Operationsrisikos in Abhängigkeit vom Differenzierungsgrad und der Infiltrationstiefe bei der alleinigen Polypektomie bleiben. Dieser Eingriff ist unter den gemachten Voraussetzungen für den Typ I und II a vertretbar, jedoch muß mit Rezidiven in
bis zu 13,6 Prozent der Fälle innerhalb von sieben Jahren gerechnet
werden (7 , 14).
Polyposis ventriculi
Die Polyposis ventriculi wurde lange Zeit wegen ihres erhöhten Karzinomrisikos als uneingeschränkte Indikation zur Gastrektomie angesehen. Tatsächlich fanden Sei684
Tabelle 3: Unterschiedliche
Terminologie und Differenzierung in nicht-neoplastische und neoplastische epitheliale Magentumoren
..,.. Nichtneoplastische
epitheliale Polypen :
hyperplasiogen (Elster)
regenerativ (Morson)
hyperplastisch (Ming)
..,.. Neoplasien :
Adenom , hoch differenziert
Adenom , mäßig differenziert
Borderline lesion , protruded
type (Nagayo)
Flat adenoma (Ming)
Type 111 polyp (Nakamura)
Ia subtype (Fukuchi)
(42) Heft 11 vom 12. März 1986 83. Jahrgang
Ausgabe A
fert und andere bei 142 Patienten
mit einer Polyposis ventriculi in
8,5 Prozent der Fälle Karzinome,
allerdings ausschließlich bei Patienten mit dem histologischen
Bild einer hyperplasiogenen Magenpolyposis. Für diese Patientengruppe der hyperplasiogenen Magenpolyposis steigt demnach das
Karzinomrisiko auf 42,8 Prozent
an . Die in etwa 90 Prozent nachweisbaren
Drüsenkörperzysten
haben keine erhöhte Karzinominzidenz. Wir sehen daher im Gegensatz zu Seifert beim histologischen Nachweis der seltenen hyperplasiogenen Magenpolyposis
eine Indikation zur Resektion.
Teilweise zu beobachtende gastro-intestinale Blutungen mit Eiweißverlusten, die einer konservativen Therapie nicht zugänglich
sind , können ebenfalls eine Resektion notwendig machen .
Der M. Menetrier gehört zwar
nicht zu den ben ignen Magentumoren , doch können die Riesenfalten als Tumor imponieren. Aus
differentialdiagnostischen Erwägungen muß er daher berücksichtigt werden . Der Menetrier ist eine
foveoläre Hyperplasie der Magenschleimhaut mit einer Dicke von
über 1 mm . ln einer Sammelstatistik von Öhlert 1975 fand sich bei 8
Prozent der Patienten ein invasives Karzinom .
Nach dem histologischen Ausschluß eines diffus wachsenden
Magenkarzinoms halten wir eine
grundsätzliche Indikation zur Resektion für nicht gegeben . Die Letalität und postoperative Lebensqual ität der Gastrektom ie einerseits und die andererseits te.ilweise beobachtete spontane Rückbildung (12) scheinen uns Argumente für ein abwartendes Verhalten .
Engmaschige, in sechs- bis zwölfmonatigen Abständen zu erfolgende
endoskopische
Kontrollen
müssen allerdings gewährleistet
sein . Nur bei rezidivierenden gastro-intestinalen Blutungen , die
auf eine konservative Therapie mit
H2-Rezeptoren-Biockern nicht ansprechen, stärkeren Proteinver-
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Benigne Magentumoren
Tabelle 4: Häufigkeit benigner Magentumoren im Krankengut
des Nordwest-Krankenhauses in Frankfurt
Epitheliale Tumoren:
Polyp
Polyposis
M. Mönätrier
Nicht-epitheliale Tumoren:
Leiomyom
Neurinom
Lipom
Fibrom
dystopes Pankreasgewebe
Eosinophiles Granulom
Hämangioperizytom
Karzinoid
lust, Stenosen durch Schleimhautprolaps in das Duodenum oder
Karzinomverdacht halten wir eine
Resektion für indiziert.
Nicht-epitheliale Tumoren
1975-1984
(n = 36)
1963-1974
(n = 65)
4
4
1
36
10
10
9
1
1
3
2
1
6
6
3
2
1
1
Tabelle 6: Tumorähnliche
Veränderungen
Benigne lymphoide Hyperplasie
Heterotopien:
Pankreasgewebe
Brunner-Drüsen
Submuköse Heterotopie
von Magendrüsen
Hamartome
Nicht-epitheliale Magentumoren
können sich aus allen Magenwandschichten entwickeln (Tabelle 5 und 6). Zusätzlich werden dysontogenetische Fehlbildungen —
(wie zum Beispiel dystopes Pankreasgewebe) beobachtet. In 60
Prozent der Fälle fanden wir Geschwülste, ausgehend von der
glatten Muskulatur oder neurogenen Ursprungs, vorwiegend im
Kardia-, Korpus- oder Fundusbereich. Eine maligne Degeneration
wird in bis zu 20 Prozent der Fälle
beschrieben (1, 5). Sie kann teilweise erst intraoperativ durch den
Nachweis von Metastasen erfolgen. In wenigen Fällen kann weder
histologisch noch makroskopisch
die Malignität beurteilt werden.
Nach operativer Therapie kam es
in unserer Klinik zu einem Todesfall wegen einer fulminanten Lungenembolie nach Magenwandsektion. Weitere nennenswerte Komplikationen konnten wir nicht beobachten. 72 (51 mesenchymale
Tumoren, 21 epitheliale Tumoren)
unserer so behandelten Patienten
haben wir nach zwei bis sechs
Jahren untersucht.
Wegen ihres häufig intramuralen
Wachstums können mesenchymale Tumoren endoskopisch nicht
vollständig entfernt werden (12).
Eine Biopsie kann, wie eingangs
erwähnt, die Dignität nicht klären,
vielmehr wird eine mögliche Enukleation erschwert, weil die Läsion
in der Schleimhaut die Exstirpation von außen erschwert. Die
Operationsindikation ist ohnehin
Mit Ausnahme eines asymptomatischen Patienten fünf Jahre nach
Billroth-Il-Resektion wegen eines
Neurinoms, bei dem nun sonographisch und computertomographisch Lebermetastasen gefunden wurden, die nach Ausschluß
eines Zweitmalignoms doch auf
ein primär malignes Neurinom
schließen lassen, waren alle anderen Patienten rezidivfrei.
wegen der Beschwerden beziehungsweise der nicht auszuschließenden Malignität gegeben (4).
Tabelle 5: Mesenchymale
benigne Magentumoren
Leiomyom
Leiomyoblastom
Granularzellmyoblastom
Neurinom
Neurofibrom
Fibrom
Myxom Osteom
Osteochondrom
Lipom
Hämangiom
Glomangiom
Hämangioperizytom
Lymphangiom
Benignes Mesenchymom
Literatur
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Anschrift für die Verfasser:
Dr. med. Thomas Böttger
Chirurgische Klinik
im Krankenhaus Nordwest
Steinbacher Hohl 2 26
-
6000 Frankfurt/Main 90
Ausgabe A 83. Jahrgang Heft 11 vom 12. März 1986 (45)
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