12 Immunbiologie 12.1 Bakterien Kulturgefäß mit Nährboden Zellplasma Chromosom Kapsel Zellwand Geißel Zellmembran Plasmid Bakterienkolonie 1 Bakterienkolonie in verschiedenen Vergrößerungen Bakterien sind einzellige Lebewesen ohne Zellkern. Die Erbinformation liegt als ringförmiges Chromosom im Zellplasma vor. Die einfach gebaute Zelle wird von einer Membran umschlossen (Abb. 2). Nach außen schließt sich eine Zellwand an, die jedoch anders aufgebaut ist als die Zellwand der Pflanzen. Manche Bakterien sind zusätzlich von einer klebrigen Schleimschicht umgeben, die man Kapsel nennt. Nach ihrer Form unterscheidet man stäbchenförmige Bakterien (Bazillen), kugelförmige (Kokken) und spiralig geformte Bakterien (Spirillen, Spirochäten). Viele Bakterienarten können sich mithilfe von Geißeln oder Wimpern fortbewegen. Alle Bakterien benötigen zum Leben eine feuchte Umgebung. Bakterien vermehren sich ungeschlechtlich durch Teilung. Unter günstigen Bedingungen kann eine Teilung alle 20 bis 30 Minuten erfolgen. Es entstehen Bakterienanhäufungen, die man als Kolonien bezeichnet (Abb. 1). Bakterien können untereinander Erbinformation austauschen, indem sie für eine kurze Zeit eine Plasmabrücke zwischen zwei Zellen aufbauen. Bakterien nehmen Nährstoffe über ihre Zelloberfläche auf. Sie geben Stoffwechselprodukte an ihre Umgebung ab. Manche davon sind für uns giftig. Bakterien findet man nahezu überall. Es handelt sich in den allermeisten Fällen nicht um Krankheitserreger, sondern um Organismen, die im Naturhaushalt eine wichtige Rolle spielen. Sie bauen 226 2 Bau eines Bakteriums organisches Material ab und sind dadurch ein wichtiges Glied im Stoffkreislauf der Natur. In Kläranlagen werden sie zur Wasserreinigung genutzt. Bakterien im Darm sind für die Verdauung bei vielen Lebewesen lebensnotwendig. Teilweise werden Bakterien zur Lebensmittelherstellung genutzt, zum Beispiel Milchsäurebakterien bei Jogurt. Unter ungünstigen Bedingungen bilden manche Bakterienarten Endosporen aus. Das sind umgewandelte Bakterienzellen in einer Art Ruhephase, die unempfindlich gegen Wasser- und Nährstoffmangel sind. Sie können große Kälte und Hitze bis über 100 Grad Celsius sowie viele Gifte unbeschadet überstehen und auf diese Weise Jahrhunderte überdauern. Bei günstigen Bedingungen wandeln sie sich wieder in eine normale Bakterienzelle um. Gelangen bestimmte Bakterienarten in unseren Körper, lösen sie Entzündungen oder Krankheiten aus, von denen einige tödlich verlaufen können. Viele Krankheiten werden durch winzige Speicheltröpfchen, die Bakterien enthalten, übertragen. Man nennt diese Art der Übertragung Tröpfcheninfektion. Die Zeit zwischen der Infektion und dem Ausbruch der Krankheit heißt Inkubationszeit. Je nach Krankheit kann sie wenige Stunden bis mehrere Wochen betragen. Bei der Krankheitsbekämpfung spielt Hygiene deshalb eine große Rolle. Struktur+Funktion, Stoff-+Energieumwandlung, Reproduktion Grundwissen Krankheit Tetanus (Wundstarrkrampf) Keuchhusten Cholera Inkubationszeit 4–14 Tage 7–14 Tage 2–3 Tage Scharlach 2–6 Tage Typhus 2–3 Wochen Übertragung und Symptome Verschmutzung von Wunden durch Erde oder Kot; Schmerzen, Krämpfe, hohes Fieber Tröpfcheninfektion; starke Hustenanfälle verunreinigtes Trinkwasser oder Nahrungsmittel, Kot; schwere Durchfälle Tröpfcheninfektion; hohes Fieber, Hautausschläge, Ausschlag auf der Zunge verunreinigtes Trinkwasser oder Nahrungsmittel, Kot; steigendes Fieber, erst Verstopfung, dann starke Durchfälle, Hautausschläge 3 Krankheiten, die von Bakterien ausgelöst werden 1 Vermehrung von Bakterien. a) Berechne die Anzahl der Bakterien in einer Bakterienkolonie bei optimalen Vermehrungsbedingungen zu jeder vollen Stunde innerhalb eines Tages, wenn zur Startzeit (0 Uhr) ein Bakterium in die Kultur eingebracht wird und alle 30 Minuten eine Teilung erfolgt. Stelle die Ergebnisse in einem Diagramm dar. b) Stelle Hypothesen auf, unter welchen Bedingungen die Vermehrung zum Stillstand kommt. 2 Krankheiten. a) Überlege, warum Cholera und Typhus nach großen Naturkatastrophen gefürchtet sind, Tetanus, Scharlach und Keuchhusten dagegen meist nur sporadisch auftreten (Abb. 3). b) Beschreibe die Rolle der Inkubationszeit bei der Ausbreitung und Bekämpfung von bakteriellen Krankheiten. 3 Pest. Die Pest wird durch Bakterien hervorgerufen. Sie wird durch den direkten Kontakt mit Nagetieren, den Biss des Rattenflohs, der auch Menschen befällt, oder durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen. Die Inkubationszeit beträgt zwei bis acht Tage. Es gibt die Beulenpest, bei der besonders die Haut und die darunter liegenden Lymphknoten erkrankt sind. Bei der Lungenpest ist die Lunge betroffen. Lungenpest verläuft ohne sofortige medikamentöse Behandlung tödlich. Bei der Beulenpest sterben zwischen 30–75 % der unbehandelten Kranken. Im Mittelalter wurden durch die Pest, die wegen der dunklen Hautstellen bei der Beulenpest der schwarze Tod genannt wurde, große Teile der Bevölkerung getötet. In Wien kam zum Beispiel 1679/80 ein Viertel der Bevölkerung ums Leben, es gab mehr als 50 000 Pesttote. Eine sinnvolle Behandlung und die eigentliche Ursache der Krankheit waren nicht bekannt. Da es Hygiene im heutigen Sinn nicht gab, konnte sich die Krankheit in einer Stadt oder einem Dorf schnell ausbreiten. Durch panikartige Flucht wurde die Krankheit immer weiter verbreitet. 4 Informationen zur Pest a) Stelle Thesen auf, warum sich die Pest im Mittelalter nach dem ersten Auftreten meist schnell ausbreitete und viele Tote forderte (Abb. 4, 5). b) Welche Maßnahmen wären auch ohne Medikamente geeignet gewesen, die Pest einzudämmen? 5 Ausleeren eines Nachttopfes (Holzschnitt 15. Jh.) 227 Arbeitsmaterial