Landesleiterveranstaltung, 07.04.2014 BCAA – Aminosäuren nicht nur für Sportler Definition und Vorkommen Die verzweigtkettigen Aminosäuren (branched chain amino acids, BCAA) bestehen aus Leucin, Isoleucin und Valin. Da es sich um essentielle Aminosäuren handelt, besteht ein biologisch begründeter Bedarf, die endogene Synthese ist nicht möglich. Besonders reich an diesen Aminosäuren sind Lachs, Rindfleisch, Eier, sowie Weizenprodukte. Valin und Isoleucin sind zudem reichlich in Walnüssen, getrockneten Erbsen, Reis und Hühnerbrust enthalten. Physiologische Aufgaben Isoleucin trägt zur Energieversorgung der Muskelzellen bei und regt die Insulinproduktion an. Außerdem ist die Aminosäure für die Regulierung von NO im Blut notwendig. Leucin ist für den Aufbau und Erhalt der Muskelmasse wesentlich und trägt zur Energieversorgung und Proteinsynthese in der Leber bei. Als Cofaktor fungiert Vitamin B6 als Pyridoxal-5Phosphat. Die essentielle Aminosäure Valin ist an der Gewinnung von Energie beteiligt, für den Aufbau der Muskulatur sowie die Regulation des Blutzuckerspiegels durch Insulin notwendig. Das ideale Verhältnis BCAA sollten in einem optimalen Verhältnis (Leucin : Isoleucin : Valin = 2 : 1 : 1) eingenommen werden. Diese Relation entspricht auch dem natürlichen Vorkommen der BCAAs in den Muskelzellen und daher den Bedürfnissen während und nach einer Belastung. Studien zur Toxizität zeigen auch, dass die Anwendung von BCAA sicher ist, wenn die Aminosäuren im Verhältnis 2 : 1 : 1 verzehrt werden. Galenik Die Galenik spielt hinsichtlich der Bioverfügbarkeit der BCAAs aus der Zubereitung eine entscheidende Rolle. Tabletten sind zwar billiger als Kapseln, haben allerdings eine lange Resorptionszeit. Es werden pro Tablette nur 0,1 bis 1 Gramm BCAAs in der Stunde resorbiert. Kapseln sind zwar etwas teurer als Tabletten, die Aminosäuren werden aber bereits nach 30 - 45 Minuten vollständig resorbiert und stehen so äußerst schnell dem Körper bei Belastung zur Verfügung. Kapseln sollten beim Kauf daher immer die erste Wahl sein. Auch Pulver, welche in der Regel die billigste Variante darstellen, werden gut resorbiert, sie haben allerdings den Nachteil, dass die Handhabung und damit Dosierung eher umständlich ist. Bioverfügbarkeit Essentielle Aminosäuren, wie Leucin, Isoleucin, Valin und Methionin, werden im Gegensatz zu nichtessentiellen Aminosäuren wesentlich rascher absorbiert. Quelle: Bender D.A., Introduction to Nutrition and Metabolism. 2002 , Taylor and Francis Ltd., London, Neuauflage September 2007 BCAAs zeigen ein Konkurrenzverhalten bei der Resorption – sie können sich an den Resorptionszellen im Darm vor die anderen Aminosäuren drängen und somit deren Aufnahme behindern. Der beste Einnahmezeitpunkt ist auf nüchternen Magen, da so die Resorption am höchsten ist. Leucin wird überwiegend aktiv und elektrogen im NatriumCotransport in die Enterozyten (Mukosazellen) des Dünndarms aufgenommen. Die Rolle der Leber Die Leber gibt vor allem verzweigtkettige Aminosäuren ab, weil sie die entsprechenden Transaminasen mit nur sehr geringer Aktivität enthält. Der Abbau der BCAAs erfolgt über eine Transaminierung gefolgt von einer dehydrierenden Decarboxylierung. Danach folgt die Dehydrierung der zweiten C-C-Bindung. Transaminasen hauptsächlich in Muskulatur, Herzmuskel, Gehirn und Niere. Daher haben die BCAAs große Bedeutung für den Muskelstoffwechsel. Bedarf und Referenzwerte Der Bedarf ergibt sich vor allem aus dem Bedarf der unentbehrlichen (essentiellen) Aminosäuren. Die für Erwachsene genannten täglichen Zufuhrempfehlungen reichen von 45 mg pro Kilogramm (kg) Körpergewicht (Kg) für Tryptophan bis hin zu 39-42 mg/kg KG für Leucin. Der Bedarf an Aminosäuren wird über die tägliche Proteinzufuhr (für Erwachsene 0,8 g/kg Körpergewicht) gedeckt. Hohe zusätzliche Zufuhren einzelner Aminosäuren können unerwünschte Wirkungen hervorrufen. Erhöhter Bedarf Der tägliche Bedarf bei gesunden Erwachsenen richtet sich nach den D.A.C.H. – Werten und im Normalfall wird der Bedarf an BCAAs mit einer ausgewogenen Ernährung gedeckt. Ein erhöhter Bedarf besteht beispielsweise bei Hochleistungssport, drastischen Diäten, Erkrankungen der Leber, Mangelernährung und bei Kindern sowie Jugendlichen im Wachstum. In diesen Fällen können BCAAs über die Nahrung nicht mehr ausreichend aufgenommen werden und der Körper greift auf Muskelmasse zu, um eine ausreichende Versorgung zu gewährleisten. In Stress-Situationen und für therapeutische Zwecke werden BCAA-Supplemente gewöhnlich in Dosen von 1 – 10 g pro Tag verabreicht. Anwendungsmöglichkeiten • Eine hohe Dosierung von BCAA ist mit einem geringen Auftreten von Adipositas korreliert und sich eine entsprechende Supplementierung kann sich daher positiv auf die Gesundheit auswirken. Quelle: Qin LQ et al.: Higher branched-chain amino acid intake is associated with a lower prevalence of being overweigth or obese in middleaded east asian and western adults; J Nutr. 2010 Dec 15 • Eine unzureichende Versorgung mit BCAAs wird mit der Entstehung von Diabetes in Verbindung gebracht. Die zusätzliche Gabe von Leucin, Valin und Isoleucin kann die Insulinproduktion anregen. Quelle: Takeshita Y et al.: Beneficial effect of branchedchain amino acid supplementation on diabetes in patients with insulin resistance: Implications for type 2 diabetes. Metabolism. 2012 Apr 19 • Bei einer hepatischen Enzephalopathie besteht eine bedarfsgerechte Versorgung zur Prophylaxe darin, die BCAA - Konzentrationen bei Patienten mit fortgeschrittener chronischer Lebererkrankung zu erhöhen, da hohe Konzentration an aromatischen Aminosäuren (Phenylalanin,Tyrosin) ein Risiko für die hepatische Enzephalopathie darstellen. Ein erhöhter Gehalt an verzweigtkettigen Aminosäuren und Arginin sowie erniedrigter Gehalt an aromatischen Aminosäuren und Methionin in der Ernährung ist anzustreben. Quelle: Tajiri K1, Shimizu Branched-chain amino acids in liver diseases. Y.World J Gastroenterol. 2013 Nov 21;19(43):7620-9. doi: 10.3748/wjg.v19.i43.7620. • Bei Niereninsuffizenz werden BCAAs empfohlen, um einen zufriedenstellenden Ernährungsstatus bei gleichzeitig reduzierter Proteinzufuhr zu erzielen. Ein erhöhter Gehalt an verzweigtkettigen Aminosäuren und Arginin sowie erniedrigter Gehalt an aromatischen Aminosäuren und Methionin zum Ausgleich von Dysbalancen im ASHaushalt ist anzustreben. Quelle: Cano NJ1, Fouque D, Leverve XJ ; Application of branched-chain amino acids in human pathological states: renal failure. Nutr. 2006 Jan;136(1 Suppl): 299S-307S. • Bei Atrophie der Mukosa zur Wiederherstellung der Darmschleimhaut im Dünndarm können sowohl L-Glutamin als auch die BCAAs (parenteral) die Wiederherstellung der Barrierefunktion der Darmschleimhaut fördern. Die Supplementierung von BCAAs und L-Glutamin bei Atrophie der Mukosa des Dünndarms ist empfehlenswert. Quelle: Platell C1, McCauley R, McCulloch R, Hall J., The influence of parenteral glutamine and branched-chain amino acids on total parenteral nutritioninduced atrophy of the gut. JPEN J Parenter Enteral Nutr. 1993 Jul-Aug;17(4):348-54. • Im Sport sollte die Zufuhrmenge mindestens 3 Gramm pro Tag betragen. Die Zufuhr richtet sich nach dem Körpergewicht und Trainingsstand. Die Einnahme sollte nach dem Training erfolgen, da die Aufnahme hier besonders effektiv ist. Um eine anabole Stoffwechsellage sicherzustellen, sollten BCAA in Kombination mit Kohlenhydraten eingenommen werden. Das optimale Verhältnis ist 2 : 1 : 1 (Leucin – Isoleucin – Valin). Synergien Bei erhöhter Zufuhr von BCAAs müssen die Aminosäuren in entsprechend höherer Menge abgebaut werden. Für den Metabolismus der BCAAs durch den BCKD ist als Cofaktor Thiaminpyrophosphat (aktiviertes Vitamin B1) notwendig. Daher ist bei einer erhöhten Aufnahme von BCAAs auf die ausreichende Zufuhr von Vitamin B1 zu achten, um einen Mangel zu vermeiden. Die Umwandlung von BCAAs in BCKAs (Branched Chain Keto Acids) in der Muskulatur durch das Enzym “Branched Chain Keto Acid Dehydrogenase” erfordert die Anwesenheit von aktiviertem Vitamin B6 (Pyridoxal 5 Phosphat, P5P) als Cofaktor. Daher ist Vitamin B6 ein kritischer Faktor für den Aminosäurenmetabolismus. Eine hohe Zufuhr an BCAA kann zur Depletion von Vitamin B6 führen. Es ist auf eine ausreichende Zufuhr von Vitamin B6 zu achten. Warnhinweise Bei Zufuhr von Leucin, Isoleucin und Valin in Dosen von 14,7 - 21,5 g wurde eine Erhöhung der Ammoniak-Konzentration im Muskel beschrieben, was zu Muskelkrämpfen während intensiver Ausdauerbelastungen führen kann. Hohe Dosen von Leucin, Isoleucin und Valin können bei manchen Personen, die an Schlaf- und Stimmungsstörungen, oder an Migräne leiden, zu einer Verschlechterung des Zustands führen. Bei Zufuhr von Leucin, Isoleucin und Valin in Dosen von 14,7 - 21,5 g wurde eine Erhöhung der Ammoniak-Konzentration im Muskel beschrieben, was zu Muskelkrämpfen während intensiver Ausdauerbelastungen führen kann. Hohe Dosen von Leucin, Isoleucin und Valin können bei manchen Personen, die an Schlaf- und Stimmungsstörungen, oder an Migräne leiden, zu einer Verschlechterung des Zustands führen. Dr. Birgit Schiel