Formen der geistigen Behinderung

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Formen der geistigen Behinderung
A
B
C
Ätiologie der geistigen Behinderung
Das Down-Syndrom
Autismus
Formen der körperlichen Behinderung
D
E
F
G
H
I
Cerebralparesen
Epilepsie
Multiple Sklerose
Progressive Muskeldystrophie
Schlaganfall
Spina bifida und Hydrocephalus
Andere Behinderungen
J
K
Lernstörungen
Sinnesbehinderungen
 Pränatale Schädigungen
o Infektionen
 Rötelnembryopathie
 Luetische Erkrankung
 Cytomegalie
 HIV-Infektion
 Pränatal erworbene Toxoplasmose
o Chemische Einflüsse
 Alkohol
 Alkoholembryopathie
 Drogen, Medikamente
 Contergan
 Nikotin
o Strahlen
 Röntgenstrahlen
 Perinatale Schädigungen
o Geburtstrauma
o Hypoxisch-ischämische Encephalopathie
o Frühgeburt
 Postnatale Schädigungen
o Entzündliche Erkrankungen des ZNS
o Schädel-Hirn-Trauma
o Hirntumore
Pränatale Schädigungen
Drei Hauptstadien der Entwicklung mit verschiedenen möglichen Schädigungen:
1.-3. Schwangerschaftswoche (Blastemperiode): Blastopathien
 schwerste Störungen, oft Absterben
 selten Doppelmissbildungen, sehr selten siamesische Zwillinge
1.-3. Schwangerschaftsmonat (Embryonalperiode): Embryopathien
 Störungen im Aufbau der Organe
 Ursachen: Infektionen, Stoffwechselerkrankungen, chronischer Sauerstoffmangel, Noxen
(Gifte)
4.-9. Schwangerschaftsmonat (Fetalperiode): Fetopathien
 Störungen der funktionellen Reifung der Organe
 Ursachen: z.B. Infektionen, Blutgruppenunverträglichkeit
Infektionen
Rötelnembryopathie (Gregg-Syndrom/ Embryopathia rubeolosa)
Fehlbildungssyndrom inf. intrauteriner Rötelninfektion bei Erkrankung der Mutter an Röteln während der
ersten drei Schwangerschaftsmonate

Symptome:
o Seh- und Hörbehinderung
o Herzfehler

o oft Mikrocephalie
o oft schwere geistige Behinderung
o oft mehrfache Schwerstbehinderung
Prophylaxe: Impfung der Mutter vor der Schwangerschaft
Luetische Erkrankung (Syphilis)
intrauterin, ab dem 5. Schwangerschaftsmonat erworben, d.h. durch die erkrankte u. unzureichend
behandelte Mutter übertragen



Symptome
o Hautveränderungen
o organische Veränderungen
o geistige Behinderung
Symptome beim Neugeobrenen
o Pemphigus syphiliticus (bullöse u. ulzeröse Exantheme bes. an Handflächen u.
Fußsohlen)
o Parrot-Furchen durch narbige Abheilung krustöser Papeln u. radiärer Einrisse um den
Mund
o Coryza syphilitica (eitriger, blutiger, sog. schnarchender Schnupfen durch
Nasenschleimhautbefall)
o Leber- u. Milzvergrößerung
o
Rechtliches: Meldepflicht
Cytomegalie (Virus der Herpes-Gruppe)




Meldepflicht
Häufigkeit: 0,5-2% der Neugeborenen werden innerhalb der ersten 6 Schwangerschaftsmonate
infiziert
Symptome:
o Mangelgeburt
o Unreife
o Muskelhypotonie
o Pneumonie
o Hepatitis
o Ikterus
o Splenomegalie
o Mikrocephalie
o Hydrocephalus
o Encephalitis (Gehirnentzündung) mit cerebralen Verkalkungen
o Taubheit
o ZNS-Schädigung
o geistige Behinderung
Prognose: geringe Lebenserwartung
HIV-Infektion



HIV-Infektion aufgrund einer Übertragung des Virus von der Mutter auf das ungeborene Kind
Symptome:
o Entwicklungsstörungen
o Intelligenzminderung
HIV-Infektion des Kindes kann lange symptomlos bleiben, aber wenn Erkrankung einsetzt
Verlust von vielen Fähigkeiten
Pränatal erworbene Toxoplasmose









Meldepflicht
wird durch Nagetiere, Katzenkot und rohes Fleisch übertragen
Erkrankung des Gehirns und der Augen
erfolgt die Erstinfektion in der Schwangerschaft, so kann das ungeborene Kind geschädigt
werden oder sogar absterben
Häufigkeit: 3:1.000 Lebendgeburten
mögliche Symptome:
o Abort oder Totgeburt
o Hydrocephalus
o intracerebrale Verkalkungen
o Entzündungen der Augeninnenhaut
Therapie:
o Kombination von Sulfonamiden mit Spiramycin oder mit Pyremetamin
o erst ab der 15. Schwangerschaftswoche
Prognose:
o ist vom Zeitpunkt und der Intensität der Infektion abhängig
o ca. 90% der in der Schwangerschaft infizierten Kinder sind zum Zeitpunkt der Geburt
gesund, es können sich aber noch nach Monaten bis Jahren Spätschäden einstellen
Rechtliches
o Erregernachweis ist bei angeborener Infektion meldepflichtig
Chemische Einflüsse
 Auswirkungen von teratogenen (giftigen) Stoffen sind Dysmelie-Syndrome
Alkohol
Alkoholembryopathie


Häufigkeit: ca. 1-212 Neugeborene (in den meisten Ländern mittlerweile häufiger als das DownSyndrom)
o in Österreich jährlich über 100 Neugeborene
Symptome
o Wachstumsstörung
o Muskelhypotonie (Abnahmee der Muskelspannkraft)
o Mikrocephalie (abnorme Kleinheit des Schädels, flacher Hinterkopf , typisches Gesicht
mit kurzen Lidspalten, schmalem Lippenrot, kurzem Nasenrücken und fliehendem Kinn
o häufig Fehlbildung des Herzens
o Gelenkanomalien
o Fehlbildung der Nieren
o Anomalien der Genitalien
o Untergewicht
o geistige Behinderung
Drogen, Medikamente
Contergan (Thalidomidembryopathie)

Zusammenhänge zwischen Einnahme des Medikaments "Contergan" bei Müttern in der


Frühschwangerschaft und charakteristischen Missbildungen bei Neugeborenen wurden I961
nachgewiesen
genaue biochemischen Zusammenhänge der Schädigung des Embryos durch Contergan sind
bis heute nicht geklärt
Symptome:
o Missbildungen im Bereich der Arme und Beine, teilweise fehlen ganze Knochen
o Fehlbildungen an Ohren und Fehlbildungen an inneren Organen
Nikotin
 keine sichere teratogene Wirkung
 bei mehr als 6 Zigaretten pro Tag: Erhöhung des Fehlgeburtsrisikos und Erniedrigung des
Geburtsgewichts
Strahlen
Röntgenstrahlen



Minderwuchs
Entwicklungsstörungen
geistige Behinderung
Perinatale Schädigungen
Geburtstrauma

bei Zangengeburt Druck auf Kopf, dadurch Deformierung des Schädels und Verletzungen des
Gehirns (Hirnblutungen
Hypoxisch-ischämische Encephalopathie


Begriffsklärung:
o hypoxisch=herabgesetzter Sauerstoffgehalt
o ischämisch=verminderte Durchblutung
o Encephalopathie=nichtentzündliche Erkrankung oder Schädigung des Gehirns
Vorzeitige Ablösung der Plazenta oder Nabelschnurverschlingung, dadurch
Sauerstoffmangelsituation
Frühgeburt


Verkürzung unter 37 Wochen, Gewicht unter 1500g (kritisch bezüglich der
Intelligenzentwicklung)
Unterschied: Fehlgeburt = Vorzeitige Beendigung der Schwangerschaft durch Abstoßen des
Fetus, der weniger als 100g wiegt, kleiner als 35cm ist und dem alle für eine Lebendgeburt
maßgeblichen Lebenszeichen fehlen
Postnatale Schädigungen
Vorsorgeuntersuchungen sind in Österreich verpflichtend. Schon gleich nach der Geburt wird
mit dem sogenannte APGAR Score festgestellt ob eine eventuelle Schädigung vorhanden ist
Entzündliche Erkrankungen des ZNS



Meningitis
o Erkrankung der Hirnhäute
o Dauerschäden: Gehör, Sehen, Gehirn
o lebensbedrohlich
Encephalitis
o Entzündung des Gehirns
o geistige Behinderung ist möglich
Meningocephalitis
o Entzündung des Gehirns, der Hirnhäute und des Rückenmarks
Schädel-Hirn-Trauma
nach Verkehrsunfällen oder Stürzen
Vorübergehender oder dauerhafter Ausfall von Funktionalitäten (Sprechen, gehen, sonst.
Körperfunktionen). Langwierige Therapien erforderlich. Oftmals auch Verlust des Gedächtnisses und
des Realitätsbezuges sowie einhergende Persönlichkeitsstörung.
Hirntumore

verschiedene Formen
A) ÄTIOLOGIE DER GEISTIGEN BEHINDERUNG
1. Chromosomal verursachte geistige Behinderungen
2. Metabolisch verursachte geistige Behinderungen
2.1. Störungen des Aminosäurestoffwechsels
2.2. Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels
2.3. Störungen des Lipid- und Lipoidstoffwechsels
3. Andere und ätiologisch unklare geistige
Behinderungen
4. Exogene Formen
zu 1. Chromosomal verursachte geistig Behinderung
a) Autosomale Aberrationen
B) Down-Syndrom (Trisomie 21)
Erklärung: Numerische Aberration
1. Geschichte
ca. 1505: früheste überlieferte Darstellung eines Menschen mit den charakteristischen Merkmalen des
Down-Syndroms befindet sich auf einem Altarflügel in Aachen, der ca. 1505 gemalt wurde.
1866: John Langdom Down (englischer Arzt, 1828-1896), fasste die charakteristischen Merkmale
zusammen. Er nannte die Erkrankten "Mongoloide", weil er vermutete, dass das Down-Syndrom eine
Rückbildung zu einem primitiven mongolischen Volksstamm sei. Sein Sohn Reginald (ebenfalls Arzt)
widerlegte diese Theorie aber kurz darauf.
1932: de Waardenburg vermutete, dass dem Down-Syndrom eine Chromosomenabnormalität zugrunde
liegen könnte, war aber nicht in der Lage, dieses zu beweisen.
1959: Lejeune/ Gautier/ Turpin erkennen, dass es sich um eine Chromosomenaberration handelt und
bezeichnen das Krankheitsbild als "Trisomie 21".
1960:Polani entdeckt die "Translokationsform".
1961Clarke entdeckt die "Mosaikform".
2. Verbreitung
 eines der am weitesten verbreiteten angeborenen Syndrome
 häufigste Chromosomenstörung, die zu einer geistigen Behinderung führt
 Häufigkeit: 1:700
 in allen ethnischen Gruppen
 geringfügig mehr Jungen als Mädchen
3. Ätiologie
Allgemein
 Das Down-Syndrom (alle Formen) entsteht durch ein zusätzliches Chromosom, denn die Zellen
der betroffenen Menschen enthalten das Chromosom 21 dreifach.
 Da die dort liegenden Gene ebenfalls dreifach vorhanden sind, werden bestimmte Proteine
übermäßig stark produziert.
 Das stört die normale Entwicklung des Fetus.
 Zellen teilen sich nicht so schnell (daher die geringere Geburtsgröße), somit bleibt auch das
Gehirn kleiner
 Das zusätzliche Chromosom erhöht die Letalität: 80% der Schwangerschaften enden mit einer
Fehlgeburt
Freie Trisomie 21 (ca. 95 % der an Down-Syndrom erkrankten Personen)
 Das zusätzliche Chromosom beruht auf einem Fehler in der Meiose (Zellteilung)
 Das Chromosom Nr. 21 stammt meistens von der Mutter (vor allem, wenn diese über 35 Jahre
alt ist), kann aber auch vom Vater stammen (vor allem, wenn dieser über 55 Jahre alt ist)
Translokationsform (4 % der an Down-Syndrom erkrankten Personen)




Ein Abschnitt des zusätzlichen Chromosoms 21 hat sich an ein anderes Chromosom
angeheftet (Translokation), so dass einige Gene dreifach vorliegen.
dieses beruht ebenfalls auf einem Fehler in der Meiose
Kinder mit dieser Form der Trisomie unterscheiden sich im Grad ihrer Behinderung nicht von
Kindern mit freier Trisomie 21, obwohl sie nur einen Teil von Chromosom 21 zu viel haben.
eine Chromosomenuntersuchung ist hier angebracht, da häufig schon eine Translokation bei
einem Elternteil (Translokationsträger) vorliegt. Er selbst zeigt keine Symptome, da er die
üblichen 23 Chromosomenpaare plus einem Teil des Chromosoms 21 doppelt besitzt, jedoch
nicht dreifach. Für ihn ist die Wahrscheindlichkeit erhöht, noch ein Kind mit dem DownSyndrom zu bekommen.
Mosaikform (1% der an Down-Syndrom erkrankten Personen)
 ein Fehler in der Mitose führt dazu, dass nur bei einem Teil der Zellenein überzähliges
Chromosom 21 vorhanden ist (viele normale Zellen bedeuten eine bessere intellektuelle
Entwicklung und unauffälligere Symptome
 Zellen mit 45 Chromosomen sterben ab
4. Symptomatik
 kein Mensch mit Down-Syndrom hat alle charakteristischen Merkmale
Kopf und Gesicht
 Hypertelorismus (abnormer Augenabstand und bgeiter Schädel)
 Brachycephalie (Kurzköpfigkeit mit Rundkopf)
 abgeflachter Hinterkopf
 flaches Gesicht
 rundes Gesicht
 Augen
o Epikanthus (Hautfalte am inneren Rand des Augenlides)
o Lidspalten schräg nach oben geneigt
 kleine Ohren
 Mund
o Makroglossie (übergrosse Zunge, stark zerklüftet)
o Lippen breit und rissig
o Zahnstellungsanomalien
o Gaumen eng und hoch
 unterentwickelter Kehlkopf
 Nase klein und kurz
 weiche und glatte Haare
 kurzer und breiter Hals
Körper und Extremitäten
 Hände:
o breite Hände
o kurze Finger
o Klinodaktylie (einwärtsgedrehter Ring und kleiner Finger)
o Vierfingerfurche
o charakteristisches Muster des Fingerabdrucks
 Füße
o breite Füße
o großer Zwischenraum zwischen der 1. und 2. Zehe
 Vermindertes Wachstum der Röhrenknochen
 Bindegewebsschwäche
 allgemeine Muskelhypotonie
 Körpergröße
o Kinder sind bei der Geburt kleiner
o endgültige Körpergröße liegt unter dem Familiendurchschnitt
o Männer werden in der Regel 145-168 cm, Frauen 132-155 cm groß
 Organische Defekte
o Herzfehler (60-70 % der an Trisomie erkrankten Personen haben ein vergrößertes
Herz)
o Fehlbildungen des Magen-Darm-Traktes
Allgemeines
 ab 35. - 40. Lebensjahr oft Abbauerscheinungen
 gute Chancen auf Früherkennung
5. Erkrankungen, die bei Menschen mit Down-Syndrom besonders häufig vorkommen
Infektionen der oberen Atemwege
 Husten, Erkältungen und Mittelohrinfekte
 Grund: relativ enge Luftwege
Mittlohrentzündung
 häufige Ursache von Schwerhörigkeit
 vor allem Kinder mit Herzfehler sollten mit Antibiotika behandelt werden, um edas Risiko einer
Endokarditis auszuschließen
Augen und Sehvermögen
 Weit- oder Kurzsichtigkeit
 Schielen
 Nystagmus
 Katarakt (Grauer Star)
 Keratokonus
Muskeln, Knochen und Gelenke
 überbewegliche und überstreckbare Gelenke
 Plattfüße
Die Halswirbelsäule
 atlantoaxiale Instabilität, die zu Schädigung des Rückenmarks führen kan
Die Haut
 trockene Haut, die sich schuppt, aufplatzt oder juckt
Die Zähne
 Zähne brechen später durch als bei anderen Kindern
 Anfälligkeit für Parodontose
Die Schilddrüse
 Hypothyreose
Der Verdauungstrakt
 Duodenalatresie
 Hirschsprung-Krankheit
 Verstopfung
Leukämie
 bei Kindern mit Down-Syndrom häufiger als bei anderen Kindern
 Häufigkeit: 1:100 Kinder mit Down-Syndrom
Klinefelter-Syndrom

1% der Jungen mit Down-Syndrom hat zusätzlich zum überzähligen Chromosom 21 ein
überzähliges X-Chromosom
6. Häufige Herzfehler beim Down-Syndrom
Atrioventrikulärer Septumdefekt (AV-Kanal)
 Häufigkeit: 1:6 Kindern mit Down-Syndrom
 es besteht ein Loch in der Herzwand zwischen den beiden Vorhöfen und manchmal auch
zwischen den beiden Herzkammern
 meistens sind zusätzlich die Klappen zwischen den Vorhöfen und den Herzkammern
mißgebildet
7. Literaturhinweise


Selikowitz, Mark (1992): Down-Syndrom. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag (leicht
verständliches Grundlagenwerk, eigentlich für Eltern geschrieben)
Püschel, Siegfried (????): Kinder mit Down-Syndrom – Wachsen und Lernen.
Pätau-Syndrom (Trisomie 13)
Edwards-Syndrom (Trisomie 18
Katzenschrei-Syndrom (Cri-du-chat-Syndrom/ Lejeune-Syndrom/ 5p-Syndrom)
Wolf-Hirschhorn-Syndrom (4p-Syndrom/ Wolf-Syndrom)
zu 2. Metabolisch verursachte geistige Behinderung
Störungen des Aminosäurestoffwechsels
Ahornsirupkrankheit
Histidinämie
Hyperglyzinämie
Hartnupsche Krankheit
Homozystinurie
Phenylketonurie
Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels
Galaktosämie
Mukolipidosen und Mukopolysaccharidosen
Störungen des Lipid- und Lipoidstoffwechsels
Morbus Gaucher
Morbus Niemann Pick
Leukodystrophien
zu 3. Andere und ätiolisch unklare geistige Behinderung
Behinderungsformen
Wilsonsche Krankheit
 autosomal rezessiv vererbt
 Störung des Kupferstoffwechsels, dadurch Ablagerung von Kupfer im Gehirn
 Symptome:
o Gedächtnisstörungen
o Demenz
o Psychose
o geistige Behinderung
Lesch-Nyhan-Syndrom (Hyperurikämiesyndrom)
Tuberöse Sklerose
Neurofibromatose Typ 1 (Morbus Recklinghausen)
Rett-Syndrom
 genetisch verursachte Erkrankung!
 verantwortliches Gen: MECP2
 Häufigkeit: 1:10.000 bis 1: 15.000
 betrifft nur Frauen
 Störung tritt in der Regel ab Ende des ersten Lebensjahres auf
 Symptome:
o Abbau von Fähigkeiten
o autistische Verhaltensweisen
o Krampfanfaelle
o Bewegungsstereotypien in Form typischer waschender und knetender
Handbewegungen
o Hyperventilation
o durch Gleichgewichtsstoerungen charakterisierte Gangstoerung
o Hirnatrophie
o Nachlassen der geistigen Fähigkeiten
 Verlauf:
o zunächst meist weitgehend unauffällige Entwicklung
o Entwicklungsstillstand
o Verlust bereits vorhandener Fähigkeiten und Desinteresse an der Umwelt
o Stabilisierung des Zustands
 diagnostische Kriterien
o weibliches Geschlecht
o normale Schwangerschaft und Geburt
o normale Entwicklung während der ersten 6 bis18 Monate
o normaler Kopfumfang bei Geburt, Verminderung des Wachstums zwischen 1. und 4.
Lebensjahr
o Verlust sozialer Kontaktfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Störung der
Bewegungskoordination
o Verlust erworbener sinnvoller Handfunktionen zwischen 1. und 4. Lebensjahr
o Handstereotypien: waschende, knetende, schlagende, zupfende Bewegungen
o Störungen im Gangbild, Haltungsauffaelligkeiten im Rumpfbereich
 Therapie: keine Möglichkeit der Behandlung
 Prognose: Lebenerwartung ist nicht wesentlich verkürzt
Cornelia de Lange-Syndrom
Prader-Willi-Syndrom
 Ursache:
o bei ca. 50% der Patienten ist Deletion oder Translokation auf dem langen Arm des
Chromosoms 15 nachweisbar
o fehlende Freisetzung des Gonadotropin-Releasing-Hormons (Gn-RH) im
Hypothalamus
 Häufigkeit: 1:10.000 bis 1:170.000
o Männer sind häufiger betroffen als Frauen
 gemeinsames Auftreten (hormonell bedingter) Störungen, wie
o Diabetes mellitus
o Minderwuchs
o Adipositas




o Unfruchtbarkeit
o geistige Behinderung
Symptome:
o Muskelhypotonie
o Adipositas
o Diabetes mellitus
o Akromikrie
o Skoliose
o Schielen
o mangelhafte Entwicklung und Ausbildung der Geschlechtsorgane und verzögerter
Eintritt der Pubertät
o bei Jungen häufig Kryptorchismus
o Unfruchtbarkeit
o verzögerte geistige Entwicklung und eingeschränkte Intelligenz
Therapie:
o Hormonsubstitution
o symptomatisch.
Komplikationen
o infolge der Adipositas
o infolge des Diabetes mellitus mit seinen Folgeschäden vor allem an den Blutgefäßen
und inneren Organen
Prognose: verkürzte Lebenserwartung
Rubinstein-Taybi-Syndrom

Symptome:
o geistige Behinderung
o Minderwuchs
o breite Daumen und Großzehen
o "Vogelgesicht" (mit spitzer Nase, etwas deformierten Ohren, einem sehr hohen
Gaumen, schrägliegenden Augen, sehr hohen Augenbrauen)
o rötliches Geburtsmal auf der Stirn
o hohe Dehnbarkeit der Gelenke
o kleine schiefe Hüfte
o vermehrte Behaarung
o Jungen: ungesenkte Hoden
Sjögren-Larsson-Syndrom
Angelman-Syndrom (Happy-Puppet-Syndrom
Frühkindlicher Autismus
C) Autismus
1. Geschichte
 1799 untersuchte und studierte der bekannte Arzt Itard einen verwilderten Jungen, der im Wald
gefunden worden war - seine Berichte lasse vermuten, dass der Junge autistische
Verhaltensweisen zeigte
 1911 prägte Bleuler als erster den Begriff "Autismus" (von "autos" = selbst) und beschrieb damit eine





extreme Selbstbezogenheit eines Individuums
1943 veröffentlichte Kanner (amerikanischer Kinderpsychiater) einen Artikel über seine Erfahrungen
mit autistischen Kindern
o Kanner erkannte im Autismus erstmals ein eigenständiges Krankheitsbild
1944 führt Kanner den Begriff "frühkindlicher Autismus" als medizinischen Ausdruck ein
1944 veröffentlichte Asperger (österreichischer Kinderarzt) unabhängig von Kanner einen Bericht
über autistische Psychopathien im Kindesalter
1958 versuchte Mahler, die Ursachen des Autismus anhand der von ihr veröffentlichten
Entwicklungsphasen zu analysieren
1967 versuchte Bettelheim ebenfalls, die Ursachen des Autismus mit Hilfe des von ihm erstellten
Modells der Kindheitsentwicklung zu analysieren
o Bettelheims deutliche Schuldzuweisungen an die Mutter, die seiner Meinung nach wesentlich
für die Entstehung des Autismus verantwortlich ist, lösten in Fachkreisen kontroverse
Diskussionen aus
 1975 stellten Delacato und Doman die These auf, dass autistische Kinder nicht psychotisch,
sondern hirnverletzt sind
 1979 entwickelte Feuser die Theorie, dass Autismus eine Wahrnehmungsverarbeitungsstörung ist
und das dialektische Verhältnis zwischen Individuum und Umwelt beim autistischen Menschen
somit einer Dysfunktion unterliegt, was wiederum zu inadäquatem Verhalten und einer gestörten
Weiterentwicklung des Organismus führt
2. Autismus-Theorien
Nach der Internationalen Klassikation ICD-10 wird frühkindlicher Autismus , Atypischer Autismus
(autistische Züge) und das Asperger-Syndrom , sowie Rett-Syndrom und andere desintegrative
Störungen im Kindesalter unter tiefgreifende Entwicklungsstörungen (F84) klassifiziert.
Autistische Kinder sind in allen Sinnesbereichen (Hören, Sehen, Schmecken, Riechen, Fühlen, Tasten)
in der Verarbeitung der Außenreize gestört. Insbesondere haben sie große Schwierigkeiten, die Reize
von verschiedenen Sinneskanälen zu einem Gesamteindruck zu kombinieren. Am schwerwiegendsten
ist jedoch die Störung des "sechsten Sinnes", des Verständnisses für soziale Reize. Da es sich um eine
schwere Mehrfachbehinderung handelt, gibt es je nach Entwicklungsstand und Bedürfnis von Kind und
Familie sehr individuelle Programme zur Behandlung.
3. Verteilung
 es kommen zur Zeit in Österreich 3 bis 5 Kinder mit Autismus (alle Formen des Autismus
eingeschlossen) auf 10.000 Neugeborene
 es leben ca. 5.000 autistische Menschen in Österreich
o es gibt eine hohe Dunkelziffer vor allem im Bereich der erwachsenen Autisten, da viele
von ihnen als geistig behindert eingestuft in (Pflege-) Heimen leben
 Jungen erkranken 3-4mal häufiger als Mädchen

die meisten Autisten besuchen Schulen für geistig Behinderte

Autismus ist in allen sozialen Schichten und Nationalitäten zu finden
4. Klassifizierung
 Man unterscheidet heute im wesentlichen den frühkindlichen Autismus (Kanner) und die AspergerStörung
5. Ursache
 die genaue Entstehung von Autismus ist bis heute nicht endgültig geklärt, man geht jedoch von einer
Störung der Wahrnehmungsverarbeitung aus, die ihren Ursprung in einer komplexen Störung des
zentralen Nervensystems hat
 für das Asperger-Syndrom werden genetische Veränderungen sowie Hirnfunktionsstörungen und
neuropsychologische Ausfälle
6. Symptome/ Merkmale
Frühkindlicher Autismus (Kanner Autismus):

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
Man merkt sehr früh, das mit seinem Kind etwas nicht stimmt.
Irgendwie ist das Kind unfähig den Blickkontakt zu halten.
Es möchte nicht berührt werden.
Es spielt immerzu mit den gleichen Spielzeug und das unaufhörlich.
Es lacht kaum und zeigt keine Freude.
Wenn andere Kinder anfangen zu sprechen, spricht es nicht oder sehr unverständlich.
Wiederholt es nur das, was man selbst gesagt hat?
Im Kindergarten spielt es nur für sich, es will / kann keine Kontakte zu anderen Kindern knüpfen.
In seelischer Not hat es kein Verlangen nach Trost, oder doch, dann ganz ungewöhnlich viel?
Es fügt sich selbst Schmerzen zu.
Im nächsten Moment ist es tief in Gedanken versunken.
Oft wedelt es mit den Armen oder Händen, schaukelt hin und her.
So könnte sich ein Kind mit frühkindlichen Autismus verhalten.
Könnte, denn die Symptome können unterschiedlich stark sein. Und nicht jeder zeigt die gleichen
Symptome!
Atypischer Autismus:
Die Symptomatik des atypischen Autismus (oft auch psychogener Autismus genannt) entspricht den
des frühkindlichen Autismus, jedoch ist das Manifestationsalter nach dem 3. Lebensjahr.
Oder das Kind zeigt nicht alle entsprechenden Störungen, aus den Diagnosekrtiterien des
frühkindlichen Autismus.
Jedoch ist eine auffällige oder beeinträchtigte Entwicklung, nach dem 3.Lebensjahr, signifikant.
Autistische Züge:
Es gibt auch Diagnosen, zum Bespiel bei ADS oder geistigen Behinderungen, wo auch autistische
Züge diagnostiziert werden. Das bedeutet, das derjenige einige Symptome aus dem
Diagnosekriterium Autismus oder Asperger zeigt.
Diagnosekriterien für das Asperger Syndrom von Szatmari, Bremner und Nagy (1989)
Einsam
(mindestens zwei der folgenden Merkmale)




hat keine engen Freunde
meidet andere Menschen
hat kein Interesse am Schließen von Freundschaften
ist ein Einzelgänger
Beeinträchtigte soziale Interaktion
(mindestens eines der folgenden Merkmale)





nähert sich anderen Menschen nur an, wen es um die eigenen Bedürfnisse geht
hat eine ungeschickte Art der Annäherung
zeigt einseitige Reaktionen auf Gleichaltrige
hat Schwierigkeiten, die Gefühle anderer zu spüren
steht den Gefühlen anderer gleichgültig gegenüber
Beeinträchtigte nonverbale Kommunikation
(mindestens eines der folgenden Merkmale)







begrenzte Mimik
ist unfähig, aus der Mimik eines anderen Kindes eine Emotion herauszulesen
ist unfähig, Botschaften mit den Augen zu geben
schaut andere Menschen nicht an
nimmt nicht die Hände zu Hilfe, um sich Ausdruck zu verleihen
hat eine ausufernde und unbeholfene Gestik
kommt anderen Menschen zu nahe
Sonderbare Redeweise
(mindestens zwei der folgenden Merkmale)








abnormale Modulation
spricht zuviel
spricht zuwenig
mangelnde Kohäsion im Gespräch
idiosynkratischer Wortgebrauch
repetitive Sprachmuster
Entspricht nicht den DSM-IV-Kriterien
für eine autistische Störung
Australische Einschätzungskala für Asperger Syndrom:
(aus Tony Attwoods Buch "Das Asperger Syndrom" - leicht verändert - übernommen)
Der folgende Fragebogen wurde für Kinder im Grundschulalter entwickelt. in diesem Alter fallen
ungewöhnliche Verhaltensmuster und außergewöhnliche Fähigkeiten am häufigsten auf. Jeder Frage
oder Aussage folgt eine Skala von 0 bis 6 , wobei 0 das gewöhnliche Maß für Kinder dieser
Altersgruppe, 6 das ungewöhnlichste angibt.
Soziale und emotionale Fertigkeiten
Fehlt es dem Kind an Verständnis dafür, wie es mit anderen Kindern spielen kann?
Beispiel: Es kennt die ungeschriebenen Regeln von sozialen Spielen nicht.
Vermeidet es den sozialen Kontakt lieber, wenn es die Möglichkeit hat, mit anderen Kindern zu spielen,
etwa in der Schulpause?
Beispiel: Es geht in einen abgelegenen Raum oder in die Bibliothek.
Ist sich das Kind sozialer Konventionen oder Verhaltensmaßregeln nicht bewusst, und neigt es dadurch
zu unangemessenen Handlungen und Bemerkungen?
Beispiel: Es sagt etwas zu jemandem, ohne sich bewusst zu sein, dass diese Bemerkung womöglich
verletzen könnte.
Fehlt es dem Kind an Empathie, d.h. dem intuitiven oder unmittelbaren Verständnis für die Gefühle
anderer Personen?
Beispiel: Es erkennt nicht, dass eine Entschuldigung einer anderen Person helfen könnte, sich besser
zu fühlen.
Scheint das Kind zu erwarten, daß andere Leute seine Gedanken, Erfahrungen und Meinungen
kennen?
Beispiel: Es erkennt nicht, daß man etwas nicht weiß, weil man zu dem Zeitpunkt nicht mit dem Kind
zusammen war.
Muß das Kind besonders ausgiebig beruhigt werden, insbesondere, wenn Dinge verändert werden
oder schief gehen?
Fehlt es dem Kind an Feingefühl im Gefühlsausdruck?
Beispiel: Das Kind zeigt eine für die Situation übermäßig starke Belastung oder Gefühlsbewegung.
Fehlt es dem Kind an Angemessenheit in seinem Gefühlsausdruck?
Beispiel: Es versteht nicht, welches Ausmaß seines Gefühlsausdrucks bei verschiedenen Personen
angemessen ist.
Ist das Kind nicht daran interessiert, an Wettkämpfen, Spielen oder Aktivitäten teilzunehmen?
Ist das Kind gleichgültig gegenüber dem Anpassungsdruck?
Beispiel: Es folgt nicht der neuesten Mode bei Spielsachen oder Kleidung.
Kommunikative Fertigkeiten
Interpretiert das Kind Bemerkungen wörtlich?
Beispiel: Es wird durch Redewendungen wie 'sich warm anziehen müssen', 'Blicke, die töten können'
oder 'jemandem die Augen öffnen' verwirrt.
Hat das Kind eine ungewöhnliche Sprachmelodie?
Beispiel: Das Kind scheint einen ausländischen Akzent zu haben oder einen gleichbleibenden Tonfall,
bei dem die Betonung der Schlüsselwörter fehlt.
Erscheint das Kind desinteressiert an den Kommentaren und Bemerkungen des Gesprächspartners?
Beispiel: Es fragt nicht nach und nimmt nicht Stellung zu Gedanken oder Einstellungen des
Gesprächspartners.
Tendiert das Kind in Gesprächen zu weniger Blickkontakt, als man es erwarten würde?
Ist die sprache des Kindes übergenau und pedantisch?
Beispiel: Es spricht förmlich oder wie ein wandelndes Wörterbuch
Hat das Kind Probleme, einen Gesprächsverlauf zu korrigieren?
Beispiel: Wenn das Kind verwirrt ist, fragt es nicht nach, sondern wechselt zu einem vertrauten Thema
oder benötigt eine Ewigkeit, um über eine Antwort nachzudenken.
Kognitive Fähigkeiten
Liest das Kind Bücher vorrangig zur Information und scheint nicht an fiktiven Welten interessiert zu
sein?
Beispiel: Es ist ein gieriger Leser von Lexika und wissenschaftlichen Büchern, aber nur wenig an
Abenteuergeschichten interessiert.
Hat das Kind ein ungewöhnliches Langzeitgedächtnis für Ereignisse und Fakten?
Beispiel: Es merkt sich das Nummernschild von einem früheren Auto des Nachbarn, oder es erinnert
sich deutlich an Vorgänge, die mehrere Janre zurückliegen.
Zeigt das Kind keine sozialen 'So-tun-als-ob'-Spiele?
Beispiel: Andere Kinder werden in seine imaginären Spiele nicht einbezogen, oder das Kind ist verwirrt
von den 'So-tun-als-ob'-Spielen der anderen Kinder.
Spezifische Interessen
Ist das Kind fasziniert von einem bestimmten Thema und sammelt begierig Informationen und
Statistiken dazu?
Beispiel: Das Kind wird zu einem wandelnden Lexikon an Wissen über Autos, Landkarten oder
Spieltabellen.
Ist das Kind übermäßig beunruhigt durch Veränderungen der Alltagsroutine?
Beispiel: Es ist belastet, wenn es auf einem anderen Weg als gewöhnlich zur Schule geht.
Entwickelt das Kind fein ausgebildete Gewohnheiten oder Rituale, die vollzogen werden müssen?
Beispiel: Spielsachen aufreihen, bevor es zu Bett geht.
Motorische Fertigkeiten
Hat das Kind eine schlechte motorische Koordination?
Beispiel: Es ist ungeschickt im Ballfangen.
Hat das Kind einen merkwürdigen Gang, wenn es rennt?
Andere Merkmale
kreuzen Sie bitte in diesem Teil an, ob das Kind folgende Merkmale zeigt:
Ungewöhnlich Angst oder Unbehagen aufgrund:
- gewöhnlicher Geräusche, z.B. von elektrischen Geräten
- leichter Berührung an Haut oder Kopf
- des Tragens bestimmter Kleidungsstücke
- unerwarteter Geräusche
- des Erkennens bestimmter Objekte
- lauter, überfüllter Orte, z.B. Kaufhäuser
Eine Tendenz zu 'flattern' oder zu schaukeln, bei Erregung oder Bekümmerung
Fehlende Empfindlichkeit für geringfügigen Schmerz
(später Spracherwerb)
Ungewöhnliche Gesichtsgrimassen oder -tics
Wenn die Mehrheit der Fragen mit Ja beantwortet wird, und die Einschätzung zwischen 2 und 6 liegt
(das heißt auffällig über dem normalen Wert), so bedeutet das nicht automatisch, daß das Kind
Asperger Syndrom hat. Dennoch besteht diese Möglichkeit, und es empfiehlt sich eine Überweisung an
eine Stelle, wo eine endgültige Diagnose erfolgen kann.
Formen der körperlichen Behinderung
D) CEREBRALPARESEN
1.1. Definition und Häufigkeit
Cerebralparese
 Cerebral = im Gehirn, parese = Lähmung
 vor oder während Geburt entstandene Gehirnstörung, die den Bewegungsapparat und die
Sensomotorik negativ beeinflusst
 Eine Cerebralparese ist eine bleibende sensomotorische Störung in Folge einer frühkindlichen
 Hirnschädigung. (frühkindlich = zwischen dem Beginn der Schwangerschaft und dem Ende des
Lebensjahrs entstanden; Hirnschädigung = irreparabler, konstanter Defekt)
Häufigkeit: 1 - 3 Betroffene pro 1000 Lebendgeburten
1.2. Ursachen
 nicht immer erkennbar
 Möglichkeiten: Noxenkette, Hypoxie, prä- oder postnatale Infektion
1.3. Formen der Cerebralparesen



Klassifikation der Cerebralparesen: spastische Parese, Athetose und Ataxie
Information für die Bewegung der rechten Extremitäten liegt in der linken Gehirnhälfte
Je stärker die spastische Lähmung, um so stärker ist auch die geistige Beeinträchtigung

Spastiker werden normalerweise in KB-Schulen unterrichtet, aber wenn nur eine geringe
geistige
Beeinträchtigung vorliegt, erfolgt eine Integration in die Regelschule oder eine LB-Schule
1.3.1 . Die spastische Parese
Definition
Spastische Parese: taschenmesserartige Tonuserhöhung der Muskeln infolge einer Läsion
pyramidenbahnnaher Nervenbahnen
1.3.1.1. Die spastische Diplegie
Erklärung
 Muskeln (Adduktoren) ziehen den Oberschenkel zur Mittellinie
 Abspreizhemmung durch erhöhten Muskeltonus der Adduktoren (Adduktorenspasmus)
 Arme nur leicht betroffen, Beine schwerer, kaum Seitendifferenzen
Fortbewegung
 Laufen aus dem Becken heraus
 Vorschleudern der Beine

erschwerte Rotation der WS

Sprünge können nicht durch Muskeln abgefangen werden, so dass alle Last auf den Knochen
liegt
schlechte Balance, daher Ausgleichbewegungen der Arme
Ausweichbewegungen (z.B. nach einem Stoß) sind nicht möglich
Pubertät stellt großes Problem, wegen Gewichtszunahme, das bedeutet schlechteres Laufen
Laufen im Scherenmuster




Stand
 Spitzfuß
o durch Achillessehnenverkürzung Kontraktion der Unterschenkelmuskeln,
o wird ab gewissem Alter aufgrund des Gewichtes, das auf ihm lastet zu einem SenkSpreizfuß
o (stabileres Stehen, aber "schlurfender" Gang, weil Fuß nicht abgerollt werden kann)
o gebeugtes Becken
o gebeugte Knie und Hüfte
o Adduktion und Innenrotation (Knie reiben aneinander)
o Hohlkreuz (Kompensatorische LWS-Lordose)
o Gleichgewichtsstörung
Sitzen
o Langsitz
o Übermäßige Rumpfkyphose
o gebeugte Beine
o nach-hinten kippen
o Häschensitz"
o sitzen zwischen den Versen
o hoppelnde Fortbewegung
o Hilfen, um Spasmus im Sitzen zu verhindern: Arm- und Rückenlehnen,
Fußstützen und Keil
Obere Extremitäten
o ebenfalls betroffen
o Greifen ist möglich, aber erschwert
Intelligenz
o trotz "normaler" Begabung kann Leistungspensum der Grundschule meistens nicht geleistet werden
o KB-Schulen oder Integration in Regelschule (aber verstärkte Zuwendung ist notwendig)
Teilleistungsschwächen
o Feinmotorische Störungen
o im Alter von 10-12 Jahren reift Feinmotorik
o Wahrnehmungsschwächen
o Sprachstörungen
o auditive Störungen
Wuchs
o cerebral paretische Kinder sind kleiner als gesunde Kinder
o Kinder, die nicht laufen können sind noch kleiner
Verschiedenes
es besteht eine Imbalance der Muskelbeuger und -strecker
Merksatz: Die Haltung kommt vor der Kontraktur
die Immobilität der Extremitäten führt zur Kontraktur
es entstehen assoziierende Mitreaktionen (krankhafte Mitbewegungen
der Hände und des Mundes)
o Blindheit und mentale Behinderung als Begleitbehinderungen wirken
o
o
o
o
sich potenzierend auf die Gesamtbehinderung aus >>> keine
Fortbewegung >>>Schwerstbehinderung
o
1.3.1.2. Die spastische Tetraplegie
Erklärung
o Arme und Beine betroffen, deutliche Seitendifferenzen
o die Tetraplegie ist eine beidseitige Hemiplegie, doch es besteht ein
deutlicher qualitativer Unterschied
Fortbewegung
o bei 80 - 90 % der Pat. ist Laufen nicht möglich
o robbend (spreizen der Beine nicht möglich)
o Fortbewegung im Rollstuhl durch Mitbeteiligung der Arme erschwert
o Hypertonie und Bewegungsarmut
Untere Extremitäten
o wie bei Diplegie
Obere Extremitäten
o stereotype Haltung in Henkelstellung
o Hände locker und gefaustet
o Scherengriff
Rumpf
o Rumpf ist steif >> Torsion des Rumpfes nur en bloc möglich
o schwacher Haltungstonus im Rumpf >> auch Kopfkontrolle erschwert
Reflexe
 tonischer Labyrinthreflex: Impulse aus dem Labyrinth (Innenohr) bestimmen folgende
Bewegungsmuster:
o Rückenlage: Kopf im Nacken, Arme in Henkelstellung, Beine gestreckt
o Bauchlage: Schulterretaktion (Schultergürtel und Arme hinten), Kopf in Mittellinie,
Beine angezogen
o bei Fall nach vorne ist kein Abstützen möglich
Sprache
bei kontinuierlich erhöhtem Tonus zeigen sich:
o Mimikarmut
o eintönige, einsilbige Sprache
o keine differenzierte Zungenmotorik
mentale Fähigkeiten

 großer Teil der Pat. ist geistig behindert und/ oder kleinköpfig
 in Abhängigkeit vom Grad der geistigen Behinderung wird die Motorik negativ beeinflusst
 stärkere Einschränkung der geistigen Entwicklung
Feinmotorik
 abhängig von mentalen Fähigkeiten und dem Willen
Begleitende Behinderungen
 Hörschwäche
 Sehschwäche

Epilepsie (bei 30 %)
1.3.1.3. Die spastische Hemiplegie
Definition
Hemiplegie = Halbseitenlähmung
Erklärung
 halbseitige Lähmung, diskrete neurologische Störungen auch auf der gesunden Seite
nachweisbar
 betroffene Seite neigt zu Verkrampfung
 Achsenabweichung des gesunden Beins (X-Bein-Stellung)
 Diagnose wird schon im Alter von 4 - 5 Monaten gestellt, dann folgt die Therapie
Klassifikation
Hemiplegie mit gestörter Körperschemastörung (wegen unzureichender Repräsentanz der
betroffenen Körperhälfte wird diese nicht wahrgenommen)
herabgesetzte Wahrnehmung
herabgesetztes Schmerzempfinden
sensorische Defizite
keine Integration der behinderten Hälfte ins Körperschema
größtenteils GB
über 50 % der Pat. sind Epileptiker
Ursache: Hirnblutung
Hemiplegie mit vollständigem Körperschema
gutes Sprechen
häufig integriert in Regelschule
kein Anfallsleiden
Ursache: Gefäßverschluss (durch Embolie oder Thrombose) in der Schwangerschaft
Untere Extremitäten
 wie bei Diplegie
 gelähmtes Bein ist im gestreckten Zustand 5 bis 6 cm kürzer als das gesunde (Hypoplasie),
Spitzfuß kann nicht genug ausgleichen
 Schrittlänge auf betroffener Seite verkürzt
 Schiene zum Ausgleich des Spitzfußes (hält Fuß im 90° Winkel) und Schuhausgleich nötig
Obere Extremitäten
 Arm in Henkelstellung
 Hand gefaustet und nach außen und innen gerichtet
 Hypoplasie
 betroffener Arm in steifer Beuge- oder Streckhaltung
Fortbewegung
 Rumpf wird gebeugt (wie Tritt in Kuhle)
Hypoplasie




erstreckt sich über die gesamte Körperhälfte
verminderte nervale Struktur (wenig Impulse werden vom Gehirn abgegeben) >> schlechte
Blutversorgung
verminderte Nutzung
bleibt das ganze Leben über bestehen
1.3.2. Die Athetose (Dyskinesie)
Erklärung
 meistens der ganze Körper betroffen, deutliche Seitendifferenzen
 Schwankender Muskeltonus, der von der Erregungslage des Pat. abhängig ist
 Hyperkinese
 Fehlen der Co-Kontraktion: Kopf und Rumpf können kaum ruhig gehalten werden; Schultern
und Becken erhalten nicht genug Stabilität
 in Ruhe: Hypotonus
 in Aktivität: starke Schwankungen zwischen Hypotonus und Hypertonus
 Gangbild: schlechte Balance > Ausgleichbewegungen der Arme notwendig; kleine Schritte mit








gestreckten Beinen
kaum Möglichkeiten zu Mimik und Artikulation
häufig in Kombination mit spastischen oder choreiformen Bewegungsmustern
Schwerstbehinderung, die dem Pat. meist nur die Rückenlage zulässt
Überschießende Bewegungen
normale geistige Entwicklung möglich
Diskrepanz zwischen mimischer Ausdrucksweise und Intelligenz
Sprechen oft nicht möglich
häufig ist TLR vorhanden

im Säuglingsalter noch keine Athetose, sondern schlaffe, hypotone Körperhaltung:
Sondenernährung, Froschhaltung der Beine
 dystonische Attacken (plötzlich auftretende überhöhte Anspannungen) > Verletzungsgefahr
 gezielteste Bewegungen meistens mit Fuß oder Stirn möglich
Kennzeichen
Asymmetrie der Bewegungen (in jeder Körperregion)
 wird maßgeblich durch ATNR (Asymmetrisch Tonischer Nacken Reflex) hervorgerufen
 Verhinderung der Mittellinienorientierung (Pat. muss wegsehen, um in Mitte greifen zu können)
Ess- und Schluckstörungen
 Kehlkopfdeckel muss funktionieren, da Neugeborene abwechselnd atmen (durch die Nase) und
schlucken

bei cerebral gestörten Kindern funktioniert er nicht, so dass sie nicht richtig trinken können und
bis zu einem Alter von 4 bis 5 Monaten per Sonde gefüttert werden müssen
1.3.3. Die Ataxie






a = weg von, taxis = Ziel
Bewegungsstörung mit vorrangiger Gleichgewichtsstörung
schwere geistige Behinderung
Epilepsie
Muskelerschlaffung
meistens in Form einer Tetraplegie

wenig gesteuerte, eckige und fahrige Bewegungen infolge Mangel an koordinierter
Muskelaktivität
kaum Zielsicherheit, Abstufung und Dosierung
Rumpfataxie: Stand ist wackelig und instabil und Gang ist torkelig
Extremitätenataxie: Intentionstremor, Dysdiadochokinese, Dysmetrie und Rebound-Phänomen



1.3.4 Die Hypotonie
 meistens nur als Begleiterscheinung
1.4. Unzureichend gehemmte Reflexe
1.4.1 Tonischer Labyrinth-Reflex (TLR)
Änderung von Kopf- und Körperhaltung
 in Bauchlage: tonische Beugung von Rumpf und Extremitäten
 in Rückenlage: Streckung von Rumpf und Extremitäten
1.4.2 Asymmetrisch tonischer Nacken-Reflex (ATNR)
bei Neigung des Kopfes zur Seite
 Arm auf der Gesichtsseite: Streckung und Tonuserhöhung

Arm auf der Hinterkopfseite: Beugung und Tonusverminderung
1.4.3 Symmetrisch tonischer Nackenreflex (STNR)
 bei Neigung des Kopfes nach hinten
 obere Extremitäten: Streckung und Tonuserhöhung
 untere Extremitäten: Beugung und Tonusverminderung
 bei Neigung des Kopfes nach vorne
 obere Extremitäten: Beugung und Tonusverminderung
 untere Extremitäten: Streckung und Tonuserhöhung
1.4.4 Überschießende Stützreaktionen der Beine
 bei Berührung der Füße einer Unterlage: steife tonische Beinhaltung mit Spitzfuß und
Adduktion sowie Innenrotation in den Hüften
1.5. Prognose
Lebenserwartung
 abhängig vom Schweregrad der Cerebralparese
Entwicklungsprognose
 um so schwerer zu stellen, je jünger das Kind ist
 langfristig erreichbare Ziele können anhand der Verlaufsbeobachtung bei gleichzeitiger
Förderung abgeschätzt werden
 es gibt hirnorganisch bedingte Grenzen
 Tempo der Bewegungsentwicklung lässt Schlüsse auf Prognose zu

Abhängigkeit von der Form der Cerebralparese:
Spastische Dioder
Hemiplegie
Spastische
Tetraplegie
Athetose
erlernen das
Laufen
prognostisch
schlechter
erlernen das
Laufen
erreichen mehr
oder weniger
hohes Maß an
Unabhängigkeit
auch die
Intelligenz
ist
eingeschränk
t
können viele
Probleme durch
gute
intellektuelle
Fähigkeiten
ausgleichen
Eingliederungsprognose
Ataxie
verlangsamte
statomotorische
Entwicklu
ng, aber
gutes
Spätergeb
nis
Einstellung zur eigenen Behinderung und zu Mitmenschen ist bedeutsamer als geistige und körperliche
Fähigkeiten
3.1. Physiotherapie
Wirksamkeit ist abhängig von:
 frühem Beginn
 Intensität
 Methodik
Ziele:
 Beeinflussung der abnormen Steuerung von Muskeltonus und Koordination
 normale Haltungsmuster und Bewegungen ermöglichen
 sensomotorisches Lernen anbahnen
 es werden nicht die Muskeln behandelt, sondern das Gehirn
Spezialmethoden



Bobath: von verschiedenen Schlüsselpunkten aus werden pathologische Muster der
Tonusverteilung
gehemmt und gleichzeitig automatische Stell-, Stütz- und Gleichgewichtsreaktionen angebahnt
Vojta: in bestimmten Ausgangspositionen werden durch Druck auf sogenannte Auslöserzonen
angestrebte Koordinationskomplexe (Beherrschung der Körperlage, Aufrichtungsmechanismen
und phasische Beweglichkeit) ausgelöst
weitere Methoden
 Sensorische Integrationsbehandlung nach Ayres: Stimulation der Oberflächen- und
Tiefenwahrnehmung oder des Gleichgewichtssinns
 Petö-Methode: ganzheitlicher Ansatz, in dem krankengymnastische, ergotherapeutische,
sprachtherapeutische und pädagogische Maßnahmen integriert werden
3.2. Mund- und Esstherapie
Ziel:
 Verbesserung von Störungen der Sensibilität sowie der Planung und Ausführung von
Bewegungen im Mundbereich
Voraussetzungen:
 unbehinderte Nasenatmung
 optimale Mundhygiene
 günstige Ausgangsposition und ruhige Atmosphäre
Esstherapie:
 Anbahnung und Normalisierung der komplexen Bewegungsabläufe des Kauens und
Schluckens
3.3 . Sprachtherapie
Voraussetzungen
 ausreichende Kopfkontrolle
 Hemmung von tonischen Massenbewegungen
Problem:

gerade Bemühungen, Sprache zu erzeugen, führen häufig zu Verspannungen, die die
Stimmgebung und die Artikulation zusätzlich erschweren
Kommunikationshilfen:
 einfachste Systeme zur Ja-Nein-Differenzierung
 Drucker/ Schreibmaschine
 Symbolsprachen
3.4. Funktionstraining und Hilfsmittelversorgung
Förderung der Selbständigkeit
 Anstreben maximaler Unabhängigkeit
Ergotherapie:
 Entwicklung und Stärkung der Freude am eigenen Tun>
 zuerst Dinge des alltäglichen Lebens, später Freizeitgestaltung
 es gibt hirnorganisch bedingte Grenzen, so dass der Einsatz von Hilfsmitteln notwendig ist
Selbsthilfetraining
 Umgang mit Hilfsmitteln muss gelernt werden
Hilfsmittel:
 Haltungsbewahrung
 selbständige Fortbewegung
 Transport
 Kommunikation

Alltagsverrichtung
3.5. Orthopädische Behandlung
 wenn trotz Physiotherapie Deformitäten drohen oder entstanden sind
 spezielle Schule
 Korsetts > bei Skoliose (während der gesamten Wachphase zu tragen)
 Schalen und Schienen zur Lagerung (während der Nacht zu tragen)
 Gipsverbände
 Operationen (Ziele: funktioneller Gewinn, pflegerische Erleichterung und selten: kosmetische Gründe)
3.6. Sport
Ziele:
physisch:
 Verbesserung der Bewegungsgeschicklichkeit, Schnelligkeit und Kraft
 Anregung von Kreislauf und Atmung
 Erhöhung der Belastbarkeit
psychisch:
 Förderung der Bewegungsfreude, des Leistungswillens, der Selbstbeherrschung und des
Selbstwertgefühls

Verbesserung des Sozialverhaltens (Rücksichtnahme, Gemeinschaftsgefühl)
Möglichkeiten:
 Reiten
 Schwimmen
 evtl. Skifahren
 usw.
3.7. Medikamentöse Behandlung
 spielt untergeordnete Rolle in der Behandlung der Cerebralparese, da Regulation von Tonus
und Koordination sich nicht medikamentös beeinflussen lassen
3.8. Neurochirurgie
 sorgfältige Indikationsstellung
 nicht vor dem Schulalter
 Besserung, nicht Normalisierung der Bewegungsmöglichkeiten möglich

Operation (Erfolge bei starker Spastik und Athetose sind nicht immer von Dauer)
3.9. Umstrittene Behandlungsformen
 Ultraschallbehandlung des Gehirns
 Spezialdiäten und Tees
 Akupunktur


Trocken-/ Frischzellen
Vibrationsmassage
E) EPILEPSIE
1. Allgemeines
 jeder Mensch kann Krampfanfall erleiden, z.B. durch Sauerstoffmangel oder Vergiftung
 Bezeichnung „epileptisch“ nur dann, wenn Anfall auf plötzlichen und übermäßigen elektrischen
Entladungen von einzelnen Gehirnzellen oder des ganzen Gehirns beruht
 epileptischer Anfall ist Symptom einer Funktionsstörung des Gehirns und kann viele Ursachen
haben
 bei Anfall entladen sich Nervenzellen mit exzessiv gesteigerter Frequenz und abnormer
Synchronie
 Krampfbereitschaft ist in seiner Ausprägung von der Hirnreifung abhängig
2. Unterscheidung
Gelegenheitskrämpfe/ akute epileptische Reaktionen
 treten nur einmal oder gelegentlich auf
 haben akute Ursache
 sind im Kindesalter häufig (vor allem Fieberkrämpfe)
 mögliche Ursachen: Stoffwechselstörungen(Blutunterzuckerung, Kalkmangel im Blut,
Schwangerschaftsvergiftung), Alkohol- und Drogen-Entzugsanfälle bei Suchtkranken,
Vergiftungen (Pilze oder Chemikalien), Hirnverletzungen/ -blutungen, Sauerstoffmangel
chronische Epilepsie
epileptische Anfälle wiederholen sich chronisch
Anfall tritt unabhängig von anderer Erkrankung auf und ereignet sich ohne erkennbare äußere
Auslösung
 Abstände zwischen Anfällen können Tage, Wochen oder sogar Jahre betragen
psychogene Anfälle
 keine Hirnfunktionsstörung nachweisbar
 Vorsicht: bei Diagnose "psychogener Anfall" kann ein echter epileptischer Anfall gekoppelt sein
nichtepileptische Anfälle können ebenso beruhen auf
 kreislaufbedingter Hirndurchblutungsstörung (Ohnmacht)
 bestimmten Herzanfällen


unwiderstehlichem Schlafzwang (narkoleptische Anfälle)
abnormem Reflexgeschehen auf plötzliche Wut oder schmerzhaftes erschrecken (kann zu
Wutkrampf oder Reflexohnmacht führen)
3. Statistik
 epileptische Anfälle sind häufiges Symptom
 5 % aller Menschen bekommen einmal im Leben epileptischen Anfall
 nur bei 1 % sind epileptische Anfälle chronisch
 bei 10 % aller Menschen findet man im EEG erhöhte Neigung zu epileptischen Anfällen
 Epilepsien können in jedem Alter auftreten, meistens beginnen sie im Kindes- oder Jugendalter



aller Epilepsien entwickeln sich bis zum 20. Lebensjahr
4. Ursachen
 jede Hirnerkrankung kann mit epileptischen Anfällen einher gehen
 häufigste Ursachen im Kindes- und Jugendalter: pränatale Störung der Hirnentwicklung,
Geburtskomplikationen wie z.B. Sauerstoffmangel oder Frühgeburt, Gehirn- oder
Hirnhautentzündungen, Stoffwechselstörungen des Organismus, die das Gehirn in
Mitleidenschaft ziehen
 häufigste Ursachen im Erwachsenenalter: Verletzungen des Gehirns durch Unfälle,
Hirntumoren, Gefäßerkrankungen des Gehirns
 nicht selten liegt ererbte oder erworbene Disposition vor
5. Erscheinungsformen
5.1 Grand-Mal-Anfall
Beginn (ca. 10-20 Sekunden):
 manchmal Aura
 stöhnen/ schreien, Fall
 krampfhaft versteifte Muskeln
 weit aufgerissene, verdrehte Augen
 verzerrtes Gesicht
 Stocken der Atmung: bläuliche Verfärbung des Gesichts (Eindruck des Erstickens)
Höhepunkt (1-5 Minuten):





Ende:




heftige, stoßweise Zuckungen der Arme, Beine und Gesichtsmuskeln
durch plötzlichen Kieferkrampf kann Zunge oder Wange verletzt werden
bei Sturz Gesichts- oder Kopfverletzungen möglich
Speichel fließt aus Mundwinkel oder wird durch Zähne gepresst
Urin und Kot wird abgegeben
tiefe und röchelnde Atmung
Schwitzen
Unempfindsamkeit gegenüber äußeren Reizen
komaähnlicher Zustand, der oft in längeren Nachtschlaf übergeht
Status epilepticus
 Folge von Anfällen, ohne dass sich Betroffener zwischendurch erholen kann oder Anfall, der
länger als 15 Minuten dauert
 Achtung: LEBENSGEFAHR !!!!
Möglichkeiten der Soforthilfe
 einzelner Anfall: keine Eingriffsmöglichkeit
 Serie von Anfällen: Eingreifen durch Einsatz von Valium-Rektiolen
 Status epileptikus: Lebensgefahr: Intensivstation
5.2 Absencen

plötzliche Bewusstseinspause von 4-30 Sekunden



starrer Blick
eine Reaktion auf Ruf
feine gleichmäßige Bewegungen der Augenlider, des Gesichts oder der Arme
5.3 Blitzkrämpfe/ Blinzelanfälle/ Nickanfälle/ Sturzanfälle

Blitzartige Zuckungen durch ganzen Körper oder auf einzelne Körperteile beschränkt
5.4 Fokale Anfälle (einfache elementare Herdanfälle)


anfallsartiges Missempfinden oder Zuckungen, die auf einen Körperteil beschränkt sind
keine Bewusstseinsstörung
5.5 Komplexe fokale Anfälle (Dämmerattacken/ Psychomotorische Anfälle)

Verwirrungszustände mit sinnlosen Bewegungen (z.B. Nesteln, Zucken, Kauen), sinnlosem
Reden, unartikulierten Lauten, Veränderungen der Gesichtsfarbe oder Schweißausbrüchen
6. Verlauf
 milde oder schwere Verlaufsformen
 manchmal kommt es im Leben nur zu wenigen Krampfanfällen

manchmal treten Anfälle nur bei bestimmten Anlässen auf
o unregelmäßige Lebensführung mit Verschiebung des Schlaf-Wach-Rhythmus`
o Schlafmangel
o übermäßiger Alkoholgenuss
o Stress
o Einwirkung von Flackerlicht
Manchmal schwerer Verlauf oder Verschlimmerung: es drohen Schäden durch
Sturzverletzungen, Abbau von geistigen Kräften, Status epilepticus
7. Zusammenhang zwischen Epilepsie und psychischen Störungen
 Epilepsie verändert NICHT zwangsläufig die Intelligenz und Persönlichkeit
 nur bei kleinem Teil der Epilepsiekranken kommt es zu Intelligenz- oder
Persönlichkeitsveränderungen
o häufigste Ursache hierfür ist Hirnschädigung durch die Grundkrankheit
o bei häufigen großen Anfällen können infolge des Sauerstoffmangels Nervenzellen
geschädigt werden
8. Diagnostik

 wichtigste Methode ist EEG (Elektroenzephalogramm)
 bringt direkt nach einem Anfall nichts, da in atonischer Stille keine Gehirnaktivität
9. Therapiemöglichkeiten
 Epilepsien sind grundsätzlich heilbar
o mit Medikamenten können 60 % der Betroffenen von Anfällen befreit werden, weiteren
20 % kann entscheidend geholfen werden
 Voraussetzungen für erfolgreiche Behandlung
o genaue fachärztliche Diagnose (Anfallstyp, Grunderkrankung)
o Austesten des richtigen Medikaments in richtiger Dosierung



o regelmäßige Medikamenteneinnahme
o Behandlungsdauer von mindestens 3 Jahren unter ständiger fachärztlicher Kontrolle
o geordnete Lebensführung
Herdepilepsien können in manchen Fällen operativ behandelt werden
o bei Herden im Schläfenhirn sind Erfolgserlebnisse am häufigsten
Drei Hauptaufgaben der Akut-Therapie
o Verhindern einer Wiederholung des Anfalls
o Unterbrechung eines epileptischen Anfalls, falls dieser zu lange dauert
Gelegenheitsanfall (z.B. Fieberkrampf) vorbeugen
F) MULTIPLE SKLEROSE
1. Bezeichnung
1.1. "Multiple Sklerose"
 Multiple = vielfältig
 Skle = Veränderung der Bindegewebes
 rose = chronisch
 Skleros = hart (von Vernarbung)
2. Krankheitsbild
 entzündliche Krankheit des ZNS mit Übergang in chronischen Zustand
 an multiplen (mehreren) disseminierten (verstreut liegenden) Stellen des Gehirns und Rückenmarks
treten Entzündungsherde (Plaques) auf, die sich später zurückbilden oder als Narben (Sklerose)
zurückbleiben (vgl. Neuhofer 1996, 9)
 das Myelin der Nerven wird angegriffen und zerstört, so dass es zu einer Verlangsamung und später
auch zu einer UNterbrechung der Reizweiterleitung kommt
 Myelin kann nur in sehr frühem Stadium wieder aufgebaut werden
 Beschwerden sind abhängig vom Ort im Gehirn oder Rückenmark, an dem Entzündungsherde sitzen
 Beginn: in der Regel zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr
 es sind mehr Frauen betroffen
3. Verlauf
 es sind sehr viele verschiedene Verlaufsformen möglich
3.1 Verlauf in Schüben
 plötzliches Auftreten der Symptome
 Schub bildet sich im Frühstadium der Krankheit sehr oft von alleine zurück (Spontanremission)
 beschwerdefreier Zustand zwischen Schüben kann Jahre dauern
 manchmal tritt nach dem ersten Schub Stillstand der Krankheit ein
3.2 Chronischer Verlauf
Primär chronischer Verlauf
 schleichender Beginn, der langsam aber stetig zu einer Verschlechterung des Zustands führt
 bei einem Drittel der MS-Patienten
Sekundär chronischer Verlauf
 zu Beginn schubhaft, dann langsam fortschreitender Verlauf
 chronischer Verlauf kann durch kleinere Schübe unterbrochen werden
4. Ursachen
 eigentliche Ursache ist ungeklärt
 Störung im Immunsystem (im Bereich des Gehirns und Rückenmarks entstehen Immuneiweiskörper,
die im Liquor nachgewiesen werden können)
4.1 Faktoren, die für Störungen des Immunsystems verantwortlich sind
Vererbung
 familiäre Häufungen, aber keine nachgewiesene Erbkrankheit
 Disposition wird vererbt
Virale Einflüsse
 Viren können Auslöser oder Aktivatoren der Krankheit sein
 häufig können Antikörper gegen verschiedene Viren nachgewiesen werden
 Slow-Virus-Infektion (verzögert ablaufende, versteckte Virusinfektion)
 Virusinfektionen führen zu Störungen des körpereigenen Immunsystems, die wiederum für das
Auftreten der MS verantwortlich sind
Umwelteinflüsse
 südlich des Mittelmeerraums ist die MS unbekannt
 Foererinseln = MS am allerhäufigsten
 Prävalenzrate von 60 auf 100000 Einwohner nördlich des 46. Breitengrads in Europa
 Erkrankungshäufigkeit nimmt mit Entfernung vom Äquator zu
 Migrationsstudien
o nach Israel wurde nach dessen Gründung die MS-Erkrankungsbereitschaft eingeschleppt
5. Diagnose
 es gibt keine MS-spezifische Untersuchung
5.1 Häufigste Symptome zu Beginn der Erkrankung
 schnelle Ermüdung, Kraftlosigkeit
 Sensibilitätsstörungen
 Sehstörungen
 gestörte Muskelkraft (z.B. Stolpern)
5.2 Untersuchungsmethoden
Computertomographie (CT)
Kernspintomographie (Magnetresonanztomographie)
Überprüfen der Leitfähigkeit der Nervenbahnen
 -, die Hörbahn und die empfindungsleitenden Nerven untersucht werden
Liquoruntersuchung
Anamnese
 Auswertung der Krankheitsgeschichte
6. Symptome
6.1 Sehstörungen
 Entzündung des Sehnervs
o Schleiersehen
o Schmerz hinter dem Augapfel
o Mosaiksehen (kleine dunkle Lücken im Sehbild)
o Gesichtsfeldausfälle
 Entzündungsherde in den Sehnervkernen im Hirnstamm
o Augenmuskellähmungen
o Doppelbilder
o Schielstellung der Augen
o Nystagmus
6.2 Sprach- und Schluckstörungen
 oft erst im späteren Verlauf der Krankheit
 treten oft gemeinsam auf

Sprachstörungen
o verwaschene Sprache
o falsche Aussprache eines Wortes
o Benutzung des falschen Wortes
o abgehackte, stark akzentuierte Sprache
 Schluckstörungen
o Schwierigkeiten beim Essen
o Probleme mit dem Speichel ("Verschlucken")
6.3 Sensibilitätsstörungen
 frühe Symptome
Kribbeln
taubes Gefühl
Temperatursinn (heiße oder kalte Stellen - die Temperatur ist real nicht erhöht/ erniedrigt)
Gang wie auf Watte
Spinnweben im Gesicht
Lhermitte-Zeichen (beim Vorbeugen des Kopfes Gefühl, als ob Stromstöße durch die Gliedmaßen
geschickt werden)
6.4 Bewegungsstörungen
 rasche Ermüdbarkeit
 später ggf. Fehlstellungen der Hände und Arme






 Spastik
6.5 Blasen- und Darmstörungen
 Stressinkontinenz (Blasenentleerung bei plötzlicher Druckänderung im Bauchraum durch Husten,
Lachen o.ä.)
 Urge-Inkontinenz (Blasenentleerung allein durch die Vorstellung, dass die Blase vorsichtshalber
entleert werden müßte)
 Überlaufblase (nur noch tröpfchenweise unkontrollierte Blasenentleerung)
 verlangsamte Darmtätigkeit
6.6 Koordinationsstörungen
 anfallsartig auftretender Drehschwindel (Pat. hat das Gefühl, im Karussell zu sitzen)
 feines bis grobes Zittern, das sich bei besonderer Beachtung verstärkt
6.7 Schmerzen
 Migräne
 Spannungskopfschmerz
 Trigeminusneuralgie
 Intercostalneuralgie
 reißende, ziehende Schmerzen an den Beinen herunter
6.8 Psychische Symptome
 häufig aufgrund von Therapienebenwirkungen
 Probleme, die auch aus der Verarbeitung und Bewältigung der Krankheit ergeben
7. Skalen
 bestimmen Grad der Erkrankung (z.B. Bronx-Skala)
0
kein krankhafter Befund
1
unbedeutende Funktionsabweichungen von der Norm
2
leichte Störungen, wie leichte Spastik oder leichte Lähmungserscheinungen
3
mittelschwere Störungen, wie mäßige Ataxie, leichtere Halbseitensymptome
Funktionsausfälle, die noch eine Arbeitsfähigkeit ermöglichen, aber dennoch bereits deutlich
4
behindern
5
Dauerarbeitsunfähigkeit, Gehstrecke eingeschränkt auf ca. 500m
6
stark eingeschränkte Gehfähigkeit, nur mit diversen Gehhilfen möglich
7
Pat. ist an Rollstuhl gebunden, kann diesen aber noch selbst beherrschen
8
Pat ist an Bett gebunden, wobei Funktion der Arme noch gegeben ist
9
Pat. ist an Bett gebunden, mit völliger Unfähigkeit der Verrichtung irgendwelcher Dinge
10
Tod infolge der MS-Erkrankung
8. Begleiterscheinungen
 Gehfähigkeit ist sehr wichtiger Aspekt
 Begleiterscheinungen sind meistens die Todesursache
 Berufsunfähigkeit
o führt häufig in eine Umfeldisolierung
9. Therapie
 nach dem heutigen Stand der Forschung ist eine Heilung nicht möglich
9.1 Symptomatische Therapie
 Erhaltung der Funktionen durch das Bobath-Konzept (früher wurden nur die gesunden Organe
gestärkt):
o Krankengymnastik
o Ergotherapie
o Logopädie
o neurophysiologische Therapie
 Plastizität des Gehirns (normalerweise werden max. 30% des Gehirns beansprucht, die restlichen
70% sind Reserve, ersetzen ausgefallene Regionen)
9.2 Medikamentöse Therapie
9.3 Enzymtherapie
9.4 Physiotherapie
9.5 Alternative Therapiemethoden
10. Prognose
 kann erst 5-6 Jahre nach Diagnosestellung gestellt werden
 ausschlaggebend sind:
o Verlaufsform
o Situation des Patienten
o Lebensführung
o Eigeninitiative
 ca. 50% der Patienten sind 15 Jahre nach der Diagnosestellung noch voll arbeitsfähig, können
sich ohne Hilfe fortbewegen und sind nicht abhängig von der Hilfe anderer (vgl. Neuhofer 1996,
11)
G) PROGRESSIVE MUSKELDYSTROPHIE
1. Definition, Verteilung und geschichtliche Entwicklung
Definition
 genetisch bedingte degenerative Erkrankung der Skelettmuskulatur
 von keiner der verschiedenen Typen ist die Ursache vollumfänglich bekannt
Verteilung
 auf 100.000 Einwohner kommen 10 erkrankte Patienten
 2/3 aller Muskeldystrophiepatienten leidet an einer Duchenne Muskeldystrophie
2. Klinische Merkmale
 progressiver, symmetrischer Muskelschwund, vor allem an Rumpf und den proximalen
Gliedmaßen
 Schwäche und Hypotonie der Muskeln, die später in Atrophie übergeht, Funktionsstörungen
sind symmetrisch
 elektrische Erregbarkeit der Muskelzellen ist abgeschwächt, jedoch keine Störungen in der
Funktion von Blase, Mastdarm und Sinneswahrnehmung
 häufig Pseudohypertrophien
 ZNS und PNS sind nicht betroffen
 Verlauf ist meistens über Jahre langsam fortschreitend
 Eigenreflexe bleiben so lange erhalten, wie genügend Muskelmasse für eine Reflexzuckung
vorhanden ist
3. Ätiologie
 Ätiologie und Pathogenese aller progressiven Muskeldystrophien sind bisher ungeklärt
 das Fehlen, bzw. eine qualitative Veränderung des Proteins Dystrophin ermöglicht einen
fortschreitenden Abbau der Skelettmuskulatur

o Dystrophin ist wichtiger Bestandteil der Muskelfasermembran, fehlt es, ist die
Membrandurchlässigkeit erhöht, so dass Kreatinkinase (CK) austreten kann (Messung
im Blut)
o durch das Fehlen des Proteins Dystrophin gelangt außerdem viel Calcium in die Zelle
o 5 % aller Muskelfasern sind betroffen
o Zellen werden hyperreaktiv
exzessive Erhöhung der CK im Blut: 100 bis 300fache Menge (ab dem 3. Lebensjahr langsam
abfallend)
4. Früherkennung und Frühberatung
 beim Typ Duchenne, Typ Becker-Kiener und Typ Emery-Dreifuß:
 Mütter können Konduktorinnen sein, d.h., dass sie das erkrankte X-Chromosom heterozygot in
sich tragen .
 Unterscheidung:
o mögliche Konduktorinnen:
 Frauen mit einem erkrankten Sohn
 Frauen mit einem erkrankten Bruder, Neffen oder Onkel in der mütterlichen
Linie
o wahrscheinliche Konduktorinnen:
 Frauen mit zwei oder mehr erkrankten Söhnen, in deren mütterlicher Linie alle
männlichen Mitglieder gesund sind
o sichere Konduktorinnen:
 Frauen mit einem erkrankten Sohn, in deren mütterlicher Linie mindestens ein
erkrankter Mann zu finden ist
 Frauen mit zwei erkrankten Söhnen, die von verschiedenen Vätern stammen
 Frauen mit einem erkrankten Sohn und einer Schwester, deren Sohn ebenfalls
erkrankt ist
 bei 5 - 10 % der Konduktorinnen können (wenn auch meistens nur leichte) Symptome einer
Muskelerkrankung gefunden werden
 bei 70 - 80 % der Konduktorinnen ist die CK (Ceratinkinase) erhöht
 genetische Beratung der Konduktorinnen: bei bestehender Schwangerschaft kann in der 13. bis
15. Woche eine intrauterine Geschlechtsbestimmung vorgenommen werden und bei einem
männlichen Fetus kann ein Abbruch noch bis zum 5. Monat vorgenommen werden
5. Klassifikationen der progressiven Muskeldystrophie
5.1 Muskeldystrophie Typ Duchenne
Synonyme für den Duchenne-Typ:
 "bösartiger Typ"
 "maligne Form"
 "infantiler Beckengürteltyp"
Verbreitung:
 die Duchenne Muskeldystrophie (DMD) ist die häufigste vererbte Muskeldystrophie des
Kindesalters
 Schwankungen: 1 erkrankter Junge unter 3000 bis 3500 Neugeborenen
 1/3 aller erkrankten Jungen sind Opfer einer Neumutation
 in der BRD gab es 1994 zwischen 1500 und 2000 Menschen mit DMD, es herrscht eine
jährliche Zuwachsrate von 160 Patienten
 in den letzten Jahren ist ein Sinken der Rate zu verzeichnen, die auf die genetische Beratung
und die modernerem Pränatalmaßnahmen zurückzuführen ist
Verlauf und klinisches Bild:
Einteilung in funktionelle Stadien nach VIGNOS 1968:
0. Präklinische Phase

Symptomfrei, nur der Serum-CPK-Wert ist erhöht

verspätetes Laufen lernen
1. Retardation der motorischen Entwicklung

z.B. Stolpern, Hinfallen

der Kranke kann weder laufen noch springen

rasches Ermüden bei Spaziergängen

gehäufte Infekte mit Bronchitis
2. Typische Gehstörung.

Treppensteigen nur mit Festhalten am Geländer möglich.

Muskelschwäche und -schwund setzen an Becken, Gesäß und Oberschenkeln ein:

watschelnder Gang auf Zehenspitzen

verstärkte Rückenkrümmung

Gower-Manöver (an-sich-hochklettern)

Schwierigkeiten beim Treppensteigen

Pseudohypertrophien der Waden („Gnomenwaden“), im Gegensatz dazu meist atrophische
Oberschenkelmuskulatur
3. Der Kranke kann zwar gehen, doch nicht Treppensteigen.
4. Die Gehfähigkeit ist noch erhalten, doch beim Aufstehen vom Stuhl ist der Patient auf Hilfe angewiesen.

mühsames "Watscheln"

beginnender Schulter-Arm-Befall

Skelett-Deformierungen durch besondere Körperhaltung

Hyperlordose, vorgewölbter Bauch, Plattfüße, Beugung in der Hüfte

Schwerpunktverlagerung nach vorne
5. Der Kranke geht mit einem Oberschenkelapparat.
6. Er geht im Oberschenkelapparat mit Hilfe.
7. Er vermag zwar im Oberschenkelapparat zu stehen, doch gehen kann er auch mit Hilfe nicht mehr.

durch Bewegungsverlust setzen ein:
o Kniegelenksversteifung
o Spitzfuß

Wirbelsäulenverkrümmung

Beginn einer Muskel- und Weichteilatrophie

Muskeleigenreflexe sind stark abgeschwächt oder ganz aufgehoben
8. Der Kranke sitzt im Rollstuhl und fährt den Wagen. Mit der Hand vermag er kleinere tägliche Verrichtungen
zu bewältigen.

Beginn der Invalidität

die Verrichtungen des täglichen Lebens können noch ohne Hilfe durchgeführt werden

auch Muskeln des Schultergürtels und des Rumpfes sind betroffen

durch das Sitzen im Rollstuhl werden Kontrakturen von Knie-, Hüft-, Ellenbeugen- und
Schultergelenken hervorgerufen, außerdem geht die lumbale Lordose in eine Kyphoskoliose über,
dadurch besteht die Gefahr einer respiratorischen Insuffizienz (Funktionsschwäche der Atmung)
9. Er kann im Rollstuhl sitzen, doch er ist in allem auf Hilfe angewiesen.

Abstufung:
o Hilfsbedürftigkeit im Rollstuhl: Aufrechtes Sitzen ist möglich
o Begrenzte Rollstuhlfähigkeit: Sitzen ist nur mit Unterstützung möglich

Herabsetzung der Lungenfunktion

bei 90 % der Patienten kardiale Mitbeteiligung

ein Skoliosewinkel (Skoliose oder Kyphoskoliose) von 40 bis 90° sorgt für Atemschwierigkeiten
10. Der Kranke ist ständig bettlägerig, bedarf maximaler Versorgung.

Finalstadium

deutlicher Gewichtsverlust

krankhafte Schläfrigkeit

Hyperkapnie (übermäßige Menge von Kohlensäure im Blut)

weniger Sauerstoff kann aufgenommen werden

durch Gabe von Sauerstoff hebt man die Spontanatmung auf (Gefahr von Atemstillstand)
o Blut versauert

häufigste Todesursache: bronchitische pneumonische Infektion oder Tod durch zunehmende
Ateminsuffizienz , nur bei 10 % tritt der Tod durch Herzversagen ein
Allgemeines zum Verlauf und klinischen Bild:
 Beginn im 1. bis 2. Lebensjahr
 ab dem 8. bis 10. Lebensjahr rasch Verschlechterung
 zwischen 8. und 15. Lebensjahr Gehunfähigkeit
 zwischen dem 10. und 15. Lebensjahr Herabsetzung der Lungenfunktion mit Verminderung der
Vitalkapazität und Abnahme des exspiratorischen (Exspiration = Ausatmung) und
inspiratorischen (Inspiration = Einatmung) Drucks
 Patienten werden selten älter als 25 Jahre
 die Reduzierung der Muskelkraft verläuft progrediert linear, d.h. auf Skala von 1 - 10 findet man
eine jährliche Muskelkraftverminderung von 0,4 Einheiten
 im mittleren Stadium manchmal Adipositas (aufgrund der Bewegungseinschränkung und der
Medikamente), später starke Abmagerung
 bei ca. 40 % der Patienten liegt eine genetisch determinierte Intelligenzminderung vor (IQ
durchschnittlich 75), die allerdings nicht progredient ist und nicht mit der Schwere der
Dystrophie korreliert (die verbale Intelligenz ist stärker betroffen als die praktische Intelligenz)
o Patienten mit einer spinalen Muskelatrophie haben einen durchschnittlichen IQ von 113
Das Gowers-Manöver
 als Gowers-Manöver wird der Vorgang des Aufrichtens aus der Bauchlage bis in den aufrechten
Stand bezeichnet
 Gowers-Manöver eines 7-jährigen Jungen, der an Muskeldystrophie vom Typ Duchenne erkrankt ist
(Quelle: Weimann 1994, 33):
5.2 Muskeldystrophie Typ Becker/ Kiener
5.3 Muskeldystrophie Typ Emery/ Dreyfuß
5.4 Muskeldystrophie Typ Leyden/ Möbius (Gliedergürteltyp)
5.5 Muskeldystrophie Typ Landouzy/ Dejerine/ Erb
6. Therapieformen
 individuell abgestimmte Krakengymnastik (Klopf-Druck-Behandlung und Ganzkörperisometrie )
o Ziel: Erhaltung, Koordination und evtl. Verbesserung noch vorhandener Muskelfunktionen,
Kontrakturenprophylaxe
 medikamentös lassen sich nur die Symptome behandeln
 sinnvolle Ernährung (wenig Fett, viel Eiweiß, Vitamine und Magnesium)
 orthopädische Maßnahmen
 psychische Unterstützung
 Operationen, um Gehfähigkeit zu verlängern
6.1 Krankengymnastik bei Muskeldystrophie Typ Duchenne (nach Lebensalter)
ca. 1 Monat bis 3 Jahre
Merkmale
Behandlungsziele
typische Krankheitszeichen meistens noch
nicht sichtbar
verminderter Bewegungsdrang
Stimulation und gezielte
Förderung der Spontanmotorik
Kräftigung der gesamten
Muskulatur
Maßnahmen/
Technik
dynamische
Übungen zur
Muskelarbeit
Schwimmen
Rollbrett fahren
KG nach Bobath
Sonstiges
übertriebene Bewegungsanregung und zu langes
ermüdendes Spielen
vermeiden
leichte Zudecke
Eltern und Lehrer in Übungen
einweisen
mehrmals täglich, oft und
kurz üben
ca. 3 bis 6 Jahre
Merkmale
Krankheits- zeichen
ausgeprägt
Behandlungsziele
Haltungs- und Bewegungsmuster müssen erhalten
Maßnahmen/ Technik
dynamische
Muskelkräftigung
Sonstiges
evtl. Haltungsturnen in
kleinen Gruppen
Schwäche der
Muskulatur wird
deutlich
fallen oft hin, können
sich schlecht
abstützen
Gower-Manöver beim
Aufstehen
bleiben
Gewichtskontrolle
Kontrollen durch Orthopäden
ansonsten gleiche Ziele wie
Frühbehandlung
Atemtraining
Dehnübungen in die
täglichen Bewegungen
einschieben
KG nach Bobath
Hilfsmittel
Orthesen können notwenig
werden
Fahrradfahren
ca. 6 - 10 Jahre
Merkmale
deutlich zunehmende
Muskelschwäche
die meisten werden in dieser
Zeit gehunfähig
Inaktivitäts- atrophien der
Muskulatur
Gewichts- zunahme durch
verringerten Energieverbrauch
Pseudo- hypertophien der
Waden
zunehmend Kontrakturen
Behandlungsziele
Ziele der frühen Stadien
Erhaltung der Steh- und
Gehfähigkeit
Umgang mit technischen
Hilfen üben
Maßnahmen/ Technik
statische und dynamische
Übungen zur Kräftigung der
gesamten Muskulatur
richtige Lagerung und
Atemschulung immer wichtiger
Gangschulung mit Orthesen
und Stehübungen
Ganzkörper- isometrie nach
Teirich und Leube
Kontrakturen- behandlung
Hilfsmittel
Orthesen
Schreibhilfen
Stehtrainer
Rumpfkorsett
Rollstuhl
Sonstiges
ggf. operative
Eingriffe
auf richtiges
Sitzen achten
oft Positionswechsel
oft aus dem
Rollstuhl
herausnehmen
auf Skoliosen
achten
ca. 10 Jahre und älter
Merkmale
gehunfähig
aktive Bewegungen
langsam und
mühevoll
rasche Entwicklung
von Kontrakturen
Atmung wird flacher
Behandlungsziele
Steh- und Gehfähigkeit mit
Hilfsmitteln und das
Muskelgleich- gewicht soweit
wie möglich erhalten
Atemfunktion verbessern
Maßnahmen/ Technik
siehe vorherige Altersstufe
aktive Bewegung tritt in
Hintergrund
im Vordergrund stehen
isometrische Spannungsübungen, um verbleibende
Muskelkraft zu erhalten
Atemtherapie ist sehr wichtig
Hilfsmittel
Orthesen
elektrische Schreibmaschine
Stehtrainer
Rumpfkorsett
E-Rollstuhl
7. Hilfsmittel
 spezielle orthopädische Schuhe, um längere Zeit das Stehen und Gehen zu ermöglichen
 Lagerungsschuhe, um Fußdeformierungen vorzubeugen
 reziprokes Gehgestell, um Gehen zu erleichtern
Sonstiges
auf richtigen Sitz im
Rollstuhl achten
alters- entsprechende
Wünsche soweit wie
möglich unterstützen








Orthesen, z.B. Beinschienen
Stehtrainer
Rumpfkorsett bei Wirbelsäulendeformierungen
zur Lagerung Dekubituskissen und –matratzen, Sitzschale
Versorgung mit Rollstuhl, später E-Rollstuhl
Schreibmaschine mit Dystrophikertastatur
Computer
Beatmungsgerät
o intermittierende Selbstbeatmung (in individuell einstellbaren Intervallen wird beatmet, so
dass sich die Atemmuskulatur erholen kann)
o die Einweisung in diese Therapie erfolgt stationär, später kann die Beatmung zu Hause
vorgenommen werden
o Beatmung über Nasenmaske, Nasen-Mundmaske (nur wenn Nasenmaske allein nicht
ausreichenden erfolg zeigt) oder Tracheostoma (nur bei schwerwiegenderen Problemen
wie zum Beispiel erhöhter Aspirationsgefahr und Verlust des Hustenreizes)
o mit Hilfe dieser Beatmungstechnik leben viele Patienten durchschnittlich 10 Jahre länger als
bisher möglich!!!!!!!!
8. Praktische Anleitungen und Hilfen für Eltern, Lehrer und Betreuer
 auf gut gepolsterte Sitzunterlage achten
 weiche Lehnen im Rücken
 Schüler sollte im Rollstuhl gut abgesichert sein
 viel an die frische Luft gehen
 auf Ernährung achten
 passives Bewegen sehr vorsichtig, da Schmerzgrenze sehr schnell erreicht ist
 ständiges Sitzen im Rollstuhl vermeiden
 beim Sitzen möglichst abwechselnd Beine hoch lagern
 Armauflagen, Tischhöheneinstellung
 Sitzen im Zwischenfersensitz vermeiden
 nach langem Sitzen in Rückenlage Spannungsübungen durchführen
 Treppensteigen vermeiden
 spezielle krankengymnastische Maßnahmen anwenden können
 so weit wie möglich altersentsprechende Wünsche ermöglichen
 psychische Unterstützung
9. Literatur
Beckmann, R. (1990): Erkrankungen des Nervensystems und der Skelettmuskulatur
In: Palitzsch, D.: Pädiatrie –
Kinderheilkunde für Studenten und Ärzte. Stuttgart
Bekeny, G. (1987): Klinik der Muskelkrankheiten Leipzig
Brandt, T./ Dichgans, J./ Diener, H.C. (Hrsg.) (1988):
Therapie und Verlauf neurologischer Erkrankungen Stuttgart
von Bruch, H. (1994):
Bewegungsbehinderungen
Stuttgart
Conze, I. (1989):
Krankengymnastik bei Muskelerkrankungen Schrift der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung der
Muskelkrankheiten e.V. Freiburg
Jerusalem, F./ Zierz, S. (Hrsg.) (1991):
Muskelerkrankungen Stuttgart
Ministerium für Kultur, Jugend, Familie und Frauen (1995):
Chronisch kranke und behinderte Kindertagesstättenkinder
Speyer
Mortier, W. (1994):
Muskel- und Nervenerkrankungen im Kindesalter
Stuttgart
Mumenthaler, M. (Hrsg.) (1992):
Neuromuskuläre Erkrankungen
Stuttgart
Sowa, M./ Metzler, N.-H. (Hrsg.) (1989):
Der therapeutisch richtige Umgang mit behinderten Menschen Dortmund
Weimann, G. (1994):
Neuromuskuläre Erkrankungen
München
H) SCHLAGANFALL
1. Bezeichnungen
 "Schlaganfall"
 "Apoplex" (= Hinfallen)
 "Insult"
 "apoplektischer Insult"
2. Allgemeines
 passiert meistens im Bett in den frühen Morgenstunden, lautlos, Pat. wachen gelähmt und evtl. mit
einer Sprachstörung auf
 200000 bis 250000 Neuerkrankungen pro Jahr in der BRD
 gravierendes sozialmedizinisches Problem
 Rehabilitation ist mühsam, langwierig und kostenträchtig
 35 % der Pat. können zum Sprechen und Bewegen wiederhergestellt werden (steigert die
Lebensqualität)
 20 % der wiederhergestellten Pat. werden wieder berufstätig
 ist eigentlich Erkrankung des höheren Alters, die Altersstufe geht aber zurück
o das Durchschnittsalter lag 1980 bei 72 Jahren und 1993 bei 64 Jahren
 Schlaganfall und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind häufigste Todesursache (danach Krebs)
 Problem: Defizit (durch körperliche, geistige und kommunikative Beeinträchtigung): 80 % werden
nicht wieder berufstätig
3. Risikofaktoren
 Hypertonie
 Herzerkrankungen






Fettstoffwechselstörungen
entzündliche Gefäßerkrankungen
erbliche Veranlagung
Nikotin (zusammen mit Hypertonie sehr gefährlich)
Ovulationshemmer + Migräne
Alkohol
o geringe Mengen wirken gefäßerweiternd
o zu viel Alkohol führt zu Arteriosklerose (Gefäßverschluss)
 Medikamente (vor allem Schmerz- und Schlafmittel)
 Cholesterin (= Fette; führt zu Arteriosklerose)
 Diabetes mellitus (führt zu Arteriosklerose)
4. Ursachen
 Arteriosklerose
o Arteriosklerose an den Halsschlagadern ist operativ behandelbar
o Ballondilatation
 Hypertonie
 embolischer Hirninfarkt
 85 % der Ursachen sind unklar
5. Vorboten
 Schwindel (bis 15 Tage vorher)
 Schwäche in Arm oder Bein
 nuscheln (Prophylaxe: Blutdruck, Fettstoffwechsel und CT des Kopfes kontrollieren)
6. Krankheitsbild
 mehr oder weniger plötzlich einsetzende Funktionsstörung in einer bestimmten Gegend des Gehirns,
die durch eine kritische Beeinträchtigung der für die Tätigkeit der Nervenzellen und -bahnen
unentbehrlichen Blutzirkulation ausgelöst wurde
7. Medizinische Grundlagen
 für normale Tätigkeit der Nervenzellen und des Hirngewebes ist ungestörte Blutzufuhr (mit Sauerstoff
und Traubenzucker) Voraussetzung
 Blutversorgung des Gehirns durch paarweise angelegte "innere Karotis-Arterien" (innere
Halsschlagadern) und Vertebralarterien (Wirbelsäulenschlagadern)
 im Gehirn sind sehr viele Verzweigungen zur Versorgung einzelner Gebiete
 Unterbrechung oder starke Beeinträchtigung einer Arterie oder Zerreißen der Arterie, deshalb
Blutung in das Hirngewebe
 es ist nicht schwer, von Störung einzelner Hirnleistungen auf Ort der Störung zu schließen
 "dominante Hemisphäre" (95 % aller Menschen sind Rechtshänder, so dass die wichtigsten
komplexen Leistungen (z.B. Sprache) auf der linken Gehirnseite liegen
 Durchblutungsstörungen im Versorgungsbereich der Karotiden:
o "Karotisinsuffiziens"
 Hemiplegie der gegenüberliegenden Körperhälfte
 Muskeln des Gesichtsbereiches und des Arms sind stärker betroffen, als die
des Beins
 aus passiver Beweglichkeit der gelähmten Gliedmaßen wird Spastik
 Lähmung des Gesichts: vor allem mimische Muskeln des Mundes und der
Wange
 Augenmuskeln nicht betroffen (ABER: in frischem Stadium des
Schlaganfalls Blickrichtung schräg nach oben zur Kopfseite in der
Schlaganfall auftrat)
 auch nach längerer Reha-Zeit bleiben Feinbewegungen der Finger und
Hand gestört
 Störung der Körperempfindungen (in der gegenüberliegenden Körperhälfte)
 Sehstörungen
 möglicher Ausfall des Gesichtsfeldes auf gegenüberliegender Seite
("homonyme Hemianopsie")
 Störung der Sprache, der Sprachbildung und des Sprachverständnisses, des
Rechnens, Lesens, Schreibens
 "Aphasie"
 Störung der Erkennung von Sinnes- und Körperwahrnehmungen
 "Agnosie"(visuelle A. = Gesehenes wird nicht erkannt, akustische A. =
bekannte Lautsignale werden nicht erkannt, Stereoagnosie = räumliches
Erkennen ist nicht mehr vorhanden)
 Ungeschickte Durchführung praktischer Bewegungsabläufe trotz fehlender Lähmung
 selten epileptische Anfälle
o Durchblutungsstörungen im Versorgungsbereich der Vertebralarterien
 Schwindel, unbestimmt oder als Drehschwindel
 Gleichgewichtsstörungen (Ataxie)
 Sehstörungen in Form von:
 Verschwommensehen
 Doppeltsehen
 Verlust des Gesichtsfeldes (fast immer einseitig)
 Lähmung der Körpermuskulatur (ein- oder beidseitig)
 Empfindungsstörung einer Gesichts- oder Körperhälfte
 Schluckstörungen
 unscharfe Sprache
 Ausfälle mit plötzlichem Bewusstseinsverlust und/oder Verlust der Körperkontrolle
8. Behandlung
 Verbesserung der Blutfließgeschwindigkeit
 Hypertonieeinstellung
 Rehabilitation von der 1. Stunde an (KG, Ergotherapie, Sprachtherapie)
 neurologische Abteilung + internistische Betreuung
I. SPINA BIFIDA
1.1 Definition
 spina = lateinischer Begriff für den hinteren Dornfortsatz des Wirbelkörpers
 bifida = zweigeteilt
1.2 Entstehung und Ursachen
 Bildung des Rückenmarks verläuft innerhalb der ersten Phase der Schwangerschaft über
mehrere Etappen:
a) Zuerst bildet sich Neuralplatte (siehe Abbildung 1 a)
b) die sich daraufhin in sogenannte Neuralrinne (siehe Abbildung 1 b) verändert
c) und schließlich bis zur 4. Schwangerschaftswoche zu einem Neuralrohr (siehe Abbildung
1 c) wird.
 schließt sich das Neuralrohr nicht vollständig, so bleiben Wirbelkörper offen und es bildet sich eine
Spina bifida
1.3 Meningocele
 einfachere Form der Spina bifida
 Häute um das Rückenmark (Meningen) sind durch den Druck des Hirnwassers vorgestülpt und
bilden Blase (siehe Abbildung 2)
 Blase (Cele) kann operativ entfernt werden

in den meisten Fällen bleiben keine Behinderungen zurück
1.4 Myelomeningocele
 schwerere Form der Spina bifida





Rückenmark (Myelon) liegt offen und Hirnwasser kann ausfließen (siehe Abbildung 3)
Nervenstränge werden geschädigt
operativer Verschluss ist erste Maßnahme, Wiederherstellung der Nervenfunktionen ist jedoch
nicht möglich
es resultieren Bewegungsstörungen der unteren Extremitäten bis hin zur Querschnittlähmung
in betroffenen Extremitäten ist kein Gefühl und die Steuerung von Blase und Mastdarm sind
beeinträchtigt
Formen der Myelomeningocele
 drei mögliche Formen der Myelomeningocele, die sich auf die Lage der cele beziehen
o Cele im Halswirbelbereich: cervikale Lähmungen (sehr selten)
o Cele im Brustwirbelbereich: thorakale Lähmungen
o Cele im Lendenwirbelbereich: lumbale Lähmungen
o Cele im Kreuzbeinbereich: sakralen Lähmungen.
Thorakale Lähmungen
 komplette Querschnittlähmung
 schlaffe Beine liegen in "Froschhaltung"
 häufig Kyphose im Lendenwirbelbereich (Hilfsmittel: Stützmieder, kann später operativ korrigiert
werden)
 Krankengymnastik sollte frühzeitig einsetzen, um Beweglichkeit zu fördern
 Stütz- oder Gehapparat ermöglichen Stehen und teilweise auch Gehen
 meistens Rollstuhlabhängigkeit
Lumbale Lähmungen
 Ungleichgewicht der Muskeln im Hüftbereich, woraus Hüft-Fehlstellungen resultieren

operative Muskeltransplantationen und Richten der Hüfte sind manchmal notwendig
 nach OP ist teilweise selbständiges Gehen mit Hilfsmitteln möglich
Sakrale Lähmungen
 vor allem Behinderung der Füße
 Fußfehlstellungen können durch orthopädische Maßnahmen korrigiert werden, teilweise ist OP
notwendig
2. Hydrocephalus
2.1 Definition
 Hydrocephalus = "Wasserkopf"
 meint eine Störung des Hirnwasserkreislaufs


50% aller Menschen mit Hydrocephalus weisen zusätzlich eine Spina bifida auf
75% aller Menschen mit Spina bifida weisen zusätzlich einen Hydrocephalus auf
2.2 Entstehung
 entsteht durch einen Überdruck im Kopf, der wiederum aus einer gestörten Regulierung des
Gehirnwasserkreislaufs resultiert
 Gehirn und Rückenmark werden von Liquor (Gehirnwasser umspült, welches das
Nervengewebe gegen Erschütterungen schützt
 ein gestörter Abfluss des Gehirnwassers führt zu einer Ausweitung der inneren Hirnhohlräume,
so dass das Gehirn zusammengedrückt wird
 tritt Hydrocephalus pränatal oder beim Säugling auf, so ist der Schädel noch nicht gefestigt und
es kann zu Schädelverformungen (vergrößerter Kopfumfang) kommen
2.3 Ursachen
 Gehirnblutungen während der Geburt
 Entzündungen, wie zum Beispiel Hirnhautentzündung
 Blutungen nach der geburt
 Virusinfektion der Mutter während der Schwangerschaft (z.B. Röteln, Toxoplasmose)
 Keimschädigung bei den Eltern
 Tumore
 Begleiterscheinung bei Spina bifida
2.4 Symptome
Symptomatik beim Neugeborenen
 Abweichen des Kopfumfangs
 Verbreiterung der Schädelnähte
 Vergrößerung und Vorwölbung der großen Fontanelle
 Abzeichnung der Venen am Schädel
 Hervortreten der Augäpfel mit nach unten kippenden Pupillen, die teilweise durch das untere
Lid verdeckt sind (Sonnenuntergangsphänomen)
 allgemein verzögerte Entwicklung
 Teilnahmslosigkeit, Erschöpfung, Unbeweglichkeit
2.5 Maßnahmen
 Ventil reguliert Druck des Gehirnwassers und verhindert einen Rückfluss
 überschüssiges Gehirnwasser aus einer Hirnseitenkammer wird über einen Schlauch
o entweder über die Halsvene in den rechten Vorhof des Herzens (atrialer Shunt)
o oder unter der Haut entlang in die Bauchhöhle (peritonealer Shunt)
 Ventil muss ständig überwacht werden

typische Zeichen einer Krise: Kopfschmerzen, Erbrechen, Bewusstlosigkeit, Schielen, schiefe
Kopfhaltung, Nackensteife
3. Urologische Besonderheiten
3.1 Formen
 komplett inkontinente Blase mit schlaffem Schließmuskel und schlaffem Blasenmuskel
o sog. Durchlaufblase
o stellt keine Gefahr für oberen Harntrakt dar
 komplett inkontinente Blase mit spastischem Schließmuskel
o sog. Überlaufblase
o große Gefahr für die Nieren
o ständiger Druck auf Harnleiter führt zu Rückfluss des Urins in die Nieren und zu
Ausstülpungen der Blasenwand nach außen (Pseudodivertikel)
o es treten wiederkehrende Harnwegsinfekte auf, die auf Dauer die Nieren und ihre
Funktionen schädigen
3.2 Untersuchungmethoden
 Sonographie der Nieren
o Bestimmung der Nierengröße (Wachstumsbeobachtung)
o Bestimmung der Restharnmenge
 Miktionscysturogramm
o Bestimmung der Blasenkapazität
o Überprüfung des Urin-Rückflusses in die Harnleiter
o Möglichkeit der Blasenentleerung
o Bestimmung des Restharns
o Beschaffenheit der Blasenwandmuskulatur
o Betrachtung der Harnröhre
 radiologische Untersuchung der Nieren
o Zustand der Nieren
o Nierenfunktion
o Abflussverhältnis in den Harnleitern
 Urodynamik
o Druckmessung der Blase während Füllung und Entleerung
o Bestimmung des Harnflusses und der Harnmenge
o Innervierung des Beckenbodens und des Blasenschließmuskels
 regelmäßige Untersuchung des Urins
o Bestätigung oder Ausschluss von Harnwegsinfekten
 Isotopennephrographie
o Bestimmung der Nierenfunktion
3.3 Therapie
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




bei Durchlaufblase
künstlicher Verschluss des Schließmuskels
Katheterisierung
bei spastischen Blasenmuskeln
Blasenvergrößerung und Einbau eines künstlichen Schließmuskels
bei Überlaufblase
System der Einmalkatheterisierung
1. Einleitung
Einleitend zur Thematik des Lernens und Denkens scheint es notwendig, einige Definitionen
festzulegen, damit innerhalb dieser Arbeit Klarheit bezüglich der zugrunde liegenden Fachausdrücke
herrscht.
Nach Lauth und Holtz (1993) kann man zuerst die Lernstörungen im weitesten Sinne, also die
Störungen von Lernen oder Lernprozessen, von den Lernstörungen im engeren Sinne, also den
Störungen der Lernfähigkeit, unterscheiden. Unter Lernfähigkeit versteht man die Fähigkeit, die interne
Organisation von Wissen und informationsverarbeitenden Strategien effektiv auf Problemsituationen
anzuwenden (vgl. Lauth/ Holtz 1993).
Im pädagogischen Kontext dagegen verwendet man die begriffe Lernstörung und Lernbehinderung für
unterschiedlich schwerwiegende, umfängliche und langandauernde Beeinträchtigungen des Lernens
(vgl. Lauth/ Holtz 1993).
Zuletzt soll noch auf zwei unterschiedliche Formen der Lern- bzw. Denkstörung eingegangen werden,
die sich grundlegend voneinander unterscheiden. Die passager-thematisch umschriebenen Störungen
beschreiben eine Aneignungsbeeinträchtigung, die nur bestimmte, isolierte Lernbereiche betrifft und die
Möglichkeit einer spontanen oder interventionsbezogenen Verbesserung oder Aufhebung bereithält.
Dagegen ist bei Kindern mit persistierend-allgemeinen Störungen die Lernfähigkeit allgemein
beeinträchtigt. Eine Form dieser Störung ist die Lernbehinderung, die eine umfängliche und
langandauernde Lernbeeinträchtigung umschreibt, die durch deutlich von der Altersnorm abweichende
Schulleistungen, eine allgemeine Entwicklungsverzögerung und ein Versagen der besonderen
Lernhilfen innerhalb der Regelschule gekennzeichnet ist (vgl. Lauth/ Holtz 1993).
2. Störungsmodelle für Lernstörungen
Für die Entstehung der Lernbehinderung wurden im Laufe der Zeit verschiedene Erklärungsmodelle
entwickelt, die an dieser Stelle kurz dargestellt werden sollen.
Die neurophysiologischen Störungsmodelle, deren bekanntester Vertreter die Annahme der minimalen
Hirnschädigung ist, führten Lernstörungen vor allem auf Schädigungen des zentralen Nervensystems
und die damit einhergehenden perzeptumotorischen Defizite zurück. Aber auch andere ätiologische
Faktoren, wie z.B. prä-, peri- oder postnatale Mangelernährung oder genetische Dispositionen wurden
in diese Überlegungen mit einbezogen.
Ab Mitte der 60er Jahre wurden dann zunehmend Annahmen über die Unreife verschiedener
Komponenten des zentralen Nervensystems und über eine verzögerte Reifung der linken Gehirnhälfte
angestellt. Diese Entwicklungsverzögerungs-Modelle übertönten ab Ende der 60er Jahre die
neurophysiologischen Modelle und wurden zur allgemein anerkannten Ansicht.
Ab dem Anfang der 70er Jahre begann man mit der Unterscheidung zwischen strukturellen Merkmalen
des Gedächtnisses und Informationsverarbeitungsprozessen. Während in den frühen
Informationsverarbeitungs-Modellen ausschließlich strukturelle Störungen des
Informationsverarbeitungssystems für eine Lernstörung verantwortlich gemacht wurden, erkannte man
später die gestörten Verarbeitungsprozesse als eigentliche Ursache. Diese Modelle sind bis heute
anerkannt und geben den Orientierungsrahmen für Interventionsmaßnahmen. Die defizitären
Verarbeitungsprozesse wirken sich bei Kindern negativ auf die spontane Produktion strategischer
Gedächtnisaktivitäten, die flexible und reflexive Lernüberwachung und –regulation, das Wissen über die
Möglichkeiten und Grenzen des eigenen Gedächtnisses und die Grundgeschwindigkeit der
Informationsverarbeitungsprozesse aus. Diesen Modellen liegen spezielle Grundvorstellungen
zugrunde, die an dieser Stelle kurz dargestellt werden sollen. Die erste Grundannahme ist die, dass das
menschliche Verarbeitungssystem die sensorisch wahrgenommenen Informationen zuerst
verschiedenen Transformationen und Operationen unterwirft, bevor sie dauerhaft im Gedächtnis
verfügbar sind. Strukturelle Komponenten des Gedächtnisses sind vor allem die sensorischen Register,
in denen die aufgenommenen sinnlichen Reize gespeichert werden, der Kurzzeitspeicher, der aufgrund
seiner begrenzten Kapazität Informationen nur für kurze Zeit speichern kann und der Langzeitspeicher,
der sich durch eine unbegrenzte Kapazität auszeichnet und Informationen überdauernd verfügbar hält.
Eine Erweiterung des Modells erwies sich hinsichtlich der möglichen Interventionsschritte als vorteilhaft.
man ordnete Informationsverarbeitungsprozessen eine höhere Prozessebene zu, die sie Überwachung
und Steuerung der kognitiven Verarbeitung übernimmt. Darüber hinaus ist ein Wissen über die
Möglichkeiten und Grenzen des eigenen Informationsverarbeitungssystems notwendig. Diese
Modellerweiterung beschäftigte sich demnach mit der Metakognition, die sich aus den beiden
beschriebenen Elementen zusammensetzt. (vgl. Hasselhorn/ Mähler 1990)
3. Bedingungsanalytische Komponenten von Lernstörungen
3.1 Strategisch-metakognitive Defizite
Metakognitive Verarbeitungsprozesse, also die Überwachung und Bewertung der Aufgabenlösungen
beinhalten folgende Arbeitsbereiche:
1. Erkennen des Problems,
2. Auswählen grundlegender Komponenten,
3. Auswählen von Strategien,
4. Aktivieren der Wissensbasis,
5. Bereitstellen der Ressourcen,
6. Überwachung der Strategien und
6. Bewertung der Aufgabenlösung (vgl. Lauth/ Holtz 1993).
Schüler mit Lernstörungen nutzen in der Regel Strategien der Informationsentnahme und –
verarbeitung, der Handlungsorganisation, der verbalen Handlungsregulation und der
Handlungskontrolle nicht bzw. in nicht ausreichendem Maße (vgl. Lauth 1993). Darüber hinaus
beschreiben Lauth und Holtz (1993), dass Kinder mit Lernstörungen weniger Zeit auf die aktive
Verarbeitung der Aufgabenstellung verwenden, vorhandenes Wissen nur in geringem Maße abfragen,
weniger handlungsbegleitende Kontrolle über ihre Lerntätigkeiten ausüben, weniger auf übergeordnete,
regelhafte Vorgehensweisen zurückgreifen und sich letztlich weniger Rechenschaft über den
zurückgelegten Lernweg und die erreichten Lernergebnisse geben (vgl. Lauth/ Holtz 1993). Bereits
geringe, aber zielgerichtete Hilfen auf der Komponenten- und Strategieebene können zur Verbesserung
der Lerntätigkeit und somit zu weitreichenden Leistungsverbesserungen führen.
3.2 Defizitäre Grundfertigkeiten
Basisfertigkeiten, die ein Kind beherrschen sollte, um ein gewisses Lernniveau erreichen zu können,
sind z.B. das genaue hinsehen oder zuhören können, der systematische Vergleich von akustischen und
visuellen reizen, die Unterscheidung von Wesentlichem und Unwesentlichem und das verfügen über
grundlegende Rechenoperationen und elementare Lesefertigkeiten. Sind eben diese Basisfertigkeiten
nicht angemessen ausgebildet, so kommt es zu Beeinträchtigungen der Informationsaufnahme und –
verarbeitung. Die Aufmerksamkeit eines Schülers mit Lernbeeinträchtigung und unzureichenden
Basisfertigkeiten liegt vor allem in den Details seiner Handlung und kann dadurch nicht auf die
metakognitive Ebene gelangen (vgl. Lauth 1993).
3.3 Defizite auf der Wissensbasis
Die Wissensbasis eines jeden Menschen setzt sich aus dem deklarativen Wissen und der spezifischen
sowie der allgemeinen Lernbasis zusammen. Innerhalb der spezifischen Lernbasis (hierzu zählt auch
das bereichsspezifische Wissen) kann eine Lernhierarchie verzeichnet werden: die rangniedrigeren
Kenntnisse stellen die Voraussetzung für nachfolgende Lernprozesse dar. Die allgemeine Lernbasis
schließt bestimmte Basisbereiche mit ein, hierzu zählen unter anderem die Sprachkompetenz, das
Arbeitsgedächtnis (System kurzfristiger Informationsspeicherung und –bearbeitung),
Verstehensleistungen und die Gesamtentwicklung des Individuums. Unter dem Begriff deklaratives
Wissen versteht man das Wissen über das eigene kognitive System und über Lernhandlungen. Dieses
scheint bei Schülern mit Lernstörungen nur unzureichend entwickelt zu sein, dieses betrifft besonders
das Generalisierungsvermögen der Schüler (vgl. Lauth/ Holtz 1993).
3.4 Emotionale und motivationale Aspekte von Lernhandlungen
Sehr häufig erleben Kinder mit Lernstörungen in der Schule und auch innerhalb ihres sozialen Umfelds
Misserfolge, die sich negativ auf ihr Begabungsselbstbild, ihre Motivation, Anspruchsniveausetzungen
und Motivorientierungen auswirken können. Dadurch entwickeln diese Kinder Meidungsstrategien, zu
denen auch expansive Verhaltensweisen oder ein ängstlich-regressives Verhalten zählen können.
Dadurch können die weitreichenden Überschneidungen zwischen Lern- und Verhaltensstörungen
erklärt werden.
3.5 Familiäre Bedingungen des Lernens
Lernstörungen können durch ungünstige familiäre Bedingungen, wie z.B. das Fehlen adäquater
Anregungen und Unterstützungen stark begünstigt werden. Eine Förderung erfolgreichen schulischen
Lernens dagegen kann nur durch die Propagierung angemessen hoher Leistungsziele, durch die
Wertschätzung schulischer Leistungen, durch Anregung und Gewährung von Selbständigkeit und durch
elterliche Unterstützung des Kindes in schulischen Belangen erfolgen.
3.6 Schulische Bedingungen des Lernens
Selbstverständlich stellt die Schule einen sehr großen, wenn nicht sogar den größten Bedingungsfaktor
für das Lernen dar. Es empfiehlt sich, auch im Hinblick auf die Förderung des
Generalisierungsvermögens der Kinder, eine möglichst eigenständige Planung der Lernumwelten und
Lerngelegenheiten für die Schüler anzubahnen. Didaktische und pädagogische Möglichkeiten sind die
Entwicklung von Strategien zur Informationsgewinnung und von Lösungsstrategien, das Gewährleisten
einer aktiven Informationssuche statt einer Wissensübernahme, das Zulassen von alternativen Wegen
und Zielen und die Verdeutlichung der Bedeutung des Lernens und der Lerninhalte für die konkrete
Lebenssituation der Schüler.
4. Interventionsmaßnahmen
4.1 Das Reciprocal-Training nach Brown und Palincsar
Das Reciprocal-Training nach Brown und Palincsar ist ein Förderprogramm für Schulkinder und
Jugendliche, das auf wechselseitigen Lehr-Lern-Schritten basiert. Es wurde ursprünglich ausschließlich
zum Aufbau von Textlernkompetenzen entwickelt, wurde aber mittlerweile auch auf das mathematische
Denken im Grundschulalter und das Verstehen akustischer Information bei Schulanfängern
ausgeweitet. Die grundlegenden Interventionsziele sind die Förderung des Leseverständnisses und der
selbständigen Verstehenskontrolle, sie sollen über die Vermittlung bestimmter strategischer
Kompetenzen, wie das Zusammenfassen wesentlicher Inhalte, das Formulieren verstehensbezogener
Fragen an den Text, die Vorhersage weiterer Textinhalte und das Klären von Mehrdeutigkeiten, erreicht
werden.
Den theoretischen Hintergrund der Theorie bilden vier Hauptaspekte, auf denen die
Interventionsmaßnahme beruht: die exekutive Metakognition, die Theorie der Zone der nächsten
Entwicklung, die Anleitung durch Experten und das entdeckende Lernen (vgl. Hasselhorn/ Mähler
1990).
Die exekutive Metakognition beinhaltet die Prozesse, anhand derer eine Person ihre eigenen
Lernprozesse überwacht, steuert, koordiniert und abschließend bewertet. Ein optimales Lernen kann
demnach nur durch das Training dieser Komponente erreicht werden. Kompetenzen dieses Bereichs
sind zum Beispiel Analyseprozesse zur Identifizierung der Anforderungen und Ziele einer Lernaufgabe,
Planungsprozesse zur Entscheidung über den Einsatz einer bestimmten Behaltensstrategie,
Überwachungsprozesse zur Kontrolle der Ausführung und Effektivität einer eingesetzten Strategie und
Bewertungsprozesse zur Beurteilung des Ergebnisses des Lernprozesses und zur Initiierung der
Planung erneuter Lernaktivitäten bei unzufriedenem Erfolg.
Die Theorie der Zone der nächsten Entwicklung wurde bereits in den 20er und 30er Jahren entwickelt.
Der Pädagoge oder Therapeut hat die Aufgabe, die Differenz zwischen dem aktuellen und dem
potentiellen Entwicklungsniveau zu berechnen und somit durch die Distanz die Zone der nächsten
Entwicklung zu berechnen.
Die Anleitung durch Experten ist die dritte Grundannahme der Intervention nach Brown und Palincsar.
Man geht davon aus, dass eine besonders günstige Lernsituation nur dann entstehen kann, wenn der
Experte (Lehrer, Therapeut o.ä.) einen unterstützenden Kontext realisiert, in dem die zu trainierende
Person schrittweise die relevanten Fertigkeiten erwerben kann (vgl. Hasselhorn/ Mähler 1990). Hierbei
muss der Experte bestimmte Instruktionsprinzipien befolgen. Während er die Verstehensaktivitäten
demonstriert, stellt er die zugrunde liegenden Prozesse klar und konkret dar. Die Modellierung der
relevanten Aktivitäten sollte in möglichst angemessenen inhaltlichen Kontexten erfolgen. Darüber
hinaus werden die Trainingsteilnehmer ausführlich über die Notwendigkeit, die Möglichkeiten und die
Grenzen der Strategie informiert, wobei auch der eigene Nutzen besonders deutlich werden muss.
Während eine baldige Eigenverantwortlichkeit der Schüler für die Ausführung der strategischen
Aktivitäten angestrebt werden sollte, dürfen sich die Rückmeldungen des Trainers immer nur am
aktuellen Kompetenzniveau des Schülers orientieren.
Das entdeckende Lernen stellt die didaktisch ausgearbeitete Gruppenvariante der Anleitung durch
Experten dar. Vom Schüler wird verlangt, dass er selbständig Konzepte und Lösungswege entwickelt
und ausfindig macht, während er vom Lehrer lediglich Hilfestellungen bekommt.
Diese Interventionsmaßnahme wird in ca. 20 Trainingssitzungen von je ca. 25 Minuten Dauer
abgehalten. Für die Therapie empfehlen sich kleine Gruppen, jedoch kann auch im Schulalltag im
Klassenverband von bis zu 20 Schülern trainiert werden. Das Trainingsmaterial besteht aus einer
Sammlung von 100 Textabschnitten von ca. 400 Wörtern.
4.2 Das Programm von Lauth zur Vermittlung kognitiver Fertigkeiten
Das Trainingsprogramm von Lauth geht von einer differenzierten Theorie der kognitiven Retardierung
aus und beruht im Wesentlichen auf den drei theoretischen Konzepten der Handlungstheorie, der
kognitionspsychologischen Ansätze zur Beschreibung des Verhaltens anhand defizitärer
Problemlösefertigkeiten und der instruktionstheoretischen Grundlagen der verbalen Selbstinstruktion.
Der Handlungstheorie zufolge läuft alles menschliche Handeln zielbezogen und bewusst ab und lässt
sich in übergeordnete (allgemeine Handlungselemente, die Aufmerksamkeit erfordern) und
untergeordnete Handlungen (Automatismen) untergliedern. Ein pädagogisches Ziel kann demnach die
Automatisierung übergeordneter Handlungen sein, die zu den Basisfertigkeiten gezählt werden oder
das Bewusst machen untergeordneter (automatisierter) Handlungen.
Aus kognitionspsychologischer Sicht benötigt der Mensch für das Problemlösen als eine Form
erfolgreichen Handelns die Instanz der Informationsspeicherung und außerdem die der
Informationsverarbeitung.
Auf der Grundlage der verbalen Selbstinstruktion können drei Vermittlungselemente eingesetzt werden,
das kognitive Modellieren, die Anleitung zur verbalen Handlungsregulation und die Bearbeitung
divergenter Anforderungen innerhalb des Trainings.
Die praktische Vorgehensweise dieses Trainingsprogramms orientiert sich an der Comic-Figur des
Daniel Düsentrieb (Erfinder). Es existieren zahlreiche Signalkarten, die jeweils eine Handlungsstrategie
mit Hilfe dieser Figur darstellen und die die Kinder nachahmen sollen. Darüber hinaus wird die Methode
der verbalen Selbstinstruktion verfolgt. Zuerst demonstriert der Lehrer den Verlauf einer Problemlösung
mit den Schritten: Definition des Problems, Annäherung, affektives Bewältigungsverhalten,
inhaltsspezifische Lösungsschritte, Prüfprozesse und Kompetenzzuschreibung. Anschließend leitet der
Lehrer das handelnde Kind verbal bei der Problemlösung an und im weiteren Verlauf übernimmt das
Kind die Instruktion selbst und blendet diese langsam aus, so dass sie nur noch gedanklich stattfindet.
Das Training findet in Gruppen zu drei bis vier Kindern oder als Einzeltraining statt. Jede der ungefähr 8
Sitzungen sollte zwischen 30 und 60 Minuten Dauer haben. Lauth beschreibt in seinem Programm eine
bestimmte Vorgehensweise, die in jeder Sitzung durchgehalten werden soll. Zu Beginn Stunde erhalten
die Kinder allgemeine Erläuterungen zum Inhalt der Sitzung und werden zu einer Diskussion bezüglich
des Sinns des Trainings und der eingeführten Handlungsstrategien angeregt. Daran anschließend
erfolgt die beispielhafte Demonstration durch den Trainer, die in eine Übungsphase für die Kinder
übergehen soll. Den Abschluss jeder Sitzung sollte eine Spielphase bilden, die die Kinder selbst
gestalten dürfen.
5. Literatur
Hasselhorn, Marcus/ Mähler, Claudia (1993): Möglichkeiten und Grenzen der Beeinflußbarkeit des Lern- und
Gedächtnisverhaltens von Kindern. In: Klauer, Karl Josef (Hrsg.): Kognitives Training. Göttingen, Berlin, Toronto, Seattle:
Hogrefe
Hasselhorn, Marcus/ Mähler, Claudia (1990): Lernkompetenzförderung bei lernbehinderten Kindern: Grundlagen und
Beispiele metakognitiver Ansätze. In: Heilpädagogische Forschung 1, 2-13
Klauer, Karl Josef und Lauth, Gerhard W. (1996): Lernbehinderungen und Leistungsschwierigkeiten bei Schülern. In:
Weinert, Franz E. (Hrsg.): Psychologie des Unterrichts und der Schule. Göttingen, Berlin, Toronto, Seattle: Hogrefe
Lauth, Gerhard W. (1993): Konzeption und Evaluation eines Trainings metakognitiver Kompetenzen bei kognitiver
Retardierung. In: Klauer, Karl Josef (Hrsg.): Kognitives Training. Göttingen, Berlin, Toronto, Seattle: Hogrefe
Lauth, Gerhard W./ Holtz, Karl-Ludwig (1993): Lernstörungen. In: Steinhausen, Hans-Christoph/ Aster, Michael von (Hrsg.):
Handbuch Verhaltenstherapie und Verhaltensmedizin bei Kindern und Jugendlichen
Sydow, Hubert (1993): Zum Training kognitiver Operationen im Vorschulalter. In: Klauer, Karl Josef (Hrsg.): Kognitives
Training. Göttingen, Berlin, Toronto, Seattle: Hogrefe
Blindheit
Blindheit bezeichnet die Einschränkung der Sehfähigkeit auf unter 2%, die Einschränkung des Gesichtsfeldes auf 5
Grad oder den kompletten Verlust der Sehfähigkeit.
Nicht zur Blindheit gehören die Farbblindheit und die Nachtblindheit. Diese Krankheitsfelder werden der Kategorie
Sehbehinderungen zugeordnet.
Im wesentlichen unterscheidet man zwei Ursachengruppen für Blindheit:
 angeborene Blindheit: diese kann verursacht sein durch:
 fehlende Elemente des Sehapparates
 fehlende Verbindung zwischen Auge und Gehirn
 unerkannte Erkrankungen wie z.B. der angeboren grüne Star
 genetische Veranlagungen, die im Laufe der Zeit zur Erblindung führen können
2) erworbene Blindheit Ursachen dafür können sein:
der graue Star (die alterungsbedingte Trübung der Linse) – dies ist die häufigste Ursache für erworbene
Blindheit
 Altersblindheit bedingt durch Diabetes oder altersbedingte Makuladegeneration, kurz AMD
 Langanhaltender, unbehandelter Bluthochdruck
 Embolien in den versorgenden Blutgefäßen
 Verletzungen (Amaurose)
Die von Louis Braille entwickelte Blindenschrift (die sg. Brailleschrift) ermöglicht blinden Menschen das Lesen und
Schreiben von Texten. Das Schreiben von Texten ist z.B. mit der Blindenschreibmaschine möglich, welche bereits
1899 erfunden wurde. Heute gibt es auch Braille-Drucker für den PC. Viele Zeitschriften (auch Hörzeitschriften)
werden durch Blindenbüchereien oder gemeinnützige Vereine vertrieben. Aber auch die immer mehr
aufkommenden Hörbücher ermöglichen blinden Menschen einen weiteren Zugang zur Literatur.

In vielen bekannten Bauwerken werden auch Modelle zum taktilen Erleben aufgestellt. Auf Bahnhöfen werden die
Bahnsteige mit speziellen Einkerbungen – sog. Leitlinien – versehen, die den Blinden ermöglichen, sich dort
zurecht zu finden.
Das jüngste Medium für Blinde heißt DAISY. DAISY ist der Name eines weltweiten Standards für navigierbare,
zugängliche Multimedia-Dokumente. Die Abkürzung steht für „DigitalAccessible Information System“. Im Frühjahr
2004 wurde die DAISY-CD im deutschsprachigen Raum eingeführt, welche die veraltete Kompaktkassette bald
ersetzen soll.
Nachdem Kinder bekanntlich viel leichter neues lernen als Erwachsene, ist es für sie um einiges
leichter mit einer angeborenen oder erworbenen Blindheit umzugehen und diese zu akzeptieren, als dies für die
dazugehörigen Eltern der Fall ist. Es gibt in Österreich sehr gute Einrichtungen die uns helfen können, mit dieser
Behinderung zu leben – ob als direkt Betroffene oder als Angehörige. Entsprechende Links zu helfenden
Organisationen erfahren Sie unter dem Punkt Links, Literatur und Downloads – oder Sie wenden sich direkt an die
Redaktion.
Zum Abschluss hier noch ein paar Merkmale zur Früherkennung von Sehbeeinträchtigungen bei Kindern:
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Äußerungen des Kindes über Sehbeschwerden
allgemeine körperliche Hinweise wie Albinismus (weiße Haarfarbe)
Organauffälligkeiten wie Rötungen, Absonderungen, Augenzittern,
Blickauffälligkeiten wie scheinbares Vorbeisehen an einem fixierten Objekt, keinen Blickkontakt aufnehmen
können, Zusammenkneifen der Augen, "verschlafener Blick",
erfolgloses Sehverhalten mit Auswirkungen wie Anstoßen, Stolpern, Danebengreifen
abweichendes Sehverhalten, zum Beispiel "mit der Nase sehen", schiefe Kopfhaltung beim Sehen
erhöhte Blendungsempfindlichkeit
Anzeichen von Angst vor oder während Leistungsanforderungen, die die Lösung von Sehaufgaben
voraussetzen
Gehörlosigkeit
Der Begriff Gehörlosigkeit bezeichnet das vollständige oder weitgehende Fehlen des Gehörs bei Menschen.
Der Begriff wurde seit Beginn des 20. Jahrhunderst zunehmend im deutschen Sprachraum synonym oder anstelle
von Taubheit verwendet. Von Taubheit wird dann gesprochen, wenn die betroffene Person keine akustische
Wahrnehmung mehr hat. Taubheit kann nur auf einem Ohr oder beidseitig – auf beiden Ohren vorkommen.
Medizinisch gesehen hat ca. 98 % aller Gehörlosen ein Restgehör. Wer dies nicht hat, ist taub.
Angeborene Taubheit kann entweder vorgeburtlich erworben sein (z.B. durch Röteln-Embryopathie, RhesusfaktorUnverträglichkeit,...) oder als erbliche Form, sowie im Rahmen von Fehlbildungen auftreten.
Erworbene Taubheit (Innenohrschaden) kann als Folge von z.B. Meningitis (Hirnhautentzündung), Enzephalitis
(Gehirnentzündung), Scharlach, Masern, Tuberkulose oder Mittelohr-Erkrankungen auftreten.
Eine von Geburt an vorliegende Beeinträchtigung des Gehörs wird häufig erst spät erkannt. Das Alter bei der
Erkennung von Taubheit liegt durchschnittlich bei etwas mehr als 2 Jahren. Mittlerweile ist es in Österreich üblich,
bei Neugeborenen ein sogenanntes Hörscreening durchzuführen. Bei diesem Verfahren wird der Säugling ein oder
zwei Tage nach der Geburt im Spital mit einer Hörsonde auf seine Hörfähigkeit getestet, bei dem das Baby
normalerweise (bzw. vorzugsweise) schläft und davon nichts merkt.
Die spezifische Sprache der Gehörlosen ist traditionell die Gebärdensprache, die sich immer da entwickelte, wo
zwei oder mehr taube ;sich trafen. Es wird angenommen, dass es Gebärdensprache bereits seit Bestehen der
Menschheit gibt. Möglicherweise war sie sogar das erste Verständigungsmittel ohne dass dies durch Taubheit
begründet war.
In der „Hörwelt“ ist die Annahme weit verbreitet, dass es nur eine einzige, universelle Gebärdensprache gibt.
Tatsächlich hat sich in jedem Land eine eigene Gebärdensprache in Anlehnung an die jeweils ungebende Kultur
entwickelt – dies erfolgte jedoch immer unabhängig von den jeweiligen Lautsprachen. So sind z.B. die
Amerikanische, die Britische und die Australische Gebärdensprache äußerst unterschiedlich, obwohl die
Lautsprache dieser Länder denselben Stamm hat. Es wird auch zwischen einer Österreichischen und einer
Deutschen Gebärdensprache unterschieden.
Da taube Personen durch ihre Kommunikationsbehinderung in der Gesellschaft häufig isoliert sind, werden soziale
Kontakte gern innerhalb von Gehörlosenkreisen gepflegt. Die über Jahrhunderte hinweg gepflegte Gemeinschaft
mit gleichartig Betroffenen führte zumindest im außerberuflichen, privaten Bereich zur Entwicklung einer eigenen
Kultur.
Dazu gehört z.B. dass es in sämtlichen größeren Städten einen Verein und einen festen Treffpunkt, oft
„Clubheim“ genannt, gibt. Stark entwickelt ist zudem der Gehörlosensport. So werden weltweit die Deaflympics
jeweils ein Jahr nach den Olympischen Spielen veranstaltet. Außerdem haben sich eigene Strukturen in den
„schönen Künsten“ gebildet: so z.B. mit dem Gehörlosentheater, Gebärdensprachchören und den Kulturtagen der
Gehörlosen.
Kinder und Erwachsene, die über ein Resthörvermögen verfügen, haben die Möglichkeit, durch technische
Hörhilfen bzw. Hilfsmittel doch noch ein Hörerlebnis vermittelt zu bekommen. Meist jedoch reichen diese nicht aus,
um damit unmittelbar die Lautsprache zu verstehen. Dazu muss der Hörhilfen-Einsatz in der Regel von einem
speziellen Training begleitet werden. Das taube Kind ist daher nicht nur auf technische Hilfsmittel, sondern auch auf
eine spezielle Hör- und Sprecherziehung angewiesen. Mit dieser kann – je nach Begabung und Übung – die
Lautsprache erlernt werden.
Dank besserer Förderungsmöglichkeiten gelingt es immer mehr Gehörlosen, die Lautsprache soweit zu
beherrschen, dass ein dauerhafter sozialer Kontakt mit der „Mehrheitsgesellschaft“ entsteht
Taubblindheit
Von Taubblindheit spricht man, wenn sowohl das Hör- als auch das Sehvermögen soweit eingeschränkt sind, dass
der Ausfall des einen Sinnes nicht mehr durch den anderen ausgeglichen werden kann.
Zur zwischenmenschlichen Kommunikation bedienen sich Taubblinde in fast allen Ländern der „geführten
Gebärde“. Dies ist eine darauf angepasste Gebärdensprache, dass sie vom „Hörenden“ an den Händen des
„Sprechenden“ abgefühlt wird. Bei geringer Sehfähigkeit können zum Lesen bestimmte Hilfsmittel (große
Bildschirme, Leselupen) zum Einsatz kommen. Bei geringer Hörfähigkeit kann mit Hörhilfen gearbeitet werden. Eine
geringe Zahl von taubblinden Kindern wird auch mit einem Cochleaimplantat versorgt, d.h. mit einer Hörprothese.
Es gibt bis heute aber keine sicheren Erkenntnisse über den Nutzen dieser (Operativen) Methode.
Grundsätzlich kann man unterscheiden zwischen:
- blind geboren und ertaubt vor Spracherwerb
- blind geboren und ertaubt nach Spracherwerb
- gehörlos geboren
und erblindet im Kindesalter
- gehörlos geboren und erblindet im hohen Alter
- taubblind geboren
Es ist leicht vorstellbar, dass in den ersten beiden Situationen blindenspezifische Hilfsmittel eine größere Rolle
spielen und in den beiden dann genannten Situationen ein Zugehörigkeit zur Gehörlosen(kultur)-gemeinschaft
möglich ist.
Jedoch in der letztgenannten Situation ein davon völlig unterschiedliches (erheblich hilfsbedürftiges)
Leben geführt wird.
Geistige und Mehrfachbehinderung
Der Begriff geistige Behinderung bezeichnet einen andauernden Zustand unterdurchschnittlicher kognitiver
Fähigkeiten eines Menschen sowie damit verbundene Einschränkungen seines affektiven Verhaltens.
Eine eindeutige und allgemein akzeptierte Definition ist jedoch schwierig.
Eine medizinische Definition von geistiger
Behinderung lautet, dass sie eine Minderung oder Herabsetzung der maximal erreichbaren Intelligenz ist. Es gibt
jedoch noch mehrere andere Definitionen die auch die Interaktion des betroffenen Menschen mit seiner Umwelt in
den Blick rücken.
Es gibt einige Krankheiten, die der geistigen oder kognitiven Behinderung ähneln, jedoch zu unterscheiden sind.
Das ist zum Beispiel der frühkindliche Autismus, die psycho-soziale Deprivation, die Demenz (= alters- oder
krankheitsbedingter Verlust einer einmal besessenen Fähigkeit) oder auch hirnorganische Krankheiten. Die
hauptsächlichen Unterscheidungen bestehen darin, dass die geistige Behinderung von Anfang an besteht, dass
keine Wahnsymptome vorhanden sind und dass das Sozialverhalten nicht autistisch ist.
Der Schweregrad der Intelligenzminderung wird mit Hilfe standardisierter Intelligenztests festgestellt.
Der Grenzfall gilt als s.g. grenzwertige Intelligenz (manchmal auch Lernbehinderung). Der IQ hierbei liegt zwischen
70 und 89. Mit einiger Mühe können Erwachsene zum Beispiel ein paar fremdsprachige Sätze erlernen.
1. Grad: Leichte Intelligenzminderung: IQ von 69 bis 50; entspricht beim Erwachsenen dem Intelligenzalter von 9
bis unter 12 Jahren. Lernschwierigkeiten in der Schule, viele Erwachsene können arbeiten und soziale Kontakte
pflegen
2. Grad: Mittelgradige/mäßige Intelligenzminderung: IQ von 49 bis 35; entspricht beim Erwachsenen dem
Intelligenzalter von 6 bis unter 9 Jahren. Deutliche Entwicklungsverzögerung in der Kindheit; die Erwachsenen
benötigen Unterstützung bei der Arbeit und beim Alltag
3. Grad: schwere Intelligenzminderung: IQ von 34 bis 20; entspricht beim Erwachsenen dem Intelligenzalter von 3
bis unter 6 Jahren. Dauernde Unterstützung ist notwendig.
4. Grad: Schwerste/sehr schwere Intelligenzminderung: IQ von unter 20; entspricht beim Erwachsenen dem
Intelligenzalter von unter 3 Jahren. Die eigene Versorgung, Beweglichkeit, Kontinenz und Verständigung sind
hochgradig beeinträchtigt.
Daneben gibt es auch noch die Intelligenzminderung ohne nähere Angaben. Sie wird nur dann kodiert, wenn der
Intelligenzquotient wegen körperlicher Behinderung, Sinnesbeeinträchtigungen oder Verhaltensstörungen nicht
feststellbar ist.
Ist die Durchführung eines Intelligenztests zum Beispiel wegen einer körperlichen Behinderung oder einer
Verhaltensstörung nicht möglich, werden andere Tests durchgeführt (z.B. selbständiges Essen und Trinken,
Arbeitsproben, selbstständiges Ankleiden.).
Mittlerweile jedoch wird immer öfter eine Einzelfallbeschreibung im Rahmen einer systemischen Analyse der
Mensch-Umfeld-Verhältnisse durchgeführt.
Unter Mehrfachbehinderung versteht man das gleichzeitige Vorhandensein mehrerer Behinderungstypen, z.B.
das gemeinsame Vorliegen einer Körperbehinderung und einer kognitiven Behinderung.
Mehrfach behinderte Menschen bedürfen oft von Geburt an einer besonderen Betreuung, Begleitung und
Unterstützung ihrer Entwicklung. Dies wird z.B. durch Angebote der Frühförderung geleistet. Ab dem Schuleintritt
sind häufig weitere spezielle Hilfen erforderlich. Diese werden den betroffenen Kindern zu Teil in besonderen
Schulformen, zum Teil auch integrativ in Tegelschulen geboten. Neben den LehrerInnen haben die Träger der
Schulen auch Pflegekräfte und medizinisch-therapeutische Fachkräfte zur Verfügung. Oft übernehmen auch
Zivildienste oder Praktikanten von Sozialpädagogischen Ausbildungsstätten Assistenzaufgaben.
Die Zahl der Kinder mit Mehrfachbehinderung steigt seit einigen Jahren an. An den oben genannten Schultypen
sind zur Zeit ca. 30 bis 40 Prozent der dort lernenden Kinder mehrfachbehindert.
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