klinik am waldsee - AHG Allgemeine Hospitalgesellschaft

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KLINIK AM WALDSEE
REHA-Zentrum für junge Abhängigkeitskranke
THERAPIEKONZEPT
Frank Löhrer
Arzt für Psychiatrie, Psychotherapie, Dr. med.
Ltd. Arzt der Klinik Am Waldsee, Professor für Sozialmedizin
D-56745 Rieden
unter Beteiligung der Mitarbeiter
der Klinik Am Waldsee
Stand: April 2007
2
Inhaltsübersicht:
1. Die Klinik Am Waldsee, Überblick
2. Drogenbehandlung in Deutschland
3. Patienten
4. Therapie
4.1
Therapiemodell
4.2
Persönlichkeitsmodell
4.3
Störungs- und Suchtmodell
4.4
Modell der Verhaltensdiagnostik
4.5
Veränderungsmodell
5. Therapiebausteine
5.1
Die zeitliche Abfolge
5.1.1 Eingangsphase
5.1.2 Stammphase
5.1.3 Adaption
5.1.4 Nachsorge / ambulante Nachbehandlung
5.2.
Elemente der Arbeit
5.2.1 Medizinische Behandlung
5.2.2 Psychotherapie
5.2.3 Arbeitstherapie
5.2.4 Sozialtraining
6.
Diagnostik
7.
Personal- und Personalentwicklung
8.
Vernetzung
Anhang 1-4
3
Das vorliegende Konzept stellt eine Aktualisierung des Konzeptes dar, das
1995 für die
Klinik entwickelt und mit den Leistungsträgern vereinbart wurde. Es nimmt auf
die 1995
formulierte Fassung ausdrücklich Bezug 1.
1. Die Klinik am Waldsee (Überblick)
Die Klinik Am Waldsee ist eine Einrichtung zur stationären rehabilitativen
Entwöhnungsbehandlung
für
junge
Erwachsene
mit
einer
Abhängigkeitserkrankung. Seit dem 01.10.1995 werden hier Männer und
Frauen, zu 95 % in einem Alter zwischen dem 18. und 35. Lebensjahr,
aufgenommen.
Die Klinik Am Waldsee ist in besonderer Weise auf die Behandlung von
komorbiden
Probanden
spezialisiert.
Abhängigkeitserkrankte
mit
einer
Schizophrenieerkrankung, einer Depressionserkrankung oder einer definierten
Persönlichkeitsstörung werden bevorzugt behandelt. Daher hält die Klinik Am
Waldsee sämtliche Therapiebausteine bereit, die zur Weiterbehandlung
psychiatrischer Krankheitsbilder notwendig sind.
Patienten, die sich einer rehabilitativen Behandlung auf der Grundlage der
Paragraphen 31 ff des Betäubungsmittelgesetzes (BtmG) unterziehen müssen,
(gerichtliche
Auflagen,
„Therapie
statt
Strafe“)
werden
in
der
Klinik
aufgenommen, sofern sie die medizinischen Voraussetzungen erfüllen.
Die Klinik Am Waldsee arbeitet unter der Trägerschaft der Allgemeinen
Hospitalgesellschaft AG mit Sitz in Düsseldorf. Die AHG-AG ist eine großer
4
privater Klinikbetreiber in der Bundesrepublik mit einem Schwerpunkt in der
sucht-rehabilitativen Indikation. Die AHG-AG ist ein nicht börsennotiertes
Familienunternehmen.
Die
Klinik
kooperiert
mit
regionalen
und
überregionalen psychiatrischen und akademischen Zentren.
Das
Behandlungsziel
ist
die
weitestmögliche
soziale
und
berufliche
Wiedereingliederung der Patienten.
Die Klinik verfolgt als Ziel, den Probanden eine Lebensweise mit totaler
Abstinenz von psychoaktiven Substanzen zu ermöglichen. Substitutive
Behandlungen oder Behandlungen, die einen „kontrollierten Konsum“ zum
Ziele
haben,
werden
nicht
angeboten.
Dem
Charakter
der
Abhängigkeitserkrankungen folgend, wird ein kontrollierter Konsum von
Suchtmitteln, die nicht primär der Behandlung einer Erkrankung dienen, als
nicht sinnvoll angesehen. Für Patienten, bei denen eine psychiatrische
Erkrankung zu einer psychopharmakologischen Behandlung zwingt, wird die
psychopharmakologische Behandlung im Hause fortgeführt und modifiziert.
Der Konsum von Nikotin, Koffein und Teeein wird im Rahmen der Behandlung
in der Klinik Am Waldsee problematisiert. Im Rahmen der medizinischen
Aufklärung wird eine Minimierung des Konsums dieser psychoaktiven
Substanzen empfohlen. Pathologische Essgewohnheiten und exzessives
Verhalten wird gleichfalls hinterfragt und modifiziert.
Die Aufnahme in der Klinik Am Waldsee setzt eine ausreichende körperliche
Entgiftung
voraus.
Insbesondere
Substitutionsbehandlung
prästationären
Entgiftung.
Patienten,
aufgenommen
die
im
werden,
Entgiftungsbehandlungen
Anschluss
bedürfen
sind
ferner
einer
einer
bei
Abhängigkeiten von Alkohol und Benzodiazepinen regelhaft vorgesehen.
5
Restentzügigkeiten können - sofern keine klinischen Kontraindikationen
vorliegen - im Hause behandelt werden.
Die Aufnahme in die Klinik Am Waldsee erfolgt immer auf freiwilliger Basis.
Das Haus hat offenen Charakter.
Zwangsbehandlungen werden nicht
durchgeführt.
Vor
der
Aufnahme
sollte
der
Patient
über
eine
ausbaufähige
Abstinenzmotivation verfügen und bereit sein, während der Behandlung in der
Klinik Am Waldsee zuverlässig auf den Konsum von Drogen zu verzichten.
Eine Aufnahme in der Klinik Am Waldsee erfolgt nur, wenn zuvor eine
Leistungszusage des zuständigen Leistungsträgers vorliegt. Vor der Aufnahme
erforderliche Unterlagen sind ein aktueller Arztbericht, ein Sozialbericht der
therapievorbereitenden Stelle, eine Zahnsanierungsbescheinigung und eine
Zusage über die Therapienebenkosten. Akut somatisch erkrankte Probanden,
die aufgrund ihrer somatischen Störung nicht am Therapieprogramm
teilnehmen können, werden nicht aufgenommen.
Das Vorliegen von gravierenden hirnorganischen Beeinträchtigungen, eine
akute Suizidalität, Erkrankungen, die eine stationäre Krankenhausbehandlung
erforderlich machen, oder die eine Teilnahme am Therapieprogramm im
weiten Umfang unmöglich machen stellen Kontraindikationen für eine
Aufnahme in der Klinik Am Waldsee dar. Probanden, die eindeutig keine
Abstinenzwilligkeit erkennen lassen, werden gleichfalls nicht behandelt.
Tab. 1: Voraussetzungen für eine Behandlung:
6
Kostenzusage/Leistungszusage
Zahnsanierungsbescheinigung
Regelung der Therapienebenkosten
Entgiftung
keine Selbst- oder Fremdgefährdungen
Motivation zu suchtmittelfreiem Leben
Ein Kontakt des Patienten vor der Aufnahme zur Klinik ist erwünscht. Beim
Vorliegen einer Schizophrenieerkrankung, einer Persönlichkeitsstörung oder
einer Depressionserkrankung, bei einer Übernahme aus dem Strafvollzug und
bei Vorliegen einer hirnorganischen Erkrankung (z.B. Epilepsie), ist der Kontakt
zur Klinik vor der Aufnahme zwingend erforderlich. Dieser Vorkontakt kann in
einem regelmäßigen Briefwechsel mit der Klinik bestehen. Ein Vorgespräch
kann in der Klinik geführt werden. In seltenen Fällen, in denen die Mobilität
des Patienten schwer eingeschränkt ist, führen Mitarbeiter der Klinik auch ein
Vorgespräch in der Lebensumgebung des Betroffenen durch. Ist die
diagnostische Einschätzung unklar und ist eine Rehabilitationsprognose nicht
vorderhand zu stellen, so kann die Sinnhaftigkeit eines therapeutischen
Vorgehens und einer rehabilitativen Behandlung in einem solchen Vorgespräch
auch vor Behandlungsaufnahme abgeklärt werden. Zwingend erforderlich ist
ein Vorgespräch auch bei Paaren, die sich gemeinsam einer Behandlung
unterziehen.
Tab. 2: Indikationen für Vorgespräche:
unklare Therapiemotivation
Suizidversuche in der Vorgeschichte
Haftsozialisation
körperliche Erkrankungen, die eine Rehabilitation limitieren
könnten
Epilepsieerkrankung
produktive Psychose
sonstige soziale Indikationen
7
Die Klinik gliedert sich in fünf Gruppen. Für jede Gruppe steht ein
Aufenthaltsraum, ein Abstellraum sowie eine Teeküche zur Verfügung und
eine
ausreichende
Zahl
von
Doppel-
und
Einbettzimmern.
Die
fünf
Wohnbereiche sind so angeordnet und separiert, dass sie einen ökologischen
Rahmen für die soziale Struktur des Hauses bilden. Darüber hinaus stehen
Therapieräume, ein gemeinsamer Speisesaal, zahlreiche Funktionsräume,
Arbeits- und Kreativräume sowie ein Gymnastikraum zur Verfügung. Sauna
und Kraftraum sowie Sporteinrichtung werden gemeinsam mit der Gemeinde
Rieden genutzt und betrieben.
Das vierstöckige, vor Inbetriebnahme der Klinik teilweise neu gebaute und in
den anderen Teilen vollständig renovierte und 2005/2006 erneut komplett
renovierte Gebäude ist freistehend und von einem etwa 14.000 qm großen
Gelände umgeben. Die Klinik befindet sich etwa 1 km von der Ortsgemeinde
Rieden entfernt und gehört zum Ortsteil Riedener Mühlen. In einer Entfernung
von etwa 400 Metern grenzt das Klinikgelände an den Riedener Waldsee, von
dem sich der Name herleitet. Der Riedener Waldsee ist ein Badesee und gehört
zu einem Naherholungsgebiet. Das Tal Rieden gehört zu den waldreichen
Gegenden der Vulkaneifel und ist an die Städte Mayen und Mendig durch
öffentliche
Verkehrsmittel
angebunden. Kindergarten, Grundschule und
Lebensmittelgeschäfte bestehen am Ort selber. Bekleidungsgeschäfte und
weiterführende
Schulen,
Ämter
und
Behörden
finden
sich
in
der
Verbandsgemeinde Mendig sowie der Kreisstadt Mayen. In einer Entfernung
von 4 Kilometern endet der Autobahnzubringer zur A 61. Die Entfernung nach
Bonn beträgt etwa 30 Autominuten, nach Koblenz etwa 20 Autominuten.
8
2. Drogenbehandlung in Deutschland
Die Situation der Drogenbehandlung in Deutschland ist einem permanenten
Wandel unterworfen. Sie folgt damit Konsumentengewohnheiten, die wegen
der Illegalität des Konsumes oft nur protrahiert wahrgenommen werden.
Alle Rauschdrogen, legale wie illegale, sind in der Bundesrepublik verfügbar.
Cannabinoide, Alkohol, Opiate, Cocain, Amphetamine und Methamphetamine,
Halluzinogene und biologische Suchtmittel sind bundesweit verbreitet und
zum Teil für geringe Beträge erwerbbar. Der Drogenhandel ist in großem Stil
organisiert und stellt einen erheblichen Wirtschaftssektor dar 2.Insbesondere
in den letzten Jahren hat die Zahl der Konsumenten von Cannabinoiden und
Halluzinogenen deutlich zugenommen3. Hochfrequent konsumiert werden
ferner Amphetamine und Metamphetaminderivate. Der Konsum von Heroin
hat ebenso abgenommen wie der Konsum von Sedativa in der jungen
Altersschicht. Der Konsum von Alkohol verbleibt bundesweit auf einem hohen
Niveau.
Besonders
problematisch
erweist
sich
das
immer
jüngere
Einstiegsalter 1in einen Parallelkonsum von Alkohol und Cannabinoiden, häufig
in einem präpubertären / pubertären Zusammenhang 4.
Bei
jungem
Konsumeinstieg
scheinen
die
sowohl
kognitiven
wie
verhaltensbedingten Schädigungen für die Probanden besonders folgenreich
6.
5
Dieses frühere „time of onset“ des Cannabis-Konsumes scheint zur
Entwicklung depressiver 7und schizophreniformer
8
9
Störungen in hohem
Maße zu prädisponieren. Drogenkonsum wird damit auch zu einem Thema der
Pädiatrie und der Konsum psychotroper Substanzen als Teilbild einer
Entwicklungsstörung frequent
10.
Daneben ist ein früher Konsumeinstieg auch
9
aus entwicklungspsychologischer Sicht ein ernstes Problem und führt sowohl
zu
einer
Veränderung
der
entwicklungspsychologisch
Prognostik
gesetzten
pädagogischen Vorgehensweise
wie
zu
Schädigungen
einer
den
angepassten
eher
11.
Die Zahl von psychotisch exazerbierten Drogenkonsumenten hat europaweit
deutlich
zugenommen.
Bei
der
zunehmenden
Frequenz
von
F1/F2-
Komorbiden sind als potentielle Ursachen Veränderungen im Konsummuster
einerseits wie eine wachsende soziale Depravation der Probanden mit einer
Schizophrenieerkrankung, die am Rand der Drogenszene eine gewisse
Akzeptanz finden, andererseits zu diskutieren
12.
Auch bei schizophren
Erkranken haben sich frühzeitige rehabilitative Interventionen als notwendig
und günstig herausgestellt
Probanden,
beugen
Vorgehensweisen
Entwicklung,
14.
13.
Sie verbessern nachhaltig die Prognose des
Chronifizierungen
Sie
erleichtern
verbessern
vor
und
nachhaltig
medikamentöse
Rehospitalisationen und Frühberentungen vor
bahnen
die
weitere
Behandlungen,
15.
integrative
klinische
beugen
Für die Klinik ist damit eine
möglichst enge Kooperation mit vorbehandelnden psychiatrischen Kliniken
zwingende Voraussetzung.
Die Nachfrage nach rehabilitativen Behandlungen für Drogenkonsumenten ist
gleichbleibend hoch. Die Gesellschaft ist bei einem solchen Vorgehen auch gut
beraten; denn rechtzeitige Investitionen in rehabilitative Behandlungsansätze
erweisen sich als volksökonomisch sinnvoll und gewinnbringend
16 17.
Ohne
Behandlung generieren die Abhängigkeitskranken exorbitante Kosten, sowohl
im Gesundheits- wie im Rentensystem
18.
Daher sind frühest-mögliche
Interventionen zu fordern. Dabei werden zunehmend sehr junge Probanden
zur Behandlung angemeldet. Die Arbeitserfahrungen, die diese Probanden
mitbringen, sind vergleichsweise gering. Ein Gros der Probanden verfügt nicht
10
über
adäquate
Arbeitserfahrungen
und
nur
über
fragmentarische
Schulbildung. Dies kontrastiert auffällig zu dem vergleichsweise hohen
Intelligenz-Niveau der Probanden. Hieraus ergeben sich methodisch neue
Anforderungen für die Rehabilitationsbehandlung. Die große Anzahl von
Medikamentenabhängigen in der Bundesrepublik wird durch unsere Klinik
nicht erfasst 19.
In den letzten Jahren wurden Nischenarbeitsplätze abgebaut. Ein hoher
Leistungsdruck in gewerblichen Berufen und Angestelltenberufen erschwert
die
Wiedereingliederung
Arbeitsmarkt.
von
Besonders für
signifikant
komorbide
erkrankten
Patienten
in
den
F1/F2 Probanden sind daher
Eingliederungen in konkrete Berufe notwendig.
Die Organisation von Entgiftungen ist erfreulicherweise in den letzten Jahren
unproblematischer geworden. Fast bundesweit existiert eine ausreichende
Kapazität
von
Entgiftungsbehandlungen,
so
dass
entwöhnungswillige
Patienten ohne große Schwierigkeiten eine körperliche Entgiftung erfahren
können. In den letzten Jahren ist jedoch die Kapazität der Beratungsstellen
tendenziell rückläufig. Unter zunehmendem Kostendruck wurden hier Stellen
abgebaut.
Entwöhnungswillige
Probanden
erfahren
daher
oft
nicht
ausreichende prästationäre Aufklärung über die Entwöhnung und eine
Vorbereitung auf das therapeutische Setting. Ihre Vorbereitung für eine
Entwöhnungsbehandlung ist oft höchst lückenhaft.
Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist diese Entwicklung unsinnig. Unstrittig ist,
daß sowohl bei Suchterkrankungen
20,21
wie bei Schizophrenieerkrankung
22
frühzeitigste Interventionen angezeigt sind. um fatale Chronifizierungen mit
dann höheren Kosten für die sozialen Leistungssysteme zu vermeiden.
11
3. Patienten
In der Klinik Am Waldsee werden junge Abhängigkeitskranke behandelt, die in
der Regel zwischen 18 und 35 Jahren alt sind. In begründeten Ausnahmefällen
werden
Patienten
ab
Erziehungsberechtigten
dem
16.
Lebensjahr
aufgenommen.
In
mit
Zustimmung
gleichfalls
der
begründeten
Ausnahmefällen werden Patienten auch über das 35. Lebensjahr hinweg
aufgenommen, wenn sie eine genügende Veränderungsfähigkeit zeigen. Für
die Mehrzahl der Patienten beträgt die Dauer des Konsums weit über 10
Jahren, zu 90 % weisen die Patienten einen präpubertären Einstieg in einen
regelmäßigen Konsum von Alkohol und Cannabinoiden auf. Dieser frühe
Konsum hat zu Reifungsdefiziten geführt, die schulische Ausbildung früh
beendet oder insuffizient werden lassen, berufliche Qualifikationen verhindert
und die Entwicklung und Ausformung persönlicher Beziehungen behindert
23.
Unsere Patienten haben biologisch in der Regel die Pubertät abgeschlossen,
zeigen jedoch erhebliche Reifungsdefizite und Entwicklungsverzögerungen, so
dass
psychodynamisch
nachzuholen bleiben
24.
häufig
noch
pubertäre
Entwicklungsschritte
Der Einstieg in die Suchtkarriere begann in der
Mehrzahl der Fälle ausnehmend früh, in der Regel vor dem 14. Lebensjahr.
Unter den Probanden sind daher solche mit einer Entwicklungsdiagnose nach
den Formenkreisen F8 und F9 des ICD-10 häufig. Die Zusammenhänge
zwischen den inzwischen fast endemischen Hyperaktivitätsstörungen und
späterem Substanzkonsum sind bereits seit langem bekannt und beschrieben
25.
Unter unseren Patienten finden sich sowohl Personen, die sich bereits von
ihrer
Herkunftsfamilie
gelöst
haben
12
und
erste
eigenständige
Lebenserfahrungen
aufweisen,
wie
auch
solche,
die
noch
in
der
Herkunftsfamilie fest verwurzelt sind. Ein hoher Anteil hat daher keine eigenen
Erfahrungen mit einer Haushaltsführung.
Die
Minderheit
unserer
Partnerschaftserfahrungen.
Patienten
verfügt
über
eigene
Ein erheblicher Anteil der Probanden weist
Inzesterlebnisse in der frühen Kindheit und im Jugendalter auf. Bei einem
erheblichen Anteil war die Erziehungshaltung der Eltern gewährend, bei einem
anderen
Teil
durch
Gewalt
geprägt.
Abhängigkeitserkrankungen
und
psychische Erkrankungen bei Eltern oder Geschwistern finden sich in einer
hohen Anzahl von Fällen. Suizidale Krisen, suizidale Handlungen in der
Vorgeschichte und psychiatrische Vorbehandlungen sind häufig.
Nur selten verfügen unsere Patienten über Eheerfahrungen und über eigene
Kinder. Gelegentlich sind Therapieauflagen auch von den Jugendämtern
gemacht
worden,
die
die
Kinder
unserer
Probanden
betreuen.
Das
Umgangsrecht mit den Kindern ist in diesem Falle in Absprache mit den
betreuenden Jugendämtern zu klären und zu regeln.
Dissoziale
ambivalente
Verhaltensweisen,
Einstellung
zum
Promiskuität
eigenen
und
eine
gelegentlich
hoch
Körper,
was
selbstschädigendes
Verhalten mit einschließen kann, kennzeichnen bei einer Reihe von Patienten
den
Umgangsstil.
Hier
ist
der
Aufbau
von
Wahrnehmungs-
und
Genussfähigkeit, der Aufbau einer akzeptierenden Einstellung zum eigenen
Körper,
ein wichtiges Therapieziel.
Die
sozialen Umgangsformen der
Probanden sind häufig aus der Beschaffungs- und Konsumszene geprägt. Die
dort
vorherrschenden
Verhaltensmuster
der
Subkultur
führen
zu
der
Notwendigkeit, andere soziale Umgangs- und Kontaktweisen zu entwickeln
und einzutrainieren. Daher verfolgt die Klinik die Strategie einer strengen
13
Gewaltfreiheit im Umgang miteinander. Das Ausüben und das Androhen
körperlicher Gewalt wird durch die Hausordnung ausdrücklich verboten.
Häufig wurde die schulische Ausbildung der Patienten nicht in einer der
Intelligenz des Betreffenden angemessenen Form beendet, die Schule vor
einem qualifizierenden Abschluss verlassen. Lehrausbildungen wurden häufig
abgebrochen oder Universitätsprüfungen nicht abgelegt. Hat eine Berufswahl
stattgefunden, so folgte die Entscheidung zur Berufswahl häufig übereilt und
es wurden solche Tätigkeiten ausgewählt, die weder den Fähigkeiten noch den
Neigungen entsprechen. Die Symptome der Suchtmittelabhängigkeit führten
zu massiven Problemen am Arbeitsplatz, häufig zur Entlassung und zu
andauernder Arbeitslosigkeit.
Erfahrungsgemäß hatten die meisten Patienten zum Zeitpunkt der Aufnahme
in die stationäre Entwöhnungsbehandlung über längere Zeit hinweg keinen
Arbeitsplatz.
Dem
Unterhalt
dienende
Zahlungen
von
Arbeitsämtern,
Krankenkassen sind häufig eingestellt worden oder es bestand noch keine
Berechtigung zu deren Bezug, so dass ein Teil der Patienten Sozialhilfe- oder
Hartz-IV-Empfänger sind. Bei einem erheblichen Teil sind die finanziellen
Unterhaltsbedingungen gänzlich ungeklärt. Ein geringer Anteil kommt ohne
jede
finanziellen
Mittel
in
Behandlung.
Aufgrund
der
angespannten
finanziellen Situation kam es in vielen Fällen zum Verlust von Wohnung und
sozialer Verelendung. Ein wachsender Anteil ist zu Beginn der Behandlung
nicht krankenversichert.
Kontakt mit dem Rechtssystem ist hochfrequent vorhanden. Oft erfolgte die
Verurteilung
wegen
Drogenbesitzes,
gelegentlich
auch
wegen
Beschaffungskriminalität. Ein Teil der Patienten wird unter dem Konzept
Therapie
statt
Strafe
im
Sinne
der
14
§
31
ff
des
BtmG
zur
Entwöhnungsbehandlung
aufgenommen.
Bei
diesen
Probanden
ist
die
Notwendigkeit einer besonderen Motivationsprüfung gegeben. Ein erheblicher
Anteil der Patienten verfügt über Hafterfahrungen und ist haftsozialisiert. Die
in der Strafhaft sich entwickelnden sozialen Interaktionsmuster behindern
häufig eine therapeutische Auseinandersetzung. Insofern ist auch bei
Haftsozialisierten eine Therapiemotivationsprüfung notwendig.
Polytoxikomane
Patienten
Gesundheitsfürsorge,
haben
Körperpflege
häufig
und
die
basale
Aspekte
Hygiene
Ernährung,
über
Jahre
vernachlässigt, was zu einer Reihe von körperlichen Erkrankungen führte.
Psychotische Patienten bringen häufig nicht die notwendige Organisation zu
einer täglichen Hygiene auf. Die Grundkenntnisse der Hygiene, inklusive der
Körperpflege, sind oft unzureichend entwickelt und müssen vermittelt werden.
Ein erheblicher Anteil der Patienten leidet an einer Hepatitis C oder Hepatitis
B-Infektion Erkrankung. Ein gewisser Anteil der Haftsozialisierten leidet unter
einem Parasitenbefall (Scabies, Mykose, Pedunkulose). Ein großer Anteil der
Probanden hat sich unter intoxizierten Bedingungen Unfälle und Unfallfolgen
zugezogen.
Ein
geringerer
Anteil
zog
sich
körperliche
Folgen
(Selbstverletzung, Selbstverstümmelung, Verunfallung) im Zusammenhang mit
einer psychotischen Erkrankung zu. Durch diese vielfältigen somatischen
Vorschädigungen
mit
ihren
psychischen
Folgeerscheinungen
ist
die
Arbeitsfähigkeit der Patienten und ihre Teilnahme am sozialen Leben oft
nachteilig beeinträchtigt. Eine frühzeitige arbeits- und sozialmedizinische
Bewertung der vorliegenden somatischen Befunde ist daher notwendig.
Gelegentlich kann sich im Rahmen der somatischen Aufnahme und der
somatischen
Abklärung
eine
Veränderung
der
Rehabilitationsprognose
ergeben. Zeichnet sich eine solche Rehabilitationsprognosenveränderung ab,
so ist frühzeitig mit dem Leistungsträger ein entsprechender Kontakt
15
herzustellen und eine Klärung darüber herbeizuführen, ob trotz Veränderung
der Rehabilitationsprognose die Rehabilitationsbehandlung fortgeführt werden
kann.
Komorbide Patienten mit einer F1 / F2-Erkrankung galten gemeinhin als
besonders schwer erkrankt. Der Terminus „Doppeldiagnosen“, der in der
umgangssprachlichen Literatur häufig ist, wurde in der sozialarbeiterischen
Literatur der Vereinigten Staaten eingeführt. Er beschreibt das parallele
Vorkommen von mehreren psychiatrischen Krankheitsbildern, später das
gleichzeitige Vorkommen einer Abhängigkeitserkrankung und einer weiteren
schweren psychiatrischen Erkrankung. Anfang der 90er Jahre tauchte der
Begriff zunehmend in deutschen Schriften und im Sprachgebrauch auf, findet
jedoch keinen legitimen Eingang in die akademische Literatur. Der Begriff
„Doppeldiagnose“
hat
sich
inzwischen
als
Terminus
technicus
der
Suchtkrankenhilfe durchgesetzt und wird mit dem Phänomen der Komorbidität
einer Psychose und einer Sucht in Zusammenhang gebracht. Korrekter sollte
man von einer F1 / F2-Komorbidität sprechen
26.
Von eher ideologischer denn klinischer Bedeutung ist die Frage, ob bei den
Probanden primär eine Suchterkrankung oder primär eine Psychoseerkrankung
vorliegend sei
27.
Die Frage nach der Ätiogenese und den Wechselwirkungen
und der gegenseitigen Bedingtheit der Erkrankungen ist im Einzelfall nicht
erschöpfend
beantwortbar.
Als
epidemiologisch
relevant
muss
jedoch
bewertet werden, dass die Einnahmefrequenz psychoseauslösender Drogen in
den letzten Jahren zugenommen hat. Der früh stattgehabte Konsum von
Cannabis scheint zudem zu einer erhöhten Exazerbationsfrequenz von
psychotischen Krankheitsbildern im nennenswerten Umfange beizutragen.
16
Des
Weiteren
ist
ausführlich
belegt,
dass
Abhängigkeitserkrankte,
insbesondere mit einer affektiven oder einer schizophrenen Psychose,
insbesondere in Phasen mit hoher affektiver Anspannung und in prodromalen
Krankheitsphasen
Substanzen
zu
neigen.
einem
In
vermehrten
einem
solchen
Konsum
Falle
von
wäre
psychoaktiven
der
Konsum
als
dysfunktionale Automedikation zu verstehen. Die rehabilitative Prognose eines
solcher Art komorbid Erkrankten ist jedoch keinesfalls schlecht. So fanden z.B.
deutsche Studien einen massiv steigenden Alkoholkonsum von in der
prodromalen Krankheitsphase ersthospitalisierten schizophrenen männlichen
Probanden vor. US-amerikanische Kliniker konnten einen gleichfalls massiv
ansteigenden Konsum von Cannabinoiden bei schizophrenen stationären
Patienten in den Vereinigten Staaten nachweisen. Psychoaktive Substanzen
konsumierende
Probanden
schlechteren
Verlauf
zeigen
als
einen
nicht
klinisch
wie
sozial
konsumierende
deutlich
Probanden.
Cannabiskonsumierende Schizophrene neigen zu Reexazerbationen und
häufigen
produktiven
Krankheitsphasen.
Suizidalität
und
Rehospitalisierungsrate sind bei konsumierenden Schizophrenen deutlich
erhöht. Konsum stellt daher beim schizophren Erkrankten eine nahezu
zwingende Indikation zum Einsatz rehabilitativer Behandlungsmaßnahmen
dar.
Psychotrope Substanzen können zu psychiatrischen Erkrankungen führen.
Beim
fortgesetzten
Exazerbationen
Konsum
bekannt.
von
Amphetaminen
Halluzinogene
Wirkungen
sind
sind
psychotische
damit
im
Zusammenhang mit einer Drogenerkrankung übliche Phänomene, die gehäuft
bei der Einnahme von dopaminerg- oder serotonerg wirkenden psychoaktiven
Substanzen auftreten. Da der Konsum dieser Substanzen hochfrequent wird,
ist von einer zunehmenden Häufigkeit von schizophren exazerbierten
Drogenkonsumenten auszugehen.
17
4. Therapie
Unter „Therapie“ wollen wir im Folgenden sämtliche zur sinnvollen Behandlung
eines
Drogenabhängigen
Methoden
verstehen.
psychotherapeutischer,
und/oder
Diese
komorbiden
sind
Patienten
psychiatrischer,
arbeitstherapeutischer,
eingesetzten
medizinischer,
sozialarbeiterischer
und
praktischer Art.
Der
Grundduktus
des
Hauses
folgt
einer
klinisch
orientierten
Verhaltenstherapie. Diese bietet sich insbesondere wegen ihres Pragmatismus
und ihrer klaren Strukturierbarkeit an. Sie ist durch verhaltenstherapeutische
Erklärungsmodelle und die zusätzliche Berücksichtigung des individuell
kognitiven Funktionsniveau erweiterbar.
4.1 Therapiemodell
Entsprechend unserem Therapiemodell ist der Aufenthalt der Patienten in der
Klinik Am Waldsee eine Zeit der intensiven Auseinandersetzung mit der
eigenen Lebens- und Suchtgeschichte. Das intensive Zusammenleben in der
Gruppe und das permanente Reflektieren des eigenen Verhaltens und der
eigenen Möglichkeiten führt zu einer Auseinandersetzung mit der eigenen
Person, ihren Bedingungen und ihren Möglichkeiten. Die therapeutische
Gemeinschaft
der
Hausbewohner
und
ihre
Begleitung
durch
das
Behandlerteam bieten vielfältige Möglichkeiten des sozialen Lernens. Dabei ist
sowohl das Lernen am geeigneten Modell als auch das Lernen nach
anregenden
wichtigsten
und unterstützenden Stimulationsprozessen hilfreich. Die
Essentiales
kognitiv-verhaltenstherapeutischer
18
Behandlungsprogramme
sind ein hohes Maß an Individualisierung bei
Erhaltung eines Mindestmaßes von Standardisierung. Das Haus zeigt mit
seiner Tagesstruktur und seiner Hausordnung eine klare Struktur. Transparenz
und
Zielgerichtetheit
der
Behandlungsintervention
werden
gefördert.
Veränderungsmotivationen und Kompetenzen werden entwickelt. Durch eine
maximale Offenheit im Umgang miteinander wird die Förderung eines
kooperativen und vertrauensvollen Umgangsstils sowohl der Patienten
untereinander wie zwischen den Patienten und dem Behandler angeregt.
4.2
Persönlichkeitsmodell
Zu
den
grundlegenden
Modellvorstellungen
der
persönlichkeitsorientierten
Verhaltenstherapie
gehört
psychologischen
die
prinzipielle
Veränderbarkeit von erworbenen Gewohnheiten („Habits“) und erlernten
Verhaltensweisen. Die habituellen Verhaltensweisen sind mitbedingt durch
Persönlichkeitszüge,
Temperamentsfaktoren
und
Charaktereigenschaften.
Suchtkrankheiten werden als gelernte Verhaltensweisen betrachtet. Diese
können Reaktionen auf verschiedene Ausgangssituationen (Stresssituationen)
sein. Dabei spielen Unter- oder Überforderung, ein verstärktes Stresserleben,
der Wunsch nach Geselligkeit und sozialer Anpassung, die Erleichterung
psychologischer Funktionen, Angstabbau, Aggressionserleichterung u.a. eine
Rolle. Im Rahmen eines funktionalen Bedingungsmodells wird dabei die
Bedeutung und Funktion bestimmter Suchtmittel für das Verhalten und das
Erleben betrachtet und analysiert.
Differentialdiagnostisch
Entstehungsgefüge
der
ergänzen
sich
in
Abhängigkeitserkrankung
einem
multikausalen
Persönlichkeitsfaktoren,
soziale, kulturelle und ökologische Elemente sowie die Verfügbarkeit und
19
Wirkungsweise
psychotroper Substanzen. Eine dem multidimensionalen
Gefüge der Entstehung und Aufrechterhaltung von Drogenkonsum, missbrauch und –abhängigkeit angemessene Veränderungsstrategie muss alle
diese verschiedenen Ebenen im Blick haben. Psychiatrische Erkrankungen wie
die
Schizophrenieerkrankung,
die
Depressionserkrankung
oder
Persönlichkeitsstörungen führen zu einem pathologisch veränderten Erleben
von psychologischen Funktionen, wie Angst, Aggression, Impulsivität etc.. Der
gezielte Einsatz von psychotropen Substanzen zur Regulierung dieser Affekte
ist eine naheliegende, wenn auch nicht allein genügende Erklärungshypothese
für die Entwicklung von Abhängigkeiten bei komorbiden Probanden.
Entsprechend
dem
skizzierten,
verhaltenstherapeutisch
orientierten
Persönlichkeitsmodell gibt es keine homogene Suchtpersönlichkeit. Vielmehr
ist von einer Vielzahl, auch prämorbider, Persönlichkeitsfaktoren auszugehen,
die
suchtbegünstigenden
suchtbegünstigenden
oder
suchtresistenten
prämorbiden
Faktoren
Wert
zählen
haben.
nach
Zu
den
neuesten
Untersuchungen antisoziale Tendenzen in Kindheit und Jugend, Störungen der
Impulskontrolle,
übermäßiges
Mangel
„sensation
an
Frustrations-
seeking“,
chronische
und
Ambiguitätstoleranz,
Depravierung
hinsichtlich
Zuwendung und sozialer Aufmerksamkeit; bestimmte Temperamentsfaktoren,
die in jeweils verschiedenen Interaktionen mit konkreten Lebenssituationen
eine Suchtentwicklung zwar nicht determinieren, aber auf jeden Fall
erleichtern können. Eher als etwa einzelne traumatische Erfahrungen kann die
Lebenssituation einer Kette negativer Situationen und Umstände ("chain of
negative events") suchtbegünstigend wirken .
4.3
Störungs- und Suchtmodell
20
Wie
aus
dem
vorangegangenen
Abschnitt
bereits
ersichtlich,
sind
Verhaltensabweichungen als gelernte Störungen anzusehen, die sich im
Einzelfall, z.B. durch positive Rückkoppelungsprozesse (Verstärkung), bis zu
einer psychischen Krankheit entwickeln können. Biologische, genetische,
soziale und psychologische Faktoren wirken dabei ineinander. Deshalb ist in
der
heutigen
verhaltenstherapeutischen
biopsychosozialen
Modellen
berücksichtigenden
Ebenen
die
in
Rede,
ihrer
Theorienbildung
um
die
auch
von
verschiedenen
Umfänglichkeit
zu
zu
würdigen.
Suchtmittelkonsum kann global meist als Selbstheilungsversuch, differentiell
als Versuch der optimierten Selbststeuerung
betrachtet werden. Das
sozialkognitive Lernmodell unterstreicht dabei, dass zunächst kurzfristige
Folgen
des Drogenkonsums erwartet und gefunden werden,
spannungs-
und
die
stressreduzierend bzw. kompetenzerweiternd oder
als
-
erleichternd erlebt werden. Die längerfristigen negativen Folgen werden dabei
oft ausgeblendet oder mit anderen kognitiven Mitteln (Attributionsprozesse,
Dissonanzreduktion) abgewertet 28.
Innerhalb der Gruppe der jungen Drogenabhängigen und Polytoxikomanen
zeigt sich verstärkt, dass Missbrauch und Abhängigkeit von Suchtmitteln als
der letztlich fehlgeschlagene Versuch aufgefasst werden kann, vielfältige
Lebensprobleme zu bewältigen. Nicht zufällig entstammen die meisten
Personen dieser Gruppe Multi-Problemkontexten, was die biologische,
psychologische und soziale Dimension angeht. Der "Selbstheilungsversuch",
den diese Personen mit Drogen versuchen, löst kurzfristig Spannungen und
Konflikte (d.h. wirkt assimilierend, homöostatisch), erzeugt mit zunehmender
Zeit
jedoch
mehr
Konflikte
und
Diskrepanzen,
häufig
mit
massiven
Auswirkungen in den Bereichen Partnerschaft, Erwerbsleben, Gesundheit und
soziale Anpassung. Die Therapie wird aufgrund der überwiegend in der frühen
21
Lebensgeschichte eingetretenen Störungen und Defizite der PatientInnen auch
zum Prozess der Nachreifung bzw. Nachsozialisation.
Viele
der
jungen
Beziehungen.
hochwertige,
Es
PatientInnen
ist
daher
verlässliche,
in
erlebten
der
negative
Behandlung
haltgebende
und
oder
dysfunktionale
notwendig,
qualitativ
entwicklungsfördernde
Beziehungsangebote zu unterbreiten. Objektbeziehungen wurden nur defizitär
entwickelt. Sowohl instabile Objektbeziehungen wie tiefe Störungen des
Selbstempfindens sind die konsequente Folge
29.
Nicht von ungefähr wird in
der Drogentherapie nicht nur von Abbruchquoten, sondern auch viel vom
komplementären Phänomen, den Haltequoten, gesprochen. Es ist durchaus
berechtigt, statt von Rehabilitation von Habilitation, von einer entscheidenden
und im Erfolgsfalle prägenden Nachsozialisation zu sprechen. Zahlreiche
Patienten haben noch keine eigenständige, drogenfreie Lebenserfahrung
sammeln können, was zu einem Mangel an Autonomie und Individuation
geführt hat.
Den
vielfältigen
Störungen
der
Patienten
stehen
andererseits
auch
Kompetenzen gegenüber, die sie zum Überstehen schwieriger Situationen in
der Herkunftsfamilie und der Drogenszene benötigten und entwickelt haben.
Es gilt in der Therapie, diese Kompetenzen in neue Kontexte und
Handlungsabläufe einzubauen ("reframing"), so dass sie den Patienten für ein
drogenfreies Leben nicht hinderlich, sondern nützlich sind. Ein Bewusstsein
für diese Kompetenzen und ihren zielgerichteten Einsatz für Problemlösungen
zu schaffen sowie positive und für das Selbst konstruktive Lebensperspektiven
zu entwickeln (Erhöhung der Selbstwirksamkeit), sind wichtige Aufgaben in
der psychosozialen Begleitung.
22
Die in der Lebensgeschichte und in der Folge der Drogenkarriere erworbenen
Störungen sollen in der Klinik deutlich gemacht (siehe Abschnitt 4.4 zur
Verhaltensdiagnostik) und verändert werden können. Dazu ist die gesamte
Klinik als therapeutisches Feld und auch der nachstationäre Zeitraum zu
berücksichtigen.
4.4 Modell der Verhaltensdiagnostik
Das
verhaltenstherapeutische
Diagnosemodell
der
Klinik
Am
Waldsee
orientiert sich an verhaltenstheoretischen Grundprinzipien, nach denen
Diagnose als prozesshaftes Geschehen anzusehen ist und multimethodal
ausgelegt sein soll.
Zentraler
Baustein
der
Verhaltensanalyse
und
Verhaltensanalyse,
die
verhaltenstherapeutischen
die
sowohl
Diagnostik
therapiebezogene
die
aktuellen
ist
die
Diagnostik.
Die
Verhaltens-
und
Erlebenskontingenzen (horizontal) beschreibt als auch die Lerngeschichte mit
ihren interaktiven Anteilen und Besonderheiten der Beziehungsgestaltung im
Rahmen der vertikalen Verhaltensanalyse analysiert,
führt zu funktionalen
Bedingungsmodellen für individuelles Verhalten, die im Therapieprozess
ständig zu optimieren und anzupassen sind, um die jeweils besten
Interventionen (selektive Indikation) auswählen zu können 30.
Von besonderer Wichtigkeit ist es, nicht nur die expliziten therapeutischen
Situationen als Diagnose- und Interventionsbereich aufzufassen, sondern das
gesamte Klinikleben und -geschehen als Therapieraum zu verstehen, in dem
jederzeit
Verhaltensbeobachtungen,
Verhaltensmodifikationen
stattfinden
23
Verhaltenserprobungen
können
31.
Selbst-
und
und
Fremdbeschreibungen ergänzen das diagnostische Bild. Zum Einsatz kommen
sowohl psychometrische Instrumente, die über ein hohes Maß an Objektivität
und Zuverlässigkeit verfügen, als auch stärker subjektiv verankerte Verfahren
mit
ihrer
Plausibilität
und
Passung
hinsichtlich
der
subjektiven
Realitätskonstruktionen.
Die
Verhaltensdiagnostik
fußt
auf
den
Grundlagen
der
sauberen
psychiatrischen Deskription und Diagnostik. Dabei werden die Ebenen von
Bewusstsein, Wahrnehmung, Kognition, Mnestik, Denken, formaler und
inhaltlicher Art, Ich-Organisation, Affektlage, Antrieb, Schwingungsfähigkeit
und Körpererleben systematisch evaluiert und strukturiert erfasst. Auf der
Grundlage
dieser
psychopathologischen
Basisdiagnostik
erfolgt
die
Einordnung in die diagnostischen Kriterien nach dem ICD-10 und dem DSMIV.
Zur grundlegenden Diagnostik wurde in der Klinik Am Waldsee ein
semistrukturiertes
Interview
krankheitsbezogene
entwickelt,
Vorgeschichte,
in
die
dem
systematisch
Suchtanamnese,
die
die
Familiengeschichte, Bildung und Ausbildung sowie die Arbeitsanamnese
erhoben werden. Dieses diagnostische Instrument wird fortwährend an die
Gegebenheiten
angepasst
und
weiterentwickelt.
Es
erlaubt
personenübergreifend die Wahrung von einem basisdiagnostischen Standard.
Die aktuell gültige Fassung des semistrukturierten Interviews ist als Anl. 1
beigefügt, wobei sinnvolle Veränderungen und Erweiterungen jeweils aktuell
möglich sind.
Da sich höhere kognitive Funktionen bei komorbiden Probanden und bei
Probanden mit einem früh beginnenden Cannabiskonsum als oft höhergradig
und subtil gestört herausgestellt haben
24
32,
hat sich die systematische
Evaluation von höheren kognitiven Störungen als sinnvoller und notwendiger
Diagnosebaustein erwiesen. So werden u.a. mit geeigneten Methoden die
Teilfunktionen
Reasoning,
Vorstellungsvermögen,
geteilte
technisches
Alertness,
Aufmerksamkeit,
Verständnis,
Bahnbarkeit
räumliches
von
Alertnessfunktionen,
Arbeitsgedächtnis,
Arbeitspräzision,
Konzentrationsdauer, visuelles Scannen, visuelles Auffassen und frontale
Exekutivfunktionen erfasst und analysiert. Die Messung der o.a. Variablen
erfolgt nicht nur zum Aufnahmezeitpunkt, sondern danach im Verlauf der
Behandlung
und
Zusammenschau
erneut
der
Veränderungsprognose
gutachterlichen
vor
Behandlungsbeendigung,
erhobenen
sondern
Kriterien
Befunde
auch
genügende
eine
um
nicht
nur
abschließende,
sozialmedizinische
in
der
eine
objektive,
Beschreibung
gewinnen zu können.
Tab.
3:
derzeitig
eingesetzte
neurokognitive
Testverfahren:
d2-Test
LPS
MWTB
HAWIE, IST 70, VIK, (indikativ)
TAP
FPI, MMPI, Trail-marking-Test (indikativ)
Neben diesen eher neurokognitiven Diagnoseverfahren bieten sich bei
biographisch
bedingten
Störungen
auch
analytische
und
systemische
Diagnosemethoden an, die jedoch nur additiv und indikativ zum Einsatz
kommen. Diese Instrumente bieten zusätzliche Gestaltungsmöglichkeiten bei
fremdsprachig sozialisierten Probanden. Tabelle 4 gibt einen Überblick über
die derzeitig in der Klinik indikativ vorgehaltenen Testverfahren dieser Art.
25
Tab. 4: derzeitig vorgehaltene Ergänzungstestungen:
Rohrschach
Szeno-Test
Baum-Test
TAT
DIPS
LGT-3
Benton-Test
Strukturiertes Klin.Interview Achse-II
KFT 1-3
Frankfurter Selbstkonzeptskalen
IRAOS
ZVT
TPF
KVT
WHOQOL-100 und WHOQOL-BREF
FAF
Mannheimer
Kurzintelligenztest
für
Kinder
Jugendliche
Diagnostisches Interview für das Borderlinesyndrom
IPDE
Wortschatztest
und
In der diagnostischen Zusammenschau der erhobenen Befunde ergeben sich
Hinweise für das weitere therapeutische Vorgehen. Die Auswahl der
eingesetzten Messinstrumente erfolgt nach modernsten wissenschaftlichen
Kriterien und in Absprache mit unseren akademischen Kooperationspartnern,
u.a. der Max-Planck-Gesellschaft für experimentelle Medizin in Göttingen.
Ergeben sich bei den Aufnahmeuntersuchungen sozialmedizinisch relevante
Befunde, so z.B. Einschränkungen in der Maschinentauglichkeit der Patienten,
so
werden
durch
Therapiefortschritte
Entlassungsassement
Wiederholungsmessungen
dokumentiert
die
und
durch
abschließende
Leistungsbeurteilung festgestellt.
26
ein
entsprechende
entsprechendes
sozialmedizinische
4.5
Veränderungsmodell
Die verhaltenstherapeutischen Interventionen führen zu Veränderungen, die
hinsichtlich ihrer Relevanz und Stabilität im Alltag zu überprüfen sind
33.
Dies
kann zunächst im Klinikalltag, dann von der Klinik ausgehend im Umfeld
(Realitätstraining; Verhaltensaufträge), bei externen Situationen (Praktika;
Ausflüge; Familienheimfahrt) und schließlich im Sinne eines angestrebten
dauerhaften Transfers im nachstationären Lebensfeld in enger Verbindung mit
Nachsorge, Adaption oder Selbsthilfe erfolgen.
Diese Veränderungen werden in der Klinik durch Veränderung der alten
Belohnungssysteme und Kontingenzen vorbereitet. Der Abbau irrationaler
Erwartungen und Glaubenssysteme, etwa bezüglich der Selbstwirksamkeit, des
Selbstbildes, aber auch der Wirkung der Droge, ist von entscheidender
Bedeutung. Damit begonnene Veränderungsprozesse zu stabilem neuen
Verhalten
führen,
bedarf
es
regelmäßigen
Trainings,
Erfolgserlebnisse und attraktiver Veränderungsziele
34.
intermittierender
Gerade bezüglich des
letzten Aspektes, des Vorhandenseins ausreichend starker Attraktoren,
mangelt
es
in
der
Vermittlungsprozesse,
Drogentherapie
die
einen
des
Patienten
öfteren.
bezüglich
Kognitive
seines
Durchhaltevermögens und seiner Frustrationstoleranz unterstützen, sind hier
hilfreich und können in der Klinik gemeinsam erarbeitet, erprobt und
stabilisiert werden 35.
Da
komplex
gestörte
Patienten,
etwa
solche
mit
psychotischer
Begleitsymptomatik, längerfristige Veränderungsprozesse mit speziell auf die
Einschränkung
der
Wahrnehmungs-
und
Verarbeitungskapazitäten
ausgerichtete Interventionsanstrengungen benötigen, ist hier die Therapie, wie
27
für diese Personengruppe allgemein, stark zu individualisieren und bezüglich
ihrer Dauer in hohem Maße variabel zu gestalten
36.
Stützende und Sicherheit
gebende Angebote stehen im Vordergrund. Veränderungen werden allmählich
und schrittweise, angepasst an die Belastbarkeit des Patienten/der Patientin
eingeführt.
Besonders
bei
psychotischen
Patienten
haben
sich
stark
fragmentierende Definitionen von Therapieschritten und sofortige, auch
individuell abgestimmte positive Verstärkungsmechanismata für erwünschte
Verhaltensänderungen selbst bei hartnäckig gestörten Probanden bewährt
Der
Ablauf
der
Therapiebausteine
Therapie
und
aufeinander
die
wird
Abstimmung
im
folgenden
der
37.
verschiedenen
Kapitel
konkreter
dargestellt. Exemplarische Wochen- und Tagesablaufpläne für Patienten
befinden sich im Anhang.
5 Therapiebausteine
Die Behandlungsbausteine rekrutieren sich aus den Methoden der
1. klinischen Psychiatrie
2. Psychotherapie mit Schwerpunkt in der Verhaltenstherapie, ergänzt um
Methoden der
systemischen Therapie und der tiefenpsychologischen Psychotherapie
3. Arbeits- und Beschäftigungstherapie
4. klinischen Sozialarbeit
5. Körpertherapie.
Die therapeutische Vorgehensweise wird getragen von einer ressourcen- und
lösungsorientierten Einstellung.
Systemische
Aspekte erhöhen u.a. die
Validität und Realitätsangemessenheit von Situations- und Verhaltensanalysen
28
sowie Verhaltensveränderungen. Die Organisation der hausinternen Abläufe
(z.B. bezüglich der Küche und anderer Dienstleistungen) erfolgt unter
therapeutischen Gesichtspunkten. So soll die Lebenssituation innerhalb des
Hauses als Übungsfeld für den Patienten wirken, in dem er im Laufe des
Aufenthaltes zu größerer Selbständigkeit und Autonomie gelangen kann. Die
Tages- und Hausordnung sind klar strukturiert und prägnant formuliert, um
auch psychisch oder sozial schwerer gestörten PatientInnen einen Rahmen zur
Orientierung zu bieten.
5.1 Die zeitliche Abfolge
Eingangs- und Stammphase im vorliegenden Therapiekonzept legen aufgrund
der
jeweils
differenzierten
Zielsetzungen
unterschiedliche
methodische
Schwerpunkte nahe. Wichtiges, übergeordnetes Prinzip ist die Einhaltung von
Regeln im Umgang miteinander, sowohl bezüglich der Patienten untereinander
als auch zwischen Patient und Mitarbeiter. Hier gibt es einerseits Vorgaben,
andererseits
Verhandlungs-
und
Gestaltungsspielräume
je
nach
therapeutischem Fortschritt und Fähigkeit der Anpassung des Patienten, wobei
letztere von der psychischen Stabilität des Patienten mitbedingt ist. Starre
Regelsysteme gehen empirisch belegbar einher mit höheren Abbruchquoten.
Da zwischen Haltequote und Rückfallhäufigkeit offensichtlich ebenfalls ein
Zusammenhang, die Möglichkeit einer therapeutischen Einflussnahme jedoch
nur beim Verbleiben des Patienten in der Einrichtung vorhanden ist, ergibt
sich die Notwendigkeit eines Abwägens zwischen konsequentem Verhalten,
auch mit der Funktion des Schutzes für die Gemeinschaft, und erforderlicher
Flexibilität im Einzelfall. Der Umgang mit Rückfälligkeit erfolgt unter
Einbeziehung der individuellen Situation des Patienten und im Hinblick auf
seine Ressourcen und Grenzen, wobei ein besonderes Augenmerk auf die
29
Auswirkungen in systemischer Sicht gerichtet wird. So können Rückfälle zur
Entlassung, zur Verlegung in eine andere Einrichtung oder auch zur gezielten
Aufarbeitung in der Klinik Am Waldsee führen, die unter Umständen eine
flexible
Handhabung
der
Therapiedauer,
etwa
als
Verlängerung
des
Aufenthalts in einer therapeutischen Phase notwendig macht.
5.1.1.
Eingangsphase
In der Eingangsphase (Dauer zwei bis sechs Wochen) geht es zunächst -neben
diagnostischer Abklärung und Verhaltensbeobachtung - um den Aufbau einer
therapeutischen
Arbeitsbeziehung
und
eine
Stützung
der
Behandlungsmotivation. Weniger konfrontative Gesprächsführung hat bei
grundsätzlich klar strukturierter, eindeutiger Haltung hier eine besondere
Bedeutung.
Die Durchführung eines Motivationsprogramms mit dem Ziel der Bearbeitung
von Therapieerwartungen und Durchhalteproblemen in hochfrequenter Form
(mehrmals pro Woche) hat sich gegenüber anderen Interventionsformen
bewährt.
Neben der psychiatrischen Diagnosestellung ist im Laufe der Eingangsphase
die Erstellung einer Verhaltensanalyse unter Berücksichtigung der Ressourcen
und Defizite der Person in vertikaler (Wertorientierungen, v.a. bei ambivalenter
Sozialisationsgeschichte) wie auch horizontaler Perspektive vorgesehen. Dabei
werden sowohl direkt suchtbezogene als auch soziale und psychische Bereiche
zu berücksichtigt.
30
In der Eingangsphase durchläuft der Patient mehrere in Einzel- und in
Gruppensettings
organisierte
diagnostische
Procedera.
Es
wird
die
systematische biographische, suchtmedizinische und arbeitsmedizinische
Anamnese erhoben, es wird die körperliche Untersuchung durchgeführt, es
erfolgt die psychiatrische Befunderhebung nach den gängigen klinischen
Standards, die zu der Diagnosestellung nach Kriterien des ICD-10 und des
DSM-IV
führen.
Es
wird
ein
testpsychologisches
Diagnoseprogramm
durchgeführt, das die unter 4. dargestellten diagnostischen Möglichkeiten
aufweist. Dabei kommen in Gruppentestungen und in Einzelsettings am PC
durchzuführende
Verfahren
Diagnoseverfahren
ergänzt,
interpretierungsfähige
z.B.
um
zum
Einsatz.
sprachunabhängige
Diagnoseinstrumente.
Bei
Elektiv
oder
diesen
werden
die
transkulturell
diagnostischen
Procedera wird die Testabnahme jeweils zum Zeitpunkt des Leistungsoptimum
des Patienten durchgeführt. Daher wird die Gewinnung der notwendigen
Daten unter Umständen in mehreren Sitzungen und auf mehrere Tage verteilt.
31
Tab. 5: Diagnosemaßnahmen innerhalb von 2 Tagen:
Semistrukturiertes Aufnahmeinterview
Körperliche Untersuchung
Neurologische Untersuchung
Erhebung eines systematischen psychopathologischen
Befundes
Erstdiagnose nach DSM-IV und ICD-10
Vorstellung beim psychiatrischen Facharzt
Tab. 6: Ergänzungsdiagnosen innerhalb der ersten 2
Behandlungswochen:
d2-Test, LPS, MWTB, TAP
EKG, Routinelabor
Arbeitsanamnese, Untersuchung von Arbeitsfertigkeiten
Fitnesstest
Die
psychiatrische
Medikation,
die
bei
Aufnahme
häufig
noch
den
Notwendigkeiten und Gegebenheiten der Akutpsychiatrie entspricht, wird in
der
Regel
unter
Fortführung
der
generellen
Medikationsstrategie
auf
rehabilitative Bedingungen hin verändert. Dabei spielt insbesondere die
weitestmögliche Reduktion von sedierenden Präparaten eine wichtige Rolle,
die ihrerseits sowohl die kognitive Leistungsfähigkeit wie die emotionale
Erlebnisfähigkeit wie die Arbeitsfähigkeit negativ beeinflussen. Die Anpassung
notwendiger Medikationen ist daher in der Eingangsphase ein wichtiges
Behandlungsziel. Medikamentöse Neueinstellungen limitieren häufig die
parallele Abnahme von Leistungstests. Die Medikation wird während der
gesamten Behandlungsdauer so verändert, dass möglichst vollumfängliche
Arbeiten
vom
Probanden
leistbar
sind.
Notwendige
neuroleptische
Medikationen limitieren gleichwohl häufig die Maschinentauglichkeit der
Probanden.
Als Voraussetzung für den Aufbau von Selbstmanagementfertigkeiten und
Problemlösefähigkeiten ist es zunächst bedeutsam, die Selbstbeobachtung
32
und realistische Selbsteinschätzung vor allem über soziale Rückmeldung und
- wichtiger bei eingeschränkter psychischer Belastbarkeit - über stützende,
behutsam
in
die
erwünschte
Richtung
formende
Feedback-Schleifen
aufzubauen und zu intensivieren. Neben offenen und halbstrukturierten
Interviews werden Informationen aus angeleiteten Gruppenübungen
oder
über die Auswertung von Projekten (mit unterschiedlichem Grad der sozialen
Anbindung) einbezogen. Die Hausregeln und ein um individuelle Aspekte zu
erweiternder Therapievertrag bilden das formale Gerüst und das Fundament
für den Übergang zur Stammphase.
Am
Ende
der
Eingangsphase
soll
ein
umfassendes,
anamnestisches,
diagnostisches und sozialmedizinisches Leistungsbild bei dem Probanden
beschreibbar sein, das die anschließende therapeutische Intervention in der
Stammphase sowie die gezielte arbeitstherapeutische Interventionsstrategie in
den
AT-Werkstätten
erlaubt
und
gewährleistet.
Die
diagnostische
Zusammenschau der erhobenen Befunde erlaubt zum Ende der Eingangsphase
eine
differenzierte
Interventionen
der
Beschreibung
der
einzusetzenden
arbeitstherapeutischen
therapeutischen
Techniken
und
der
arbeitstherapeutischen Zielsetzungen.
Bei komorbiden Patienten stehen diese Planungen unter dem Vorbehalt, dass
eine Dynamik der psychiatrischen Grunderkrankung, (z.B. eine erneute
psychotische Dekompensation) die Planungen konterkarieren können, bzw. zu
einer Veränderung der Planungen Anlass gibt.
Tab. 7: am Ende der Eingangsphase zu beantwortende
Fragen:
33
Ist Abstinenzwilligkeit gegeben?
Welche
Maßnahmen
sind
zur
Erreichung
von
Abstinenzfähigkeit möglich?
Ist
eine
Erwerbsfähigkeit
mit
hinreichender
Wahrscheinlichkeit erreichbar?
Welche arbeitstherapeutischen Maßnahmen sind zum
Erreichen
einer
Berufsund
Erwerbsfähigkeit
nacheinander sinnvoll und nötig?
Welche medizinischen Maßnahmen sind auf Dauer zu
empfehlen?
5.1.2 Stammphase: Klärung
Das Rahmenprogramm der Stammphase kann orientierend in drei Aufgaben
eingeteilt werden, deren jeweilige zeitliche Dauer auf die individuellen
Erfordernisse des Patienten abgestimmt wird und die sich zum Teil
überlappen.
In einem ersten Schritt erfolgt die Erarbeitung der individuellen Lebens- und
Suchtgeschichte unter besonderer Berücksichtigung der bisher erlernten und
erlebten Formen der Beziehungsgestaltung. Hier gewinnen die Methoden der
Verhaltensanalyse eine besondere Bedeutung. Sowohl im Einzel- und
Gruppen- wie auch im besonderen indikativen Kleingruppensetting beginnt
mit
Hilfe
verbaler
und
nonverbaler
Interaktion
ein
Klärungsprozess.
Methodische Vorgehensweisen systemischer Provenienz kommen ebenso zum
Einsatz wie strukturierte Verhaltensbeobachtungen anhand von Tageslisten,
ritualisierte und eingeleitete Feedback-Verfahren. Vor allem für die von der
psychischen
Belastbarkeit
stärker
eingeschränkten
Patienten
mit
einer
komorbiden Störung kommen unterschiedlich stark schematisierte Verfahren
der Verhaltensmodifikation zum Einsatz.
34
Stammphase: Veränderung
Die Phase der Klärung geht allmählich über in die Entwicklung und
Umsetzungsplanung
hinsichtlich
konkreter
Verhaltensveränderungen.
Techniken der Verhaltensmodifikation, der Desensibilisierung bei Ängsten und
Vermeidungsverhalten, der Entwicklung und Erhöhung sozialer Kompetenzen,
der Aufbau von übergeordneten Problemanalyse und Bewältigungsfähigkeiten,
Fähigkeiten zur Stressbewältigung und Erhöhung der Impulskontrolle werden
als Behandlungselemente nach den individuellen Gegebenheiten für die
Patienten
zusammengestellt.
Eine
verhaltenszentrierte
Planung
und
Durchführung in Abstimmung mit den anderen Behandlungselementen kann
hier
rasch
konkrete
Erfolgserlebnisse
vermitteln.
Diese
behaviorale
Orientierung für psychisch weniger belastbare Patienten hat sich als
erfolgreich erwiesen.
Erlebnispädagogische Projekte werden eingesetzt, um Gemeinschaftssinn,
Fähigkeiten zum Belohnungsaufschub und Freude an Zielerreichung und
Erfolg zu erhöhen (z.B. Gruppenausflug, Freizeitprojekt). Die zunehmende
Beweglichkeit der Patienten innerhalb- und außerhalb des Hauses schafft
wachsende Transfermöglichkeiten und geschützte Bereiche zum Austesten
neu erworbener oder veränderter Verhaltensweisen.
Bei
besonderen Indikationen bieten sich tiefenpsychologisch fundierte
Vorgehensweisen mit biographisch aufarbeitenden Arbeitstechniken an.
Hierzu werden im Haus sowohl tiefenpsychologisch fundierte Einzel- und
Gruppentherapien eingesetzt. Die therapeutische Planung am Ende der
Eingangsphase und zu Beginn der Stammphase erlaubt den elektiven Einsatz
dieser tiefenpsychologisch fundierten Behandlungstechnik.
35
Unter Beibehaltung von einzeltherapeutischen Kontakten, die zum Teil bereits
während der Eingangsphase aufgenommen worden sind, können auch
schwerst beziehungsgestörte Probanden mit dem Modell eines „Continument
of
Care“
behandelt
werden.
Diese
Beibehaltung
von
therapeutischen
Einzelkontakten über längere Zeit hinweg und der systematische Aufbau von
Behandlungsstrukturen, die zum Teil bereits vor der Aufnahme in unser Haus
angebahnt worden sind (Vorgespräche, prästationäre Therapieplanung), hat
sich insbesondere für schwerst frühgestörte Probanden als erfolgreiches
Interventionsinstrument
bewährt.
Das
entsprechende
Konzept
wurde
inzwischen als „Hebephreniekonzept“ einschlägig publiziert. Hierauf wird
verwiesen.
Stammphase: Ablösung
Die allmählich wachsende Selbständigkeit und Autonomie des Patienten führt
zur Einleitung von Ablösungsprozessen. Auch hier kann eine ritualisierte Form
des Abschieds von der Droge (manchmal als szenische Darstellung mit der
Unterstützung von Mitpatienten und Therapeuten) hilfreiche Vorstufe und
Übung im schrittweisen Ablösungsprozess von der Einrichtung und den
Bezugspersonen dort sein. Zunehmend erfolgt die gedankliche und faktische
Umorientierung auf die "Zeit danach", wobei konkrete Planungen und erste
Terminvereinbarungen bzgl. der sozialen Ressourcen zuhause vor Ort
vorgenommen
werden.
Heimkehrsituationen
Neben
geübt
Rollenspielen,
werden,
liegt
in
ein
denen
konkrete
Schwerpunkt
der
psychotherapeutischen Begleitung kurz vor der Entlassung in der expliziten
Gestaltung von Verabschiedungszeremonien und der vorausschauenden
gedanklichen und szenischen Vorwegnahme möglicher "Stolpersteine". Bei
eindeutig abschiednehmender Haltung gegenüber dem Patienten werden
36
Möglichkeiten von Kontakten zum und Hilfestellungen durch das Haus für den
Patienten nach der Entlassung besprochen und z.T. bereits vereinbart.
5.1.3.
Adaption
Das Angebot einer eigenständigen Adaptionsphase richtet sich insbesondere
an Patienten, für die Arbeitslosigkeit und die Wohnungssituation nach Ende
der Rehabilitationsbehandlung eine besonders belastende Situation ergibt und
die dadurch in starkem Umfang als rückfallgefährdet einzustufen sind.
Die Behandlung kann in indizierten Fällen sowohl als integrierte Adaption in
der Klinik Am Waldsee erfolgen wie auch als externe Adaption.
Voraussetzung für den Übergang in die Adaptionsbehandlung ist eine
erfolgreiche
Behandlung
der
Grunderkrankung
mit
einer
weitgehend
erreichten Stabilisierung bezüglich der Abstinenzentwicklung der Patienten.
Die Adaptionsbehandlung baut neben den Ergebnissen der vorangegangenen
Persönlichkeitsstabilisierung auf den Ergebnissen der arbeitstherapeutischen
Behandlungen auf, insbesondere auf der Klärung der beruflichen Orientierung
und den Erwerb von Fähigkeiten, sich in der Realität zu behaupten.
Ziel der Adaption ist es, die erreichten Fortschritte der vorherigen Behandlung
zu stabilisieren und den Patienten zu unterstützen, seine Fähigkeiten und
Kenntnisse so zu entwickeln, dass er nach Abschluss der Adaption zu einer
eigenständigen
Lebensführung
sowie
zur
Bewältigung
besonderer
Belastungssituationen in Arbeitswelt und in Wohnumfeld in der Lage ist.
37
Die Maßnahmen der Adaption sind strikt auf die reale Lebenswelt außerhalb
der künstlichen Klinikwelt gerichtet. Jedes sinnvolle Eigenengagement und
jede sinnvolle eigene Aktivität außerhalb der Einrichtung werden gefordert und
gefördert.
Die Schwerpunkte der Maßnahmen liegen in externen Arbeitspraktika, realer
Arbeitsplatzsuche,
Aufnahme
Umschulungsverhältnissen,
von
Ausbildungs-
Gestaltung
einer
bzw.
eigenständigen
Wohnungssituation usw..
Die Betreuung erfolgt in sozialarbeiterischer Form mit dem steten Ziel,
Eigeninitiative zu fördern und die Nutzung von Fremdhilfe zu minimieren.
Die Indikation für die integrierte Adaption sehen wir insbesondere dann
gegeben,
wenn
aus
psychotherapeutischer,
therapeutischer
oder
psychiatrischer Sicht eine Veränderung der therapeutischen Bezugspersonen
nicht
sinnvoll
erscheint,
z.B.
bei
bestimmten
psychiatrischen
Zusatzerkrankungen.
Bei der Fortsetzung der Behandlung in Form externer Adaption im
Adaptionshaus
erfolgt
eine
frühzeitige
und
sehr
enge
gemeinsame
Behandlungsplanung und Umsetzung.
5.1.4 Nachsorge / ambulante Nachbehandlung
In seltenen hochelektiven Fällen ist eine Kontaktpflege therapeutischer oder
medizinischer Art mit entlassenen Probanden angezeigt und sinnvoll. Dies ist
insbesondere dann der Fall, wenn bei schwerst frühgestörten Patienten eine
38
therapeutische
Beziehung
nur
bedingt
ersetzbar
ist,
eine
begonnene
biographische Arbeit bei Entlassung des Probanden noch nicht zur Gänze
abgeschlossen
ist oder
Probanden sich in seltenen Fällen zu einer
Wohnungsnahme in der Umgebung der Klinik entschieden haben und in
entsprechende
Lehrbetriebe
vermittelt
werden
konnten,
unter
der
Voraussetzung , dass bei Krisenfällen und Notfällen die Hilfe der Klinik weiter
in Anspruch genommen werden kann.
In diesen seltenen Fällen werden einzelne, auch nach Therapiebeendigung
durchzuführende
Einzeltherapiesitzungen
oder
medizinische
Beratungen
durchgeführt, die dem Übergang des Probanden in ein eigen bestimmtes
Leben dienlich sind.
Generell besteht für regulär entlassene Probanden die Einladung, sich am
sozialen Leben des Hauses weiter zu beteiligen. So werden regulär entlassene
Patienten gerne zu ihrem ersten Jahresurlaub in unseren Gästezimmern
willkommen geheißen. Auch können sie längere Freizeiten als Gäste unseres
Hauses verbringen. Insbesondere die Feier des ersten Weihnachtsfestes ist für
manche Probanden in der geschützten Atmosphäre der Klinik Am Waldsee
weniger strukturierten und weniger geschützten Alternativen vorzuziehen. Für
die aktuellen Patienten der Klinik Am Waldsee bietet der Kontakt mit
erfolgreich Rehabilitierten und im Erwerbsleben stehenden ehemaligen
Klinikabsolventen große motivationale Vorteile. Hierüber sind Netzwerke der
eigenen Arbeitsvermittlung, der Selbsthilfe und der Supportion bereits
erfolgreich entstanden.
Darüber hinaus werden entlassene Patienten eingeladen, telefonischen und
brieflichen Kontakt zur Klinik zu halten. Die Klinik versendet regelmäßig
39
Weihnachtsgrüße an die erfolgreich rehabilitierten Patienten der letzten
Entlassjahrgänge.
5.2.
Elemente der Arbeit
5.2.1 Medizinische Behandlung
Die medizinische, psychiatrische und die psychotherapeutische Behandlung
sind aufeinander abgestimmt. Eine Aufgabe des behandelnden Arztes ist die
Diagnosestellung im psychiatrischen Sinne nach den Kriterien des ICD-10 und
des DSM-IV. Da eine erfolgte Entgiftung Aufnahmevoraussetzung ist, werden
entsprechende Entzugssymptome nicht erwartet. Bei protrahierten Entzug-,
Flash-Back-Erscheinungen oder mildem ausklingendem Entzug können die
Probanden
im
Hause
behandelt
werden,
sofern
die
medizinische
Notwendigkeiten den gegebenen Rahmen der Klinik nicht übersteigen.
Alkoholentgiftungen und Benzodiazepinentgiftungen sind in der Regel nicht
im Hause leistbar. Bei somatischen Komplikationen wird in die umliegenden
Krankenhäuser, bei schweren psychiatrischen Dekompensationen, die mit
akuter Eigen- oder Fremdgefährdung einhergehen, in die Landes-Nervenklinik
Andernach
verlegt.
Mit
den
entsprechenden
Institutionen
bestehen
Kooperationsabsprachen.
Neben einer umfassenden körperlichen, neurologischen und psychiatrischen
Eingangsuntersuchung erfolgt eine umfangreiche Laboruntersuchung und eine
elektrophysiologische Basisdiagnostik. Auf pathologisch veränderte Parameter
wird reagiert. Als notwendig erachtete weitergehende somatische Abklärungen
werden in kooperierenden Fachkrankenhäusern oder durch konsilarisch tätige
Fachärzte der Umgebung durchgeführt. Bei weiblichen Patienten erfolgt eine
40
gynäkologische
Befunderhebung
durch
die
ausreichend
gynäkologisch
erfahrene Allgemeinärztin. Ggf. wird bei weitergehenden Fragen an einen
niedergelassenen Gynäkologen verwiesen. Die Zusammenschau der klinischen
und testpsychologischen Befunde erfolgt am Ende der Eingangsphase. Hierbei
wird eine erste sozialmedizinische Leistungsbewertung erstellt, die u.a. die
Wechsel- und Nachtschichttauglichkeit, die Möglichkeit zur Benutzung von
Steiggeräten, die Dauer der Belastungsfähigkeit im arbeitstherapeutischen
Prozess, die Fähigkeit zum Bedienen von Geräten und Steuerungsanlagen, die
Länge
von
konzentrativen
Arbeitsphasen
mit
beurteilt.
Diese
erste
sozialmedizinische Leistungsbeschreibung dient dem hochelektiven Einsatz
arbeitstherapeutischer
abschließenden
Techniken
und
sozialmedizinischen
ist
gleichzeitig
Begutachtung
Grundlage
zum
Ende
der
des
Behandlungsprozesses.
Es finden zweimal pro Woche ärztliche Visiten statt, diese werden einmal in
Form einer klinischen Visite am Patientenbett, ein anderes Mal am Arbeitsplatz
durchgeführt.
Arztvorträge informieren über die Wirkungen und Nebenwirkungen der
eingenommenen
Suchtmittel
und
ihre
Folgeerkrankungen,
die
Erkrankungsbilder von Schizophrenie und Depression, deren medikamentöse
und therapeutische Behandlungsstrategie, die Wirkung und Nebenwirkung von
eingesetzten Psychopharmaka. Im Arztvortrag wird eine gesunde und
angepasste Ernährung, ein angepasster Schlaf-/Wachrhythmus, Fragen des
geschlechtlichen Umgangs miteinander, Fragen der Antikonzeption und des
„Safer-Sex“
besprochen.
Infektionserkrankungen
Eine
sowie
Aufklärung
deren
über
konkrete
Behandlungsstrategie rundet die Arztvorträge ab.
41
frequent
anzutreffende
Vermeidungs-
und
In regelmäßigen Abständen finden im Rahmen der Arztvorträge Vorträge zur
Ernährungsberatung statt. Bei entsprechend ausgewählten Patienten, z.B.
solchen
mit
behandlungsbedürftigem
Ernährungsberatungstermine
durch
Übergewicht,
entsprechende
werden
praktische
diese
Übungen
(Diätküche, Diätberatung) ergänzt.
Neben der zweimal pro Woche stattfindenden ärztlichen Visite werden
regelmäßige Arztsprechstunden durchgeführt. Wie im Alltag außerhalb der
Klinik auch, melden die Patienten den Bedarf für einen Kontakt beim Arzt an,
und erhalten zeitnah, in der Regel am gleichen Tag, einen entsprechenden
Termin. Die Versorgung mit allen Psychopharmaka und allen sinnvollen und
angemessenen Somatika ist gegeben.
Bei
entsprechender
Psychopharmaka.
Laborparameter,
regelmäßige
Indikation
Hierbei
je
nach
ist
eine
im
Hause
fortlaufende
eingesetzter
EKG-Kontrollen
psychopharmakologische
erfolgt
Behandlung mit
Kontrolle
Behandlungsstrategie
werden
Behandlung
die
wird
durchgeführt
fortwährend
einschlägiger
notwendig,
38.
überprüft
Die
und
möglichst minimalisiert. Möglichkeiten der pharmakologischen und der
psychologischen Phasenprophylaxe werden systematisch eingeübt. Während
des
stationären
Aufenthaltes
auftretende
Bagatellerkrankungen
sowie
Erkrankungen, die keine spezielle Betreuung oder apparative Ausstattung
erfordern, werden vor Ort mit behandelt. Über den niedergelassenen Facharzt
für innere Medizin am Ort und über den niedergelassenen Facharzt für
Allgemeinmedizin am Ort, besteht die Möglichkeit zu einfachen chirurgischen
Eingriffen, internistischen diagnostischen Maßnahmen, wie Belastungs-EKG,
Echokardiographie, Sigmoidoskopie und Gastroskopie, auf Wunsch und bei
entsprechender Indikation auch innerhalb unseres Hauses. Patienten nach
einem Unfall werden entsprechend den Vorschriften einem D-Arzt vorgestellt.
42
Unter fachärztlicher Aufsicht findet alle vier Wochen bei jedem Probanden eine
Team-interne
Falldiskussion
statt,
in
der
die
Ergebnisse
und
Therapiefortschritte aus den beteiligten Therapiebereichen (in der Regel:
Medizin
incl.
Sozialarbeit
und
Körperarbeit,
Psychotherapie
und
Arbeitstherapie) zusammenfassend referiert werden. Neue Vorgehensweisen
und Therapieschritte werden abgesprochen. Weitere Planungen werden Teamintern abgestimmt und anschließend mit dem Probanden besprochen. Die
Falldiskussionen
werden
dokumentiert.
Die
alle
vier
Wochen erfolgte
Dokumentation des GAF-status ermöglicht eine Beschreibung der erzielten
Therapiefortschritte und stellt eine Methode zur Effizienzdokumentation dar.
Tab.8: Methoden der medizinischen Intervention:
Medikation
Untersuchung
Befundung
Visite im Wohnbereich
Visite im AT Bereich
Arbeitsbeobachtung
Ärztliche Aufklärung/Psychoedukation
ärztliche Kurzintervention
ärztliches Gespräch
Vermittlung von Konsilleistungen
Prognosebeschreibung
strukturierte Falldiskussion
sozialmedizinische Abschlußbegutachtung
Die sport- und bewegungstherapeutischen Programme berücksichtigen zum
einen die allgemeine körperliche Belastbarkeit des Patienten, zum anderen die
im Therapieverlauf anstehenden und zu fördernden Prozesse. Viele Patienten
haben im Laufe ihrer Krankheitsgeschichte ein gestörtes Verhältnis zu ihrem
Körper entwickelt, Störungen des Körperschemas bis hin zu manifesten
Auffälligkeiten im Rahmen von Essstörungen, Störungen der Empfindungsund Wahrnehmungsfähigkeit und der Körperkoordination kommen vor. Neben
43
den kognitiven Zielen wie der Entwicklung einer Selbstverantwortung und
Handlungskompetenz werden auch Verbesserungen im motorischen Bereich
angestrebt. Ausdauer, Kraft, Koordination und Flexibilität sollen durch
sporttherapeutische Interventionen trainiert und geübt werden, so dass eine
Wiederherstellung,
Stabilisierung
und
Verbesserung
der
allgemeinen
Leistungsfähigkeit gewährleistet ist. Desweiteren sind affektive Ziele wie
Motivation, Aktivierung, Vertrauensbildung und Kooperation mit anderen
Patienten wesentliche Bestandteile der Intervention.
Im Rahmen der körperorientierten Therapie finden Sportangebote in der
Gruppe statt. Diese finden in der Regel dreimal pro Woche statt und
berücksichtigen das unterschiedliche Leistungsniveau der Teilnehmer. Dabei
kommen sowohl Individualsportarten wie Walking oder Zirkeltraining, die zur
Verbesserungen
der
eigenen
Leistungsfähigkeit
dienen,
als
auch
Spielsportarten, die eher das Gemeinschaftsleben fördern, zum Einsatz. Der
konkrete Ausgestaltungsplan der Sporttherapie orientiert sich an klimatischen
Gegebenheiten, so dass im Sommer die sportlichen Aktivitäten vor allem im
Freien stattfinden. Eine nicht unerhebliche Stichprobe der Patienten leidet
unter Haltungsstörungen, insbesondere an Erkrankungen des Kniegelenkes
und des lumbo-thorakalen Apparates. Daher werden ergänzend zum
Kliniksport
eine
Kniegruppe
und
eine
Rückenschule
mit
krankengymnastischen Anteilen regelmäßig angeboten.
Daneben finden ergänzend Angebote statt, die zum Teil für die Patienten im
Rahmen einer Freizeitgestaltung selektiv angeboten werden und/oder im
Rahmen eines speziellen Trainingsprogrammes zur Auflage gemacht werden.
In den letzten Monaten hat sich unter den PatientInnen des Hauses eine
Walkinggruppe
herausgebildet,
die
unter
44
Anleitung
(„Nordic“-)Walking
betreibt. Außerdem wird wöchentlich der Besuch eines Hallenbades, im
Sommer des Freibades, organisiert.
Ein Fitnesscenter im Ort Rieden hat mit der Klinik Am Waldsee eine
Kooperationsabsprache getroffen, die den Besuch der Anlage zu weit
reduzierten
Sportvereinen
Preisen
unter
(Fußball,
Aufsicht
Handball,
erlaubt.
Mit
Volleyball,
den
ortsansässigen
Tennis)
existieren
Kooperationsvereinbarungen, die entsprechend stabilen Klinikpatienten die
Teilnahme an den Trainings- und Wettkampfprogrammen der Ortsvereine
ermöglicht. Die Sport- und Bewegungstherapie stellt daher ein wichtiges
Bindeglied zum „normalen Leben“ vor Ort dar. Über die sporttherapeutisch
angebotenen Einzelmaßnahmen informiert der Anhang 4.
39 40
Tab. 9: Einzelangebote der Sport- und Bewegungstherapie:
Ballsportarten (Fußball, Volleyball, Völkerball)
Walking / Nordic-Walking
Frühsport (Lauf- und Dehnübung)
Kniegymnasik (Indikativgruppe für Kniegeschädigte mit KGAnteilen)
Rückenschule (Indikativgruppe für Haltungsgeschädigte mit KG
Anteilen)
Spez. Frauenangebote (Aerobic, Gymnastik, Stretching, Tanzen)
Therapiesport
in
der
Halle
(z.B.
Zirkeltraining,
Gleichgewichtsschulung, Hockey etc.)
Rückschlagspiele (Tennis, Badminton, Tischtennis)
Schwimmgruppe , (Halle, Freibad, See)
Turniere
Die medizinische Behandlung in der Klinik Am Waldsee verfolgt folgende Ziele:

Vorbeugung durch Gesundheitserziehung und Informationsvermittlung

Behandlung von Begleiterkrankungen, kurativ und palliativ
45

Aufbau
und
Unterstützung
von
Compliance
bei
chronisch
behandlungsbedürftigen Erkrankungen

Entwicklung und Optimierung einer notwendigen Pharmakotherapie unter
Beachtung
des
Rehabilitationszieles
der
beruflichen
und
sozialen
Wiedereingliederung

Umfassende sozial- und arbeitsmedizinische Beurteilung des Patienten,
mehrfach im Laufe der Behandlung

Abschließende sozialmedizinische Begutachtung zum Ende der Behandlung
Am
Ende
der
Behandlung
wird
der
Proband
einer
medizinischen
Abschlussuntersuchung unterzogen. Dabei werden alle Parameter erfasst, die
zur systematischen Beurteilung der Arbeitsfähigkeit, der Berufs- und
Erwerbsfähigkeit notwendig sind. Insbesondere zu Beginn der Behandlung
evaluierte
Funktionseinschränkungen
werden
in
ihrer
Rückbildung
dokumentiert und abschließend sozialmedizinisch bewertet. Der Patient wird
über die abschließende sozialmedizinische Bewertung eingehend informiert.
Der Abschlussbericht, der ärztlich verantwortet ist, dokumentiert den
Behandlungsprozess.
Die Mediziner des Hauses unterhalten und pflegen die Kontakte zu den
Konsilärzten, dem notfallmedizinischen System. Sie stimmen den Notfallplan
mit
Notarzt
und
kassenärztlichem
Notdienst
ab.
Sie
überprüfen
die
medizinischen Notfalleinrichtung des Hauses. Sie veranlassen die regelmäßige
Schulung des Personals in medizinischen Notfallfragen.
5.2.2 Psychotherapie
46
Über die psychotherapeutische Grundausrichtung des Hauses und die
eingesetzten verhaltenstherapeutischen und ergänzenden systemischen oder
tiefenpsychologisch
fundierten
Techniken,
wurde
bereits
in
den
vorangegangenen Kapiteln ausführlich referiert. Eine besondere Beachtung
verdient der Umgang mit anfänglich ambivalenter Motivation. Diese kann,
besonders beim Psychotiker, als Regelfall angesehen werden. Sie wird im
Sinne
einer
Motivationsstärkung und eines „motivationalen Interviews“
systematisch
verstärkt,
Aufenthaltes
eine
schließbar wird
damit
verläßliche
in
den
und
ersten
Tagen
zusagefähige
des
stationären
Therapievereinbarung
41.
Die Grundkonzeption des Hauses folgt einem verhaltenstherapeutischen
Ansatz
42
43,
der elektiv um Strategien und Interventionstechniken, der
systemischen Arbeit
44
und der tiefenpsychologisch fundierten Methoden
45
erweitert wird. Am Ende der diagnostisch dominierten Eingangsphase der
Behandlung erfolgt die Zuweisung zu den verhaltenstherapeutischen bzw.
analytisch arbeitenden Gruppentherapien.
Die Psychotherapie findet in Einzel- und Gruppenkontexten statt. 3x/Woche
werden Gruppensitzungen durchgeführt. In der Gruppentherapie werden in
der
Eingangsphase
suchttypische
Verhaltensweisen
reflektiert.
In
der
Stammphase setzen sich die Probanden – sofern eine ausreichend lange
Konzentrationszeit besteht – mit suchtauslösenden, suchtaufrechterhaltenden
Bedingungen
auseinander
46.
Biographische
Konstellationen,
die
suchttypisches Verhalten induzieren oder begünstigen, werden besprochen.
Veränderungsmodelle werden erarbeitet. Rückfallanalysen leiten in eine aktive
Lebensplanung nach der Therapie über. Eine Zukunftsplanung und eine
individuelle
Entwicklung
eines
Notfallmanagementplanes
47
runden
die
Gruppenpsychotherapie
ab
47.
Dabei
werden
stets
die
dynamischen
Voraussetzungen einer Gruppe mit Psychotikern beachtet 48.
Die Gruppentherapie wird durch Einzeltherapien ergänzt. Die Einzeltherapien
richten
sich
nach
konzentrativen
den
Erfordernissen
Möglichkeiten.
Es
des
werden
Probanden
sowohl
und
seinen
verhaltens-
wie
tiefenpsychologisch fundierte Einzeltherapien vorgenommen. Als Äquivalent
zur Einzeltherapiesitzung werden hochfrequente psychotherapeutische oder
ärztliche Kurzkontakte angeboten, wenn die konzentrative Belastungsfähigkeit
des Patienten seine psychotherapeutische Behandlung limitiert.
Die Psychotherapie bei psychotischen Patienten folgt dabei den für Psychotiker
definierten Grundsätzen
wählen.
Eine
49.
Eher stabilisierende Zugangsweisen sind zu
Behandlung
hat
Reexazerbationen nicht begünstigt
so
50.
gestaltet
zu
werden,
dass
sie
Der kognitiv-behavioralen Therapie
kommt beim Psychotiker dabei ein erwiesener Maßen wichtiger, auch
motivations-festigender Effekt zu, den es im Einzelfall zu nutzen gilt
51.
Regelmäßige (in der Regel 1x im Quartal) stattfindende Ausflüge ergänzen das
klinikinterne
Programm
und
fördern
die
Entwicklung
einer
eigenen
Freizeitkultur. Diese gruppendynamisch nutzbaren Angebote werden ergänzt
durch ein hochfrequentes Freizeitkulturprogramm, in dem – je nach Jahreszeit
– ausgewählte Kulturveranstaltungen für die Patienten angeboten werden.
Hierzu gehört der regelmäßige Besuch von Museen, Lesungen, Ausstellungen,
wie auch der Besuch von Kino oder Theatervorführungen und Konzerten. Die
Nähe zur Kölner Kulturszene mit seinen zahlreichen Museen und vielfältigsten
Angeboten
erweist
sich
als
günstig.
Für
diese
freizeitpädagogischen
Maßnahmen ist eine eigene Fachkraft auf Teilzeitbasis engagiert.
48
Tab. 10 : Methoden der Psychotherapie:
Gruppentherapie der Eingangsphase (soziotherapeutischer
Schwerpunkt)
Gruppentherapie
der
Stammphase
(verhaltenstherapeutischer Schwerpunkt)
Einzelpsychotherapie VT
Einzelpsychotherapie tiefenpsycholog. Fundiert
systemische Intervention
Familienrekronstruktion
Familiengespräch
Familientherapie
Ausflüge / Gruppenerlebnisse
5.2.3 Arbeitstherapie
Die arbeitstherapeutischen Interventionen in der Klinik Am Waldsee dienen
dem
Ziel
der
vollständigen
Wiederherstellung
von
Arbeits-
und
Erwerbsfähigkeit des Probanden. Unter Berücksichtigung der weitgehend
arbeitsentwöhnten Patienten und unter Würdigung der häufig vorliegenden
Einschränkungen
durch
die
komorbide
Erkrankung,
müssen
die
arbeitstherapeutischen Techniken im Haus sowohl einfachst strukturierte,
hochredundante Arbeitspraktiken abbilden wie die Entwicklung zu vollständig
selbstverantworteter Arbeit ermöglichen. Dabei kommen eine Vielzahl von
Techniken zum Einsatz. Verwiesen wird hier auf die Grundlagenliteratur.
Die Arbeitstherapiebereiche gliedern sich in folgende Werkstattbereiche:
Hauswirtschaft, Küche, Schneiderei, Wäscherei, Weberei und Mangelei,
Tonwerkstatt
bzw.
Töpferei,
Herstellungsschreinerei,
Restaurierung,
Renovierung, Garten- und Landschaftsbau, Kleintierpflege, Servicebereich
(Dienstleistung).
Diese
Bereiche
werden
von
arbeitstherapeutisch
ausgebildeten Werkstattleitern betreut. Die Werkstattleiter besitzen in der
49
Regel
Meisterqualifikationen,
jedoch
zumindest
Ausbildungseignungsprüfungen.
Tab.
11:
derzeitig
vorgehaltene
Werkstätten/Arbeitstherapiebereiche:
Küche
Service
Garten/Landschaftsbau/ Wasserwirtschaft
Garten: Gemüse/Blumen
Nutztierzucht: Ziegen/Hühner
Renovierung
Hausmeisterei
Herstellungsschreinerei
Möbelrestaurierung
Weberei
Schneiderei
Töpferei
Hauswirtschaft/Wäscherei/Mangelei
Die
Werkstätten
Einzelarbeitsplätze,
werden
variabel
aufeinander
organisiert,
aufbauende
so
dass
geschützte
Arbeiten
(mittlerer
Serienarbeitsplatz), kleine Fertigungsstraßen, Kreativarbeitsplätze, je nach
individuell beschriebener konkreter Zielsetzung vorgehalten und organisiert
werden können. Dabei werden methodische Anleihen bei der Arbeits- und
Organisationspsychologie
gemacht.
Durch
Kooperation
mit
einem
universitären Institut besteht hier über konkrete Arbeitsplatzorganisationen
ein patientenbezogener Austausch.
50
Tab. 12: arbeitstherapeutische Einzeltechniken
Fragmentierung von Arbeitsabläufen
Transparenzsteigerung mit nemotechnischen Hilfen
Komplexitätssteigerung
Projektarbeit
Arbeit in Kleingruppen/Selbstorganisation
mittlerer Serienarbeitsplatz
Reizabschirmung von Arbeitplätzen
Redundanzarbeitsplätze
internes AT-Praktikum
externes AT Praktikum
zeitliche Ausdehnung/Pausenorganisation
Die Zielsetzung in der Arbeitstherapie erfolgt in einem kommunikativen
Prozess
zwischen
kommunikativen
Arbeitstherapeut
Prozesses
und
sind
Patient.
die
Grundlage
dieses
sozialmedizinischen
Leistungsbeurteilungen des medizinischen Dienstes. Auf der Grundlage erfolgt
eine konkrete Zielbeschreibung für einen zeitlich genau definierten Abschnitt
von in der Regel vier oder acht Wochen. Die zu erreichenden inhaltlichen und /
oder Verhaltensziele, werden mit dem Instrument des „Goal Attainment
Scaling“ definiert und abschließend bewertet
52.
Am Ende eines sozialen
Zieldefinitionszyklus folgt eine vom Patienten und dem Behandler gemeinsam
vorzunehmende Bewertung der erreichten Ziele und die Verabredung eines
erneuten Therapiezyklus.
Die Arbeitstherapie findet werktäglich in der Regel zwischen 8:45 und 11:45
Uhr statt. Während der Stammphase wird an einem Werktag auch nachmittags
gearbeitet, so dass ein „6-Stunden-Arbeitstag“ simuliert werden kann.
Ziel der Arbeitstherapie ist die zunehmend realitätsnähere Erfahrung der
Arbeitswelt, aufbauend auf der beruflichen Vorerfahrung und orientiert an den
Entwicklungsmöglichkeiten des Patienten. Die interne arbeitstherapeutische
51
Einbindung
wird
so
Wiedereingliederung
Berufspraktika
ausgerichtet,
vorbereitet,
dient.
Diese
Kooperationsabsprachen
dass
sie
andererseits
externen
mit
einerseits
einer
als
Vorlauf
Berufspraktika
Fülle
von
die
berufliche
für
externe
werden
durch
Handwerksberufen
und
ortsansässigen Handels- und Handwerksunternehmen sichergestellt. So
existieren Kooperationsabsprachen mit Landschafts- und Gartenbauern,
Kraftfahrzeughandel, Kraftfahrzeugmechaniker, Tiefbauern, Verlegearbeitern,
Steinmetzen,
Schreinern,
Wasserbauern,
à
Servicebereichen
la
Dachdeckerbetrieben,
carte-Küchenbetreibern,
der
Gastronomie,
Einzelhandelskaufleuten,
Hotels,
Bäckern,
Zimmereibetrieben,
Kantinenküchenbetreibern,
Fremdenverkehrskaufleuten,
Fleischern,
Brotfachverkäufern,
Außenhandelskaufleuten usw.. Erreichen Probanden im Verlaufe der internen
Praktika eine entsprechende Zuverlässigkeit, und eine zeitlich adäquate
Ausdehnung ihrer Arbeitsfähigkeit, so wird ein mindestens vierwöchiges, bis
maximal achtwöchiges Praktikum in einem externen Betrieb angestrebt. In
einigen Fällen führt ein solches Praktikum zu der späteren Übernahme als
Lehrling oder Angestellter in dem Betrieb.
Das Wiedererlernen von Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit, Kommunikation
miteinander,
Absprachegenauigkeit
ist
der
Regel
den
ersten
arbeitstherapeutischen Schritten vorbehalten. Der Arbeitstherapeut überprüft
anhand
konkreter
Projekte
hierbei
auch
die
Belastbarkeit
und
Leistungsfähigkeit und entwickelt diese im Rahmen der Therapieabsprache mit
dem Patienten gezielt. Möglichst sollen Projektarbeiten in Gruppen antrainiert
werden.
Häufig
limitiert
die
komorbide
Erkrankung
jedoch
die
Gruppenfähigkeit, dann sind Einzelarbeiten entsprechend zu entwickeln. In
der Regel gelingt eine vollschichtige Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit.
52
Bei häufiger werdenden kognitiven Störungen nach Frühkonsum müssen sich
die Arbeitstherapiebereiche auf die beschriebenen Störungen einstellen
53.
Manuelle Fertigungen werden daher derzeit besonders intensiv entwickelt. In
Kleingruppen organisierte Arbeitsprozesse werden so weit aufgegliedert, dass
sie auch für mittelgradig apraktische Störungen noch beherrschbar sind. So
können auch für schwerst gestörte Probanden realistische Arbeitsumgebungen
geschaffen und im Sinne von langsam steigenden Arbeitsanforderungen
entwickelt werden 54.
Bei den hartnäckigen kognitiven Störungen, die insbesondere nach Cannabis
(multimodale
Informationsverarbeitung)
und
Substanzen (frontale Executivfunktionen) auftreten
nach
55,
amphetaminergen
sind die Ergebnisse der
klassischen Arbeitstherapie bisweilen unbefriedigend. Daher wird derzeitig der
Einsatz hochredundant-übender Trainingsmethoden aus der neurologischen
Rehabilitation erwogen, der dem Funktionsbereich der Arbeitstherapie
zusätzliche beigeordnet würde. Diese Trainingsmethoden befinden sich z. Zt.
allerdings noch in einem experimentellen Stadium.
5.2.4 Sozialtraining
Die
Regelung
der
täglichen
Lebensabläufe
oder
die
Erledigung
hauswirtschaftlicher Notwendigkeiten, wie z.B. das Zubereiten der Mahlzeiten,
das Pflegen von Körper, Kleidung und Räumlichkeiten, stellen Situationen dar,
in denen Probleme im Sozial- und Arbeitsverhalten der Patienten deutlich
werden. Das offene, aber angemessene Ansprechen von Konflikten, die
Entwicklung von Lösungsalternativen sowie die Planung und schrittweise
Umsetzung von problemlösenden Verhaltensweisen, kann in realitätsgerechter
Form geübt und geformt werden. Soziale Fertigkeiten werden während des
Behandlungsprozesses systematisch erfaßt und gezielt entwickelt.
53
Die
Entwicklungsfortschritte und noch offene Ziele werden mit dem Patienten
diskutiert und besprochen. So wird Veränderungsmotivation und das
Selbstbewusstsein verstärkt
56.
Auch werden so die sozialen Kompetenzen
unserer Probanden entwickelt. Tägliche Hausversammlungen dienen der
Transparenz der Klinikabläufe und bieten einen Rahmen, in dem der
Gemeinschaftssinn,
die
Verantwortung
Eigenverantwortung
gestärkt
werden.
für
Dabei
andere
ist
den
aber
oft
auch
die
limitierenden
Bedingungen der apraktischen Störungen im Rahmen der Schizophrenie
Rechnung
zu
tragen.
Auch
hier
bietet
sich-
wie
zuvor
unter
den
arbeitstherapeutischen Methoden schon diskutiert, eine Fragmentierung
komplexer Vorgänge in überschaubare und leistbare Einzeloperationen als
mögliche Trainingsmethode an
57.
Das Hausklima stellt einen milieutherapeutisch wirksamen Faktor dar. Es
bedarf permanenter Aufmerksamkeit und permanenter Korrektur. Sowohl die
Entwicklung eines Rigorismus einerseits, wie einer Beliebigkeit andererseits ist
zu vermeiden
58.
Die Formulierung von „bürgerlichen“ habits hilft, dieses
Hausklima zu erhalten. Dazu zählen in unserem Hause z.B. die Einhaltung
eines „Sie“ – status zum Patienten, eine gepflegte Tischkultur, u.a. mit dem
Essen am textil gedeckten Tisch, die Verwendung von Hausschuhen, die
Beachtung
einer
täglichen
Körperpflege,
ein
pfleglicher
Umgang
mit
Einrichtung und Mobiliar, ausgewählte und den Störungsbildern angepaßte
Raumgestaltung, die Auswahl von im Haus gehörter Musik, das Einhalten einer
Kleiderordnung,
in
der
sowohl
Schlampigkeit
wie
sexuell-appelative
Aufdringlichkeit vermieden wird.
Die beratende Sozialarbeit klärt die oft undurchsichtige soziale Situation
unserer Patienten.
54
Zu den anfänglichen Aufgaben der therapiebegleitenden Sozialarbeit gehört aufbauend auf den Vorgaben der vorbereitenden Beratungsstelle - eine
sorgfältige Erfassung der Sozialanamnese unter besonderer Berücksichtigung
der Ausbildungs- und Berufssituation. So gilt es, zunächst die vorrangigen
Sozialfragen zu identifizieren (Arbeitsplatz- und Wohnsituation, juristische
und finanzielle Probleme) und eine Planung für deren Klärung zu erarbeiten.
Dabei wird der Patient mit zunehmender Belastbarkeit im Laufe des
stationären Aufenthalts auch angeleitet, die notwendigen Schritte selbst zu
tun. So soll er (wieder) lernen, Briefe zu schreiben, Anträge zu stellen,
Hilfemöglichkeiten im legalen Rahmen zu erkennen und zu nutzen, wie etwa
Beratungsmöglichkeiten bei Ämtern und Verwaltungen in Anspruch zu
nehmen. So werden in regelmäßigen Abständen Beratungsstunden des örtlich
zuständigen Arbeitsamtes angeboten. Später kann der Patient selbst das
Arbeitsamt
aufsuchen,
um
Zugangsschwellen
herabzusetzen
und eine
Orientierung zu verbessern. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, ein Konto
für die persönlichen Geldmittel des Patienten bei der örtlichen Bank zu
eröffnen. So erlernen die Patienten (wieder) die Verwaltung und Einteilung
ihres Geldes und alle damit verbundenen Notwendigkeiten der Kontenführung.
Im
Austausch
mit
den
örtlichen Behörden,
Ämtern und öffentlichen
Einrichtungen sowie in Kontakten mit der Dorfgemeinschaft können soziale
Kompetenzen trainiert werden.
Im
indikativen
"Abendschule"
Angebot
"Lernen
zu
lernen"
werden
im
Sinne
einer
zweimal pro Woche Basisfertigkeiten im Bereich Lesen,
Schreiben, Rechnen eingeübt. Übergeordnete pädagogische Ziele sind die
Förderung
der
intellektuellen
Kompetenzen,
die
Erhöhung
der
Konzentrationsfähigkeit und der Selbststeuerung. So kann der Patient lernen,
wahrgenommene Defizite als Herausforderungen zu betrachten, denen er
schrittweise in Eigenverantwortung begegnen kann.
55
Tab. 13: Aspekte des Sozialtrainings:
Umgang
mit
Geld,
Umgang
mit
Banken,
Schuldenregulierung
Umgang mit Gerichten
Umgang mit Behören. Wie stelle ich einen Antrag?
Umgang mit dem Arbeitsamt. Wie bewerbe ich mich
richtig?
Wie miete ich eine Wohnung? Was habe ich bei der
Anmietung zu beachten?
Was gehört zur Grundausstattung einer Wohnung?
Über Beratungen und regelmäßige Kontakte in der Klinik, aber auch über die
entsprechenden Angebote in den umliegenden Ortschaften werden die
Patienten der Selbsthilfe (wieder) zugeführt. Die Kontakte außer Haus werden
dabei der psychischen Belastbarkeit des Patienten angepasst und so gestaltet,
dass eine Überforderung vermieden wird. Dies gilt in besonderem Maße bei
PatientInnen, die bei Vorliegen einer Doppeldiagnose im oben beschriebenen
Sinne
in
ihren
Möglichkeiten
der
Beziehungsgestaltung
und
des
Selbstschutzes eingeschränkt sind.
Die Beratungen werden durch indikative Kleingruppenarbeit ergänzt. Sind
mehrere Patienten im nämlichen Aspekt beratungsbedürftig (besonders in
Bezug auf die Frage Bewerbung, Arbeitsplatzsuche, Wohnungssuche am Ende
der Therapie) so wird die Beratung in Kleingruppen durchgeführt, was zur
Entwicklung von geeigneten Unterstützungssystemen innerhalb der Probanden
führt.
Aus der Klinik heraus ist der Besuch von Gottesdiensten gestattet. Der Zugang
der Ortsgeistlichen zur Klinik ist gewährleistet. Für Psychotiker hat sich die
Möglichkeit zu religiösen Kontakten und zu einer religiösen Neuorientierung
während des Aufenthaltes durch Teilnahme am normalen Gemeindegeschehen
bisweilen als hilfreich herausgestellt
59.
56
Die Ermöglichung, externe Angebote
wahrzunehmen, wird dem Vorhalten eines hausinternen Angebotes auch aus
Gründen der religiösen Selbstbestimmung der Patienten Vorrang gegeben. Aus
der jüdischen oder muslimischen Religion hergeleitete Diätvorschriften werden
im Haus durch Angebot geeigneter Diäten respektiert.
Da sich herausgestellt hat, dass trotz hoher formaler Bildung Lesen- Schreiben
und Rechnen nicht genügend und nicht zuverlässig gekonnt werden, haben
wir im Haus die indikative Gruppe „Lernen zu Lernen“ installiert. Bei dieser
unter
pädagogischer
Leitung
stehenden
Indikativgruppe
sollen
die
Bildungsinhalte der Klasse 6 der gemeinbildenden Schule zuverlässig für jeden
Probanden vermittelt werden, so daß jeder Proband am Ende der Behandlung
dazu in der Lage ist, einen Antrag zu stellen, einen Erlebnisbericht zu
verfassen, einen Lebenslauf zu schreiben, den Dreisatz zu rechnen und
Grundkenntnisse der Prozentrechnung zu beherrschen. Zugleich soll die
Gruppe „Lernen zu Lernen“ darauf vorbereiten, das oft ungenügende formale
Wissen in Abendschulorganisationen zu entwickeln.
Wesentliche Aufgabe der therapiebegleitenden Sozialarbeit ist die rechtzeitige
Planung der erforderlichen nachstationären Betreuung. In Zusammenarbeit mit
den zuständigen Bezugstherapeuten und Ärzten erfolgt gegebenenfalls eine
Indikationsstellung hinsichtlich einer weiterführenden psychotherapeutischen
Behandlung, einer soziotherapeutischen Begleitung, einer Übernahme in eine
betreuende
Wohnform
oder
eine
Adaptionsmaßnahme.
Die
jeweils
notwendigen Schritte werden gemeinsam mit dem Patienten von der Klinik Am
Waldsee aus in die Wege geleitet. Es kann sinnvoll sein, den Patienten zu
Vorkontakten bei nachbetreuenden Stellen zu begleiten oder bei entsprechend
bestehender Selbständigkeit des Patienten diese als Belastungserprobung für
ihn zu konzipieren.
57
Die beratende Sozialarbeit ist organisatorisch der Medizin beigeordnet.
6
Diagnostik
Unter Maßgabe der verhaltensdiagnostischen Vorgaben (s.o.) erfolgt im
psychotherapeutischen Bereich eine Standarddiagnostik über psychiatrische
und
klinisch-psychologische
Interviews,
Verhaltensbeobachtungen sowie
Einstellungs- und Verhaltensratings mit Selbst- und Fremdeinschätzungen
bezüglich Kompetenzen und Defiziten. Der Katalog der indikativen Diagnostik,
die
zur
Klärung
individueller
Fragestellungen
im
Hinblick
auf
die
Therapieplanung eingesetzt wird, ist breit konzipiert und umfasst kognitive
und
leistungsspezifische
Merkmale,
therapierelevante
Aspekte
der
Persönlichkeit im Sinne von traits, Kriterien zur Einschätzung aktueller,
therapiebedeutsamer
Zustände,
aber
auch
Interessenschwerpunkte
hinsichtlich der Unterstützung von Entscheidungen für berufliche und
arbeitsfördernde
Belastbarkeit
Maßnahmen.
dienen
die
Der
Einschätzung
umfassenden
der
körperlichen
Laboruntersuchungen,
die
arbeitsmedizinische Begutachtung sowie die körperliche und neurologische
Untersuchung.
Die Dokumentation wird neben der klassischen Patientenakte im Rahmen des
in
der
Entwicklung
"Polytoxikomanie"
befindlichen
erfolgen,
das
sowohl
Basisdokumentationssystems
soziodemographische
und
störungsspezifische Aspekte, Therapieverlaufsdaten als auch katamnestische
Informationen erfasst. Ein Befragungsbogen gibt den PatientInnen während
des
stationären
Aufenthaltes
die
wöchentliche
Gelegenheit,
eigene
Beurteilungen und Anregungen zu den verschiedenen Bereichen abzugeben,
die in den internen Qualitätszirkeln zur Optimierung des Angebotes Eingang
58
finden. Auch unter diesem Aspekt der Evaluation der eigenen Arbeit ist eine
enge Kooperation mit den übrigen Komponenten des Betreuungsnetzes
erforderlich. In Zusammenarbeit mit Hochschulen und Forschungsgruppen
wird eine externe Evaluierung gefördert. Kooperationen bestehen mit
mehreren universitären Zentren und Einrichtungen der Grundlagenforschung.
In Fachvorträgen und Publikationen werden Elemente der Behandlung und
Evaluationsstudien
dem
Fachpublikum
im
medizinischen
und
psychotherapeutischen Bereich der Diskussion zugänglich gemacht. Einen
Überblick über die aktuelle Veröffentlichungssituation gibt u.a. die Homepage
des Hauses.
Tab.14: In der Klinik bisher beforschte Themen mit
einschlägigen Veröffentlichungen:
Zusammenhangsanalyse Pschose-Sucht 60
Überprüfung der Selbstmedikationshypothese 61
Copingverhalten von Komorbiden 62
Ergebnisse der stationären Rehabilitation 63 64
Entwicklung von sozialarbeiterischen Strategien der
Probandenführung: Case-Management für Komorbide
Prädiktionswertigkeit von F6-Komorbiditäten
genetische Dispositionen bei Komorbiden 65
traumatologische Kindheitserfahrungen bei Komorbiden
und Nicht-Komorbiden 66
Höhere kognitive Funktionsdefizite in Abhängigkeit von
Konsummuster und Psychoseaktivität
7. Personal und Personalentwicklung
In der Klinik Am Waldsee arbeitet ein multidisziplinäres Team unter
fachärztlich psychiatrischer Leitung. Zu den Mitarbeitern gehören Fachärzte
und
Ärzte,
Psychologen,
Bewegungstherapeuten,
Sozialarbeiter,
Sozialpädagogen,
Arbeitstherapeuten,
59
Sport-
Handwerksmeister
und
und
Hauswirtschafter, Pflegekräfte und Verwaltungsmitarbeiter. Die Umsetzung
der
therapeutischen
Leitlinien
wird
in
regelmäßigen
Team-
und
Fallbesprechungen in unterschiedlicher Zusammensetzung überwacht und
abgesprochen. Regelmäßige interne Fallsupervisionen werden vom ärztlichen
Leiter
oder
stellvertretend
vom
Oberarzt
und
den
Teammitgliedern
durchgeführt. Externe Supervision erfolgt etwa einmal monatlich je nach
Fragestellungen
im
Gesamtteam
psychotherapeutischen
oder
in
Zusatzausbildung
Empfehlungsvereinbarung
wird
von
Untergruppen.
nach
den
den
Neben
Vorgaben
psychotherapeutisch
der
der
tätigen
MitarbeiterInnen eine kontinuierliche Fortbildung bezüglich einschlägiger
Themen erwartet. Hier können - neben den Angeboten der Fachverbände o.a.
- auch die Fortbildungsangebote der anderen zum Träger gehörenden
Fachkliniken mitgenutzt werden. Für das Gesamtteam werden in kollegialer
Weise von eigenen kompetenten Mitarbeiter, aber auch von externen
Referenten Fortbildungseinheiten zu unterschiedlichen Themen geboten.
Durch die universitären Kontakte besteht für Akademiker die Möglichkeit zur
Promotion.
Bisher
sind
in
der
Klinik
sechs
Promotionen
und
drei
Lehrbefähigungen erworben worden.
8. Vernetzung
Die Klinik Am Waldsee ist Mitglied im Fachverband Sucht und im Arbeitskreis
Doppeldiagnosen. Sie kooperiert mit dem analytischen Ausbildungsinstitut in
Sinzig
sowie
mit
Weiterbildungsinstitut
dem
für
Eifeler-Verhaltenstherapeutischen-Institut,
Verhaltenstherapie.
Sie
kooperiert
mit
der
Deutschen Angestellten Akademie für die Ausbildung von Arbeits- und
Beschäftigungstherapeuten.
60
Die Klinik Am Waldsee ist durch Forschungsverbünde mit mehreren
akademischen Zentren vernetzt. Sie trägt zur Erkenntnisgewinnung in
suchtmedizinsichen und psychiatrischen Fragen bei und publiziert diese
Erkenntnisse regelmäßig auf internationalen und nationalen Kongressen. Dies
hat zu einer inzwischen internationalen Vernetzung des Hauses geführt.
61
Anhang 1:
semistrukturiertes Aufnahmeinterview
1
2
2a
3
4
Überschrift
Wer führt aus ?
Basisdaten
Name, Geburtsname, Geburtsdatum, Familienstand, Zahl der Kinder, Zahl der Geschwister,
Platz in der Geschwisterreihe, Zahl und Ergebnis der vorangegangenen Entgiftungen, Zahl
und Ergebnis der vorangegangenen Entwöhnungen
Anmeldeverhalten und Vorkontakt
Wie kommt der Patient in unsere Behandlung?, Wann hat er sich angemeldet?, Hat er sich
regelmäßig gemeldet?, Wer hat ihn suchttherapeutisch begleitet? Regelmäßig? Wer hat ihn
psychiatrisch begleitet?
Wann und mit welchem Ergebnis entgiftet?
Vordiagnosen
aus dem Sozialbericht/der ärztlichen Untersuchung die gestellten Diagnosen übernehmen
und auflisten!
allgemeine/klinische Anamnese
Psychotherapie
Psychotherapie
Psychotherapie
Psychotherapie
+ Arzt
Was sind die aktuellen Beschwerden (subjektiv)? Was für Beschwerden nimmt die Umwelt
wahr? Wo ist er bisher behandelt worden und was wurde diagnostiziert? (möglichst Kliniken
benennen und Hausärzte!) Was hat er bisher unternommen, um seine Beschwerden zu
lindern? Was haben die Vorbehandler unternommen? Wo sieht sich der Pat./seine Umwelt im
allgemeinen Leben eingeschränkt?
Wo sieht sich der Pat./seine Umwelt im beruflichen Leben eingeschränkt? Wie erklärt der Pat.
seine Beschwerden? Vegetative Beschwerden (Schlafen, Appetit, Verdauung, Potenz?)
Nachfassen: Wenn Sie den Zeitpunkt Ihrer besten Leistungsfähigkeit = 100 setzten, wie viel
Prozent Ihrer Maximalleistung bringen Sie z.Z.?
Nachfassen: Wie gut können Sie sich konzentrieren? (zwischen 1 und 10)?
Wie gut ist Ihr Gedächtnis? (zwischen 1 und 10)
suchtspezifische Anamnese
Psychotherapie
a) Welche Suchtmittel wurden wann genommen? chronologisch vorgehen
+ Arzt
erster Rausch/erster mißbräuchlicher Konsum, von Lebensalter zu Lebensalter
fortschreitend
b) substantiell vorgehen, fragen nach allen Suchtmittel:
Alkohol,Hasch,Heroin und andere Opiate,Kokain und Crack (incl. Steine)Amphetamin (Speed)
LSD und Mescalin, XTC und andere Entactogene, Lösungsmittel,Benzodiazepinen (Rohypnol,
Valium, Lexotanil, Dalmadorm etc.)Antiepileptika (Tegretal)
biologische
Suchtmittel,
hier
fragen
nach
Psilocybe,
Fliegenpilz,
Stechapfel,
Trompetenbaum, Kaktus, Ayahuasca, Pylote, Muskat, Banane, Sassafrass, Yohimbe, KawaKawa, Guarana, Mate-Tee, Salbei (Salvia) Thuja, Allraune, Krainer Tollkraut, Jimson
Weed?ferner nach Nasentropfen, Schmerzmittelnachfassen:
Wurde mit Methadon/Codein substituiert? (Substanz nennen, Zeit und Dosis
angeben!)Wurde während der Substitution beikonsumiert und was?Wurde ein Abusus von
Distraneurin betrieben?Wurde mit Campral behandelt?
c) Welche sozialen, psychischen und beruflichen (auch schulische) Folgen benennt der
Patient?
d) Wie wird vom Pat. der Beginn der Abhängigkeit gedeutet? Wann hat Abhängigkeit
begonnen? Motive der Ersteinnahmen erfragen und angeben!
e) bei psychischen Folgen: Treten im Zusammenhang mit Substanzeinnahmen auf
Halluzinationen, Denkstörungen (subjekt. erlebt) Beschaffungs- oder Gewaltdelikte.
Benennen und aufzeigen der vom Pat. erlebten zeitlichen Zusammenhänge.
f) Wie beurteilen wir die Krankheitseinsicht?
Welches Krankheitsbild zeigt der Patient?
Wie ist die Motivation zur Behandlung?
g) Wie ist die aktuelle Suchtanamnese, Gebrauchsverhalten der letzten Wochen?
62
5
6
7
8
9
spezifisch-psychiatrische Anamnese
Wann haben sich psychiatrisch erste Symptome gezeigt?
Fasse nach:Lernstörungen v/ Teilleistungsstörungen in der Kindheit und Schulzeit?
Fasse nach: Gibt es einen Leistungsknick? Wann?
Fasse nach:Gibt es Hinweise auf Schuleschwänzen, Gewalttätigkeit, Brutalität, Devianz in der
peripubertären Periode?
Fasse nach:Gibt es Hinweise auf Depressivität des Jugendalters?
Kennt der Pat. Orientierungsstörungen? Wann, wo, wie lange?Kennt der Pat. Halluzinationen?
Wann,
Wo,
wie
lange?Denkstörungen?Psychiatrische
Vorbehandlungen(incl.
Schulpsychologie, Ambulante Behandlung)Sind Affektstörungen bekannt?Fasse nach:Gibt es
fremdanamnestisches Material? Wer steht als „Zeuge“ zur Verfügung für welchen
Lebensabschnitt?
Was macht er zur Besserung seiner Beschwerden?Wie ist das aktuelle Risikoverhalten?Welche
Zusammenhänge
zwischen
Verhalten
(z.B.
Konsum,
z.B.
Lebensform,
z.B.
Lebensmittelpunkt) und Symptom werden gesehen
Biographische Anamnese
Alter, Bildungsstand und Beruf der Eltern
Gibt es Großeltern, Tanten, Onkel, welche Nähe etc. führe aus falls relevant (immer:Russen,
Türken, Nordafrika!)
Alter, Geschlecht und Namen der Geschwister (Halbgeschwister), aktuelle Lebenssituation
der Geschwister (Beruf, Ehestand etc.), Stellung des Indexpat. in der Geschwisterreihe, Falls
Eltern fehlen:
Welche Bezugspersonen in welcher Lebensepisode?
Lebenssituation der Familie bzw. des sozialen Nahfeldes in den Entwicklungsstadien:
frühe Kindheit (bis ca. 3)
Kindergartenzeit (3-6)
Grundschulzeit
Schulzeit (10. Lebensjahr bis x)
Pubertät
Schulabschluß bzw. Lehre
Welche aktuellen Bezüge bestehen zum o.a. sozialen Nahfeld?
Schule / Ausbildung / Beruf
Grundschulzeit von bis, Ergebnis, Ort,
weitere Schulzeit von bis, Ergebnis, Ort
Lehre/ Studium von bis, Inhalt, Ergebnis
beruflich tätig von bis, Ergebnis,
seit wann arbeitslos, wie lange in den letzten 48 Monaten, von wann bis wann?
Arbeitsunfähigkeit?
Berufsunfähigkeit?
Erwerbsunfähigkeit?
Berentungen?
Kündigung weswegen/Arbeitsplatz unter welchen Auflagen, letzten Arbeitsplatz genau
beschreiben!
Wann
und
wo
beschäftigt?Welches
Gehalt,
Berufsbezeichnung?Angelernt/ungelernt/Lehrberuf?Warum
berufliche
Wechsel?Arbeitslosigkeit
begründen
lassen!Welche
beruflichen
Neigungen?Welche
beruflichen Probleme?
soziale Anamnese
psychosexuelle Entwicklung, Paarbeziehungen, andere Beziehungen?
juristische Anamnese
Haft, Verurteilungen, §35, §20, §21, §63, §64 Auflagen?Betreuungen? Mit/Ohne
Einwilligungsvorbehalte?Zwangsunterbringungen?
soziale Anamnese
Psychotherapie
+ Arzt
Psychotherapie
Psychotherapie
Psychotherapie
Wovon lebt er z.Z.
Schulden?Einkünfte, Renten, Besitz?Soziale Ressource?Welches soziales Risikoverhalten
sehen wir?
klinische Anamnese
Arzt
Alter, Erkrankungen der Eltern, der Angehörigen 1. Ordnung, Sucht, Psychose, Depression,
Suizid, Epilepsie, „Nervenkrankheiten“, Diabetes, Herzerkrankung, Rheuma in der
aufsteigenden Familienreihe od. bei den Nachkommen, falls ja benennen
Kinderkrankheiten, Operationen und ernste Vorerkrankungen+
nachfassen: Appendektomie, Tonsillektomie
nachfassen Impfstatus (bei Russen, Türen: TBC!)
nachfassen: Leberleiden, Nierenleiden, Herzleiden
nochmals: suchtmedizinische/psychiatrische Vorbehandlung
63
10
Befunde
Körperlich
neurolog
psychopathologischer Befund
psychopatholog. Bef. ergänzend vom Therapeuten
Referat der Laborwerte, Radiologie
EKG,der Konsilbefunde,der Testbefunde VKI,MWTB und D2 ggf. +x
psychodynamische Hypothese
oder Verhaltendeskription
nutze hierzu neurosen-psycholog. Vorgehensweise od. entwicklungspsycholog. Sicht
Arzt
13
Diagnosen
erlaubt zunächst: deskriptiv
spätestens nach 3 Tagen:
1. und 2. Achse nach ICD-10 (verschlüsselt)
1.-5. Achse nach DSM-IV (verschlüsselt!!)
orientiere Dich dabei bei 5. Achse auch nach der Pat. Selbsteinschätzung!
Psychotherapie
+ Arzt
14
Reha-Ziele
formuliere nach spätestens 1 Wo:
Welche REHA-Ziele können vereinbart werden? Wie steht der Pat. dazu?
Freitext od. Tabellierung
dekliniere durch:
Suchteinsicht, emot. Sucht Auseinandersetzung, Information
dto. Psychose
körperliche Belastungsfähigkeit,
Arbeitstherapie (Konz. Genauigkeit, Ausdauer)
Milieu, Sozialverhalten
Psychotherapie
10a
11
12
64
Psychotherapie
Arzt
Psychotherapie
Anhang 2:
Themen der Arztvorträge
Thema/Titel
Ziel
Inhalt
Hepatitis a,b,c
Veränderung von Sexualverhalten
Ernährungsbedingungen
Meiden von infektiösem Verhalten
Aids
Veränderung von Sexualverhalten
Ernährungsbedingungen
Meiden von infektiösem Verhalten
Veränderung von Sexualverhalten,
Empfängnisverhütung erlernen und
damit Abtreibung vermeiden
Infektionswege
Krankheitsverläufe
Infektionsprophylaxe
leberschonendes Verhalten
leberschonende Diät
Infektionswege
Krankheitsverläufe
Infektionsprophylaxe
Verwendung von Kondomen
Verwendung von Verhütungsmitteln
sexuell übertragbare Erkrankungen und
Banalinfektionen
Intimhygiene
HWG als Risikoverhalten
Vorkommen von Hasch
Wirkung von Hasch beim psychisch Gesunden
Wirkung von Hasch beim Schizophrenen
Sozialprognose und klein. Prognose beim
Schizophrenen
Morphine und ihre Herkunft
die biolog. Bedeutung der Morphine
Die Wirkung von Morphinen auf das Gehirn
Gewohnheitsbildung
Morphinentzug
Cravingverhalten bei Morphinismus
Kokain, Pharmakologie
Kokain, Gebrauchsgeschichte in indianischer
Zeit und in Wien im 19. Jahrh.
Formen des Kokainmissbrauches
Die Kokainindustrie in Mittelamerika
die Applikationsformen und ihre spezifischen
Gefährdungen
Die Gefährlichkeit des entbaseinierten
Kokains und Cracks
Die Prognose und Behandlung der
Kokainpsychose
Die Pharmakologie und Geschichte der
Designerdrogen
Die Stellung der Designerdrogen in der
Rangordnung der psychoaktiven Substanzen
Gewohnheitsbildungsformen diskutieren
(gelegentlicher Konsum/regelmäßiger
Wochenendkonsum)
psychische Folgen der
Designerdrogenabhängigkeit diskutieren
körperliche Folgen des
Designerdrogenkonsumes diskutieren.
Die Pharmakologie und Toxikologie der
Amphetamine
ihr medizinisch indizierter Einsatz beim HKS
und bei Gewichtsstörung
Die Erfahrung mit der
Amphetaminabhängigkeit in Subgruppen aus
den 70er Jahren
Die psychose-induzierende Wirkung
die körperlichen Folgen
safer sex
Drogen und ihre
Wirkungen,
Haschisch
Drogen und ihre
Wirkungen,
Heroin
Gefährlichkeit von Haschisch
erkennen,
Abstinenzmotivation für Haschisch
erhöhen
Hasch als Droge ernstnehmen
Gefährlichkeit von Heroin erkennen,
Abstinenzmotivation für Morphine
erhöhen
Heroin als „Königsdroge“ entzaubern
Drogen und ihre
Wirkungen,
Kokain
Gefährlichkeit von Kokain erkennen,
Abstinenzmotivation für Kokain
erhöhen
Folgen des Kokainkonsums kennen
lernen
Drogen und ihre
Wirkungen,
Entactogene
Gefährlichkeit von Entactogenen
erkennen,
Abstinenzmotivation für Entactogene
erhöhen
Beziehung zwischen Freizeitverhalten
und Konsumverhalten herstellen
Drogen und ihre
Wirkungen,
Amphetaminen
Gefährlichkeit von Amphetaminen
erkennen,
Abstinenzmotivation für
Amphetaminen erhöhen
besondere psychische und
körperliche Folgen der
Amphetaminabhängigkeit erkennen
65
Drogen und ihre
Wirkungen,
Alkohol
Drogen und ihre
Wirkungen,
biolog. Suchtmittel
Abstinenz
Psychose
das Vulnerabilitäts-StressModell
Frühindikatoren der
psychot. Exazerbation
Prognose der
Schizophrenie-Erkrankung
Familienstrukturen bei der
Schizophrenieerkrankung
Copingstrategien
Neuroleptika, Wirkungen
und Nebenwirkungen
Depression
Antidepressiva, Wirkungen
und Nebenwirkungen
Gefährlichkeit von Alkohol erkennen,
Abstinenzmotivation für Alkohol
erhöhen
Alkohol als Freizeitdroge
ernstnehmen
biologische Suchtmittel kennen
lernen
Die Gefährlichkeit dieser Suchtmittel
erkennen
Kompetenz der Klinik zu aktuellen
suchtmedizinischen Fragen erkennen
Abstinenzmotivation stärker,
Rückfallverhalten vorbeugen
über Psychose sprechen
Exculpation des psychotischen
ein pragmatisch nutzbares Modell der
Psychoseentstehung kennen lernen
Pharmakologie und Toxikologie des Alkohols,
neurolog. Folgen des Alkoholkonsums
psychomathologische Folgen des
Alkoholkonsums
Psilocybe, Amanity, Stechapfel, Kaktus,
Muskat und Banane, Tollkirsche als
Pflichtprogramm
Gründe für Abstinenz erarbeiten
Rückfallgefahren ansprechen
wie Rückfallsituationen meiden
Rückfälligkeit als Krankheitszeichen
süchtiges Verhalten und Kontrollverlust
das Vulnerabilitäts-Stress-Modell kennen
lernen
Stressoren gemeinsam erarbeiten
Psychose als „Normreaktion“ des Gehirn
entzaubern
individuelle Stressoren in der Gruppe
erarbeiten
psychotischen Schüben präventiv
prodromale Symptome erarbeiten
begegnen
die „individuelle Geschwindigkeit“ der
aktive Auseinandersetzung mit der
Schubentstehung
Psychose fördern
individuelle Indikatoren erarbeiten
Rückzugsverhalten ermöglichen
einem defaitistischen Bild von der
das prognostische Drittel-Modell
Schizophrenie begegnen
Abstinenz als gutes prognostisches Kriterium
die Auseinandersetzung über die
Simplexverlauf
Krankheit im sozialen Nahfeld fördern Descendenztheorie
Mut machen
Risikoverhalten und Risikogruppe
bewusste Überlegung einleiten, ob
Kinderwunsch umgesetzt werden soll
die familiäre Struktur von der
die schizophreniforme Mutter
Schizophrenie erkennen
familiäre Stressoren
selbstregulatorische Formen der
Möglichkeiten des „gesunden Abstandes!“ in
Krisenbewältigung ein
Familien
einen Copingprozeß einleiten
Prognose des schizophrenen Verlaufen und
Coping erklären
aktive Umgangsweisen mit der Erkrankung
aufzeigen
Verdrängung ersetzen
Selbsthilfegruppe als ein Modell des
Copingverhaltens
Neuroleptika und ihre Wirkungen und Wirkung von Neuroleptika
Risiken erkennen
Nebenwirkungen
das frühdyskinetische Verhalten
die späte Dyskinesie
atypische Neuroleptika
Leponex und seine Risiken
Modelle von der
endogene und exogene Genese diskutieren
Depressionsentstehung erkennen
gemeinsame Endstrecke betonen
aktive Auseinandersetzung mit der
biochemisches Erklärungsmodell
Depression fördern
die genetische Disposition
Depression annehmen
Depression und Basisstörung
klinisch relevante Depression und Traurigkeit
Zyklothymie
Antidepressive kennen
Wirkung und Nebenwirkung von tri- und
Verstehen der Spiegelwirkung
tetracyclischen Substanzen, von SerotoninLithium und Carbamazepin als
Wiederaufnahmehemmern und MAOProphylaktia kennen
Hemmern, Lithium und Carbamazepin in
Wirkung und Nebenwirkung Spiegelwirkung
und frühe Nebenwirkung diskutieren
66
Lebenshygiene bei
psychischer Erkrankung
Vom Schlafen
Von der Kleidung
Von gesunder Ernährung
Möglichkeiten der
Auseinandersetzung mit psychischer
Erkrankung im Zusammenhang
diskutieren
durch Ernährungsberatung Bad Tö
67
Zusammenhänge zwischen den
Copingstrategien bei Psychose und Sucht und
Depression erkennen
Anhang 3:
Themen der Hygienevorträge
a) allgemeine Körperpflege::
tägliche Ganzkörperwäsche, Dusche
Benutzung von Seife und Shampoo, Creme
Reinigen von Fuß- und Fingernägeln, Fußpflege
Ohrenpflege
Nasenreinigung
Kämmen
Reinigen der Kämme und Bürsten
Benutzung der Zahnbürste
Zahncreme, Zusammensetzung und Anwendung
Badreinigung
Bett beziehen und Zimmerreinigung
b) Wäsche sortieren:
Erkennen von Wäschezeichen
Unterscheidung Bunt-, Weißwäsche
Waschen bei welcher Temperatur
pflegeleichtes Waschen
Handwäsche von Kleidung
Reinigung nicht waschbarer Kleidung
Unterscheidung Reinigung / Wäsche
c) Wäsche waschen:
Bedienung und Pflege / Wartung einer Waschmaschine
was wasche ich womit
Waschmittel
Weichspüler
wie viel Pulver nehme ich
was kann ich zusammen waschen
was wasche ich in der Privatwäsche zusammen
welche abweichenden Regeln gelten für Institutionen
wie trockene ich Wäsche
richtiges Aufhängen der Wäsche
d) Schrank sortieren:
welche Kleidung kann wie aufbewahrt werden
Trennung Schmutzfach/Reinfach
richtiges Aufhängen von Hosen, Kleidern, Anzügen
Blusen und Hemden
Falten von T-Shirts
e) Schuhe putzen:
Welche Schuhe werden wie geputzt
Schmutzbürste und Vorreinigung
Cremepflege
Polieren
Aufbewahren
Schuhspanner / Schuhhygiene
Besohlung und Absatzpflege
f) Bügeln und Mangeln:
Was wie bei welcher Temperatur gebügelt
Unterschied Bügeln / Dämpfen
Bügeln von Hemden
Bügeln von Blusen
Bügeln der Bettwäsche
Bügeln von bestickten / bedruckten Oberteilen
68
Anhang 4: Teilkonzept Sport
1. Was ist Sport- und Bewegungstherapie?
„Die Sporttherapie ist eine bewegungstherapeutische Maßnahme, die mit
geeigneten Mitteln des Sports gestörte körperliche, psychische und soziale
Funktionen
kompensiert,
regeneriert,
Sekundärschäden
vorbeugt
und
gesundheitlich orientiertes Verhalten fördert. Sporttherapie beruht auf
biologischen Gesetzmäßigkeiten und bezieht besonders pädagogische und
soziotherapeutische Verfahren mit ein und versucht eine überdauernde
Gesundheitskompetenz zu erzielen“ (DVGS, 1986).
2. Ziele:
69
Ziele der Sporttherapie (SCHÜLE & HUBER, 2004, S.24)
a) Wahrnehmung – Grundlage für jedes Handeln, Denken und Fühlen,
Körperwahrnehmung bestimmt das Körperbild und damit das Selbstbild
 Verbesserung der Körperwahrnehmung, Körperidentität beeinflussen
 Verständnis und Wissen für Beeinflussung des Körpers (Wahrnehmung
von Veränderung)
b) Aktivation
–
Auswirkung auf das Wahrnehmen, Verhalten, Denken,
Erleben,
Handeln
 Aktivierungsniveau/ Stimmung der Teilnehmer herausfinden/ erfragen
(Skalen)
 optimales Aktivierungsniveau herstellen (psychophysische Regulation)
und Abweichungen erkennen
 hypo-
und
hyperaktive
Zustände
vermeiden
(Eigen-
bzw.
Fremdgefährdung)
 zwischenzeitliches Cool down und am Ende der Stunde Feedback
c) Bewegungskoordination
 Verbesserung
Gleichgewicht,
Kopplungs-,
koordinativer
Fähigkeiten
Auge-Hand-Koordination,
Differenzierungs-,
Anpassungsfähigkeit)
70
(statisch-dynamisches
Reaktions-,
Kombinations-,
Rhythmisierungs-
und
 Bewusstmachung von Haltung und Bewegung
 Bewusstmachung
des
Zusammenhangs
zwischen
körperlichen
und
seelischem Gleichgewicht
d) Ausdauer
 Erlernen der Veränderungen von körperlicher Leistung & Belastung
(Wahrnehmung)
 Lernen
von
Belastungsadaptation
(Sport/
Alltag);
Steigerung
zu
Handlungskompetenz
 Verbesserung von Befindlichkeit, Selbstwertgefühl und Selbstakzeptanz
e) Muskelkraft
 Verbesserung (u.a.) von Kraftausdauer, Haltung und Bewegung
 Förderung sportartspez. Bewegungsleistungen  Verbesserung der
„Alltagstauglichkeit“
 Bewusstmachung der eigenen Stärke und deren Nutzbarkeit im Alltag
(„sich Aufrichten“)
f) Flexibilität/ Beweglichkeit
 allgemeine und sportartspezifische Beweglichkeit verbessern
 Optimierung der Muskelspannung (u.U. Verspannungen entgegenwirken
/ beeinflussen)
 subjektive Befindlichkeit und Bewegungsqualität verbessern
 Vermittlung
von
Übungsprogrammen
Atmung, Dehnübungen, etc. )
71
(Entspannung,
Aufwärmung,
g) Leistungsmotiv
 angemessenes Verhältnis von Hoffnung auf Erfolg & Furcht vor Misserfolg
 realistische Ursachenklärung; realistisches Anspruchsniveau
 Steigerung der Frustrationstoleranz
h) Kommunikation und soziale Interaktion
 Kommunikation mit dem eigenen Ich fördern
 Kommunikation mit anderen verbessern
 Konfliktlöseverhalten erlernen
i) Depressive Verstimmungen und Reaktionen
 Vermittlung von alternativen Verhaltensweisen, die insbesondere Freude
und Spaß erfahren lassen
 Aktivierung
 Beeinflussung der Körperwahrnehmung
j) Kennenlernen einer sinnvollen Freizeitbeschäftigung
3) Anwendungen und Maßnahmen
Die Sporttherapie findet wie folgt statt:
Wochentag/
Montag
Dienstag
Mittwoch Donnersta
Gruppe
g
72
Freitag
Eingangsphas
15.15
eA
16.30
– 13.45
– 15.15
16.30 Uhr
Uhr
Eingangsphas
15.15
eC
16.30
-
15.15
16.30
Uhr
– 13.45
– 15.15
16.30 Uhr
Uhr
Stammphase A 13.45
Uhr
–
15.15
16.30
16.30
Uhr
Uhr
Uhr
–
13.45
–
15.15
15.00
15.00
16.30
Uhr
Uhr
Uhr
Stammphase C 15.15
–
13.45
–
16.30
15.00
Stammphase B 13.45
–
–
15.15
16.30
15.00
16.30
Uhr
Uhr
Uhr
–
–
–
Zusätzlich finden montags um 16.30 – 17.00 Uhr die Knieschule und
mittwochs um 16.30 – 17.00 Uhr die Rückenschule statt. Des Weiteren
werden dreimal wöchentlich ab 18.30 Uhr Freizeitsportangebote für die
Patienten
abgehalten.
An
den
Wochenenden
können
ebenfalls
sporttherapeutische Interventionen stattfinden.
4) Inhalte und Dokumentation
Folgende Sportarten werden innerhalb der Sporttherapie durchgeführt:
-
Wandern / Walking / Power Walking
-
Ballsportarten (Volleyball / Fußball / Völkerball / Brennball /
Basketball)
73
-
Zirkeltraining
-
Kräftigung- und Stabilisationstraining / Gymnastik
-
Gleichgewichtsschulung
-
Schwimmen
-
Tanzen
-
Wirbelsäulengymnastik
-
Knieschule
-
Tennis / Badminton / Tischtennis
-
andere therapeutische Interventionen in der Halle (z.B. Hockey)
-
Turniere
-
etc.
Die unterschiedlichen Ziele der genannten Interventionen sind in Punkt 2
„Ziele“ aufgelistet. Der aktuelle Leistungsstand der Patienten sowie das
Verhalten
innerhalb
der
Sporttherapie
werden
dokumentiert.
Jede
Teilnahme an einer sporttherapeutischen Intervention wird in der Akte
der Patienten vermerkt.
74
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1995
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2004,, 23ff.
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6 LICHTMAN, A.H. / VARVEL, S.A. et al.: Endocannabinoids in cognition and
dependence, Prostaglandines, Leukotriens and essential fatty Acids 2002,
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psychotic symptoms in Young people, Psychological Medicine 2003, 33, 1521
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Abuse of Tobacco, Alcohol and Illicit Drugs: A Review of Methodologies and
Canadian Data Sources, Chronic Disease in Canada, 1997, 18, 149-165
17 FRENCH, M.T. / SALOME, H.J. et al.: Benefit-Cost analysis of residential
aud outpatient Addiction Treatment in tghe State of Washington , Evaluation
Review 24, 2000, 609-634
1
75
WALL, R. / REHM, J.: Social costs of untreated opioid dependence, J Urban
Health 2000, 77, 688-722
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