5. Die Zeit der Entwicklung

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Novy Zusammenfassung
TEF I: Novy- Zusammenfassung „Entwicklung
Gesellschaftsveränderungen in der Einen Welt“
TEIL I
1.
---
GRUNDLAGEN
gestalten
–
---
Einleitung
1.1Politische Ökonomie
 Novy erklärt seine interdisziplinäre Herangehensweise an die Probleme
von Entwicklung, durch die Methode der politischen Ökonomie
 Das neoklassische Modell (inklusive dem Sozialliberalismus) ist hier
Gegenstand der Kritik
i. Explizit enthält es keine Strukturen
ii. Implizit schon: z.B. Sachzwänge durch Knappheit
 Die ökonomische Modellwelt ist zu einer zur Ohnmacht verleitenden
Theorie geworden. Novy will durch seine Kritik an dem neoklassischen
Modell eine alternative Handlungstheorie entwickeln, die Menschen zur
Strukturveränderung ermächtigt
 Die 3 Grundpfeiler des neoklassischen Paradigmas sind:
o Marktwirtschaft (Vorstellung von vollkommenen Märkten; von
Großunternehmen beherrschte Wirtschaftsordnung ist
Kapitalismus ist durch asymmetrische Machtbeziehungen
gekennzeichnet)
o Marktfreiheit (ist das Ideal der liberalen Ideologie; „Ich bin frei,
schlechte Medienprodukte nicht kaufen zu müssen.“)
o Ökonomische Sachzwänge (Weltmarkt, globale Finanzmärkte
& Standortkonkurrenz; kapitalistische Strukturen werden als
gegeben akzeptiert, weil komplexe ökonomische Prozesse
durch vermeintliche strukturelle Allmacht Ohnmacht
hervorruft)
 gemeinsames Gestalten der Entwicklung gerät aus dem
Blick und soll durch neue Handlungstheorie angeregt werden
 Der Entwicklungsprozess ist von der Dialektik von Wandel und
Beharrung geprägt; Kapitalismus von der Dialektik von Wandel und
Entwicklung und von Fortschritt und Widerstand
 Ziel von Entwicklung könnte sein, dass Wandel und Beharrung
harmonisch Hand in Hand gehen. Nicht durch einen sich selbst
organisierenden Prozess des Marktes sondern durch kollektive Praxis
entlang handlungsanleitenden Theorien
1.2 Interpretative Sozialforschung
 Disziplin = nicht über den Tellerrand schauen, im eigenen Saft
schmoren
 Interdisziplin = ein Problem von verschiedenen Ansätzen her
durchleuchten
= Kommunikation zwischen ForscherInnen
1
Novy Zusammenfassung
 Interpretative Sozialforschung
o Ziel: Raum für Dialog zwischen den Disziplinen schaffen 
Dialog zwischen Diskursen
o Welt wird als widersprüchliche Einheit verstehen (ist auch ein
Schutz vor fundamentalistischen Tendenzen)
 erfordert Reflexion und Selbstreflexion
 Wissenschaft = Kritik, die Neues denkt, Platz für Kreativität schafft und
erster Schritt in Richtung Besserung ist
 Herausforderung der Integration des Erkannten in den eigenen
Lebensstil und der Persönlichkeitsentwicklung
 Da die Entwicklungsdiskussion immer sehr emotional ist, unterliegt sie
häufig den beiden Tendenzen der starken Vereinfachung der Probleme (
Fundamentalismus) und radikale Positionen
 Nur radikale Positionen (nach Wurzeln der Probleme suchen) können
mehr Freiheit (selbstbestimmteres Leben) für alle Menschen bringen, weil
sie u.a. auf Reflexion basieren
2.
Entwicklung erforschen
Hauptfrage hier ist: Wie können wir Entwicklung beschreiben, verstehen und
erklären? (hochphilosophisch)
In dem Kapitel wird die dialektische Methode dargelegt: die Gegensätze von
Positivismus und Postmoderne werden in der Synthese der interpretativen
Sozialforschung zusammengebracht.
2.1
Positivismus
 Hat in der Zeit der Aufklärung seinen Ursprung
 P=
o Einflussreichste Spielart des Rationalismus: es gibt objektive
Erkenntnisse
o Gesellschaft = soziale Maschine
o Steht für Ordnung und Fortschritt
o Durch Ansammeln von Faktenwissen kommt man zu einer
Annäherung an die Wahrheit und zu „allgemeingültigen“
Gesetzmäßigkeiten
o Nur die Rationalität stellt eine Autorität dar
o Wissen wird als neutral dargestellt
o Macht und Machtstrukturen verhärten sich durch Wissen und
Nicht-Wissen (Wissende sind Subjekte, Nicht-Wissende
Objekte der Entwicklung)
o Die Institutionalisierung von Wissen im 20. Jhdt.
(Bedeutungsgewinn der Wissenschaft - und Universität - auf
Kosten der Religion)hat dazu beigetragen, dass die eigene
Rolle nicht selbstkritisch reflektiert wurde und somit tief
liegende Hierarchien und die Instrumentalisierung von
Wissen ermöglicht wurden
2.2
Postmoderne

Hintergrund: 1968 = ideologische Zäsur (Studenten kritisieren
Ordnung, Fortschritt und Autorität  Bewegung gegen Positivismus)
2
Novy Zusammenfassung

Nach 1968 kam es zu einer widersprüchlichen Entwicklung, die
als Postmoderne bezeichnet wurde
o Philosophische Strömung, die sich gegen die von der
Moderne produzierte Vereinheitlichung stellt

P = ist in der Wissenschaft das, was in der Kultur der
Multikulturalismus ist/will  Bewahrung der Vielfalt
2.3
Dialektik von Konkretem und Abstraktem

Positivismus und Postmoderne scheinen unversöhnlich, aber
beide Theorien beruhen auf dem Dualismus von Objektivität und
Subjektivität (Einheit gesellschaftlicher Prozesse gerät aus dem Blick)
 beiden geht es nur um Teil-Erklärungen
 beide arbeiten mit verkürztem Rationalitätsbegriff („ PositivistInnen
meinen, Wissenschaft habe Verallgemeinerungen in der Form von
Sozialgesetzen zu produzieren, und die Postmoderne denunziert
diesen Anspruch als vermessen. Während nun das oberflächliche
Verständnis von Objektivität im Positivismus dazu führt, vielfältigste
Regelmäßigkeiten in der sozialen Welt zu beschreiben, so leugnet die
Postmoderne jegliche Sinnhaftigkeit, überhaupt Ordnung in der
sozialen Welt herstellen zu wollen.“)
 was beiden fehlt ist die Theorie der Schaffung von Begriffen und
Konzepten, d.h. von Abstraktionen (…?)
 beide nehmen soziale Phänomene nur oberflächlich wahr, denn die
Oberfläche kann nur verstanden werden, wenn die Tiefenstrukturen
offen gelegt werden (Zahlen (Positiv.) und Empfindungen (Pomo)
nehmen Oberfläche des Sozialen war, da weder das eine noch das
andere für sich spricht S.25)
 Begriffe, Konzepte und Theorien sind wie Handwerkszeug  Wahl des
besten ist wichtig für Gestaltung der Welt (meint Novy)
 Die Dialektik von Konkretem ( damit auch die empirische Forschung)
und Abstraktem ist dafür geeignet, durch einen zirkulären Prozess ein
besseres konzeptuelles Instrumentarium zu erarbeiten, um Einsicht in
strukturelle Zusammenhänge zu vertiefen (meint Novy)
o „Eine zutreffende Analyse des konkreten muss Hand in
Hand gehen mit der Generierung von passenden
Abstraktionen.“
 es braucht eine radikale Analyse, Entwicklungsprozesse werden nur
durch historisch-geographische Theorien verstanden
 eine interdisziplinäre Erforschung mit Begriffen, die Klassen,
Geschlechter u.v.m. berücksichtigen, ist nötig 
 „Kontextanalysen setzten sich daher aus Detailkenntnissen vor Ort
einerseits und Theoriegenerierung durch eigene Abstraktionen
andrerseits zusammen.“ (S. 26)
2.4
Die Kunst des Interpretierens
 Die interpretative Sozialforschung ( = Kunstlehre des Interpretierens, siehe
unten) nimmt die sich entgegenstehenden Anliegen von Positivismus und
Postmoderne in einer Synthese auf:
3
Novy Zusammenfassung
o Pomo: Kontextgebundenheit sozialen Handels wird vor Hintergrund
o Positiv.:
 Synthese: alles ist interpretationsimprägniert!!
Die Interpretation wird durch die wahrnehmende Person miterschaffen.
Die Sichtweisen der handelnden Personen und deren Lebenswelten
rücken in das Zentrum der Überlegungen.
 Hermeneutik ist in dem Zusammenhang von der Begegnung mit dem
Fremden wichtig
o „Der hermeneutische Zirkel besteht aus einer ständigen Dialektik der
Forschung aus dem Wechselverhältnis von Teil und Ganzem (auch
Totalität).“
o Zu analysieren ist, wie sich die Einzelteile zu einem (widersprüchlichen)
Ganzen zusammensetzten
 Innerhalb der Totalität finden sich interne Beziehungen, die vier
Eigenschaften aufweisen:
1. die Elemente bilden eine Einheit (Totalität)
2. sie sind verschieden und separat
3. aber gleichzeitig identisch
4. sie sind voneinander gegenseitig abhängig
 siehe Beispiel von Verstädterung und Landflucht S.28)
 daraus folgt: ein kumulativ-zirkuläres Vorgehen im
Forschungsprozess (Spiralenförmig in Kreisbewegung nach
oben) (auf S. 53 eigenes Kapitel)

die „Kunst des Interpretierens“ ist für interkulturelle Begegnungen und Politik
grundlegend (Beispiel S. 29: die Eroberung Amerikas: Empathie für andere
kulturelle Verständnisse als Macht-Wissen eingesetzt stellt eine Waffe dar)
 interpretatives Forschen fordert die Reflexion von Vorurteilen und
Vereinfachungen und damit auch kritische Selbstreflexion, weil InterpretInnen
auch zum „Untersuchungsgegenstand“ gehören
o Going native: Verschmelzen mit dem Denken und Leben der Menschen
vor Ort. Das hat aber auch Grenzen (z.B. sich an unhygienische
Verhältnisse anpassen)
 Auch die Erkenntnistätigkeiten des Alltagslebens müssen, wenn man nach
dem hermeneutischen Zirkel geht, als wissenschaftliche Aktivität verstanden
werden
o Forschende haben gegenüber Nicht-Forschenden ein Privileg: Zugang
zu mehr Weltsichten und können deshalb den Dialog zwischen Alltagsund Wissenschaftsrationalität schaffen. Und sie gehen reflektiert und
kritisch mit Vorwissen um
o Novy meint, dass man durch die Herangehensweise an eine
wissenschaftliche Fragestellung eines Forschers schon viel über seine
Vorannahmen sagen kann
 Interpretieren = Kontext und Struktur kennen
o Kontextwissen liefert notwendiges Wissen über das konkrete Milieu und
die Situation, die zu deuten ist
o Strukturwissen liefert das Wissen, das das den konkreten Kontext in
größere Zusammenhänge einbettet
 zusammen sind beide Voraussetzung für den Verlauf des
Interpretierens als zirkulären Prozess
4
Novy Zusammenfassung

Interpretative Sozialforschung ist eine Kunstlehre (es geht um Kreativität und
Schaffen von Neuem, aber auch um das Aneignen von Handwerkszeug)
o Kann nur durch langen Erfahrungsprozess in der Forschung eingeübt
und durch reflektierte Lebensführung im Alltag verinnerlicht werden)
o  Kunst des Interpretierens beschränkt sich nicht auf Wissenschaft
sondern ist eine Lebenshaltung!
 Prinzipien der interpretativen Sozialforschung (dialogisches Lernen und
Offenheit) bilden die Grundlage demokratischer Gesellschaften
 Die interpretative Sozialforschung bzw. die Kunstlehre des Interpretierens
eröffnet einen Raum, in dem die verschiedenen Disziplinen miteinander
kommunizieren, Dialog führen, demokratische Kultur prägen
 „Das Projekt der interpretativen Sozialforschung sprengt den
Elfenbeinturm des Wissenschaftssystems und wird dadurch zu einem Projekt
demokratischen Zusammenlebens.“
3.
Entwicklung im Vergleich
Das Kapitel setzt sich mit der Entwicklungsforschung als komparative Wissenschaft
auseinander. Denn Entwicklungsforschung (im Sinne von Reflexion der Einen Welt,
also nicht nur im Sinne von Entwicklungsländerforschung) dreht sich viel um
Beziehungen (z.B. Zentrum – Peripherie, Fremdes – Eigenes).
Novy unterscheidet 3 Formen von Vergleichen:
1. logischer Vergleich anhand von Ähnlichkeiten und Unterschieden (siehe 3.1
„Forschen als Differenzierung“)
2. Das Problem des Übersetzens des Fremden in die eigene Welt – bei
Feldforschungsarbeiten: ein Vergleich über Räume und Zeiten hinweg und
somit ein historisch-geographisches Vergleichen (siehe 3.2 „Vergleichen, um
das Fremde und das Eigene zu verstehen“)
3. utopisches Vergleichen (Kapitel 12: Joschi´s)
3.1
Forschen als Differenzierung

Forschen = Differenzieren
o Klassifizierungen, Typenerstellung und Unterscheidungen ordnen
die Welt und arbeiten implizit vergleichend
o Schon bei der ersten Reise erfolgen ständig Vergleiche („wie bei
uns“ oder „die sind viel freundlicher als bei uns“)
 das Eigene wird zum Maßstab gemacht, weil es keine
objektiven Referenzen gibt!
Forschen im Team ist sinnvoll, um Vorurteile abzubauen bzw. zu
bemerken
o Interpretative Sozialforschung will nicht objektiven Standpunkt
erarbeiten, sondern weiß, dass das Fremde nur von einem
bestimmten Standpunkt aus erarbeitet werden kann (Offenheit!!)

Abduktives Schließen: Erfinden von Zusammenhängen, also das
kreative, aber doch logischen Kriterien folgende Aufstellen von
Behauptungen, ist wichtig für das Erstellen von Thesen
5
Novy Zusammenfassung

Aus einem Fall kann sich schrittweise ein Strukturmodell entwickeln, so
gewinnt die Theorie schärfere Konturen. Schrittweiser Einbezug zusätzlicher
Fälle, um Verallgemeinerungsgrad der Theorie zu steigern.

3.2
Komparatives Vorgehen kennt mehrere Wege:
1. Auswahl von ähnlichen Fällen (Verfeinerung der Argumentation)
2. Auswahl von unterschiedlichen Fällen (Haltbarkeit der eigenen
Annahmen in Frage stellen) (S. 34)
3. Auswahl von Fällen, die mit dem eigenen Denkansatz nicht zu
erklären sind (über eigenes Denkmodell hinausgehen.
Möglichkeit von neuer Erkenntnis )
Vergleichen, um das Fremde und das Eigene zu verstehen

Vorteil der Beschäftigung mit globalen Fragen: man lernt das Fremde
und sich selbst besser kennen, kann Vor- und Nachteile verschiedener
Kulturen abwägen

Novy zeigt an einem Beispiel (sein Dissertationsthema Sao Paulo S.
36f), wie Fremdes erforscht und danach dargestellt werden kann
o Bei rein geographischen Angaben zur Erschließung eines
Raums (in Bezug auf: je weiter weg vom Stadtzentrum, desto
ärmer die Menschen.) werden die Menschen mit ihren
Vorstellungen, Arbeits- und Lebensstrategien ausgeblendet
o Wenn man darauf eingehen will, wird es schwieriger eine
geeignete Form der Darstellung zu finden. Kulturforschung kennt
zwei Ansatzmöglichkeiten:
1. die „Höllenvariante“ und die „Paradiesvariante“
2. Vereinheitlichung („das kennen wir schon alles, dafür
haben wir Theorien…“)
 Novy hat in seiner Dissertation versucht im Wechselspiel von
Ähnlichkeit und Unterschieden ein Bild der fremden Realität zu
zeichnen. Um das von ihm Erlernte in der Zeit als er mit den Armen von
S.P. zusammengelebt hat nachvollziehbar zu machen, sieht er seine
Forschung als Übersetzungsarbeit (von Konzepten ausgegangen, die
den Österreichern bekannt sind und diese an die brasilianische Realität
angepasst)

Mit diesen Ausführungen wollte Novy zeigen, dass er
Geographie nicht als etwas Statistisches, Gegebenes versteht, sondern
als etwas von Menschen gemachtes (Bsp.: Schaffung von
Minimalinfrastruktur durch movimentos populares)

Durch Blick auf das Fremde nehmen wir leichter eigene Vorurteile wahr
und lernen die eigene Kultur besser verstehen

Der Diskurs über Globalisierung fördert Raumhierarchien (Zentrum ist
gut, Peripherie ist schlecht)

„Historisch-geographisches Vergleichen liefert heute einen Stachel für
die Selbstzufriedenheit der Reichen und rutscht somit rasch in die Rolle
der Kassandra (– Unheilsankünderin)“
6
Novy Zusammenfassung
4.
Entwicklung definieren

Theoriestreit (Positiv. Vs. Pomo  Dualismus zwischen universellen und
partikulären
Entwicklungskonzepten)
ist
falsche
Vorstellung
von
Entwicklungsbegriff
 Entwicklungsprozesse werden immer interpretiert und müssen in neue
Lebens- und Denkwelten übersetzt werden
 Auseinandersetzung um Begriffsdefinitionen ist immer auch eine
Auseinandersetzung um Hegemonie
4.1
Universelle Entwicklungskonzepte


Universelle Definitionen berufen sich auf
1.
Konzept der nachzuholenden Entwicklung
2.
linearer Prozess mit Endziel  sozialmechanische, teleologische
Phasenmodelle (z.B. Weber, Durkheim, Marx)
3.
Unter- bzw. Nichtentwicklung wird als primitiv, vorindustriell oder
kleingruppenorientiert bezeichnet
4.
das Eigene wird zum Maßstab gemacht
bis 1989 gab es zwei konkurrierende Vorstellungen über das Wesen des
Endzustands:
1.
Sozialismus
2.
Demokratie und Marktwirtschaft
o
4.2
Partikuläre Entwicklungskonzepte

Sozialismus und Marktwirtschaft teilen trotz aller Unterschiede die
positivistische Überzeugung, es gäbe richtige und universell gültige
Vorstellungen über Entwicklung  dieser Anspruch wurde durch Pomo
kritisiert
 Der Entwicklungsjargon wurde von Pomo als heuchlerisch bezeichnet und
Entwicklung als ideologischer Begriff denunziert
o Das Problem wurde auf den Begriff selbst verlagert (Entwicklung
anzustreben sei bedenklich)
o Ursache der Weltprobleme seien die, die Probleme lösen wollen
o Das Übel der Moderne wurde in den Entwicklungsutopien und der
Versuchen EZA umzusetzen gesehen (Siehe „Fiesta“ von Esteva)
 diese Verteufelung der Entwicklung übersieht, dass Entwicklung auch
ohne Planung geschieht
 Entwicklungsprozesse finden häufig unabhängig von jeglichen Absichten, ihn
zu beeinflussen statt: schlechte Ergebnisse durch Zusammenspiel aus Strukturen
und Handeln aller AkteurInnen  nicht nur wegen EntwicklungspolitikerInnen!
7
Novy Zusammenfassung
4.3
Die sozialliberale Alternative: Schönreden
 In dem Kontext der ökologischen Krise (Grenzen des Wachstums und
Umweltverschmutzungen) und der 68er Bewegung kam es in der
Entwicklungspolitik zur Herausbildung alternativer Entwicklungskonzepte (nicht
mehr nur Wirtschaftswachstum = Entwicklung)
 neue Themen, v.a. aus den 80ern: Natur  Nachhaltigkeit, Kultur  EthnoEntwicklung, Frauen  Gender ;
Diese Themen erfahren eine offizielle Anerkennung (UNO-Konferenzen etc.)
 Aber trotzdem gibt es noch liberale think-tanks, die die Aufgabe des Nordens
darin sehen, Modernität und Zivilisiertheit überall hin zu bringen (Legitimierung
durch z.B. Somalia, Afghanistan)
 „Die imperialistische Mission des 19. Jahrhunderts, in der der weiße Mann den
Fortschritt brachte, wird heute in einen Einheits-Diskurs von Menschen. Und
Frauenrechten und von der Sicherung des Friedens verpackt.“ (S. 45)
(Bsp. Good governance S.45)
4.4
Entwicklung als Freiheit und Befreiung
 Freiheit:
 durch die interpretative Sozialforschung wird es möglich, dem
Dualismus von universeller und partikulärer Entwicklung zu entkommen
 die Definition von Entwicklung erfordert eine Revision der Beziehung
von Zielen und Mitteln und von Theorie und Praxis
 Wenn Entwicklung als Prozess mit offener Zukunft gesehen wird, öffnet
sich ein Raum für die praktischen Initiativen von AkteurInnen
(Lateinamerika: Bewegungsbildung)
 Paulo Freire: Bildung as Praxis der Freiheit …
„Diese Form des Lernens als Praxis der Befreiung ist radikal, weil es
die Wurzeln der Probleme anspricht. Die Benachteiligten lernen, dass
Entwicklung nicht für alle das Gleiche bedeutet, dass Interessen
gegeneinander stehen und der Weg
der Entwicklung voller
Widersprüche und Widerstände ist. Entwicklung wird politisch, wird zu
einer Frage der Macht und zu einer Befreiung von Strukturen, die die
Gestaltungsräume von Menschen einschränken.“
 Amartya Sen: seine Definition von Entwicklung als Freiheit das Lebens
so führen zu können, wie es sich die Menschen vorstellen, schlägt
Novy vor
o EZA steht vor der Herausforderung, strukturelle Zwänge nicht
aus den Augen zu verlieren und gleichzeitig konkrete Schritte zu
setzten, um die Handlungsspielräume zu erweitern
 „Entitlements“ bei Sen
 Entwicklung erfordert Räume der Demokratie
 Befreiung:
 Befreiung
als
Ziel
von
Entwicklung:
Strukturveränderung und Kritik von Herrschaft
8
Wichtigkeit
von
Novy Zusammenfassung
 Entwicklungsforschung darf sich nicht auf Sammeln von Daten und
Fakten beschränken, sondern muss sich ein Kontext- und Strukturwissen
über die Wurzeln der Gesellschaften aneignen (siehe 2.3)
 Die Frage des Zurückgewinnens von Reflexionsfähigkeit wird zu einer
Frage des Überlebens der Entwicklungsforschung. „In der kritischen
Reflexion über gesellschaftliche Hierarchien wird das Augenmerk auf
Tiefenstrukturen der Entwicklung gelenkt. Nur so kann Wissen einen
Beitrag zur Befreiung von den Vielfältigen Formen von Herrschaft leisten.“
TEIL II
5.
--- THEORIE ---
Die Zeit der Entwicklung
 Wenn Entwicklung als Prozess und nicht als Endzustand verstanden wird,
muss eine interdisziplinäre Gesellschaftstheorie erarbeitet werden.
 Verschiedene Momente, aus denen sich die Totalität der Entwicklung
zusammensetzt sind Raum und Zeit und kulturelle und politökonomische Aspekte
 sind sehr verwoben
5.1
Sein und Werden





Sein = Zustand, zeitlos, Geborgenheit
Werden = Prozess, zeitgebunden, unsichere Zukunft
 das Spannungsverhältnis zwischen dem Sein und dem Werden ist ein
existenzielles menschliches, aber auch kulturelles und politisches Problem
Zeit wird der Veränderung zugerechnet,
während Raum als unveränderlich gilt
 je nachdem, wo man die Präferenz setzt (ob für Zeit oder Raum), ist das
auch eine Entscheidung für eine bestimmte Art von gesellschaftlicher
Entwicklung
Raum eignet sich zur Identitätsstiftung, Verlässlichkeit, Geborgenheit aber
auch Gefängnis
Zeit impliziert Wandel, Aufbruch
Dann schreibt Novy noch kurz über den Diskurs der Moderne und gibt ein
Beispiel (S. 50)

In der Stadtplanung findet sich die Dialektik von Sein und Werden auch heute
wieder:
Innenstadterneuerung
steht
zwischen
Tradition
und
Standortwettbewerb („das spezifische Sein der Stadt (alte Gassen und
Fassaden als touristischer Anreiz) soll zu ihrem Werden, ihrem
wirtschaftlichen Aufstieg beitragen:“

Konservative sympathisieren eher mit dem Raum, Progressive eher mit der
Zeit …

Im 19. Jahrhundert entstehen viele Theorien, die den Fokus auf dem ZeitAspekt haben  Fortschritt, der den Raum in Zeit auflöst
9
Novy Zusammenfassung

5.2
Für David Harvey diskutiert die scheinbare Auflösung des Raums in der Zeit
(Beschleunigung des Warentransports und der Kommunikation) als einen der
Grundwidersprüche des Kapitalismus  Raum wird als Hindernis und
Störfaktor wahrgenommen, Zeit ist die schöpferische Kraft (Z.B.: Zinsen)
Kumulativ-zirkluläre Prozesse

Das dynamische Konzept des kumulativ-zirkulären Prozesses (von Gunnar
Myrdal) stellt er dem neoklassischen Markt-Modell entgegen
o Diesem Konzept folgend, haben Entwicklungsprozesse eine
Vergangenheit und eine Zukunft und beinhalten lineares wie zyklisches
Zeitverständnis
 Wenn Gesellschaften mit komplizierteren Prozessen konfrontiert werden,
erfahren sie, wie wichtig ZEIT ist
 „Historisch stellt oftmals die Einführung des kapitalistischen, nicht einzig
den Eigenbedarf befriedigenden Handels die entscheidende Verkomplizierung
dar.“
o Zeit als Geld
o Schnelligkeit wurde zu einer kapitalistischen Tugend
o Die
endgültige
Vermarktung
der
Lebenszeit
erfolgte
im
Produktionsprozess
o Die Verfügung über die Zeit anderer bildet ein Hauptmerkmal unserer
kapitalistischen Gesellschaften.
 Beispiel Gewerkschaftsbeschreibung
 „Ein spiralförmig voranschreitendes Forschungsprogramm ist am besten
geeignet, diese sowohl linearen als auch zyklischen Prozesse zu erfassen,
ohne sich bloß im Kreis zu drehen.“
5.3
Struktur, Strukturierung und Konjunktur

Phasenmodelle der Entwicklung = Strukturmodelle: ordnen Zusammenhänge
und beschreiben eine stabile Anordnung von Beziehungen (z.B.: der
Fordismus als Modell für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, hört sich an als
sei es eine widerspruchsfreie Zeit gewesen)
 Stabilität ist aber ein Sonderfall von Dynamik
 Strukturen = - Organisierung von sich potentiell oder faktisch verändernden
gesellschaftlichen und sozialen Beziehungen
- virtuelle Regeln, die den Prozess der Produktion und
Reproduktion sozialer Phänomene anregen
- immer in eine historsich-geographische Totalität eingebunden
 Begriff Strukturierung ist angebrachter, weil der Prozess der Struktur
überzuordnen ist (es muss eine dynamische Analyse von Stabilisierung und
Veränderung von Beziehungen gemacht werden)
Noch mal: „Strukturierung benennt besser als Struktur die Prozesshaftigkeit
des Sozialen.“
 Konjunktur:
o Vermittelt zwischen Ereignissen und langer Dauer, zwischen Struktur
und Handlung
o Eine Konjunktur ist die Gegenwart, eingebettet in eine Struktur
o Sie ist der Moment der Offenheit der Geschichte
10
Novy Zusammenfassung
o Eine Konjunktur ist ein Moment, sie startet aber einen Prozess der
Entfaltung einer Struktur und ist damit offen für die Zukunft und für
Strukturierung. In politökonomischen Konjunkturanalysen wird die
Gegenwart als konkreter Moment einer strukturellen Entwicklung
analysiert. Sie beschreibt einen Kontext, in dem soziale AkteurInnen
aktiv sind. Aus der Vergangenheit hergeleitet und mit Blick auf die
Zukunft werden Thesen präsentiert, wie heute gehandelt werden soll.
Der einen konkreten Moment einer langen Dauer beschreibt und
Ereignisse in eine größere strukturelle Entwicklung einbettet. Eine
Konjunktur zu verstehen macht es möglich, hier und jetzt richtig zu
handeln.
o
Die Konjunkturanalyse untersucht, inwiefern in der Gegenwart
Elemente von Stabilität und Wandel ineinander spielen.
6.
Der Raum der Entwicklung
Gesellschaft wird nun aus der Warte des Raumes analysiert, wobei das Verständnis
von Raum als etwas Fixem dekonstruiert wird
Das Denken des Raums
Raum  vielfältiger, vieldeutiger Begriff
Novys These: Raum und Soziales bilden eine Einheit, nicht wie in üblicher
Sichtweise, dass bedeutende Disziplinen die sind, die sich mit dem „Realen“
beschäftigen (soziales, wirtschaftliches und politisches) und die Disziplin, die die
Auswirkungen im Raum untersucht (die die Verortung des Sozialen vornimmt) bloß
zweitrangig ist
Verwobenheit von Raum und Sozialem kann anhand der Sprache aufgezeigt
werden, die zeigt, dass wir dem Raum in unserer Sprache nicht entkommen, was
daran liegt, dass es kein Soziales gibt, dass nicht zu anderem in Beziehung steht
und kein Soziales gibt, dass nicht irgendwo ist.
Die zwei Dimensionen von Raum, die grundlegend für Mensch&Gesellsch. sind
und die die Räumlichkeit von allem Sozialem begründen:
 Da-Sein Verortung des Menschen
 In-Beziehung-Stehen  Verwobenheit mit anderen
Raum und Soziales sind sowohl verschieden als auch identisch und immer
voneinander abhängig.
Bedeutung des Raumes in den Wirtschaftswissenschaften
 Mikroökonomie: Theorie, in der Wirtschaftliches auf raumloses Markthandeln
reduziert wird (Fragen des Transports etc. werden ausgeblendet) und erst in
eigenen Modellen der Raumökonomie der Raum als Variable neben andere
Faktoren gesetzt wird (Novy: Raum viel mehr als bloß eine Variable)
 Makroökonomie: Bedeutung des Raumes i.S.d. nationalen Volkswirtschaft als
Analyseeinheit  wirtschaftl. Prozesse werden im Rahmen des Nationalen
untersucht – Konzept des Behälterraums der Nation, der sich gleich einem
Glas, das mit Wasser gefüllt wird, mit Wirtschaftlichem (AK, Ressourcen o.ä.)
füllt, während nicht-nationale wirtschaftl. Phänomene von Randdisziplinen wie
11
Novy Zusammenfassung
regionaler
und
internat.
Ökonomie
abgehandelt
==>Makroökonomie berücksichtigt Raum somit als Territorium
werden
Bis heute ist die Raumaufteilung in Nationen die vorherrschende geblieben, in
welchem Rahmen bestimmte Regelmäßigkeiten und Homogenitäten festgestellt bzw.
unterstellt werden. Aber zweiter Argumentationsschritt nötig, in dem die räumliche
Heterogenität innerhalb von Nationen zu untersuchen ist.
Noch ist es recht unüblich andere Behälter als das Nationale zum Ausgangspunkt
des Theoretisierens zu nehmen.
Zusammenfassend: Wiwi berücksichtigen Raum zwar, aber immer erst zweitrangig.
Keine tiefergehende Reflexion über das Wesen von Raum und die Verbindung zur
Ökonomie. Zwar Umdenken innerhalb der Wiwi, aber ohne soweit zu gehen, die
Einheit von Raum, Zeit und Sozialem zu akzeptieren.
Die Produktion von Raum
Zentrale These: Raum wird produziert
Raum existiert nicht unabhängig von der Gesellschaft, sondern ist selbst, ebenso wie
Zeit, ein Produkt der Gesellschaft.
Die Produktion von Räumen entfaltet sich in Dialektik von Wandel und Beharrung
 Beharrung: u.a. Geologie, Klima und Positionierung am Globus
 Wandel: Umwälzungen in Lebens- und Wirtschaftsweise der Menschen, die
diesen Raum bewohnen, verändern ihn und produzieren so einen bestimmten
Raum
Euklidischen Raumverständnis, auf dem viele unserer Vorstellungen aufbauen:
Raum kann in einem Koordinatensystem endgültig und objektiv festgehalten werden
(Distanzraum als Entfernung, Behälterraum als zwei- oder dreidimensional).
Grundlegende Unterschiede innerhalb dieses Raumverständnisses:
 Raum als etwas Absolutes – unendlich und unabh. vom Menschen; Raum und
Rauminhalt sind entkoppelt – das Konzept des Behälterraums (wird mit
Dingen, Menschen, Beziehungen angefüllt) ist dem Konzept räumlicher
Phänomene (Raum als etwas Fixem) vorrangig
 Raum als etwas Relatives – Raum als Medium, das Dinge zueinander in
Beziehung stellt: der einfachste Beziehungsraum: der Distanzraum, in dem
sich
im
Koordinatensystem
die
Entfernungen
nicht
verändern
(Kilometerentfernung bleibt gleich), während sich Raum vielmehr auch mental
konstruiert und das Handeln beeinflusst (räumliche Nähe bedeutet nicht
automatisch sozialräumliche Nähe)
==>Entfernungen sind somit sozial konstruiert. Auch räumliche Begriffe wie
Hierarchie, Verflechtung oder Netzwerk fallen unter diesen relationalen Raumbegriff.
Novy: absolutes Raumkonzept falsch  es kann aber niemals der Raum ein soziales
Subjekt, etwas Eigenständiges sein, sondern nur Menschen in diesem Raum,
weshalb im Gesellschaftlichen Raum immer als Beziehungsraum verstanden werden
muss.
12
Novy Zusammenfassung
Politische Machträume verändern sich durch die Wandlung von politökonomischen
und sozialen Kräfteverhältnissen (Paradebeispiel EU). Auch ökonomischer Raum
wird durch gesellschaftliche Organisierung hergestellt (Bspl. Zuckerrohrplantagen).
Die Un-Ordnung der Peripherie
Schon lange wurde die sozial ungleiche Entw. auch als räumlich ungleiche
verstanden. Doch erst im 20. Jhdt wurde Polarisierung zu einem Schlüsselthema
(wichtige Grundlage dabei das Myrdal´sche Konzept kumulativ-zirkulärer Prozesse).
Zentrales Interesse der Entw.forschung galt der Verteilung sozioökonom. Aktivitäten
im Raum (z.B. wo findet Ind. statt?) und der Frage ob Kapitalismus zu Polarisierung
führt oder nicht.
Novy untersucht nun ökonom. Theorien im engeren Sinne, vor dem Hintergrund der
beiden großen Theorien über die Beziehung der reichen zu den armen Räumen
(freier Weltmarkt vs. hierarchisierter Machtraum). Obwohl Kapitalismus eine globale
Ordnung ist, gewinnt die internat. Wirtschaftstheorie erst mit dem Bedeutungsgewinn
globaler Phänomene an Bedeutung.
Ricardos Theorie der komparativen Kostenvorteile (die als Außenhandelstheorie
immer sehr einflussreich war) basiert auf dem Konzept statischer Standortfaktoren:
Ein Land ist reich, weil es viele Ressourcen hat  irreführendes Verständnis von
Raum als etwas Fixem, denn Standortfaktoren werden produziert (in vielen
ressourcenreichen Ländern gerade dieser Reichtum Ursache für späteren
Niedergang, während ressourcenarme, heute reiche Länder diese zu
Passivität&Fatalismus aufrufende Handelstheorie nie akzeptierten) ).
Novy: Welthandel nicht als Austausch zwischen gleichwertigen und freien
PartnerInnen, sondern Länder des Südens als abh. Pole in die Weltwirtschaft
integriert
Das ist auch Ausgangspunkt der Polarisationstheorie
 Untersucht warum und wie die Entw. des Zentrums mit den wirtschaftl.
Problemen der Peripherie zusammenhängt
 Wesentl. Ursache: Fehlen von Ind. an der P
 Aber durch zirkuläre Prozesse kumulativer Verursachung (der Teufelskreis der
Armut), vergrößerte sich das Z-P-Gefälle, besonders auch durch industrielle
Neuerungen in der P
In LA argumentiert die CEPAL ähnlich: Struktur des Welthandels benachteiligt die
Primärgüter-Exporteure, weil sich die Preise für Primärgüter langsamer erhöhen als
die für Ind.güter  Lösung: ISI im Rahmen eines starken Nationalstaates
Bis 1980 erfolgreich, dann mit Verschuldungskrise erneut Eingliederung in die
Weltwirtschaft und Verfestigung der alten Z-P-Beziehungen)
Die Analyse internat. Arbeitsteilung kritisiert nicht nur Ricardos Theorem, sondern
zeigt auch, dass Politik oft die treibende Kraft des Ökonomischen ist  internat.
Arbeitsteilung ist also Ergebnis politökonom. Entwicklungen  demnach also als
etwas Produziertes historisch und damit veränderbarer Raum.
Konzept der Agglomerationsvorteile: Ballung von Aktivitäten bringt Vorteile und
schafft wirtschaftliche Strukturen. Wer hat (Agglomerationsvorteile wie z.B. starke
13
Novy Zusammenfassung
Währung, qualifizierte AK, ballen sich in IL), dem wird gegeben (trotz hoher Kosten
siedeln Firmen nicht in EL ab)  das widerspricht den Annahmen der
Freihandelstheorie.
Es herrscht heute weitgehende Einigkeit darüber, dass der Markt eine räumliche
Hierarchie produziert. Polarisierung sei zwar bedauerlich, aber unvermeidbar und die
Weltordnung sei so trotzdem die einzig mögliche. Nach Ursachen von
Hierarchisierung wird nicht gefragt.
Gemeinsamkeit fast aller Erklärungen zur UE in der Peripherie: Ursachen der
Unordnung werden vor Ort gesucht und die Diagnose lautet meist „Selber schuld“.
Novy: Es scheint wesentlich sinnvoller, die Erklärung für die Unordnung in über den
Raum verteilten ungleichen Machtverhältnissen zu suchen. EZA und Entw.politik
müssen tiefergehende Strukturen thematisieren und dazu beitragen die
Raumhierarchien flacher zu gestalten.
7.
Politökonomische Entwicklung
Um Gesellschaft radikal zu analysieren braucht es eine zu den räumlichen und
sozialen Wurzeln vordringende Untersuchung, die sowohl in Zeit und Raum in die
Tiefe forscht und raum-zeitliche Schichten aufzeigt, die das Handeln heute
strukturieren.
Den Kern seiner interdisziplinären Analyse bildet die politische Ökonomie, weil mit ihr
Politik und Ökonomie integriert analysiert werden können.
Kapitalismus als widersprüchliche Ordnung
Die Art und Weise, wie Kapital und Staat soziale Beziehungen strukturieren,
kennzeichnet unsere Gesellschaft und nicht der Umstand, dass es Marktwirtschaften
sind.
Zwar bilden kapitalistische Gesellschaften eine Einheit, was aber nicht auf dem
harmonischen Zusammenspiel der Mitglieder basiert. Im Grunde sind sie konfliktive
Gesellschaften: Verteilungskämpfe zwischen Arbeit und Kapital, zwischen Nord und
Süd begleiten ihre Geschichte und beruhen auf den strukturellen Widersprüchen
kapitalistischer Gesellschaften  zentraler Widerspruch: es werden gleichzeitig
Gebrauchs- und Tauschwerte geschaffen
Schaffung von Gebrauchswerten u.
Bedürfnisbefriedigung  Beitrag zum
guten Leben
freie BürgerInnen, die ihr Lebensumfeld
gestalten
Logik: der Wunsch gut zu leben
Schaffung
von
Tauschwert,
Sicherstellung von Gewinnen und
Ermöglichung von Akkumulation
der
Wert
der
Aktivitäten
der
Wirtschaftssubjekte muss sich ständig
vermehren
Logik: der Zwang zu wachsen
Das Problem der Gesellschaftsgestaltung besteht darin, dass das was nützlich ist nur
produziert wird, wenn es Profit bringt.
Gesellschaftliche Polarisierung gehört zum Wesen kapitalistischer Ordnungen 
daher die ständigen Interessensgegensätze und Verteilungskämpfe.
14
Novy Zusammenfassung
Dialektik von Wandel und Beharrung führt zu Kompromissen, die die dem
Kapitalismus innewohnenden Widersprüche nie lösen können  K. produziert UnOrdnung, mit den wesentlichen Strukturelementen Kapital und Staat.
Kapital und Staat
K. ist als Un-Ordnung eine ungerechte Ordnung, was ihn nicht von früheren
Gesellschaftsordnungen unterscheidet.
Zentrum des K: Kapital als strukturelle Macht
 Als Akteur und Ansammlung von Ressourcen
 Als soziales Verhältnis
KapitalistInnen = BesitzerInnen der Produktionsmittel vs. Arbeiterschaft = NichtBesitzerInnen ==> das Kapital schafft also wirtschaftl. Machthaber, die durch die
Verfügung über Ressourcen Macht ausüben können.
Kapitalistische Herrschaft ist um den Produktionsprozess zentriert, in dem ein Teil
der Gesellschaft über die Produktionsmittel verfügt, der andere nicht. Das Wesen von
Herrschaft im Kapitalismus liegt darin rechtlich freie Subjekte, die aus materiellen
Nöten gezwungen sind sich unterzuordnen, zur eigenen Reichtumsanhäufung zu
benutzen.
==> Kapital als soziales Verhältnis, das Geldbesitz und Arbeitskräfte im
Produktionsprozess (z.B. in Fabriken) zusammenbringt  Kapital als produktive Kraft
Das Kapital als Organisationsprinzip (verbindet AK und Produktionsmittel zur
Schaffung von Mehrwert) ist produktiv und als Prozess handlungsanregend (schafft
und verändert Wirklichkeiten, Räume, Menschen etc.)
Kapital erhält sich in einem zyklischen Prozess; im Produktionsprozess wir mehr
Wert produziert als investiert wurde  dieser Mehrwert ist die Basis der
Akkumulation und begründet Reichtum. Akk.prozess folgt der Profitlogik
==>wirtschaftl. Dynamik folgt anderen Gesetzen als die politische
Trennung des Politischen von der ökonomischen Macht erwies sich für die
kapitalistische Wettbewerbsgesellschaft als essenziell (weil es keine einheitliche
Kapitallogik gibt).
Staat und Kapital brauchen sich gegenseitig, auch wenn sie sich teilweise als
Störfaktor empfinden. Sie bilden eine Einheit und schaffen einen Teil der Institutionen
(z.B. Recht) die in eine Marktwirtschaft eingebettet sind.
Früher war Ökonomie in das soziale Leben eingebettet. Ab 19.Jhdt andere Logik:
liberale Marktwirtschaft, Säkularisierung  wird als Modernisierung bezeichnet
Erst durch die Schaffung der fiktiven Waren AK, Geld und Boden emanzipierte sich
die Ökonomie vom sozialen Leben.
Kapitalismus und Marktwirtschaft
Soziale Grundformen im K: Markt&Ware und Staat
Mit dem K. engstens verbunden ist die Marktwirtschaft – in ihr werden über den
Markt Tauschbeziehungen organisiert. Heute wird gesamte Gesellschaft über den
Markt reguliert, was bedeutet, dass Dinge und Menschen zu Waren werden müssen,
15
Novy Zusammenfassung
um getauscht werden zu können  Kommodifizierung (= Prozess des Zur-Ware
Werdens).
Märkte sind daher Institutionen, die soziales Handeln standardisieren.
Behauptete Grundlogik des Gesetzes von Angebot und Nachfrage in der Neoklassik:
der Preis von Unbrauchbarem fällt, der von Begehrtem steigt. So wird das produziert
was auch gebraucht wird.
Novy: Zwar ist das oft so, aber es gibt wichtige Ausnahmen – Bspl Computer, denn
trotz steigender Nachfrage sinkt der Preis, weil steigende Nachfrage die
Produktionsmethoden verändern kann
==>Es gibt keine Mechanik von Angebot und Nachfrage, vielmehr werden Preise
durch menschliches Handeln – von ProduzentInnen und KonumentInnen –
produziert.
Boden, AK und Geld sind fiktive Waren in dem Sinn, als sie sozial konstruiert und
durch den Staat sanktioniert sind, dementsprechend konstruiert sind auch Preise.
Bspl Boden, denn erst durch gewaltsame Enteignung von indigenen Völkern kann
Bodenmarkt entstehen (traditionelle Eigenlogiken wie die Vorstellung Land gehöre
denjenigen, die es nutzen vs. kapitalistische Vorstellung Land sei käuflich).
Im K können unterschiedliche Produktionsformen miteinander verglichen werden, in
dem sie in Geld bewertet werden. Diese Vereinheitlichung schafft einen Weltmarkt.
Derartige Universalisierung ist nur möglich, indem die Welt in Waren zerstückelt wird.
Diese Fragmentierung der Dinge zerreißt den Zusammenhang, löst die Umwelt auf in
eine Summe von Ressourcen, reduziert eine Region auf die Summe an Human- und
sonstigem Kapital.
Wenn sich aber alle gesellschaftlichen Bewertungen einzig und allein am Wert der
Waren orientieren, bedroht dies die Fundamente einer Gesellschaft und gefährdet
Vielfalt.
Staat …
…ist kein abgeschlossenes Gebilde (wie z.B. ein Ministerium), er ist ein Machtfeld,
mit Zentrum und Peripherie, auf das verschiedene AkteurInnen Einfluss nehmen. Der
Staat ist die Form wie im Kapitalismus politische Herrschaft organisiert ist 
Grundstruktur moderner Staaten:
Exekutive = Regierung & Verwaltung
Legislative = Gesetzgebung
Judikative = Gerichtsbarkeit
Im liberalen Modell konzentrierte sich der Staat darauf, das Gewaltmonopol
auszuüben und Gesetze zu erlassen  eingegrenzter Staat, der Ordnung durch
Zwang und Gewalt herstellte
Aber kulturelle und politische Hegemonie wird erst auf Konsens basierend akzeptiert
(zwischen Staat und Zivilgesellschaft).
Es ist der öffentliche Raum der Zivilgesellschaft, in der über die Zukunft der
Gesellschaft, die Art ihrer Organisierung und über die Wege wie Ziele verwirklicht
werden sollen, diskutiert wird. Heute ist dies meist Angelegenheit von ExpertInnen
(Think Tanks, NGOs, Massenmedien, etc.)  professionaliserte Aktivität der
Zivilgesellschaft. Somit geht die Bereitschaft für radikale Veränderungen von
SpezialistInnen aus.
16
Novy Zusammenfassung
Fordistisches Modell vom Gewaltstaat einerseits und Sozialstaat andererseits ist
eher ein Sonderfall eines kapitalistischen Staates  idealtypischer liberaler Staat
besteht aus einem Kern von politischen und hochqualifizierten BeamtInnen
(vorrangige Macht besitzen der Staatschef, die Zentralbank und das
Finanzministerium) und einer sich ständig ausweitenden Peripherie des Staates als
Ausführungsorganisation.
Zwischen
den
autonomen
Einrichtungen
(wie
Sozialeinrichtungen und Schulen) und den neuen privaten AnbieterInnen wird der
Wettbewerb organisiert.
Patrimonialismus: wenn sich Regierende öffentlichen Eigentum aneignen
( Gegensatz zu positivistischem Anspruch an den Staat als neutralen Verwalter
des Allgemeinwohls), in Peripherie schon lange bekannt, wenn auch der Despotie
durch den Rechtsstaat, durch die Verwobenheit mit anderen Staaten und durch die
Interessen multinationaler Konzerne Grenzen gesetzt sind.
Modernisierung und Dependenz
Jahrzehntelanger Streit in der Entw.forschung über die richtige Entw.theorie – MT
und DT mehr als bloße Theorien, sondern auch Forschungsprogramme und
politische Grundhaltungen.
Novy will aufzeigen, dass sich Modernisierung und Dependenz in gewisser Hinsicht
gegenseitig benötigen, dass die theoretischen Widersprüche nicht immer
unversöhnliche Gegensätze darstellen und auf die gemeinsamen positivistischen
Wurzeln hinweisen.
Im ersten Schritt nimmt er aber bewusst Vereinfachungen für eine
Gegenüberstellung vor:
Modernisierungstheorie – vereint die
konservativen, an der positivistischen
Soziologie und der neoklassischen
Ökonomie Orientierten
Stufenmodell
der
Entwicklung
–
Übergang von Tradition zur Moderne
wird als linearer Prozess verstanden
Gründe für UE: endogene Faktoren
Fortschritt durch Übernahme westl.
Gesellschaftsmodelle, Weltsischten und
Werten
(Freiheit,
Demokratie,
Rechtsstaatlichkeit u.a.)
Forschungsprogramm: große Bedeutung
empirischer
Untersuchungen,
Auswertung von Statistiken u.ä.
Novy: nicht nur allg. Theorien, konkreter
Konzepte nötig; Modernisierung kann
auch einen Rückschritt bedeuten und
wenn sie scheitert ist das manchmal
nicht schlecht
Dependenztheorie
–
vereint
die
progressiven,
an
der
kritischen
Soziologie
und
der
marxistischkeynesianischen Ökonomie Orientierten
Theorie der Abhängigkeit der Peripherie
aufgrund des ungleich stattfindenden
Tausches
Gründe für UE: exogene Faktoren
Übernahme des westl. Gesellschaftskonzepts ist an der Peripherie nicht
möglich; „Entw. der UE“
kein radikaler Unterschied zu MT…
…viele übernehmen positivistisches
Wissenschaftsverständnis, betonen zwar
die Bedeutung von Geschichte, suchen
aber auch nach raum-zeitübergreifenden
Gesetzen, die ihre Theorie bewahrheiten
17
Novy Zusammenfassung
Beide Theorien wichtig um Entw. zu verstehen, daher differenzierte Sichtweise
wichtig - um sowohl Modernisierung als auch Dependenz als strukturelle Prozesse
verstehen zu können, ist deren Einbettung in eine politökonomische Strukturtheorie,
in deren Zentrum Kapital und Staat stehen notwendig.
Beispiele um Vorzüge von MT und DT aufzuzeigen liefern der Weberianer Faoro
(MT-nah) und der Strukturalist Furtado (eher DT-nah) in der Analyse des konkreten
Falls Brasilien.
Faoro, „Die Herren der Macht“ […] Staatsform des Patrimonialismus - früher war es
der Hof des Königs, heute sind es die Ministerien, früher waren es die Adeligen,
dann die BeamtInnen und heute sind es die KonsulentInnen, die mit eigenen Regeln
und ohne Verbindung zum Volk den Staat kontrollieren und für ihre Interessen
nutzen.
Bei Modernisierung handelt es sich immer um einen dialektischen Prozess, bei dem
einiges verändert wird und anderes gleich bleibt, bei dem sich einige modernisieren,
während andere an den Rang gedrängt werden - kurz, es ist ein komplexer Prozess,
in dem Wirtschaft und Ökonomie, Staat und Kapital eng miteinander verwoben sind.
Furtados Kernthese ist, dass die wirtschaftl. Entw. Brasiliens aufgrund ihrer
Außenorientierung 400 Jahre lang zu keinen nachhaltigen Erfolgen führte.
Kapitalismus kann für ihn Entw. bringen, ist allerdings ein durch den Staat gemachter
Prozess. Der Markt sei dann produktiv, wenn er zu einer nationalen Angelegenheit
gemacht wird - die entscheidende Frage ist also wer über Art und Weise der
Integration am Welthandel entscheidet, nicht ob sich ein Land am Welthandel
beteiligt. Bedenklich ist erst der Umstand, dass Regierungen Prozesse unterstützen,
die den Nationalstaaten die Möglichkeit nehmen die Entscheidungen über die eigene
Zukunft selbst zu treffen ( Verlagerung der Entscheidungsmacht ist Ausland führt
zu Abh.)
==>Dependenz und Modernisierung sind also nicht unbedingt einander
ausschließende Prozesse
==>erneut zeigt sich, dass erst eine dialektische Analyse Prozesse angemessen in
den Griff bekommt
8.
Dispositive der Entwicklung
Entw. wird in 8 und 9 als Totalität und so als die Breite der Gesellschaft und den
gesamten Raum umfassende widersprüchliche Gesellschaft verstanden.
In 7 wurde klargemacht, dass von MT und DT dasselbe Machtfeld benutzt wurde
derartige Denkordnungen, die tiefer liegen als Ideologien, inhaltliche
Auseinandersetzungen und klar definierte Diskurse nennt Michel Foucault ein
Dispositiv:
 ein verfestigtes diskursives Feld, auf dem sich Diskurse und Praktiken
anordnen und zueinander in Beziehung treten
 eine integrierend wirkende Ordnung, die sowohl strukturiert, als auch Raum
für Widerspruch zulässt
 ist gleichzeitig vereinheitlichend und pluralistisch
18
Novy Zusammenfassung
Kulturelle Verhaltens- und Sichtweisen sind immer Ergebnis sozialer Prozesse und
damit von Machtverhältnissen – daher sind Diskurse als Machtstrategien zu
verstehen, auf denen sich bestimmte Konstruktionen der Wirklichkeit durchsetzen
(heute wichtige Rolle der Massenmedien, Bildung, von Think Tanks u.a.).
Im K. sind Menschen nicht einfach Unterdrückte, kulturelle Vorherrschaft kann
ebenso wie politische nur indirekt hergestellt werden  Instrumente sind u.a.
Manipulation oder die Schaffung von Diskursen, die die herrschende Ordnung
legitimieren
Gramsci, der Begründer der marxistischen Kulturtheorie, wies Kultur einen zentralen
Stellenwert zu, sowohl für die Analyse kapitalistischer Gesellschaften als auch für die
Praxis der Arbeiterbewegung.
Gramscis Schlüsselbegriff: Hegemonie= eine Form gesellschaftl. Vorherrschaft, die
nicht auf Gewalt, sondern auf Konsens stützt und v.a. in der Zivilgesellschaft
hergestellt wird (in Kirchen, Medien etc.). Um ihre Herrschaft zu sichern, setzen die
Herrschenden kulturelle Strategien ein
==> Ausübung von Herrschaft nicht nur ökonomisch und politisch, sondern auch
kulturell auf dem Feld der Zivilgesellschaft  Hegemonie muss daher auch
zivilgesellschaftlich und kulturell bekämpft werden
Entwicklungsdispositiv und Planung
Ein Dispositiv unterscheidet sich vom Diskurs nicht durch den Inhalt, sondern
dadurch, dass er in die Breite wirkt und alle Poren der Gesellschaft durchdringt und
selbst den Widerstand in seinen Bann zieht.
Bspl Entw.dispositiv: Diskurse über Entw. gibt es schon lange (im Positivismus des
19 Jhdts begründet), aber erst seit Ende des 2.WK wurde Entw. hegemonial und
begann in allen Gesellschaftsbereichen eine Schlüsselrolle einzunehmen.
Entw. ging von Anfang an einher mit Vormundschaft.
Die Diskurse von Entwicklung und Nicht-Entwicklung stehen einander seit langem
entgegen, sie bekämpfen sich auf einem gemeinsamen Feld, ohne dass klar
zwischen einem richtigen/falschen, gutem/schlechtem Diskurs zu unterscheiden
wäre.
Grund, warum der Entw.diskurs zum Dispositiv wurde: neben dem diskursiven Feld
bildete sich ein organisatorisches heraus  Planung wurde zur dominanten Praxis
der Nachkriegszeit, beruhend auf dem positivistisches Verständnis von Gesellschaft
als Maschine, welches zu einer politischen Praxis der Sozialtechnik ( der geplanten
Intervention in die Gesellschaft) führt; Folge: zunehmender staatl. Interventionismus
Kritik an diesem Verständnis: übermäßiger Glaube an die Herstellbarkeit von
Gesellschaftszuständen, denn Gesellschaften seien viel komplexer organisiert als
Maschinen
Nach dem 2. Weltkrieg sollte mit Hilfe staatl. Planung Markt und Kapital Grenzen
gesetzt werden. Entw.planung war in Ost und West eine angesehene Disziplin.
19
Novy Zusammenfassung
Das Entw.dispositiv wurde zu einer Strategie ohne einheitlichem Subjekt – nicht für
eine Klasse, Gruppe oder Nation, sondern er gab eher einen Rahmen vor, der die
Diskurse asymmetrisch strukturierte.
Wenn Planung und Entwicklung heute nicht länger Schlüsselbegriffe der
politökonomischen Auseinandersetzung sind, dann bedeutet dies, dass sich der
Entw.dispositiv auflöst und nicht länger die Un-Ordnung des Kapitalismus stabilisiert.
Zerstört wurde er im Wesentlichen vom Globalisierungsdiskurs – dieser war für die
Herrschenden äußerst nützlich. Herrschende heute nicht nur Regierungschefs,
Nationalstaat nicht mehr so mächtig wie vorher.
Was ist an die Stelle des Entw.dispositivs getreten…?
Glokalisierungsdispositiv und homo oeconomicus
Lange Zeit war der Entw.dispositiv bestimmend, ließ aber Raum für eine Vielzahl an
Diskursen, Weltbildern und Gesellschaftsmodellen. Auf seinem Feld fühlten sich
KapitalistInnen und KommunistInnen gleichwohl.
In den 70ern (durch Akkumulationskrise) gewann der liberale Diskurs von
Markt&Wettbewerb wieder an Aufwind, in dessen Mittelpunkt der homo oeconomicus
steht.
Kurzbeschreibung des homo oeconomicus:
 Idealtypus des rational agierenden Individuums  es optimiert, indem es in
jedem Einzelfall abwiegt, was ihm etwas bringt und was es ihn kostet
 die perfekte Maschine
 Kritik insofern, dass Menschen nicht ausreichend perfekt seien und im
Gegensatz zu ihm Sozialisation etc. brauchen
 Er lernt, was Humankapital bringt, pflegt Kontakte, die sein Sozialkapital
steigen lassen
 er ist autonom, braucht niemanden, verdankt seinen Erfolg sich selbst, da er
sich alles selbst beigebracht hat
 aber: er ist ein Problem für das menschl. Zusammenleben  er kennt keine
Moral und richtet sich nach dem Markt, der kooperatives und soziales Handeln
verhöhnt
 Folgen seiner an den momentanen Bedürfnissen orientierten Handlungen
(Bspl. Regenwaldrodungen)
 er steht im Mittelpunkt des neoklassischen Marktmodells
Aber: er beschreibt nicht bloß einen Menschen, er konstruiert ein Menschenbild und
trägt damit dazu bei, homines oeconomici zu produzieren.
Sein besonderer Reiz liegt darin auf alle Felder menschlichen Handelns anwendbar
zu sein (Bspl optimierte EZA)
Um diesen neuen Dispositiv durchzusetzen waren wieder organisatorische
Veränderunge notwendig, diesmal v.a. in räumlicher Dimension.
Kern des neuen Dispositivs: Glokalisierung  beschreibt ein spezifisches
Zusammenspiel von global und lokal, das auf der Zurichtung des Lokalen nach den
Erfordernissen des globalen Kapitals beruht. Glokalisierung besteht in einer
Doppelbewegung von Globalisierung und Dezentralisierung unter bewusstem
Ausschluss von Nation und Politik.
20
Novy Zusammenfassung
Ist im Unterschied zu Globalisierung ein umfassenderer und flexiblerer Begriff, weil
damit die zentrale Dialektik von Wandel (alles Fixe löst sich auf) und Beharrung (der
Wunsch nach Stabilität und Vorhersehbarkeit) diskursiv in den Griff zu bekommen ist
und es Raum für GlobalisierungsbefürworterInnen wie –kritikerInnen gibt.
Verschiedenste Formen, die das Lokale und Feste der Glokalisierung annehmen
kann, Bspl EZA – Boom kleiner Projekte mit mehr Mitbestimmung vor Ort, während
wichtige Entscheidungen von anonymen Marktgesetzen getroffen werden.
Das Glokalisierungsdispositiv lenkt das Denken und Handeln in bestimmte Bahnen:
Weg von Politik, hin zu biedermeierlichen Privatraum, öffentlichem Konsum etc.
9.
Regulation der Entwicklung
Sich an der Regualtionstheorie orientierend, fasst Kapitel 9 die verschiedenen
Elemente einer politökonom. Analyse zusammen.
Große Stärke der Regulationstheorie: sie schafft ein Bewusstsein für Strukturen und
versteht diese aber gleichzeitig nicht als unveränderlich.
Ihr politisches Anliegen: die Dialektik von Struktur und Handeln herauszuarbeiten
(denn Strukturen beschränken unser Handeln – in Form von Zwang – und ermöglichen unser Handeln
– denn sie sind die Voraussetzung für Freiheit) und Gestaltungsräume für verändertes
Handeln zu eröffnen.
Die Regulationstheorie versteht Entw. als Synthese aus Akkumulation und
Regulation
Krise und Stabilität
Novy: K ist eine widersprüchliche Gesellschaftsordnung (Interessenskonflikt
zwischen Angestellten und UnternehmerInnen), die aufgrund ihrer Unsicherheiten
und Komplexität eigentlich im Chaos enden müsste.
Trotzdem ist in kapitalistischen Gesellschaften Ordnung möglich.
Wie und warum, beantwortet die Regulationstheorie - indem sie sich an einem
Verständnis von Zeit als historisch orientiert, das sich von einem Konzept von
logischer und daher jederzeit wiederholbarer Zeit abgrenzt.
Sie bezieht sich zunächst auf die Periode des Fordismus (die Phase der
Massenproduktion für den Massenkonsum).
Regulation: einem Thermostat gleich, gibt es soziale Kräfte, die eine Gesellschaft
regulieren und Stabilität herstellen.
Politische Ökonomie kennt aber nicht nur Stabilität, sondern auch Krise. In
Krisenzeiten kann Handeln Strukturen besonders stark gestalten. Die Lösung der
Krisen ist aber weder willkürlich noch zufällig. Vielmehr wirken die (Macht-)Strukturen
aus früheren, stabilen Phasen auch in Zeiten der Krise fort.
Kleine Krise: es kommt bloß zu gesellschaftlichen Auseinandersetzungen innerhalb
einer stabilen Ordnung. Nicht radikale, nur leichte Richtungsänderungen möglich.
Große Krise: sind Krisen des Dispositivs, in denen der alte Dispositiv zerstört wird
und sich neue Strukturen herausbilden. Die Gesellschaft wird am Ende einer großen
Krise auf einen neuen Pfad gesetzt.
21
Novy Zusammenfassung
Akkumulation
Entwicklungsprozessen liegen Kreisläufe zugrunde. Wichtigster Kreislauf ist der von
Produktion und Konsum. (Ohne ausreichende Kaffeeproduktion in Brasilien keine
Kaffeekränzchen in Europa und umgekehrt)
Bspl Kaffee/Kautschuk zeigt, wie schwerwiegend die Probleme sind, die sich im
Kapitalismus aus dem Kreislauf von Produktion und Konsum ergeben (u.a. ökologische
Folgen in Regenwaldgebieten und soziale Folgen, als es anderes Angebot in Südostasien gab, die
Preise fielen, die Nachfrage zurückging und der Kreislauf degenerierte).
Reproduktionsschema: beschreibt einen funktionierenden Wirtschaftskreislauf: Was
produziert wird, wird dazu verwendet, in einer zweiten Runde erneut produzieren zu
können.
In kapitalistischen Gesellschaften bildet Geld den Ausgangspunkt ökonomischer
Aktivitäten. Marx beschreibt diesen Kreislauf als einen Prozess von Geld-Ware-Geld
und dadurch, dass UnternehmerInnen darauf hoffen, dass am Ende mehr Geld übrig
bleibt als sie ursprünglich eingesetzt hatten als einen Prozess von Geld-Ware-MehrGeld (Akkumulation).
Diese Logik erklärt auch die Dynamik des kapitalistischen Systems – die Tendenz
(der Anreiz bzw. Zwang) zu wirtschaftl. Expansion und Wachstum.
Zwei Idealtypen zur Systematisierung von Akkumulationsregimen (stellen nicht linear
aufeinander folgende Phasen der Höherentw. dar)


Extensive Akkumulation: Ausweitung kapitalistischer Strukturen (v.a. in Form
der Eingliederung der bäuerliche Bevölkerung in die kapitalistische
Ökonomie). Immer mehr Menschen leisten immer mehr Arbeit, was die
Wirtschaft ankurbelt und wachsen läßt ( USA zwischen 1970 und 1991)
Intensive Akkumulation: Die Dynamik beruht auf Produktivitätsfortschritten
(Intensivierung der Produktion) ( Deutschland zwischen 1970 und 1991)
Regulation
Im Entw.dispositiv übernahm der Nationalstaat die Aufgaben der Regulierung –
ExpertInnen des Staates setzten die geeigneten wirtschaftspolitischen Maßnahmen.
Staatl. Regulierung von Entw. fand im Rahmen der Praxis der Sozialtechnik als
geplante Intervention in die Gesellschaft statt (in Form von Gesetzen, Steuern u.a.)
Regulation:
 Ist aber wesentlich mehr als Regulierung
 Umfasst die Bereiche der staatlichen Sozialtechnik
zivilgesellschaftliches Handeln
 Beschreibt den komplexen sozialen Prozess, wie
Gesellschaften stabilisiert werden
Regulationsweise: ein Strukturmodell kapitalistischer
bestimmten Zeitpunkt und in einem bestimmten Raum.
genauso
wie
kapitalistische
Entwicklung
zu
einem
Institutionen (regelmäßige Verhaltens- und Denkweisen bzw. stabilisierte
Handlungsmuster) stellen die Grundlage von wirtschaftlicher und politischer Ordnung
22
Novy Zusammenfassung
dar

verändern
sich
diese
Gesellschaftsveränderung statt.
Institutionen
bzw.
Routinen,
findet
Novy stellt nun die grundlegenden strukturellen Formen Arbeitskraft, Wettbewerb,
Geld und Natur vor.
Arbeitskraft
AK ist im K eine Ware, die gehandelt wird.
Zwischen rechtlich Gleichen wird ein Arbeitsvertrag abgeschlossen, was
widersprüchlich ist, denn er bedeutet Unterwerfung auf Zeit.
Die grundlegende strukturelle Form (laut Regulationstheorie) ist das Lohnverhältnis,
welches die beiden Klassen des K konstituiert (Kapital und Arbeit) und über die
Verteilung des Mehrwerts entscheidet.
Nach dem zweiten WK umfassendes Reformprojekt:
 Neue Regulationsweise: Fordismus, in dem durch Intensivierung Wachstum
erreicht wurde und sich die Massenproduktion auf den Massenkonsum
ausrichtete  die gesamte Gesellschaft richtete sich danach um
 Teilweise Transformation, so dass die Ungleichheiten zwischen den Klassen
weniger deutlich waren (mehr Macht den Gewerkschaften, Bevorzugung der
Arbeiterklasse gegenüber dem Kapital)
==>für neoliberale Kräfte (Thatcher, Reagan) bestand also im Anschluss daran die
wichtigste Aufgabe in der Umwandlung des Lohnverhältnisses zurück in ein privates
Geld…
…ist die Voraussetzung der Vereinheitlichung sozialer Werte.
Produktionsmittel und AK werden im Produktionsprozess eingesetzt um zu mehr
Geld als ursprünglich eingesetzt zu werden.
Geld gewinnt einen Selbstzweck, denn alle Menschen in arbeitsteilig organisierten
Gesellschaften wissen, dass und wie über Geld Bedürfnisse befriedigt werden
können.
Um Geld zu verwerten ist eine stabile Regulation ist notwendig (z.B.
Inflationsbekämpfungsmaßnahmen). Geld- und Währungspolitik legen fest welches
Produkt und welche Leistung welchen Wert hat und beeinflussen die Beziehung
inländischer zu ausländischer Arbeit.
Souverän ist Geldpolitik dann, wenn Nationalstaaten eigenständig Zinsen und
Wechselkurse festlegen können (in EL eigentlich nur in einer kurzen Phase des
Fordismus).
Mit der Dollarisierung verzichtet ein Land auf einen Gutteil seiner Souveränität. Durch
externe Währung wird die Politik in der Peripherie auf die Verteidigung des Werts des
Geldes reduziert  die Gestaltung von wirtschaftlichem und sozialem Leben ist nicht
mehr möglich, da es nur noch darum geht, den Wert des Geldes zu verteidigen (Bspl
Argentinien).
Neben der Rolle als Zahlungsmittel hat Geld auch die andere wichtige Bedeutung als
Wertaufbewahrungsmittel. Dadurch wird Macht eine Schlüsselrolle im Geldverhältnis,
Bspl: bei Inflation veschiebt sich Reichtum von den Besitzenden zu den
SchuldnerInnen.
23
Novy Zusammenfassung
Wettbewerb...
…wird in der Regulationstheorie als Konkurrenzverhältnis bezeichnet
- es regelt Wettbewerb sowohl unter den EigentümerInnen als auch unter den
ArbeiterInnen
- es beschreibt das Maß der Konzentration von Kapital und die Art der Preisregelung
(Monopole, Oligopole)
Konkurrenz als strukturelle Form im K beeinflusst aber nicht nur das Kapital, sondern
auch die Arbeit – in Form von Wettbewerb unter den AK (z.B. Männer gg Frauen)
Das Konkurrenzverhältnis fördert Individualisierung und Fragmentierung, sozialer
Zusammenhalt wird untergraben.
==>Förderung einer Grundhaltung, die Wettbewerb gegenüber Zusammenarbeit
bevorzugt, auch wenn arbeitsteilig organisierter K strukturell auf der Dialektik von
Konkurrenz und Kooperation beruht.
Wettbewerbslogik ist nicht nur aufs Ökonomische, sondern auf beliebig viele
Bereiche ausdehnbar und hat eine Wettbewerbsgesellschaft und einen
Wettbewerbsstaat geschaffen.
Natur
Der Produktionsprozess hat 2 Seiten:
- den Verwertungsprozess
- die stoffliche Dimension
Kreative Zerstörung:
- ein Prozess, in dem sich Kapital verwertet
- ein Prozess, bei dem Luft verschmutzt wird etc.
==> Produzieren ist also ein wirtschaftlicher, aber auch ein sozialer und ökologischer
Prozess
Wie sich das gesellschaftl. Naturverhältnis (= wie Menschen die Beziehung zur Natur
denken und organisieren) gestaltet, ist wichtig für die kapitalist. Regulation.
Kapitalistisches Produzieren erfordert eine Inwertsetzung der Natur.
Um die Form des gesellschaftl. Naturverhältnisses ranken sich heute wichtige soziale
Auseinandersetzungen (z.B. Eigentumskonflikt indigener Völker mit Nationalstaaten).
Boden, und Natur allgemein, sind allerdings „fiktive“ Waren, die erst über Schaffung
eines (Boden-)Marktes so wahrgenommen wurden.
Entwicklung als Totalität
Das Strukturmodell ist mit der Analyse der vier strukturellen Formen komplett und
beschreibt als Momentaufnahme einer Gesellschaft die wesentlichen Beziehungen in
einem System und ordnet die Wirklichkeit
Novy stellt dies vereinfacht in der Tabelle auf S.109 dar (das fordistische
Regulationsdispositiv Brasiliens).
24
Novy Zusammenfassung
Strukturen als Momentaufnahme erfassen den Prozesscharakter von Entw. aber
nicht, denn es gibt in kapitalist. Gesellschaften einen kontinuierlichen Prozess der
Strukturierung.
Um Phasen langfristiger Instabilität zu erfassen hilft der Begriff des Dispositivs.
Ein Dispositiv als ein diskursives Machtfeld stellt eine andere Form dar Kontinuität
und Wandel zu thematisieren. Er strukturiert nicht nur den Diskurs, sondern auch
Praktiken, ohne die Handlungen zu determinieren. Er stellt sicher, dass auch in der
Krise kein unstrukturiertes Chaos herrscht.
Um sich als Ordnung zu stabilisieren, muss ein Dispositiv sowohl ein Moment der
Verfestigung als auch eines der Veränderbarkeit haben.
Der Begriff bezeichnet ein breites soziokulturelles und soziopolitisches Feld  er
bildet eine einende Sprache, er leistet Sinnstiftung, um die Wirklichkeit zu verstehen.
Kultur ist dann wesentlich mehr als ein gesellschaftlicher Randbereich, denn Kultur
bildet als Gewohnheiten, Normen etc. die Grundlage unseres Handelns.
Zwar ist in kapitalist. Gesellschaften die Ökonomie von entscheidender Bedeutung,
die alleinige Analyse von Ökonomie und Politik reicht aber nicht aus (worauf auch
Gramsci und die Cultural Studies hinweisen). Politische Ökonomie konzentriert sich
häufig einzig darauf, dann schafft sie es aber nicht Gesellschaftswissenschaft zu
sein, denn dann fehlt die Verbindung zur Handlungsperspektive sozialer
AkteurInnen.
Denn Kultur ist das Feld, das politischen und ökonomischen Prozessen Sinn verleiht.
Novy wiederholt, dass politisches und ökonomisches Handeln immer
interpretationsimprägniert ist und die von Menschen gewählten Interpretationen über
ihre Handlungen und die Strukturen, die sich in einer Gesellschaft herausbilden,
entscheidet.
Zusammenfassend/wiederholend:
Ein Dispositiv benennt die gesellschaftliche Totalität als ein die gesamte Gesellschaft
strukturierendes Machtfeld.
Novy stellt das Entw.- dem Glokalisierungsdispositiv gegenüber.
Das Entw.dispositiv kann ebenfalls als nationalstaatszentriertes Regulationsdispositiv
bezeichnet werden, wie auch das gegenwärtig dominante Glokalisierungsdispositiv
als liberales Regulationsdispositiv bezeichnet werden kann (die beiden Sichtweisen
schliessen sich nicht aus, sondern ergänzen einander).
Ein Dispositiv als ein diskursives Machtfeld ist ein Konzept, das nicht an den
Kapitalismus gebunden ist und daher auch in nicht-kapitalistischen Gesellschaften
anwendbar wäre.
Das Regulationsdispositiv dagegen basiert auf einer politökonomischen Analyse und
ihre Kategorien beanspruchen nur im Kapitalismus Gültigkeit.
25
Novy Zusammenfassung
TEIL III
10.
Kairos
Phronesis
Konjunkturanalyse
Verhältnis
von
Stabilität &
Wandel
Vergl.:
Gesellsch. =
Lok
Bspl.:
Un-Ordnung
des
Kapitalism.
Fordistische
s System
& Vorteile
(starke
Nation)
Ende des
Wirtschaftsa
ufschwungs
 Krise
--- PRAXIS ---
Konjunktur der Entwicklung
In diesem Teil des Buches erarbeitet Novy Handlungsperspektiven für das hier und
jetzt.
Anfangs bringt er dafür zwei interessante Begriffe ein:
kairos: ist das griechische Wort, für den richtigen Moment etwas zu tun
phronesis: ist die praktische Rationalität, welche einen Mensch dazu befähigt
Antworten auf konkrete Fragen zu finden. Hierbei gibt es keinen Königsweg
(Best-Practise), sondern diese sind von Ort zu Ort unterschiedlich.
Phronesis soll helfen neue Konzepte für die Zukunft zu entwerfen und um kairos
richtig zu deuten, bedarf es gemeinsamer Reflektion. Dabei muss man sich bewusst
sein, dass sein Denken über Gesellschaft immer an eine politische Praxis gekoppelt
ist, seine Analyse an seine eigene Moral, usw. usw.
Deswegen ist es von Bedeutung, Geschehnisse auf kritische Art zu analysiert, denn
dies beeinflusst die Qualität des Handelns: hierfür verwendet Novy die Form der
Konjunkturanalyse (*Konjunktur = beschreibt einen konkreten Moment einer langen
Dauer und bettet Ereignisse in eine größere strukturelle Entwicklung ein)
Konstanz der Un-Ordnung: (S. 111)
Novy untersucht inwieweit in der Gegenwart Stabilität und Wandel aufeinander treffen
und ineinander spielen.
Dabei vergleicht er die gesellschaftliche Entwicklung mit einer Lokomotive, welche auf
einem bestimmten Gleis den Schienen folgt. Zu untersuchen gilt, inwieweit diese
Schienen von der Gesellschaft festgesetzt sind (die Richtung, ohne das Ziel genau zu
definieren) oder ob sie von den Fahrgästen und dem Lokführer beeinflusst werden
können. Meist scheint das Ziel (die Zukunft) vorhersehbar (Pfadabhängigkeit).
Unzufriedene Fahrgäste sollen in das Geschehen eingreifen:
Dabei sollen die – abhängig von der Krise – Sand ins Getriebe streuen und den
Weg/die Geschwindigkeit zu ändern oder die gesamten Geleise zerstören und neu
verlegen (große Krise).
Bezogen auf die Gegenwart gibt Novy einige (meist bekannte) Beispiele um auf die
bestehende Unordnung und Widersprüche des Kapitalismus hinzuweisen. [Kluft zw.
Arm und Reich; Konzentration von Macht und Reichtum in der Hand von einer
Minderheit; ungleiche Verteilung von Lebenschancen…]
Die Zerstörung des nationalstaatszentrierten Regulationsdispositivs. (S. 113)
Zunächst wird auf das fordistische (Regulations-)System eingegangen:
Dies sei das beste Modell, welches die Widersprüche des Kapitalismus mit den
Interessen eines großen Teils der Bevölkerung zusammenführt - dabei muss der
geschichtliche Hintergrund und die Entwicklung beachtet werden.
Zur Zeit des Fordismus war der ökonomische Raum sehr stark national eingeschränkt.
D.h. Kapital konnte zwar für den Import und Export eingesetzt werden, jedoch nicht
als Geldkapital abfliesen (das heißt, Geld musste wieder im eigenen Land investiert
werden). Dies erleichterte das souveräne Handeln in einem Staat und der Einfluss des
Volkes auf Entscheidungen war enorm groß (in IL führte dies zum Ausbau eines
Wohlfahrtsstaates und in EL zur Industrialisierung).
Dieses Aufschwung war jedoch nicht von Dauer: als die Ausweitung des
Massenkonsums ins stocken geriet, sanken die Profite der Firmen und die
Unternehmer sahen die Gefahr die Kontrolle über die Gesellschaft zu verlieren.
26
Novy Zusammenfassung
68er
Bewegung
Postkapitalist.
Gesellschaft
?
Marktfunda
mentalismus
Liberalisieru
ng der
Kapitalmärkt
e
Globaler
Wettbewerb
Verringerun
g des
Sozialen
Quelle des
Reichtums =
Geld
Mittelpunkt
= Markt
 liberale
Regulation
Gleiche
Gedanken
bei linken

Sozialliberali
smus
Untergrabt
Moral &
sozialen
Zusammenh
alt
Es kam zu gesellschaftlichen Umbrüchen (68er Bewegung) und einer Krise des
Kapitalismus (Zusammenbruch des Bretton Woods Systems 1973,…).
Hier schien sogar eine post-kapitalistische Gesellschaft in Aussicht, unterstützt von
den Ideen/Ideologien der Postmoderne. Es wurden bedeutende Kritikpunkte
(patriachale Strukturen, Vernachlässigung der Ökologie,…) des Fordismus
angesprochen und diskutiert und mit Hilfe des Mottos „global denken, lokal handeln“
wurden nationalstaatlich zentrierten Regulationen dekonstruiert.
Gleichzeitig kam es aber auch auf der rechten Seite zu Reformen der eigenen Ideen
und
es
entstanden
neue
neoliberale
Modelle.
Hierbei
wurde
der
Marktfundamentalismus erfolgreich als politische Strategie durchgesetzt und
legitimierte erneut Strukturen der Ungleichheit. Schritt um Schritt kam es zu einem
Liberalisieren der Kapitalmärkte (z.B. freie Wechselkurse 1973 und nach der
Schuldenkrise). Durch die freie Bewegungsmöglichkeit von Kapital gewann Geld an
Macht gegenüber Arbeiterschaft und nationaler Politik (jetzt kann überall investiert
und Geld sehr schnell von einem Ort zum anderen verschoben werden). Dies führte
zu einem globalen Wettbewerb der lokalen Standorte um internationales Kapital 
dies wiederum verringerte die sozialen Errungenschaften der fordistischen Zeit.
Es kam/kommt zu Veränderungen im Wettbewerbsrecht, Freischaltung des
internationalen Kapitals und einem Untergraben von Arbeits-/Sozialpolitik und
Sozialversicherungen.
Die Durchsetzung eines liberalen Regulationsdispositives. (S.115)
Infolge des Wandels zu Ideologie des Markt-Modells kam es zu tief greifenden
Veränderungen:
Die Quelle des Reichtums wurden Finanztitel (Aktien, Schuldscheine,…) – dessen
Entlohnung der Zinns war (Marx: Geld hat Eigenschaft Zinns abzuwerfen wie ein
Birnenbaum Birnen). Deswegen tendiert eine finanzgetriebene Regierung zur
Anhebung der Zinsen, wodurch das Produktivkapital, das billiges Kapital zum
investieren braucht geschwächt wird. Kurzfristige Profitraten sind Grund zur Investition
und nicht langfristige Expansionsstrategien.
Markt und Unternehmen werden in den Mittelpunkt gerückt und politische Steuerung
untersagt = liberale Regulation.
Dadurch wird Arbeitskraft zu einer Ware wie jede andere und Wettbewerb zur
bestimmenden Form für die Gesellschaft.
Auf internationaler Ebene setzte sich der Washington Konsens als dominierende
Wirtschaftspolitik durch und die Öffnung der Märkte (verbunden mit monetaristischer
Währungspolitik) wurde als Lösung aller Entwicklungsprobleme gesehen.
Dieses Gedankengut setze sich auch bei linken und sozialen Wissenschaftlern durch
und führte zu einem Aufweichen der Grenzen  aus Sozialdemokraten wurden
Sozialliberale (auch linke fördern die Marktfreiheit des Individuums). Das Kapital
wurde zum strukturierenden gesellschaftlichen Verhältnis, Menschen werden dazu
erzogen unternehmerisch zu handeln, sich zu verkaufen und zu kaufen. Dadurch
scheinen diese Strukturen als unabdingbar und gegeben – die Welt als Ansammlung
von optimierten Individuen (homo oeconomicus) für die die anderen nur Objekte von
Austausch und Begierde sind.
Dieser Glaube an die Selbststeuerungskraft des Individuums untergräbt die Moral und
den
sozialen
Zusammenhalt

die
Folgen
sind
gesellschaftliche
Auflösungserscheinungen.
27
Novy Zusammenfassung
Ökonomisier
ung des
Sozialen
Entrechtlich
ung des
Sozialen
Betroffen:
Mittelschicht
11.Septemb
er & Folgen
Entdemokra
tisierung
„Absolutism
us auf Zeit“
Vom Sozialliberalismus zum autoritären Liberalismus. (S. 117) (+ Graphik 118)
Das gegenwärtige sozialliberale Marktmodell verkauft sich als Gegenmodell zum NeoLiberalismus; es ist jedoch eine Radikalisierung dessen: denn die neoliberale Logik
wird auch auf das Soziale angewendet  die Ökonomisierung des Sozialen („Was
keinen Preis hat, ist auch nichts wert“ gilt auch für jede menschliche Aktivität). Man
spricht von Humanen- und sozialem Kapital. Bildung, Gesundheit und Altersvorsorge
werden zu Märkten umfunktioniert.
Es gibt keine „Rechte“ mehr sondern nur Fürsorgeleistungen, welche - von der
Finanzierbarkeit abhängig - angeboten werden  Entrechtlichung des Sozialen.
Besonders betroffen von dieser Entwicklung ist die Mittelschicht, welche sich nun
soziale Dienstleistungen über den Markt erwerben muss, will sie nicht sozial
absteigen. Soziales wird der Kurzfristperspektive der Marktlogik unterworfen und
Politik kümmert sich um nicht um negative externe Auswirkungen ihres eigenen
Handelns.
Eine Gesellschaft ist aber mehr als ein Markt und es ist eine zivilisatorische
Errungenschaft, dass sich Wahre nicht immer rechnen muss.
Gerade als der Kurs des Sozialliberalismus unbestritten schien, kam es zum 11
September und seine Folgen, welche zu eine Krise des Sozialliberalismus führten. Es
kam
zu
einer
Stärkung
der
Exekutive
und
einer
Straffung
von
Entscheidungsprozessen  Entdemokratisierung.
Beamte werden für ihre Amtszeit der demokratischen Kontrolle und ihrer
Rechenschaft gegenüber der Bevölkerung immer mehr entzogen und ihre Kontrolle
reduziert sich auf die Evaluierung im Nachhinein.
Gleichzeitig verliert die gesetzgebende Kraft immer mehr an Bedeutung. Die
gewählten Vertreter des Volkes erheben einen Alleinanspruch auf Zeit, welcher
autoritär/monarchistisch scheint. Es kommt zu einer politischen Vorstellung von
„AbsolutismusaufZeit“ in welcher Gewaltentrennung kontraproduktiv scheint (wenn
Privatisierung ökonomisch sinnvoll scheint, wieso sollten Richter dies gefärden?)
Wie rasch sich jedoch Diskurse ändern zeigt das Attentat auf das World Trade Center – hier wurden
innerhalb kürzester Zeit Mittel für Staatsinterventionen (für Flugfirmen) frei gemacht, obwohl dies eine
klare Wettbewerbsverzerrung darstellen würde und die Zentralbank senkte ihre Zinsen (obwohl
jahrelang gepredigt wurde nicht die reale Ökonomie durch Zinnspolitik zu beeinflussen).
Daraus schließt Novy, dass Diskurse Techniken sind, die dazu dienen Interessen durchzusetzen und
somit immer von denen Abhängig, welche im Besitz der Macht sind. D.h. Diskurse erfüllen immer eine
vorübergehende ideologische Funktion und sind Einsatz im Machtspiel.
Unterschied
zw. Sozial &
Neoliberlism
us
Eine reine Ansammlung von homo oeconomici würde jedoch niemals eine
Gesellschaft ergeben sondern in einem Krieg aller gegen alle enden (Hobbes).
Der Unterschied zwischen Neo- und Sozialliberalismus liegt darin, dass im
Sozialliberalismus der Wettbewerb reguliert werden soll um gesellschaftlich optimale
Ergebnisse zu produzieren. Sie beachtet den Umstand, dass (Markt-)Freiheit mit der
Freiheit anderer in Konflikt geraten kann. Dieser Konflikt soll über
Wettbewerbsbehörden behoben werden  wer die Möglichkeit hat benutzt staatliche
Macht um Regeln zu seinem eigenen Vorteil auszulegen.
Autoritärer
Liberalismus
Hier kommt der autoritäre Liberalismus ins Spiel – dieser verleiht dem
Gedankengebäude des Liberalismus Religionscharakter und duldet keine Kritik. Diese
Tendenz wird in Form der WTO-Freihandelsideologie und dem EU-Binnenmarkt
verstärkt - die Umwandlung in Waren gilt nun auch für Dienstleistungen und Patente.
28
Novy Zusammenfassung
Das sozialliberale Modell verliert an Einfluss und autoritäre Charaktere gewinnen an
Einfluss. Der Staat und die Firma weisen den amoralischen homo oeconomicus
erneut in seine Grenzen – hier geht es um ein Abwägen von Freiheit und Zwang.
11. Ermächtigung macht Entwicklung (S. 126)
Strukturen
werden
durch
Mächtige
verändert

Ermächtigg.
~ Entwickl.
Vgl.: Welt
= Haus.
2
Sichtweise
n

Zusammeng
zw. Handeln
& Strukturen
Mensch =
Subjekt &
Objekt
Strukturieru
ngsmodell
Strukturen sind keineswegs Sachzwänge  sie werden durch politische
Entscheidungen produziert und sind durch die (freien) Entscheidungen mächtiger
Gruppen auch wieder veränderbar. Daher wird zu einer wichtigen Frage wer im Besitz
von Macht ist.
Wenn man nun Entwicklung als Freiheit und Befreiung definiert, rückt Ermächtigung
ins Zentrum der Analyse.
Dialektik von Struktur und Handlung (S.126)
Hier bringt Novy einen sehr schlüssigen Vergleich ein, welcher sich durch die
folgenden Kapitel zieht:
Das Bild der Welt als ein Haus: in diesem wohnen Menschen in den verschiedenen
Räumen (in Regierungs- und Privatzimmern) und andere stellen sicher, dass das
Haus nicht zusammenstürzt. Dabei gibt es zwei verschiedene Sichtweisen für
Handeln und Strukturen:
die einen sehen die Strukturen als unveränderlich. Sie beschränken ihr Handeln auf
Anpassungsleistungen, auf Reparaturarbeiten der Teile wie sie es vorgefunden haben
die anderen sehen Strukturen als gestaltbar. Sie versuchen das Haus so zu
verändern, dass es besser an ihre Bedürfnisse angepasst wird.
Novy meint, dass die Welt die wir bewohnen mehr als sanierungsbedürftig sei: es
müssen ganze Wände verschoben werden und Teile dazu/abgebaut werden damit
sich alle BewohnerInnen wohlfühlen. Dies ist vielleicht teuer und gefährlich jedoch
notwendig für das Erschaffen einer freien Welt.
Das momentan vorherrschende neoklassische Weltbild will jedoch genau das
Gegenteil: es will als nicht zu verbessernde Meisterleistung angesehen werden –
Veränderungen oder selbst der Wunsch wollen verboten werden. Innerhalb der
vorgegebenen Räume darf sich jeder austoben, doch die Struktur darf nicht bekrittelt
werden.
Es ist jedoch wichtig den Zusammenhang zwischen Handeln und Strukturen
aufzuzeigen. Menschen produzieren Wirklichkeiten und sehen sich gleichzeitig als
Objekte dieser Wirklichkeit - sie sind Subjekte ihres Handelns und gleichzeitig
Produkte der Gesellschaft in der sie leben. Die Welt ist somit weder rein subjektiv
noch rein objektiv…
Dies ist der Grundgedanke der Strukturierungstheorie: Strukturen beschränken das
Handeln aber ermöglichen es auch gleichzeitig. (z.B. deutsche Sprache: gäbe es
keine Sprache, könnten wir nicht Deutsch sprechen; umgekehrt gibt es eine deutsche
Sprache nur weil wir sie sprechen)
Sozialliberales Handeln (S. 127)
Marktwirtsch
aft,
Demokratie
&Menschenr
echte
29
Novy Zusammenfassung
Der Sozialliberalismus baut auf einem gewissen Verhältnis zwischen Struktur und
Handlungen auf:
Die Ökonomie unterliegt bestimmten Sachzwängen (aus der Vergangenheit geerbt);
dabei ist die Marktwirtschaft unsere wirtschaftliche Ordnung, und Demokratie und
Menschenrechte unsere politische.
Global governance ist die Umsetzung dieses Modells auf weltweite Strukturen – das
Modell der Metropolen wird in die Peripherien verpflanzt und an sie angepasst. Dabei
sollen sich die besten Projekte durchsetzen (Best-Practise Modell). Dies führte zu
einer Verbreitung der Projektkultur, wodurch immer mehr Lösungen für Teil-Probleme
geliefert wurden, jedoch der Blick auf das Ganze verloren ging  fragmentierte
Erkenntnisprozesse. Diese Teilerklärungen sind jedoch nicht hilfreich bei der
Erklärung von komplexen Problemen (Der Vormarsch der Spezialisten führt
zum/resultiert aus dem Tod der Generalisten).
Um auf das Beispiel des Hauses zurückzukommen, reagieren die meisten
Sozialliberalen nur auf strukturelle Rahmenbedingungen und beschränken sich rein
auf eine Veränderung der Innenarchitektur.
Andere Sozialliberale übermalen Probleme nicht mit schönen Worten, sondern
verlegen neue Leitungen und verschieben manchmal Wände.
All diese Bestrebungen werden jedoch von der Marktwirtschaft eng begrenzt –
Mitbestimmung und Gestaltung wird so klein wie möglich gehalten und kritische
Gesellschaftsanalysen nicht vorgenommen.
Verbindung
von lokalem
und
globalem
Konsum freiheit ???
Es sollte zu einer engeren Kopplung lokaler Aktivitäten an globale Prozesse kommen,
damit Strukturen nicht zu zerstörerischen Sachzwängen werden (z.B. können lokale
ökologische Probleme nicht gelöst werden wenn sich auf globaler Ebene nichts
bewegt).
Ein wichtiger Teil ist das Konsumverhalten der BürgerInnen – diese werden auf dem
globalen Markt zu KundInnen mit einer gewissen Konsumentensouveränität (d.h.
Markt-Wahlfreiheit). Diese Freiheit ist jedoch durch das Angebot und die eigene
Kaufkraft stark beeinträchtigt. Einerseits wirken fair-trade Bewegungen zu einer
Erweiterung des Angebotes bei und bieten Menschen die Möglichkeit durch konkrete
Taten Menschen im Süden zu helfen. Andererseits ist diese Freiheit stark von seiner
Kaufkraft abhängig – wer mehr Geld besitzt ist freier und hat eher die Möglichkeit
moralisch zu handeln.
Dieses moralische Handeln ist jedoch die maximale Reichweite sozialliberaler Moral.
Will man diesen fairen Handel jedoch ausweiten stellen sich weitere Aufgaben:
die bestehenden Wettbewerbsbedingungen und der Markfundamentalismus muss
kritisiert werden – gleichzeitig kann der Staat durch Subventionen ein Zeichen
setzen. Dabei können KonsumentInnen im Norden etwas über die Weltstrukturen
und konkrete Probleme der Peripherie lernen.
Revolution?
Macht =
Verfügen
über
Reccourcen
Gegenmacht bilden (S. 131)
Für Novy beinhaltet der Sozialliberalismus nur eine sehr eingeschränkte Vorstellung
von Handlungen, da sie das Haus als unveränderbar ansehen. Eine der nahe
liegenden Alternativen wäre eine Revolution, also ein Neubau ohne Rücksicht auf
Verluste, damit neue Herren die Möglichkeit haben es besser zu machen (Marx bot
dazu eine Theorie die ein mechanisches Gegenmodell politikfähig machte).
In einem mechanischen Bild von Gesellschaft ist Macht die Fähigkeit eigene
Interessen durchzusetzen – wobei sich Macht aus dem Verfügen über Ressourcen
ergibt (z.B. Geld, Wissen, Organisationsfähigkeit,…). Die Welt ist demnach durch eine
30
Novy Zusammenfassung
Hierarchie
aus Macht &
Wissen
einschränke
n
Gegenmäch
te bilden
Mittelschicht
ist Gewinner
des
Wohlfahrtsstaates
Hierarchie aus Macht und Wissen gespalten. Um diese Macht einzuschränken
müssen Gegenmächte gebildet werden (d.h. ein Ermächtigen der Benachteiligten –
z.B. Gewerkschaften, Genossenschaften,…).
Dabei darf jedoch nicht auf ein Freund-Feind denken reduziert werden und die
Benachteiligten automatisch zu den Guten und Unterdrücker zu den Bösen werden
(dies würde zu Fundamentalismus führen). Aufgabe eines politischen Urteilens ist
zwischen den Positionen abzuwägen -- denn das Richtige tun bedeutet nicht
automatisch das Gegenteil dessen zu tun, was meine Feinde anstreben.
Hierbei wird auch das Bild der Selbstbefreiung der Unterdrückten dekonstruiert. Diese
Befreiung wird nicht alleine stattfinden, denn sie ist auf die Hilfe von Intellektuellen und
Führern aus anderen gesellschaftlichen Schichten angewiesen. Genauso wenig ist die
Mittelschicht durch ihr Wissen oder ihre Zahl gesellschaftlich bestimmend.
Auf diese Mittelschicht geht Novy ein und erklärt sie zu den größten Gewinnern des
Wohlfahrtstaates: Löst sich dieses System auf, so würde ein großer Teil der
Mittelschicht zerfallen. Entweder werden sie privilegierte Dienstgeber oder
Lohnabhängige und somit Teil der Arbeiterklasse. Deswegen sollten sie sich mit den
Befürwortern des Wohlfahrtsstaates verbünden.
31
Novy Zusammenfassung
Ermächtigung zur Gestaltung (S.134)
Im Gegenmachtmodell wird Macht mit dem Verfügen über Ressourcen gleichgesetzt jeder Mensch bekommt einen Platz in der Maschine Gesellschaft.
Macht wirkt
auch über
Regeln

empowerme
nt
EZA:
Kompromiss
zw.
Moralischen
Ansprüchen
und

konkreten
Möglichkeite
n

Empowerme

nt

+ Strategie
Macht wirkt aber nicht nur über Ressourcen sondern auch über Regeln. Diese fließen
in Form von Gesetzen, Wertvorstellungen, Institutionen,… in die Gesellschaft ein.
Dabei ist die Idee des empowerments von Bedeutung, welche Menschen Zugang zu
Ressourcen verschaffen soll um gemeinsam Macht zu erwerben. Diese Ermächtigung
ist gleichzeitig Weg und Ziel von Entwicklung.
In der Entwicklungszusammenarbeit müssen ständig Kompromisse zwischen
moralischen Ansprüchen und konkreten Möglichkeiten gefunden werden. Viele
Studien beweisen zwar, wie gering der Aufwand wäre die Armut weltweit zu
beseitigen – doch trotzdem bestehen die Probleme weiterhin. Hierbei gibt es zwei
Ansätze:
die einen meinen, dass nur ehrlicher, moralischer und vor allem effizienter und
professioneller gearbeitet werden muss um eine Verbesserung zu erreichen und
die anderen gehen davon aus, dass man immer Fragen der Macht beachten muss um
Veränderungen zu verstehen und somit zu vollziehen.
Wichtig sind nicht nur moralische Standards, sondern das Durchsetzen dieser
Standards in der Bevölkerung (eh klar).
Ermächtigung will zweierlei:
die Veränderung der sozialen Beziehungen (Innenarchitektur) und
die Umgestaltung des Machtfeldes (Außenarchitektur).
Hier ist es vor allem eine Frage der Strategie, wie Gruppen oder Einzelne ihre
Interessen (Veränderungen) durchsetzen können (v. a. die Frage der Bündnispolitik
z.B. Ökofundis und Konservative setzen sich gemeinsam für Verkehrsberuhigung ein,
obwohl sie sonst keine gemeinsamen Interessen besitzen).
Da wir uns jedoch in einem sehr festgefahrenen Gebäude (basierend auf
kapitalistisch-demokratischen Werten) befinden, darf der Widerstand nicht
fundamentalistisch sein, da soziale Beziehungen sehr stark von der herrschenden
Ordnung durchzogen sind.
Wichtig ist, sich immer klar zu sein, wie stark konkrete Politikfelder mit globaler Politik
zusammenhängen.
12. Die Utopie demokratischer Entwicklungen (S. 139)
Weltweiter
Utopieverlus
t
2 Formen
von Utopien
Unsere Zukunft wird auch dadurch bestimmt, WAS sich die Menschen erwarten und
erhoffen – in welchem Haus wollen wir wohnen, wie schaut es aus,… Diese Utopien
regen unsere Phantasie an und erlauben es, uns etwas anderes vorzustellen als das
Momentane.
Weltweit ist jedoch ein Utopieverlust zu bemerken, dies ist ein Produkt der statischen
Ansichten des Positivismus. Und eben genau diese Gegenwartsfixierung gilt es zu
kritisieren. Dazu muss man sich zuallererst mit seiner Vergangenheit
auseinandersetzen.
Hierbei unterscheidet Novy zwei verschiedene Ansätze:
Die technokratisch anmutende Utopie: in welcher eine Utopie entworfen wird und
diese als anzustrebender Endzustand dargestellt wird. Wird dieser nicht erreicht,
so ist es die Schuld der Umsetzer und nicht der Utopie - hier werden
32
Novy Zusammenfassung
Machtstrukturen zumeist ausgeblendet. Novy vergleicht diese Ansätze mit einem
Brief an das Christkind.
Eine konkrete Vision hingegen liefert eine konkrete Vorstellung wohin sich die Welt
entwickeln soll. Dabei wird von den jetzigen Problemen und Widersprüchen
ausgegangen. Dieser Utopie liegt immer eine Konjunkturanalyse zugrunde. Sie ist
eine Orientierung für das eigene Handeln und Hilfe für die Bewertung des
Bestehenden. Sie nimmt ganz konkret Bezug auf bestehende (Macht)strukturen,
dabei werden die unmittelbar Betroffenen zu Akteuren und ein großer Teil der
Veränderungen gehen von ihnen aus. Dabei sollen Strukturen (Gesellschaft) UND
Handeln (Individuum) gleichzeitig verändert werden (vgl. Ermächtigung zur
Gestaltung).
Angesichts der verfestigten Strukturen wird eher auf kleine Schritte als auf große
Umbrüche gesetzt – dabei werden die zentralen Machtfelder aufgezeigt in welchen
die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen stattfinden werden.
Menschen
schaffen
Entwicklung
Handeln
setzt
positioniere
n voraus
Freiheit innerhalb und jenseits von Strukturen (S. 141)
Entwicklung folgt keiner Eigenlogik, sondern wird von den Menschen geschaffen deswegen können wir Initiativen setzten und den Zustand der Welt verändern. Sich
gegen die Herrschenden und die herrschenden Strukturen zu stellen ist Aufgabe jeder
mündigen Person (sowie der Wissenschaft). Dies ist äußerst schwierig und verlangt
viel Mut. Deswegen ist es wichtig seine individuelle Selbstbestimmung angesichts
struktureller Zwänge sicherzustellen (Foucault).
Dazu muss man sich jedoch (ethisch) Positionieren, was eine strukturelle Analyse
voraussetzt. Denn Handeln ohne Positionierung ist unmöglich. Wenn man sich vor der
Positionierung drückt, schlägt man automatisch den leichteren Weg ein und begibt
sich auf die Seite der Macht. So handelt man scheinbar ohne Position im Dienst der
Mächtigen.
Das bedeutet keinesfalls der anderen Seite immer Recht zu geben - gerade aus
Interesse an der Sache (z.B. der Unterdrückten) muss man diese besonders streng
kritisieren. Sonst endet man im Essentialismus, welcher entweder Sündenböcke
schafft oder Opfer verklärt.
Für den Umgang mit den Widersprüchen der Welt wird es niemals ein allgemein
gültiges Rezept geben.
Um die Vision der einen Welt weiterzubringen muss nicht nur „da unten“ weit weg von
uns etwas verändert werden sondern auch bei uns und unserem global beeinflussten
Lebens- und Arbeitsstil.
Ein offenes Menschenbild (im Gegensatz zum homo oeconomicus) und ein
pluralistisches Gesellschaftsbild wenden sich gegen totalitäre Vorstellungen und
fördern vielfältige Lebensweisen und Interpretationen der Welt. Das heißt: Visionen
sind immer nur im Zusammenhang mit sozialen und politischen Bewegungen sinnvoll
entwickelbar.
Die Gesellschaft demokratisieren (S.144)
Die Gesellschaft wird als Zusammensetzung von Wirtschaft und Staat dargestellt –
wobei die Regierung den Staat repräsentiert und die Unternehmen die Wirtschaft. Die
Grenzen der beiden verschwimmen jedoch und somit auch die Rolle ihre Akteure (die
BürgerInnen).
Neben dem Kapitalismus etabliere sich in der Moderne auch die Demokratie. 1945
wurde durch eine UN-Charta einem Staat das Recht zugesprochen seine Ordnung
entsprechend dem Willen seiner Bevölkerung nach eigener Art zu gestalten. In Folge
der Migrationsbewegungen zeigt sich, dass nicht nur StaatsbürgerInnen sondern alle
„Wir sind
der Staat“ 
Forderung
33
Novy Zusammenfassung
Bewohner eines Territoriums Interesse besitzen dies nach ihrem Interesse zu
gestalten.
Deswegen ist es von Bedeutung, dass das Volk nicht nur am Wahltag, sondern immer
herrscht – nicht „wir sind das Volk“ sondern „wir sind der Staat“. Deswegen ist es
notwendig, dass sich er Staat schrittweise in eine Öffentlichkeit verwandelt.
Diese Utopie eines öffentlichen Staates braucht neben staatlichen Einrichtungen auch
NGOs und einen Freiwilligensektor, wobei alle am Staat teilhaben können. Er stellt
einen Geltungsanspruch für die gesamte Gesellschaft und stellt hochqualitative
Leistungen für alle zur Verfügung.
Seine Entscheidungen und Entscheidungsfindungsprozesse sollen offen gelegt
werden, v. a der Budgeterstellungsprozess soll demokratisiert werden, denn das
Budget ist in Zahlen gegossene Politik. Dabei wird kein Schlaraffenland geschaffen,
auch im öffentlichen Staat gibt es Zwänge, doch werden diese nicht ohne öffentliche
Diskussion durchgesetzt. Er konfrontiert den Sachzwang mit den Wertvorstellungen
der Gesellschaft.
Der öffentliche Staat basiert auf einer Teilhabe aller und schafft diese Teilhabe.
Dadurch schafft er Zugang zur Öffentlichkeit und ermöglicht Mitbestimmung. Vor allem
der Zugang unterscheidet zwischen Arm und Reich – aber nicht nur der Zugang zu
Geld sondern auch die Ansprüche an den Staat, Markt, Familie,… entscheiden über
den Grad an Freiheit (=entitlement).
Dieses empowerment ist eines der expliziten Ziele der Entwicklungshilfe, in welchem
die Zielgruppen zu Subjekten ihrer Entwicklung werden.
Dabei müssen nicht nur die individuellen Rechte verstärkt werden sondern auch die
deröffentlichen Bestimmungen/Rechte (Dialektik zw. Gesellschaft und Individuum)
13. Entwicklung gestalten (S. 148)
Kritik der
bestehendn
Vorstellunge
n
Hier sollen Schritte genannt werden um die Kluft zwischen Utopie und Wirklichkeit zu
überbrücken. Dabei sind Freiheit und Demokratie Eckpfeiler für eine andere
Globalisierung, die auf Öffentlichkeit und Solidarität aufbaut.
Glokalisierungsdispositiv und liberale Hegemonie kritisieren (S. 148)
Der wichtigste Schritt in Richtung Veränderung ist eine Kritik der bestehenden
Vorstellungen. Dafür muss im öffentlichen Raum Platz geschaffen werden und die
gegenwärtigen Strukturen richtig erkannt und gedeutet werden. Diese schleichende
Kritik und Veränderung aus dem System heraus, geht deutlich aus dem folgenden
Zitat hervor:
Wir werden das Spiel spielen müssen und es gleichzeitig nicht akzeptieren – und es
nicht akzeptieren, indem man es anders spielt. In diesem Sinne ist Kritik eine Aktivität
als Suche nach neuen und anderen Spielregeln, die letztlich das Spiel selber
verändern.
Primat der
Politk kehrt
mit
autoritären
Tendenzen
zurück
Öffentlichkeit schaffen (S. 149)
Nach dem 11.September und seinen Folgen zeigten sich unerwartete, bedrohliche
Wendungen ab. Staaten schworen dem Marktfundamentalismus ab und kehrten zum
Primat der Politik zurück. Hier zeige sich, dass größeren und reicheren Staaten mehr
Handlungsspielräume offen stehen und diese von bestimmten Gruppen genutzt
werden. Dieser autoritäre Liberalismus verbindet Staat und Kapital und will die
Schaffung von Öffentlichkeit verhindern.
34
Novy Zusammenfassung
Deswegen ist es von großer Bedeutung öffentliche Räume zu fördern und
demokratische Entscheidungsstrukturen zu fördern. Fällt dies weg gibt es keine
Demokratie mehr und Autoritarismus droht.
Idee des
Privateigentums kritisch
hinterfragen
Öffentlichkei
ten schaffen
Lokal UND
global
handeln
Another
World is
possible !!!
Hierbei gilt es eine der großen Leistungen des Kapitalismus kritisch zu hinterfragen:
das jedes Privateigentum durch den Schutz der Privatsphäre gesichert wird.
Ist es denn richtig, dass kleine, wie große Unternehmen gleichermaßen vor der
öffentlichen Kontrolle geschützt werden? Denn es ist ein großer Einschnitt wenn ein
multinationales Unternehmen tausende von Arbeitskräften entlässt – und es ist zu
hinterfragen inwieweit dies noch der Privatsphäre zuzuschreiben ist. Das Verhalten
von Reichen hat eine viel größere Relevanz als jenes von Ärmeren.
Öffentlichkeit muss also auch für das Kapital geschaffen werden und Transparenz
sowie soziale Rechenschaftspflicht für Unternehmen und Vermögen umgesetzt
werden. Hierbei stellt die Demokratisierung der Investitionsentscheidungen einen
zentralen Punkt dar (z.B. ATTAC).
Damit die Politik wieder die Oberhand gegenüber der Ökonomie zurückgewinnt
müssen unterstützende Strategien verstärkt werden (Territorialisierung). Die
Handlungsmöglichkeiten des Kapitals müssen eingeschränkt werden um ökologisch
nachhaltige und sozial gerechte Regeln festsetzen zu können. Dabei muss man sich
SOWOHL auf ein Territorium fixieren ALS AUCH die ganze Welt im Blickfeld behalten.
Eine andere Welt ist möglich (S. 152)
Eine andere Globalisierung fördert das Haus der einen Welt – dafür müssen nicht
Märkte globalisiert werden, sondern Demokratie, soziale Rechte und ökologische
Nachhaltigkeit. Die Marktwirtschaft soll zwar weiterhin eine Rolle spielen, aber der
Demokratie untergeordnet werden. Eine Kultur der universellen Solidarität soll
geschaffen werden, die Politik soll die Wohlfahrt als verankertes Recht durchsetzen
(universelle Rechte) und alle öffentlichen Dienste anbieten (Basierend auf einem
gleichen Recht für alle). Dabei sollen Minderheiten geschützt werden, denn
Demokratie ist keineswegs mit Mehrheitsdiktatur gleichzusetzen.
 bei all dem geht es um die Vision von Entwicklung als einem gemeinsam
gestalteten Prozess der Entfaltung und Freiheit.
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