Novy Zusammenfassung TEF I: Novy- Zusammenfassung „Entwicklung Gesellschaftsveränderungen in der Einen Welt“ TEIL I 1. --- GRUNDLAGEN gestalten – --- Einleitung 1.1Politische Ökonomie Novy erklärt seine interdisziplinäre Herangehensweise an die Probleme von Entwicklung, durch die Methode der politischen Ökonomie Das neoklassische Modell (inklusive dem Sozialliberalismus) ist hier Gegenstand der Kritik i. Explizit enthält es keine Strukturen ii. Implizit schon: z.B. Sachzwänge durch Knappheit Die ökonomische Modellwelt ist zu einer zur Ohnmacht verleitenden Theorie geworden. Novy will durch seine Kritik an dem neoklassischen Modell eine alternative Handlungstheorie entwickeln, die Menschen zur Strukturveränderung ermächtigt Die 3 Grundpfeiler des neoklassischen Paradigmas sind: o Marktwirtschaft (Vorstellung von vollkommenen Märkten; von Großunternehmen beherrschte Wirtschaftsordnung ist Kapitalismus ist durch asymmetrische Machtbeziehungen gekennzeichnet) o Marktfreiheit (ist das Ideal der liberalen Ideologie; „Ich bin frei, schlechte Medienprodukte nicht kaufen zu müssen.“) o Ökonomische Sachzwänge (Weltmarkt, globale Finanzmärkte & Standortkonkurrenz; kapitalistische Strukturen werden als gegeben akzeptiert, weil komplexe ökonomische Prozesse durch vermeintliche strukturelle Allmacht Ohnmacht hervorruft) gemeinsames Gestalten der Entwicklung gerät aus dem Blick und soll durch neue Handlungstheorie angeregt werden Der Entwicklungsprozess ist von der Dialektik von Wandel und Beharrung geprägt; Kapitalismus von der Dialektik von Wandel und Entwicklung und von Fortschritt und Widerstand Ziel von Entwicklung könnte sein, dass Wandel und Beharrung harmonisch Hand in Hand gehen. Nicht durch einen sich selbst organisierenden Prozess des Marktes sondern durch kollektive Praxis entlang handlungsanleitenden Theorien 1.2 Interpretative Sozialforschung Disziplin = nicht über den Tellerrand schauen, im eigenen Saft schmoren Interdisziplin = ein Problem von verschiedenen Ansätzen her durchleuchten = Kommunikation zwischen ForscherInnen 1 Novy Zusammenfassung Interpretative Sozialforschung o Ziel: Raum für Dialog zwischen den Disziplinen schaffen Dialog zwischen Diskursen o Welt wird als widersprüchliche Einheit verstehen (ist auch ein Schutz vor fundamentalistischen Tendenzen) erfordert Reflexion und Selbstreflexion Wissenschaft = Kritik, die Neues denkt, Platz für Kreativität schafft und erster Schritt in Richtung Besserung ist Herausforderung der Integration des Erkannten in den eigenen Lebensstil und der Persönlichkeitsentwicklung Da die Entwicklungsdiskussion immer sehr emotional ist, unterliegt sie häufig den beiden Tendenzen der starken Vereinfachung der Probleme ( Fundamentalismus) und radikale Positionen Nur radikale Positionen (nach Wurzeln der Probleme suchen) können mehr Freiheit (selbstbestimmteres Leben) für alle Menschen bringen, weil sie u.a. auf Reflexion basieren 2. Entwicklung erforschen Hauptfrage hier ist: Wie können wir Entwicklung beschreiben, verstehen und erklären? (hochphilosophisch) In dem Kapitel wird die dialektische Methode dargelegt: die Gegensätze von Positivismus und Postmoderne werden in der Synthese der interpretativen Sozialforschung zusammengebracht. 2.1 Positivismus Hat in der Zeit der Aufklärung seinen Ursprung P= o Einflussreichste Spielart des Rationalismus: es gibt objektive Erkenntnisse o Gesellschaft = soziale Maschine o Steht für Ordnung und Fortschritt o Durch Ansammeln von Faktenwissen kommt man zu einer Annäherung an die Wahrheit und zu „allgemeingültigen“ Gesetzmäßigkeiten o Nur die Rationalität stellt eine Autorität dar o Wissen wird als neutral dargestellt o Macht und Machtstrukturen verhärten sich durch Wissen und Nicht-Wissen (Wissende sind Subjekte, Nicht-Wissende Objekte der Entwicklung) o Die Institutionalisierung von Wissen im 20. Jhdt. (Bedeutungsgewinn der Wissenschaft - und Universität - auf Kosten der Religion)hat dazu beigetragen, dass die eigene Rolle nicht selbstkritisch reflektiert wurde und somit tief liegende Hierarchien und die Instrumentalisierung von Wissen ermöglicht wurden 2.2 Postmoderne Hintergrund: 1968 = ideologische Zäsur (Studenten kritisieren Ordnung, Fortschritt und Autorität Bewegung gegen Positivismus) 2 Novy Zusammenfassung Nach 1968 kam es zu einer widersprüchlichen Entwicklung, die als Postmoderne bezeichnet wurde o Philosophische Strömung, die sich gegen die von der Moderne produzierte Vereinheitlichung stellt P = ist in der Wissenschaft das, was in der Kultur der Multikulturalismus ist/will Bewahrung der Vielfalt 2.3 Dialektik von Konkretem und Abstraktem Positivismus und Postmoderne scheinen unversöhnlich, aber beide Theorien beruhen auf dem Dualismus von Objektivität und Subjektivität (Einheit gesellschaftlicher Prozesse gerät aus dem Blick) beiden geht es nur um Teil-Erklärungen beide arbeiten mit verkürztem Rationalitätsbegriff („ PositivistInnen meinen, Wissenschaft habe Verallgemeinerungen in der Form von Sozialgesetzen zu produzieren, und die Postmoderne denunziert diesen Anspruch als vermessen. Während nun das oberflächliche Verständnis von Objektivität im Positivismus dazu führt, vielfältigste Regelmäßigkeiten in der sozialen Welt zu beschreiben, so leugnet die Postmoderne jegliche Sinnhaftigkeit, überhaupt Ordnung in der sozialen Welt herstellen zu wollen.“) was beiden fehlt ist die Theorie der Schaffung von Begriffen und Konzepten, d.h. von Abstraktionen (…?) beide nehmen soziale Phänomene nur oberflächlich wahr, denn die Oberfläche kann nur verstanden werden, wenn die Tiefenstrukturen offen gelegt werden (Zahlen (Positiv.) und Empfindungen (Pomo) nehmen Oberfläche des Sozialen war, da weder das eine noch das andere für sich spricht S.25) Begriffe, Konzepte und Theorien sind wie Handwerkszeug Wahl des besten ist wichtig für Gestaltung der Welt (meint Novy) Die Dialektik von Konkretem ( damit auch die empirische Forschung) und Abstraktem ist dafür geeignet, durch einen zirkulären Prozess ein besseres konzeptuelles Instrumentarium zu erarbeiten, um Einsicht in strukturelle Zusammenhänge zu vertiefen (meint Novy) o „Eine zutreffende Analyse des konkreten muss Hand in Hand gehen mit der Generierung von passenden Abstraktionen.“ es braucht eine radikale Analyse, Entwicklungsprozesse werden nur durch historisch-geographische Theorien verstanden eine interdisziplinäre Erforschung mit Begriffen, die Klassen, Geschlechter u.v.m. berücksichtigen, ist nötig „Kontextanalysen setzten sich daher aus Detailkenntnissen vor Ort einerseits und Theoriegenerierung durch eigene Abstraktionen andrerseits zusammen.“ (S. 26) 2.4 Die Kunst des Interpretierens Die interpretative Sozialforschung ( = Kunstlehre des Interpretierens, siehe unten) nimmt die sich entgegenstehenden Anliegen von Positivismus und Postmoderne in einer Synthese auf: 3 Novy Zusammenfassung o Pomo: Kontextgebundenheit sozialen Handels wird vor Hintergrund o Positiv.: Synthese: alles ist interpretationsimprägniert!! Die Interpretation wird durch die wahrnehmende Person miterschaffen. Die Sichtweisen der handelnden Personen und deren Lebenswelten rücken in das Zentrum der Überlegungen. Hermeneutik ist in dem Zusammenhang von der Begegnung mit dem Fremden wichtig o „Der hermeneutische Zirkel besteht aus einer ständigen Dialektik der Forschung aus dem Wechselverhältnis von Teil und Ganzem (auch Totalität).“ o Zu analysieren ist, wie sich die Einzelteile zu einem (widersprüchlichen) Ganzen zusammensetzten Innerhalb der Totalität finden sich interne Beziehungen, die vier Eigenschaften aufweisen: 1. die Elemente bilden eine Einheit (Totalität) 2. sie sind verschieden und separat 3. aber gleichzeitig identisch 4. sie sind voneinander gegenseitig abhängig siehe Beispiel von Verstädterung und Landflucht S.28) daraus folgt: ein kumulativ-zirkuläres Vorgehen im Forschungsprozess (Spiralenförmig in Kreisbewegung nach oben) (auf S. 53 eigenes Kapitel) die „Kunst des Interpretierens“ ist für interkulturelle Begegnungen und Politik grundlegend (Beispiel S. 29: die Eroberung Amerikas: Empathie für andere kulturelle Verständnisse als Macht-Wissen eingesetzt stellt eine Waffe dar) interpretatives Forschen fordert die Reflexion von Vorurteilen und Vereinfachungen und damit auch kritische Selbstreflexion, weil InterpretInnen auch zum „Untersuchungsgegenstand“ gehören o Going native: Verschmelzen mit dem Denken und Leben der Menschen vor Ort. Das hat aber auch Grenzen (z.B. sich an unhygienische Verhältnisse anpassen) Auch die Erkenntnistätigkeiten des Alltagslebens müssen, wenn man nach dem hermeneutischen Zirkel geht, als wissenschaftliche Aktivität verstanden werden o Forschende haben gegenüber Nicht-Forschenden ein Privileg: Zugang zu mehr Weltsichten und können deshalb den Dialog zwischen Alltagsund Wissenschaftsrationalität schaffen. Und sie gehen reflektiert und kritisch mit Vorwissen um o Novy meint, dass man durch die Herangehensweise an eine wissenschaftliche Fragestellung eines Forschers schon viel über seine Vorannahmen sagen kann Interpretieren = Kontext und Struktur kennen o Kontextwissen liefert notwendiges Wissen über das konkrete Milieu und die Situation, die zu deuten ist o Strukturwissen liefert das Wissen, das das den konkreten Kontext in größere Zusammenhänge einbettet zusammen sind beide Voraussetzung für den Verlauf des Interpretierens als zirkulären Prozess 4 Novy Zusammenfassung Interpretative Sozialforschung ist eine Kunstlehre (es geht um Kreativität und Schaffen von Neuem, aber auch um das Aneignen von Handwerkszeug) o Kann nur durch langen Erfahrungsprozess in der Forschung eingeübt und durch reflektierte Lebensführung im Alltag verinnerlicht werden) o Kunst des Interpretierens beschränkt sich nicht auf Wissenschaft sondern ist eine Lebenshaltung! Prinzipien der interpretativen Sozialforschung (dialogisches Lernen und Offenheit) bilden die Grundlage demokratischer Gesellschaften Die interpretative Sozialforschung bzw. die Kunstlehre des Interpretierens eröffnet einen Raum, in dem die verschiedenen Disziplinen miteinander kommunizieren, Dialog führen, demokratische Kultur prägen „Das Projekt der interpretativen Sozialforschung sprengt den Elfenbeinturm des Wissenschaftssystems und wird dadurch zu einem Projekt demokratischen Zusammenlebens.“ 3. Entwicklung im Vergleich Das Kapitel setzt sich mit der Entwicklungsforschung als komparative Wissenschaft auseinander. Denn Entwicklungsforschung (im Sinne von Reflexion der Einen Welt, also nicht nur im Sinne von Entwicklungsländerforschung) dreht sich viel um Beziehungen (z.B. Zentrum – Peripherie, Fremdes – Eigenes). Novy unterscheidet 3 Formen von Vergleichen: 1. logischer Vergleich anhand von Ähnlichkeiten und Unterschieden (siehe 3.1 „Forschen als Differenzierung“) 2. Das Problem des Übersetzens des Fremden in die eigene Welt – bei Feldforschungsarbeiten: ein Vergleich über Räume und Zeiten hinweg und somit ein historisch-geographisches Vergleichen (siehe 3.2 „Vergleichen, um das Fremde und das Eigene zu verstehen“) 3. utopisches Vergleichen (Kapitel 12: Joschi´s) 3.1 Forschen als Differenzierung Forschen = Differenzieren o Klassifizierungen, Typenerstellung und Unterscheidungen ordnen die Welt und arbeiten implizit vergleichend o Schon bei der ersten Reise erfolgen ständig Vergleiche („wie bei uns“ oder „die sind viel freundlicher als bei uns“) das Eigene wird zum Maßstab gemacht, weil es keine objektiven Referenzen gibt! Forschen im Team ist sinnvoll, um Vorurteile abzubauen bzw. zu bemerken o Interpretative Sozialforschung will nicht objektiven Standpunkt erarbeiten, sondern weiß, dass das Fremde nur von einem bestimmten Standpunkt aus erarbeitet werden kann (Offenheit!!) Abduktives Schließen: Erfinden von Zusammenhängen, also das kreative, aber doch logischen Kriterien folgende Aufstellen von Behauptungen, ist wichtig für das Erstellen von Thesen 5 Novy Zusammenfassung Aus einem Fall kann sich schrittweise ein Strukturmodell entwickeln, so gewinnt die Theorie schärfere Konturen. Schrittweiser Einbezug zusätzlicher Fälle, um Verallgemeinerungsgrad der Theorie zu steigern. 3.2 Komparatives Vorgehen kennt mehrere Wege: 1. Auswahl von ähnlichen Fällen (Verfeinerung der Argumentation) 2. Auswahl von unterschiedlichen Fällen (Haltbarkeit der eigenen Annahmen in Frage stellen) (S. 34) 3. Auswahl von Fällen, die mit dem eigenen Denkansatz nicht zu erklären sind (über eigenes Denkmodell hinausgehen. Möglichkeit von neuer Erkenntnis ) Vergleichen, um das Fremde und das Eigene zu verstehen Vorteil der Beschäftigung mit globalen Fragen: man lernt das Fremde und sich selbst besser kennen, kann Vor- und Nachteile verschiedener Kulturen abwägen Novy zeigt an einem Beispiel (sein Dissertationsthema Sao Paulo S. 36f), wie Fremdes erforscht und danach dargestellt werden kann o Bei rein geographischen Angaben zur Erschließung eines Raums (in Bezug auf: je weiter weg vom Stadtzentrum, desto ärmer die Menschen.) werden die Menschen mit ihren Vorstellungen, Arbeits- und Lebensstrategien ausgeblendet o Wenn man darauf eingehen will, wird es schwieriger eine geeignete Form der Darstellung zu finden. Kulturforschung kennt zwei Ansatzmöglichkeiten: 1. die „Höllenvariante“ und die „Paradiesvariante“ 2. Vereinheitlichung („das kennen wir schon alles, dafür haben wir Theorien…“) Novy hat in seiner Dissertation versucht im Wechselspiel von Ähnlichkeit und Unterschieden ein Bild der fremden Realität zu zeichnen. Um das von ihm Erlernte in der Zeit als er mit den Armen von S.P. zusammengelebt hat nachvollziehbar zu machen, sieht er seine Forschung als Übersetzungsarbeit (von Konzepten ausgegangen, die den Österreichern bekannt sind und diese an die brasilianische Realität angepasst) Mit diesen Ausführungen wollte Novy zeigen, dass er Geographie nicht als etwas Statistisches, Gegebenes versteht, sondern als etwas von Menschen gemachtes (Bsp.: Schaffung von Minimalinfrastruktur durch movimentos populares) Durch Blick auf das Fremde nehmen wir leichter eigene Vorurteile wahr und lernen die eigene Kultur besser verstehen Der Diskurs über Globalisierung fördert Raumhierarchien (Zentrum ist gut, Peripherie ist schlecht) „Historisch-geographisches Vergleichen liefert heute einen Stachel für die Selbstzufriedenheit der Reichen und rutscht somit rasch in die Rolle der Kassandra (– Unheilsankünderin)“ 6 Novy Zusammenfassung 4. Entwicklung definieren Theoriestreit (Positiv. Vs. Pomo Dualismus zwischen universellen und partikulären Entwicklungskonzepten) ist falsche Vorstellung von Entwicklungsbegriff Entwicklungsprozesse werden immer interpretiert und müssen in neue Lebens- und Denkwelten übersetzt werden Auseinandersetzung um Begriffsdefinitionen ist immer auch eine Auseinandersetzung um Hegemonie 4.1 Universelle Entwicklungskonzepte Universelle Definitionen berufen sich auf 1. Konzept der nachzuholenden Entwicklung 2. linearer Prozess mit Endziel sozialmechanische, teleologische Phasenmodelle (z.B. Weber, Durkheim, Marx) 3. Unter- bzw. Nichtentwicklung wird als primitiv, vorindustriell oder kleingruppenorientiert bezeichnet 4. das Eigene wird zum Maßstab gemacht bis 1989 gab es zwei konkurrierende Vorstellungen über das Wesen des Endzustands: 1. Sozialismus 2. Demokratie und Marktwirtschaft o 4.2 Partikuläre Entwicklungskonzepte Sozialismus und Marktwirtschaft teilen trotz aller Unterschiede die positivistische Überzeugung, es gäbe richtige und universell gültige Vorstellungen über Entwicklung dieser Anspruch wurde durch Pomo kritisiert Der Entwicklungsjargon wurde von Pomo als heuchlerisch bezeichnet und Entwicklung als ideologischer Begriff denunziert o Das Problem wurde auf den Begriff selbst verlagert (Entwicklung anzustreben sei bedenklich) o Ursache der Weltprobleme seien die, die Probleme lösen wollen o Das Übel der Moderne wurde in den Entwicklungsutopien und der Versuchen EZA umzusetzen gesehen (Siehe „Fiesta“ von Esteva) diese Verteufelung der Entwicklung übersieht, dass Entwicklung auch ohne Planung geschieht Entwicklungsprozesse finden häufig unabhängig von jeglichen Absichten, ihn zu beeinflussen statt: schlechte Ergebnisse durch Zusammenspiel aus Strukturen und Handeln aller AkteurInnen nicht nur wegen EntwicklungspolitikerInnen! 7 Novy Zusammenfassung 4.3 Die sozialliberale Alternative: Schönreden In dem Kontext der ökologischen Krise (Grenzen des Wachstums und Umweltverschmutzungen) und der 68er Bewegung kam es in der Entwicklungspolitik zur Herausbildung alternativer Entwicklungskonzepte (nicht mehr nur Wirtschaftswachstum = Entwicklung) neue Themen, v.a. aus den 80ern: Natur Nachhaltigkeit, Kultur EthnoEntwicklung, Frauen Gender ; Diese Themen erfahren eine offizielle Anerkennung (UNO-Konferenzen etc.) Aber trotzdem gibt es noch liberale think-tanks, die die Aufgabe des Nordens darin sehen, Modernität und Zivilisiertheit überall hin zu bringen (Legitimierung durch z.B. Somalia, Afghanistan) „Die imperialistische Mission des 19. Jahrhunderts, in der der weiße Mann den Fortschritt brachte, wird heute in einen Einheits-Diskurs von Menschen. Und Frauenrechten und von der Sicherung des Friedens verpackt.“ (S. 45) (Bsp. Good governance S.45) 4.4 Entwicklung als Freiheit und Befreiung Freiheit: durch die interpretative Sozialforschung wird es möglich, dem Dualismus von universeller und partikulärer Entwicklung zu entkommen die Definition von Entwicklung erfordert eine Revision der Beziehung von Zielen und Mitteln und von Theorie und Praxis Wenn Entwicklung als Prozess mit offener Zukunft gesehen wird, öffnet sich ein Raum für die praktischen Initiativen von AkteurInnen (Lateinamerika: Bewegungsbildung) Paulo Freire: Bildung as Praxis der Freiheit … „Diese Form des Lernens als Praxis der Befreiung ist radikal, weil es die Wurzeln der Probleme anspricht. Die Benachteiligten lernen, dass Entwicklung nicht für alle das Gleiche bedeutet, dass Interessen gegeneinander stehen und der Weg der Entwicklung voller Widersprüche und Widerstände ist. Entwicklung wird politisch, wird zu einer Frage der Macht und zu einer Befreiung von Strukturen, die die Gestaltungsräume von Menschen einschränken.“ Amartya Sen: seine Definition von Entwicklung als Freiheit das Lebens so führen zu können, wie es sich die Menschen vorstellen, schlägt Novy vor o EZA steht vor der Herausforderung, strukturelle Zwänge nicht aus den Augen zu verlieren und gleichzeitig konkrete Schritte zu setzten, um die Handlungsspielräume zu erweitern „Entitlements“ bei Sen Entwicklung erfordert Räume der Demokratie Befreiung: Befreiung als Ziel von Entwicklung: Strukturveränderung und Kritik von Herrschaft 8 Wichtigkeit von Novy Zusammenfassung Entwicklungsforschung darf sich nicht auf Sammeln von Daten und Fakten beschränken, sondern muss sich ein Kontext- und Strukturwissen über die Wurzeln der Gesellschaften aneignen (siehe 2.3) Die Frage des Zurückgewinnens von Reflexionsfähigkeit wird zu einer Frage des Überlebens der Entwicklungsforschung. „In der kritischen Reflexion über gesellschaftliche Hierarchien wird das Augenmerk auf Tiefenstrukturen der Entwicklung gelenkt. Nur so kann Wissen einen Beitrag zur Befreiung von den Vielfältigen Formen von Herrschaft leisten.“ TEIL II 5. --- THEORIE --- Die Zeit der Entwicklung Wenn Entwicklung als Prozess und nicht als Endzustand verstanden wird, muss eine interdisziplinäre Gesellschaftstheorie erarbeitet werden. Verschiedene Momente, aus denen sich die Totalität der Entwicklung zusammensetzt sind Raum und Zeit und kulturelle und politökonomische Aspekte sind sehr verwoben 5.1 Sein und Werden Sein = Zustand, zeitlos, Geborgenheit Werden = Prozess, zeitgebunden, unsichere Zukunft das Spannungsverhältnis zwischen dem Sein und dem Werden ist ein existenzielles menschliches, aber auch kulturelles und politisches Problem Zeit wird der Veränderung zugerechnet, während Raum als unveränderlich gilt je nachdem, wo man die Präferenz setzt (ob für Zeit oder Raum), ist das auch eine Entscheidung für eine bestimmte Art von gesellschaftlicher Entwicklung Raum eignet sich zur Identitätsstiftung, Verlässlichkeit, Geborgenheit aber auch Gefängnis Zeit impliziert Wandel, Aufbruch Dann schreibt Novy noch kurz über den Diskurs der Moderne und gibt ein Beispiel (S. 50) In der Stadtplanung findet sich die Dialektik von Sein und Werden auch heute wieder: Innenstadterneuerung steht zwischen Tradition und Standortwettbewerb („das spezifische Sein der Stadt (alte Gassen und Fassaden als touristischer Anreiz) soll zu ihrem Werden, ihrem wirtschaftlichen Aufstieg beitragen:“ Konservative sympathisieren eher mit dem Raum, Progressive eher mit der Zeit … Im 19. Jahrhundert entstehen viele Theorien, die den Fokus auf dem ZeitAspekt haben Fortschritt, der den Raum in Zeit auflöst 9 Novy Zusammenfassung 5.2 Für David Harvey diskutiert die scheinbare Auflösung des Raums in der Zeit (Beschleunigung des Warentransports und der Kommunikation) als einen der Grundwidersprüche des Kapitalismus Raum wird als Hindernis und Störfaktor wahrgenommen, Zeit ist die schöpferische Kraft (Z.B.: Zinsen) Kumulativ-zirkluläre Prozesse Das dynamische Konzept des kumulativ-zirkulären Prozesses (von Gunnar Myrdal) stellt er dem neoklassischen Markt-Modell entgegen o Diesem Konzept folgend, haben Entwicklungsprozesse eine Vergangenheit und eine Zukunft und beinhalten lineares wie zyklisches Zeitverständnis Wenn Gesellschaften mit komplizierteren Prozessen konfrontiert werden, erfahren sie, wie wichtig ZEIT ist „Historisch stellt oftmals die Einführung des kapitalistischen, nicht einzig den Eigenbedarf befriedigenden Handels die entscheidende Verkomplizierung dar.“ o Zeit als Geld o Schnelligkeit wurde zu einer kapitalistischen Tugend o Die endgültige Vermarktung der Lebenszeit erfolgte im Produktionsprozess o Die Verfügung über die Zeit anderer bildet ein Hauptmerkmal unserer kapitalistischen Gesellschaften. Beispiel Gewerkschaftsbeschreibung „Ein spiralförmig voranschreitendes Forschungsprogramm ist am besten geeignet, diese sowohl linearen als auch zyklischen Prozesse zu erfassen, ohne sich bloß im Kreis zu drehen.“ 5.3 Struktur, Strukturierung und Konjunktur Phasenmodelle der Entwicklung = Strukturmodelle: ordnen Zusammenhänge und beschreiben eine stabile Anordnung von Beziehungen (z.B.: der Fordismus als Modell für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, hört sich an als sei es eine widerspruchsfreie Zeit gewesen) Stabilität ist aber ein Sonderfall von Dynamik Strukturen = - Organisierung von sich potentiell oder faktisch verändernden gesellschaftlichen und sozialen Beziehungen - virtuelle Regeln, die den Prozess der Produktion und Reproduktion sozialer Phänomene anregen - immer in eine historsich-geographische Totalität eingebunden Begriff Strukturierung ist angebrachter, weil der Prozess der Struktur überzuordnen ist (es muss eine dynamische Analyse von Stabilisierung und Veränderung von Beziehungen gemacht werden) Noch mal: „Strukturierung benennt besser als Struktur die Prozesshaftigkeit des Sozialen.“ Konjunktur: o Vermittelt zwischen Ereignissen und langer Dauer, zwischen Struktur und Handlung o Eine Konjunktur ist die Gegenwart, eingebettet in eine Struktur o Sie ist der Moment der Offenheit der Geschichte 10 Novy Zusammenfassung o Eine Konjunktur ist ein Moment, sie startet aber einen Prozess der Entfaltung einer Struktur und ist damit offen für die Zukunft und für Strukturierung. In politökonomischen Konjunkturanalysen wird die Gegenwart als konkreter Moment einer strukturellen Entwicklung analysiert. Sie beschreibt einen Kontext, in dem soziale AkteurInnen aktiv sind. Aus der Vergangenheit hergeleitet und mit Blick auf die Zukunft werden Thesen präsentiert, wie heute gehandelt werden soll. Der einen konkreten Moment einer langen Dauer beschreibt und Ereignisse in eine größere strukturelle Entwicklung einbettet. Eine Konjunktur zu verstehen macht es möglich, hier und jetzt richtig zu handeln. o Die Konjunkturanalyse untersucht, inwiefern in der Gegenwart Elemente von Stabilität und Wandel ineinander spielen. 6. Der Raum der Entwicklung Gesellschaft wird nun aus der Warte des Raumes analysiert, wobei das Verständnis von Raum als etwas Fixem dekonstruiert wird Das Denken des Raums Raum vielfältiger, vieldeutiger Begriff Novys These: Raum und Soziales bilden eine Einheit, nicht wie in üblicher Sichtweise, dass bedeutende Disziplinen die sind, die sich mit dem „Realen“ beschäftigen (soziales, wirtschaftliches und politisches) und die Disziplin, die die Auswirkungen im Raum untersucht (die die Verortung des Sozialen vornimmt) bloß zweitrangig ist Verwobenheit von Raum und Sozialem kann anhand der Sprache aufgezeigt werden, die zeigt, dass wir dem Raum in unserer Sprache nicht entkommen, was daran liegt, dass es kein Soziales gibt, dass nicht zu anderem in Beziehung steht und kein Soziales gibt, dass nicht irgendwo ist. Die zwei Dimensionen von Raum, die grundlegend für Mensch&Gesellsch. sind und die die Räumlichkeit von allem Sozialem begründen: Da-Sein Verortung des Menschen In-Beziehung-Stehen Verwobenheit mit anderen Raum und Soziales sind sowohl verschieden als auch identisch und immer voneinander abhängig. Bedeutung des Raumes in den Wirtschaftswissenschaften Mikroökonomie: Theorie, in der Wirtschaftliches auf raumloses Markthandeln reduziert wird (Fragen des Transports etc. werden ausgeblendet) und erst in eigenen Modellen der Raumökonomie der Raum als Variable neben andere Faktoren gesetzt wird (Novy: Raum viel mehr als bloß eine Variable) Makroökonomie: Bedeutung des Raumes i.S.d. nationalen Volkswirtschaft als Analyseeinheit wirtschaftl. Prozesse werden im Rahmen des Nationalen untersucht – Konzept des Behälterraums der Nation, der sich gleich einem Glas, das mit Wasser gefüllt wird, mit Wirtschaftlichem (AK, Ressourcen o.ä.) füllt, während nicht-nationale wirtschaftl. Phänomene von Randdisziplinen wie 11 Novy Zusammenfassung regionaler und internat. Ökonomie abgehandelt ==>Makroökonomie berücksichtigt Raum somit als Territorium werden Bis heute ist die Raumaufteilung in Nationen die vorherrschende geblieben, in welchem Rahmen bestimmte Regelmäßigkeiten und Homogenitäten festgestellt bzw. unterstellt werden. Aber zweiter Argumentationsschritt nötig, in dem die räumliche Heterogenität innerhalb von Nationen zu untersuchen ist. Noch ist es recht unüblich andere Behälter als das Nationale zum Ausgangspunkt des Theoretisierens zu nehmen. Zusammenfassend: Wiwi berücksichtigen Raum zwar, aber immer erst zweitrangig. Keine tiefergehende Reflexion über das Wesen von Raum und die Verbindung zur Ökonomie. Zwar Umdenken innerhalb der Wiwi, aber ohne soweit zu gehen, die Einheit von Raum, Zeit und Sozialem zu akzeptieren. Die Produktion von Raum Zentrale These: Raum wird produziert Raum existiert nicht unabhängig von der Gesellschaft, sondern ist selbst, ebenso wie Zeit, ein Produkt der Gesellschaft. Die Produktion von Räumen entfaltet sich in Dialektik von Wandel und Beharrung Beharrung: u.a. Geologie, Klima und Positionierung am Globus Wandel: Umwälzungen in Lebens- und Wirtschaftsweise der Menschen, die diesen Raum bewohnen, verändern ihn und produzieren so einen bestimmten Raum Euklidischen Raumverständnis, auf dem viele unserer Vorstellungen aufbauen: Raum kann in einem Koordinatensystem endgültig und objektiv festgehalten werden (Distanzraum als Entfernung, Behälterraum als zwei- oder dreidimensional). Grundlegende Unterschiede innerhalb dieses Raumverständnisses: Raum als etwas Absolutes – unendlich und unabh. vom Menschen; Raum und Rauminhalt sind entkoppelt – das Konzept des Behälterraums (wird mit Dingen, Menschen, Beziehungen angefüllt) ist dem Konzept räumlicher Phänomene (Raum als etwas Fixem) vorrangig Raum als etwas Relatives – Raum als Medium, das Dinge zueinander in Beziehung stellt: der einfachste Beziehungsraum: der Distanzraum, in dem sich im Koordinatensystem die Entfernungen nicht verändern (Kilometerentfernung bleibt gleich), während sich Raum vielmehr auch mental konstruiert und das Handeln beeinflusst (räumliche Nähe bedeutet nicht automatisch sozialräumliche Nähe) ==>Entfernungen sind somit sozial konstruiert. Auch räumliche Begriffe wie Hierarchie, Verflechtung oder Netzwerk fallen unter diesen relationalen Raumbegriff. Novy: absolutes Raumkonzept falsch es kann aber niemals der Raum ein soziales Subjekt, etwas Eigenständiges sein, sondern nur Menschen in diesem Raum, weshalb im Gesellschaftlichen Raum immer als Beziehungsraum verstanden werden muss. 12 Novy Zusammenfassung Politische Machträume verändern sich durch die Wandlung von politökonomischen und sozialen Kräfteverhältnissen (Paradebeispiel EU). Auch ökonomischer Raum wird durch gesellschaftliche Organisierung hergestellt (Bspl. Zuckerrohrplantagen). Die Un-Ordnung der Peripherie Schon lange wurde die sozial ungleiche Entw. auch als räumlich ungleiche verstanden. Doch erst im 20. Jhdt wurde Polarisierung zu einem Schlüsselthema (wichtige Grundlage dabei das Myrdal´sche Konzept kumulativ-zirkulärer Prozesse). Zentrales Interesse der Entw.forschung galt der Verteilung sozioökonom. Aktivitäten im Raum (z.B. wo findet Ind. statt?) und der Frage ob Kapitalismus zu Polarisierung führt oder nicht. Novy untersucht nun ökonom. Theorien im engeren Sinne, vor dem Hintergrund der beiden großen Theorien über die Beziehung der reichen zu den armen Räumen (freier Weltmarkt vs. hierarchisierter Machtraum). Obwohl Kapitalismus eine globale Ordnung ist, gewinnt die internat. Wirtschaftstheorie erst mit dem Bedeutungsgewinn globaler Phänomene an Bedeutung. Ricardos Theorie der komparativen Kostenvorteile (die als Außenhandelstheorie immer sehr einflussreich war) basiert auf dem Konzept statischer Standortfaktoren: Ein Land ist reich, weil es viele Ressourcen hat irreführendes Verständnis von Raum als etwas Fixem, denn Standortfaktoren werden produziert (in vielen ressourcenreichen Ländern gerade dieser Reichtum Ursache für späteren Niedergang, während ressourcenarme, heute reiche Länder diese zu Passivität&Fatalismus aufrufende Handelstheorie nie akzeptierten) ). Novy: Welthandel nicht als Austausch zwischen gleichwertigen und freien PartnerInnen, sondern Länder des Südens als abh. Pole in die Weltwirtschaft integriert Das ist auch Ausgangspunkt der Polarisationstheorie Untersucht warum und wie die Entw. des Zentrums mit den wirtschaftl. Problemen der Peripherie zusammenhängt Wesentl. Ursache: Fehlen von Ind. an der P Aber durch zirkuläre Prozesse kumulativer Verursachung (der Teufelskreis der Armut), vergrößerte sich das Z-P-Gefälle, besonders auch durch industrielle Neuerungen in der P In LA argumentiert die CEPAL ähnlich: Struktur des Welthandels benachteiligt die Primärgüter-Exporteure, weil sich die Preise für Primärgüter langsamer erhöhen als die für Ind.güter Lösung: ISI im Rahmen eines starken Nationalstaates Bis 1980 erfolgreich, dann mit Verschuldungskrise erneut Eingliederung in die Weltwirtschaft und Verfestigung der alten Z-P-Beziehungen) Die Analyse internat. Arbeitsteilung kritisiert nicht nur Ricardos Theorem, sondern zeigt auch, dass Politik oft die treibende Kraft des Ökonomischen ist internat. Arbeitsteilung ist also Ergebnis politökonom. Entwicklungen demnach also als etwas Produziertes historisch und damit veränderbarer Raum. Konzept der Agglomerationsvorteile: Ballung von Aktivitäten bringt Vorteile und schafft wirtschaftliche Strukturen. Wer hat (Agglomerationsvorteile wie z.B. starke 13 Novy Zusammenfassung Währung, qualifizierte AK, ballen sich in IL), dem wird gegeben (trotz hoher Kosten siedeln Firmen nicht in EL ab) das widerspricht den Annahmen der Freihandelstheorie. Es herrscht heute weitgehende Einigkeit darüber, dass der Markt eine räumliche Hierarchie produziert. Polarisierung sei zwar bedauerlich, aber unvermeidbar und die Weltordnung sei so trotzdem die einzig mögliche. Nach Ursachen von Hierarchisierung wird nicht gefragt. Gemeinsamkeit fast aller Erklärungen zur UE in der Peripherie: Ursachen der Unordnung werden vor Ort gesucht und die Diagnose lautet meist „Selber schuld“. Novy: Es scheint wesentlich sinnvoller, die Erklärung für die Unordnung in über den Raum verteilten ungleichen Machtverhältnissen zu suchen. EZA und Entw.politik müssen tiefergehende Strukturen thematisieren und dazu beitragen die Raumhierarchien flacher zu gestalten. 7. Politökonomische Entwicklung Um Gesellschaft radikal zu analysieren braucht es eine zu den räumlichen und sozialen Wurzeln vordringende Untersuchung, die sowohl in Zeit und Raum in die Tiefe forscht und raum-zeitliche Schichten aufzeigt, die das Handeln heute strukturieren. Den Kern seiner interdisziplinären Analyse bildet die politische Ökonomie, weil mit ihr Politik und Ökonomie integriert analysiert werden können. Kapitalismus als widersprüchliche Ordnung Die Art und Weise, wie Kapital und Staat soziale Beziehungen strukturieren, kennzeichnet unsere Gesellschaft und nicht der Umstand, dass es Marktwirtschaften sind. Zwar bilden kapitalistische Gesellschaften eine Einheit, was aber nicht auf dem harmonischen Zusammenspiel der Mitglieder basiert. Im Grunde sind sie konfliktive Gesellschaften: Verteilungskämpfe zwischen Arbeit und Kapital, zwischen Nord und Süd begleiten ihre Geschichte und beruhen auf den strukturellen Widersprüchen kapitalistischer Gesellschaften zentraler Widerspruch: es werden gleichzeitig Gebrauchs- und Tauschwerte geschaffen Schaffung von Gebrauchswerten u. Bedürfnisbefriedigung Beitrag zum guten Leben freie BürgerInnen, die ihr Lebensumfeld gestalten Logik: der Wunsch gut zu leben Schaffung von Tauschwert, Sicherstellung von Gewinnen und Ermöglichung von Akkumulation der Wert der Aktivitäten der Wirtschaftssubjekte muss sich ständig vermehren Logik: der Zwang zu wachsen Das Problem der Gesellschaftsgestaltung besteht darin, dass das was nützlich ist nur produziert wird, wenn es Profit bringt. Gesellschaftliche Polarisierung gehört zum Wesen kapitalistischer Ordnungen daher die ständigen Interessensgegensätze und Verteilungskämpfe. 14 Novy Zusammenfassung Dialektik von Wandel und Beharrung führt zu Kompromissen, die die dem Kapitalismus innewohnenden Widersprüche nie lösen können K. produziert UnOrdnung, mit den wesentlichen Strukturelementen Kapital und Staat. Kapital und Staat K. ist als Un-Ordnung eine ungerechte Ordnung, was ihn nicht von früheren Gesellschaftsordnungen unterscheidet. Zentrum des K: Kapital als strukturelle Macht Als Akteur und Ansammlung von Ressourcen Als soziales Verhältnis KapitalistInnen = BesitzerInnen der Produktionsmittel vs. Arbeiterschaft = NichtBesitzerInnen ==> das Kapital schafft also wirtschaftl. Machthaber, die durch die Verfügung über Ressourcen Macht ausüben können. Kapitalistische Herrschaft ist um den Produktionsprozess zentriert, in dem ein Teil der Gesellschaft über die Produktionsmittel verfügt, der andere nicht. Das Wesen von Herrschaft im Kapitalismus liegt darin rechtlich freie Subjekte, die aus materiellen Nöten gezwungen sind sich unterzuordnen, zur eigenen Reichtumsanhäufung zu benutzen. ==> Kapital als soziales Verhältnis, das Geldbesitz und Arbeitskräfte im Produktionsprozess (z.B. in Fabriken) zusammenbringt Kapital als produktive Kraft Das Kapital als Organisationsprinzip (verbindet AK und Produktionsmittel zur Schaffung von Mehrwert) ist produktiv und als Prozess handlungsanregend (schafft und verändert Wirklichkeiten, Räume, Menschen etc.) Kapital erhält sich in einem zyklischen Prozess; im Produktionsprozess wir mehr Wert produziert als investiert wurde dieser Mehrwert ist die Basis der Akkumulation und begründet Reichtum. Akk.prozess folgt der Profitlogik ==>wirtschaftl. Dynamik folgt anderen Gesetzen als die politische Trennung des Politischen von der ökonomischen Macht erwies sich für die kapitalistische Wettbewerbsgesellschaft als essenziell (weil es keine einheitliche Kapitallogik gibt). Staat und Kapital brauchen sich gegenseitig, auch wenn sie sich teilweise als Störfaktor empfinden. Sie bilden eine Einheit und schaffen einen Teil der Institutionen (z.B. Recht) die in eine Marktwirtschaft eingebettet sind. Früher war Ökonomie in das soziale Leben eingebettet. Ab 19.Jhdt andere Logik: liberale Marktwirtschaft, Säkularisierung wird als Modernisierung bezeichnet Erst durch die Schaffung der fiktiven Waren AK, Geld und Boden emanzipierte sich die Ökonomie vom sozialen Leben. Kapitalismus und Marktwirtschaft Soziale Grundformen im K: Markt&Ware und Staat Mit dem K. engstens verbunden ist die Marktwirtschaft – in ihr werden über den Markt Tauschbeziehungen organisiert. Heute wird gesamte Gesellschaft über den Markt reguliert, was bedeutet, dass Dinge und Menschen zu Waren werden müssen, 15 Novy Zusammenfassung um getauscht werden zu können Kommodifizierung (= Prozess des Zur-Ware Werdens). Märkte sind daher Institutionen, die soziales Handeln standardisieren. Behauptete Grundlogik des Gesetzes von Angebot und Nachfrage in der Neoklassik: der Preis von Unbrauchbarem fällt, der von Begehrtem steigt. So wird das produziert was auch gebraucht wird. Novy: Zwar ist das oft so, aber es gibt wichtige Ausnahmen – Bspl Computer, denn trotz steigender Nachfrage sinkt der Preis, weil steigende Nachfrage die Produktionsmethoden verändern kann ==>Es gibt keine Mechanik von Angebot und Nachfrage, vielmehr werden Preise durch menschliches Handeln – von ProduzentInnen und KonumentInnen – produziert. Boden, AK und Geld sind fiktive Waren in dem Sinn, als sie sozial konstruiert und durch den Staat sanktioniert sind, dementsprechend konstruiert sind auch Preise. Bspl Boden, denn erst durch gewaltsame Enteignung von indigenen Völkern kann Bodenmarkt entstehen (traditionelle Eigenlogiken wie die Vorstellung Land gehöre denjenigen, die es nutzen vs. kapitalistische Vorstellung Land sei käuflich). Im K können unterschiedliche Produktionsformen miteinander verglichen werden, in dem sie in Geld bewertet werden. Diese Vereinheitlichung schafft einen Weltmarkt. Derartige Universalisierung ist nur möglich, indem die Welt in Waren zerstückelt wird. Diese Fragmentierung der Dinge zerreißt den Zusammenhang, löst die Umwelt auf in eine Summe von Ressourcen, reduziert eine Region auf die Summe an Human- und sonstigem Kapital. Wenn sich aber alle gesellschaftlichen Bewertungen einzig und allein am Wert der Waren orientieren, bedroht dies die Fundamente einer Gesellschaft und gefährdet Vielfalt. Staat … …ist kein abgeschlossenes Gebilde (wie z.B. ein Ministerium), er ist ein Machtfeld, mit Zentrum und Peripherie, auf das verschiedene AkteurInnen Einfluss nehmen. Der Staat ist die Form wie im Kapitalismus politische Herrschaft organisiert ist Grundstruktur moderner Staaten: Exekutive = Regierung & Verwaltung Legislative = Gesetzgebung Judikative = Gerichtsbarkeit Im liberalen Modell konzentrierte sich der Staat darauf, das Gewaltmonopol auszuüben und Gesetze zu erlassen eingegrenzter Staat, der Ordnung durch Zwang und Gewalt herstellte Aber kulturelle und politische Hegemonie wird erst auf Konsens basierend akzeptiert (zwischen Staat und Zivilgesellschaft). Es ist der öffentliche Raum der Zivilgesellschaft, in der über die Zukunft der Gesellschaft, die Art ihrer Organisierung und über die Wege wie Ziele verwirklicht werden sollen, diskutiert wird. Heute ist dies meist Angelegenheit von ExpertInnen (Think Tanks, NGOs, Massenmedien, etc.) professionaliserte Aktivität der Zivilgesellschaft. Somit geht die Bereitschaft für radikale Veränderungen von SpezialistInnen aus. 16 Novy Zusammenfassung Fordistisches Modell vom Gewaltstaat einerseits und Sozialstaat andererseits ist eher ein Sonderfall eines kapitalistischen Staates idealtypischer liberaler Staat besteht aus einem Kern von politischen und hochqualifizierten BeamtInnen (vorrangige Macht besitzen der Staatschef, die Zentralbank und das Finanzministerium) und einer sich ständig ausweitenden Peripherie des Staates als Ausführungsorganisation. Zwischen den autonomen Einrichtungen (wie Sozialeinrichtungen und Schulen) und den neuen privaten AnbieterInnen wird der Wettbewerb organisiert. Patrimonialismus: wenn sich Regierende öffentlichen Eigentum aneignen ( Gegensatz zu positivistischem Anspruch an den Staat als neutralen Verwalter des Allgemeinwohls), in Peripherie schon lange bekannt, wenn auch der Despotie durch den Rechtsstaat, durch die Verwobenheit mit anderen Staaten und durch die Interessen multinationaler Konzerne Grenzen gesetzt sind. Modernisierung und Dependenz Jahrzehntelanger Streit in der Entw.forschung über die richtige Entw.theorie – MT und DT mehr als bloße Theorien, sondern auch Forschungsprogramme und politische Grundhaltungen. Novy will aufzeigen, dass sich Modernisierung und Dependenz in gewisser Hinsicht gegenseitig benötigen, dass die theoretischen Widersprüche nicht immer unversöhnliche Gegensätze darstellen und auf die gemeinsamen positivistischen Wurzeln hinweisen. Im ersten Schritt nimmt er aber bewusst Vereinfachungen für eine Gegenüberstellung vor: Modernisierungstheorie – vereint die konservativen, an der positivistischen Soziologie und der neoklassischen Ökonomie Orientierten Stufenmodell der Entwicklung – Übergang von Tradition zur Moderne wird als linearer Prozess verstanden Gründe für UE: endogene Faktoren Fortschritt durch Übernahme westl. Gesellschaftsmodelle, Weltsischten und Werten (Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit u.a.) Forschungsprogramm: große Bedeutung empirischer Untersuchungen, Auswertung von Statistiken u.ä. Novy: nicht nur allg. Theorien, konkreter Konzepte nötig; Modernisierung kann auch einen Rückschritt bedeuten und wenn sie scheitert ist das manchmal nicht schlecht Dependenztheorie – vereint die progressiven, an der kritischen Soziologie und der marxistischkeynesianischen Ökonomie Orientierten Theorie der Abhängigkeit der Peripherie aufgrund des ungleich stattfindenden Tausches Gründe für UE: exogene Faktoren Übernahme des westl. Gesellschaftskonzepts ist an der Peripherie nicht möglich; „Entw. der UE“ kein radikaler Unterschied zu MT… …viele übernehmen positivistisches Wissenschaftsverständnis, betonen zwar die Bedeutung von Geschichte, suchen aber auch nach raum-zeitübergreifenden Gesetzen, die ihre Theorie bewahrheiten 17 Novy Zusammenfassung Beide Theorien wichtig um Entw. zu verstehen, daher differenzierte Sichtweise wichtig - um sowohl Modernisierung als auch Dependenz als strukturelle Prozesse verstehen zu können, ist deren Einbettung in eine politökonomische Strukturtheorie, in deren Zentrum Kapital und Staat stehen notwendig. Beispiele um Vorzüge von MT und DT aufzuzeigen liefern der Weberianer Faoro (MT-nah) und der Strukturalist Furtado (eher DT-nah) in der Analyse des konkreten Falls Brasilien. Faoro, „Die Herren der Macht“ […] Staatsform des Patrimonialismus - früher war es der Hof des Königs, heute sind es die Ministerien, früher waren es die Adeligen, dann die BeamtInnen und heute sind es die KonsulentInnen, die mit eigenen Regeln und ohne Verbindung zum Volk den Staat kontrollieren und für ihre Interessen nutzen. Bei Modernisierung handelt es sich immer um einen dialektischen Prozess, bei dem einiges verändert wird und anderes gleich bleibt, bei dem sich einige modernisieren, während andere an den Rang gedrängt werden - kurz, es ist ein komplexer Prozess, in dem Wirtschaft und Ökonomie, Staat und Kapital eng miteinander verwoben sind. Furtados Kernthese ist, dass die wirtschaftl. Entw. Brasiliens aufgrund ihrer Außenorientierung 400 Jahre lang zu keinen nachhaltigen Erfolgen führte. Kapitalismus kann für ihn Entw. bringen, ist allerdings ein durch den Staat gemachter Prozess. Der Markt sei dann produktiv, wenn er zu einer nationalen Angelegenheit gemacht wird - die entscheidende Frage ist also wer über Art und Weise der Integration am Welthandel entscheidet, nicht ob sich ein Land am Welthandel beteiligt. Bedenklich ist erst der Umstand, dass Regierungen Prozesse unterstützen, die den Nationalstaaten die Möglichkeit nehmen die Entscheidungen über die eigene Zukunft selbst zu treffen ( Verlagerung der Entscheidungsmacht ist Ausland führt zu Abh.) ==>Dependenz und Modernisierung sind also nicht unbedingt einander ausschließende Prozesse ==>erneut zeigt sich, dass erst eine dialektische Analyse Prozesse angemessen in den Griff bekommt 8. Dispositive der Entwicklung Entw. wird in 8 und 9 als Totalität und so als die Breite der Gesellschaft und den gesamten Raum umfassende widersprüchliche Gesellschaft verstanden. In 7 wurde klargemacht, dass von MT und DT dasselbe Machtfeld benutzt wurde derartige Denkordnungen, die tiefer liegen als Ideologien, inhaltliche Auseinandersetzungen und klar definierte Diskurse nennt Michel Foucault ein Dispositiv: ein verfestigtes diskursives Feld, auf dem sich Diskurse und Praktiken anordnen und zueinander in Beziehung treten eine integrierend wirkende Ordnung, die sowohl strukturiert, als auch Raum für Widerspruch zulässt ist gleichzeitig vereinheitlichend und pluralistisch 18 Novy Zusammenfassung Kulturelle Verhaltens- und Sichtweisen sind immer Ergebnis sozialer Prozesse und damit von Machtverhältnissen – daher sind Diskurse als Machtstrategien zu verstehen, auf denen sich bestimmte Konstruktionen der Wirklichkeit durchsetzen (heute wichtige Rolle der Massenmedien, Bildung, von Think Tanks u.a.). Im K. sind Menschen nicht einfach Unterdrückte, kulturelle Vorherrschaft kann ebenso wie politische nur indirekt hergestellt werden Instrumente sind u.a. Manipulation oder die Schaffung von Diskursen, die die herrschende Ordnung legitimieren Gramsci, der Begründer der marxistischen Kulturtheorie, wies Kultur einen zentralen Stellenwert zu, sowohl für die Analyse kapitalistischer Gesellschaften als auch für die Praxis der Arbeiterbewegung. Gramscis Schlüsselbegriff: Hegemonie= eine Form gesellschaftl. Vorherrschaft, die nicht auf Gewalt, sondern auf Konsens stützt und v.a. in der Zivilgesellschaft hergestellt wird (in Kirchen, Medien etc.). Um ihre Herrschaft zu sichern, setzen die Herrschenden kulturelle Strategien ein ==> Ausübung von Herrschaft nicht nur ökonomisch und politisch, sondern auch kulturell auf dem Feld der Zivilgesellschaft Hegemonie muss daher auch zivilgesellschaftlich und kulturell bekämpft werden Entwicklungsdispositiv und Planung Ein Dispositiv unterscheidet sich vom Diskurs nicht durch den Inhalt, sondern dadurch, dass er in die Breite wirkt und alle Poren der Gesellschaft durchdringt und selbst den Widerstand in seinen Bann zieht. Bspl Entw.dispositiv: Diskurse über Entw. gibt es schon lange (im Positivismus des 19 Jhdts begründet), aber erst seit Ende des 2.WK wurde Entw. hegemonial und begann in allen Gesellschaftsbereichen eine Schlüsselrolle einzunehmen. Entw. ging von Anfang an einher mit Vormundschaft. Die Diskurse von Entwicklung und Nicht-Entwicklung stehen einander seit langem entgegen, sie bekämpfen sich auf einem gemeinsamen Feld, ohne dass klar zwischen einem richtigen/falschen, gutem/schlechtem Diskurs zu unterscheiden wäre. Grund, warum der Entw.diskurs zum Dispositiv wurde: neben dem diskursiven Feld bildete sich ein organisatorisches heraus Planung wurde zur dominanten Praxis der Nachkriegszeit, beruhend auf dem positivistisches Verständnis von Gesellschaft als Maschine, welches zu einer politischen Praxis der Sozialtechnik ( der geplanten Intervention in die Gesellschaft) führt; Folge: zunehmender staatl. Interventionismus Kritik an diesem Verständnis: übermäßiger Glaube an die Herstellbarkeit von Gesellschaftszuständen, denn Gesellschaften seien viel komplexer organisiert als Maschinen Nach dem 2. Weltkrieg sollte mit Hilfe staatl. Planung Markt und Kapital Grenzen gesetzt werden. Entw.planung war in Ost und West eine angesehene Disziplin. 19 Novy Zusammenfassung Das Entw.dispositiv wurde zu einer Strategie ohne einheitlichem Subjekt – nicht für eine Klasse, Gruppe oder Nation, sondern er gab eher einen Rahmen vor, der die Diskurse asymmetrisch strukturierte. Wenn Planung und Entwicklung heute nicht länger Schlüsselbegriffe der politökonomischen Auseinandersetzung sind, dann bedeutet dies, dass sich der Entw.dispositiv auflöst und nicht länger die Un-Ordnung des Kapitalismus stabilisiert. Zerstört wurde er im Wesentlichen vom Globalisierungsdiskurs – dieser war für die Herrschenden äußerst nützlich. Herrschende heute nicht nur Regierungschefs, Nationalstaat nicht mehr so mächtig wie vorher. Was ist an die Stelle des Entw.dispositivs getreten…? Glokalisierungsdispositiv und homo oeconomicus Lange Zeit war der Entw.dispositiv bestimmend, ließ aber Raum für eine Vielzahl an Diskursen, Weltbildern und Gesellschaftsmodellen. Auf seinem Feld fühlten sich KapitalistInnen und KommunistInnen gleichwohl. In den 70ern (durch Akkumulationskrise) gewann der liberale Diskurs von Markt&Wettbewerb wieder an Aufwind, in dessen Mittelpunkt der homo oeconomicus steht. Kurzbeschreibung des homo oeconomicus: Idealtypus des rational agierenden Individuums es optimiert, indem es in jedem Einzelfall abwiegt, was ihm etwas bringt und was es ihn kostet die perfekte Maschine Kritik insofern, dass Menschen nicht ausreichend perfekt seien und im Gegensatz zu ihm Sozialisation etc. brauchen Er lernt, was Humankapital bringt, pflegt Kontakte, die sein Sozialkapital steigen lassen er ist autonom, braucht niemanden, verdankt seinen Erfolg sich selbst, da er sich alles selbst beigebracht hat aber: er ist ein Problem für das menschl. Zusammenleben er kennt keine Moral und richtet sich nach dem Markt, der kooperatives und soziales Handeln verhöhnt Folgen seiner an den momentanen Bedürfnissen orientierten Handlungen (Bspl. Regenwaldrodungen) er steht im Mittelpunkt des neoklassischen Marktmodells Aber: er beschreibt nicht bloß einen Menschen, er konstruiert ein Menschenbild und trägt damit dazu bei, homines oeconomici zu produzieren. Sein besonderer Reiz liegt darin auf alle Felder menschlichen Handelns anwendbar zu sein (Bspl optimierte EZA) Um diesen neuen Dispositiv durchzusetzen waren wieder organisatorische Veränderunge notwendig, diesmal v.a. in räumlicher Dimension. Kern des neuen Dispositivs: Glokalisierung beschreibt ein spezifisches Zusammenspiel von global und lokal, das auf der Zurichtung des Lokalen nach den Erfordernissen des globalen Kapitals beruht. Glokalisierung besteht in einer Doppelbewegung von Globalisierung und Dezentralisierung unter bewusstem Ausschluss von Nation und Politik. 20 Novy Zusammenfassung Ist im Unterschied zu Globalisierung ein umfassenderer und flexiblerer Begriff, weil damit die zentrale Dialektik von Wandel (alles Fixe löst sich auf) und Beharrung (der Wunsch nach Stabilität und Vorhersehbarkeit) diskursiv in den Griff zu bekommen ist und es Raum für GlobalisierungsbefürworterInnen wie –kritikerInnen gibt. Verschiedenste Formen, die das Lokale und Feste der Glokalisierung annehmen kann, Bspl EZA – Boom kleiner Projekte mit mehr Mitbestimmung vor Ort, während wichtige Entscheidungen von anonymen Marktgesetzen getroffen werden. Das Glokalisierungsdispositiv lenkt das Denken und Handeln in bestimmte Bahnen: Weg von Politik, hin zu biedermeierlichen Privatraum, öffentlichem Konsum etc. 9. Regulation der Entwicklung Sich an der Regualtionstheorie orientierend, fasst Kapitel 9 die verschiedenen Elemente einer politökonom. Analyse zusammen. Große Stärke der Regulationstheorie: sie schafft ein Bewusstsein für Strukturen und versteht diese aber gleichzeitig nicht als unveränderlich. Ihr politisches Anliegen: die Dialektik von Struktur und Handeln herauszuarbeiten (denn Strukturen beschränken unser Handeln – in Form von Zwang – und ermöglichen unser Handeln – denn sie sind die Voraussetzung für Freiheit) und Gestaltungsräume für verändertes Handeln zu eröffnen. Die Regulationstheorie versteht Entw. als Synthese aus Akkumulation und Regulation Krise und Stabilität Novy: K ist eine widersprüchliche Gesellschaftsordnung (Interessenskonflikt zwischen Angestellten und UnternehmerInnen), die aufgrund ihrer Unsicherheiten und Komplexität eigentlich im Chaos enden müsste. Trotzdem ist in kapitalistischen Gesellschaften Ordnung möglich. Wie und warum, beantwortet die Regulationstheorie - indem sie sich an einem Verständnis von Zeit als historisch orientiert, das sich von einem Konzept von logischer und daher jederzeit wiederholbarer Zeit abgrenzt. Sie bezieht sich zunächst auf die Periode des Fordismus (die Phase der Massenproduktion für den Massenkonsum). Regulation: einem Thermostat gleich, gibt es soziale Kräfte, die eine Gesellschaft regulieren und Stabilität herstellen. Politische Ökonomie kennt aber nicht nur Stabilität, sondern auch Krise. In Krisenzeiten kann Handeln Strukturen besonders stark gestalten. Die Lösung der Krisen ist aber weder willkürlich noch zufällig. Vielmehr wirken die (Macht-)Strukturen aus früheren, stabilen Phasen auch in Zeiten der Krise fort. Kleine Krise: es kommt bloß zu gesellschaftlichen Auseinandersetzungen innerhalb einer stabilen Ordnung. Nicht radikale, nur leichte Richtungsänderungen möglich. Große Krise: sind Krisen des Dispositivs, in denen der alte Dispositiv zerstört wird und sich neue Strukturen herausbilden. Die Gesellschaft wird am Ende einer großen Krise auf einen neuen Pfad gesetzt. 21 Novy Zusammenfassung Akkumulation Entwicklungsprozessen liegen Kreisläufe zugrunde. Wichtigster Kreislauf ist der von Produktion und Konsum. (Ohne ausreichende Kaffeeproduktion in Brasilien keine Kaffeekränzchen in Europa und umgekehrt) Bspl Kaffee/Kautschuk zeigt, wie schwerwiegend die Probleme sind, die sich im Kapitalismus aus dem Kreislauf von Produktion und Konsum ergeben (u.a. ökologische Folgen in Regenwaldgebieten und soziale Folgen, als es anderes Angebot in Südostasien gab, die Preise fielen, die Nachfrage zurückging und der Kreislauf degenerierte). Reproduktionsschema: beschreibt einen funktionierenden Wirtschaftskreislauf: Was produziert wird, wird dazu verwendet, in einer zweiten Runde erneut produzieren zu können. In kapitalistischen Gesellschaften bildet Geld den Ausgangspunkt ökonomischer Aktivitäten. Marx beschreibt diesen Kreislauf als einen Prozess von Geld-Ware-Geld und dadurch, dass UnternehmerInnen darauf hoffen, dass am Ende mehr Geld übrig bleibt als sie ursprünglich eingesetzt hatten als einen Prozess von Geld-Ware-MehrGeld (Akkumulation). Diese Logik erklärt auch die Dynamik des kapitalistischen Systems – die Tendenz (der Anreiz bzw. Zwang) zu wirtschaftl. Expansion und Wachstum. Zwei Idealtypen zur Systematisierung von Akkumulationsregimen (stellen nicht linear aufeinander folgende Phasen der Höherentw. dar) Extensive Akkumulation: Ausweitung kapitalistischer Strukturen (v.a. in Form der Eingliederung der bäuerliche Bevölkerung in die kapitalistische Ökonomie). Immer mehr Menschen leisten immer mehr Arbeit, was die Wirtschaft ankurbelt und wachsen läßt ( USA zwischen 1970 und 1991) Intensive Akkumulation: Die Dynamik beruht auf Produktivitätsfortschritten (Intensivierung der Produktion) ( Deutschland zwischen 1970 und 1991) Regulation Im Entw.dispositiv übernahm der Nationalstaat die Aufgaben der Regulierung – ExpertInnen des Staates setzten die geeigneten wirtschaftspolitischen Maßnahmen. Staatl. Regulierung von Entw. fand im Rahmen der Praxis der Sozialtechnik als geplante Intervention in die Gesellschaft statt (in Form von Gesetzen, Steuern u.a.) Regulation: Ist aber wesentlich mehr als Regulierung Umfasst die Bereiche der staatlichen Sozialtechnik zivilgesellschaftliches Handeln Beschreibt den komplexen sozialen Prozess, wie Gesellschaften stabilisiert werden Regulationsweise: ein Strukturmodell kapitalistischer bestimmten Zeitpunkt und in einem bestimmten Raum. genauso wie kapitalistische Entwicklung zu einem Institutionen (regelmäßige Verhaltens- und Denkweisen bzw. stabilisierte Handlungsmuster) stellen die Grundlage von wirtschaftlicher und politischer Ordnung 22 Novy Zusammenfassung dar verändern sich diese Gesellschaftsveränderung statt. Institutionen bzw. Routinen, findet Novy stellt nun die grundlegenden strukturellen Formen Arbeitskraft, Wettbewerb, Geld und Natur vor. Arbeitskraft AK ist im K eine Ware, die gehandelt wird. Zwischen rechtlich Gleichen wird ein Arbeitsvertrag abgeschlossen, was widersprüchlich ist, denn er bedeutet Unterwerfung auf Zeit. Die grundlegende strukturelle Form (laut Regulationstheorie) ist das Lohnverhältnis, welches die beiden Klassen des K konstituiert (Kapital und Arbeit) und über die Verteilung des Mehrwerts entscheidet. Nach dem zweiten WK umfassendes Reformprojekt: Neue Regulationsweise: Fordismus, in dem durch Intensivierung Wachstum erreicht wurde und sich die Massenproduktion auf den Massenkonsum ausrichtete die gesamte Gesellschaft richtete sich danach um Teilweise Transformation, so dass die Ungleichheiten zwischen den Klassen weniger deutlich waren (mehr Macht den Gewerkschaften, Bevorzugung der Arbeiterklasse gegenüber dem Kapital) ==>für neoliberale Kräfte (Thatcher, Reagan) bestand also im Anschluss daran die wichtigste Aufgabe in der Umwandlung des Lohnverhältnisses zurück in ein privates Geld… …ist die Voraussetzung der Vereinheitlichung sozialer Werte. Produktionsmittel und AK werden im Produktionsprozess eingesetzt um zu mehr Geld als ursprünglich eingesetzt zu werden. Geld gewinnt einen Selbstzweck, denn alle Menschen in arbeitsteilig organisierten Gesellschaften wissen, dass und wie über Geld Bedürfnisse befriedigt werden können. Um Geld zu verwerten ist eine stabile Regulation ist notwendig (z.B. Inflationsbekämpfungsmaßnahmen). Geld- und Währungspolitik legen fest welches Produkt und welche Leistung welchen Wert hat und beeinflussen die Beziehung inländischer zu ausländischer Arbeit. Souverän ist Geldpolitik dann, wenn Nationalstaaten eigenständig Zinsen und Wechselkurse festlegen können (in EL eigentlich nur in einer kurzen Phase des Fordismus). Mit der Dollarisierung verzichtet ein Land auf einen Gutteil seiner Souveränität. Durch externe Währung wird die Politik in der Peripherie auf die Verteidigung des Werts des Geldes reduziert die Gestaltung von wirtschaftlichem und sozialem Leben ist nicht mehr möglich, da es nur noch darum geht, den Wert des Geldes zu verteidigen (Bspl Argentinien). Neben der Rolle als Zahlungsmittel hat Geld auch die andere wichtige Bedeutung als Wertaufbewahrungsmittel. Dadurch wird Macht eine Schlüsselrolle im Geldverhältnis, Bspl: bei Inflation veschiebt sich Reichtum von den Besitzenden zu den SchuldnerInnen. 23 Novy Zusammenfassung Wettbewerb... …wird in der Regulationstheorie als Konkurrenzverhältnis bezeichnet - es regelt Wettbewerb sowohl unter den EigentümerInnen als auch unter den ArbeiterInnen - es beschreibt das Maß der Konzentration von Kapital und die Art der Preisregelung (Monopole, Oligopole) Konkurrenz als strukturelle Form im K beeinflusst aber nicht nur das Kapital, sondern auch die Arbeit – in Form von Wettbewerb unter den AK (z.B. Männer gg Frauen) Das Konkurrenzverhältnis fördert Individualisierung und Fragmentierung, sozialer Zusammenhalt wird untergraben. ==>Förderung einer Grundhaltung, die Wettbewerb gegenüber Zusammenarbeit bevorzugt, auch wenn arbeitsteilig organisierter K strukturell auf der Dialektik von Konkurrenz und Kooperation beruht. Wettbewerbslogik ist nicht nur aufs Ökonomische, sondern auf beliebig viele Bereiche ausdehnbar und hat eine Wettbewerbsgesellschaft und einen Wettbewerbsstaat geschaffen. Natur Der Produktionsprozess hat 2 Seiten: - den Verwertungsprozess - die stoffliche Dimension Kreative Zerstörung: - ein Prozess, in dem sich Kapital verwertet - ein Prozess, bei dem Luft verschmutzt wird etc. ==> Produzieren ist also ein wirtschaftlicher, aber auch ein sozialer und ökologischer Prozess Wie sich das gesellschaftl. Naturverhältnis (= wie Menschen die Beziehung zur Natur denken und organisieren) gestaltet, ist wichtig für die kapitalist. Regulation. Kapitalistisches Produzieren erfordert eine Inwertsetzung der Natur. Um die Form des gesellschaftl. Naturverhältnisses ranken sich heute wichtige soziale Auseinandersetzungen (z.B. Eigentumskonflikt indigener Völker mit Nationalstaaten). Boden, und Natur allgemein, sind allerdings „fiktive“ Waren, die erst über Schaffung eines (Boden-)Marktes so wahrgenommen wurden. Entwicklung als Totalität Das Strukturmodell ist mit der Analyse der vier strukturellen Formen komplett und beschreibt als Momentaufnahme einer Gesellschaft die wesentlichen Beziehungen in einem System und ordnet die Wirklichkeit Novy stellt dies vereinfacht in der Tabelle auf S.109 dar (das fordistische Regulationsdispositiv Brasiliens). 24 Novy Zusammenfassung Strukturen als Momentaufnahme erfassen den Prozesscharakter von Entw. aber nicht, denn es gibt in kapitalist. Gesellschaften einen kontinuierlichen Prozess der Strukturierung. Um Phasen langfristiger Instabilität zu erfassen hilft der Begriff des Dispositivs. Ein Dispositiv als ein diskursives Machtfeld stellt eine andere Form dar Kontinuität und Wandel zu thematisieren. Er strukturiert nicht nur den Diskurs, sondern auch Praktiken, ohne die Handlungen zu determinieren. Er stellt sicher, dass auch in der Krise kein unstrukturiertes Chaos herrscht. Um sich als Ordnung zu stabilisieren, muss ein Dispositiv sowohl ein Moment der Verfestigung als auch eines der Veränderbarkeit haben. Der Begriff bezeichnet ein breites soziokulturelles und soziopolitisches Feld er bildet eine einende Sprache, er leistet Sinnstiftung, um die Wirklichkeit zu verstehen. Kultur ist dann wesentlich mehr als ein gesellschaftlicher Randbereich, denn Kultur bildet als Gewohnheiten, Normen etc. die Grundlage unseres Handelns. Zwar ist in kapitalist. Gesellschaften die Ökonomie von entscheidender Bedeutung, die alleinige Analyse von Ökonomie und Politik reicht aber nicht aus (worauf auch Gramsci und die Cultural Studies hinweisen). Politische Ökonomie konzentriert sich häufig einzig darauf, dann schafft sie es aber nicht Gesellschaftswissenschaft zu sein, denn dann fehlt die Verbindung zur Handlungsperspektive sozialer AkteurInnen. Denn Kultur ist das Feld, das politischen und ökonomischen Prozessen Sinn verleiht. Novy wiederholt, dass politisches und ökonomisches Handeln immer interpretationsimprägniert ist und die von Menschen gewählten Interpretationen über ihre Handlungen und die Strukturen, die sich in einer Gesellschaft herausbilden, entscheidet. Zusammenfassend/wiederholend: Ein Dispositiv benennt die gesellschaftliche Totalität als ein die gesamte Gesellschaft strukturierendes Machtfeld. Novy stellt das Entw.- dem Glokalisierungsdispositiv gegenüber. Das Entw.dispositiv kann ebenfalls als nationalstaatszentriertes Regulationsdispositiv bezeichnet werden, wie auch das gegenwärtig dominante Glokalisierungsdispositiv als liberales Regulationsdispositiv bezeichnet werden kann (die beiden Sichtweisen schliessen sich nicht aus, sondern ergänzen einander). Ein Dispositiv als ein diskursives Machtfeld ist ein Konzept, das nicht an den Kapitalismus gebunden ist und daher auch in nicht-kapitalistischen Gesellschaften anwendbar wäre. Das Regulationsdispositiv dagegen basiert auf einer politökonomischen Analyse und ihre Kategorien beanspruchen nur im Kapitalismus Gültigkeit. 25 Novy Zusammenfassung TEIL III 10. Kairos Phronesis Konjunkturanalyse Verhältnis von Stabilität & Wandel Vergl.: Gesellsch. = Lok Bspl.: Un-Ordnung des Kapitalism. Fordistische s System & Vorteile (starke Nation) Ende des Wirtschaftsa ufschwungs Krise --- PRAXIS --- Konjunktur der Entwicklung In diesem Teil des Buches erarbeitet Novy Handlungsperspektiven für das hier und jetzt. Anfangs bringt er dafür zwei interessante Begriffe ein: kairos: ist das griechische Wort, für den richtigen Moment etwas zu tun phronesis: ist die praktische Rationalität, welche einen Mensch dazu befähigt Antworten auf konkrete Fragen zu finden. Hierbei gibt es keinen Königsweg (Best-Practise), sondern diese sind von Ort zu Ort unterschiedlich. Phronesis soll helfen neue Konzepte für die Zukunft zu entwerfen und um kairos richtig zu deuten, bedarf es gemeinsamer Reflektion. Dabei muss man sich bewusst sein, dass sein Denken über Gesellschaft immer an eine politische Praxis gekoppelt ist, seine Analyse an seine eigene Moral, usw. usw. Deswegen ist es von Bedeutung, Geschehnisse auf kritische Art zu analysiert, denn dies beeinflusst die Qualität des Handelns: hierfür verwendet Novy die Form der Konjunkturanalyse (*Konjunktur = beschreibt einen konkreten Moment einer langen Dauer und bettet Ereignisse in eine größere strukturelle Entwicklung ein) Konstanz der Un-Ordnung: (S. 111) Novy untersucht inwieweit in der Gegenwart Stabilität und Wandel aufeinander treffen und ineinander spielen. Dabei vergleicht er die gesellschaftliche Entwicklung mit einer Lokomotive, welche auf einem bestimmten Gleis den Schienen folgt. Zu untersuchen gilt, inwieweit diese Schienen von der Gesellschaft festgesetzt sind (die Richtung, ohne das Ziel genau zu definieren) oder ob sie von den Fahrgästen und dem Lokführer beeinflusst werden können. Meist scheint das Ziel (die Zukunft) vorhersehbar (Pfadabhängigkeit). Unzufriedene Fahrgäste sollen in das Geschehen eingreifen: Dabei sollen die – abhängig von der Krise – Sand ins Getriebe streuen und den Weg/die Geschwindigkeit zu ändern oder die gesamten Geleise zerstören und neu verlegen (große Krise). Bezogen auf die Gegenwart gibt Novy einige (meist bekannte) Beispiele um auf die bestehende Unordnung und Widersprüche des Kapitalismus hinzuweisen. [Kluft zw. Arm und Reich; Konzentration von Macht und Reichtum in der Hand von einer Minderheit; ungleiche Verteilung von Lebenschancen…] Die Zerstörung des nationalstaatszentrierten Regulationsdispositivs. (S. 113) Zunächst wird auf das fordistische (Regulations-)System eingegangen: Dies sei das beste Modell, welches die Widersprüche des Kapitalismus mit den Interessen eines großen Teils der Bevölkerung zusammenführt - dabei muss der geschichtliche Hintergrund und die Entwicklung beachtet werden. Zur Zeit des Fordismus war der ökonomische Raum sehr stark national eingeschränkt. D.h. Kapital konnte zwar für den Import und Export eingesetzt werden, jedoch nicht als Geldkapital abfliesen (das heißt, Geld musste wieder im eigenen Land investiert werden). Dies erleichterte das souveräne Handeln in einem Staat und der Einfluss des Volkes auf Entscheidungen war enorm groß (in IL führte dies zum Ausbau eines Wohlfahrtsstaates und in EL zur Industrialisierung). Dieses Aufschwung war jedoch nicht von Dauer: als die Ausweitung des Massenkonsums ins stocken geriet, sanken die Profite der Firmen und die Unternehmer sahen die Gefahr die Kontrolle über die Gesellschaft zu verlieren. 26 Novy Zusammenfassung 68er Bewegung Postkapitalist. Gesellschaft ? Marktfunda mentalismus Liberalisieru ng der Kapitalmärkt e Globaler Wettbewerb Verringerun g des Sozialen Quelle des Reichtums = Geld Mittelpunkt = Markt liberale Regulation Gleiche Gedanken bei linken Sozialliberali smus Untergrabt Moral & sozialen Zusammenh alt Es kam zu gesellschaftlichen Umbrüchen (68er Bewegung) und einer Krise des Kapitalismus (Zusammenbruch des Bretton Woods Systems 1973,…). Hier schien sogar eine post-kapitalistische Gesellschaft in Aussicht, unterstützt von den Ideen/Ideologien der Postmoderne. Es wurden bedeutende Kritikpunkte (patriachale Strukturen, Vernachlässigung der Ökologie,…) des Fordismus angesprochen und diskutiert und mit Hilfe des Mottos „global denken, lokal handeln“ wurden nationalstaatlich zentrierten Regulationen dekonstruiert. Gleichzeitig kam es aber auch auf der rechten Seite zu Reformen der eigenen Ideen und es entstanden neue neoliberale Modelle. Hierbei wurde der Marktfundamentalismus erfolgreich als politische Strategie durchgesetzt und legitimierte erneut Strukturen der Ungleichheit. Schritt um Schritt kam es zu einem Liberalisieren der Kapitalmärkte (z.B. freie Wechselkurse 1973 und nach der Schuldenkrise). Durch die freie Bewegungsmöglichkeit von Kapital gewann Geld an Macht gegenüber Arbeiterschaft und nationaler Politik (jetzt kann überall investiert und Geld sehr schnell von einem Ort zum anderen verschoben werden). Dies führte zu einem globalen Wettbewerb der lokalen Standorte um internationales Kapital dies wiederum verringerte die sozialen Errungenschaften der fordistischen Zeit. Es kam/kommt zu Veränderungen im Wettbewerbsrecht, Freischaltung des internationalen Kapitals und einem Untergraben von Arbeits-/Sozialpolitik und Sozialversicherungen. Die Durchsetzung eines liberalen Regulationsdispositives. (S.115) Infolge des Wandels zu Ideologie des Markt-Modells kam es zu tief greifenden Veränderungen: Die Quelle des Reichtums wurden Finanztitel (Aktien, Schuldscheine,…) – dessen Entlohnung der Zinns war (Marx: Geld hat Eigenschaft Zinns abzuwerfen wie ein Birnenbaum Birnen). Deswegen tendiert eine finanzgetriebene Regierung zur Anhebung der Zinsen, wodurch das Produktivkapital, das billiges Kapital zum investieren braucht geschwächt wird. Kurzfristige Profitraten sind Grund zur Investition und nicht langfristige Expansionsstrategien. Markt und Unternehmen werden in den Mittelpunkt gerückt und politische Steuerung untersagt = liberale Regulation. Dadurch wird Arbeitskraft zu einer Ware wie jede andere und Wettbewerb zur bestimmenden Form für die Gesellschaft. Auf internationaler Ebene setzte sich der Washington Konsens als dominierende Wirtschaftspolitik durch und die Öffnung der Märkte (verbunden mit monetaristischer Währungspolitik) wurde als Lösung aller Entwicklungsprobleme gesehen. Dieses Gedankengut setze sich auch bei linken und sozialen Wissenschaftlern durch und führte zu einem Aufweichen der Grenzen aus Sozialdemokraten wurden Sozialliberale (auch linke fördern die Marktfreiheit des Individuums). Das Kapital wurde zum strukturierenden gesellschaftlichen Verhältnis, Menschen werden dazu erzogen unternehmerisch zu handeln, sich zu verkaufen und zu kaufen. Dadurch scheinen diese Strukturen als unabdingbar und gegeben – die Welt als Ansammlung von optimierten Individuen (homo oeconomicus) für die die anderen nur Objekte von Austausch und Begierde sind. Dieser Glaube an die Selbststeuerungskraft des Individuums untergräbt die Moral und den sozialen Zusammenhalt die Folgen sind gesellschaftliche Auflösungserscheinungen. 27 Novy Zusammenfassung Ökonomisier ung des Sozialen Entrechtlich ung des Sozialen Betroffen: Mittelschicht 11.Septemb er & Folgen Entdemokra tisierung „Absolutism us auf Zeit“ Vom Sozialliberalismus zum autoritären Liberalismus. (S. 117) (+ Graphik 118) Das gegenwärtige sozialliberale Marktmodell verkauft sich als Gegenmodell zum NeoLiberalismus; es ist jedoch eine Radikalisierung dessen: denn die neoliberale Logik wird auch auf das Soziale angewendet die Ökonomisierung des Sozialen („Was keinen Preis hat, ist auch nichts wert“ gilt auch für jede menschliche Aktivität). Man spricht von Humanen- und sozialem Kapital. Bildung, Gesundheit und Altersvorsorge werden zu Märkten umfunktioniert. Es gibt keine „Rechte“ mehr sondern nur Fürsorgeleistungen, welche - von der Finanzierbarkeit abhängig - angeboten werden Entrechtlichung des Sozialen. Besonders betroffen von dieser Entwicklung ist die Mittelschicht, welche sich nun soziale Dienstleistungen über den Markt erwerben muss, will sie nicht sozial absteigen. Soziales wird der Kurzfristperspektive der Marktlogik unterworfen und Politik kümmert sich um nicht um negative externe Auswirkungen ihres eigenen Handelns. Eine Gesellschaft ist aber mehr als ein Markt und es ist eine zivilisatorische Errungenschaft, dass sich Wahre nicht immer rechnen muss. Gerade als der Kurs des Sozialliberalismus unbestritten schien, kam es zum 11 September und seine Folgen, welche zu eine Krise des Sozialliberalismus führten. Es kam zu einer Stärkung der Exekutive und einer Straffung von Entscheidungsprozessen Entdemokratisierung. Beamte werden für ihre Amtszeit der demokratischen Kontrolle und ihrer Rechenschaft gegenüber der Bevölkerung immer mehr entzogen und ihre Kontrolle reduziert sich auf die Evaluierung im Nachhinein. Gleichzeitig verliert die gesetzgebende Kraft immer mehr an Bedeutung. Die gewählten Vertreter des Volkes erheben einen Alleinanspruch auf Zeit, welcher autoritär/monarchistisch scheint. Es kommt zu einer politischen Vorstellung von „AbsolutismusaufZeit“ in welcher Gewaltentrennung kontraproduktiv scheint (wenn Privatisierung ökonomisch sinnvoll scheint, wieso sollten Richter dies gefärden?) Wie rasch sich jedoch Diskurse ändern zeigt das Attentat auf das World Trade Center – hier wurden innerhalb kürzester Zeit Mittel für Staatsinterventionen (für Flugfirmen) frei gemacht, obwohl dies eine klare Wettbewerbsverzerrung darstellen würde und die Zentralbank senkte ihre Zinsen (obwohl jahrelang gepredigt wurde nicht die reale Ökonomie durch Zinnspolitik zu beeinflussen). Daraus schließt Novy, dass Diskurse Techniken sind, die dazu dienen Interessen durchzusetzen und somit immer von denen Abhängig, welche im Besitz der Macht sind. D.h. Diskurse erfüllen immer eine vorübergehende ideologische Funktion und sind Einsatz im Machtspiel. Unterschied zw. Sozial & Neoliberlism us Eine reine Ansammlung von homo oeconomici würde jedoch niemals eine Gesellschaft ergeben sondern in einem Krieg aller gegen alle enden (Hobbes). Der Unterschied zwischen Neo- und Sozialliberalismus liegt darin, dass im Sozialliberalismus der Wettbewerb reguliert werden soll um gesellschaftlich optimale Ergebnisse zu produzieren. Sie beachtet den Umstand, dass (Markt-)Freiheit mit der Freiheit anderer in Konflikt geraten kann. Dieser Konflikt soll über Wettbewerbsbehörden behoben werden wer die Möglichkeit hat benutzt staatliche Macht um Regeln zu seinem eigenen Vorteil auszulegen. Autoritärer Liberalismus Hier kommt der autoritäre Liberalismus ins Spiel – dieser verleiht dem Gedankengebäude des Liberalismus Religionscharakter und duldet keine Kritik. Diese Tendenz wird in Form der WTO-Freihandelsideologie und dem EU-Binnenmarkt verstärkt - die Umwandlung in Waren gilt nun auch für Dienstleistungen und Patente. 28 Novy Zusammenfassung Das sozialliberale Modell verliert an Einfluss und autoritäre Charaktere gewinnen an Einfluss. Der Staat und die Firma weisen den amoralischen homo oeconomicus erneut in seine Grenzen – hier geht es um ein Abwägen von Freiheit und Zwang. 11. Ermächtigung macht Entwicklung (S. 126) Strukturen werden durch Mächtige verändert Ermächtigg. ~ Entwickl. Vgl.: Welt = Haus. 2 Sichtweise n Zusammeng zw. Handeln & Strukturen Mensch = Subjekt & Objekt Strukturieru ngsmodell Strukturen sind keineswegs Sachzwänge sie werden durch politische Entscheidungen produziert und sind durch die (freien) Entscheidungen mächtiger Gruppen auch wieder veränderbar. Daher wird zu einer wichtigen Frage wer im Besitz von Macht ist. Wenn man nun Entwicklung als Freiheit und Befreiung definiert, rückt Ermächtigung ins Zentrum der Analyse. Dialektik von Struktur und Handlung (S.126) Hier bringt Novy einen sehr schlüssigen Vergleich ein, welcher sich durch die folgenden Kapitel zieht: Das Bild der Welt als ein Haus: in diesem wohnen Menschen in den verschiedenen Räumen (in Regierungs- und Privatzimmern) und andere stellen sicher, dass das Haus nicht zusammenstürzt. Dabei gibt es zwei verschiedene Sichtweisen für Handeln und Strukturen: die einen sehen die Strukturen als unveränderlich. Sie beschränken ihr Handeln auf Anpassungsleistungen, auf Reparaturarbeiten der Teile wie sie es vorgefunden haben die anderen sehen Strukturen als gestaltbar. Sie versuchen das Haus so zu verändern, dass es besser an ihre Bedürfnisse angepasst wird. Novy meint, dass die Welt die wir bewohnen mehr als sanierungsbedürftig sei: es müssen ganze Wände verschoben werden und Teile dazu/abgebaut werden damit sich alle BewohnerInnen wohlfühlen. Dies ist vielleicht teuer und gefährlich jedoch notwendig für das Erschaffen einer freien Welt. Das momentan vorherrschende neoklassische Weltbild will jedoch genau das Gegenteil: es will als nicht zu verbessernde Meisterleistung angesehen werden – Veränderungen oder selbst der Wunsch wollen verboten werden. Innerhalb der vorgegebenen Räume darf sich jeder austoben, doch die Struktur darf nicht bekrittelt werden. Es ist jedoch wichtig den Zusammenhang zwischen Handeln und Strukturen aufzuzeigen. Menschen produzieren Wirklichkeiten und sehen sich gleichzeitig als Objekte dieser Wirklichkeit - sie sind Subjekte ihres Handelns und gleichzeitig Produkte der Gesellschaft in der sie leben. Die Welt ist somit weder rein subjektiv noch rein objektiv… Dies ist der Grundgedanke der Strukturierungstheorie: Strukturen beschränken das Handeln aber ermöglichen es auch gleichzeitig. (z.B. deutsche Sprache: gäbe es keine Sprache, könnten wir nicht Deutsch sprechen; umgekehrt gibt es eine deutsche Sprache nur weil wir sie sprechen) Sozialliberales Handeln (S. 127) Marktwirtsch aft, Demokratie &Menschenr echte 29 Novy Zusammenfassung Der Sozialliberalismus baut auf einem gewissen Verhältnis zwischen Struktur und Handlungen auf: Die Ökonomie unterliegt bestimmten Sachzwängen (aus der Vergangenheit geerbt); dabei ist die Marktwirtschaft unsere wirtschaftliche Ordnung, und Demokratie und Menschenrechte unsere politische. Global governance ist die Umsetzung dieses Modells auf weltweite Strukturen – das Modell der Metropolen wird in die Peripherien verpflanzt und an sie angepasst. Dabei sollen sich die besten Projekte durchsetzen (Best-Practise Modell). Dies führte zu einer Verbreitung der Projektkultur, wodurch immer mehr Lösungen für Teil-Probleme geliefert wurden, jedoch der Blick auf das Ganze verloren ging fragmentierte Erkenntnisprozesse. Diese Teilerklärungen sind jedoch nicht hilfreich bei der Erklärung von komplexen Problemen (Der Vormarsch der Spezialisten führt zum/resultiert aus dem Tod der Generalisten). Um auf das Beispiel des Hauses zurückzukommen, reagieren die meisten Sozialliberalen nur auf strukturelle Rahmenbedingungen und beschränken sich rein auf eine Veränderung der Innenarchitektur. Andere Sozialliberale übermalen Probleme nicht mit schönen Worten, sondern verlegen neue Leitungen und verschieben manchmal Wände. All diese Bestrebungen werden jedoch von der Marktwirtschaft eng begrenzt – Mitbestimmung und Gestaltung wird so klein wie möglich gehalten und kritische Gesellschaftsanalysen nicht vorgenommen. Verbindung von lokalem und globalem Konsum freiheit ??? Es sollte zu einer engeren Kopplung lokaler Aktivitäten an globale Prozesse kommen, damit Strukturen nicht zu zerstörerischen Sachzwängen werden (z.B. können lokale ökologische Probleme nicht gelöst werden wenn sich auf globaler Ebene nichts bewegt). Ein wichtiger Teil ist das Konsumverhalten der BürgerInnen – diese werden auf dem globalen Markt zu KundInnen mit einer gewissen Konsumentensouveränität (d.h. Markt-Wahlfreiheit). Diese Freiheit ist jedoch durch das Angebot und die eigene Kaufkraft stark beeinträchtigt. Einerseits wirken fair-trade Bewegungen zu einer Erweiterung des Angebotes bei und bieten Menschen die Möglichkeit durch konkrete Taten Menschen im Süden zu helfen. Andererseits ist diese Freiheit stark von seiner Kaufkraft abhängig – wer mehr Geld besitzt ist freier und hat eher die Möglichkeit moralisch zu handeln. Dieses moralische Handeln ist jedoch die maximale Reichweite sozialliberaler Moral. Will man diesen fairen Handel jedoch ausweiten stellen sich weitere Aufgaben: die bestehenden Wettbewerbsbedingungen und der Markfundamentalismus muss kritisiert werden – gleichzeitig kann der Staat durch Subventionen ein Zeichen setzen. Dabei können KonsumentInnen im Norden etwas über die Weltstrukturen und konkrete Probleme der Peripherie lernen. Revolution? Macht = Verfügen über Reccourcen Gegenmacht bilden (S. 131) Für Novy beinhaltet der Sozialliberalismus nur eine sehr eingeschränkte Vorstellung von Handlungen, da sie das Haus als unveränderbar ansehen. Eine der nahe liegenden Alternativen wäre eine Revolution, also ein Neubau ohne Rücksicht auf Verluste, damit neue Herren die Möglichkeit haben es besser zu machen (Marx bot dazu eine Theorie die ein mechanisches Gegenmodell politikfähig machte). In einem mechanischen Bild von Gesellschaft ist Macht die Fähigkeit eigene Interessen durchzusetzen – wobei sich Macht aus dem Verfügen über Ressourcen ergibt (z.B. Geld, Wissen, Organisationsfähigkeit,…). Die Welt ist demnach durch eine 30 Novy Zusammenfassung Hierarchie aus Macht & Wissen einschränke n Gegenmäch te bilden Mittelschicht ist Gewinner des Wohlfahrtsstaates Hierarchie aus Macht und Wissen gespalten. Um diese Macht einzuschränken müssen Gegenmächte gebildet werden (d.h. ein Ermächtigen der Benachteiligten – z.B. Gewerkschaften, Genossenschaften,…). Dabei darf jedoch nicht auf ein Freund-Feind denken reduziert werden und die Benachteiligten automatisch zu den Guten und Unterdrücker zu den Bösen werden (dies würde zu Fundamentalismus führen). Aufgabe eines politischen Urteilens ist zwischen den Positionen abzuwägen -- denn das Richtige tun bedeutet nicht automatisch das Gegenteil dessen zu tun, was meine Feinde anstreben. Hierbei wird auch das Bild der Selbstbefreiung der Unterdrückten dekonstruiert. Diese Befreiung wird nicht alleine stattfinden, denn sie ist auf die Hilfe von Intellektuellen und Führern aus anderen gesellschaftlichen Schichten angewiesen. Genauso wenig ist die Mittelschicht durch ihr Wissen oder ihre Zahl gesellschaftlich bestimmend. Auf diese Mittelschicht geht Novy ein und erklärt sie zu den größten Gewinnern des Wohlfahrtstaates: Löst sich dieses System auf, so würde ein großer Teil der Mittelschicht zerfallen. Entweder werden sie privilegierte Dienstgeber oder Lohnabhängige und somit Teil der Arbeiterklasse. Deswegen sollten sie sich mit den Befürwortern des Wohlfahrtsstaates verbünden. 31 Novy Zusammenfassung Ermächtigung zur Gestaltung (S.134) Im Gegenmachtmodell wird Macht mit dem Verfügen über Ressourcen gleichgesetzt jeder Mensch bekommt einen Platz in der Maschine Gesellschaft. Macht wirkt auch über Regeln empowerme nt EZA: Kompromiss zw. Moralischen Ansprüchen und konkreten Möglichkeite n Empowerme nt + Strategie Macht wirkt aber nicht nur über Ressourcen sondern auch über Regeln. Diese fließen in Form von Gesetzen, Wertvorstellungen, Institutionen,… in die Gesellschaft ein. Dabei ist die Idee des empowerments von Bedeutung, welche Menschen Zugang zu Ressourcen verschaffen soll um gemeinsam Macht zu erwerben. Diese Ermächtigung ist gleichzeitig Weg und Ziel von Entwicklung. In der Entwicklungszusammenarbeit müssen ständig Kompromisse zwischen moralischen Ansprüchen und konkreten Möglichkeiten gefunden werden. Viele Studien beweisen zwar, wie gering der Aufwand wäre die Armut weltweit zu beseitigen – doch trotzdem bestehen die Probleme weiterhin. Hierbei gibt es zwei Ansätze: die einen meinen, dass nur ehrlicher, moralischer und vor allem effizienter und professioneller gearbeitet werden muss um eine Verbesserung zu erreichen und die anderen gehen davon aus, dass man immer Fragen der Macht beachten muss um Veränderungen zu verstehen und somit zu vollziehen. Wichtig sind nicht nur moralische Standards, sondern das Durchsetzen dieser Standards in der Bevölkerung (eh klar). Ermächtigung will zweierlei: die Veränderung der sozialen Beziehungen (Innenarchitektur) und die Umgestaltung des Machtfeldes (Außenarchitektur). Hier ist es vor allem eine Frage der Strategie, wie Gruppen oder Einzelne ihre Interessen (Veränderungen) durchsetzen können (v. a. die Frage der Bündnispolitik z.B. Ökofundis und Konservative setzen sich gemeinsam für Verkehrsberuhigung ein, obwohl sie sonst keine gemeinsamen Interessen besitzen). Da wir uns jedoch in einem sehr festgefahrenen Gebäude (basierend auf kapitalistisch-demokratischen Werten) befinden, darf der Widerstand nicht fundamentalistisch sein, da soziale Beziehungen sehr stark von der herrschenden Ordnung durchzogen sind. Wichtig ist, sich immer klar zu sein, wie stark konkrete Politikfelder mit globaler Politik zusammenhängen. 12. Die Utopie demokratischer Entwicklungen (S. 139) Weltweiter Utopieverlus t 2 Formen von Utopien Unsere Zukunft wird auch dadurch bestimmt, WAS sich die Menschen erwarten und erhoffen – in welchem Haus wollen wir wohnen, wie schaut es aus,… Diese Utopien regen unsere Phantasie an und erlauben es, uns etwas anderes vorzustellen als das Momentane. Weltweit ist jedoch ein Utopieverlust zu bemerken, dies ist ein Produkt der statischen Ansichten des Positivismus. Und eben genau diese Gegenwartsfixierung gilt es zu kritisieren. Dazu muss man sich zuallererst mit seiner Vergangenheit auseinandersetzen. Hierbei unterscheidet Novy zwei verschiedene Ansätze: Die technokratisch anmutende Utopie: in welcher eine Utopie entworfen wird und diese als anzustrebender Endzustand dargestellt wird. Wird dieser nicht erreicht, so ist es die Schuld der Umsetzer und nicht der Utopie - hier werden 32 Novy Zusammenfassung Machtstrukturen zumeist ausgeblendet. Novy vergleicht diese Ansätze mit einem Brief an das Christkind. Eine konkrete Vision hingegen liefert eine konkrete Vorstellung wohin sich die Welt entwickeln soll. Dabei wird von den jetzigen Problemen und Widersprüchen ausgegangen. Dieser Utopie liegt immer eine Konjunkturanalyse zugrunde. Sie ist eine Orientierung für das eigene Handeln und Hilfe für die Bewertung des Bestehenden. Sie nimmt ganz konkret Bezug auf bestehende (Macht)strukturen, dabei werden die unmittelbar Betroffenen zu Akteuren und ein großer Teil der Veränderungen gehen von ihnen aus. Dabei sollen Strukturen (Gesellschaft) UND Handeln (Individuum) gleichzeitig verändert werden (vgl. Ermächtigung zur Gestaltung). Angesichts der verfestigten Strukturen wird eher auf kleine Schritte als auf große Umbrüche gesetzt – dabei werden die zentralen Machtfelder aufgezeigt in welchen die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen stattfinden werden. Menschen schaffen Entwicklung Handeln setzt positioniere n voraus Freiheit innerhalb und jenseits von Strukturen (S. 141) Entwicklung folgt keiner Eigenlogik, sondern wird von den Menschen geschaffen deswegen können wir Initiativen setzten und den Zustand der Welt verändern. Sich gegen die Herrschenden und die herrschenden Strukturen zu stellen ist Aufgabe jeder mündigen Person (sowie der Wissenschaft). Dies ist äußerst schwierig und verlangt viel Mut. Deswegen ist es wichtig seine individuelle Selbstbestimmung angesichts struktureller Zwänge sicherzustellen (Foucault). Dazu muss man sich jedoch (ethisch) Positionieren, was eine strukturelle Analyse voraussetzt. Denn Handeln ohne Positionierung ist unmöglich. Wenn man sich vor der Positionierung drückt, schlägt man automatisch den leichteren Weg ein und begibt sich auf die Seite der Macht. So handelt man scheinbar ohne Position im Dienst der Mächtigen. Das bedeutet keinesfalls der anderen Seite immer Recht zu geben - gerade aus Interesse an der Sache (z.B. der Unterdrückten) muss man diese besonders streng kritisieren. Sonst endet man im Essentialismus, welcher entweder Sündenböcke schafft oder Opfer verklärt. Für den Umgang mit den Widersprüchen der Welt wird es niemals ein allgemein gültiges Rezept geben. Um die Vision der einen Welt weiterzubringen muss nicht nur „da unten“ weit weg von uns etwas verändert werden sondern auch bei uns und unserem global beeinflussten Lebens- und Arbeitsstil. Ein offenes Menschenbild (im Gegensatz zum homo oeconomicus) und ein pluralistisches Gesellschaftsbild wenden sich gegen totalitäre Vorstellungen und fördern vielfältige Lebensweisen und Interpretationen der Welt. Das heißt: Visionen sind immer nur im Zusammenhang mit sozialen und politischen Bewegungen sinnvoll entwickelbar. Die Gesellschaft demokratisieren (S.144) Die Gesellschaft wird als Zusammensetzung von Wirtschaft und Staat dargestellt – wobei die Regierung den Staat repräsentiert und die Unternehmen die Wirtschaft. Die Grenzen der beiden verschwimmen jedoch und somit auch die Rolle ihre Akteure (die BürgerInnen). Neben dem Kapitalismus etabliere sich in der Moderne auch die Demokratie. 1945 wurde durch eine UN-Charta einem Staat das Recht zugesprochen seine Ordnung entsprechend dem Willen seiner Bevölkerung nach eigener Art zu gestalten. In Folge der Migrationsbewegungen zeigt sich, dass nicht nur StaatsbürgerInnen sondern alle „Wir sind der Staat“ Forderung 33 Novy Zusammenfassung Bewohner eines Territoriums Interesse besitzen dies nach ihrem Interesse zu gestalten. Deswegen ist es von Bedeutung, dass das Volk nicht nur am Wahltag, sondern immer herrscht – nicht „wir sind das Volk“ sondern „wir sind der Staat“. Deswegen ist es notwendig, dass sich er Staat schrittweise in eine Öffentlichkeit verwandelt. Diese Utopie eines öffentlichen Staates braucht neben staatlichen Einrichtungen auch NGOs und einen Freiwilligensektor, wobei alle am Staat teilhaben können. Er stellt einen Geltungsanspruch für die gesamte Gesellschaft und stellt hochqualitative Leistungen für alle zur Verfügung. Seine Entscheidungen und Entscheidungsfindungsprozesse sollen offen gelegt werden, v. a der Budgeterstellungsprozess soll demokratisiert werden, denn das Budget ist in Zahlen gegossene Politik. Dabei wird kein Schlaraffenland geschaffen, auch im öffentlichen Staat gibt es Zwänge, doch werden diese nicht ohne öffentliche Diskussion durchgesetzt. Er konfrontiert den Sachzwang mit den Wertvorstellungen der Gesellschaft. Der öffentliche Staat basiert auf einer Teilhabe aller und schafft diese Teilhabe. Dadurch schafft er Zugang zur Öffentlichkeit und ermöglicht Mitbestimmung. Vor allem der Zugang unterscheidet zwischen Arm und Reich – aber nicht nur der Zugang zu Geld sondern auch die Ansprüche an den Staat, Markt, Familie,… entscheiden über den Grad an Freiheit (=entitlement). Dieses empowerment ist eines der expliziten Ziele der Entwicklungshilfe, in welchem die Zielgruppen zu Subjekten ihrer Entwicklung werden. Dabei müssen nicht nur die individuellen Rechte verstärkt werden sondern auch die deröffentlichen Bestimmungen/Rechte (Dialektik zw. Gesellschaft und Individuum) 13. Entwicklung gestalten (S. 148) Kritik der bestehendn Vorstellunge n Hier sollen Schritte genannt werden um die Kluft zwischen Utopie und Wirklichkeit zu überbrücken. Dabei sind Freiheit und Demokratie Eckpfeiler für eine andere Globalisierung, die auf Öffentlichkeit und Solidarität aufbaut. Glokalisierungsdispositiv und liberale Hegemonie kritisieren (S. 148) Der wichtigste Schritt in Richtung Veränderung ist eine Kritik der bestehenden Vorstellungen. Dafür muss im öffentlichen Raum Platz geschaffen werden und die gegenwärtigen Strukturen richtig erkannt und gedeutet werden. Diese schleichende Kritik und Veränderung aus dem System heraus, geht deutlich aus dem folgenden Zitat hervor: Wir werden das Spiel spielen müssen und es gleichzeitig nicht akzeptieren – und es nicht akzeptieren, indem man es anders spielt. In diesem Sinne ist Kritik eine Aktivität als Suche nach neuen und anderen Spielregeln, die letztlich das Spiel selber verändern. Primat der Politk kehrt mit autoritären Tendenzen zurück Öffentlichkeit schaffen (S. 149) Nach dem 11.September und seinen Folgen zeigten sich unerwartete, bedrohliche Wendungen ab. Staaten schworen dem Marktfundamentalismus ab und kehrten zum Primat der Politik zurück. Hier zeige sich, dass größeren und reicheren Staaten mehr Handlungsspielräume offen stehen und diese von bestimmten Gruppen genutzt werden. Dieser autoritäre Liberalismus verbindet Staat und Kapital und will die Schaffung von Öffentlichkeit verhindern. 34 Novy Zusammenfassung Deswegen ist es von großer Bedeutung öffentliche Räume zu fördern und demokratische Entscheidungsstrukturen zu fördern. Fällt dies weg gibt es keine Demokratie mehr und Autoritarismus droht. Idee des Privateigentums kritisch hinterfragen Öffentlichkei ten schaffen Lokal UND global handeln Another World is possible !!! Hierbei gilt es eine der großen Leistungen des Kapitalismus kritisch zu hinterfragen: das jedes Privateigentum durch den Schutz der Privatsphäre gesichert wird. Ist es denn richtig, dass kleine, wie große Unternehmen gleichermaßen vor der öffentlichen Kontrolle geschützt werden? Denn es ist ein großer Einschnitt wenn ein multinationales Unternehmen tausende von Arbeitskräften entlässt – und es ist zu hinterfragen inwieweit dies noch der Privatsphäre zuzuschreiben ist. Das Verhalten von Reichen hat eine viel größere Relevanz als jenes von Ärmeren. Öffentlichkeit muss also auch für das Kapital geschaffen werden und Transparenz sowie soziale Rechenschaftspflicht für Unternehmen und Vermögen umgesetzt werden. Hierbei stellt die Demokratisierung der Investitionsentscheidungen einen zentralen Punkt dar (z.B. ATTAC). Damit die Politik wieder die Oberhand gegenüber der Ökonomie zurückgewinnt müssen unterstützende Strategien verstärkt werden (Territorialisierung). Die Handlungsmöglichkeiten des Kapitals müssen eingeschränkt werden um ökologisch nachhaltige und sozial gerechte Regeln festsetzen zu können. Dabei muss man sich SOWOHL auf ein Territorium fixieren ALS AUCH die ganze Welt im Blickfeld behalten. Eine andere Welt ist möglich (S. 152) Eine andere Globalisierung fördert das Haus der einen Welt – dafür müssen nicht Märkte globalisiert werden, sondern Demokratie, soziale Rechte und ökologische Nachhaltigkeit. Die Marktwirtschaft soll zwar weiterhin eine Rolle spielen, aber der Demokratie untergeordnet werden. Eine Kultur der universellen Solidarität soll geschaffen werden, die Politik soll die Wohlfahrt als verankertes Recht durchsetzen (universelle Rechte) und alle öffentlichen Dienste anbieten (Basierend auf einem gleichen Recht für alle). Dabei sollen Minderheiten geschützt werden, denn Demokratie ist keineswegs mit Mehrheitsdiktatur gleichzusetzen. bei all dem geht es um die Vision von Entwicklung als einem gemeinsam gestalteten Prozess der Entfaltung und Freiheit. 35