Aktuelle Prozesse in Person-Situations-Bezügen I) Psychische Struktur von Handlungen Ia) Handlungsregulierende Systeme Was ist ein handlungsregulierendes System? Ein Funktionssystem zur Regulierung einer Handlung. Die Regulation einer Handlung läuft auf unterschiedlichen Ebenen ab, je nachdem wie bekannt und anspruchsvoll eine bestimmte Handlung ist. Die Ebenen stehen untereinander in Beziehung. Niedrigere Ebenen können höhere Ebenen entlasten. Die Ebenen können sich auch gegenseitig widersprechen (emotional: unsympathische Person dennoch freundliche Begrüßung). Die Ebenen können ihre Autonomie untereinander verlieren. Die Regulationsebenen werden aus der Umwelt gespeist und führen zu Verhalten. Kognitives Regulationssystem: Umfasst den Bereich der Willenshandlungen. Längerfristige Anpassung an komplexe, neuartige Gegebenheiten. Die Realisierung findet auf Basis kognitiver Entscheidungen statt (Willenshandlung – kognitiv). Zukünftiges Handeln wird bei Entscheidungen mit in Betracht gezogen. Bedeutsam bei Orientierung (Konkretisierung einer Handlungsaufgabe) Strukturierung (Lenken der Aufmerksamkeit durch den eigenen Willen) Aktivierung (Selbstbefehle, Selbstinstruktion). Emotionales RS: Basierend auf vieler Lernerfahrungen kann eine komplexe Situation schnell realisiert werden. Keine kognitive Leistung notwendig. Bedeutsam für Orientierung (Angst gefahrenzentriert) Strukturierung (Angst defensivprotektive Tendenzen) Aktivierung (Angst Mobilisation). Automatisches RS: Aufgrund von Anpassung werden einfache, immer wieder auftretende (Gewohnheits-) Handlungen (weitgehend) automatisch bewältigt. Benötigt kaum geistige Kapazitäten (automatisch - Affekt). Bedeutsam bei Konditionierung, impliziten Lernen (unbewusstes Lernen) und Automatisierung. Ib) („Innere“) Phasenstruktur von Handlungen Was ist eine triadische Phasenstruktur (Nitsch)? Jede Handlung kann aufgegliedert werden in eine Abfolge von drei Phasen. Antizipationsphase: Auf Basis einer subjektiven Einschätzung trifft eine Person eine gedankliche Vorwegnahme der auszuführenden Handlung und ihrer Folgen. Realisationsphase: Umsetzen der antizipierten Handlungsziele und -pläne. Mit Prozess- und Basisregulation. Interpretationsphase: Vergleich und Bewertung der antizipierten Handlungsziele und -pläne mit dem tatsächlichem Ergebnis. Was ist die vierphasige Struktur der Rubikontheorie (Heckhausen, Gollwitzer)? Jede Handlung kann in vier Phasen aufgegliedert werden. Prädezisional: Abwägen. Vorwegnahme der Handlung hinsichtlich Wünschbarkeit und Realisierbarkeit Motivation. 12 Präaktional: Planen. Festlegung auf die modalen Aspekte (Art und Weise) der Handlung (Wann? Wo? Wie?) Volition. Aktional: Ausführen. Durchführung der geplanten Aktion Volition. Postaktional: Bewerten. Vergleich der Aktion mit den zugrunde liegenden Plänen und Zielen Motivation. Was besagt die Rubikontheorie? Die aktionale und postaktionale Phase sind mit dem triadischen Phasenmodell vergleichbar. Das wesentliche Merkmal besteht darin, dass vor der eigentlichen Aktion beim vierphasigem Modell zwei zeitlich voneinander getrennte Phasen stattfinden, im Gegensatz zu einer Phase beim triadischen Modell. Zwischen prädezisionaler und präaktionaler Phase findet die Bildung der Zielintention statt. Bei negativer Abwägung kann eine beabsichtigte Handlung abgebrochen werden. I.a) Motivation Warum handeln Personen? Die wesentlichen Fragen zum Handeln von Personen lauten, warum? Oder wozu? handeln Personen. Diesen Frage gehen zwei theoretische Ansätze nach. Die klassischen Ansätze fragen nach dem Warum? Druckmodelle. Die kognitivhandlungstheoretischen Ansätze fragen nach dem Wozu? Zugmodelle. Welche klassischen Ansätze gibt es? Wo liegen ihre Schwächen? Klassisch-theoretische Ansätze: Biologisch-physiologisch (Streben als Reaktion auf einen Mangelzustand), ethnologisch-instinkttheoretisch (angeborene Instinkthandlungen), tiefenpsychologisch-triebtheoretisch (Triebe führen zu Erleben), behavioristisch-lerntheoretisch (Lernen durch Bestätigung, Bekräftigung, Verstärkung), persönlichkeitstheoretisch (Eigenschaften und Bedürfnisse sind dispositionelle Merkmale einer Persönlichkeit). Hierarchie allgemeiner Bedürfnisse (Maslow): Bedürfnisse sind hierarchisch aufgebaut. Die Basis bilden physiologische Bedürfnisse (Hunger, Durst,...). Es folgen Sicherheitsbedürfnis (Ordnung, Verhaltensregeln, keine Angst,...), soziales Bindungsbedürfnis (Liebe, sozialer Anschluss), Selbstachtungsbedürfnis (Geltung, Zustimmung) und schließlich Selbstverwirklichungsbedürfnis (Realisierung von Möglichkeiten und Fähigkeiten). Welches Motiv dominiert hängt auch vom Entwicklungsstadium der Person ab. Im frühen Jugendalter ist der Drang nach sozialen Bindungen am stärksten. Im späten Jugendalter tritt der Drang nach Selbstverwirklichung dominanter vor. Die klassischen Ansätze sehen den Mensch sehr passiv, nur lebensnotweniges Verhalten wird beschrieben. Sportliches Verhalten können sie nicht erklären. Persönlichkeitstheoretische Ansätze beschreiben, sie können motiviertes Verhalten nicht erklären, da sie Triebe als handlungsleitend verstehen. Die klassischen Ansätze beachten entweder nur personeninterne oder personenexterne Bedingungen. Kognitionen werden nicht beachtet. 13 Was zeichnet den kognitiven Ansatz aus? Kognitiv-handlungstheoretischer Ansatz: Der Mensch wird als planendes, zukunftsorientiertes Wesen begriffen, der handelt um Ziele zu erreichen. Seine Handlungen haben einen subjektiven Sinn und sind durch Bewusstseinsprozesse gekennzeichnet. Da dem Menschen Handlungsspielräume zu Verfügung stehen, muss er seine Entscheidungen verantworten. Da er überlegt handelt kann er sein Handeln reflektieren. Wichtig damit eine Handlung überhaupt stattfinden kann ist die Motivierung, sie kann zu Motivation und schließlich zu Handlung führen. Motivierung wird bedingt durch situative Anregungsbedingungen und Persönlichkeitsspezifische Dispositionen. Hinter den Kognitionen stehen immer personenspezifische Dispositionen, nach denen eine Person einen Sachverhalt bewertet. Schema zum Motivationsprozess: Eine situative Bedingung führt zur Stimulation eines Motivs. Ein Mensch bewertet die Situation hinsichtlich ihrer positiven oder negativen Folgen (kognitiver Zwischenprozess). Daraus ergibt sich Hoffnung auf Erfolg oder Furcht vor Misserfolg (emotionale Reaktion), diese führt schließlich zur Handlung selbst (Verhalten). Nach der Handlung bewertet das Individuum sein Handeln in einem Akt der Selbstreflexion (kognitiver Zwischenprozess). Als Resultat stellt sich Befriedigung oder Nichtbefriedigung ein (emotionale Reaktion), das sowohl auf die Situation als auch auf das Motiv rückwirkt. Wie unterscheiden sich Motiv und Motivation? Motive sind situationsüberdauernde, persönlichkeitsspezifische Wertdispositionen. Werden diese Motive durch eine Situation angeregt (Motivierung) führt dies zu Motivation. Motivation bezeichnet dabei eine momentane Gerichtetheit auf ein Handlungsziel. Mögliche Motive: Aggression, Angst, Hilfe, Leistung, Neugier, ..., im sportlichen Bereich sind Aggression und Leistung von zentralem Interesse. Was ist Leistungsmotivation? Leistungsmotivation ist ein Prozess. Dieser resultiert aus dem Zusammenspiel aller emotionalen und kognitiven Prozesse, die durch die individuelle Auseinandersetzung mit einer Leistungssituation angeregt werden. Welche Faktoren bedingen leistungsmotiviertes Handeln? Handlungen haben einen Anfang und ein eindeutiges Ende. Die Handlung wird mit dem Erreichen eines Zieles abgeschlossen. Handlungen führen demnach zu einem objektivierbaren Ergebnis. Das Handlungsergebnis muss auf einen Gütemaßstab beziehbar sein (Zentimeter, Gramm, Sekunden = cgs). Der Gütemaßstab muss einem Schwierigkeitsgrad zu zuordnen sein. Sowohl Gütemaßstab als auch Schwierigkeitsmaßstab müssen von der handelnden Person als verbindlich erachtet werden. Das Handlungsergebnis muss von der handelnden Person als selbstverursacht angesehen werden, damit sich Befriedigung und Stolz einstellen können (spielentscheidende Schiedsrichterfehlentscheidung oder Lottogewinn rufen keinen Stolz hervor) Kausalattribution. Prozessmodell der Leistungsmotivation (Skript, 26): Eine situative Bedingung wirkt auf die individuelle Disposition (etwa Leistungsmotiv). Die Person wägt Gütemaßstäbe, prospektive Kausalattribuierung sowie Erfolgs- oder Misserfolgswahrscheinlichkeit ab. Diese Kriterien zusammen führen zu 14 Erwartungsemotionen (Hoffen auf Erfolg, Furcht vor Misserfolg). Auf der anderen Seite bewertet das Individuum zu erwartende positive oder negative nichtleistungsbezogene Handlungsfolgen. Diese Bewertung führt zu Hoffnung auf Befriedigung oder Furcht vor Nichtbefriedigung. Erwartungsemotionen und das Hoffen auf Befriedigung sind emotionale Reaktionen. Die Bewertung einer Leistungssituation erfolgt auf einer kognitiven Ebene. Das Abwägen der Anreizwerte (Erwartungsemotion, Hoffen auf Befriedigung) führt zu einem Entschluss (aktuelle Zielsetzung). Dieser Entschluss bedeutet dann Handeln (Leistung vollbringen oder nicht vollbringen). Ist die Handlung vollzogen erfolgt der Vergleich mit der Zielsetzung auf der leistungsbezogenen Ebene (Erfolg, Misserfolg? Retrospektive Kausalattribuierung) und Selbstbewertung der nicht-leistungsthematischen Handlungsfolgen. Vergleich der Zielsetzung und Selbstbewertung führen zu einer emotionalen Reaktion, die auf die Situation und die individuelle Disposition rückwirken. Kognitive Bewertung einer Situation: Bezugsnormen für Gütemaßstäbe sind sachlich, individuell, sozial. Antizipation bestimmt das Handlungsergebnis durch Lokation (internal [beeinflussbar] external [nicht beeinflussbar]) und Stabilität (kann ich eine Handlung stabil variabel durchführen?). Die Erwartungen an das Handlungsergebnis ergeben sich aus der subjektiven Einschätzung an die Erfolgswahrscheinlichkeit. In der Praxis werden die Erwartungen multithematisch beeinflusst positive und negative Instrumentalität (soziale Anerkennung oder soziale Blamage). Handeln kann intrinsisch oder extrinsisch motiviert sein. Erfolgt die Handlung um ihrer selbst, stimmen also Ziel und Zweck thematisch überein ist sie intrinsisch motiviert. Erfolgt die Handlung als Mittel zum Zweck ist sie extrinsisch motiviert. Ziel und Zweck der Handlung stimmen thematisch nicht überein. Unterschiede des Leitungsmotive bei HE- und FM-Typen? Erfolgszuversichtliche (HE) sind emotional und kognitiv erfolgsorientiert. Erfolg hat auf sie einen größeren positiven Anreiz als Misserfolg einen negativen. Misserfolgsängstliche (FM) streben auch Erfolg an, richten Emotionen und Kognitionen jedoch eher darauf Misserfolg zu meiden. Misserfolg übt einen größeren negativen Anreiz auf sie aus, als Erfolg einen positiven. Die Zielsetzung bei HE-Typen ist meist realistischer als bei FM-Typen. HE-Typen können zeitlich länger auf Belohnung warten als FM-Typen. Belohnung tritt bei Mannschaftssportarten wöchentlich auf, beim Marathon braucht es Monate Training um eine Belohnung zu erhalten. HE-Typen haben größere Ausdauer bei unerwartet auftauchenden Barrieren. HE-Typen suchen nach Informationen über die eigene Leistungsfähigkeit. HE-Typen haben selbstwertdienliche Attributionen. Erfolg wird internal, Misserfolg external angelegt. 15 IIa.iv) Aggressionshandlungen Was versteht man unter Aggression im Sport? Das Abweichen einer Handlung von einer sportlichen Norm, um einer anderen Person Schaden zu zufügen. Explizite Aggression: Der Zweck (Ziel) der Handlung besteht explizit in der Schädigung der anderen Person (Schlägerei, Revanchefoul). Instrumentelle Aggression: Die Aggression wird instrumentalisiert um die eigene Leistung zu steigern, eine Schädigung der anderen Person wird dabei billigend in Kauf genommen (Heineingrätschen, Wurf ins Gesicht). Welche Ansätze zu Aggression im Sport gibt es? Trieb- und instinkttheoretische Konzepte: Aggressionen sind angeboren und laden sich in einer Energiequelle immer neu auf. Der Sport ist ein Mittel diese Aggressionen abzubauen. Lern- und sozialtheoretische Konzepte: Aggression ist eine Folge von Lernprozessen. Nach erfolgreicher Aggression findet ein Verstärkungsprozess statt. Frustrations-Aggressions-Hypothese: Aggression wird als eine Folge von Frustration angesehen. Frustration kann aus einer vereitelten Zielvorstellung entstehen. Die Frage ob Aggression erlernt oder ererbt ist bleibt offen. Kognitives Modell zur Aggressionsmotivation (Skript, S. 35): Eine Situation wirkt auf die personelle Disposition der Person ein. Die Person bewertet diese Wahrnehmung. Die Bewertung der Situation kann entweder zur Anregung nicht-aggressionsthematischer Handlungstendenzen führen, oder in Kombination mit Wut oder Ärger über die vorangegangene Situation zur Anregung von Aggressionstendenzen führen. In beiden Fällen werden die positiven oder negativen Folgen der Entscheidung hin oder weg von aggressiven Tendenzen bewertet. Werden die Auswirkungen einer aggressiven Handlung positiv bewertet kommt es zur aggressiven Handlung. Neben der eigentlichen Handlung tritt eine handlungsbegleitende Emotion auf. Nach der Handlung erfolgt die Bewertung des aggressiven oder nicht-aggressiven Handelns. Diese Bewertung wirkt über eine emotionale Reaktion auf die situativen Bedingungen und die individuelle Disposition der Person zurück. IIb.i) Volition Was bedeutet Volition (Wille)? Volition bezeichnet diejenigen Prozesse, die der Planung und Realisierung gefasster Handlungsabsichten dienen. Wird eine beabsichtigter Handlung trotz hoher Leistungsmotivation nicht durchgeführt spricht man von Handlungsloch (Neujahrsvorsätze, Abnehmen, Gesundheitssport). Durch Motivation allein ist nicht zu erklären, warum eine Handlungsabsicht nicht umgesetzt wird. Rubikontheorie: Die Rubikontheorie unterscheidet zwei Phasen vor der Handlungsdurchführung. Die prädezisionale Phase der Zielauswahl (welches Ziel?) ist motivational geprägt, die präaktionale Phase der Zielrealisierung (wo, wie soll das Ziel realisiert werden?) volitional. Um eine Handlung durchzuführen benötigt man nicht nur Motivation, sondern auch Volition. 16 Welches Ziel verfolgt das Konzept zur Realisierungsintention von Gollwitzer? Eine Handlung soll durch Planung effizient initiiert und ausgeführt werden. Sie basiert auf der Struktur, wenn die Situation X eintritt, dann wird das Verhalten Y ausgeführt. Dadurch soll die Quote der Zielverwirklichung steigen und die Handlungsinitiierung beschleunigt werden. Je konkreter ein Ziel gefasst wird, umso häufiger wird es verwirklicht. Beispiel: Wenn ich an der Dreierlinie frei bin, werfe ich. IIb.ii) Handlungskontrolle Was ist volitionale Handlungskontrolle? Selbstregulierungsprozesse, die dazu dienen eine gefasste Absicht in die Tat umzusetzen und an der Absicht bis zur Zielerreichung festzuhalten. Wie kann dieser Prozess kontrolliert werden? Handlungsorientierung: Handlungskontrollprozess, der die Aufmerksamkeit auf handlungsrelevante Aspekte konzentriert soll. Handlungsorientierte Menschen fokussieren ihre Aufmerksamkeit auf die anstehende Aufgabe. Sie sind in besonderem Maße fähig ihre Leistung in Stresssituationen zu steigern. Lageorientierung: Die vergangen, gegenwärtige und zukünftige Lage eines Individuums soll analysieren werden. Zur Lageorientierung werden vorangegangene Erfahrungen benötigt. Lageorientierte Personen beschäftigen sich häufig mit vergangenen Situationen und passen sich extrem an die äußeren Bedingungen an. Modell der Handlungskontrolle: Von der Intention bis zur Handlung laufen verschiedene Prozesse ab. Diese Prozesse (Aufmerksamkeits-, Enkodier-, Emotions-, Motivations-, Umweltkontrolle und sparsame Info-Verarbeitung) sind volitionale Kompetenzen. Die volitionalen Kompetenzen ergeben sich aus dem Zustand der Handlungs- und Lageorientierung und umfassen situative und personale Merkmale. IIb.iii) Flow Was ist ein Flow-Zustand? Der Flow ist im Bereich der Handlung anzusiedeln. Der Flow-Zustand ist reflexionsfrei. Die Person geht in der Tätigkeit ganz auf. Die Handlung selbst läuft dann glatt ab. Flow-Bedingung: Die Person erfährt sofort eine Rückmeldung über ihr Handeln (gelungen, nicht gelungen). Es besteht ein optimales Verhältnis zwischen der Anforderung einer Tätigkeit und den eigenen Fähigkeiten (keine Unter- oder Überforderung). Flow-Erlebnis: Die Person erlebt ihre eigene Kompetenz und besitzt Kontrolle über die Situation und die Umwelt. Die Aufmerksamkeit ist gänzlich auf einen Reiz konzentriert. Die Person verschmilzt mit der ausgeführten Handlung und vergisst so sich und die Zeit. Die Handlung wird um ihrer selbst willen (autotelisch) vollzogen (keine externen Anreize). Selbstvergessenheit. 17 Der Bereich in dem durch optimales Verhältnis zwischen Anforderung und Tätigkeiten ein Flow-Zustand erreicht werden kann wird mit Flow-Channel bezeichnet. Welchen Nutzen bringt das Wissen über den Flow? Flow kann als Anreiz für ein motiviertes Verhalten dienen. Die Person erhält Anreize durch ihre Handlung und durch die Folgen des Handelns. Wird eine Person durch die richtige Wahl der Anforderung in einen Flow-Zustand versetzt wird sie die Handlung motiviert weiterführen. Wie erfasst man einen Flow? Das Erfassen eines Flows ist schwierig. Fragen zum Flow müssen während der Handlung gestellt werden. Dafür muss die Handlung jedoch unterbrochen werden. Deshalb können Fragen zum Flow nur innerhalb von 40 Sekunden gestellt werden. IIc) Kognition Was bezeichnet Kognition? Sammelbegriff für alle Prozesse des Wahrnehmens, Denkens, des Erkennens, des Sich-Vorstellens, des Sich-Erinnerns und Sprechen. Aufmerksamkeit und Konzentration gehören mit in diesen Bereich. IIc.i) Wahrnehmung Welche Perspektiven der Wahrnehmung gibt es? Phänomene der Umwelt werden nach und nach unterbewusst zu Wahrnehmung. Jede Wahrnehmung ist subjektiv. Je nach dem aus welcher Perspektive ein Ereignis wahrgenommen wird, wird es unterschiedlich beurteilt. Physikalisch: Objektive Bestimmung der physikalischen Eigenschaften eines Objektes mit naturwissenschaftlichen Mitteln. Physiologisch: Aufnahme von Informationen durch das Sinnessystem und Weiterleitung bis zum obersten Teil des Gehirns (Hirnrinde). Psychologisch: Verarbeitung von Informationen in der Hirnrinde zu bewussten Wahrnehmungserlebnissen. Wahrnehmung erfolgt auf Phänomene der Umwelt über die Rezeptoren der Sinnesorgane. Über die afferenten Bahnen gelangt dieser Reiz in das Zentrale Nervensystem. Aus dem daraus resultierenden Empfindungen werden Wahrnehmungserlebnisse. Wahrnehmungen sind nicht immer identisch. Physikalische, physiologische und psychologische Wahrnehmung können differieren (optische Täuschungen, Tor – kein Tor, ja nach Blickwinkel). Welche Funktion erfüllt (psychologische) Wahrnehmung? Wahrnehmung ist ein aktiver Prozess, bei dem eine Person eine subjektives Abbild eines Objektes erstellt. Diese Bild ist notwendiger Weise selektiv; es werden also nicht alle Informationen verarbeitet. Das Bild ist geprägt durch die eigenen Lebenserfahrungen. Es ist bestimmt durch Selbst- und Fremdbeobachtung. Im Sport leistet die visuelle Wahrnehmung Orientierungsgrundlage (was soll ich tun? Entscheidungsfindung), Eigenkontrolle (meist der Bewegung muss ich die 18 Bewegungsrichtung ändern?), Antizipation von Fremdbewegungen (Finten) und Bewegungsbeurteilung. Je nach Sportart werden andere Sinne mehr gefordert (Judo – Tastsinn). Welche Wahrnehmungsobjekte gibt es in Sportspielen (Skript, 63)? Es wird unterschieden in sich verändernde und sich nicht verändernde Objekte. Sich nicht verändernde Objekte sind Spielraum und Spielfeldmarkierungen, sowie Korb, Tor und Ähnliches. Sie stellen die Raumwahrnehmung dar. Zur Raumwahrnehmung gehört die Wahrnehmung der Entfernung zwischen den Spielern, Zielobjekten, Spielfeldmarkierungen und die Stellung dieser Objekte gegenüber der eigenen Person. Zu den veränderbaren Objekten gehört die Wahrnehmung eigener oder fremder (Mitspieler, Gegner, Ball) Bewegungen. Sie umfasst also die Bewegungswahrnehmung. Geschwindigkeit, Beschleunigung, Richtung und Frequenz von Bewegungen, sowohl der eigenen als auch fremder, werden erfasst. Welche Reize steuern das Bewegungsempfinden? Obwohl die visuelle Wahrnehmung häufig am stärksten zur Kenntnis genommen wird ist Bewegungsempfinden das Resultat einer ganzheitlichen Informationsverarbeitung. Das Bewegungsempfinden baut auf akustischen, visuellen, taktilen, kineästhetischen (Muskelgefühl: Fühlt sich ein Wurf gut an? Schütze weiß sofort ob er trifft.) und vestibularen (Gleichgewichts- und Lagesinn) Reizen auf. Beispiel: Wird Tischtennisspieler der akustische Sinn mittels Ohrenschützern genommen sinkt die Trefferquote signifikant. Was ist Gestaltpsychologie (Skript, 66)? Die Gestaltpsychologie fragt danach wie Dinge zu Gegenständen mit einer Bedeutung organisiert werden können. „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“ (Melodie – einzelne Töne dieser Melodie). Wichtige Sachen treten in den Vordergrund (als Figur akzentuiert), Unwichtiges tritt in den Hintergrund (Grund) Figur-Grund-Prinzip. Ähnlichkeiten oder nahe beieinander liegende Merkmale werden zu Gruppen zusammengefasst (Spieler und Gegenspieler = Spielerpaar). Unvollendete Gestalten werden ergänzt (Piktogramme) Prinzip der Geschlossenheit. Reize werden zu prägnanten einfachen Figuren ergänzt Prinzip der „guten“ Gestalt. Dieses Prinzip der Wahrnehmung widerspricht der physikalischen Wahrnehmung. Einzelelemente, die sich zeitlich und räumlich gemeinsam verändern werden als zusammengehörig empfunden (Ballettgruppe). Wahrnehmung wird als aktiver Vorgang, an dem auch motorische Komponenten beteiligt sind begriffen. Wahrnehmungs- und Bewegungsprozesse, Person und Umfeld fließen in ganzheitlichen Erlebnissen zusammen (man weiß wo der Tennisschläger ist, ohne ihn anzusehen). IIc.ii) Aufmerksamkeit Was ist Aufmerksamkeit? Aufmerksamkeit bezeichnet den Oberbegriff für gerichtete und eingeschränkte Wahrnehmung. Konzentration ist gerichtete und in ihrer Intensität gesteigerte Aufmerksamkeit. 19 Aufmerksamkeit kann in zwei Ausprägungen vorliegen Zwei-Phasen-Modell. Angestrengte Aufmerksamkeit: beansprucht Verarbeitungskapazitäten und wird häufig über Selbstinstruktionen erreicht (Konzentrier dich!). Unwillkürliche Aufmerksamkeit: beansprucht keine Verarbeitungskapazität (Flow). Wie lässt sich Aufmerksamkeit feststellen? Aufmerksamkeit kann nur indirekt erfasst werden. Beim eye-tracking werden die Pupillen gefilmt. Über die Augenbewegungen kann der momentane Bereich des Interesses festgestellt werden. Eine visuelle Informationsaufnahme über Blickfixierung beansprucht 200-600 ms. Gleitende Augenbewegungen oder Blicksprünge (Sakkade) sind messbar. Problem: dieses Verfahren kann peripheres Sehen nicht erfassen und kann in die Leere-Starren nicht von Blickfixierung unterscheiden. Alternativ können Probanten ihre Gedanken/Aufmerksamkeiten verbalisieren. Dies kann entweder in Form von lautem Denken, also zeitgleich geschehen (konkurrent) oder in der Nachbetrachtung verbalisiert werden (retrospektiv). Beide Fälle sind problematisch. Lautes Denken führt dazu, dass die Prozesse der Aufmerksamkeit nicht mehr unterbewusst ablaufen und retrospektive Verbalisierung birgt die Gefahr, das Ereignisse umgedeutet werden, da der Ausgang bekannt ist. Des weiteren bieten sich Schließungstechniken in Filmen an. Videos können zeitlich geschnitten werden (kurz vor dem Wurf) oder räumlich (Tennisschläger geschnitten), um zu erfassen welche Bereiche Aufmerksamkeit binden. Welche Faktoren bedingen Aufmerksamkeit (Skript, 77)? Fördernd: Intern: Attraktive Aufgabe (positiver Reiz), positive Handlungskonsequenzen, optimale Aktivierung, dispositionelle Handlungsorientierung, sportartenspezifische Konzentrationsfähigkeit. Extern: Optimale Umweltbedingungen (Sportanlage, Zuschauer), sportartenspezifische günstige Konzentrationsanforderungen. Erschwerend: Intern: aufgabenirrelevante Kognitionen, negative Emotionen, Stress, geringe Motivation, geringer Anreiz der Aufgabe, schlechte konditionelle Vorraussetzungen, dispositionelle Lageorientierung. Extern: Ungünstige Umweltbedingungen (visuelle, akustische Störreize), sportartenspezifische ungünstige Konzentrationsanforderungen. IIc.iii) Gedächtnis & Vorstellung & Antizipation Was ist Gedächtnis? Die Fähigkeit, Informationen aus einem frühren Lernprozess (Erfahrungen) aufzubewahren und auf spezifische Reize hin wiederzugeben. Das Gedächtnis wird in drei Speicherklassen geteilt. Ultrakurzzeitspeicher: Aufnahme von Informationen und Selektion. Kurze Aufbewahrungszeit (0,2-0,25s). Relativ unbegrenzter Speicher. Kurzzeitspeicher: Identifizierung, Codierung und Ordnung der Informationen. Die Aufbewahrungszeit beträgt 60s. Der Speicherkapazität ist begrenzt. Langzeitspeicher: Langzeitspeicherung und Bereitstellung der Informationen. Speicherung praktisch bis zu lebenslang möglich. Relativ unbegrenzter Speicher. 20 In den Ultrakurzzeitspeicher gelangen sensorische Reize (Bilder, Laute). Wird die Aufmerksamkeit auf diese Reize gelenkt, gelangen sie in das Kurzzeitgedächtnis. Durch Memorieren (auswendig lernen) gelangen die Informationen ins Langzeitgedächtnis. Informationen werden in verschieden Wissensgebiete unterschieden. Deklaratives Wissen: Faktenwissen (knowing that) Prozedurales Wissen: Handlungswissen (implizit, knowing how). Handlungswissen kann obwohl es angewandt werden kann, häufig nicht explizit beschrieben werden. Häufig bei Bewegungswissen. Warum eine Kippe funktioniert kann nicht erklärt werden. Was ist Vorstellung? Vorstellungen sind anschauliche kognitive Inhalte, die ohne unmittelbare Wahrnehmungsprozesse entstanden sind. Sie können sowohl der Erinnerung als auch der Phantasie entspringen. Ebenso kann es eine sportliche Bewegungsvorstellung sein. Mit mentalem Training ist es möglich Bewegungsabläufe vor dem inneren Auge zu realisieren. Was ist Antizipation? Vorstellungsbedingte Vorwegnahme fremder Bewegungen, die der eigenen Handlungsentscheidung dienen. Antizipationen basieren auf Wahrnehmungs-, Aufmerksamkeits- und Gedächtnisprozessen. Finten im Sport machen sich Antizipation zu Nutzen und versuchen diese bewusst fehl zu lenken. Antizipationen benötigen Erfahrungswissen. Sie sind trainierbar. Anfänger fallen häufig auf Finten nicht herein, da sie die Bewegung des Gegners nicht antizipieren konnten und so keine Reaktion zeigen. IIc.iv) Denken Was ist Denken? Denken ist ein sekundärer Prozess des „inneren“ Handelns. Es nimmt Bezug auf vergangen (nachbereitend), gegenwärtige (begleitend) und zukünftige (vorbereitend) Sachverhalte. Somit kann Denken zukünftiges Handeln beeinflussen. Denken kann in unterschiedlichen Prozessen ablaufen. Intuitiv: auf Basis von Erfahrungswissen, wenig Entscheidungszeit. Umfasst kleine Handlungseinheiten. Häufig Routinehandlungen, die nicht bewusst ablaufen müssen aber können Tennisreturn. Operativ: es steht mehr Zeit zum Überlegen zur Verfügung. Umfasst Handlungsketten. Bewusste zielorientierte Handlung. Gedanken über die aktuelle Situation und darüber hinaus werden angestellt, mein Gegner ist verunsichert: vor dem Aufschlag bis zum Return. Strategisch: relativ viel Zeit zur Verfügung (vor dem Wettkampf, Pause). Der ganze Wettkampf wird überblickt situationsübergreifend. IIc.v) Kognitive Orientierung (Skript, 83) Motivationale und volitionale Prozesse haben Einfluss auf Kognitionen. Dies bezieht sich auf die Handlungsphasen vor der eigentlichen Handlungsdurchführung. Abwägen (Motivation) und Planen (Volition) sind unterschiedlich charakterisierbar. 21 Abwägend: Abwägens von Attraktivität und Realisierbarkeit (Inhalt). Die Kognitionen werden ausgewogen, objektiv und unparteiisch bearbeitet. Die Phase ist gekennzeichnet durch eine große Offenheit gegenüber verfügbaren Informationen (Selektivität). Planend: In der planenden Phase werden die modalen Aspekte des zielrealisierenden Handeln festgelegt (Inhalt). Sie werden optimistisch, subjektiv und parteiisch bearbeitet. Die Offenheit gegenüber anderen Informationen ist reduziert. IId) Emotion Was sind Emotionen? Emotionen sind subjektive Befindlichkeiten (Prozess und Zustände), die mit der Bewertung der eigenen Situation und physiologischen Erregungs- und Aktivierungsprozessen sowie mit Verhaltensimpulsen verbunden sind. Emotionen sind aktuelle psychische Zustände wie Freude, Ärger. Sie richten sich immer auf eine bestimmtes Objekt (objektgerichtet) und können gleichzeitig auftreten. Physiologische Erscheinungsbilder die auftreten können sind z.B. nasse Hände (bei Aufregung). Emotionen unterscheiden sich bezüglich ihrer Qualität (Art), Intensität und Dauer. Sie bestehen aus fünf Komponenten (kognitiver, subjektiver, physiologischer, motorischer und Ausdruckskomponente). Wie grenzen sich Emotionen von anderen affektiven (gefühlsbetont) Phänomen ab (Skript, 88)? Emotionen sind auf ein Objekt gerichtet und sehr intensiv (Freude über ein Tor). Sie halten jedoch nur Sekunden bis Stunden an. Gefühle stellen vermehrt die subjektive Wahrnehmung in den Mittelpunkt, sie halten etwas dauern etwas länger an als Emotionen. Stimmungen hingegen sind nicht auf ein bestimmtes Objekt gerichtet und geringer in ihrer Intensität. Sie halten jedoch Minuten bis hin zu Monaten an. Wie wirken sich Emotionen auf eine Handlung aus? Emotionen erfüllen handlungsspezifische Funktionen. Prädezisional: sie sind Vorraussetzung für sportlich motiviertes Handeln (über Erwartungsemotionen). Präaktional: sie begleiten den volitionalen Prozess (emotionale Willenskomponente). Aktional: Begleiterscheinung bei sportlicher Handlung (Flow-Erlebnis). Postaktional: Folgeerscheinung sportlicher Handlungen. Suche nach Ursachen für ein Handlungsergebnis (Kausalattribuierung). Emotionen sind ergebnis- und attributsabhängig. IId.i) Attributsabhängige Emotionen Welche Grundannahme gibt es zu Emotionstheorien? Gedanken über eine Handlungsergebnis oder ein Ereignis beeinflussen maßgeblich die Emotionen die empfunden werden. Ursachen, die das Ereignis verantworten werden gesucht (Kausalattribuierung). Ursachesuche geschieht bei unerwarteten Ereignissen, Misserfolg, bei wichtigen Ergebnissen oder auf explizite Nachfrage. 22 Wie erfolgt die Emotionsgenese (Skript, 92)? Ein Ereignis wird von einer Person bewertet (ereignisabhängige Emotionen) diese Bewertung liefert den Anlass zur Ursachensuche. Kausale Antezedenzien führen zu Kausalattribution (Fähigkeit, Anstrengung, Glück) über die kausale Dimension (Lokation, Stabilität, internale – exterenale Kontrollierbarkeit) kommt es zu Emotionen, die wiederum zu Verhaltenskonsequenzen führen. Kausale Antezedenzien: Bedingungen werden für eine Wirkung verantwortlich gemacht: Informationen, Beurteilungsperspektive, Attributionsmuster (überdauernd): Erfolg auf die eigene Person beziehen, Misserfolg auf der Umwelt anlasten (selbstwertdienlich). Welche kausale Dimension der Attribuierung gibt es? Lokation: Beschreibt, ob eine Ursache innerhalb (internal) oder außerhalb (external) der handelnden Person liegt. Stabilität: Beschreibt, ob eine Ursache als zeitliche stabil oder variabel an zu sehen ist. Kontrollierbarkeit: Beschreibt, ob eine Ursache persönlich oder von anderen kontrollierbar gewesen ist oder nicht. Wie lassen sich sportbezogene Ursachen abgrenzen (Skript, 100)? Ursachen lassen sich in internal und external unterscheiden. Beide Fälle lassen sich weiter in stabile oder variable Komponenten trennen, welche kontrollierbar sein können oder nicht. Beispiele: Internal stabil: a) kontrollierbar: Trainingsfleiß, b) nicht kontrollierbar: Veranlagung. Internal variabel: a) momentane Anstrengung, b) körperlicher Verfassung. External stabil: a) konstante Anstrengung anderer, b) überdauernde Wettkampfbedingungen. External variabel: a) momentane Anstrengung anderer, b) spezifische Wettkampfbedingungen. IId.ii) Angst Was ist Angst? Emotionaler Gefühlszustand in Folge kognitiver Prozesse. Ein bedrohliches Ereignis wird antizipiert. Als Folge dessen treten unangenehme somatische (körperliche) Reaktionen (Aktiviertheit, Schwitzen, hoher Puls) auf. Diese gehen einher mit kognitiven (Besorgtheit, Selbstzweifel) und Verhaltensreaktionen (Fluchverhalten, Vermeidung). Angst kann in verschiedenen Dimensionen auftreten. Angst vor körperlichen Schmerzen oder Verletzungen, vor Versagen oder Misserfolg, vor einer sozialen Blamage oder schlicht vor dem Unbekannten. Welche Formen der Angst gibt es? Grundsätzlich kann Angst Schutz- oder Aktivierungsaufgaben übernehmen. Trait-Angst: eine Personeneigenschaft (Disposition), eine Person neigt dauerhaft dazu auf bedrohliche empfundene Situationen mit Angst zu reagieren. State-Angst: Zustandsangst. Eine Person empfindet die aktuelle Situation als bedrohlich. Spannung, Nervosität, Besorgtheit und innere Unruhe treten auf. Wird eine Situation als bedrohlich empfunden, auf Basis kognitiver Verarbeitung, kommt es zu Zustandsangst, diese führt dann zu Verhalten. Einwirkende Faktoren 23 auf die kognitive Verarbeitung sind interne Reize (Angst vor Versagen), externe Reize (Wettkampfsituation, Zuschauer) und die persönlich Angstdisposition ( Interaktionistisches Modell nach Spielberger). Welcher Angstzustand wirkt sich positiv auf die Leistung auf? Grundsätzlich ist der Wert bei Personen mit einer hohen oder niedrigen Angstdisposition unterschiedlich. In Abhängigkeit von Trait-Angst und Aufgabenschwierigkeit soll ein optimaler Angstzustand erreicht werden, keine maximaler, da es keinen linearen Zusammenhang zwischen Angst und Leistung gibt. Personen mit hoher Trait-Angst benötigen mehr Zustandsangst vor dem Wettkampf um maximale Leistung zu bringen als Personen mit niedriger Traitangst (Skript, 109). Wie kann Angst vermieden, kontrolliert werden? Es soll ein soziales Klima geschaffen werden, indem Angst entstehen darf. Es muss eine kognitive Auseinandersetzung mit der Angst geschehen. Die Aufgaben sollen entschärft werden (Hilfestellung, Schwebebalken auf den Boden legen). Gedanken sollen auf die Bewegungsausführung fixiert werden, nicht auf die möglichen Folgen. Vorbilder nutzen und in Kleingruppen arbeiten. III) Sport und Persönlichkeit (Skript, 112) Wie entsteht Verhalten? Aus einer Situation heraus nimmer eine Person einen anregenden Reiz auf und wahr. Dieser wird kognitiv erfasst und führt über Emotion und Motivation zu planenden Denken und schließlich Verhalten. Auf diesen Vorgang wirken personale Dispositionen ein. IIIa) Definition und Erfassen von Persönlichkeit Mit welchen Persönlichkeitsfaktoren beschäftigt sich die Psychologie? Differenzielle und Persönlichkeitspsychologie beschäftigen sich mit systematischen Unterschieden im erleben und Verhalten einer Person (intraindividuell) und den Unerschieden zwischen Personen und Personengruppen (interindividuell); sowie mit den Ursachen und Wirkungen dieser Unterschiede. Die differenzielle Psychologie betrachtet dabei jedoch mehr die interindividuellen Merkmale, während die Persönlichkeitspsychologie im Sinne einer ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung mehr das intraindividuelle Verhalten und seine Veränderung betrachtet. Was genau bezeichnet der Begriff Persönlichkeit? Der Begriff wird im Alltags- und psychologischen Sprachgebrauch sehr unterschiedlich verwendet. Doch auch in der Wissenschaft ist er nicht eindeutig definiert. Nach Herrmann ist Persönlichkeit ein bei jedem Menschen einzigartiges, relativ stabiles und dem Zeitablauf überdauerndes Verhaltenskorrelat (Zusammenhang, Bedingung). Der Mensch kennzeichnet sich durch verschiedene Persönlichkeitsbereiche: Genetische Ausstattung und körperliche Erscheinung. Generelle Temperaments- und Persönlichkeitseigenschaften (Traits States). Leistungsmerkmale (kognitiv 24 körperlich-motorisch). Selbst- und umweltbezogene Kognitionen (selbstbezogen [Selbstwertgefühl] Handlungseigenschaften [motivationale Konstrukte, Handlungsüberzeugung] und Bewertungsdispositionen [Attributionen, Einstellung]). Welche Leistungsmerkmale motorischer Fähigkeiten gibt es (Skript 119)? Motorische Fähigkeiten gliedern sich in konditionelle und koordinative Fähigkeiten. Wobei sich die konditionellen noch in Ausdauer und Kraft gliedern lassen. Ausdauer, Kraft und Koordination sind die drei motorischen Basisfähigkeiten. Schnelligkeit und Beweglichkeit sind Mischformen der Basisfähigkeiten. Was sind selbst- und umweltbezogene Kognitionen? Selbst- und umweltbezogene Kognitionen stellen die Gesamtheit aller wahrgenommenen eigenen Fähigkeiten dar. Verschieden Aspekte der eigenen Person (Größe, Aussehen, Beliebtheit, Fähigkeiten) werden bewertet (Selbstkonzept). Dieses Selbstkonzept führt dann zu Selbstgefühl. Die Wertschätzung erfolgt auf Basis der Bewertung des Selbstkonzeptes. Ein Selbstkonzept umfasst die eigene Beurteilung von Wissensbereichen/Bildung, sozialen Komponenten (Freunde, Anerkennung), emotionaler Einschätzung und körperlichen Fähigkeiten (Skript, 122). Solche Kognitionen lassen sich zum Beispiel durch Fragebögen erheben. IIIb) Sport und Persönlichkeit Gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen Sport und Persönlichkeit? Als Grundannahme steht die zentrale Aussage, dass Sportler und nicht Sportler sich unterscheiden. Zu dieser Aussage gibt es drei Ansätze: Nach der Selektionshypothese begünstigen bestimmte Persönlichkeitsmerkmale die Aufnahme bestimmter Sportarten, sowie den sportlichen Erfolg. Die Sozialisationshypothese postuliert, dass Schulsport Persönlichkeitsentwicklung fördert. Freizeitsport führt zu einer Verbesserung des Wohlbefindens und Wettkampfsport führt zu Verbesserung des Selbstvertrauens. Die Interaktionshypothese greift Merkmale aus beiden Theorien auf und stellt fest, dass bestimmte Persönlichkeitsmerkmale die Aufnahme einer bestimmten Sportart begünstigen. Durch die Sportart selbst verändert sich wiederum die Persönlichkeit des Sportlers. Diese Veränderung kann zu einer Intensivierung dieser Sportart, aber auch zur Wahl einer neuen Sportart führen. Weiter steht die Frage im Raum, ob es einen Unterschied zwischen Athleten unterschiedlicher Sportarten oder auf unterschiedlichen Niveau gibt, oder ob der Sport auf die Charakterentwicklung Einfluss hat. Die These einer Sportlerpersönlichkeit, bezogen auf Persönlichkeitsmerkmale konnte bislang nicht nachgewiesen werden, ebenso wenig wie Unterschiede zwischen den Sportarten. Sport beeinflusst eher variable und aktuelle Persönlichkeitsmerkmale als zeitlich und situativ stabile Persönlichkeitsmerkmale. Positive Effekte auf das Wohlbefinden zeigen sich am ehesten im Gesundheits- und Freizeitsport. Erfolge im Sport scheinen eine positive Selbstwahrnehmung zu begünstigen. Das Sport entscheidend zur Persönlichkeits- und Charakterbildung beiträgt, konnte bislang nicht bestätigt werden. 25 IV) Sozialpsychologie im Sport Was sind Merkmale einer Gruppe? Eine Gruppe besteht aus mindestens zwei Personen. Zwischen den Gruppenmitgliedern muss Kommunikation, sowie eine bewusste Wahrnehmung untereinander stattfinden. Eine Gruppe verfolgt gemeinsame Ziele und entwickelt eine Wir-Gefühl. Die besteht über einen gewissen Zeitraum. Gruppen entwickeln eine eigene Dynamik. Sie ist mehr als die Addition der Eigenschaften der Gruppenmitglieder. So treffen Gruppen riskantere Entscheidungen, als sie eine Einzelperson treffen würde (Risiko-Schub-Phänomen). Zwischen Eigen- und Fremdgruppen treten häufig Spannungen auf (Intergruppendiskriminierung). Welche Merkmale zur Erforschung einer Sportgruppe sind relevant? Merkmale der Mitglieder und Gruppenkontext (Gruppengröße, äußere Rahmenbedingungen) bilden die Inputvariablen, die auf die Gruppenstruktur (Rangordnung, Führungsperson) einwirken. Der Zusammenhalt in einer Gruppe wird als Gruppenkohäsion bezeichnet. Über Gruppenprozesse erfolgen Gruppen- und Individualprodukte (Skript, 141). Welchen Einfluss hat die Gruppengröße auf die individuelle Leistung? Bei interaktiven Leistungen (die Leistung des Einzelnen ist nicht überprüfbar Tauziehen) nimmt die individuelle Leistung mit zunehmender Gruppengröße ab (Ringelmann-Effekt). Die Mannschaftsleistung ist demnach nicht die Summe der potentiellen Einzelleistungen. Der Leistungsverlust tritt auf der einen Seite bedingt durch koordinative Verluste (Zugrichtung, Zeitpunkt des maximalen Krafteinsatzes) aber auch durch geringer Motivation (soziales Dilemma, die Arbeit sollen die Anderen machen soziales Faulenzen) auf. Bei additiven Mannschaftsleistungen (die Leistung des Einzelnen ist überprüfbar Schwimmstaffel) kann es sogar zu Leistungssteigerungen kommen. Wie kann der Motivationsverlust reduziert werden (Skript, 144)? Den Gruppenmitgliedern muss die individuelle Bedeutung bewusst gemacht werden, indem die individuelle Leistung anerkannt und bewertet wird. Das individuelle Verantwortungsgefühl muss gestärkt werden, indem die Verpflichtung gegenüber einem gemeinsamen Ziel betont und der Gruppenzusammenhalt gestärkt wird. Die persönliche Bedeutsamkeit einer gemeinsamen Aufgabe erhöhen; durch gemeinsame Belohnung. Rollentausch (andere Spielpositionen einnehmen) kann das Verständnis für die Rolle des anderen erhöhen. Jedes Mitglied soll sich mit seiner eigenen Kreativität einbringen können. Bei übertriebenen individuellen Einsatz, soll das Gruppenziel noch einmal betont werden, und nicht die individuelle Motivation noch stärker gefördert werden. Welchen Einfluss hat Gruppenkohäsion auf die Leistungsfähigkeit? Benötigt eine Mannschaft einen Führungsspieler um maximale Leistung zu bringen? Gruppenbildung und Gruppenzusammenhalt führt zu guter Leistung (Elf Freunde müsst ihr sein – Nationalmannschaft 1954). 26 Maximale Leistung ist aber auch trotz oder wegen innerer Konflikt möglich (Deutschland-Achter). Welche Merkmale für Kohäsion gibt es (Skript, 149)? Zusammengehörigkeits- und Wir-Gefühl. Widerstandsfähigkeit gegen störende Kräfte. Interpersonelle Aktivität und eine positive Einstellung gegenüber den Gruppenmitgliedern. Es wird zusammen ein gemeinsames Ziel verfolgt. Welche Faktoren haben Einfluss auf die Kohäsion einer Gruppe? Zusammengehörigkeit ergibt ich aus der Geschlossenheit der Gruppe und der persönlich empfundenen Attraktivität einer Gruppe. Die Attraktivität einer Gruppe gliedert sich in: a) ziel- und aufgabenorientiert: Aufgabenkohäsion: korreliert hoch mit Leistung: Ich bin mit meinen Spielanteilen nicht zufrieden, und in: b) beziehungsorientiert: Soziale Kohäsion korreliert weniger mit Leistung: gute Freunde von mir spielen mit mir zusammen. Die Geschlossenheit einer Gruppe gliedert sich auch in: a) ziel- und aufgabenorientiert: Wir versuchen ein gemeinsames Ziel zu erreichen. b) beziehungsorientiert: Unsere Mannschaft unternimmt viel/wenig zusammen. 27