PRESSEKONFERENZ: 9. Juli 2008 Behandlungskonzept betont gemeinsames Erarbeiten neuer Wege Krank ohne organische Ursachen: Department für Psychosomatik als Anlaufstelle für Säuglinge, Kinder, Jugendliche und deren Eltern eröffnet Umfassendes Angebot an psychologischer und medizinischer Diagnostik und Therapie ermöglicht individuelle Abstimmung. Möglichkeiten zu genauer Beobachtung lassen neue Wege der Unterstützung für Säuglinge, Kinder, Jugendliche und deren Eltern finden. Als Gesprächspartner stehen Ihnen zur Verfügung: Mag. Gabi Burgstaller Landeshauptfrau von Salzburg Dr. Max Laimböck SALK Geschäftsführer Univ.-Doz. Dr. Doris Mack Stv. Ärztliche Direktorin LKH Prim. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Sperl Vorstand der Universitätsklinik für Kinderund Jugendheilkunde OA Dr. Adrian Kamper Leiter des Departments für Psychosomatik Erstellt ÖA/MW 68615815 Seite 1 von 10 Psychosomatik: Behandlung für Geist, Körper und Seele von Säuglingen, Kindern, Jugendlichen SALZBURG / Die ganzheitliche Sichtweise von Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen hat an der Universitätsklinik für Kinderund Jugendheilkunde Tradition. Psyche und soziale Situation werden bei der Entstehung und Behandlung von Erkrankungen schon seit Jahren berücksichtigt. Im neuen Department für Psychosomatik werden all diese Bemühungen unter einem Dach konzentriert. Es ist das erste in ganz Österreich, das dem Österreichischen Strukturplan Gesundheit entspricht – dem Fahrplan der österreichischen Gesundheitsplanung, einer rechtlichen Vereinbarung zwischen Bund und Land. „Ich freue mich, dass das Land Salzburg als erstes Bundesland dieses Angebot für Kinder und Jugendliche hat“, sagt Landeshauptfrau Mag. Gabi Burgstaller. „Damit ist ein weiterer wichtiger Schritt zur Versorgung – gerade der jüngsten Menschen – gesetzt.“ An der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde gibt es seit 1994 eigene Betten für die Psychosomatik. „Damals waren es acht Betten – heute sind es zwölf. Durch die zunehmende Inanspruchnahme kam der Wunsch für eine Erweiterung der bereits vorhandenen Ressourcen auf“, erklärt Dr. Max Laimböck, SALK Geschäftsführer. Ende vergangenen Jahres wurde der SALK schließlich offiziell die Führung eines Psychosomatik-Departments für Säuglinge, Kinder und Jugendliche bewilligt. Erstellt ÖA/MW 68615815 Seite 2 von 10 Therapie individuell abgestimmt Herr Prim. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Sperl, Vorstand der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde freut sich ebenfalls über das Angebot. Ein Kinderzentrum braucht eine Einrichtung zur Versorgung von psychosomatischen Krankheiten, weil Kinder oft mit körperlichen Beschwerden in unsere Ambulanz kommen, es sich aber später herausstellt, dass diese eine psychische Ursache haben. Es werden alle Altersstufen vom Säugling bis zum Jugendlichen in dem neuen Department versorgt. Die Möglichkeit der Aufnahme von Eltern und Kind besteht ebenfalls. In unserem Behandlungskonzept ist das Einbeziehen der gesamten Familie selbstverständlich, nur so ist möglich, dass ein anhaltender Behandlungserfolg für die Kinder sichergestellt werden kann. Durch das neue Department hat die Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde ein umfassendes Angebot an psychologischer und medizinischer Diagnostik und Therapie, das auf die individuellen Notwendigkeiten abgestimmt wird. Rund 1.000 PatientInnen pro Jahr Je nach Behandlungsbedürfnis kommen die PatientInnen in eine der drei Ambulanzen (Klinisch-psychologische Ambulanz, Ambulanz für Schrei-, Schlaf- und Fütterungsstörungen und Ärztliche Ambulanz), werden im stationären Aufenthalt betreut. Auch eine eigene Psychosomatik Therapiestation ist etabliert. Etwa 1.000 Säuglinge, Kinder und Jugendliche werden pro Jahr am Department für Psychosomatik betreut, dies bedeutet, dass MitarbeiterInnen zwischen 3.200 und 3.600 Kontaktgespräche leisten. Das Einzugsgebiet des Departments für Psychosomatik reicht über das Bundesland Salzburg hinaus bis in die Bayerische Grenzregion, in Teile Oberösterreichs (Braunau, Ried, Wels, Gmunden, Salzkammergut) und gelegentlich bis in die Obersteiermark. Erstellt ÖA/MW 68615815 Seite 3 von 10 Umfangreiches Behandlungsspektrum Säuglinge und Kleinkinder kommen in Begleitung ihrer Eltern an das Department. „Sie leiden meist an Störungen des Verhaltens und der emotionalen Regulation bei Belastungen der frühen Eltern-KindBeziehungen“, sagt OA Dr. Adrian Kamper, Leiter des Departments Psychosomatik. Das äußert sich in Form von: o Schrei-, Gedeih- und Fütterungsstörungen o Schlafstörungen o Trennungsängsten o Störungen sozialer Funktionen (Verstummen, auffälliges Rückzugsverhalten, oppositionelles Verhalten) o Sonstigen emotionalen Störungen des frühen Kindesalters Bei Kindern und Jugendlichen stehen bei psychosomatischen Erkrankungen meist körperliche Symptome im Vordergrund. Sie reagieren mit Kopf- und Bauchschmerzen, Übelkeit, Schwindel, Gliederschmerzen, Rückenschmerzen, Bewegungseinschränkungen oder Funktionsverlust. „Bei etwa einem Viertel der Kinder und Jugendlichen, die wegen körperlicher Symptome stationär aufgenommen werden, können keine organischen Ursachen für diese Beschwerden gefunden werden“, sagt Kamper. „Diese Patientinnen und Patienten bilden neben den Essstörungen eine ‚Kerngruppe’ im Behandlungsspektrum der Psychosomatik – Tendenz steigend.“ Das Department ist außerdem Ansprechpartner bei: o Angststörungen o Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen (nach seelischen und körperlichen Traumata) o Chronischen Erkrankungen mit assoziierten psychischen Problemen (z.B. Diabetes mellitus, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen etc.) Erstellt ÖA/MW 68615815 Seite 4 von 10 o Essstörungen wie Magersucht, Essattacken mit und ohne Kontrollverlust, morbider Adipositas o Schlafstörungen o Emotionalen Störungen des Kindesalters o So genannten Reifungsstörungen – beispielsweise verzögerter Sauberkeitsentwicklung (Einkoten, Einnässen) Typische PatientInnen Paul (Name geändert) ist 15 Jahre alt. Seit dem Herbst hat er wiederholt Atemnot. Gelegentlich spürt er dabei ein Kribbeln und Taubheit in den Fingern. An einem Sonntagabend hat er keine Kontrolle mehr über sein linkes Bein, es gehorcht ihm nicht mehr. Paul gerät in Panik und ringt wieder nach Luft. Ihm wird schwindlig und schwarz vor Augen. Die Rettung bringt ihn in die allgemeine Ambulanz der Kinderklinik. Solche Akutaufnahmen erfolgen über die allgemeine Ambulanz der Klinik. Gründe für die Aufnahme können beispielsweise Bewusstseinsveränderungen, Funktionseinschränkungen von Arm oder Bein, heftige Bauchschmerzen oder wiederholte Kopfschmerzattacken sein, die an eine organische Grunderkrankung denken lassen. „Medizinische Untersuchungen bleiben allerdings ohne Resultat“, sagt Kamper. Erhebt man die Lebenssituation der PatientInnen, sind meist akute oder chronische Be- und Überlastungen erkennbar. Die PatientInnen zeigen häufig psychisch Auffälligkeiten. Insbesondere sind Ängste oder eine depressive Stimmungslage zu erheben. Typische PatientInnen können auch solche sein, die in wenigen Monaten 25 bis 35 Prozent ihres Körpergewichtes verlieren. „Wir klären ab, ob der Verdacht auf eine Essstörung – insbesondere Magersucht – besteht“, sagt Kamper. Die PatientInnen dieser Gruppe sehen wir ab einem Alter von 10 Jahren.Burschen sind ungleich seltener (ca 1:10 )betroffen. Ein besonderes Thema sind die Schrei-, Schlaf- und Fütterungsstörungen bei Säuglingen, die über eine eigene spezielle Ambulanz diagnostiziert Erstellt ÖA/MW 68615815 Seite 5 von 10 und betreut werden, sofern dies ohne stationären Aufenthalt möglich ist. Kinder mit chronischen Erkrankungen organischer Genese (z. B. Diabetes mellitus oder chronisch entzündliche Darmerkrankungen) sind ebenfalls typische PatientInnen des Departments. Familien sind auf Grund der mit der Erkrankung verbundenen Belastungen und der durch die Dauerpräsenz des Krankheitsgeschehens veränderten Kommunikation überfordert. Jugendliche haben mitunter große Probleme „ihre Erkrankung“ anzunehmen. Individuell abgestimmte Therapien „Unser Diagnostik- und Therapieangebot ist umfassend – sowohl psychologisch als auch medizinisch“, bestätigt auch OA Kamper. Entsprechend den Symptomen wird individuell eine Therapie zusammengestellt. Zum Therapieangebot gehören: o Einzel- und Familientherapie o Gruppentherapie o Kreativtherapeutische Angebote: z.B. Musik- und Maltherapie o Tiergestützte Therapie mit Hunden, heilpädagogisches Voltigieren o Soziotherapie: soziales Verhaltens- und Kompetenztraining o Pädagogische Beziehungsarbeit o Kreativ-gestalterisches Arbeiten auf der Station o Erlebnispädagogik o Ergo- und Physiotherapie o Logopädie o Ernährungsberatung o Miteinbindung der Sozialarbeit o Individuelle Beschulungsmöglichkeiten (Heilstättenschule) o Kindergartenbesuch Erstellt ÖA/MW 68615815 Seite 6 von 10 Ablauf des Aufenthalts Je nach Schwere der Erkrankung stehen unterschiedliche Möglichkeiten eines Aufenthalts am Department für Psychosomatik zur Verfügung bzw. sind notwendig. „Einen Teil der aufgenommenen Patientinnen und Patienten können wir nach Diagnoseerstellung, umfassender Aufklärung und Beratung an den niedergelassenen Bereich weitervermitteln“, erklärt Kamper. Die PatientInnen verbringen meist eine bis zwei Wochen in der Klinik bevor sie bei niedergelassenen ExpertInnen eine Psychotherapie beginnen, an niedergelassene FachärztInnen oder einschlägige Institutionen verwiesen werden. Bei anderen PatientInnen ist eine stationäre psychosomatische Therapie notwendig. Kamper: „Mit dieser wird entweder sofort begonnen, oder es wird der Aufnahmetermin für den therapeutischen Aufenthalt vereinbart und die Zeit bis dorthin mit ambulanter Betreuung überbrückt.“ Diese PatientInnen bleiben meist sechs bis acht Wochen – einige auch mehrere Monate. Vor der Aufnahme auf der Station werden die PatientInnen ambulant vorbereitet. Um möglichst gute Aufnahmevoraussetzungen zu schaffen, werden Behandlungsinhalte besprochen. Am Tag der Aufnahme gibt es ein sogenanntes Aufnahmegespräch gemeinsam mit den MitarbeiterInnen der Station. Zum Team des Departments gehören: o ÄrztInnen o PsychologInnen/PsychotherapeutInnen o Pfleger/Schwestern o PädagogInnen o SozialarbeiterInnen o LehrerInnen o KindergartenpädagogInnen Erstellt ÖA/MW 68615815 Seite 7 von 10 Im Laufe des Aufenthalts können dazu noch Spezialisten aus folgenden Gebieten kommen: o Mal- und Musiktherapie o Tiergestützte Therapien o Ergo- und Physiotherapie o Logopädie o Ernährungsberatung „In 14-tägigen Abständen machen wir während des Aufenthalts Reflexionsgespräche“, erklärt OA Kamper. Sie begleiten den Behandlungsverlauf. „Wir haben nun die Möglichkeit, parallel zur laufenden Psychotherapie, genaue Beobachtungen sowie Interventionen bei Alltags- und Freizeitaktivitäten zu machen, ebenso in der Schule und im Kindergarten – das alles gehört zu den Grundlagen, neue Wege der Unterstützung zu finden“, sagt der Leiter. Um keine (größeren) Lücken in der Ausbildung entstehen zu lassen, besuchen die Kinder und Jugendlichen während des Aufenthalts die so genannte Heilstättenschule der Klinik. Sie ist speziell auf die Bedürfnisse der PatientInnen abgestimmt. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer am Psychosomatik-Department beträgt sechs bis acht Wochen. „Am Ende des Aufenthalts steht das Abschlussgespräch mit einem Rückblick auf das gemeinsam Erreichte und Therapie-Empfehlungen für die Zukunft“, sagt Kamper. Auch nach der Behandlung im Krankenhaus werden die Kinder und Jugendlichen sowie deren Eltern nicht sich selbst überlassen. Die Zeit des Übergangs in eine ambulante Therapie außerhalb des Krankenhauses wird individuell begleitet und unterstützt. Der Unterschied Eine bakteriell bedingte Lungenentzündung ist nach zehn bis 14 Tagen Antibiotikum und körperlicher Schonung ausgestanden. „Das Prinzip von Erstellt ÖA/MW 68615815 Seite 8 von 10 Ursache und Wirkung funktioniert“, sagt Kamper. Anders bei psychosomatischen Erkrankungen. „Wenn seelisches Befinden und körperliche Reaktionen – die ja unbewusst immer zusammenspielen – aus irgendwelchen Gründen aus der Balance kommen, klappt die „UrsacheWirkungs“ Denk- und Behandlungsweise nicht mehr“, erklärt der Mediziner. Dann bedarf es unserer psychosomatischen Sichtweise. Ein häufiges Thema dafür sind im Kinder- und Jugendalter Angst und Schmerz. „An sich überlebenswichtige Schutz- und Alarmsignale“, sagt Kamper. „Wenn Angst und Schmerz sich allerdings gegenseitig aufschaukeln und die Führung übernehmen, hat kaum ein normaler Gedanke und kein Alltag mehr Platz.“ Das ist Psychosomatik Bei der psychosomatischen Medizin im Säuglings-, Kinder- und Jugendalter werden biologische, psychische und soziale Einflussfaktoren auf Krankheiten und Gesundheit berücksichtigt. Vor dem Hintergrund der besonderen Entwicklungseinflüsse dieser Lebensabschnitte und der individuellen Bewältigungsmöglichkeiten wird Psychosomatik als Haltung im medizinischen Handeln verstanden. Psychosomatik definiert sich in diesem Fall als umfassendes, ganzheitliches Verständnis der medizinischen Versorgung von Säuglingen, Kindern und Jugendlichen. Sie nutzt die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten, die in den Beziehungen der Erkrankten zu ihren Bezugspersonen und zu ihrer Lebensumwelt liegen. Auch für Erwachsene Für die Behandlung von psychosomatischen Erkrankungen bei Erwachsenen gibt es einen eigenen Sonderauftrag. Leiter ist Primar Dr. Manfred Stelzig. Die Psychosomatik für Erwachsene gehört zur ChristianDoppler-Klinik und ist am St.-Johanns-Spital angesiedelt. Zum Versorgungsangebot gehört eine allgemeine psychosomatische Ambulanz, ebenso Spezialambulanzen. Sämtliche PatientInnen der Erstellt ÖA/MW 68615815 Seite 9 von 10 Erwachsenenabteilungen des Sankt Johann Spitals werden, bei Notwendigkeit psychosomatisch betreut. Weg zum Center of Excellence Die stellvertretende Ärztliche Direktorin, Univ.-Doz. Dr. Doris Mack betont abschließend die Wichtigkeit dieser Einrichtung: “Die Einrichtung dieses Departments am Kinderzentrum der SALK ist aus der Sicht des LKH ein weiterer wichtiger Schritt des Zentrumsgedankens, also gelebtes Gesundheitsmanagement - und des Auftrages einer Universitätsklinik. Es ist sozusagen ein Zentrum im Zentrum mit hoher Interdisziplinarität (Pädiatrie, Psychologie, Pädagogik, Psychiatrie, Physikalische Medizin) und Interprofessionalität (Ärzte, Pflege, Sozialarbeiter, Betreuer, Pädagogen, Psychologen...), darum war es uns wichtig dieses Department auch hier verortet zu haben, wobei wir mit der Kinderpsychiatrie unter Priv.-Doz. Dr. Leonhard Thun-Hohenstein beste Kooperationsbedingungen mit der CDK innerhalb der SALK haben. Wie schon Landeshauptfrau Gabi Burgstaller gesagt hat, ist es auch mir eine Freude, dass Salzburg als erstes Bundesland ein Department dieser Qualität anbieten kann und wir werden von Seiten des Vorstandes LKH alles uns Mögliche tun, dieses weiter zum Center of Excellence auszubauen.“ Bilder mit Kindern des Psychosomatik Departments: Bildrechte SALK/Unterhauser Abdruck honorarfrei Bilder von der Pressekonferenz: Bildrechte SALK / Wild & Team Abdruck honorarfrei Kontakt & Rückfragen an: Mag. Mick Weinberger Leiterin PR und Klinikmarketing, Pressesprecherin Tel: +43 (0) 662 4482 -1007 Mobil: +43 (0) 699 1707 1007 [email protected] [email protected] www.salk.at Erstellt ÖA/MW 68615815 Seite 10 von 10