Wichtiger Hinweis! Nachfolgende Informationen sollen dem allgemeinen Überblick über die Systemische Organisationsentwicklung und die Funktion des/r Beraters/in im Entwicklungsprozess dienen. Die Informationen wurden aus dem Internet kopiert. Eine Zuordnung zu Personen ist nicht möglich. Diese Texte dürfen daher weder nach Außen gegeben, noch in die Arbeit der Referate integriert werden. Systemische Organisationsentwicklung Der schnelle Wandel bestimmt das Bild des Unternehmens in einer globalisierten Wirtschaft. Ob dies nun Fusionen oder Übernahmen, Prozesse des Outsourcing oder des Reengineering, Veränderungen der internen Kooperationsstrukturen und der Hierarchien sind - stets rufen diese Veränderungen neben Visionen, Hoffnungen und Perspektiven auch Ängste, Anpassungsprobleme und Widerstände bei den betroffenen Mitarbeitern hervor. Organisationen sind soziale Systeme, die nur so gut funktionieren wie die Menschen, die dort arbeiten. Die meisten Veränderungsprozesse sind äusserst komplex und nicht einfach zu verarbeiten für die Betroffenen. Festgefügte Strukturen, Aufgaben, sachliche Ziele, Positionen und Beziehungen können in Frage gestellt und tiefgreifend modifiziert werden. Es ist die Herausforderung für die systemische Organisationsentwicklung (OE), zwischen den individuellen Zielen und den Unternehmenszielen eine Balance zu finden, die beide Systeme verbessert. Um die Wechselbeziehungen zwischen technischer Veränderung, der Organisation des Unternehmens und den menschlichen Ressourcen besser zu verstehen und zu optimieren, bedarf es einer bewussten, systemischen Organisationsentwicklung. Eine systemische OE umfasst eine ganzheitliche Problemanalyse, die Entwicklung der Persönlichkeit, das Erlernen kommunikativer Fähigkeiten, das Infrage-Stellen von gewohnten Denk- und Verhaltensmustern sowie den Entwurf einer gemeinsamen Vision (5 Disziplinen nach Senge). Der systemische Organisationsentwickler hilft, organisatorische Veränderungen psychologisch aufzufangen. Er plant und steuert mit einer Vielzahl von Methoden unterschiedlichster Provenienz den organisatorischen Wandel. Widerstand, Konflikt und Auseinandersetzung betrachtet er als Vehikel der Veränderung. Seine Interventionen setzen an beim einzelnen Mitarbeiter, in Teams und Gruppen und in der Gesamtorganisation – im System des Unternehmens. Seine Initiativen tragen dazu bei, ein lebendiges und transformationsfähiges Unternehmen zu gestalten und zu bewahren. Was will die systemische Organisationsentwicklung? Organisationen sind Marktplätze, auf denen ein buntes Treiben herrscht, auf denen gehandelt, gefeilscht, gerechnet und kalkuliert wird, auf denen die einen schreien und die anderen zuhören, auf denen die einen sich zufrieden die Hände reiben und die anderen verärgert den Platz verlassen. Gelegentlich meinen die Verantwortlichen, das Treiben müsse einmal unter die Lupe genommen und bereinigt" werden. Sie holen sich dazu einen Berater, der dieses Treiben analysiert, Vorschläge unterbreitet und den Platz wieder verläßt. Meist wird die Unruhe größer als zuvor, wenn die neuen Pläne bekannt werden. Und die Verantwortlichen sinnen auf Änderung der Pläne, gelegentlich unter Hinzuziehen eines neuen Beraters. In einigen Organisationen ist es jedoch üblich geworden, die Betroffenen am Prozeß der Analyse und Neugestaltung zu beteiligen. Ihnen wird Gelegenheit gegeben, ihre eigenen Sichtweisen, Werte und Interessen einzubringen. Auch dieses Vorgehen bringt Unruhe, aber die Unruhe hat System": Sie wird als Chance zur Veränderung angesehen. Es bedarf ebenfalls einer Form, in die man es kleidet. Und diese Form der Entwicklung von Organisationen bezeichnet man heute als Organisationsentwicklung (OE). Organisationen unterscheiden sich danach, wie vielfältig ihr Spektrum ist, unter dem sie sich und ihre Umwelt beschreiben. Die systemische Orientierung will ausdrücken, daß sich eine solche OE eine möglichst hohe Komplexität zumutet, daß sie langfristige Folgen bedenkt, davon ausgeht, daß alle Folgen auch unerwünschte Nebenfolgen haben, daß Auswirkungen immer Rückwirkungen haben, und daß die handelnden Personen/Systeme selbstbezüglich agieren, d.h. bei aller Beobachtung und Analyse berücksichtigen müssen, daß sie selbst im Spiele sind. In der neueren Systemtheorie, insbesondere im Konstruktivismus, liegt ein Konzept vor, das den Hintergrund für diese systemische Orientierung liefert. Es geht davon aus, daß alle Wirklichkeit von den Beteiligten er-schaffen wird, daß alle Änderung von den Köpfen bzw. in der laufenden Kommunikation er-dacht bzw. er-redet werden muß. Die Differenztheorie zeigt uns, daß diese Wirklichkeitskonstruktionen von den benutzten Unterscheidungen abhängen. Ordnung (Organisation) bedeutet, daß sich die Beteiligten auf bestimmte Formen des Unterscheidens verständigt haben - und davon in der Regel nicht gerne abrücken, auch wenn sie unter ihrer Ordnung leiden. Sie können jedoch gestört" werden in diesem Spiel, und zwar durch einen externen Seher", den Berater, der, als ein Beobachter 2. Ordnung den Schaffenden widerspiegelt, wie sie unterscheiden und dabei neue Unterscheidungen einbringt. Berater bedienen sich, um wirksam zu stören, eines bunten Strausses an Interventionen, über die die systemische Praxis verfügt. Sie orientieren sich - dies ist die Besonderheit der OE im Vergleich zu einer Einzel- oder Gruppensupervision - am umfassenden System Organisation". Berater sehen ihre Aufgabe dann als beendet, wenn die Beteiligten, bei allen verbleibenden Turbolenzen, eine neue Ordnung gefunden haben, die sie für sich als brauchbar erachten. Thesen zur systemischen Organisationsberatung 1. These In der sytemischen Organisationsberatung beobachtet das Beratungssystem die Unterscheidungen und das Unterscheiden in der Organisation. Systemische Organisationsentwicklung versteht sich demnach als Beobachtung (Kybernetik) erster und zweiter Ordnung. Sprechen geschieht in Differenzen. D.h.: wer versucht die Welt zu begreifen, denkt und spricht in Unterscheidungen (vgl. Luhmann 1990). Wir erfassen die Welt in begrifflichen Gegensätzen. So kann zum Beispiel ein System nicht ohne Umwelt gedacht werden. Wir blenden jedoch beim Begreifen die gegensätzliche Seite meistens aus. Heinz von Foerster (1 985) nennt das den blinden Fleck. Das Beratungssystem ist nicht unmittelbar ins Arbeitssystem verwickelt. Organisationsberatung beobachtet die Welt, in der Arbeitssysteme vorkommen. Schauen wir uns die Systeme an: Sie sind Konstrukte, die wir auf Grund unserer Beobachtungsleistungen erzeugen. Menschen sind Beobachter, die die Welt nach Oppositionen (Unterscheidungen) abtasten. Es ist schwer, auf beiden Seiten einer Unterscheidung die Welt abzutasten. Wir reduzieren für gewöhnlich diese Komplexität und finden uns in einer asymmetrischen Unterscheidung wieder. Diese nennen wir Entscheidung. Das ist oft notwendig und für das Handeln sehr brauchbar. Die Entscheidung ist aber auch der "blinde Fleck". Sie wird oft zu einem Code, zu einem Symbol, zu Geschichten, Legenden, Ideologien, manchmal zu einem Geheimnis oder in einem Tabu verdichtet. Systemische Organisationsberatung kann den "blinden Fleck" wieder sichtbar machen, kann die abgeblendeten Teile, die ausgegrenzten Unterscheidungen hervorholen. Systemische Organisations beratung kann die asymmetrische Unterscheidung aufs neue verflüssigen. Sie kann die andere Seite aufdecken und ein Symbol auf seine alte oder eine neue Weise zusammensetzen, so daß etwas anderes entsteht oder altes Vergessenes als scheinbar Neues ans Licht tritt. Die Beobachtung erster Ordnung beobachtet die Welt mit den Begriffen, die ihr in den Sprachspielen zur Verfügung gestellt sind. Die Beobachtung zweiter Ordnung beobachtet den Beobachter und beobachtet, mit welchen Unterscheidungen der Beobachter erster Ordnung beobachtet. Systemische Organisationsberatung kann also die Unterscheidungen in Frage stellen, die der Beobachter erster Ordnung trifft. Systemische Organisationsberatung ist in diesem Sinne: Meta-Vision, ist Übersicht, Survey. Die Beobachtung zweiter Ordnung vermehrt die Komplexität. Organisationssysteme kommunizieren, sonst sind sie (nach Luhmann) keine sozialen Systeme. Sie müssen also handeln, wollen sie weiterbestehen. Sie werden die durch die Organisationsberatung erweiterte Komplexität wieder reduzieren. Das ist brauchbar und sinnvoll. Sie treffen neue Unterscheidungen und Ent-scheidungen, d.h. sie konstruieren neue System-Welten. 2. These In der systemischen Organisationsentwicklung kann in Tautologien gesprochen werden. Die wohl berühmteste Tautologie, die in Beratungen häufig genannt wird, stammt von Gregory Bateson: "Unterschiede sind Unterschiede, die Unterschiede machen" Weitere Tautologien, die in der systemischen Organisationsberatung nützlich sind: Wir sehen nicht, was wir nicht sehen. Oder: Alles, was jemand sagt, ist von jemandem gesagt. Oder: Was beobachtet wird, wird von einem Beobachter beobachtet. Oder: Verändern heißt, ein Problem gegen ein anderes austauschen. Tautologien machen keine Aussagen. Sie behaupten keine Wahrheiten. Sie sagen nichts über das "Wesen" aus. Sie stellen vielmehr eine Leere her. In dieser Leere können neue Wirklichkeiten konstruiert werden, indem z. B. nicht mehr danach gefragt wird: Was ist das Problem, sondern: Wie funktioniert es, welchen konkreten Sinn macht es, und was könnte an seine Stelle gesetzt werden? 3. These Systemische Organisationsberatung nutzt Paradoxien. Paradoxien sind in der abendländischen Wissenschaft verboten und wurden von Platon bis Russel lächerlich gemacht. "Alle Kreter sind Lügner", vom Kreter Epimedes gesagt, ist ein Problem, das mit der aristotelischen Logik nicht zu lösen ist. Paradoxien werden interessant, wenn wir die Selbstreferenz des Sprechers ernst nehmen und das Ich des wissenschaftlichen Beobachters mit einbeziehen in die wissenschaftliche Untersuchung (vgl. Luhmann/Fuchs 1989, Luhmann 1991, Esposito 1991). Diese kleine Drehung des Gesichtskreises läßt die Objektivität verschwinden. Der Preis ist allerdings, daß es nicht mehr entscheidbar ist, ob eine Theorie wahr oder falsch ist. "Nur die Fragen, die prinzipiell unentscheidbar sind, können wir entscheiden", sagt Heinz von Foerster. Das gibt Organisationen eine relative Entscheidungsfreiheit. Nicht mehr "Richtigkeit" ist das entscheidende Kriterium, sondern "Brauchbarkeit" (vgl. von Glasersfeld 1981). Systemische Organisationsberater haben wenig Respekt vor linearen Theorien, auch nicht vor ihren eigenen, denn Theorien sind (auch nur) eine von vielen möglichen Unterscheidungen (siehe die 1. These). Wenn die eigene Theorie nicht mehr brauchbar ist, werfen sie sie weg und suchen sich eine andere, eine passendere. Wenn diese Theorie dann auch eines Tages nichts mehr taugen sollte, trennen sie sich auch von ihr und suchen sich wieder eine andere usw, usw........... Systemische Organisationsberatung sorgt dafür, daß ein Ereignis ein Ereignis bleibt und nicht zum endgültigen Bestand wird. Oder paradox gesprochen: Systemische Organisationsberatung sorgt dafür, daß ein Ereignis zum beständigen Ereignis wird. 4. These Systemische Organisationsberatung ist Teil des Problemmanagement. Systemische Organisationsberatung wird oft als ein Problemlösungsinstrument angepriesen, in dem Sinne, als könnte die Organisationsberatung alle Probleme auflösen und zum Verschwinden bringen. Wer das verspricht, verspricht zu viel. In der Organisationsberatung können die Lösungsversuche von Systemen untersucht werden. In der Regel sind es die Lösungsversuche eines Systems, die zu den Problemen des Systems führen. Es wird das Spiel "Mehr desselben" gespielt. Organisationen versuchen mit den gleichen Mitteln, mit denen sie in die Bedrängnis geraten sind, sich aus der Bedrängnis herauszuziehen. In diesem Sinne sind Organisationen, was die Wahl der Problemlösungsstrategien angeht, meistens sehr konservativ. Unbrauchbare Lösungen können in der Organisationsberatung mit Beobachtungen erster und zweiter Ordnung unterschieden werden. In diesem Sinne managet die systemische Organisationsberatung Probleme der Arbeitssysteme. 5. These Systemische Organisationsberatung ist Irritation nach Plan. Organisationsberatung initiiert. Sie kann die eingeschliffenen Unterscheidungen stören und die eingefahrenen Abläufe unterbrechen. Sie kann (ver-, auf-) stören oder, wie es Maturana und Varela (1987) nennen: "perturbieren", wobei dieses Verb im Spanischen nicht die vergleichbar negative Konnotation wie das deutsche Wort 'stören' besitzt. Systemische Organisationsberatung macht es den Arbeitssystemen komplizierter. Sie haben es schwer, so zu bleiben, wie sie sind. Die Komplexität und Vielfalt der Welt der Unterscheidungen kommt in den Blick. Das ratsuchende System muß entweder die Organisationsberatung oder die bisherigen Unterscheidungen, Lösungsversuche und damit die bisherigen Problemlösungsversuche aufgeben. 6. These Systemische Organisationsberatungssysteme sind Provokateure. Die Irritation kann zu verändertem Handeln in der Organisation führen. Es tritt dann vielleicht der Fall ein, den ein "außenstehender Beobachter" als positive Veränderung unterscheiden würde. Ob vom ratsuchenden System eine brauchbarere Wirklichkeit konstruiert wird, liegt nicht in der Hand der "Verstörer", selbst wenn die Irritationen auch nach allen "Regeln der Kunst" eingeführt wurden. Berater sind Provokateure, die zwar das Beste für die ratsuchende Organisation wollen, die aber nicht wissen, was "wirklich" das Beste für diese Organisation ist. Vielleicht ist ja gerade diese Provokation, in der das Beratungssystem die ratsuchende Organisation so annimmt, wie sie eben ist, gleichzeitig das Beste für sie will und sie andererseits mit ihren "negativen", unbrauchbaren Seiten konfrontiert die höchste Form der Irritation und das Geheimnis des Erfolges vieler systemischer Organisationsberatungen. 7. These Systemische Organisationsentwicklung ermöglicht Umdeutung. Systemische Organisationsentwicklung stellt ein System zur Verfügung, indem das ratsuchende System seine bisherigen Deutungen umdeuten kann. Jede Art der Umdeutung bedeutet, eine andere Unterscheidung vornehmen. Bisherige nun nicht mehr brauchbare Kontexte werden ersetzt. Es bleibt möglicherweise die alte Handlung, sie wird aber in einen anderen Rahmen versetzt, sie bekommt eine neue Bedeutung. Es bleibt manchmal der alte Rahmen und die Handlungen werden verändert, der Rahmen bekommt eine neue Bedeutung. Watzlawick u.a. nennen diesen Vorgang: "die sanfte Kunst des Umdeutens". Sie meinen, daß auf diese Weise Lösungen und Veränderungen geschehen. Wenn es gelingt, daß Organisationen ihre früheren Situationen in den Rahmen eines anderen Deutungskontextes stellen, wenn sie "reframen", kann das BeratungsSystem, wenn es will, sich den Erfolg der systemischen Organisationsberatung zuschreiben - als gelungene Einredung. Balanced Scorecard (BSC) Diese Arbeit greift das Bedürfnis von Unternehmen auf, einerseits die Performance messen zu wollen und zu müssen sowie andererseits die wachsende Komplexität und Dynamik im Unternehmensumfeld wahrzunehmen und zu managen. Für beide Aspekte existieren Lösungsansätze wie strategisches Controlling und systemische Organisationsentwicklung (OE), die sich bisher jedoch isoliert gegenüberstehen. Im Rahmen dieser Arbeit wurde daher eine Integration von Performance-MeßSystemen und systemischen OE-Modellen unternommen. Hierzu wurde die Balanced Scorecard (BSC) von Kaplan und Norton zielgerichtet weiterentwickelt und in ein bewährtes Modell der systemischen Organisationsentwicklung (OSTOSystemansatz) integriert. Aus der oben beschriebenen Problemstellung heraus werden Forschungsfragen abgeleitet, die in Form von Anforderungen aus der Systemtheorie entwickelt und mit Meßgrößen belegt werden. Die entwickelte Synthese aus BSC und systemischem OE-Ansatz wird im Rahmen einer Fallstudie bei einem großen Chemiedienstleister mit Matrixorganisation erprobt. Dort wurden in einem Zeitraum von zwei Jahren zunächst im Rahmen eines OEProzesses ca. 30 BSC's erarbeitet. Hieran waren rund 100 Mitarbeiter beteiligt, was ca. 150 Funktionen im Unternehmen entspricht. Der Prozeß trug wesentlich zur Klärung der verschiedenen Rollen von Mitarbeitern einer Matrixorganisation bei. Außerdem ermöglichte die BSC ein ganzheitliches Verständnis von Führungsaufgaben in einer derartigen Organisation. Insgesamt werden Identifikation und Eigenverantwortlichkeit aller Mitarbeiter gefördert. Die Erarbeitung der BSC unterstützt die strategische Ausrichtung der Bereiche auf die Unternehmensziele. Dies war insbesondere durch das äußerst heterogene Produktportfolio des Unternehmens ein kritischer Erfolgsfaktor. Des weiteren unterstützte die Einführung der BSC den sorgsamen Umgang mit Kennzahlen. Eine praktische Umsetzung der im Prozeß der systemischen Organisationsentwicklung erzielten Erkenntnisse wurde verbessert. Das Fazit dieser Arbeit lautet, daß die erweiterte BSC eine sinnvolle Ergänzung für systemische OE-Prozesse darstellt und dazu beiträgt, ihn in einen kontinuierlichen Prozeß der Weiterentwicklung zu überführen. "Wir helfen Euch, das Problem selbst zu lösen!" (Beratung auf der Prozessebene) Das Vorgehen der systemischen Organisationsentwicklung resultiert aus einer prinzipiellen Kritik an bestehenden Organisationsverhältnissen. Diese, so Wimmer, "tun ihren Mitgliedern ständig Gewalt an, sie schränken deren Entwicklungsmöglichkeiten ein, lassen ihr Potential verkümmern und instrumentalisieren sie für oftmals nicht durchschaubare Zwecke" (1991, S. 73). Über den Menschen nehme man an, so Rogers, "seine Natur sei so beschaffen, daß man dem Individuum nicht trauen könne – daß es von Klügeren oder Höhergestellten gelenkt, belehrt, bestraft, belohnt und beherrscht werden müsse" (1974, S. 19). Dadurch schädigen Wirtschaftsorganisationen ihre Mitglieder und damit auch sich selbst. Aus der systemtheoretischen Perspektive ergibt sich, daß Veränderungsprozesse und struktureller Wandel sich nur innerhalb der Eigenlogik des Systems ergeben können. Die Autopoiesis wirkt von außen aufgepfropften Veränderungen entgegen. Die systemische Organisationsentwicklung proklamiert daher die umfassende Partizipation der Mitarbeiter. Sowohl die Erarbeitung von Problemlösungsvorschlägen als auch die Entscheidung über deren Umsetzung basieren auf der Partizipation der Betroffenen - gerade auch Mitarbeiter niedriger Hierarchieebenen. Partizipatives Vorgehen ermöglicht die Nutzung detaillierter Erfahrungen der unmittelbar Betroffenen. Nur mit Partizipation kann die Kompetenz und das Spezialwissen der unteren Ebenen optimal verwertet werden. Das erlaubt eine umfassende und genaue Analyse des Problems. So kann ein Lösungskonzept wachsen, das die speziellen Gegebenheiten innerhalb der Organisation und die Unternehmenskultur in hohem Maße berücksichtigt. Die Partizipation der Mitarbeiter steigert aber auch den internen Koordinationsaufwand und erhöht die Komplexität der Wirtschaftsorganisation. Erfolge stellen sich so manchmal erst nach längerer Durststrecke ein. Im Extremfall kann unorganisierte und massive Partizipation zu sinnlosem und unendlichem Diskussionsbedarf führen, bei dem die Problemlösung auf der Strecke bleibt. Für die Einbeziehung von Mitarbeitern aller Ebenen muß also eine günstige Balance zwischen einerseits maximaler Nutzung vorhandener Erfahrungen und andererseits zügiger Vorgehensweise sowie maximaler Handlungsfähigkeit des Beratersystems gefunden werden. Systemische Organisationsentwicklung zielt darauf, einen Lernprozess "von innen" in Gang zu bringen, der vom einzelnen Individuum über Gruppierungen schließlich die gesamte Organisation erfasst. Der Wirtschaftsorganisation soll es als Ganzes ermöglicht werden, sich selbst weiterzuentwickeln. Der schematische Ablauf der systemischen Organisationsentwicklung ist in der Grafik unten rechts dargestellt. Der OE-Berater leistet bei diesem Wandel von innen lediglich Hilfestellung. Seine Aufgabe ist, den Wandel zu unterstützen. Im Vergleich zur klassischen Beraterrolle gibt er damit einen Teil seiner Macht auf. Der Organisationsentwicklungsberater hat drei Rollen: Katalysator durch die Herstellung günstiger Grundbedingungen auch für die Zukunft Systemische Organisationsentwicklung zielt auf die Entwicklung der Organisationskultur hin zu einer stark kooperativ geprägten Umgangsweise Förderung der Persönlichkeitsentwicklung der einzelnen Mitarbeiter Erhöhung der Partizipationsmöglichkeiten der Mitarbeiter Vermittlung von Veränderungs-know-how auch auf den unteren Hierarchieebenen Erhöhung der Autonomie und Selbstorganisation der Subeinheiten der Organisation Die Stärkung der Selbstorganisation soll die Fehlertoleranz erhöhen, indem eine Organisationseinheit mit Störungen von außen oder von innen selbst umgehen kann und damit trotz unvorhersehbarer Ereignisse erwartbare Ergebnisse erzielt. Dabei muß die Handlungsfähigkeit der Organisation als Ganzes gewahrt bleiben. Diese Denkweise steht genau im Gegensatz zur Denktradition des Taylorismus, in der Irregularität des Systemverhaltens durch maximale Spezialisierung der Organisationseinheiten und minimale Abweichung von den festgeschriebenen Arbeitsabläufen vermieden werden soll. Feedbackvermittler durch Rückkopplung der Problemsituation Eine zentrale Aufgabe des Beratersystems ist das dafür notwendige Vermitteln von Feedback. Der Berater gewinnt Daten aus dem System, um sie dem System gezielt zurückzugeben. Als Intervention in personale (psychische) Systeme wird das Geben von Feedback z.B. in der Gesprächstherapie nach Rogers angewandt. Es hat aber auch als Intervention in soziale Systeme eine starke Wirkung (Stichwort "Survey-Feedback"). Die Rückkopplung des eigenen Verhaltens durch den Berater soll dem Klientensystem Einsicht in die Defizite des eigenen Zustandes gewähren und die innere Entwicklungsdynamik des Klientensystems verstärken (vgl. Wimmer 1991, S. 86). Dadurch ist es in der Lage, als Experte seiner selbst Maßnahmen zu erarbeiten, welche die Probleme effektiv und an die Eigenarten des Systems angepasst lösen können. Für die Wirkung dieses Rückkopplungsprozesses kommt es sehr darauf an, an wen wann welche Daten in welcher Form geleitet werden. Hierbei kann es zu Vertrauenskrisen kommen: Dadurch, daß die Berater möglichst viele Daten über das Klientensystem gewinnen, werden diese aber auch "unwillkürlich zu Geheimnisträgern und wissen dann nicht, wie sie diese Informationsfülle wieder so ins Klientensystem zurückbringen können, daß diese daran konstruktiv weiterarbeiten können" (Wimmer 1991, S.107). Koordinator für die Generierung systeminterner Lösungen Der Organisationsentwickler bietet selbst keine Lösungen an, sondern sein methodisches Know-how für die Gestaltung von Entwicklungs- und Problemlöseprozessen. Objekt der Beratung ist also der Problemlöseprozess selbst. An der inhaltlichen Lösung des Problems ist der Berater nicht beteiligt. Als Träger des OE-Prozesses werden Teams gebildet, deren Mitglieder die nötige Innovationskraft zugetraut wird. Die Beratungsorganisation muß dafür sorgen, daß die Macht solcher Teams ausreicht, um vorhandene Strukturen aufzulösen oder zu verändern. Als Koordinator versucht der Berater, die Impulse innerhalb des Systems zu bündeln und zu parallelisieren, um das System bei der Selbständerung zu unterstützen. Mit verständigungsorientiertem Vorgehen wird versucht, Konflikte zu klären statt zu unterdrücken, und zwar bevor Entscheidungen getroffen werden. Die meist unerwartete und ungewohnte Rollenkonstellation zwischen Klient und Organisationsentwickler verunsichert manchen Mitarbeiter. Bei der prozessorientierten Beratung versteht das Klientensystem nicht immer, wofür eigentlich das Beratungshonorar bezahlt werden soll (Carqueville 1991, S. 275). Die Lösungen seien ja schließlich selbst erarbeitet. Rogers (1974) schreibt zu dieser Problematik nicht ohne Spott: "Natürlich ist dies ein höchst ‘unprofessionelles’ Verhalten, denn es wird auf die Autorität, die Geheimnistuerei und die Unbezweifelbarkeit des professionellen Heilkundigen und Therapeuten verzichtet, und zwar zu Gunsten des Patienten".