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Bessere Investitionsrahmenbedingungen für den Produktionsstandort Europa
Positions- und Forderungspapier
„Die Industrie muss die Hauptrolle spielen, wenn Europa eine weltweite Wirtschaftsmacht bleiben soll.“i
Europas Industrie liefert einen Beitrag von ca. 17%ii der gesamten Wertschöpfung in der Europäischen
Union. Mehr als 34 Millionen Beschäftigte erwirtschaften einen Umsatz von 7.273 Mrd. Euro. In
Österreich erwirtschaftet die Sachgüterzeugung eine Bruttowertschöpfung von über 48 Mrd. Euro und
hat einen Anteil von 20% an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung. Der Sektor gilt als der
innovativste Wirtschaftsbereich mit hohen Produktivitätsfortschritten.
„Unsere Industrie ist das Herzstück Europas und unerlässlich für die Bewältigung der
Herausforderungen, vor denen unsere Gesellschaft heute und in der Zukunft steht. Europa braucht
seine Industrie und die Industrie braucht Europa. Wir müssen das ganze Potenzial des Binnenmarktes
mit seinen 500 Mio. Verbrauchern und seinen 20 Mio. Unternehmern erschließen.“ (Antonio Tajani,
Oktober 2010).
Allerdings schneidet Europa in der Bewertung von Investoren für Betriebsansiedlungen deutlich
schlechter ab als andere Wirtschaftsräume. Die Folgen für die Industrieproduktion in Europa sind
weitreichend. Investitionstätigkeit nicht nur in niedertechnologische Produktionsanlagen, sondern auch
in Hochtechnologie findet immer weniger in Europa statt. So verwendet Europa mittlerweile zwar 13%
der weltweiten Halbleiterproduktion, produziert allerdings nur mehr 9% - ist in diesem Bereich also
bereits Importeur von Hochtechnologie. Hält diese generelle Entwicklung weiter an, so brechen
Wertschöpfungsverbünde weiter auf und wichtiges technologisches Know-how geht verloren. Da die
Integration von F&E in die Produktion massiv zunimmt, ist die räumliche Trennung von Forschung und
Entwicklung von der Produktion nicht mehr machbar. In der Folge wird Europa auch massiv an F&EKnow-how verlieren.
Probleme zeigen sich in jüngster Zeit im Besonderen bei kapitalintensiven Branchen mit einem hohen
Automatisierungsgrad, da hier vor allem die Investitionskosten und deren Finanzierung
ausschlaggebend für die Investitionsentscheidung sind. Arbeitskosten stellen hingegen einen immer
geringeren Anteil der Systemkosten dar. Während im asiatischen aber auch im amerikanischen
Wirtschaftsraum bereits Maßnahmen zur Sicherung der dortigen Produktionsstandorte umgesetzt
werden (z.B. Investitionsanreize für Produktionsanlagen), berücksichtigt das europäische
Rechtssystem den globalen Wettbewerb nicht ausreichend und verbietet Maßnahmen, die dem
Produktionsstandort Europa zu Gute kommen würden. Aber auch selbstdefinierte Benachteiligungen
beeinträchtigen die Standortentwicklung innerhalb der europäischen Union, wie z.B. die Einführung des
europäischen CO2-Handels ohne globale Abstimmung (aktiver Klimaschutz mit klugen Instrumenten
wird von der Industrie jedoch als notwendig gesehen).
Die österreichische Industrie setzt sich daher klar für eine innovative Industriepolitik ein, die den
Bestand des Produktionsstandortes Europa und die damit verbundenen Wertschöpfungs- und
Arbeitsplatzeffekte in den vor- und nachgelagerten Bereichen sichert. Ergebnisse aus Forschung und
Entwicklung müssen in europäische Wertschöpfung umgesetzt werden. Fairer globaler Wettbewerb
muss ermöglicht werden.
Die österreichische Elektro- und Elektronikindustrie und Maschinen und Metallwarenindustrie
fordern daher Maßnahmen, die zu einer Verbesserung der Investitionsrahmenbedingungen am
Standort Europa und damit auch in Österreich führen, wie
21.12.2011
FEE/FMMII
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Die Berücksichtigung des internationalen Wettbewerbs im Europäischen Beihilferecht - Öffnung
der Obergrenzen bei Regionalförderungen für bestimmte Technologien - speziell der „Key
Enabling Technologies“, die im globalen Wettbewerb steheniii.
Das Prinzip der Reziprozität konsequent anzuwenden (z.B. Markthemmnisse für europäische
Hersteller auf außereuropäischen Märkten sollten umgekehrt auch für außereuropäische
Hersteller aus diesen Ländern in Europa gelten). Begründung: Wirtschaftsräume außerhalb
Europas errichten Marktbarrieren. Diese sind auf dem Verhandlungsweg nicht zu beseitigen.
Bei Investitionen, die einen öffentlichen Anteil haben (von öffentlicher Beschaffung bis zu
Unternehmen, die öffentliche Förderung erhalten), die Anwendung des „Local Content-Prinzips“
(z.B. Forderung, dass 50% der Investitionen aus Wertschöpfung innerhalb der EU resultieren)
anzudenken.
Marktverzerrungen rasch zu beseitigen oder vorzubeugen (z.B. die Errichtung einer Anlage zur
Produktion von Photovoltaikzellen wird in Asien massiv öffentlich gefördert. Die
Entstehungskosten liegen damit relevant unter Marktpreisen -> Maßnahmen gegen dieses
„Finanz-Dumping“ sind notwendig).
Fokussierung der EIB und EIF auf europäische Wertschöpfung, auch unter Einbindung
nationaler (Förder-)Banken.
Die Stärkung lokaler Wertschöpfungsketten über
o den fokussierten Aufbau von Know-how (speziell auch für Mittel- und Kleinserien),
o die Bevorzugung ressourcenschonender Produktion,
o kooperativ genutzte F&E-Infrastrukturen stärken.
Eine Lead-Market-Initiative, um die Marktdurchdringung von innovativen Technologien durch die
Steigerung der öffentlichen Nachfrage zu stimulieren (öffentliche Hand ermöglicht als Leitkunde
bei spezifischen Sektoren die Entwicklung und Produktion strategisch wichtiger Technologien).
Forcierung von weit in den Markt reichenden Pilotprojekten, um Heimmärkte und Know-howAufbau zu stimulieren.
Die Weiterentwicklung des Konzepts der „Launch-Aid“ (Beispiel: Airbus) für kapitalintensive
Investitionen mit langer Amortisationszeit für Branchen mit hoher Automatisierung und hoher
Kapitalintensität (z.B. Photovoltaik, Halbleitertechnologie).
Im lokalen Kontext groß erscheinende Unternehmen sind im globalen Vergleich
Kleinunternehmen. Daher: Änderung der europäischen KMU-Definition auf global sinnvolle
Maßstäbe.
Anreize für Investitionen: degressive bzw. vorzeitige Abschreibung.
Die Umstellung des Systems zur Finanzierung der Unternehmen von Kreditfinanzierung durch
Banken auf Kapitalmarktfinanzierung (Basel II und Basel III) unterstützt nicht die Kultur des
europäischen Unternehmertums; der Unternehmer wird durch den Verkauf an den Kapitalmarkt
vom Eigentümer des Unternehmens zum Angestellten. Die Kapitalmarktregeln müssen
entsprechend adaptiert werden, Banken müssen die Industriefinanzierung wieder als deren
Kernaufgabe wahrnehmen.
Die Vertreter der österreichischen Elektro- und Elektronikindustrie und Maschinen und
Metallwarenindustrie ersuchen die nationalen und europäischen Entscheidungsträger daher dringend,
die genannten Vorschläge zu unterstützen und sich für eine Umsetzung auf europäischer Ebene
einzusetzen.
i
Kernbotschaft der Mitteilung „Eine integrierte Industriepolitik für das Zeitalter der Globalisierung“, die am 28. Oktober 2010 von der Europäischen
Kommission auf Initiative von Vizepräsident Antonio Tajani angenommen wurde.
ii Quelle: Eurostat-Sachgüterproduktion und Näherung IWI 2011 (Sachgütererzeugung der EU-27). Der produzierende Bereich hat einen Anteil von 22% an
der Wertschöpfung in Europa (bzw. 28% Österreich)
iii Das Europäische Beihilferecht begrenzt die maximale Förderung von Produktionsstandorten. Produktionen von Schlüssel-Technologien werden von
anderen Kontinenten aus strategischen Gründen massiv gefördert, Europa hat das Nachsehen.
21.12.2011
FEE/FMMII
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